Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.690

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2.690  Eine Erklärung, wie er von der Obrigkeit untersucht worden ist, ferner wie der Pfarrer ihm hat die Kindertaufe beweisen wollen, und wie sie ihn hart angefochten haben.

Gnade, Friede und Liebe sei mit dir von Gott unserm himmlischen Vater, durch seinen Sohn Jesum Christum, Amen; das wünsche ich meiner lieben und werten Hausfrau zum freundlichen Gruße.

Nebst dem Gruße lasse ich dich, meine sehr werte Hausfrau, wissen, daß es mir, dem Fleisch nach, noch ziemlich wohl geht, nach dem Geist aber hat das Gemüt den Vorsatz, bei dem Herrn zu bleiben bis an das Ende meines Lebens, durch des Herrn Hilfe.

Eine fernere Veranlassung meines Schreibens ist die, dich wissen zu lassen, daß ich einmal vor den Herren gewesen bin; sie haben mich wegen meines Glaubens untersucht, welchen ich ihnen bekannt habe. Sie fragten mich, ob ich mich hätte taufen lassen; ich erwiderte: Ja; sie fragten mich, vor wie langer Zeit es geschehen sei; ich sagte: Wohl vor acht Jahren. Da fragten sie nach meinen Kindern, ob sie nicht getauft wären; ich sagte: Nein. Sie fragten, ob mein Weib auch wäre wie ich; ich sagte: Ja. Da fragten sie, in welchem Hause ich getauft worden wäre; ich antwortete, es stände in dem Südost-Winkel; sie fragten, wie der Mann hieße der darin wohnte; ich antwortete: Pieter; und sein Zuname? sagten sie; ich sagte: Wir fragen nicht viel nach dem Zunamen. Hiernächst haben sie alles, was ich ihnen sagte, aufgeschrieben. Sie schickten nach dem Pfarrer, und lasen ihm vor, was ich vor ihnen bekannt hatte. Der Pfarrer fing an viel von der Taufe mit mir zu reden und sagte, die Kinder müssten getauft werden, damit sie von der Erbsünde gereinigt werden möchten; ich sagte, was Paulus sagt, Röm 5: Daß, gleichwie der Tod über alle Menschen durch Adam gekommen ist, so ist die Rechtfertigung über alle Menschen durch Christum Jesum gekommen, ja, gleichwie wir alle durch Adam sterben, so sind wir alle durch Christum lebendig gemacht. Dieses wollte er nicht annehmen, sondern sagte, was Johannes sagt: Es sei denn, daß jemand wiedergeboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht ins Himmelreich kommen; deshalb müssten die Kinder getauft werden, wenn sie von der Erbsünde erlöst werden sollten; ich sagte ihm: Die Schrift sagt nicht an gemeldetem Orte, es sei denn, daß jemand getauft sei aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen, sondern sie sagt: Es sei denn, daß jemand wiedergeboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen; solches können die Kinder nicht tun, und bedürfen es auch nicht, denn sie haben nicht in den Sünden gelebt, daß sie die Wiedergeburt nötig hätten. Außerdem, meine liebe und werte Hausfrau, hatten wir auch noch viele andere Reden, die ich vergessen habe, und die nicht wert sind, daß ich sie aufschreibe; ich weiß nicht, was sie mit mir machen werden, ob sie ihrer alten Weise folgen werden oder nicht.

