Zu Ende des Jahres 1572 wurde zu Meenen in Flandern eine Jungfrau von ungefähr 43 Jahren, Namens Pieryntgen Loos-Feld oder Neckers, um der Wahrheit und des Wortes Gottes willen, gefangen genommen, welche, als sie aus Liebe einem Kranken aufwartete, und einmal ausgegangen war, dem Oberamtmanne Junker Jan de Carmago begegnete, welcher sie gefangen nahm und nach ihrer Wohnung fragte. Sie sagte freundlich, daß sie nicht weit von da wohnte, und gab ihm die besten Worte, um sich von ihm loszumachen, aber es half alles nichts; sie musste nach dem Gefängnisse gehen, wurde auch den zweiten Tag, als sie sich noch nicht lange beratschlagt hatte, vor die Herren gebracht, und wegen ihres Glaubens untersucht, welchen sie freimütig bekannte.
Zunächst wurde sie beschuldigt, daß sie gegen des Kaisers Befehl sich in ungebührliche Versammlungen begeben habe, aber Pieryntgen hielt dafür, sie hätte darin ihren Fleiß in der Nachfolge Christi bewiesen, indem sie von den Bösen geflohen und von denselben ausgegangen wäre, und sich dagegen zu den Guten gehalten hätte, indem sie wüsste, was Christus sagt: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Solche Versammlung könnte sie nicht verlassen und sollte sie es auch das Leben kosten.
Sodann wurde sie gefragt, ob sie sich nicht hätte wiedertaufen lassen; sie bekannte darauf, daß sie sich nach Christi Befehl habe taufen lassen, was sie für Wiedertäufer hielten, und nicht auf die Jünger merkten, welche, obgleich sie die Taufe Johannes empfangen hatten, dessen ungeachtet, als sie die Predigt Pauli gehört hatten, sich im Namen Jesu auch taufen ließen, und daß man zuerst den Glauben an Jesum Christum annehmen und sich auf solchen Glauben taufen lassen müsse, nach der Lehre der Schrift, welche auch sagt, daß die Taufe ein Begraben der Sünden und eine Versicherung eines guten Gewissens sei.
Als sie dieselbe fragten, wer dabei gewesen wäre, als sie getauft worden sei, hat sie solches nicht bekannt, wie hart sie auch bedroht wurde.
Drittens fragte man sie, ob sie denn die Priester nicht für Christi Statthalter hielte, welche die Macht hätten, die Sünden zu vergeben, und daß, was sie binden und lösen, gebunden und gelöst bleiben müsse; sie aber konnte nicht bekennen, daß diejenigen Statthalter Christi sein sollten, welche doch nicht wie Er gesinnt wären, denn Er ist der rechte Hirte, der für seine Schafe das Leben gelassen hat, worin doch die Priester ganz das Gegenteil tun; Er ist der rechte Mittler zwischen Gott und den Menschen, und der Statthalter seines Vaters; Er ist die offene, klare Quelle, der alle zu sich ruft, die mit Sünden beschwert und beladen sind; Er ist der rechte Teich mit fünf Hallen, wovon Johannes sagt: Und alle, die rechtschaffene Buße tun, sollen Vergebung ihrer Sünden erlangen. Niemand wird würdig erfunden das Buch mit seinen sieben Siegeln aufzutun, als das Lämmlein Jesus Christus; Er ist die rechte Türe; es hilft nichts, es mag jemand auftun oder zuschließen, die Gottlosen müssen doch draußen bleiben.
Viertens fragten sie, ob sie nicht bekenne, daß der Leib Christi im Sakrament oder in der Oblate wäre, wenn der Priester die Worte darüber gesprochen hat nach der Einweihung in der Messe, aber sie konnte die Messe und alles, was damit zusammenhängt für nichts anderes, als für eine Menschensatzung halten, die von Gott ausgerottet werden würde; das aber bekannte sie, daß uns Christus das Abendmahl hinterlassen habe, um solches zu seinem Gedächtnisse zu halten, nach der Lehre Paulus, wobei man des Herrn Tod verkündigen sollte.
