Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.566

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2.566  Ein Glaubensbekenntnis an den Schultheißen und den Rat, der damals in Dortrecht regierte, nebst einer kurzen Erklärung, in welcher er sie zur Buße ermahnt.

An meinen ehrwürdigen Herrn, den Schultheißen und meine ehrwürdigen Herren Bürgermeister, Gerichtsherren und den Rat der Stadt Dortrecht. Ich, Jan Wouterß, euer Gefangener, nicht um irgendeiner Übeltat, sondern um meines Glaubens willen, welcher gleichwohl recht ist, wünsche euch, ihr Diener Gottes, daß er euch allen ein glückliches, friedsames, gesundes und langes Leben und Verstand geben wolle, euer Amt recht zu gebrauchen, die Bösen (nämlich die Übeltäter) zu strafen und die Guten zu beschützen.

Ferner ist das die Veranlassung meines Schreibens, weil ich meinen Glauben nur in aller Kürze bekannt und die Gründe, die dafür sprechen, nicht näher erläutert habe. Darum habe ich das Nachstehende aufgeschrieben, damit ich meine ehrwürdigen Herren nicht abermals fragen und ihnen Mühe machen möchte. Ich bekenne, daß ich in meiner Jugend ein eifriger Papist gewesen sei, was mir von Herzen leid tut, denn damals kamen keine guten Früchte von mir. Nachher hat mir Gott meine blinden Augen geöffnet, damit ich nicht mehr den stummen Götzen, sondern allein nur dem lebendigen Gott dienen möchte, der mich erschaffen hat. Er hat mir armem sündhaften Menschen den wahren Glauben, wodurch man selig wird, geoffenbart und geschenkt. Dieser Glauben und die inwendige Taufe hat mich zum Gehorsam seines Wortes getrieben, damit ich seine Gerechtigkeit erfüllen möchte. Darum bekenne ich, daß ich mich auf meinen Glauben habe taufen lassen, und das mit Verlangen nach dem Befehle Christi; ich habe dem Teufel, der Welt, dem Papste und seinem Anhange abgesagt, und bekenne, daß Christus Jesus allein der Weg, die Wahrheit und das Leben sei, denn es ist den Menschen kein anderer Name gegeben, wodurch man selig werden möge, als allein durch Christum. Ferner bekenne ich, daß es gewiss ist, daß der Pfaffen und aller Geschworenen Gebrauch der breite Weg zur Verdammnis sei. Es sind Menschensatzungen, Gott ein Gräuel, und Pflanzen, die unser himmlischer Vater nicht gepflanzt hat; darum sind sie auch verflucht, denn es kann kein anderer Grund gelegt werden, als derjenige, der gelegt ist, welcher Christus allein ist; diejenigen aber, die sich von des Papstes Anhängen unterfangen, Führer zu sein, sind blinde Führer; wenn nun ein Blinder den andern führt (sagt Christus), so fallen sie beide in die Grube. Wer es nun nicht glauben will oder um seiner eigenen Sünden willen nicht glauben kann, der wird es gleichwohl nach dem Tode in der Pein bekennen müssen; darum tut gegenwärtig rechtschaffene Buße. Ferner meint mein ehrwürdiger Herr Schultheiß, daß ich irre, oder daß mein Glaube nichts tauge. Darauf antwortete ich: Wäre dem so, so würden meine Früchte böse sein, welches allezeit über das Bekenntnis geht; nun aber bin ich so viele Jahre von meiner Jugend an bis hierher mit Gottes Hilfe darin gewandelt, nach meiner Schwachheit, und habe mich vor jeder bösen Gesellschaft gehütet, habe fleißig in der Stille mein Brot verdient, und mein eigenes Brot gegessen, das mir jetzt entrissen worden ist, als ob ich ein Mörder wäre. Ach, Herr, vergib es ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun; ich vergebe es ihnen. Ach, meine lieben Herren, tut Buße, denn wer uns antastet, der tastet den Augapfel meines Gottes an.

Weiter bekenne ich, daß ich in der Versammlung der Gläubigen so oft gewesen sei, daß ich es nicht zählen kann, denn der oberste König hat uns hierin eine Verheißung gegeben und gesagt: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Der Apostel befiehlt in seinem Namen, daß wir unsere Versammlung nicht verlassen, sondern einander zur Erweckung der Liebe und der guten Werke ermahnen sollen. Ich bekenne, daß ich in keiner Versammlung gewesen sei, um jemanden zu kränken (denkt diesem nach); ich bekenne, daß ich in vielen Jahren nicht zu der Pfaffenbeichte und zu ihrem Sakramente gegangen bin, weil ich nichts davon halte; dabei bekenne ich, daß ich ein sündhafter Mensch bin, und daß ich nötig habe, jeden Tag meine Sünden vor meinem Gott zu bekennen, und täglich den Sünden abzusterben, täglich mehr und mehr; das halte ich für die beste Beichte; aber das Sakrament bekenne ich für ein gebackenes Küchlein und Wein, bis es von den Pfaffen, oder von dem Menschen, verzehrt ist, und also keineswegs für Christi Fleisch und Blut; er kommt nicht mehr in der Sünder Hände; er wohnt nicht in Tempeln mit Händen gemacht, sondern im Himmel, von da wird er kommen, um die Lebendigen und die Toten zu richten, das heißt die Gläubigen und die Ungläubigen. Ich bekenne aber, daß ich mit dem Brotbrechen Christi und dem Gebrauche der Apostel unter den Gläubigen wohl zufrieden bin, und das zum Gedächtnisse des Leibes und Blutes Christi, aber nicht mit Trunkenbolden, Hoffärtigen, Schlägern, Ehebrechern, Totschlägern, Götzendienern, Huren, Buben.

