Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.36

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2.36  Sieben Brüder, 1529.

Diese sieben Brüder sind um der evangelischen Wahrheit willen zu Gmünd im Schwabenlande sämtlich auf denselben Tag mit dem Schwerte hingerichtet worden und haben also mit ihrem Blute den Namen Christi standhaft bekannt. Ihre Geschichte lautet wie folgt:

Ich habe nicht unterlassen wollen, meine Brüder mit dem Handel bekannt zu machen, der sich hier in Deutschland bei uns zugetragen hat, gleichwie auch vielen wohl bekannt ist, wie die Welt über die Rechtgläubigen wütet und tobt, und wie sie die Knechte Gottes ihres Lebens und ihrer Güter beraubt; denn als Gott die Menschenkinder in Gnaden angesehen, so hat er ihnen mitten in ihrer Blindheit sein hellscheinendes Wort als ein Licht gegeben, damit wir an dasselbe glauben, und alle Sünde und Schande meiden sollten. Dieses Wort haben viele Leute als Wahrheit erkannt, es mit dem Munde angenommen und sich Christen nennen lassen, sind aber gleichwohl in ihrem sündhaften Leben fortgefahren und haben gedacht, der bloße Name sei genug, dass man nur den Schein beobachtete. Nachher hat es der Herr geschehen lassen, dass sein Wort in einigen kräftig wirkte, so dass es, wie der Prophet Jesaja sagt, in dem, wozu es Gott aussandte, glücklich ward und zu Ihm nicht leer zurückkehrte, sondern viele auf den rechten Weg leitete. Diejenigen, die nun also einen lauteren Wandel zu führen suchten, wurden gehasst und von den andern als Wiedertäufer gelästert, als ob sie von Gott abgefallen wären und sich zu Belial gewendet hätten, während sie doch ernstlich nichts anderes suchten und begehrten, als die Gebote Gottes durch seine Hilfe, nach ihren besten Kräften zu halten. Dessen ungeachtet pflegte man sie schmählicherweise Wiedertäufer zu schelten, obgleich sie einem jeden Menschen von Herzen gern vergaben und mit Leihen und Borgen, ohne Nutzen darin zu suchen, dem Nächsten behilflich waren, auch für ihre Feinde und Verfolger baten, wie man oft in der Stunde ihres Todes gesehen hat, und ebenso, dass sie ihren Glauben mit der Tat bewiesen haben. Im Jahre 1529 ist es in der Stadt Gmünd öffentlich geschehen, dass der Feind an einigen derselben mancherlei List gebrauchte, um sie abzuschrecken, aber es ist ihm nicht geglückt. Sie hatten daselbst einen Knaben gefangen, welcher erst 14 Jahre alt war; diesen hatten sie in den Turm gefangen gesetzt, in welchem er beinahe ein ganzes Jahr lang in harter Gefangenschaft gelegen und viel Ungemach erlitten; er blieb aber stets unbeweglich, wie oft sie ihm auch zusetzten, um ihn zum Abfall von seinem Glauben zu bewegen. Es wurden auch mit ihm sechs andere Brüder, fromme Männer, gefangen genommen und auf den Tod in den Turm gesetzt. Daselbst dankten und lobten sie Gott miteinander, trösteten sich untereinander, auch stand ihnen Gott mit seiner Gnade bei, dass sie treulich in dem Glauben blieben und sich weder durch Bedrohungen noch durch Schrecken bewegen ließen. Als nun die Zeit herannahte, dass sie aus dieser Welt scheiden sollten, so hat man ihnen ihr Todesurteil vorgelesen und sie dabei gefragt, ob sie von ihrem Glauben abfallen wollten. In diesem Falle könnten sie unbekümmert sein und wieder nachhause zu ihren Weibern und Kindern gehen. Hierauf wandten sich die Gefangenen zu ihren Feinden und antworteten ihnen: Wir haben Gott unsere Weiber und Kinder anbefohlen, er kann sie wohl bewahren, darum lasst van solchen Worten ab, denn wir sind willig und bereit zu sterben. Als nun auf dem Platze ein Kreis geschlossen wurde, wie man zu tun pflegt, wenn man mit dem Schwerte richtet, und der gedachte Knabe in demselben stand um enthauptet zu werden, so kam ein Graf zu ihm in den Kreis geritten, redete ihn an und sagte: Mein liebes Kind, willst du von dieser Verführung abstehen, so will ich dir einen Unterhalt geben und dich stets bei mir behalten; worauf der Jüngling antwortete: Sollte ich mein Leben lieben und deshalb meinen Gott verlassen und dadurch diesem Kreuze zu entgehen suchen, das würde mir nicht geziemen; dein Gut kann uns beiden nicht helfen, denn ich erwarte ein besseres im Himmel. Solches hat der Jüngling unverzagt geantwortet, und ferner gesagt: Ich hoffe auf das Reich meines Vaters, der mich erwählt hat, er kann alle Dinge zum Besten wenden und zurechtbringen; darum höre auf, solches von mir zu verlangen; ich begehre demjenigen auch in meiner letzten Not Gehorsam zu erweisen, der mich immer versorgt und erhalten hat. Ihn sollen wir aus unsers Herzens Grunde anrufen, wenn die Stunde herannahen wird, dass wir getrost aus dieser Welt scheiden sollen; werden wir nicht von Ihm abfallen, so wird er uns die ewige herrliche Krone geben. Unterdessen ist ein großes Getümmel unter dem Volke entstanden; denn ein jeder redete von der Sache, wie er es verstand. Hiernächst sind sie als fromme Helden durch das Schwert hingerichtet und, als getreue Zeugen Jesu Christi, dem Herrn ein Opfer geworden.