Fünftens hielt man ihr auch vor, ob sie nicht bekenne, daß die Kindertaufe zur Seligkeit nötig sei, um die Erbsünde abzuwaschen, die uns von Adam her anklebt, aber ihr Bekenntnis war, daß man nur eine Taufe empfangen sollte, und daß diejenigen derselben allein würdig seien, die von Sünden abständen, Buße täten, und an den Namen Jesu Christi glaubten, daß dieselbe auch keine Abwaschung von Sünden, sondern eine Versicherung des Gewissens sei, und daß das Blut Christi uns von allen Sünden reinige.
Sechstens wurde sie gefragt, ob sie nicht glaubte, daß Christus sein Fleisch von Maria angenommen hätte; aber sie bekannte, daß Er von oben, von dem Vater, herabgekommen wäre und daß das Wort Fleisch geworden wäre, wie Johannes sagt: Das von Anfang war, das wir gehört, gesehen, beschaut und mit unsern Händen betastet haben, vom Worte des Lebens; wie Er denn auch selbst sagt, daß Er das Brot sei, das vom Himmel herabgekommen ist, daß Er auch der einige Versöhner, Erlöser und die einige Fürsprache sei. Ein näheres Untersuchen wäre ihr zur Seligkeit nicht notwendig.
Siebtens hielt man ihr auch vor, ob sie nicht bekenne, daß drei Personen ein wahrhaftiger Gott seien. Darauf bekannte sie zwar wohl drei Namen in einem göttlichen Wesen, nämlich: Vater, Sohn und Heiliger Geist; aber den Vater, der den Sohn gesandt hat, könne sie nicht für eine Person halten, denn der Himmel sei sein Thron und die Erde sein Fußschemel; auch wurde Er von Christo ein Geist genannt; ein Geist aber, sagt Er, hat nicht Fleisch und Bein. Von dem Heiligen Geiste, der sich auf Christo in der Gestalt einer Taube, auf den Apostel aber in Gestalt der feurigen Zungen offenbart und auf einem jeden derselben geruht hätte, könnte sie auch nicht verstehen, daß Er eine Person sei; aber den Sohn, der für uns Mensch geworden ist, und sichtbar, begreiflich und leidend war, der unter den Juden gewandelt ist, viele Zeichen getan hat, hungrig und durstig gewesen ist, und geweint hat, dürfte sie wohl für eine Person bekennen.
Achtens fragten sie dieselbe, ob man denn vor der Obrigkeit nicht schwören oder einen Eid tun möge, um die Gerechtigkeit zu verteidigen und die Wahrheit zu befestigen; aber sie achtete Christi Gebot höher als der Menschen Gebote, denn Er lehrt: Ich sage euch, daß ihr allerdings nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Stuhl, noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt; auch sollst du nicht bei deinem Haupte schwören, denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen; eure Rede aber sei ja, ja, nein, nein; was darüber ist, das ist vom Übel.
Neuntens wurde ihr vorgehalten, daß die guten Werke auch denen, die verstorben seien, helfen; aber sie sagte, daß Seelenmessen, Prozessionen, Wallfahrten, Kerzenaufstellen oder sonst etwas dergleichen den Toten nichts helfen oder ihnen nützlich sein könne, denn die Schrift sagt: Wie der Baum fällt, gegen Süden oder Norden, so muss er auch liegen bleiben; auch redet Christus von zehn Jungfrauen, von denen fünf, die weislich ihre Lampen angebrannt und ihre Gefäße mit Öl versehen hatten, eingingen, die anderen aber, die ihre Zeit versäumt hatten, mussten draußen bleiben; wie der Engel sagte, daß nach dieser Zeit keine Zeit mehr sein werde.
