Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.682

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2.682  Leonhard Sumerauer, im Jahre 1584.

Im Jahre 1584 ungefähr acht Tage vor Martini ist der Bruder Leonhard Sumerauer aus dem Salzburger Land in Verhaft genommen worden, als er das Land verlassen wollte, und zu Titmaing zu Schiffe gegangen war. Die Schiffsleute wurden solches gewahr und fuhren zu Berghausen an der Brücke an, damit sie nicht zu Schaden kommen möchten; da hat man ihnen einen Strick zugeworfen, an welchem er ans Land gezogen worden ist, denn die Schiffsleute riefen, daß sie einen Wiedertäufer bei sich hätten. Der Schreiber, der dabei stand, ging zum Kanzler und sagte ihm, es wäre ein Wiedertäufer angekommen. Der Kanzler ließ ihn gefangen nehmen, auch sofort auf die Peinbank bringen und fünfmal jämmerlich peinigen, auch zweimal an den Strick aufhängen, aber sie haben von ihm nichts erlangen noch ihm irgendetwas abgewinnen können; auf solche Weise hat er in der Zeit seiner Gefangenschaft viel Pein und Schmerzen leiden müssen und nebenbei auch viel Anstoß und Streit um seines Glaubens willen, und weil er ihr Lehre nicht annehmen wollte.

Als er nun fast ein halbes Jahr gefangen gesessen hatte, hat man ihn auf den Richtplatz geführt. Auf diesem Weg begleiteten ihn vier Pfaffen, welche stark anhielten, er wolle doch abstehen; aber er sagte, er wäre von seinem ungerechten Leben schon vor länger als zwanzig Jahren abgegangen. Als man ihn durch die Stadt führte, ermahnten sie ihn wiederholt, er wolle doch abstehen, aber er antwortete: Sollte ich von Gott abweichen? Solches lehrt mich Christus nicht, wenn er sagt: Wer mich vor den Menschen verleugnet, den will ich auch vor meinem himmlischen Vater verleugnen.

Als er nun zum steinernen Gericht hinausgeführt wurde, sagten sie zu ihm: Sieh, da ist das Bild unseres Herrn, beuge dich vor ihm nieder, aber er antwortete, er dürfe nicht, sie sollten mit ihm fortfahren. Die Pfaffen fragten ihn, warum er von der christlichen Kirche abgegangen wäre und sich zu den Ketzern (so nannten sie dieselben) begeben hätte; er antwortete hierauf: Doch nicht, sondern ich bin von den gottlosen Götzendienern, Hurern, Gotteslästerern und allen Unreinen ausgegangen und habe mich zu den Frommen, zu Gott und seiner Kirche begeben; sie aber sprachen: Er hat den Teufel, der macht ihn so reden, gleichwie auch die Juden Christum beschuldigten. Nachher haben sie ihn noch dreimal um Gottes willen gebeten, er wolle doch abstehen, aber er wollte nicht. Der Scharfrichter bat ihn auch nach besten Kräften, aber der Bruder Leonhard sprach: Ei Lieber, schweig still und bitte mich nicht, sondern fahre fort, denn ich will sterben wie ein frommer Christi; ich stehe in dem rechten Glauben und auf dem rechten Grund, welcher Christus, mein Herr, ist; davon werde ich nicht abweichen. Als sie nun sahen, daß all ihr Tun umsonst war, hat ihm der Scharfrichter den Halskragen abgenommen und zu ihm gesagt: Wenn du nur von den beiden Artikeln abstehst, wollen sie dich frei lassen; aber er sagte: Lass mich doch zufrieden und fahre fort, wie du willst, denn ich will ritterlich auf meinen Glauben sterben. Darauf sagte der Scharfrichter: Ich richte dich nicht gern, aber tue ich es nicht, so tut es ein anderer, und entblößte sodann das Schwert, um ihn dadurch zu erschrecken, aber er hat sich gar nicht davor entsetzt. Also ist er enthauptet und auf dem Richtplatz begraben worden.

Dieses ist zu Berghausen den 5. Juli 1585 geschehen, als dieses Schäflein des Herrn von reißenden Wölfen zerrissen worden ist.