Der Märtyrerspiegel

Teil I - Kapitel 22

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22  Beschreibung von der heiligen Taufe der Märtyrer im zwölften Jahrhundert, das ist: Von dem Jahre nach der Geburt Jesu Christi 1100 bis zu dem Jahre 1200.

22.1  Kurzer Inhalt von der Taufe im zwölften Jahrhundert.

Das letzte Jahr des vorhergehenden Jahrhunderts, nämlich das Jahr 1100 wird hier voran gesetzt, als Eingang der folgenden hundert Jahre, worin erzählt wird, dass in und kurz nach diesen Zeiten die waldensischen und albigensischen Brüder gewesen seien, von welchen um die Mitte dieses Jahrhunderts ausführlicher gehandelt werden soll.

Auf das Jahr 1105 werden einige Personen eingeführt, welche der Kindertaufe, der Verwandlung des Brotes und der römischen Kirche widersprachen, ferner auch einige auf das Jahr 1119, welche die Messe lästerten.

Dann werden Menschen eingeführt, welche solche Lehre hatten, als nachher in der Zeit des Peter Waldus; ihre Lehre gegen den Papst, die Kindertaufe, die Messe, den Bilderdienst, die weltliche Macht der Kirche, ihre Verfolgung wird auch mit angeführt.

Rupertus Tuiciensis gibt schöne Erläuterungen von der Taufe der Alten, er lehrte, dass man, um getauft zu werden, zuvor glauben müsse, und dasselbe bekennen. Ferner, dass viele, welche mit Wasser getauft werden, inwendig nicht erneuert werden, weil sie keines frommen Herzens sind, obgleich sie mit dem Munde bekennen. Ferner, dass die wahren Getauften aus Knechten der Sünden Gottes Kinder werden. Ferner, dass der christlichen Jugend das ganze Jahr hindurch Gottes Wort gepredigt werde, zur Vorbereitung ihrer zukünftigen Taufe.

Hierauf wird angeführt, dass ein gewisser Schreiber, der es mit der Kindertaufe hält, D. J. V., über obige Reden des Rupertus geschrieben hat. Ferner, was P. J. Twisck und H. Montanus aus den Schriften des Rupertus aufgezeichnet haben; ferner, dass selbst einige gelehrte Männer der Römischen Kirche mit diesem Rupertus übereingestimmt haben; unterdessen wird auch von Johannes Buhemius, Ludovicus Vives und ihrer Lehre gegen die Römische Kirche gehandelt.

Viele Christen zu Arles, Narbonne, Toulouse, Gascognien, und hie und da in Frankreich, werden Petru-Brusianer genannt; diese bestrafen die Missbräuche der Römischen Kirche, wie solches Petrus, Abt von Cluniac, berichtet.

Von Arnaldus Brixianus und Petrus Abelardus, welche ebenfalls die Kindertaufe widerlegt haben, wird Nachricht gegeben.

Henricus Petrus Thossolanus hat (nach Cluniacensis Anmerkung) fünfzehn Artikel gegen die Päpstlichgesinnten gestellt, welche alle näher ausgeführt werden.

Einige Bauern oder Landsleute in Frankreich, Apostolici genannt, lehrten auch gegen die Kindertaufe, das Fegefeuer, die Fürbitte für die Toten und gegen die Anrufung der Heiligen.

Die Albigenser aus der Landschaft Albi und die Waldenser, welche des Petrus Waldus Nachfolger gewesen waren, sind zu dieser Zeit aufgekommen, dabei wird die Bekehrung des Petrus Waldus angeführt, wie er, nachdem er sich von der Römischen Kirche getrennt, sich viele Leute zusammen berufen hat, welchen er die Lehre des heiligen Evangeliums vorgetragen hat, und dass ihm solche nachgefolgt sind.

