Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.702

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2.702  Noch ein Brief von Joost Zöllner an seine Mutter.

Gnade, Friede und Barmherzigkeit von Gott, unserm himmlischen Vater, durch Jesum Christum seinen eingebornen Sohn und Heiland der ganzen Welt; denn, gleichwie der Tod durch einen Menschen in die Welt gekommen ist, so ist auch das Leben durch einen Menschen in die Welt gekommen, damit alle, die an seinen Namen glauben, das ewige Leben erlangen mögen; derselbe wolle dich stark und kräftig machen mit seinem Heiligen Geist in all deinem Druck und Trübsal, welche du auch um meinetwillen trägst; aber sei doch geduldig, meine liebe, werte, alte Mutter, denn deine Trübsal wird sich in ewige Freude verwandeln. Demselben allein weisen und starken, unüberwindlichen Gott sei Lob, Preis, Ehre, Kraft und Segen, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Nebst allem herzlichen und christlichen Gruß an dich, meine werte und in Gott geliebte Mutter und S. I. H., die ich gründlich und von ganzem Herzen liebe, lasse ich dich wissen, daß mein Gemüt unverändert steht, und ich hoffe, durch des Herrn Gnade, bei seiner heiligen Wahrheit zu bleiben, deren ich mich auch nicht geschämt habe, sie vor den Menschen zu bekennen, in der guten Zuversicht, daß sich Christus auch nicht schämen werde, mich vor seinem himmlischen Vater und seinen heiligen Engeln zu bekennen, was ein ewiger Trost und eine ewige Belohnung für denjenigen sein wird, der im Glauben bis ans Ende standhaft bleiben wird. Daher wolle er mich und alle die mit mir in Nöten sind, mit seinem Heiligen Geist stärken und kräftig machen, damit Er zum Preis und zur Ehre seines heiligen und hochwürdigen, anbetungswürdigen Namens in unseren Herzen die Oberhand erhalten möge. Um dasselbe bitte ich Tag und Nacht in meiner Schwachheit, und ersuche auch deine Liebe, meine werte Mutter, daß du helfen wollest, den allmächtigen Gott für uns arme Gefangenen bitten, daß wir den Glauben bis ans Ende in brünstiger Liebe erhalten mögen, zu unserer Seelen Heil, unseres Nächsten Erbauung und der Welt zum Licht. Ach, meine liebe und werte Mutter, die du mich neun Monate unter deinem Herzen getragen, und mit vielen Schmerzen und Wehen geboren, auch mich überdies mit großer Sorgfalt auferzogen hast, womit sollte ich wohl dir deine mütterliche Liebe vergelten können? Ich habe nichts, womit ich dir vergelten kann, deine Liebe auszuzahlen. Weil du aber Gott fürchtest, und mit mir in gleichem Glauben stehst, so habe ich eine lebendige Hoffnung zu dem ewigen, allmächtigen Gott, daß Er mich in meinem Glauben stärken werde, solches zu seines Namens Ehre auszuführen, und das (weiß ich) wird in deinem Herzen mehr Freude erwecken, als wenn ich dir große irdische Schätze geben würde. Hierzu bin ich wohlgemut, denn der Herr ist in allen seinen Verheißungen getreu; Er verlässt niemanden, der zu Ihm seine Zuflucht nimmt, sondern bewahrt seine Auserwählten wie seinen Augapfel. Ach, wie lieblich ist es, den Herrn fürchten, wenn man mit einem hingebenden Herzen sich in Gehorsam dem Herrn untergibt! Darum lass uns allezeit, so lange ein lebendiger Atem in uns ist, in der reinen Liebe zur Wahrheit wandeln, als Kinder, die aus Gott geboren sind, denn Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm. Darum sagt Paulus: Wer will uns von der Liebe Gottes scheiden, Trübsal, Angst, oder Verfolgung, oder Hunger, oder Blöße, oder Gefahr, oder Schwert? Wie geschrieben steht: Wir werden um deinetwillen den ganzen Tag getötet; wir sind wie Schlachtschafe geachtet, aber in all diesem überwinden wir weit um seinetwillen, der uns geliebt hat; denn ich bin gewiss, daß weder Tod, noch Leben, weder Engel, noch Herrschaft, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges, noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch eine andere Kreatur, uns von der Liebe scheiden mag, die in Christo Jesu, unserm Herrn, ist.

Darum wird das Band der Liebe von Paulus eine Vollkommenheit genannt. Hiermit nehme ich von meiner werten und in Gott geliebten Mutter einen christlichen Abschied, und sage auf ewig gute Nacht. Gute Nacht, meine auserwählte, werte Mutter und S. I. H.; sei doch wohlgemut in dem Herrn, und betrübe dich nicht zu sehr um meinetwillen, denn es muss doch einmal geschieden sein; aber wir warten in der Hoffnung des Glaubens auf eine himmlische Versammlung, wo kein Scheiden mehr vorkommen wird; dort hoffe ich dich unter dem Altar Christi zu erwarten. Ich bitte dich, du wollest nach meinem Tod allezeit mit meiner lieben Hausfrau guten Umgang halten, denn ich werde eine betrübte Witwe hinterlassen. Darum tut das Beste, solange ihr beieinander seid, denn so viel ich höre, möchte es mit uns diese oder die folgende Woche zu Ende kommen. Der Herr gebe mir Kraft in meiner äußersten Not. Gute Nacht, meine liebe Mutter, mit einem inwendigen Kuss der Liebe und des Friedens. Grüße mir meine werte und in Gott geliebte Hausfrau mit dem Kuss der Liebe und des Friedens, desgleichen auch I. F. E. und V. T. nebst ihrer Familie, auch Stoffel und Margriete S., wenn du Gelegenheit hast. Gute Nacht, zum ewigen Abschied an alle, die Gott fürchten. Ich will, daß es nicht kund werde, daß wir ausschreiben, denn man hat uns darum beschwert und Verdruss angetan; der Herr wolle allen unsern Feinden ihre Augen öffnen, damit sie sehen mögen, in welchen sie stechen und wen sie beängstigen.

Von mir, Joost Zöllner, deinem geliebten Sohn, in aller Untertänigkeit, nach meinem schwachen Vermögen.