Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.696

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2.696  Christian Rycen ermahnt seine Hausfrau, dem Herrn fest zu vertrauen und lässt sie wissen, daß er diese Woche noch einmal von dem Pfarrer und einem Franziskaner angefochten worden sei, die es mit Bedrohungen und schönen Worten versucht haben, ihn zum Abfall zu bringen, und von dem Schrecken, der ihm in der folgenden Nacht zugestoßen ist.

Gnade, Friede und Liebe sei mit dir von Gott, unserm himmlischen Vater, durch seinen Sohn Jesum Christum, Amen. Das wünsche ich dir, meine sehr liebe und werte Hausfrau, zum freundlichen Gruße in dem Herrn.

Nebst dem Gruße lasse ich meine sehr liebe und werte Hausfrau wissen, daß ich noch in gutem Wohlsein bin nach Seele und Leib, dem Herrn sei ewiges Lob, Preis und Dank für seine große Güte, der mich zu dieser Zeit berufen und bewahrt hat, daß ich würdig sein soll, um seines Namens willen ein wenig zu leiden. Ich hoffe auch durch des Herrn Gnade, daß du mit den Kindern auch in gutem Wohlsein sein werdest, wiewohl ich aus deinem Schreiben ersehe, daß du das Fieber gehabt hast; ich habe die Hoffnung zu unserem lieben Herrn, daß Er dir beistehen werde und dich nicht über dein Vermögen versucht werden lassen, sondern daß er nebst der Versuchung ein Auskommen geben werde, daß du es wirst ertragen können. O meine Geliebteste, vertraue dem Herrn von ganzem Herzen und verlasse deinen Freund nicht, der deine Seele liebt, weil du ihn gefunden hast, wie die Braut in dem hohen Liede tat; bleibe treulich bei Ihm und nimm Ihn an zum Mann und zum Vater meiner Kinder. Unterrichte meine Kinder fleißig, daß sie demselben Vater während ihrer Lebenszeit gehorsam seien, und sei du auch, meine liebe Frau, deinem Mann Christo getreu und verlasse Ihn in keiner Not, denn Er hat verheißen, daß Er dich auch nicht verlassen wolle. Ich muss dich nun mit Betrübnis verlassen, aber, meine liebe Frau, ich hoffe, daß wir einander im ewigen Leben finden werden, da werden wir uns nicht mehr voneinander scheiden. O meine liebe Frau, wie lieb wäre es mir, wenn der Streit gestritten wäre, daß ich mit Paulus sagen könnte: Ich habe einen guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, Glauben gehalten, hinfort ist mir die Krone des Lebens bereitet; o dann wäre mein Herz voller Freuden; aber hier muss man noch bisweilen streiten. Diese Woche hatte ich den Pfarrer und einen Franziskaner noch einmal bei mir, sie kamen, um zu sehen, ob ich mir nichts sagen lassen wollte. Der Pfarrer sagte, der Notar habe ihm gesagt, es wären Briefe vom Hofe gekommen; wenn ich mir nichts sagen lassen und mich nicht bekehren wollte, so wüssten sie schon, was sie mir tun sollten; ich sagte zum Pfarrer, ich begehrte niemandem Unrecht zu tun, was aber meinen Glauben beträfe, den hätte ich von dem Herrn empfangen und den könnte ich nicht verlassen. Da redeten sie schön und sagten: Willst du dir sagen lassen, so kannst du hier bei uns wohnen und ein ehrbarer Mann sein. Ich antwortete: Ich begehre wohl als ein ehrbarer Mann zu handeln und will niemandem Unrecht tun, und wenn ich jemandem Unrecht täte, so soll man mich zweimal so scharf strafen, als einen andern, der wie ich getan hätte; dagegen sagten sie nichts. Wir hatten sehr viele Worte miteinander, die ich der Kürze wegen übergehen will; ich weiß also nicht, was sie mit mir machen werden. So wisse denn, meine liebe und werte Hausfrau ferner, daß mich die Nacht, nachdem der Pfarrer bei mir gewesen, ein großer Schrecken überfallen hat, denn es kam mir vor, als ob sie mich in die Eisen werfen oder auf die Folterbank legen wollten, wodurch ich so erschreckt wurde, daß mir der Schweiß über den Leib lief und daß ich auch vom Schweiß nass wurde, worüber ich mich sehr betrübte; aber ich dachte an Christum, daß bei Schweiß von Ihm wie Blutstropfen auf die Erde lief, als ihn das Leiden ankam; darin habe ich mich in etwas getröstet; es dünkt mich auch, der Herr habe es mir dazu gesandt, damit ich mir selbst keinen Ruhm machen möchte, sondern daß ich mich allein auf den Herrn und nicht auf meine Stärke verlassen möchte, was ich auch zu tun hoffe und bitte meine liebe Hausfrau, sie wolle mir helfen zum Herrn bitten, daß mich der Herr stärken und kräftigen wolle mit seinem Geist, daß ich mich nicht vor Menschen noch vor Menschenkindern fürchten dürfe, die wie Heu vergehen werden.

Hiermit empfehle ich dich dem Herrn und dem reichen Worte seiner Gnade, Amen.

Grüße mir deinen Hausherrn und gib ihm für dies Mal dieses Liedlein; grüße mir auch alle andern, die bei dir wohnen. Für jetzt nichts weiter, als daß ich dir für deine tröstlichen Schätze, die du mir zum großen Trost sendest, herzlich danke, denn sie kommen mir wohl zu Nutzen.

Gehabe dich wohl und tröste dich in dem Herrn, denn diese meine Bande werden dir keine Unehre sein, indem ich niemanden beleidigt habe; auch ist niemand (der Herr sei gelobt), der mir etwas Arges nachsagen kann, worüber ich mich sehr freue.

So sei denn, mein liebes Weib, dem Herrn getreu, denn wer getreu bleibt bis an den Tod, wird die Krone des ewigen Lebens empfangen.

Geschrieben den 27. März im Jahre 1588 von mir, Christian Rycen, deinem geliebten Mann.