Dann wird von der Zerstreuung und den verschiedenen Namen der Waldenser gehandelt; ferner wird berichtet, dass sie in drei Teile geteilt worden sind, von denen der eine Teil es in allen Stücken der Religion mit den Taufsgesinnten gehalten hat; ferner, dass dieselben Leute Wiedertäufer genannt wurden; ferner, dass sie die Kindertaufe verworfen haben; ferner, was sie von dem Amt der weltlichen Obrigkeit gelehrt haben; ferner, ihre Lehre gegen den Krieg oder das Kriegführen; ferner, ihre Lehre gegen den Eidschwur; ihre Lehre gegen fast alle Stücke der Römischen Kirche; ferner, die Konfession oder das eigene Glaubensbekenntnis der Waldenser wird ausführlich in 14 Artikeln erzählt; ferner, noch ein Bekenntnis derselben, an die von Merindol und Cabriere, in zwölf Artikeln verfasst; ferner, einige Lehren der Tugend, welche sie ihren Gemeinden nachgelassen haben; ferner, einige Zeugnisse der alten Schreiber von dem tugendhaften Leben der Waldenser; endlich, wie sie von ihren Inquisitoren und Anklägern mit Unrecht beschuldigt worden seien. Nachdem alle vorhergehenden Dinge, in Ansehung der Waldenser, erzählt worden sind, wird auch die Zeit angeführt, in welcher sie gelebt haben und berühmt gewesen sind, nämlich mehr als dreihundert Jahre, sowohl in Frankreich als Italien; auch werden die Gegenden angeführt, wo sie sich aufgehalten haben, und dass mit denselben beinahe tausend Städte angefüllt gewesen sind. Zuletzt wird dieses Jahrhundert mit der Beschreibung der dreizehnhundertjährigen Zeit nach P. J. Twiscks Anmerkung geendigt, abgekürzt und beschlossen.

Gleichwie ein Feuer aus Schmiedekohlen, welches, wenn es mit Wasser übergossen wird, anfänglich nur hin und wieder einige Funken sprüht, größtenteils jedoch nur glimmt und gleichsam durch den Rauch durch sich selbst erstickt wird, dann aber mit so großer Kraft zum Ausbruch kommt, dass die Flamme den Rauch überwindet und durch Wasser nicht mehr gelöscht oder gedämpft werden kann, so ist es auch in diesem 12. Jahrhundert mit dem Feuer des Evangeliums, und besonders mit dem Artikel der Taufe auf den Glauben ergangen.

Dieses hatte (in den vorhergehenden Jahrhunderten) der Papst zu Rom mit seinen Kardinalen, Bischöfen, Pfaffen und Mönchen, mit dem Wasser vieler falschen Lehren dermaßen übergossen, dass kaum einige Funken aufgehen konnten, welche man nicht gleich wieder zu dämpfen suchte, bis endlich, durch die Streitigkeiten und Uneinigkeiten der sogenannten römischen Geistlichen, und weil ein jeder von ihnen nach der höchsten Macht gestrebt hat, das evangelische Feuer, von welchem man meinte, dass es zur Genüge ausgelöscht sei und deshalb außer Acht gelassen wurde, sich so entzündet und zu brennen angefangen hat, dass es den Rauch des päpstlichen Aberglaubens überwunden hat, sodass es durch kein Wasser der Verfolgung, Leiden oder Tod mehr ausgelöscht oder gedämpft werden konnte; ja, die heftigsten Verfolgungen oder größten Peinigungen waren zu der Zeit gleichsam wie Öl im Feuer.

Dieses soll betreffenden Ortes angeführt werden, doch wollen wir zuerst von den Personen handeln, die sich damals der Kindertaufe und anderem römischen Aberglauben widersetzt haben; um nun dieses ordentlich anzufangen, wollen wir nun zu Werke gehen.

Auf das Jahr unseres Herrn 1100, welches das letzte Jahr im elften oder der Anfang des zwölften Jahrhunderts ist, gibt P. J. Twisck diese Beschreibung:

Aus den Schriften der Schreiber wird es wahrscheinlich, dass in diesen Zeiten und kurz nachher die waldensischen oder albigensischen Brüder gelebt haben, welche den päpstlichen Irrtümern und der Kindertaufe widersprochen haben und daher von den Tyrannen viel Elend und Verfolgung leiden mussten. P. J. Twisck, Chronik, das elfte Buch auf das Jahr 1100, Pag. 423, Col. 1. Doch wollen wir am betreffenden Ort hiervon ausführlicher reden.

Im Jahre 1105. Dieses ist das Jahr, in welchem von den Schreibern einiger Personen Erwähnung geschieht, welche beschuldigt wurden, dass sie von der Kindertaufe und von der Veränderung des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi Böses dachten und dass sie die Römische Kirche lästerten. Siehe P. J. Twisck, das 12. Buch auf das Jahr 1105, Pag. 428, Col. 2, aus Merul., Fol. 726. Ferner H. Montan., Pag. 83.

