Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.394

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2.394  Der Urlaub und letzte Abschied Christian Langeduls, geschrieben an Maeyken Raeds, sein Weib, nachdem er zum Tode verurteilt war.

Gnade und Frieden von unserm himmlischen Vater durch Jesum Christum wünsche ich dir, mein liebes und auserwähltes Weib und Schwester in dem Herrn, und der Tröster, der Heilige Geist, wolle dich in deiner Trübsal trösten, was er auch nach seiner Verheißung tun wird; ich hoffe auch, meine Frau, es werde den Christen alles zur Seligkeit dienen, es sei Trübsal oder Betrübnis, wie ich denn auch hoffe, daß es sowohl dir als mir zur Seligkeit dienen werde, wiewohl jede Trübsal, wenn sie vor Händen ist, nach des Apostels Wort, uns nicht als Freude erscheint, nachher aber, meine Geliebte, wird sie denen eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit wirken, die mit guten Werken das ewige Leben suchen, wie auch wir, wie ich wohl behaupten darf, nach unserer Schwachheit getan haben, deshalb hoffe ich durch des Herrn Gnade die Seligkeit zu ererben, und bin hierin guten Mutes, will auch dem Herrn in Ewigkeit für seine Liebe danken. Ach Liebste, nun muss die Presse getreten sein; ich bin auch dazu bereit, dem Herrn sei Lob; er ist wohl recht ein Gott allen Trostes, der uns in all’ unserer Trübsal tröstet. Ach, könnte ich dem Herrn zur Genüge danken für allen Trost und alle Kraft, welche er mir Unmündigem gibt.

Darum, meine Geliebte, tröste dich doch in dem Herrn und in seinem Worte, darin wirst du einen solchen Trost und solche Erquickung finden; und der Heilige Geist wohne in dir mit aller Weisheit, wie ich denn nicht zweifle, daß der Geist Gottes in dir sei, und dich in alle Wahrheit und Gerechtigkeit führen werde.

Deinen Brief habe ich den Mittag empfangen, wofür ich mich sehr bedanke; auch war I. bei mir, aber wir konnten kaum miteinander reden; ich war nachher, als ich von ihm schied, ein wenig betrübt, denn der Kerkermeister trennte uns und sagte, daß der Herr käme, es kam mir aber vor, als ob dem nicht so wäre, gleichwie es auch nicht geschah, denn der Herr kam nicht; ich hätte wohl gewollt, wir wären nicht so voneinander geschieden; doch der Herr muss es geben. Sage I. T. und seinem Weibe, daß ich ihnen von ganzem Herzen die Seligkeit gönne, und daß er und sie, ja, alle Menschen die Wahrheit erkennen möchten. Habe ich es ihm in Schwachheit verheißen, so hoffe ich es morgen in der Kraft zu beweisen, durch des Herrn Gnade. I. sagte mir, daß du noch einen Brief an mich schreiben wolltest! Ach Liebste, ich fürchte, du bemühst dich sehr; sei doch ruhig, denn ich werde es nicht lange mehr tun können!

Hiermit sei dem Herrn und dem reichen Worte seiner Gnade anbefohlen. Grüße mir alle Freunde sehr herzlich mit dem Frieden des Herrn, R. Langedul, auch deine Schwester, und wenn es sich tun lassen will, grüße auch sehr herzlich alle Freunde, und sage ihnen allen gute Nacht. Gute Nacht, mein liebes Schaf, gute Nacht.

Geschrieben von mir, Christian Langedul, deinem Manne und schwachen Bruder in dem Herrn, den 12. September 1567 gefangen und zum Tode verurteilt, um des Zeugnisses Christi und unseres Gewissens willen. Wir vier lassen dich herzlich grüßen in dem Herrn, sind auch getrost und wohlgemut in dem Herrn, wie dich dessen Kalleken wohl versichern wird, welche bei uns gewesen ist; danke meinetwegen dem R. sehr herzlich für seinen Brief; er hat mein Herz erquickt, der Herr sei gelobt, Amen.

Da uns von Hans Symonß, welcher im Jahre 1567 mit Christian Langedul und zwei andern unserer Glaubensgenossen zu Antwerpen verbrannt worden ist, ein Brief in die Hände gekommen ist, den er kurz vor seinem Tode geschrieben hat, so halten wir es für angemessen, denselben hier in Abschrift beizufügen.