Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.650

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2.650  Noch ein Brief von den Gefangenen, worin wir uns darüber entschuldigen, was uns nachgesagt wird; auch werden in der Kürze die Hauptpunkte unseres Glaubens beschrieben, wie im Verlauf ausführlicher erklärt wird.

Wir armen Gefangenen, mit Namen Hendrik Terwoort und Jan Pieterß, die wir in der Mercice um des Zeugnisses Jesu Christi willen in Banden liegen und vom Leben zum Tode verurteilt sind, an einem Pfahle zu Asche verbrannt zu werden, wozu wir uns auch gutwillig bereitet haben, im Jahre 1575 den 10. April zu London.

Weiter bitten wir armen Gefangenen freundlich, Ew. Ehrw. wolle unser an sie gerichtetes, einfaches Schreiben bestens aufnehmen, denn wir tun solches nur aus der Ursache, weil wir sehr betrübt sind, indem Ew. Ehrw. mit unserer einfachen Antwort nicht wohl zufrieden ist; dadurch sind wir genötigt worden, Ew. Ehrw. ein wenig zu schreiben, damit Ew. Ehrw. es besser verstehen und erkennen möge, welche Lehre wir haben.

Das Bekenntnis unseres Glaubens von Gott, unserem himmlischen Vater, welches wir in der Kürze aufgesetzt haben, lautet wie folgt:

1. Glauben wir an einen einigen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, wie 1Mo 1,1 geschrieben steht, an welchen Abraham, Isaak, Jakob, Mose und alle Propheten geglaubt haben, Hebr 11.

2. Weiter glauben wir an Jesum Christum, den einigen Sohn des Vaters, Joh 1,1, welcher im Anfang bei Gott war, Mi 5,1; 1Joh 1,1, und als die Zeit erfüllt war, Gal 4,4, welche Gott verheißen hat, 1Mo 3,15, Jes 7,14 dieses Wort ist Fleisch geworden, Joh 1,14, und geboren vom Geschlecht Davids, Röm 1,3, von der reinen Jungfrau Maria, verlobt einem Manne genannt Joseph, vom Geschlecht Davids, Mt 1,18; Lk 1; 2, die gesegnet ist über alle anderen Weiber, Lk 1,42. Wir glauben, daß dieses der wahre Sohn Gottes sei, welcher durch viele Zeichen und Wunder, die Er getan hat, uns das Wort seines Vaters verkündigt hat, Joh 15,24. Darauf ist er den Juden überantwortet, unter Pontius Pilatus gekreuzigt, gestorben und begraben worden, Mt 27,1; Mk 15,1; Lk 23,1; Joh 18.

3. Wir glauben auch, daß derselbe Jesus Christus wahrer Gott und Mensch sei und um unserer Sünde willen gelitten habe, Jes 53,7, und daß Er, da wir seine Feinde waren, den bittern Tod für uns erlitten, Röm 5,8, damit die, die an Ihn glauben, nicht verloren würden, sondern das ewige Leben hätten, Joh 3.

4. Wir glauben auch, daß dieser unser Heiland von den Toten auferweckt worden ist, Mt 28,6; Mk 16,6; Lk 24,5; Joh 20,9, wie Er vorher gesagt hatte, Mt 17,9; Mk 9,31; Lk 9,22, und zur rechten Hand seines Vaters sitzt, Mk 16,19; Apg 7,55.

5. Ferner glauben wir an den Heiligen Geist, wie geschrieben steht, 1Joh 5,7, wo gesagt wird, daß drei seien im Himmel, die da zeugen, der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und daß diese Drei eins seien.

6. Wir glauben an die Gemeinschaft der Heiligen, deren Gebet für uns viel vermag, Jak 5,16. Auch glauben wir an die heilige Gemeinde, in welcher diejenigen sind, die an Jesum Christum glauben, die durch einen Geist zu einem Leib getauft sind, wie Paulus sagt, 1Kor 12,13, dessen Haupt Jesus Christus ist, nämlich der heiligen Gemeinde, wie geschrieben steht Eph 5,23; Kol 1,18. Wir glauben und bekennen, daß diese heilige Gemeinde Macht habe auf- und zuzuschließen, zu binden und zu lösen; was sie auf Erden bindet, das ist auch im Himmel gebunden; was sie auf Erden löst, das ist auch im Himmel gelöst, Mt 16. Wir glauben, daß Gott in dieser heiligen Gemeinde Apostel, Propheten und Lehrer, 1Kor 12,28, Bischöfe und Diener, 1Tim 3,2, verordnet habe.

7. Wir glauben und bekennen eine Taufe im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, wie uns der Herr Jesus Christus befohlen und angeordnet hat, Mt 28,19, und wie die Apostel solche gebraucht, Apg 2,38, und davon geschrieben haben, Röm 6,3; 1Kor 12,13; Gal 3,27; Eph 4,5; 1Pt 3,21. Ebenso glauben wir auch, daß alle, welche die Taufe empfangen haben, Glieder des Leibes Jesu Christi in der heiligen Gemeinde sind.

8. Was das heilige Abendmahl Jesu Christi betrifft, glauben und bekennen wir davon, wie Christus dasselbe gesagt hat und wie Mt 26,26, geschrieben steht: Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte, brach es und gab es den Jüngern und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib; und Er nahm den Kelch und dankte, und gab ihnen den Kelch, und sprach: Trinkt alle daraus, das ist mein Blut des Neuen Testamentes, welches Vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden, Mk 14,24, dieses tut zu meinem Gedächtnis, Lk 22,19. Wir glauben, wie Paulus bezeugt, wenn er sagt: Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Jesu Christi? 1Kor 10,16 Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage, Joh 6,54.