Zehntens wurde sie gefragt, ob nicht die Heiligen in den Himmel aufgefahren wären; aber sie bekannte, daß niemand gen Himmel gefahren wäre als Christus, unser Beschützer und Heiland; auch selbst nicht Maria, seine Mutter, sondern daß sie alle in der Hand Gottes ruhen und auf das Gericht warten am jüngsten Tage, denn ebenso sagt auch die Schrift, daß die Stunde kommen werde, daß alle, die in den Gräbern liegen, die Stimme Gottes hören werden, und die Gutes getan haben, zum ewigen Leben, die Gottlosen aber in die ewige Verdammnis eingehen werden. Die Auferstehung ist auch für Gerechte und Ungerechte, wie Paulus sagt: Wir müssen alle vor dem Richterstuhle des Herrn offenbar werden, damit jeder empfange, je nachdem er gehandelt hat. Wir lesen auch von den Seelen der Gerechten die unter dem Altare liegen und warten, bis die Zahl ihrer Brüder erfüllt sein wird. Als sie dieselbe nun scharf verhörten und durch die Gelehrten dieser Welt zu unterrichten und zum Abfalle zu bewegen suchten, von deren Bitten, Flehen oder Bedrohungen sie sich gleichwohl nicht bewegen lassen wollte, sondern sagte, daß sie lieber sterben als abweichen wollte, so musste sie nackend auf die Folterbank, sodass sie nicht einmal das Hemd, sondern nur ein Schürztuch an sich haben durfte. Da wurde sie ausgespannt; sie taten ihr auch einen Stock in den Mund, sodass ihr die Zähne in Stücke brachen; aber sie wollte weder abfallen, noch jemanden von den Mitgliedern verraten. Als sie nun begehrte, daß man die Pein einstellen sollte, sagte der Bürgermeister, sie sollte dann abfallen und bekennen; aber Gott bewahrte ihren Mund, und half ihr, bis sie wieder los kam, denn sie wollte mit dem alten Eleazar lieber des zeitlichen Todes sterben, als Christum verleugnen, und seines ewigen Reiches sich verlustig machen. Sie drohten ihr einige Male mit dem Tode, aber das konnte sie nicht schrecken; bisweilen war sie besorgt, weil sie so wehmütig war, daß (wenn sie zum Tode gehen würde) sie sich des Weinens nicht würde enthalten können; darum wandte sie sich mit ihrem Gebete zu Gott, der sie auch nicht unerhört ließ, denn als sie die Nachricht empfing, daß sie sterben müsste, ist sie sehr wohlgemut und erfreut gewesen. An dem Morgen, als sie sterben sollte, fragte sie der Amtmann, ob sie sich noch nicht bedacht hätte, aber sie sagte, wer den vorgesteckten, köstlichen Preis erlangen will, muss ohne Aufhören laufen. Darauf brachte man sie vor Gericht und verurteilte sie zum Tode; es wurden auch in ihrem Todesurteile zu ihrer Beschuldigung die vorstehenden zehn Artikel vorgelesen, und daß sie darum, wie auch wegen ihrer Halsstarrigkeit, als eine Ketzerin verbrannt werden sollte; sie ist aber hierdurch nicht kleinmütig geworden, sondern hat den Herren gedankt, und ihnen von Gott Gnade angewünscht, um sich von den Abgöttern zu dem rechten Gottesdienste zu bekehren.
Als sie nun hinaus kam und zum Tode ging, sagte sie zum Volk: Geht hin, kauft Testamente, und lest darin, damit ihr es ausfinden mögt, warum ich zum Tode verurteilt bin und sterben muss. Der Scharfrichter ward hierüber sehr entrüstet (drohte ihr mit Schlagen) und befahl ihr, zu schweigen; darauf ist sie, nachdem sie noch einige Worte geredet hatte, in das Häuslein gegangen, wo der Scharfrichter sein Werk schnell verrichtet hat. Sie ist verbrannt worden, nachdem sie ihren Geist in die Hände Gottes befohlen hatte (am Abende der heiligen drei Könige 1573), und hat sich so zubereitet, um mit den klugen Jungfrauen dem Bräutigam entgegen zu gehen.
Der Bürgermeister oder Präsident zu Meenen, genannt Jan de Dryver, der das Urteil über Pieryntgen ausgesprochen hatte, ist später von Gott hart gestraft worden, indem sich eine Fäule des Körpers bei ihm eingestellt, sodass ihm dadurch das eine Ohr von seinem Haupte abgefallen und er sehr elendig gestorben ist.