Den letzten Januar 1550 wurden zu Lier in Brabant vier fromme Christen, namens Govert, Gillis, Mariken und Anneken um des Glaubens willen aufgeopfert; dieselben haben sich ohne Widerstand wie Schlachtschafe gefangen nehmen lassen. Als man sie nun vor Gericht brachte und ihres Glaubens wegen fragte, haben sie denselben freimütig und ohne Scheu bekannt. Sodann sagte der Schultheiß: Ihr steht hier zu eurer Verantwortung; worauf Govert sprach: Was meinen Glauben betrifft, so habe ich denselben ohne Scheu bekannt, werde mich auch zu keinem andern wenden; und sollte es mich das Leben kosten, so will ich doch dabei bleiben.
Hierauf hat man ihnen sofort den kaiserlichen Befehl vorgelesen, wobei der Schultheiß fragte, ob sie wohl verstanden hätten, was darin stände. Govert sagte: Gott hat uns durch Jesum befohlen, wie Mk 16 steht, dass alle, die da glauben und getauft werden, selig werden sollen und die nicht glauben, verdammt werden sollen; der Kaiser aber, nach seinem blinden Urteile, hat befohlen, dass derjenige, welcher sich auf seinen Glauben taufen lassen würde, ohne einige Gnade getötet werden sollte. Diese beiden Befehle stritten gegeneinander; darum müssen wir einen verlassen; doch soll ein jeder wissen, dass wir Gottes Befehl beobachten müssen, denn obgleich der Satan lehrt, dass wir Ketzer sind, so handeln wir gleichwohl nicht wider das Wort Gottes. Als man sie vor Gericht führte, sagte Govert zu den Pfaffen: Ziehet eure langen Kleider aus, tut Säcke an, streuet Asche auf eure Häupter und bekehret euch, wie die Niniviten. Im Richthaus fragte der Schultheiß, ob er keine Gnade begehre, worauf er antwortete: Ich will euch um eure Gnade keine guten Worte geben, denn der höchste Gott wird mir das geben, was ich nötig habe. Auch sagte der Schultheiß zu Anneken: Begehrst du keine Gnade, ehe man das Urteil über dich fällt? Sie antwortete: Ich werde von Gott, der meine Zuversicht ist, Gnade begehren. Mariken, welche eine alte Frau von 75 Jahren war, wurde gefragt, ob sie ihre Sünden vor dem Pfaffen beichten wolle. Sie antwortete: Es reuet mich, dass ich jemals einem Pfaffen meine Sünden in seine sterblichen Ohren gebeichtet habe. Govert, als er einige Brüder sah, hat seine Augen von den andern abgewendet, dieselben freudig getröstet und unter anderm gesagt: Ich bitte Gott, dass ihr zu seiner Ehre ebenso gefangen sein mögt, wie ich jetzt bin. Der Schultheiß sprach ergrimmt: Schweige, denn dein Predigen gilt hier doch nichts. Lieber Herr Schultheiß, sagte er, ich rede nur fünf oder sechs Worte, welche mir Gott zu reden eingegeben hat, tut dir das so wehe? Und als das Volk darüber murrte, sagte er: Verwundert euch nicht darüber, denn man hat solches von den Zeiten des gerechten Abels an gesehen, dass die Gerechten Schmach erlitten haben. Die beiden Diener, welche bei ihm standen, sagten: Schweige und sage nichts, der Schultheiß will es nicht haben. Sofort hat Gott seinen Mund verschlossen, welches viele Menschen verdrossen hat. Gillis wurde nicht gefragt, hat auch kein Wort geredet; aber sie wurden abermals nach dem Steine gebracht, wo sie miteinander fröhlich waren und sangen: Selig ist der Mann und gut genannt; auch sangen sie den 41. Psalm. Dann kam der Schultheiß ins Gefängnis und fragte Govert, ob er sich nicht bedacht hätte; darauf sagte er: Wenn du dich nicht