Aber, meine geliebte Hausfrau, wenn sie mich auch töten, wie sie von jeher gewohnt gewesen sind zu tun, so lass uns solches kein Wunder sein, wie Petrus schreibt: Lasst euch die Hitze, die euch begegnet, nicht befremden, als widerführe euch etwas Seltsames, sondern freut euch, daß ihr mit Christo leidet, denn, sagt er, selig seid ihr, die ihr über den Namen Christi geschmäht werdet, denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruht auf euch; bei ihnen ist Er verlästert, aber bei euch ist Er gepriesen. Nicht, meine liebe Hausfrau, als ob ich schon gehört hätte, daß sie mich töten werden, aber, wenn sie mich auch töten, so wäre es nichts Neues, denn Christus hat selbst gesagt: Die Zeit wird kommen, daß, wer euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst daran zu tun, und das werden sie tun, weil sie weder mich, noch meinen Vater erkannt haben. Darum, meine liebe Hausfrau, sei wohlgemut in dem Herrn, lass uns dem Herrn unsere Sache befehlen, und von Ihm den Tag erwarten, der uns trösten wird, denn das sind die ersten Verheißungen hier in dieser Welt, nämlich Heulen und Weinen, worüber die Welt sich freuen wird; wir aber müssen traurig sein, aber unsere Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden; auch sagt Paulus: Ich weiß, daß das Leiden dieser Zeit nicht zu vergleichen ist mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Darum, mein liebes Weib sei getrost in dem Herrn, in der Hoffnung, dass Er uns helfen werde, und tue das Beste an den Kindern, um sie in der Gottesfurcht aufzuziehen. Es drückt mich aber sehr, wenn ich an dich und die Kinder denke, weil du sehr beschwert bist; die Tränen laufen mir oft aus den Augen, weil ich dich in so großer Last und so geringem zeitlichen Vermögen verlassen muss, aber, meine Geliebte, wenn ich bedenke, daß es um des Herrn willen verlassen sein müsse, sonst sind wir seiner nicht wert, so hoffe ich, daß der Herr für dich sorgen werde, denn es steht geschrieben: Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so wird euch alles, was euch nötig ist, zugeworfen werden, und Petrus sagt: Alle eure Sorge werft auf den Herrn, denn Er sorgt für euch. Darum, mein liebes Weib, weil die Sprüche mich trösten, indem wir solchen großen Versorger haben, so hoffe ich, daß Er dich und mich, sowie unsere Kinder mit demjenigen versorgen werde, was uns nötig ist. So unterlasse denn nicht, mein liebes Weib, zu schreiben, wie es mit dir und den Kindern dem Fleische und dem Geiste nach steht. Aber, mein liebes Weib, ich muss dir noch berichten, daß ich von den Pfarrern hier im Gefängnis oft angeredet worden bin, doch wir konnten nicht übereinkommen; bisweilen redeten sie hart, bisweilen aber freundlich, und wollten allezeit ihre Kindertaufe aus Joh 3 beweisen, führten auch noch mehrere Sprüche an, als Röm 6; Kol 2; Eph 5; Tit 3, und mehrere andere, die zu ihrem Vorsatz nicht dienen, sondern von der Wiedergeburt und von der Begrabung der Sünden durch die Taufe handeln, oder davon, daß Gott seine Gemeinde durch das Wasserbad im Wort gereinigt habe. Diese Sprüche führen sie an, um ihre Kindertaufe zu beweisen, welche doch nicht für sie sprechen. Darum habe ich hier einen großen Streit; es kommt mir vor, ich sei in der Wüste bei Mara, wo die Kinder Israel bei dem Zankwasser waren, dessen Wasser bitter war; aber der Herr zeigte ihnen ein Holz, welches sie ins Wasser legen sollten, um das Wasser süß zu machen. Also hat mir der Herr auch ein grünes Holz angewiesen, das alles dieses Wasser versüßt, das ist Christus Jesus, das rechte grüne Holz. Wenn ich an Ihn denke, daß Er von den Hohepriestern und Schriftgelehrten zum Kreuzestod überliefert worden ist, so erfüllt mich das mit Süßigkeit, denn ich denke, daß der Knecht nicht besser ist, als sein Meister, sondern es soll dem Knecht genug sein, daß er ist, wie sein Meister.

Hiermit will ich dich für dieses Mal, meine liebe Hausfrau, dem Herrn empfehlen, und dem reichen Worte seiner Gnade, der mächtig ist, deinen Schatz zu bewahren, und dir sein ewiges Reich zu geben.

Geschrieben den 2. Januar, im Jahre 1588, von mir, deinem Mann, Christian Rycen.