Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 3.20

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3.20  Von den Umständen der letzten Verfolgung in der Schweiz wie auch von den Ursachen derselben, 1635.

Die blühende Rose der Kirche Gottes im Schweizerlande hatte nun etwa 21 Jahre ziemliche Ruhe gehabt, und es lässt sich annehmen, daß die Dornen der Verfolgung, die vor und um das Jahr 1614 an derselben aufgewachsen waren, durch das Blut des letztgemeldeten Hans Landis ersättigt worden seien.

Aber im Jahre unseres Herrn 1635 ist der alte Hass derjenigen, die man mit Unrecht Reformierte nannte, in dasiger Gegend und insbesondere in der Stadt Zürich, der schon vor hundert und zehn Jahren, nämlich im Jahre 1525 zu Zwinglis Zeiten, als ihre Kirche erst fünf Jahre alt war, durch öffentlichen Befehl wider die Taufsgesinnten angefangen hatte, wieder ausgebrochen.

Dieses entstand hauptsächlich durch die Bekehrung eines angesehenen, reichen und geachteten Mannes in der Stadt Zürich, genannt Henrich F., welcher, als er von der dortigen Obrigkeit zum Amtsfähndrich erwählt war, seine Seele mit Angst und Not beladen fand und sich deshalb nicht zu dem Krieg gebrauchen lassen wollte, den er nun bedienen sollte; er suchte daher Rat bei der Gemeinde der wehrlosen Christen oder Taufsgesinnten, ließ sich mit ihnen in den Bund ein, verließ den Krieg und wurde dort durch die Taufe angenommen und für einen lieben Bruder der Gemeinde erkannt.

Dieses wurde von der Obrigkeit jener Stadt auf Antrieb der dortigen Gelehrten sehr übel aufgenommen, und das umso mehr, weil er auf den Grenzen ihres Gebietes, gerade ihren Feinden gegenüber, nämlich den römisch-katholischen, in Ruhe wohnen blieb.

Darauf ist erfolgt, daß die Obrigkeit Befehl gab, daß alle Taufsgesinnten (die verächtlich Wiedertäufer genannt wurden) mit ihnen in die Kirche gehen und ihrem Gottesdienst beiwohnen sollten, wenn sie anders ihre Freiheit behalten wollten.

Als sie aber solches nicht mit gutem Gewissen tun konnten, und daher sich dessen weigerten, hat die Obrigkeit (in ihrer Entrüstung) im Ausgang des Jahres 1635 viele von ihnen gefänglich eingezogen, welche aber alle bis auf drei (weil das Gefängnis nicht stark genug war) entkommen und aus der Verfolger Händen entflohen sind, die drei anderen aber, nämlich Rudolph Egly, Ully Schmid und Hans Müller sind geblieben und wurden auf das Rathaus, jeder in ein besonders Gefängnis gelegt, worin sie 20 Wochen unter viel Kreuz, Streit und Anfechtung, womit man sie von ihrem Glauben abzubringen suchte, geblieben sind.

Als sie aber nicht abfallen wollten und auch ihre Widersacher ihnen nichts abgewinnen konnten, indem sie angelobten, daß (wenn sie freigelassen würden) sie ihren Obrigkeiten, wie sie vorher getan hatten, alle gebührliche Ehre, Gehorsam und Schätzung abstatten, aber in ihre Kirchen (worum es am meisten zu tun war) nicht gehen, auch ihrem Gottesdienst nicht beiwohnen wollten, so ist ihnen auferlegt worden, daß sie sich hierzu entschließen und um deswillen mit ihren Brüdern sich unterreden und besprechen sollten, weshalb sie einen Monat lang aus dem Gefängnis und von ihren Banden befreit worden sind.

Als sie (dem ihnen auferlegten Befehl und ihrem Versprechen gemäß) wiederkamen und noch nicht einwilligen oder dem mit gutem Gewissen nachfolgen konnten, was die Obrigkeit in Ansehung ihres Gottesdienstes von ihnen begehrte, hat man sie wieder in Verhaft genommen und festgesetzt.

Als nun (nach vorhergehender Weise) ihr guter Vorsatz und fester Glaube nicht verändert werden konnte, hat man sie endlich auf die vorgemeldete Bedingung wieder freigelassen; aber sie sind nachher (weil sie erfahren haben, was sie zu erwarten hätten) ohne Geleit nicht wieder vor ihnen erschienen. Haec autem omnia Principium fuerunt Dolorum Partus. Aber alle diese Dinge waren nur ein Anfang der Schmerzen. Vergl. Jerem. Mang. Buch nach der Vorrede, das erste Blatt A mit M. Meylis Buch Blatt A.