9. Wir bekennen und glauben auch einen ehelichen Stand, welcher eine Ordnung Gottes ist, wie wir 1Mo 2,24 lesen. Ein Mann und ein Weib zusammen verbunden im Namen des Herrn in der heiligen Gemeinde, 1Kor 7,2. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weib anhangen, und es werden die Zwei ein Fleisch sein; so sind sie nun nicht zwei, sondern ein Fleisch; darum, was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden, Mt 19,6. Die Ehe soll von allen ehrlich gehalten werden, und das Ehebett unbefleckt; die Hurer aber und Ehebrecher wird Gott richten, Hebr 13,4.

10. Weiter glauben und bekennen wir auch, daß die Obrigkeit von Gott eingesetzt und verordnet sei, Weish 6,3; Sir 17,18; Röm 13,1, zur Strafe der Bösen und zum Schutze der Frommen; solcher Obrigkeit begehren wir von Herzen gehorsam zu sein; gleichwie 1Pt 2,13 geschrieben steht: Seid Untertan aller menschlichen Obrigkeit um des Herrn willen, denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, Röm 13,4. So lehrt uns auch Paulus weiter, daß wir vor allen Dingen Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für die Könige und alle Obrigkeit tun sollen; daß wir ein stilles ruhiges Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, denn das ist gut und angenehm vor Gott, unserem Seligmacher, der da will, daß alle Menschen selig werden, 1Tim 2,1–4 Ferner lehrt Er uns, daß man den Obersten und Gewaltigen Untertan, der Obrigkeit gehorsam und zu allen guten Werken bereit sein soll, Tit 3,1. Darum wollen wir Eure Majestät freundlich gebeten haben, unsere Meinung recht zu verstehen, das ist, daß wir die hochwürdige, edle und gnädige Königin, nebst ihrem weisen Rate, nicht verachten, sondern Ihro Majestät aller Ehren wert achten, wie wir denn auch derselben in allem, was wir vermögen, untertänig sein wollen; denn wir bekennen mit Paulus, wie oben angeführt worden ist, indem sie Gottes Dienerin ist, und wer dieser Macht widersteht, der widersteht Gottes Ordnung, denn die Obersten sind denen nicht zur Furcht, die Gutes tun, sondern nur denen, die Böses tun. Darum bekennen wir, daß wir sowohl schuldig, als bereit sind, ihr Zoll, Zins, Ehre und Furcht zu geben, wie uns Christus selbst gelehrt hat, wenn Er sagt: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist, Mt 22,21. Darum nun, weil sie eine Dienerin Gottes ist, wollen wir Eure Majestät freundlich bitten, sich es gefallen zu lassen, und uns armen Gefangenen Barmherzigkeit zu erweisen, gleichwie der himmlische Vater gegen uns auch barmherzig ist.

Hiermit stimmen wir nicht mit denen überein, die der Obrigkeit widerstehen wollen, sondern erkennen und begehren von ganzem Herzen, daß man ihr gehorsam und untertänig sein müsse, wie wir oben gemeldet haben.

11. Ferner, wenn man uns fragt, ob wir nicht einen Eid schwören wollten, so antworten wir darauf, daß wir so viel Freiheit in unserem Gewissen nicht finden, daß wir solches tun mögen, weil Mt 5,33 geschrieben steht: Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst keinen falschen Eid schwören; sondern du sollst Gott deinen Eid halten; ich aber sage euch, daß ihr gar nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt; auch sollt ihr nicht bei eurem Haupte schwören, denn ihr vermögt nicht ein Haar weiß oder schwarz zu machen; sondern eure Worte sollen sein: Ja, ja, Nein, nein; was darüber ist, kommt vom Bösen. Weiter lehrt uns auch Jakobus im fünften Kapitel: Meine Brüder, vor allen Dingen schwört nicht, weder bei dem Himmel, noch bei der Erde, noch mit einem andern Eid, sondern euer Wort sei Ja, das Ja ist, und Nein, das Nein ist. Aus den oben angeführten Gründen dürfen wir also unter keinen Umständen schwören.

12. Ferner glauben wir an die Auferstehung der Toten, gleichwie Jes 26,19; Joh 19,25; Dan 12,13; Joh 5; 1Kor 15,12; 1Th 4,13–18 geschrieben steht, daß die Menschen von den Toten in ihren eigenen Leibern auferstehen werden, Hi 19,26; 1Kor 15. Wenn der Herr in den Wolken kommen wird mit seinen Engeln, wo Er einen jeden nach seinen Werken richten wird, Mt 25,31; Röm 2,6.

13. Weiter glauben wir allem, was in heiliger Schrift enthalten ist, sowohl dem Alten, als auch dem Neuen Testament. Darum bitten wir armen Gefangenen demütig, worin wir uns etwa an Ihrer Majestät oder ihren Untertanen vergangen haben mögen, uns solches zu vergeben, und gegen uns barmherzig zu sein, gleichwie der himmlische Vater barmherzig ist, denn wir sind ein armes, schlichtes Volk, gering von Wissenschaft und Verstand, und es ist uns leid, daß wir nicht zierlicher schreiben können. Darum bitten wir Ew. Ehrw., daß Eure Majestät unser einfaches Schreiben zum Besten aufnehmen wolle.

Hiermit wollen wir Eure königliche Majestät dem Herrn empfehlen, der Herr sei mit Euch und uns allen, Amen.

In unserem Gefängnis zu London, den 21. Juli, im Jahre unseres Herrn 1575, von mir, Hendrik Terwoort, von mir, Jan Pieterß.