Als diese sieben Brüder noch im Gefängnisse waren, haben sie untereinander das Nachfolgende, worin ein jeder seine Gesinnungen und Gefühle ausgesprochen, aufgesetzt, belebt und ihren Brüdern gesandt.

Der Erste hat das nachfolgende Gebet getan: Aus der Tiefe meines Herzens rufe ich, o Gott, zu dir, erhöre doch mein Geschrei; sende doch deinen Heiligen Geist, gleichwie Du, o Christe, bis hierher mir denselben nicht entzogen, sondern williglich mitgeteilt hast. Wir verlassen uns auf dasjenige, was du uns befohlen hast; aber die Heiden suchen uns zu töten.

Der Zweite bat: Das Fleisch ist schwach, o Herr, solches ist dir wohlbekannt; es fürchtet sich vor einer geringen Pein; darum erfülle uns mit deinem Heiligen Geiste; solches bitten wir aus unsers Herzens Grunde, damit wir bis ans Ende standhaft bleiben und wohlgemut und tapfer dem Leiden, welches auf uns wartet, entgegen gehen, und weder Pein noch Schmerzen fürchten mögen.

Der Dritte bat: Der Geist ist willig und bereit, das Leiden zu begehren. O Herr, erhöre doch unser Gebet, durch Jesum Christum, deinen Sohn. Auch bitten wir dich für unsere Feinde, die leider so unwissend sind, dass sie nicht wissen, was sie tun, und nicht an deinen Zorn denken.

Der Vierte bat: Wir bitten dich, o Vater und lieber Herr, durch Christum, deinen Sohn, vermehre deine Herde, das kleine Häuflein; zünde in ihnen und in uns dein göttliches Licht an; solches wird unsere Herzen erfreuen, denn danach hungert und dürstet uns von Herzen.

Der Fünfte bat: O Gott, du hast uns in Gnaden angenommen und uns zu deinen Dienern gemacht; deshalb haben wir auch (durch deine göttliche Hilfe nach unserer Schwachheit) diesen Dienst treulich ausgeführt und vollbracht. Erhalte uns fernerhin unverrückt bei deinem Worte, denn wir begehren, dir stets gehorsam zu sein; komme uns zu Hilfe und sei unser Tröster.

Der Sechste bat: Du bist Herr Gott, mein Beschützer; wir wollen uns fest an dich halten; dann wird uns die Pein nicht schwer fallen, wenn man uns auch das Leben nimmt; du hast uns solches im Himmel in der Ewigkeit vorbehalten, und obgleich wir hier Schmach und Pein leiden, so wird solches nicht umsonst sein.

Der Siebte sagt: Den Leib, das Leben, die Seele und alle Glieder haben wir von dir, o Gott, empfangen; dieselben wollen wir Dir wieder aufopfern, zum Lobe und Preise deines heiligen Namens, es ist doch nichts weiter als Staub und Asche; wir befehlen unsern Geist in Deine Hände, Amen.