Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.344

Zum Inhaltsverzeichnis

2.344  Franziskus von der Sach und Antonius Welsch, 1562.

Im Jahre 1562 ist der Bruder Franziskus von der Sach, ein geborner Italiener von Novigio, ein Diener des Wortes Gottes (welcher noch in der Probe stand), und noch ein Bruder, der mit ihm abgefertigt war, genannt Antonius Welsch, zu Capo d’Istria, ungefähr hundert italienische Meilen von Venedig, gefangen genommen worden, als sie wiederum nach Deutschland zu der Gemeinde zurückkehren wollten, und eine starke Begleitung aus dem Volke bei sich hatten; man hat jedoch das Volk nicht mitgenommen, sondern es gehen lassen. Diesem Franziskus haben sie, wie einem Missetäter, eiserne Bande an die Füße gelegt und beide in ein besonderes Gefängnis gesetzt; sie haben dieselben zu Capo d’Istria auf eine satanische Weise versucht und angefochten, wie sie in den Zeiten zu tun pflegten; sie haben auch mit Macht gesucht, dieselben in Fallstricken zu fangen, um sie straucheln und kleinmütig zu machen, und an Gott zu Fall zu bringen, insbesondere ist Franziskus hart angefochten worden; doch haben beide tapferen Widerstand geleistet. Als man sie nun zu Capo d’Istria über alle Punkte verhört und untersucht hatte, hat man sie noch drei Tage mit eisernen Banden an Händen und Füßen sitzen lassen, und sie alsdann nach Venedig gesandt, auf welcher Reise sie, weil die See ungestüm war, drei Tage und drei Nächte still gelegen haben. Unterdessen haben sie einander tröstlich zugesprochen und zur Mannhaftigkeit ermahnt, sodass es schien, als hatten sie den Schmerz, den sie von den eisernen Banden und anderen Zufällen erlitten, kaum gefühlt, welche ihnen doch Tag und Nacht großes Leiden verursachten.

Als sie nun den ersten Tag des Septembers des vorgemeldeten Jahres zu Venedig ankamen, hat man sie sogleich in dunkle Gefängnisse gesetzt, welche den vornehmsten Ratsherren zugehörten, in denen sie einen ganzen Monat gelegen haben; hiernächst wurden sie vor die weltlichen und auch einige sogenannte geistliche Herren zu Venedig gebracht, welche in großer Pracht, auf das herrlichste gekleidet, dasaßen; sie fragten den Bruder Franziskus, ob er noch dabei bleibe, was er den Herren, die ihn verhörten (und zu Capo d’Istria darüber mit ihm gesprochen hatten), zur Antwort gegeben hätte und ob er solches noch für die Wahrheit hielte; er antwortete ihnen: Ich halte es für die Wahrheit, und es ist auch die Wahrheit.

Darauf fragten sie ihn, ob er alles glaubte, was die heilige allgemeine, apostolische, christliche Kirche glaubt, worauf er antwortete: Was den Glauben betrifft, so glaube ich alle Artikel des apostolischen christlichen Glaubens. Darauf fragten sie ihn auch wegen der Taufe, Sakramente, Beichte und vieler anderer Dinge; als er aber über alles einen sehr gründlichen Bericht abstattete, sind sie scharf in ihn gedrungen, haben ihn hart gescholten, und ihn alsdann wieder nach dem Gefängnisse bringen lassen. Den Bruder Antonius haben sie auch vorgenommen, welcher gleichfalls ein gutes Glaubensbekenntnis vor ihnen abgelegt hat.

Nicht lange darauf haben sie Franziskus abermals verhört, insbesondere wegen der Kindertaufe, haben aber, nach ihrem Willen, nichts ausgerichtet. Nachher haben sie ihn noch einige Male vorführen lassen, und mit ihm gehandelt, haben auch Mönche zu ihm gesandt, welche nichts anderes getan haben, als daß sie, wenn sie auf ihre Fragen antworten sollten, sie immer Ketzer und Widersprecher so vieler Konzilien gescholten haben, und daß, wenn sie nicht abstehen würden, sie sterben müssen; mit diesem Bescheide haben sie dieselben wieder nach dem Gefängnisse bringen lassen.

Kurz darauf haben die Herren einen andern Mönch, einen Ketzermeister, zu ihnen gesandt, der mit ihnen vom Glauben reden sollte; derselbe fragte sie zuerst, ob sie von der oberländischen Kirche wären. Darauf antwortete Franziskus: Ja. Da sagte der Mönch: Das ist der erste Irrtum. Er fragte auch, ob er mit ihnen das Brot gebrochen hätte. Als nun Franziskus ja sagte, sprach der Mönch: Das ist auch ein Irrtum. Diese Antwort gab er auf alles, und was sie auch antworteten, so sagte der Mönch allezeit, sie wären Ketzer und Verführer.

Auch sprach der Mönch: Sagt mir, wer ist das Haupt der Kirche? Franziskus antwortete: Das ist Christus. Der Mönch sagte: Das ist auch ein Irrtum.

Darauf sagte Franziskus: Du nennst uns Ketzer, aber du bist selbst ein Ketzer, nicht aber wir; denn Christus ist ja das Haupt seiner Gemeinde. Aber, sagte der Mönch, der Papst ist es hier auf Erden. Franziskus sagte: Ein Leib mit zwei Häuptern ist ein schreckliches Ding.

Sodann fing der Mönch abermals an zu verketzern und zu ermahnen, daß er abstehen sollte. Aber der Bruder Franziskus sprach, er könnte nicht abstehen, er hätte ihm denn seinen Irrtum mit der heiligen Schrift erwiesen. Der Mönch antwortete: Wir sind nicht schuldig, euch solches mit der Schrift zu erweisen. Darauf sind sie abermals nach dem Gefängnisse gebracht worden, wo Franziskus sein Bekenntnis und seine Verantwortung schriftlich aufgesetzt und übergeben hat.

Nachdem sie noch eine lange Zeit und überhaupt etwa zwei Jahre gefangen gelegen hatten, und in vielen Verhandlungen immer in der bekannten Wahrheit, die sie angenommen, standhaft geblieben sind, so sind beide zum Tode verurteilt und im Jahre 1564 zu Venedig in die See geworfen und ertränkt worden. Aber es wird auch die See auf den Gerichtstag des Herrn ihre Toten wieder herausgeben müssen; alsdann werden diese Mörder der Frommen es teuer bezahlen müssen und mit großem Schrecken bekennen, wie hart man sich an Gott vergreift, wenn man seine Gläubigen so antastet (Sach 2,12; Apg 9,5).