Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.429

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2.429  Hier folgt ein Brief von Hans Marynß geschrieben, den er aus seiner Gefangenschaft an seine lieben Brüder und Schwestern gesandt hat.

Habt Gott vor Augen alle Zeit.

Gnade, Friede, Freuden von Gott, unserm himmlischen Vater, Weisheit, Gerechtigkeit und Wahrheit durch Christum Jesum, seinen lieben Sohn, unsern Herrn und Heiland, und den Trost und die Erleuchtung des Heiligen Geistes, wünsche ich euch (sehr geliebten Brüder und Schwestern in dem Herrn) zum freundlichen Gruße und ewigen Abschiede aus dieser betrübten Welt, wo doch nichts zu finden ist, als Betrübnis des Herzens, und hoffe dermaleinst mit allen auserwählten Heiligen Gottes unter dem Altare zu ruhen, wo ich euch zu erwarten hoffe; dazu wolle uns der Herr seine Gnade gönnen, und mich elenden Sünder bis ans Ende bewahren, wie ich auch zu ihm die Hoffnung und das Vertrauen habe, daß er tun werde, Amen.

Wisset, sehr geliebte Brüder und Schwestern in dem Herrn, daß wir alle noch wohlauf sind; der Herr sei gelobt; wir sind auch alle gesonnen, unsre ganze Lebenszeit bei des Herrn heiliger Wahrheit zu bleiben, wofür wir dem Herrn nimmer genugsam danken können oder mögen. Ach, liebe Brüder und Schwestern, wie sollten wir Ihm zur Genüge danken können, daß er mich Unwürdigen so liebt, daß ich um seines heiligen Namens willen leiden soll, wie ich durch seine Gnade hoffe; wie ich denn auch hoffe, mit allen lieben Heiligen Gottes zu hören: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, und ererbt das Reich, das euch von Anbeginn bereitet ist. Ach, liebe Brüder und Schwestern, welche schöne Verheißungen sind den Überwindern gegeben, daß sie, wie die Sonne, in ihres Vaters Reiche leuchten sollen, als Hausgenossen Gottes, und von dem verborgenen Himmelsbrote und von dem Holze des Lebens essen sollen, das mitten im Paradiese Gottes steht! Ach, was sollte ich euch viel schreiben! Ich habe die Hoffnung und das Vertrauen, daß ihr alle von Gott selbst unterrichtet sein werdet; darum weiß ich euch auch, liebe Brüder und Schwestern, nichts Besonderes zu schreiben, als daß wir allezeit uns befleißigen, das zu bewahren, was uns anvertraut ist, damit niemand unsere Krone nehme, denn Petrus sagt: Der Teufel geht um uns her, wie ein brüllender Löwe, und sucht, welchen er verschlinge; dem widersteht fest im Glauben. Ach, es soll uns wohl gelohnt werden, wenn wir den Anfang seines Wesens bis ans Ende fest behalten. Hiermit gedenke ich euch alle dem Herrn anzubefehlen und dem reichen Worte seiner Gnade, welches mächtig genug ist, uns alle aufzubauen zu seinem himmlischen Königreiche, Amen. Desgleichen bitte ich euch freundlich, gebt doch Achtung auf mein Kind, so viel in eurem Vermögen ist; auch habe ich die Schwester zu Flissingen dieserhalb gebeten, und so auch Christian; ihr könnt euch darüber beraten, was das Beste sei, denn ich muss nun davon scheiden, sodass ich es nicht versorgen kann, wiewohl ich von Herzen damit zufrieden bin, und nicht nur bereit bin, Weib und Kinder zu verlassen, sondern auch Leib und Leben, wenn mich anders der Herr bewahrt, wie er mich bewahrt hat und fernerhin tun wird. Ach liebe Brüder und Schwestern, wir sind alle so wohlgemut; und ich Henrich, wie auch Gerhard, lassen euch alle herzlich grüßen; grüßt mir Henrich und Maeyken, wie auch Adrian und Gerhard, Coelemey und deinen Mitgesellen Lieven, desgleichen Huybert, ferner Ade mit ihrem Manne, auch Jakob Wit und die andern Brüder, wie es sich fügt, und sagt ihnen allen gute Nacht. Geschrieben den 3. Februar im Jahre 1569, nachdem ich zum Tode verurteilt war. Gute Nacht, alle zusammen; haltet euch stets tapfer. Ich hoffe, wir werden einander wiedersehen. Teilet der Geertchen bisweilen von dem Gewinne etwas mit, wie es euch am besten dünkt, und begegnet ihr, wie es ihr am besten ist; darum bitte ich euch sehr.

Von mir, Hans Marynß, eurem unwürdigen Bruder in dem Herrn, was ich für dieses Mal zu eurem Besten vermag.