Dieses wollen wir hier nur in der Kürze oberflächlich anführen, um dieser Leute Lehre zu zeigen; wenn wir aber zu der Beschreibung der Märtyrer aus dieser Zeit kommen werden, so wollen wir Nachricht geben, wie viele Personen ihrer gewesen sind, was ihnen um ihrer Lehre willen widerfahren ist und an welchem Ort und durch welche Personen solches geschehen sei.

Im Jahre 1119. Damals wurde von einigen Leuten geschrieben, welche unter dem Namen der Religion, außer andern Stücken der Römischen Kirche, auch die Kindertaufe und die Messe lästerten. Siehe hiervon Jac. Mehrn., in Bapt. Hist., Pag. 685, aus Joh. de Oppido, Inquis. Tholosa. in Chronik. Item Abr. Mellin., Fol. 422, Col. 1.

Im Jahre 1120. Jean Paul Perrin Lionnois gibt (in seinem dritten Buch des dritten Teils der Geschichte der Waldenser und Albigenser) Nachricht von einer Handschrift aus dem Jahr 1120, worin gewisse Predigten solcher Menschen gefunden werden, welche nachher, zur Zeit des Petrus Waldus, Waldenser oder Albigenser genannt worden sind; außer diesen Predigten ist auch ein Buch gegen den Papst geschrieben worden, welcher darin der Antichrist genannt wird.

Aber das Bemerkenswerteste von allem ist, dass unter die Kennzeichen, welche daselbst dem Antichristen zugeschrieben werden, die Kindertaufe auf einen toten Glauben auch mitgezählt und das dritte Werk des Antichristen genannt wird.

Im Verlauf wird nachher gegen die Messe, den Bilderdienst und die Verehrung der Reliquien oder Gebeine der Heiligen geredet.

Das sechste Werk des Antichristen (sagen diese Leute) besteht darin, dass er den öffentlichen Sünden Vorschub leistet und die Unbußfertigen nicht ausbannt oder absondert.

Das siebte Werk des Antichristen besteht darin, dass er seine Einigkeit nicht durch den Heiligen Geist regiert und beschirmt, sondern durch weltliche Macht und dieselbe mit geistlichen Dingen zu seiner Hilfe verbindet.

Das achte Werk des Antichristen ist, dass er die Mitglieder der Gemeinde Christi verfolgt, dieselben aufsucht, greift und zum Tode bringt. In dem dritten Buch des dritten Teils der Geschichte der Waldenser und Albigenser, Kap. 1, Pag. 163 und 164.

Hieraus erhellt denn ganz klar, dass in diesen frühen Zeiten bereits sehr viele Menschen gewesen seien, welche nicht nur die Reinigkeit des rechtsinnigen Glaubens bekannt haben, sondern auch selbst den römischen Stuhl mit geistlichen Waffen aus Gottes heiligem Wort bestritten, obgleich sie (wie aus dem achten Werk gegen den Antichristen hervorgeht) verfolgt, aufgesucht, gegriffen und getötet wurden, wovon an seinem Ort ausführlicher gehandelt werden soll.

Im Jahre 1124. Damals hat sich Rupertus Tuiciensis in vielen Schriften hervorgetan, welcher sich nicht gescheut hat, den Verfall, ja, die mancherlei Aberglauben der Römischen Kirche ans Licht zu bringen, wobei er anführt, wie man in der ersten christlichen und apostolischen Kirche getan hat; durch diese Handlungsweise hat er den Römischgesinnten zu seiner Zeit genügende Veranlassung zu ihrer Beschämung und zu einer besseren Überzeugung, hauptsächlich in Beziehung auf den Missbrauch der Taufe, welche ehemals auf den Glauben, nun aber bei ihnen an den jungen Kindlein bedient wurde, gegeben, was wir aus seinen hinterlassenen Schriften anzuführen nicht unterlassen werden.

Zuerst und vor allen Dingen setzt er als eine ausgemachte Sache voraus, dass der Glaube und das Bekenntnis desselben nötig sei, um wahrhaft getauft zu werden. Ja. Mehrn., in der Taufgesch., Pag. 659; Rupertus, Buch 13, über Johannes, Cap. 18. Ein jeder, sagt er, der getauft werden will, muss zuvor glauben und bekennen, und nachher erst auf (oder in) den Tod Christi getauft und mit ihm durch die Taufe begraben werden, um aufzuerstehen.

