Derselbe Gott, der Abraham, Isaak und Jakob gesegnet hat, der wolle auch euch, meine Kinder, mit allerlei geistigem Segen im himmlischen Wesen segnen, damit ihr von Jugend auf den Herrn erkennen und ihn fürchten lernt, und ihm eure ganze Lebenszeit gehorsam seid; dieses ist es insbesondere, was ich von Gott begehre, daß ihr ewig selig werden mögt und des Herrn Name durch euch gepriesen werde, welchem Namen sei Lob und Preis von nun an bis in Ewigkeit, Amen.
Meine Kinder, hört die Unterweisung eures Vaters und verlasst nicht das Gesetz eurer Mutter; seid allezeit fertig, zu tun, was euch von Gott befohlen ist, nämlich, daß ihr ihn von Jugend auf erkennen, fürchten und ihm gehorchen lernt, denn der gehorsam kommt von der Furcht Gottes, und die Furcht Gottes kommt von der Erkenntnis Gottes.
Darum schreibt Salomo: Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang. Die Kinder, die ihren Vater kennen, daß er so ehrlich und gerecht ist, daß er es nicht zugibt, daß seine Kinder mit den Kindern auf den Gassen laufen, sich raufen, zanken, übel reden, gestohlenes Gut nach Hause bringen, die Kinder, sage ich, die ihren Vater von dieser Seite kennen, fürchten sich, solches zu tun, denn sie wissen, daß sie geschlagen werden, wenn sie solches tun. Ebenso auch, meine lieben Kinder, ist der Herr ein gerechter Gott, der die Sünden nicht dulden, sondern diejenigen strafen will, die sie begehen. Darum muss man ihn fürchten, und die Sünde nicht vollbringen, denn die Furcht Gottes treibt die Sünde aus, und wer Gott fürchtet, wird Gutes tun, gleichwie Salomo sagt: Die Furcht des Herrn ist eine Quelle der Weisheit, daß man die Stricke des Todes meide, denn, meine lieben Kinder, der Tod ist der Sünden Sold. Deshalb weil die Furcht Gottes die Sünde austreibt, so meidet man auch durch die Furcht Gottes die Ursache, die uns in den Tod stürzt, das ist die Sünde. So lernt denn, meine lieben Kinder, von Jugend auf in der Furcht des Herrn wandeln, damit ihr der Sünde zu keiner Zeit zugeneigt werdet, und die Gebote des Herrn, eures Gottes, nicht vergesst, sondern den Herrn fürchtet, weil er zu fürchten ist, denn die den Herrn fürchten, gehen auf der rechten Bahn, indem die Furcht des Herrn der Weisheit Anfang, und das Böse lassen, Verstand ist.
Darum, meine Kinder, fürchtet den Herrn, und lasst ab vom Bösen, denn der Prophet Jeremia sagt: Es ist ein köstliches Ding für einen Mann, daß er das Joch in seiner Jugend trage, daß ein Verlassener geduldig sei, wenn ihn etwas überfallt, auch sagt Sirach: Liebes Kind, laß dich die Weisheit ziehen von Jugend auf, so wird ein weiser Mann aus dir; so wirst du die Weisheit finden, denn das lehrt die Weisheit Gottes, daß man die Lehre Gottes aufnehmen und sich darin unterrichten lassen soll, wie man das Böse verlassen müsse; denn die Weisheit verkündigt draußen, und lässt sich hören auf den Gassen, und sagt: Wie lange habt ihr kleinen Kinder das Alberne so lieb, und wie lange wollen die Toren Dinge begehren, die ihnen schädlich sind, und die Unweisen die Erkenntnis hassen? Die Kinder aber von solcher Art; sie laufen gern auf der Gasse um zu spielen; dort lernen sie allerlei Böses, haben es aber nicht gern, wenn man sie darum züchtigt und zu Hause hält; daran erkennt man, daß sie Kinder sind, denn sie wissen es nicht, wie schädlich es ihnen sei, indem sie dadurch sich der Erkenntnis Gottes entfremden, und in der Bosheit so sehr aufwachsen, daß sie sich bisweilen schwerlich mehr zur Wahrheit begeben können.
