Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 1.2

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1.2  Über die heiligen Märtyrer des neuen Bundes.

An alle zugeneigten Taufgesinnten und wehrlose Christen.

Rechtgläubige, die ihr, dem Lamme nachzugehen,
In Herzensniedrigkeit und Demut euch verpflicht’t,
Die ihr auf Golgatha, wo viele Dornen stehen,
Zur Zeit der Angst und Not den Wandel habt gericht’t;
Steht still und schauet an des Jammers Eiterschwären,
Wie vieles Ach und Weh es einem Christen bringt,
Wenn seine Seele sich zu Christo sucht zu kehren,
Und durch des Glaubens Kraft in’s ew’ge Leben dringt.
Seht eure Brüder an, die hin und wieder wandern,
Um Christi teuern Nam’, mit Kummer, Angst und Pein.
Sie irren in der Wüst’ von einen Ort zum andern.
Als die von Weib und Kindern ganz verlassen sein.
Seht, wie sie nirgendswo, als Landsverwies’ne wohnen,
Dieweil das Bürgerrecht man ihnen abgesagt,
Auch sie mit Feuer, Rad und Galgen sucht zu lohnen,
Und was zu ihrem Tod der Feind je hat erdacht.
Doch lasset darum nicht der Liebe Feuer dämpfen,
Obschon viel Kreuz und Schmach aus Norden wird erregt.9
Man sollte desto mehr um’s ewige Leben kämpfen.
Und dem vertrauen, der uns unterstützt und trägt.
Denn wie die Lilien und Rosen öfters grünen,10
Wenn sie mit Dornen sind umgeben allzumal,
So muß es gleicher Weis’ den Auserwählten dienen.
Wenn sie beleget sind mit Schmerzen ohne Zahl.
Und ob ein Weib auch würd’ so ganz und gar erkalten.
Daß sie vergäße gar ihr Kind und ein’gen Sohn,
So wird uns gleichwohl Gott bei seiner Treu erhalten.
Denn Er ist unser Lohn und Schatz und Ehrenkron’.
Denn was hier herrlich heißt und ist von großer Würde,
Ja, selbst das Beste, was ein Mensch hier haben mag.
Sanftmütige! ist dem zur Last und schweren Bürde,
Der hier der Tugend Bahn von Herzen folget nach.
Auch selbst der Sohn, den Gott von Ewigkeit ersehen.
Daß Er ein Erbe sei und Herr der ganzen Welt,
Mußt’, mit viel Schmach bekleid’t, mit Dorn’ gekrönet, gehen,
Und ward von seinem Volk zum Schauspiel dargestellt.
Er selbst ging vor euch her und hat sehr viel erlitten,
Ja, hat geschmeckt am Kreuz den sehr verfluchten Tod,
D’rum folgt im Marterweg getreulich Seinen Tritten
Und achtet nur gering das Leiden, Druck und Not,
Denn wenn ihr werdet hier als Helden überwinden,
Die Schmach der eiteln Welt, samt ihrer Sünd’ und Lust,
So wird man endlich euch bei der Gesellschaft finden,11
Der nichts als Freude ist und Seligkeit bewußt.
Wenn Gott sie insgesamt mit vielen Siegesfreuden,
Mit Reichtum, Pracht, und Ehr’ und großer Herrlichkeit,
Wird in das Himmelszelt zur sel’gen Ruh’ Anleiten,
Woselbsten ihnen ist der Gnadenlohn bereit’t.
Weil sie sich insgesamt der eitlen Welt entzogen,
Und ihren Glauben selbst versiegelt mit dem Blut.
Dies ist der feste Grund, hier werd’t ihr nicht betrogen,
Es folgt darauf gewiß das ewig bleibend Gut,
Darum lehr’ uns, o Herr! uns stets und fleißig üben.
Nach deinem neuen Bund in deiner reinen Lehr’,
Daß wir bis in den Tod dich unverändert lieben,
Und uns die kurze Freud des Lebens nicht betör’.
Denn was ist Wohl so schwer, als ewig sein geschieden
Von Dir und Deiner Gunst und Deinem Gnadenthron.
D’rum stärk’ inwendig uns, vermehre unsern Frieden,
Mach’ unsern Glauben stark, sei unser Schild und Lohn.
Behüte auch dabei vor dunkeln Trauerzeiten
Die Hochvermögenden vom freien Niederlande
Die da der Höllen Wut und auch der Christen Leiden
Nicht dulden, reiche uns doch Deine Friedenshand,
Damit wir alle doch, als wahre Christenreben,
Der Freiheit edle Frucht hier unter ihrer Hand
Genießen, und dabei Dir Preis und Ehre geben,
Damit Dein herrlich Reich an uns werd’ recht erkannt.
Was ich begehre, ist nicht sterblich.

Als Zions Mauern dort im Staub und Asche lagen,
Uns Israels Geschlecht, das doch schon früher war,
Dem besten Golde gleich, durchläutert, hell und klar,
Im Blut sich wälzete, vom Feind sehr hart geschlagen,
Hat Jeremias bald dies alles Wohl erwogen (Klagl. 1,1);
Das Trauern samt der Reu’ hat sein Gebein bewegt,
Daß er mit Tränen sich in Staub und Asch’ gelegt,
Weil ihre Feinde so das ganze Land durchzogen.
Friedliebende, auf die dies blut’ge Schauspiel zielt,
Das in der Kirche man zuvor hat oft gespielt;
Wer wollte nicht zum Herrn mit Herz und Händen flehen;
Ach, laß die dunkle Wölk’ doch bald vorüber gehen.
Doch wird der Christen Glaub’ und Hoffnung hier erkannt,
Wenn’s Herz bleibt unverzagt im Würgen, Mord und Brand.
Der Gerechte wird seines Glaubens leben.


[9] Hl 4,16
[10] Hl 2
[11] Offb 3,5