Wer sieht nicht, dass dieser Rupertus hier die Weise derjenigen bestrafe und widerlege, welche zu seiner Zeit, nämlich unter der Römischen Kirche, die jungen Kindlein tauften, ohne weder den Glauben, noch das Glaubensbekenntnis, noch die Absterbung und Begrabung der vorhergehenden Sünden, viel weniger das Auferstehen in einem neuen Leben zu berücksichtigen, weil dergleichen Dinge bei den Kindlein nicht stattfinden können; denn zu welchem Ende hätte er wohl anders den Glauben, das Bekenntnis des Glaubens und die Taufe zusammengefügt, wenn er nicht hätte ausdrücken wollen, dass sie zusammen gehörten? Warum sollte er wohl sagen, dass ein jeder, der getauft werden soll, zuvor glauben und bekennen müsse, welches ganz dasselbe ist, als was Christus gelehrt hat (Mk 16,16) und Philippus von dem Mohren erfordert (Apg 8,37).

So verhält es sich auch mit demjenigen, was er von der Taufe auf (oder in) den Tod Christi sagt, und dass man durch die Taufe mit ihm begraben werde, um aufzuerstehen; denn solches bezieht der Apostel auf diejenigen, welche auf ihren Glauben getauft und Mitglieder der Römischen Kirche geworden waren (Röm 6,3–4), von welchem Glauben man durch die ganze Welt zu sagen wusste (Röm 1,8).

Pag. 657, Rupertus, Buch 11, über Joh. Cap. 15 sagt: Sie (nämlich die Lehrer) können die Wassertaufe sichtbar verrichten, können aber doch den Heiligen Geist nicht geben, in welchem gleichwohl alle Kraft der Taufe besteht.

Dieses sind Worte, die das Ansehen und die Macht der römischen Priester umstoßen, welche, wenn sie die jungen Kindlein tauften, vorzugeben pflegten, dass sie dieselben nicht nur mit Wasser benetzten, sondern auch den Satan aus ihnen trieben und den Heiligen Geist mitteilten, was sie durch gewisse Beschwörungen und Bezeichnungen zu bewirken glaubten, wiewohl sich hier Rupertus mit den oben angeführten Worten diesem widersetzt. Pag. 657, Rupertus, Buch 3, über Joh. 2.

Es sind viele, welche zwar mit Wasser getauft, dessen ungeachtet aber an dem Geist ihres Gemütes nicht erneuert werden, weil sie nicht die Werke des alten Menschen ablegen, obgleich sie mit Wasser getauft sind und bekennen, dass sie den neuen Menschen anziehen.

Hier wird die Ursache angezeigt, warum einige, obgleich sie mit Wasser getauft sind, doch an dem Geist ihres Gemütes nicht erneuert werden; doch wird die Schuld den Täuflingen selbst beigelegt und nicht den Lehrern, welche sie nicht gesegnet hatten, sondern weil diejenigen, die getauft wurden, obgleich sie hierzu verbunden gewesen sind, die Werke des alten Menschen nicht ablegten.

Denn die Weisheit Gottes (das ist der Geist Gottes) kommt nicht in eine boshafte Seele und wohnt nicht in einem Leib, der der Sünde unterworfen ist (Weish 1,4).

Außerdem ist auch das zu berücksichtigen, dass, wenn hier von getauft werden im Wasser geredet wird, dass man etwas bekenne und dass man den neuen Menschen anziehe, und dass solches alles von den Täuflingen seiner Zeit bezeugt werde, hieraus klar hervorgehe, dass damals bei der Gemeinde, wovon er handelt, erwachsene und verständige Personen getauft worden seien, welche, wenn sie ihrer vorhergehenden Sünden wegen Bekenntnis getan haben, den neuen Menschen, das ist ein gottseliges Leben ohne Sünden, anziehen konnten.

Pag. 662, Nr. 17, Rupertus, Buch 2, über Joh. Kap. 1: Mit dem Heiligen Geist getauft werden, sagt er, heißt, die Gnade des Heiligen Geistes empfangen, welche nicht anzeigt, was Sünden , und macht uns so aus Knechten der Sünde zu Kindern Gottes.

Ferner: Er tauft uns mit Feuer, wenn er uns mit demselben Heiligen Geist stark macht in der Liebe, standhaft in dem Glauben, leuchtend in der Erkenntnis und feurig in gutem Eifer.

Hier sieht er auf die Verheißung, welche Johannes denjenigen gegeben hat, welche zu seiner Taufe kamen, indem er sagt: Er (nämlich Christus) wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen (Mt 3,11; Joh 1,33), welches, wie jedermann weiß, eine Verheißung ist, welche nicht den Kindlein, sondern den erwachsenen Personen getan wird, weshalb auch hier des Rupertus Absicht auf solche gerichtet ist.