Darum nennt die Weisheit die Leute oder Volk Israel kleine Kinder, weil sie bisweilen so böse sind, daß sie sich selbst leben wollen und die Züchtigung des Herrn hassen, welche gleichwohl aus Liebe zu ihnen geschieht, damit sie mit der Welt nicht verdammt werden. Darum hütet euch, meine lieben Kinder, vor jeder bösen Gesellschaft, die euch verführen und in die Welt verflechten kann, denn die Welt ist voller Bosheit und wird mit ihren Wollüsten vergehen. Darum liebt die Welt nicht, meine Kinder, noch was darin ist, denn alles, was in der Welt ist, nämlich Augenlust, Fleischeslust und hoffärtiges Leben kommt nicht vom Vater, sondern von der Welt. Darum enthaltet euch der fleischlichen Lüste, die wider die Seele streiten. Auch sagt Paulus: Flieht die Lüste der Jugend, denn die Lüste der Jugend haben viele ins Verderben gestürzt, in Unkeuschheit, Hurerei und viele ungebührliche Dinge; darum meine Kinder, hütet euch vor der Hurerei und vor allen unerbaulichen Umgängen, woraus die Hurerei oft ihren Ursprung genommen hat, dahin gehört: Tanzen, Springen, auch daß die Jünglinge mit den Töchtern auf der Bierbank sitzen, sich trunken trinken, ungebührliche Worte reden, und was oft heimlich geschieht, ist schändlich zu sagen. Ach, meine Kinder, hütet euch vor dergleichen, denn der Apostel sagt: Alle, die solches tun, haben keinen Teil im Reiche Gottes. Wenn ihr aber erwachsen seid, und die Gabe der Enthaltung nicht habt, so greift zur Ehe in der Furcht Gottes; bittet Gott, daß er euch eine treue Gehilfin geben wolle, damit ihr mit einem zerbrochenen, erniedrigten und demütigen Herzen in der Furcht Gottes wandelt.
Meine Kinder! Lasst Hoffart nicht über euch herrschen, weder in euren Worten, noch in Gedanken, gleichwie Tobias seinen Sohn ermahnt: Denn der Herr verstößt, welche hoffärtigen Herzens sind; aber die Demütigen hat er erhoben. Darum sagt David: Ich danke dir, Herr, daß du mich gedemütigt hast, denn ehe ich gedemütigt war, irrte ich. Darum, meine Kinder, erhebt euch niemals in eurem Herzen, sondern macht euch den Niedrigen gleich, denn ehe der Mensch zu Grunde geht, wird er stolz und hoffärtig; ein trotziges Gemüt kommt vor dem Falle; denn sie werden so trotzig, daß sie des Herrn Wort verachten, und ihres Herzens Begierden leben; darum wird sie der Herr auch nicht achten.
Meine Kinder! Merkt auf eures Vaters Unterweisung, und vergesst dieselbe nicht; bewahrt eure Zunge vor Verleumdung und hütet euch vor Lügen; denn der Mund, welcher lügt, tötet die Seele; ebenso haben die Lügner auch keinen Teil im neuen Jerusalem, sondern ihr Teil ist im feurigen Pfuhle, der mit Feuer und Schwefel brennen wird, welches der andere Tod ist. Ein Verleumder aber richtet viel Streit und Uneinigkeit an, und erweckt Zank und Neid, und scheidet gute Freunde voneinander. Darum sagt Salomo: Wenn kein Holz da ist, so verlöscht das Feuer, und wenn der Verleumder weg ist, so hört der Hader auf; auch schreibt er: Tue von dir den verkehrten Mund, und laß verleumderische Lippen fern von dir sein; gleichwie auch Mose schreibt: Du sollst keinen Verleumder, noch Ohrenschänder unter dir sein lassen. So hütet euch denn, meine Kinder, vor Verleumdungen, und wo ihr in einem Hause wohnt, da seid still und verschwiegen, und schwatzt nichts außerhalb des Hauses, das im Hause geschieht; was man verschweigen soll, das verschweigt; dadurch werdet ihr euch beliebt machen, und seid den Leuten allezeit getreu. Hütet euch vor dem Stehlen, denn es ist große Sünde; die Diebe haben keinen Teil am Reiche Gottes; ebenso ist auch niemand, der einem Diebe günstig ist, oder ihm traut, und beneidet einander nicht, denn aus Neid hat Kain seinen Bruder totgeschlagen; und die Patriarchen ihren Bruder Joseph verkauft; der Neid bricht alle Freundschaft und macht jede Wohltat vergessen, und ist allein darauf bedacht, Schaden zu tun; ein Neidischer freut sich nicht, wenn er seinen Bruder oder seine Schwester sieht, sondern er wendet das Haupt anderswo hin; er betrübt sich auch nicht über seines Bruders Unglück, sondern freut sich, wenn ihm etwas Widriges begegnet. Darum sagt Jakobus mit Recht: Habt ihr aber bittern Neid und Zank in eurem Herzen, so rühmt euch nicht und lügt nicht wider die Wahrheit, denn wo Streit und Zank ist, da ist Unordnung und eitel böses Ding. Darum, meine lieben Kinder, beneidet einander nicht, auch sonst niemanden; sondern habt einander lieb aus reinem Herzen, wie Brüdern und Schwestern zukommt, nicht wie Kain, der vom Argen war und seinen Bruder tötete, sondern wie Christus uns ein Beispiel hinterlassen, der sein Leben für uns dahingegeben hat; darum müsst ihr auch einander lieben, nicht mit Worten oder mit der Zunge, sondern mit der Tat und Wahrheit, damit ihr nicht nur dem Fleische nach, sondern durch den Glauben an den Sohn Gottes Brüder und Schwestern seid, denn er sagt: Daran wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt; Johannes sagt: Ihr Liebsten, lasst uns untereinander lieb haben, denn die Liebe ist von Gott; wer nicht lieb hat, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe. Darum will er, daß sich die Kinder untereinander lieben sollen mit rechter ungefärbter brüderlicher Liebe, aus reinem Herzen, als die da wiederum geboren sind, nicht aus dem natürlichen Samen, welcher vergänglich ist, sondern aus dem unvergänglichen Samen geboren sind, nämlich aus dem Worte Gottes, das ewig bleibt.
