Hier folgt ein Brief von G. Schneider, gefangen zu Antwerpen mit Syntgen von Rousselare des Hieronymus Weib, wo sie ihr Leben für die Wahrheit gelassen haben.
Die überschwängliche Gnade Gottes, die große Liebe und Barmherzigkeit seines Sohnes, so wie die Kraft, Wirkung und Erleuchtung des Heiligen Geistes, wünsche ich dir, meine sehr liebe und werte Schwester in dem Herrn, zum freundlichen Gruße, wodurch wir Unwürdige aus Gott neu geboren werden, um dem Herrn in Gerechtigkeit und Heiligkeit zu dienen, zu des Herrn Preise und unserer Seelen Seligkeit; dazu wolle uns der Herr, der Vater aller Barmherzigkeit, tüchtig, stark und kräftig machen, welchem allein sei Lob, Preis und Ehre, von nun an bis in Ewigkeit, Amen.
Nach diesem Gruße, meine sehr liebe und werte Schwester in dem Herrn, lasse ich euch wissen, daß es mit mir (der Herr sei ewig gelobt) noch ziemlich wohl stehe, sowohl dem Fleische, als auch dem Gemüte nach; ich hoffe durch Gottes Gnade mit unserm wahren Hauptmanne Josua nach dem verheißenen Lande zu ziehen (welches uns Unwürdigen aus Gnade verheißen und durch den Glauben gezeigt worden ist), wobei ich das Vertrauen habe, daß ich durch Gottes Gnade unbeschädigt über den Jordan kommen werde, wiewohl ich von Grund meines Herzens wollte, daß das Gemüt hierzu noch viel tapferer wäre.
Ferner, meine sehr geliebte und werte Schwester, lasse ich dich wissen, daß ich bei dem Besuche mich ergötzt und mich über euch in meinem Gemüte sehr erfreut habe, weil ich eure große Freude und euer Vergnügen in dem Herrn, deine Selbstverleugnung und dein an den Herrn übergebenes Herz und Gemüt gesehen habe, wofür wir dem Herrn nicht genug Lob und Dank abstatten können, der dir solchen Schatz in irdene Gefäße gegeben hat, daß du auch weder um des Lebens oder Sterbens, noch um irgendeiner Pein willen, die dir (meine sehr liebe und werte Schwester in dem Herrn) die Tyrannen antun möchten, den Herrn zu verlassen begehrst. Der Herr, der Gott aller Gnaden, wolle dich zu dem Ende stark und kräftig machen und allen Wohlgefallen seiner Güte an dir und dem Werke des Glaubens in der Kraft erfüllen, damit durch sie der Name unseres geliebten Herrn Jesu Christi gepriesen weiden möge, und du den guten Glaubenskampf streiten und das ewige Leben ergreifen mögest, wozu wir berufen sind, wenn wir anders den Anfang des christlichen Lebens bis ans Ende festhalten. Denn, liebe Schwester in dem Herrn, wenn wir den Anfang des Lebens Christi recht betrachten, so finden wir nichts anders als Druck, Leiden und Angst, denn der, der ein Herr ist über alles, hat um unsertwillen seines Vaters Reich verlassen, ist in die Welt gekommen, hat alle unsere Schuld auf sich genommen und mit seinem bittern Leiden und Tode an dem Kreuzesholze dafür bezahlt, mit allem diesem hat Er uns ein Beispiel hinterlassen, wie der Apostel sagt, daß wir seinen Fußstapfen nachfolgen sollten, der keine Sünde getan hatte, und in dessen Munde auch kein Betrug gefunden worden ist, welcher, als Er gescholten ward, nicht wieder schalt, nicht drohte, als Er litt; Er stellte es aber dem anheim, der recht richtet, welcher unsere Sünden selbst geopfert hat auf dem Holze, damit wir der Sünde abgestorben sind, und der Gerechtigkeit leben; durch dessen Wunden ihr heil geworden seid, sagt der Apostel, denn ihr wart wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen; auch sagt der Apostel an einem andern Ort: Denkt an den, der ein solches Widersprechen von den Sündern wider sich erduldet hat, daß ihr nicht in eurem Mute matt werdet und ablasst. Desgleichen klagt auch der Prophet in seiner Person von ihm und sagt: Ich bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und eine Verachtung des Volks; alle, die mich sehen, spotten meiner, sperren den Mund auf und schütteln den Kopf, und an einem andern Orte sagt Jesaja: Er hatte keine Gestalt, noch Schöne; wir sahen Ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte; Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit; Er war so verachtet, daß man auch das Angesicht vor ihm verbarg. Da Er gestraft und gemartert ward, tat Er seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut. Daneben, meine sehr werte Schwester in dem Herrn, betrachte das ganze Leben Christi in seinem Anfang, Fortgang und Ende, du wirst nichts anderes finden, als Leiden, Demut, Elend und Verachtung, welche Er um unsertwillen in der Erniedrigung erlitten hat, sodass auch der Apostel von dem Herrn sagt, daß Er in den Tagen seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen zu dem geopfert habe, der ihm vom Tode aushelfen konnte, und Er ist auch erhört, weil