Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.113

Zum Inhaltsverzeichnis

2.113  Hans Blietel, im Jahre 1545.

In eben demselben Jahre 1545 ist gleichfalls der Bruder Hans Blietel, welcher von der Gemeinde ausgesandt worden ist, zu Ried im Bayerlande gefangen genommen worden. Als nämlich die von Ried Geld daraufsetzten, wer ihn auskundschaften könnte, hat sich ein Verräter gefunden; dieser gab ihm gute Worte, stellte sich an, als wäre er sehr eifrig und verlangte um ihn zu sein, nahm ihn auch mit sich in sein Haus. Der Bruder, welcher meinte, es sei ihm um das Heil seiner Seele zu tun, ging mit ihm; als er aber in sein Haus kam, schloss er ihn ein und sagte: Hans, du bist ein gefangener Mann. Er aber sagte zu ihm: Davor behüte dich Gott; ich bin ja um des Guten willen zu dir gekommen.

Der Verräter forderte Geld von ihm und wollte ihn, wenn er ihm solches geben würde, loslassen; als aber der Bruder solches nicht tun wollte, ging er zur Obrigkeit und verriet ihn. Als er von ihnen gehen sollte, begehrte auch des Verräters Weib Geld von ihm, denn (sagte sie) die Obrigkeit würde ihn doch mitnehmen; sie wollte, wenn er ihr 15 Gulden geben wollte, ihn aus dem Hause entwischen lassen. Der Bruder Hans Blietel aber wollte ihr nicht einen Heller zugestehen, sondern wollte lieber mit Gottes Hilfe jede Trübsal erwarten. Unterdessen kam die Obrigkeit mit einem großen Haufen bewaffneter Männer und nahm den Bruder samt dem Verräter, sowie auch dessen Weib, gefangen, und verwahrte sie wohl mit Stricken, Banden und Seilen.

Als sie nun nach Ried in die Markt kamen, nahmen sie dieselben und peinigten sie grausam, sowohl den Verräter als den Bruder, denn da sie so wenig Geld bei dem Bruder fanden, meinte die Obrigkeit, dass ihm der Verräter solches abgenommen hätte; auch haben sie dem Weibe des Verräters die Hände so übel zugerichtet, dass das Blut herauslief, und solches zu wissen verlangt; und obwohl dieselben nichts empfangen hatten, so kam ihnen doch ihre Verräterei teuer zu stehen. Als der Bruder Hans vier oder fünf Wochen gefangen gelegen hatte, so hat es sich ungefähr um St. Johannestag zugetragen, dass man ihn verurteilt hat, lebendig verbrannt zu werden. Darauf haben sie ihn hinaus nach dem Richtplatze geführt; hier unterstanden sich die Pfaffen, ihn dahin zu bewegen, dass er von seinem Glauben abfiele und denselben verließe. Aber er sagte zu ihnen: Ihr mögt von eurer gottlosen Verführung abstehen; ich will eure falsche Lehre nicht hören, noch derselben beistimmen; ich habe wohl jetzt eine andere Arbeit, als euch, ihr falschen Propheten, zu hören; ich muss dem Herrn, meinem Gotte, in Christo nachfolgen und das vollenden, was ich angelobt habe; darum blieben die Pfaffen zurück und ließen ihn in Ruhe. Es begegnete ihm aber im Hinausführen auf dem Wege nach dem Richtplatze einer seiner Bekannten, namens Mich. Dirks, oder Krämer; als sie nun einander antrafen, hat Hans Blietel dem Michael mit lachendem Munde angesehen und nach dem Himmel gewiesen; dieser verwunderte sich, dass er lachen könnte, indem er ja zum Tode und Feuer ginge; ja solches hat Michael in seinem Herzen sehr gedemütigt, gleichwie auch sein Weib, welche in drei Tagen nichts gegessen hat; sie hat sich auch, nebst mehreren andern bemüht, zur Gemeinde zu kommen und fromm zu werden.

Als der liebe Bruder Hans hinaus auf den Richtplatz kam, dachte er an die Gemeinde und rief mit lauter Stimme unter das Volk, ob etwa jemand vorhanden wäre, der es wagen wollte, der Gemeinde Gottes in Mähren zu verkündigen, dass er, Hans Blietel, um des Evangeliums willen zu Ried im Bayerlande verbrannt worden sei. Sofort trat ein eifriger Mann voll Frömmigkeit hervor; derselbe war durch dessen Standhaftigkeit aufgemuntert, und obgleich er nicht zu ihm kommen konnte, so rief er ihm doch zu, er wolle es der Gemeinde in Mähren sagen und bekanntmachen, dass er zu Ried um des Glaubens willen verbrannt worden sei. Dies machte den Bruder Hans so wohlgemut, dass er abermals zum Volke sprach: Dieser mein Glaube ist die göttliche Wahrheit; solches will ich euch bezeugen, und ich sage euch: Tut Buße, bessert euch, und lasst ab von eurer Ungerechtigkeit und eurem bösen und lasterhaften Leben; werdet ihr solches nicht tun, so wird euch Gott um eurer Sünden willen heimsuchen und euch mit ewiger Pein strafen, welche auf alle Sünder wartet, ja er wird auch das unschuldige Blut von euren Händen fordern, und um des willen an euch Strafe ausüben. Als nun das Feuer angezündet und bereitet war, band man ihn auf eine Leiter; unterdessen erklärte er wiederholt, dass dies die Wahrheit und der Weg zum ewigen Leben, ja die rechte Gemeinde Gottes seien; dessen seien Himmel und Erde seine Zeugen. Auch soll Gott, sprach er, heute ein Zeichen am Himmel geben als Beweis, dass dies der Weg zum ewigen Leben sei. Solches ist auch geschehen; denn die Sonne am Himmel verfinsterte sich und wurde so unklar, dass sie auch keinen Schatten mehr warf; ja, obgleich der Himmel klar und hell war, so gab doch die Sonne auf Erden einen bleichen und gelben Schein von sich; denn mit solchen Zeichen wollte Gott die Wahrheit bekräftigen. Dieser Freund Gottes hat auch im Feuer gesungen, indem er noch eine Zeitlang darin gelebt hat; er hat Gott mit seinem Gesange gelobt und für alle Menschen, die dessen wert waren, gebetet, dass Gott sie erleuchten wolle. Und also ist er in der Feuerprobe gleich dem köstlichen und reinen Golde beständig und im Glauben standhaft erfunden worden; er hat auch das, als ein gewisses Zeichen, vorher verkündigt, dass der Rauch seines Scheiterhaufens schnell über ihm in die Höhe steigen und dass seine Seele in demselben nach dem Himmel fahren würde; solches ist auch geschehen, so dass der Ranch in gerader Richtung gen Himmel gefahren ist. Einige sagen, es habe eine schöne weiße Taube im Feuer geschwebt, und sei über ihm gen Himmel geflogen. Also ist ihm Gott sehr kräftig zur Seite gewesen.