So bitte und ermahne ich euch nun, meine lieben Kinder, habt einander lieb, und vertragt euch miteinander, und sei einer dem andern Untertan; das Kleinste soll dem Ältesten untertänig sein, damit weder Streit noch Zwietracht unter euch sei; und ihr Katelyntgen und Kopken, ihr seid die Ältesten, wenn ihr erwachsen seid, so tragt für die andern Kindlein Sorge, und helft ihnen mit eurer Hände Arbeit; seid barmherzig gegen sie, damit ihr Kinder eures Vaters seid, der im Himmel ist, denn ihr werdet vielleicht eure Mutter nicht lange behalten; deshalb seid ihr schuldig, das Beste aneinander zu tun.
Darum, meine Kinder, nehmt eures Vaters Ermahnung zu Herzen! Vergeßt sie nicht, und seid eurer Mutter gehorsam, denn es steht den Kindern wohl an, daß sie ihren Eltern Untertan sind, gleichwie im Sirach steht: Der Herr will den Vater von den Kindern geehrt haben, denn das ist das erste Gebot im Gesetz, das Verheißung hat: Ehre Vater und Mutter, damit du lange leben mögest auf Erden; das ist aber die größte Ehre, welche die Kinder ihren Eltern erweisen, wenn sie ihnen in allem, was der Ehre Gottes nicht zuwider ist, gehorsam sind; was aber die Ehre Gottes betrifft, darin haben die Eltern keine Macht über die Kinder zu herrschen, sondern sind verpflichtet, ihre Kinder selbst dazu zu ermahnen, dem Herrn gehorsam zu sein, denn sie mussten ihren Kindern das Gesetz lehren, wenn sie sich schlafen legten und wieder aufstanden, in welchem Gesetze geschrieben stand, daß man Gott über alles lieben müsse. Darum sind die Kinder nicht schuldig, ihre Eltern mehr als Gott zu lieben; es sollen auch fromme Eltern solches nicht begehren, sondern ihre Kinder dazu ermahnen, daß sie sich in der Liebe Gottes üben, nämlich: Seine Gebote zu halten, und demütig zu sein vor ihrem Gott; wie ich denn auch hoffe, meine Kinder, daß eure Mutter tun wird. Deshalb seid ihr untertänig in der Liebe, und seid ihr nicht ungehorsam, denn im Gesetze stand geschrieben, daß, wer Vater oder Mutter fluchte, schlug, oder ungehorsam war, des Todes sterben musste; solch eine große Sünde ist es vor dem Herrn.
Darum, meine lieben Kinder, obgleich ihr mich verliert, seid doch darum nicht trotzig gegen eure Mutter, sondern seid ihr um desto mehr gehorsam, denn ihr ist nun die Sorge allein anbefohlen. Deshalb, meine Kinder, betrübt sie nicht mit eurem Leben, denn im Sirach steht: Wer seinen Vater verlässt, der wird geschändet, und wer seine Mutter betrübt, der ist verflucht vom Herrn. Darum habt sie lieb und denkt, wie viel Schmerzen sie um euretwillen erlitten und euch neun Monate unter ihrem Herzen getragen habe, auch noch viel leiden muss, um euch das Brot zu verdienen. Darum, liebe Kinder, wenn ihr groß werdet, so arbeitet fleißig, damit ihr eurer Mutter das Brot zu verdienen helfen mögt. Seid nicht der Faulheit ergeben, denn vom Müßiggang kommt viel Böses, und Faulheit macht die Kinder diebisch, die Töchter aber zu Huren, und sie nehmen zuletzt ein böses Ende. Darum, meine lieben Kinder, lasst euch dessen nicht gelüsten, sondern arbeitet und wirkt gern mit euren Händen etwas Redliches, damit ihr dem Dürftigen zu geben habt. Sollte auch eure Mutter einen andern Mann nehmen, so seid ihm Untertan wie eurem eigenen Vater, und haltet ihn in Ehren, denn er wird für euch Sorge tragen und euch unterweisen und lehren, als ob ihr seine Kinder wärt. Darum müsst ihr, als gehorsame Kinder, seine Unterweisung annehmen und nicht verachten.