Solches geht noch deutlicher daraus hervor, wenn er von diesen Täuflingen sagt, dass, nachdem sie die Gnade des Heiligen Geistes empfangen haben, sie aus Knechten der Sünde zu Kindern Gottes gemacht werden. Denn niemand kann mit Wahrheit ein Knecht der Sünden genannt werden, der zuvor der Sünde nicht gedient hat; und niemand kann zu einem Kind Gottes gemacht werden, der zuvor kein Kind der Welt gewesen ist. Denn was man wird oder werden soll, ist man zuvor nicht gewesen.

Was er nun weiter davon sagt, dass sie stark in der Liebe, beständig im Glauben, leuchtend in der Erkenntnis und feurig in gutem Eifer sein sollten, so gibt er ja damit zu erkennen, dass er von solchen Leuten handle, welche zum Gebrauch des Verstandes gekommen und imstande sind, die wahre Liebe, den Glauben an Gott, die Erkenntnis Jesu Christi und einen guten Eifer zur Beobachtung der Gebote des Herrn auszuüben, denn durch solche und durch niemand anderes können diese Dinge bewerkstelligt und unter dem Segen Gottes ausgeführt werden.

An einem andern Ort erzählt dieser Rupertus, was es mit den Täuflingen, mit der Taufe selbst und einigen Umständen davon für eine Bewandtnis habe.

Alle jungen Leute der Kirche, sagt er, welche man das Jahr hindurch durch die Predigt des Wortes Gottes zu gewinnen suchte, gaben ihre Namen an, an dem vierten Tag der Woche in den Fasten, wenn das Osterfest herannahte [Anmerkung: Aus dem NT kann man nicht entnehmen, dass nur auf bestimmte Zeiten getauft werden sollte. Siehe Apg 9,18; 16,33; 18,8; 19,5 und andere Stellen. Die Taufe sollte erfolgen, wenn ein wahrhaft bußfertiger Mensch diese begehrt.] und wenn ein jeder von ihnen in den folgenden Tagen bis auf Ostern selbst die Regel des Glaubens gehört hat, worin er gezeugt und aufgewachsen war; solcher Gestalt starb er endlich, das ist er tötete die Sünde, und stand mit Christus auf (nämlich in einem neuen Leben) und bekannte den Glauben bei der Taufe mit vollem Vertrauen. Taufgesch., Pag. 706, D. Vicecomes, Buch 2, Kap. 14, aus Rupertus, Buch 4, Kap. 18.

Hierüber sagte vor Zeiten jemand, der es mit der Kindertaufe hielt (Pag. oben angeführt), D. J. V.: Aber die christliche Gottesfurcht gefällt uns besser, dass, nachdem die Taufe der Alten und mit ihr auch die alte Weise, nämlich auf den Glauben zu taufen, abgeschafft worden ist, nun die Gläubigen ihren Kindern vor dem achten Tag nach ihrer Geburt, bei der Taufe, ihren Namen geben, denn solches kommt auch trefflich mit dem Gebrauch der Juden überein, welche ihren Kindern am achten Tag, wenn sie beschnitten wurden, ihren Namen gaben; ferner auch mit der Gewohnheit der Heiden, welche auch dergleichen an ihren Kindern am achten, neunten oder zehnten Tag nach der Geburt getan haben.

Das ist ja recht herausgeredet. Er sagt, dass die Taufe der Alten, das ist die Taufe nach der Einsetzung Christi (Mk 16,16), und zugleich auch die alte Weise, nämlich auf den Glauben zu taufen, abgeschafft sei, nämlich von denjenigen, welche die Kindertaufe eingeführt haben; und solche Sache lobt er als eine christliche Gottesfurcht, indem er sagt, dass ihm solches besser anstehe. Doch wie sollte jemand vermessener und unverschämter von den Geboten Jesu Christi reden können? Es verdrießt mich, hierüber mehr zu sagen; ich werde jetzt hiervon scheiden und nur das hinzufügen, was Jakobus Mehrningus, indem er diese Worte anführt, zur Beherzigung beigefügt hat.

Es ist, sagt er in spottender Weise, sehr wohl bestellt; die Christen sollten sich nicht mehr nach der Taufordnung Christi, sondern Christus selbst sollte sich mit seiner Taufe bei den Christen nach dem Gebrauch der Juden oder der Gewohnheit der Heiden richten. Pfui dich! o Satan, spricht er, wie unverschämt lässt du hier deine Klauen sehen! Pag. wie oben.

