Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.537

Zum Inhaltsverzeichnis

2.537  Noch ein Brief von Maeyken Deynoots an ihren Bruder und ihre Schwester.

Ich, gefangen in dem Herrn, grüße euch aus dem Innersten meines Herzens, mein herzlich geliebter und sehr werter Bruder und Schwester J. und Andries, die ihr nun wegen des betrübten Abschiedes in großem Drangsale und großer Betrübnis seid. Ach, seid geduldig in all eurer Trübsal, anhaltend im Gebete, und fröhlich in der Hoffnung, die uns nicht wird zu Schanden werden lassen, mein lieber Bruder und Schwester in dem Herrn. Ach, es ist ein köstliches Ding, geduldig zu sein und auf des Herrn Hilfe zu warten, denn wer Gott fürchtet, wird nach der Anfechtung getröstet, und nach der Züchtigung findet er Gnade. Der Herr verbirgt sein Angesicht wohl einen Augenblick, aber mit ewiger Erbarmung wird er sich unserer erbarmen. Darum, meine liebe Schwester Janneken, tröste dich mit dem heiligen Worte des Herrn; du bist jetzt gleich ein verlassenes und von Herzen betrübtes Weib, so ist es doch nur um eine kleine Zeit zu tun, dann wird deine Betrübnis in ewige Freude verwandelt werden, denn, der dich gemacht hat, ist dein Mann, Herr Zebaoth ist sein Name, der Heilige in Israel, der aller Welt Gott genannt wird. O du Streiterin Gottes! Streite tapfer wider dein Fleisch und Blut, und bleibe standhaft bis an den Tod, dann wird dir die Krone des ewigen Lebens gegeben werden, und eine vollkommene Freude, die niemand von dir nehmen wird, Andries, mein lieber Bruder, daß du mit großer Betrübnis von uns geschieden bist und daß du dich nach uns sehnst, solches musst du dem Herrn anbefehlen, denn alle Dinge müssen doch ihre Zeit haben; es mangelt nicht an ihrer Macht, wie sie zu mir sagten: Weib, du musst mit uns gehen; ich erwiderte: In des Herrn Namen. Sie verlangten sehr nach dir; ich sagte: Ihr werdet ihn wohl erwischen, wenn es des Herrn Wille ist; ich ging abermals sehr gern; da grüßte ich unsere lieben Brüder mit dem Kusse des Friedens, denn ich war durch die Liebe dazu getrieben; ich denke, daß mein Mitgefangener Bruder euch benachrichtigt hat, wie es ferner ergangen ist; auch von unserer Verhandlung, so viel ihm davon erinnerlich ist, wird er euch Nachricht gegeben haben; ich kann wegen Mangel an Papier nichts davon schreiben. Mein lieber Bruder und liebe Schwester, ich danke euch herzlich für eure Ermahnung, treue Warnung und euren liebreichen Trost, und wünsche vor Gott, daß euch von oben dasselbe in eurer Not widerfahren möge; ich habe sie mit viel Tränen gelesen, und daneben dem Herrn so oft gedankt, der an seine armen, schwachen, gefangenen und gebundenen Kinder denkt, und derselben nicht vergisst durch seine große Gnade. Tröstet und ermahnet euch untereinander mit denselben Worten, mein lieber Bruder und Schwester in dem Herrn, und gebt einander statt meiner einen Kuss; ich hoffe zu tun, wie ihr gesagt habt. Hiermit will ich euch dem Herrn und dem tröstlichen Worte seiner Gnade befehlen und sage gute Nacht allen lieben Brüdern und Schwestern in dem Herrn; ich weiß nicht, daß mir jemand bekannt ist, es sei in der Ferne oder Nahe, an den ich nicht denken sollte. Gute Nacht, mit einem inwendigen heiligen Kusse der Liebe und des Friedens. Gute Nacht, bittet den Herrn für uns; ich tue ein Gleiches für euch Tag und Nacht. Gute Nacht, meine lieben Brüder und Schwestern; gute Nacht, gute Nacht mit Tränen; gute Nacht, haltet ernstlich an, bis ihr hinweg genommen werdet. Diesen Abschied schreibe ich an euch alle. Haltet mir doch dieses schlechte und einfache Schreiben zu gut.

Von mir, eurer schwachen Schwester in dem Herrn, Maeyken Deynoots, geschrieben im Schlosse Rypermonde, wo ich gefangen und mit eisernen Ketten oder Fesseln gebunden liege, um der ewigen Wahrheit willen; mich verlangt nach dem Tage, wo ich mein Opfer tun werde; ich hoffe ihn in Geduld zu erwarten. Im Jahre 1571.