Ach, meine lieben Kinder! Ich, Jakob, euer Vater, habe euch dieses als ein Testament hinterlassen, damit ihr desto mehr an mich denken mögt und wisst, was ich geglaubt habe und warum ich gestorben bin, dessen ihr euch nicht schämen sollt, denn es ist um des Namens Christi willen geschehen, indem ich ja euch um des Herrn willen verlasse. Ich habe unter dem Himmel nichts so lieb wie euch, aber um des Herrn willen muss man alles verlassen, Vater und Mutter, Weib und Kinder, selbst sein eigenes Leben, sonst können wir nicht seine Jünger sein. Wer aber um seinetwillen dieses alles verlässt, der wird es hundertfältig wieder empfangen, und nachher das ewige Leben. Deshalb, meine lieben Kinder, verlasse ich euch mit einem solchen Vertrauen; Der Herr gebe euch seine Gnade, daß ich euch im ewigen Leben finden möge; ich gehe nun voraus den Weg, den Christus Jesus uns vorgewandelt ist samt allen Heiligen Gottes; ich weiß, daß alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, Verfolgung leiden müssen; auch sagt Paulus: Euch ist es gegeben zu tun, daß ihr nicht allein an Christum glaubt, sondern auch um seinetwillen leidet, denn daß wir leiden, solches leiden wir nicht um unseretwillen, sondern um des Herrn willen, weil wir an ihn glauben, und durch den Glauben ihm nachfolgen und ihm gehorsam sind, was die Welt nicht ertragen kann; der denn Prophet sagt: Die Wahrheit fällt auf die Gasse; die Wahrheit liegt gefangen, und das Recht kann nicht einhergehen; wer vom Bösen weicht und Gutes tut, muss jedermanns Raub sein; gleichwie Christus sagt: Wärt ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; dieweil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch von der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt; deshalb sagt Jakobus, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft sei; wollt ihr also der Welt Freunde sein, so werdet ihr Gottes Feinde sein; denn wenn ihr, meine lieben Kinder, der Welt Freunde sein wollt, so müsst ihr auch der Welt in ihrer ungebührlichen Weise und ihrem falschen Gottesdienste folgen; darum schreibt Paulus: Wenn ich noch den Menschen wohlgefällig wäre, dann wäre ich Christi Knecht nicht; denn solche Liebe hat uns der Vater bewiesen, daß wir seine Kinder heißen sollen; darum kennt uns die Welt nicht, denn sie kennt auch ihn nicht. Haben sie nun den Hausvater Beelzebub genannt, so ist es kein Wunder, daß sie seine Hausgenossen auch so nennen, denn der Knecht ist nicht besser, als sein Herr, noch der Jünger über seinem Meister.
Hiermit will ich euch, meine lieben Kinder, und eure Mutter dem Herrn anbefehlen, um dessentwillen ich sie zu verlassen hoffe, der mächtig ist, euch zu versorgen und vor allem Argen zu bewahren. Der Herr gebe euch seine Gnade, daß ihr in der Erkenntnis Gottes aufwachsen mögt durch den Heiligen Geist, damit ihr, nach dem Ausspruche des gerechten Gerichtes Gottes, gerecht erfunden werden mögt zu seinem Reiche, durch Jesum Christum, unsern Herrn und Heiland, welchem sei Lob und Preis, von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.
Geschrieben den 2. und 3. Mai 1569, im Gefängnisse zu Brügge, wo ich um des Zeugnisses Jesu willen unter dem Hause van de Brye gefangen lag. Von mir Jacob Kerzengießer.
Dieses sende ich meinen lieben Kindern als ein kurzes Testament; ich hoffe ihnen auch meinen Glauben aufzuschreiben, was hier wohl dienlich sein kann, damit sie wissen, auf welchen Glauben ihr Vater gestorben sei.
Die leiden hier nach Gottes Sinn, die wollen darauf merken:
Sie geben ihre Seelen hin, dem Schöpfer guter Werken.