Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.109

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2.109  Einige Gläubige und Getaufte nach dem Befehle Christi, welche versammelt waren, das Wort Gottes zu hören, werden zu Rotterdam 1544 getötet.

Was der heilige Apostel Paulus durch den Geist Gottes geweissagt hat, dass alle diejenigen, welche in Christo Jesu gottselig leben wollen, Verfolgung leiden müssen, hat sich auch in Wahrheit in der Stadt Rotterdam um das Jahr 1544 erwiesen, wo eine Anzahl frommer Nachfolger Jesu Christi im Namen des Herrn miteinander versammelt waren, um miteinander zu reden und von dem Worte Gottes zu handeln, auch sich untereinander zu erbauen und in der angenommenen Wahrheit des heiligen Evangeliums zu stärken; desgleichen auch, um den großen Gott des Himmels und der Erde aus einem Munde und mit demütigem Herzen um die Vergebung und Erlassung der Sünden und um die Gabe des heiligen Geistes zu bitten und also seinem preiswürdigen Namen mit vereinigtem Lobe zu danken. Aber die Papisten, welche der Wahrheit Feind sind, haben jede solche gute Übung der Gottseligkeit zu verhindern und zu unterdrücken gesucht (so viel in ihrem Vermögen war); daher ist es gekommen, dass die erwähnte Versammlung der Frommen ihnen in die Hände gefallen ist, indem sie durch ein Weib, welches in das Haus der Versammlung gekommen ist, unter dem Vorwande, einen Kessel zu leihen, verraten worden sind. Als sie nun den Wölfen in die Hände gefallen sind, haben dieselben nach ihrer Art sehr grausam mit diesen wehrlosen Schäflein gehandelt, in der Absicht, um dieselben von der Wahrheit abzuziehen, wiewohl sie solches alles in Geduld um des Namens Jesu Christi willen gern erlitten und ertragen haben (und das zwar in der festen Hoffnung auf sein unvergängliches Reich). Als sie aber durch keine Pein zum Abfall bewegt werden konnten, sind sie zum Tode verurteilt worden; dieses Urteil ist auch an ihnen vollstreckt worden, indem die Mannspersonen an dem bezeichneten Orte mit dem Schwerte enthauptet, die Weiber aber grausamer Weise in einen Bach geworfen und unter das Eis gesteckt worden, bis sie endlich gestorben sind. Also haben hiermit diese beiden Gemeinden oder Völker, das ist, die Gemeinde Gottes und die Gemeinde des Satans, klar bezeugt und ausgedrückt, wessen Geistes Kinder sie gewesen sind, welches an den Früchten, der Art und Natur derselben leicht gemerkt und ersehen werden kann. Die Antichristlichen sind als reißende und raubende Wölfe von Natur zum Fangen und Würgen geboren, die Gemeinde Jesu Christi aber besteht in sanftmütigen Schafen und Lämmern, welche, wenn sie zur Schlachtbank geführt werden, stumm sind und sich nicht rächen mögen, und deshalb ihren Leib um des Namens des Herrn willen freimütig übergeben. Darum werden auch diese Schäflein, wenn der oberste Hirte wieder erscheinen wird, mit allen treuen Knechten die süßen Worte hören: Gehet ein zu eures Herrn Freude.

Unter diesen Aufgeopferten hat sich auch eine Jungfrau von vierzehn Jahren befunden; diese hat das Lied gemacht, welches in dem alten Liederbuche steht und so anfängt: Emanuel, der ausgegangen aus seines Vaters Reich in dieses Weltgebäude.