P. J. Twisck und H. Montanus führen aus den Schriften des Rupertus die nachfolgenden Worte an: Vor Zeiten pflegte man die Kinder das Jahr hindurch mit dem Wort Gottes zu erneuern, um gegen das Osterfest ihnen den Glauben vorzulegen, welchen sie während der Taufe bekennen mussten, [Anmerkung: Aus dem NT kann man nicht entnehmen, dass nur auf bestimmte Zeiten getauft werden sollte. Siehe Apg 9,18; 16,33; 18,8; 19,5 und andere Stellen. Die Taufe sollte erfolgen, wenn ein wahrhaft bußfertiger Mensch diese begehrt. Auch ein siebenfaches Verhören vor der Taufe findet man in der Schrift nirgends.] damit das Christentum wachse und das Netz des Evangeliums voll werde; um der Gefahr des zeitlichen Todes willen aber hat es der Kirche (nämlich der Römischen Kirche) gefallen, dass man der Christen Kinder bald taufen soll. P. J. Twisck, Chronik, das 12. Buch, auf das Jahr 1124, Pag. 443, Col. 2. H. Montanus, Nichtigkeit der Kindertaufe, der zweite Druck, Pag. 83, aus Robert., Buch 4, De Divinis Officiis, Kap. 18.

Mit diesem Rupertus, schreibt P. J. Twisck, stimmen auch einige gelehrte Männer der Römischen Kirche in diesem letzten Jahrhundert überein, wie aus ihren Büchern angeführt wird.

Joh. Bohemius sagt: Vor Zeiten pflegte man nur denen die Taufe mitzuteilen, welche zuvor in dem Glauben unterrichtet und in der Woche vor Ostern und Pfingsten siebenmal verhört wurden; [Anmerkung: Aus dem NT kann man nicht entnehmen, dass nur auf bestimmte Zeiten getauft werden sollte. Siehe Apg 9,18; 16,33; 18,8; 19,5 und andere Stellen. Die Taufe sollte erfolgen, wenn ein wahrhaft bußfertiger Mensch diese begehrt. Auch ein siebenfaches Verhören vor der Taufe findet man in der Schrift nirgends.] als man aber nachher die Taufe für nötig erachtet hat zu dem ewigen Leben, hat man verordnet, dass die jetzt geborenen Kinder getauft werden und ihnen Gevatter, welche statt ihrer den Glauben bekennen und dem Satan absagen sollten, zugegeben werden. Pag. eben daselbst, aus Johonnes Bohemius, Buch 2, De Gent. Morib. Lauf der Welt von F. H. H. zu Franecker, Pag. 41.

Dieses bestätigt noch Ludovicus Vives, indem er sagt: Niemand werde bei uns zur Taufe gebracht, wenn er nicht zu seinen Jahren gekommen ist, und der, wenn er verstanden hat, was das verborgene Wasser bedeutet, nicht selbst begehrt, damit abgewaschen zu werden. Pag. eben daselbst, aus Lud. Vives in seinen Anmerkungen über Aug., Buch von der Stadt Gottes, Buch 1, Kap. 27; item H. Montan., der zweite Druck, Pag. 88.

Um nun auf diesen Rupertus zurückzukommen, schreibt P. J. Twisck, so hat er nicht allein von der Taufe, sondern auch viele andere Schriften geschrieben, gegen die Lehre der Papisten von der Heiligen Schrift, von der Rechtfertigung, von zwei Sakramenten, von dem Abendmahl unter beiden Gestalten und von der geistigen Gegenwart Christi.

Er sagt auch von dem Antichristen, dass er seine Boten und Prediger durch die ganze Welt aussenden werde; zuerst werde er die Könige und Fürsten bekehren, das heißt zu ihm kehren und überwinden, nachher aber werde er durch ihre Hilfe unter allen Leuten, welche Christus aufrichtig bekennen werden, Verfolgungen anstellen. P. J. Twisck, Chronik, das 12. Buch, Pag. 444, Col. 1, aus Rup. Tuiciens. in Apoc., Buch 3, Kap. 13, Joh. Fabro., Fol. 158, Anth. Jac., Fol. 113, Joh. Münst., Fol. 140.