Er Gott in Ehren hatte. Darum, meine liebe Schwester in dem Herrn, dieser Anfang des christlichen Lebens muss bis ans Ende bei uns bleiben, wie gesagt worden ist, dann werden wir seiner auch teilhaftig werden, und sein Reich aus Gnaden mit allen Kindern Gottes ererben, um deswillen Er auch hingegangen ist, um uns die Stätte zu bereiten, wie er Johannes 14 sagt: Ich gehe zu eurem und meinem Vater, euch die Statte zu bereiten, und obgleich ich hingehe, so will ich doch wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin. Darum, meine liebe Schwester im Herrn, obgleich unser Gott sein Angesicht eine kurze Zeit vor uns verbirgt, so wird Er uns doch mit ewiger Gnade wieder versammeln, wie der Prophet sagt: Ich will dich in mein Haus leiten und in meinen Mauern dir einen Platz geben, und einen bessern Namen, als den Söhnen und Töchtern; ja, einen ewigen Namen, der nicht vergeht, will ich dir geben. Ja, Er will unsere Steine zu Zierrat legen, und unser Fundament mit Saphir bauen und unsere Fenster von Kristall, und unsere Pforten von Rubin machen. Johannes sagt auch, daß uns eine Stadt erbaut sei von lauterem Golde; dort wirst du auch (meine sehr geliebte Schwester in dem Herrn) den König in seiner Schönheit anschauen, dessen Haupt ist wie das feinste Gold, seine Locken sind kraus, schwarz wie die Raben; seine Augen sind wie Taubenaugen; seine Backen sind wie die wachsenden Würzgärtlein der Apotheker; seine Hände sind wie goldene Ringe voll Türkisen; sein Leib ist wie reines Elfenbein; seine Beine sind wie Marmorsäulen, gegründet auf goldenen Füßen; seine Kehle ist süß und seine Worte sind lieblich. Summa, wir werden dort viel mehr finden, als man uns sagen oder schreiben kann.
Sieh, meine liebe Schwester in dem Herrn, ein solcher ist unser Freund und Bräutigam; darum freue dich, du Verlobte des Herrn, denn er ist schöner als alle Menschenkinder, der sich mit dir verlobt und dich unter vielen Tausenden auserkoren hat.
Deshalb, meine liebe Schwester in dem Herrn, schmücke dich mit der Seide der Gerechtigkeit, deinem Bräutigam zu Ehren, bis die Tage der Verfolgung ein Ende haben, und der Herr das Gefängnis Zions wenden und alle Tränen von unsern Augen abwischen und unsere Freude vollkommen machen wird, daß wir statt unseres Klagens und Seufzens wie Nachts auf einem herrlichen Feste singen und mit den 144000 Jungfrauen, die von der Erde erkauft sind, vor dem Throne Gottes stehen und den Namen Gottes an unsern Stirnen tragen werden und Harfen in unsern Händen haben und ein neues Lied singen.
Sieh, liebe Schwester, dieses werden unsere Feinde sehen müssen, und zu Schanden werden, die jetzt zu uns sagen: Wo ist euer Gott? Unsere Augen werden es sehen, daß sie dann wie Dreck auf der Straße zertreten liegen und Asche unter den Füßen der Gerechten sein werden. Darum, liebe Schwester in dem Herrn, laß uns rechtschaffen sein in der Liebe, und den Sieg des christlichen Kampfes erhalten, denn den Überwindern wird Er zu essen geben von dem Holze des Lebens, das mitten im Paradiese Gottes ist. Das wolle uns gönnen der alleinweise Gott, der Vater der Gnade und Barmherzigkeit, der allein Gewalt hat im Himmel und auf Erden, damit wir durch seine Gnade gerechtfertigt und Erben des ewigen Lebens werden mögen. Ihm aber, der überschwänglich tun kann über alles, was wir bitten oder verstehen können, sei allein Lob, Preis und Ehre, von nun an bis in Ewigkeit, Amen.
Er ist getreu, der es auch tun wird nach seiner Verheißung, denn ich bin Gott, sagt Er durch den Propheten Maleachi, und werde nicht verändert, nämlich in seinen Verheißungen.
Hiermit, meine sehr liebe und werte Schwester in dem Herrn, will ich dich dem Herrn und dem reichen Worte seiner Gnade befehlen; gute Nacht, gute Nacht. Wenn wir einander nicht mehr von Angesicht dieser Welt sehen, so hoffe ich doch, daß wir einander in der Ewigkeit sehen werden bei unserm Gott, wo kein Scheiden mehr sein wird. Noch einmal gute Nacht; halte mir mein einfaches Schreiben zu gut, ich bitte dich demütig darum, und wenn ich einiges habe zu kurz oder zu weitläufig geschrieben, so bitte ich, mir solches zu gut zu halten, und sei hiermit von mir herzlich gegrüßt; mein Weib lässt euch auch herzlich grüßen mit dem Frieden des Herrn; nicht weniger lassen euch Sanderyntgen und auch eine Jungfrau aus Seeland, genannt Magdaleentjen, sehr herzlich grüßen; ich bitte dich sehr freundlich, meine liebe Schwester, lasst mich doch einen Brief von euch haben; solches wäre mir sehr willkommen und angenehmer, als ich euch schreiben kann. Gehabe dich wohl.
Von mir, G. Schneider, V. S. B. und Diener, was ich vermag.