Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.358

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2.358  Noch ein Brief von Maeyken Boosers an ihre Eltern.

Mein sehr geliebter Vater und meine innigst geliebte Mutter, ich befehle mich euch an, aus dem Innersten meines Herzens, mit Bitten zu dem Herrn, daß er euch und mich mit dem Troste des heiligen Geistes trösten wolle, als das Verheißene des Herrn, welchen er verheißen hat, seinen Jüngern zu senden, indem er sagt: »Nun aber gehe ich zum Vater und ich will euch einen andern Tröster senden, welchen die Welt nicht empfangen kann, denn sie kennt ihn nicht.«

Darum, mein lieber Vater und meine liebe Mutter, seid getrost und erwartet in Geduld, was der Herr mit mir tun will; ich warte auch auf seinen Trost in Geduld, und was geschehen ist, achte ich nur für etwas Leichtes, wovon ich keine Beschwerde fühle. Der Herr müsse gelobt sein, auf den ich hoffe, denn er tröstet den Demütigen, und stößt den Hoffärtigen vom Stuhle, und obgleich uns hier Jammer vor Augen schwebt, so wissen wir doch, daß des Herrn Tag bald kommen und daß alles gottlose Wesen vernichtet werden wird, und daß Gott ohne Ansehen der Person richten und einem jeden nach seinen Werken vergelten wird. Darum, mein lieber und sehr werter Vater und meine teure Mutter, seid doch meinetwegen unbekümmert, und lasst den Herrn sein Werk ausführen; ich hoffe, er hat mich Arme, Unwürdige zum Opfer verordnet, welches Ihm gefällig ist, denn ich habe auf seine Barmherzigkeit gehofft, und daß er nicht mit mir ins Recht gehen werde; wollte er mich nach meinem Verdienste richten, so wäre ich des ewigen Todes schuldig; aber ich hoffe, der Herr werde sich meiner erbarmen.

Ich berichte euch, daß ich noch einmal vor den Diakon gebracht worden bin, aber ein jeder behielt das Seinige, und beim Abschiede sagte er zu mir: Wenn du in diesem Glauben bleibst, so bist du ewig verdammt. Ich erwiderte: Warum redest du so, da doch Gott richten wird? Ja, sagte er, solches darf ich wohl sagen, denn es wird so geschehen. Darauf folgte mir Meister Claes und fragte: Wo hast du dich so lange verweilt? Ich habe dich lange gesucht. Ich antwortete: Nun habt ihr mich ja. Ich habe dich nicht, sagte er, denn wärest du in unsern Händen, wir würden dich, nach meinem Erachten, länger halten, als diese tun werden. Hiermit will ich euch, mein lieber Vater und meine liebe Mutter, dem Herrn anbefehlen, der euch und mich bis ans Ende bewahren wird. Betrübt euch nicht um mich, sondern erfreut euch, daß mich der Herr würdig achtet; denn diese meine Glieder, die mir der Herr gegeben hat, will ich um seinetwillen gern verlassen. Lebt wohl allezeit.