Im Jahre 1126. Damals sind viele Christen zu Arles, zu Narbonne, zu Toulouse, in Gascognien und hin und wieder in Frankreich gewesen, welche man nachher Petro-Brusianer, nach einem Petrus Bruis genannt, welcher ihr vorzüglichster Lehrer gewesen ist, welche die Kindertaufe weder billigten noch gebrauchten.

Dieser Petrus de Bruis war mit seinem Jünger Henricus im Jahre 1130 durch ganz Frankreich bekannt wegen seiner Gelehrtheit und Freimütigkeit im Bestrafen der Missbräuche der Römischen Kirche. Taufgeschichte, Pag. 686.

Dieses bezeugt Petrus, Abt von Cluniac, in dem Anfang seines Buches gegen die Petro-Brusianer, indem er sagt:

Sie leugnen, dass die kleinen Kindlein, welche die Jahre ihres Verstandes noch nicht erreicht haben, durch die Taufe Christi selig werden könnten, und dass der Glaube eines andern denjenigen helfen könne, welche ihren eigenen Glauben nicht anwenden können; denn nach ihrem Verstand macht nicht der fremde, sondern der eigene Glaube samt der Taufe selig, indem der Herr sagt: Wer da glaubt und getauft wird, soll selig werden; wer aber nicht glaubt, der soll verdammt werden. Taufgeschichte, Pag. 598; H. Montan., Nichtigkeit der Kindertaufe, der 2. Druck, Pag. 83, aus Biblioth. Patr Tom. 12, Part. 2, Fol. 206, item Baron., Anno 1126.

Diese angeführten Dinge sind so klar gegen die Kindertaufe gerichtet und sprechen so sehr für die Taufe auf den Glauben, dass es unnötig ist, auch nur ein Wort zur Erläuterung hinzuzufügen; darum wollen wir es dabei bewenden lassen und zu andern übergehen, welche dieselbe Meinung in und nach diesen Zeiten behauptet und bewiesen haben.

Im Jahre 1128. Arnulphus, Bischof zu Lyon, ein trefflicher Prediger der christlichen Lehre, wurde damals heimlich von den Geistlichen mit List umgebracht, weil er ihre Üppigkeit, Hurerei und groben Irrtümer zu scharf und zu hart bestraft hatte.

Er stellte ihnen die Armut Christi, sein allerheiligstes Leben und seinen Wandel vor Augen, welchem sie nachfolgen sollten. P. J. Twisck, das 12. Buch, gedruckt 1617, auf das Jahr 1128, Pag. 446, Col. 1; Chronik Platinä, Fol. 273; Hist. Andr. 57; Hist. Georg, Buch 6.

Im Jahre 1131. Um diese Zeit hat auch Hildebertus, Bischof zu Mainz, gegen die Macht und das Ansehen des Papstes eifrig gelehrt und geschrieben und hat sich nicht gescheut, ihn der Tyrannei zu beschuldigen und ihm vorzuwerfen, dass er die Stadt Rom zu einem Stuhl des Unglücks und der Bosheit gemacht habe, weil Gottesfurcht und Liebe daraus verbannt worden seien.

Deshalb ist er zu Rom ins Gefängnis geworfen und grausam behandelt worden. Siehe den erstgenannten Schreiber in demselben Buch auf das Jahr 1131, Pag. 448, Col. 2 und Pag. 449, Col. 1, aus Paul. Merul., Zeitkasten, Fol. 746.

Im Jahre 1139. Ein wenig früher oder später, wie Baronius sagt, hat Arnaldus, ein Vorleser zu Brixien in Italien, die Kindertaufe widerlegt; dasselbe hat auch Petrus Abelardus getan, von welchem Arnaldus seine Lehre in Frankreich empfangen hatte. Hiervon könnte man vieles erzählen, da wir aber im Verlauf an seinem Ort von der Marter dieser Personen reden müssen, so wollen wir es dabei bewenden lassen und halten für jetzt die Bemerkung als genügend, dass sie sich der Kindertaufe widersetzt haben.

Von dieser ihrer Lehre, und was ihnen darüber zugestoßen ist, siehe Taufgeschichte, Pag. 598; H. Montan., Nichtigkeit der Kindertaufe, der 2. Druck, Pag. 48, aus Baron. im Jahre 1139, Nr. 3 und im Jahre 1145, Nr. 3 und im Jahre 1147, Nr. 6.