Ferner bekenne ich, daß ich mein Weib geehelicht habe, jedoch nicht heimlich, daß es niemand sehen sollte, sondern vor Gottes Gemeinde, denn die Ehe ist ehrlich, die Hurer aber und Ehebrecher wird Gott richten. Ach, mein Gott, rechne dem keine Sünde zu, der mich davongenommen hat, denn der Kelch fällt mir bitter, von Weib und Kind zu scheiden, weil wir einander so lieb haben. Auch bekenne ich, daß mein Kind weder von einem Pfaffen, noch von sonst jemandem getauft ist; denn damit würde ich das heilige Blut Christi verachten; es ist aber mein gewisser Glaube, daß Christus für die Kinder genug getan habe, und daß Christi Taufe niemandem zukommt, es sei denn, daß er von ganzem Herzen glaube, wie Cornelius, samt seinem Hause, Paulus und mehrere andere. Dieses Glaubens bin ich durch die Gnade Gottes gewiss und bin versichert, daß kein anderer sei, noch kommen werde; ich habe mich nicht auf den Wind gebaut, sondern allein auf den Grund der Apostel und Propheten, wovon Christus der Eckstein ist, den Bösen zum Ärgernis, den Guten aber zum Schutze und zur Seligkeit. Muss ich nun um dieses unverfälschten Glaubens willen unschuldig leiden, so mag ich denken, es ist meinem Herrn Jesu Christo (dessen Knecht ich armer sündhafter Mensch bin) von der Obrigkeit, welche damals war, nicht besser ergangen, und zwar auf Veranlassung der Gelehrten. Ach, meine ehrwürdigen Herren, tut doch Buße, bessert euer Leben und Wesen. Ich verkündige auch Buße allen meinen Herren, die noch am Leben sind, und an dem unschuldigen Blute des Joris de W. Schuld haben, der bald als in Gottes Herrlichkeit glänzend, mit großer Freude erscheinen wird, denn der Tag des obersten Richters ist vor der Türe; solches erhellt aus der Pestilenz, aus der teuren Zeit, aus den Kriegsgefahren und noch vielen andern Zeichen. Ach, meine ehrwürdigen Herren, seid herzlich gewarnt, vor eurem zukünftigen Unglücke, denn es ist aus Liebe und Freundschaft und nicht aus Bitterkeit geschehen, denn es ist doch außer allem Zweifel, wir müssen alle vor dem obersten Richter erscheinen; alsdann wird ein jeder für sich selbst Rechenschaft ablegen und dasjenige empfangen, je nach dem er getan hat; dann wird weder Entschuldigung, noch Leidenschaft helfen. Ach, denkt nach! Bald wird es geschehen; niemand kann dem entgehen.

Ferner habe ich meinem ehrwürdigen Herrn, dem Schultheißen, nicht auf alle seine Fragen geantwortet, indem er von mir begehrt hat, daß ich die Wahrheit sagen sollte, wie ich denn das in meinem Glaubensbekenntnis auch getan habe, dessen bin ich gewiss; die anderen Fragen aber durfte ich nicht beantworten, denn Christus hat mich gelehrt: Tue den Menschen wie du willst, daß dir geschehe; liebe deinen Nächsten wie dich selbst, liebt eure Weiber, ehrt eure Eltern. Aus diesem Grunde habe ich es unterlassen, jede Frage zu beantworten; darin wird mir mein oberster Richter recht geben, dessen bin ich gewiss, <uwenn wir sämtlich vor seinem Richterstuhle erscheinen werden, denn ich habe es nicht aus Geringachtung meines ehrwürdigen Herrn Schulzen getan. Auch habe ich dem Anerbieten der Gelehrten abgesagt, denn ich bin meines Glaubens so gewiss, daß ich überzeugt bin, daß alle, die meinem Glauben widersprechen, irren. Darum nehmt es nicht auf, als ob es von meiner eigenen Hartnäckigkeit, sondern von meiner Glaubensgewissheit herrühre.

Endlich handelt barmherzig mit mir Unschuldigen, und bedenkt, daß ich auch ein Mensch bin, denn nach dieser Zeit wird über denjenigen ein unbarmherziges Urteil gefällt werden, der nicht Barmherzigkeit geübt hat; ich bekenne einen Herrn, einen Glauben, einen Gott, einen Vater aller, der über allen und in allen Gläubigen ist; ich glaube nur dem, was die heilige Schrift sagt, und nicht dem, was Menschen sagen. Gehabt euch wohl.

Geschrieben in meinen Banden.