Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.354

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2.354  Noch ein Brief von Maeyken Boosers an ihre Eltern.

Aus dem Innersten meines Herzens grüße ich euch, mein geliebter Vater und meine sehr geliebte Mutter, und alle diejenigen, die in eurem Hause sind. Wollet vernehmen, daß ich gesund und unverändert im Gemüte bin; der Herr sei ewiglich gelobt; ich hoffe durch Gottes Güte, daß es mit euch ebenso steht; ferner danke ich euch herzlich für euren freundlichen Gruß, den ihr mir geschrieben habt, worüber ich mich sehr gefreut habe, als ich hörte, wie euer Gemüt mir zugeneigt wäre; deshalb will ich auch euch zum Andenken etwas von meiner Gefangenschaft schreiben.

Zunächst hat mich der Bevollmächtigte gefragt, wie alt ich gewesen, als ich getauft worden wäre. Ich erwiderte: Ungefähr drei- oder vierundzwanzig Jahre. Sie fragten, warum ich das hätte tun lassen. Ich sagte: Weil es Gott befohlen hat. Sie fragten, ob ich nicht wüsste, daß ich zuvor schon getauft worden wäre. Ich antwortete: Davon weiß ich nichts, auch hat Gott solches nicht befohlen. Sie fragten, ob ich keine Gevatterleute gehabt hätte. Ich sagte: Es kann wohl sein, sie sind vielleicht gestorben. Da sagten sie, man sollte mir Gelehrte zusenden. Ich entgegnete: Ihr solltet weise genug sein, um gegen mich zu reden; aber sie wollten Gelehrte senden. Darauf haben sie den Pfarrherrn von der Frauenkirche gesandt, der zu mir sagte, warum ich so lange nicht in seiner Kirche gewesen wäre, und daß er mich nicht gekannt hätte. Ich erwiderte, ich hätte mich zu Hause still gehalten. Sie fragten, wo meine Kirche wäre. Ich antwortete: Sie ist euch unbekannt, denn wenn ihr sie wüsstet, ihr würdet sie nicht lange in Ruhe lassen. Wir redeten viel miteinander von der Taufe. Ich sagte, Christus hätte seine Apostel ausgesandt in alle Welt, welche zuerst alle Völker lehrten, alles dasjenige zu halten, was er ihnen befohlen hätte, und sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes tauften; es können aber keine Kinder lernen; wer aber glaubt und getauft wird, soll selig werden. Darauf sagten sie, daß die Apostel ganze Häuser getauft hätten. Ich erwiderte: Ja, alsdann haben sie sich erfreut, daß sie in Gott gläubig geworden waren; solches können die Kinder nicht tun. Christus hat die Kinder zu sich gerufen und gesagt, daß solcher das Himmelreich sei, aber er befahl nicht, sie zu taufen. Da brachten sie Adams Sünde vor, und daß sie darin geboren wären. Ich sagte, Christus wäre dafür gestorben; ich fragte sie, ob sie mit der Taufe die Sünde abtun wollten; die jungen Kinder hätten aber keine Sünde, darum könnten sie auch der Sünde nicht absterben und durch die Taufe in einem neuen Leben auferstehen. Da sagten die Herren: Deine Meinung ist, wer da glaubt und getauft wird, soll selig werden, ist dem nicht so? Ich erwiderte: Ja. Darauf fragten sie, ob Christus nicht von dem Fleische Maria wäre. Ich sagte, Maria hätte ihn vom heiligen Geiste empfangen, wie der Engel zu ihr sagte: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten, weshalb auch das Heilige, das von dir geboren werden soll, Gottes Sohn genannt werden wird. Sie fragten noch einmal, ob er nichts von ihrem Fleische angenommen hätte, weil er dasselbe nicht von Oben gebracht hat. Ich entgegnete, daß ich dem Zeugnisse des Johannes glaubte, wo er sagt: Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. Sie fragten, ob ich nicht glaubte, daß er der Sohn Maria nach dem Fleische wäre, und Gottes Sohn nach dem Geiste. Ich antwortete, daß er Gottes eigener und einziggeborener Sohn wäre, der ohne Anfang der Tage und ohne Ende des Lebens sei und zuletzt durch die Kraft des heiligen Geistes von Maria geboren worden sei. Darum ist er nicht von der Erde und irdisch, wie Adam, und wird auch nicht zur Erde werden, denn er ist der Herr vom Himmel. Hätte er Fleisch von unserem Fleische, so müsste er auch die Verwesung sehen, denn Gott sprach: Du bist Erde und sollst wieder zur Erde werden, was sich nicht allein auf Adam, sondern auf alle, die von ihm abstammen, bezog.

Dann fragten sie mich, ob ich nicht glaubte, daß in dem Sakramente Christi Fleisch und Blut wäre. Ich erwiderte: Nein, er ist aufgefahren und sitzt zur Rechten Gottes, seines Vaters. Sie fragten, ob ich nicht glauben wollte, daß alle Heiligen im Himmel seien. Ich antwortete: Was ich nicht gelesen habe, kann ich nicht verantworten; aber das habe ich gelesen: Der Gerechten Seelen sind in Gottes Händen, und keine Todespein wird sie anrühren.

Darauf sagten sie nicht viel, aber sie fragten, was ich von der Maria hielte. Ich entgegnete, sie sei ein reines und heiliges Gefäß gewesen, gesegnet über alle Weiber, denn sie war würdig, den Sohn Gottes zu empfangen und zu gebären.

Sie fragten, ob ich nicht bekennte, daß ein Fegfeuer wäre. Ich erwiderte: Ich finde von zwei Wegen geschrieben, von einem sehr breiten, der zur Verdammnis, und von einem sehr schmalen, der zum ewigen Leben führt.

Auch fragten sie, was ich von dem Papste hielte. Ich antwortete: Den Papst kenne ich nicht, aber ist das seine Lehre, die man hier hält, so halte ich ihn seiner Lehre gleich.

Es sind noch mehr Worte gefallen, aber ich habe dieses nur aus Zeitvertreib geschrieben. Lebt wohl.