besserst, so wird die Strafe von Gott über dich kommen; der Schultheiß sah zum Finster hinaus und sagte: Soll denn Gott diese Menge Volks verdammen? Darauf sagte Govert: Ich habe das Wort Gottes zu dir geredet; ich hoffe aber, dass hier noch Menschen seien, welche Gott fürchten. Der Schultheiß wandte sich zu der Anneken und fragte sie, was sie dazu zu sagen hatte; sie sagte: Herr Schultheiß, man hat mir zweimal in der Stadt große Ehre angetan, nämlich, als ich mich verheiratete, und als mein Mann Kaiser wurde; aber meine Freude war niemals so standhaft wie jetzt. Als sie zum Tode geführt wurden, hielt Govert eine schöne Ermahnung, bestrafte sie wegen ihres gottlosen Gespöttes und sagte: Laß doch Gott eine kleine Zeit mit dir umgehen; bessere dich, denn dein Leben ist kurz; da sagte ein Bruder: Gott wolle dich stärken. O ja! sagte er, die Kraft seines Geistes wird nicht schwach in mir. Der Mönch wollte Mariken zureden; Govert aber sagte: Gehe von mir, du Verführer, zu deinem Volke, wir bedürfen deiner nicht. Als sie in den Kreis kamen, sagte Govert zu seinen Zunftgenossen: Wie, stehet ihr hier mit Stöcken bewaffnet? So standen die Juden, als sie Christum dem Tode überantworteten; hätten wir uns davor gefürchtet, wir hätten uns beizeiten auf die Flucht begeben. Dann sind sie alle auf ihre Knie gefallen, haben ihr Gebet verrichtet, und im Aufstehen einander geküsst; darauf hat Anneken sogleich zu singen angefangen: Ich traue, Herr, auf dich! Die Diener zwar hießen sie schweigen, aber Govert sagte: Nein, Schwester, singe ohne Scheu, und sang mit; hierüber wurde der Schultheiß entrüstet, rief einen Diener, welchem er etwas ins Ohr sagte; derselbe ging zu des Scharfrichters Knechte. Als nun dieser Befehl empfangen hatte, hat er dem Govert ein Gebiss angelegt, aber er hielt seine Zähne so fest zusammen, dass ihn das Gebiss nicht sehr hinderte, und sagte mit lachendem Munde: Ich kann auch noch wohl mit dem Gebisse singen; aber Paulus sagt: Singet Gott in eurem Herzen. Der Scharfrichter hat Anneken, um sie zu beschämen, bis aufs Hemd entkleidet. Ein Diener fragte Gillis, ob er keinen von seinem Volke sehe? Gillis sagte: Weißt du sonst nichts, uns zu quälen? Was sagt er, sagte Govert. Er fragt, sagte Gillis, nach unseren Mitgenossen. Govert sagte: Und könnte ich ihrer auch zwanzig zählen, so wollte ich dir nicht einen offenbaren; du meinst sie mit uns zu töten, und Gottes Wort zu unterdrücken, aber von denen, die solches hören und sehen, werden noch Hunderte hervorkommen. Als er an dem Pfahle stand, sagte er: Bessert euch, tut Buße, denn nach diesem wird keine Zeit der Buße mehr sein. Ein Diener hatte eine Flasche Wein und fragte: Ob sie trinken wollten? Govert sagte: Es lüstet uns nicht nach deinem kraftlosen Weine, denn unser Vater wird uns in seinem ewigen Reiche neuen Most einschenken. Als man glaubte, die alte Frau sei an dem Pfahle erwürgt, hat sie, ihrem Bräutigam zu Ehren, ein Liedlein angestimmt, die Anneken aber, als sie solches hörte, hat aus feuriger Liebe mitgesungen. Als sie nun alle an den Pfählen standen und ein jeder derselben einen Strick am Halse hatte, haben sie gelächelt, das Haupt gegeneinander geneigt und einander freundlich gegrüßt und getröstet, auch ihre Seelen in Gottes Hände befohlen, und sind also in dem Herrn entschlafen und verbrannt worden.