P. J. Twisck schreibt, dass in dem Jahr 1139 oder 1140 in Italien ein ehrbarer, gottseliger und wohlgelehrter Mann gewesen sei, einfach in seinem Leben, genannt Arnaldus von Bressa. Dieser hat sich unterstanden, mit Nachdruck gegen des Papstes Gewalt und Ansehen zu lehren und zu predigen, gleichwie auch gegen die Mönche und Pfaffen.

Hierüber ist er von Innocentius, dem Papst in Rom, in den Bann getan und sehr verfolgt worden; daher ist er in die Schweiz geflohen und hat sich zu Zürich aufgehalten, wo er die Gräuel der Papisten entdeckt hat. Chronik von dem Untergang, das 12. Buch, Pag. 446, Col. 2, aus Histor. Georg., Buch 5; Chron. Car., Buch 4; Leonh., Buch 5; Zeg., Fol. 291; Hist. Eccl. Casp. Hed., in dem 3. Teile, Cap. 11; D. Andr. Hond., Buch 2, Cap. 26; Seb. Franck, Fol. 20, 30; Merul. Tit., Fol. 750, 753, 757, 760, 771, 853; Jan. Crisp., Fol. 281.

Was seinen Tod angeht, davon soll in der Geschichte der Märtyrer auf das Jahr 1145 geredet werden. Dies dient zur Erinnerung.

Im Jahre 1147. Henricus Petrus Tholossanus, gleichbedeutend mit Heinrich von Tholossen, hat zu der Zeit und nachher die Kindertaufe mit den geistlichen Waffen der göttlichen Wahrheit scharf angegriffen, womit er bereits zu des Petrus Brusius Zeiten, von welchem auf das Jahr 1126 Nachricht gegeben worden ist, den Anfang gemacht hat, und hat damit bis an den Tod oder bis nach dem Tod des erwähnten Petrus Brusius angehalten, welche Sache Jac. Mehrn. in der heiligen Taufgeschichte, Pag. 664, so beschreibt:

Als nun Petrus de Bruis das Todesurteil empfangen hat und verbrannt worden ist, hat Henricus seine Lehre eifrig verfochten, denn er war des Petrus Gehilfe, und sind ihm in seiner Lehre nicht wenige nachgefolgt.

Petrus Cluniacensis schreibt, dass er unter anderem so gelehrt habe:

1. Die Kindlein mögen weder durch eines andern Glauben getauft noch selig werden, sondern sie müssen durch ihren eigenen Glauben getauft und selig werden, denn die Taufe macht nur durch den eigenen Glauben selig.

2. Auch ist der eigene Glaube ohne die Taufe ohne Nutzen. [Anmerkung: Sollte der Gläubige die Taufe begehren, aber sie aus irgendeinem unverschuldeten Grund nicht erlangen können, so wird Gott ihn gnädig ansehen.]

3. Die Kinder, welche noch in den Jahren ihres Unverstandes sind, können durch die Taufe Christi nicht selig werden.

4. Diejenigen, welche in der Kindheit getauft sind, müssen, wenn sie zu ihren Jahren kommen, wieder getauft werden. Denn solches, sagten sie, ist nicht wiedergetauft, sondern vielmehr recht getauft.

5. Der Leib und das Blut Christi wird in der öffentlichen Messe nicht aufgeopfert, auch geschieht solches Opfer nicht für das Heil der Seelen; ferner, man sollte die Altäre schleifen oder voneinander reißen.

6. Die Lehre von den Gestalten und Veränderungen des Wesens des Sakraments ist falsch.

7. Man sollte nun, wie sie von ihren Widersachern beschuldigt werden, den Menschen das Abendmahl nicht mehr darreichen, denn Christus habe solches den Aposteln einmal gegeben. [Anmerkung: Christus hat das Abendmahl als Gedächtnis für alle Gläubigen eingesetzt.]

8. Das Messopfer, das Gebet, Almosen und dergleichen Werke der Lebendigen für die Toten seien eine Torheit und ohne Nutzen.

9. Mönche und Pfaffen sollten lieber Weiber nehmen, als Hurerei treiben und immerfort in der Unkeuschheit leben.

10. Die Kreuzesbilder sollte man nicht ehren, noch anbeten; man sollte auch die Kreuze, die zum Aberglauben dienen, lieber abschaffen als behalten.

11. Man sollte nicht so viele Kirchen mit so großen Unkosten bauen, welche oft nicht gebraucht werden, um Gottes Wort zu hören; diejenigen aber, welche gebaut sind, sollte man wieder einreißen.

12. Durch das Geplärr des Kirchengesanges, welches die Pfaffen und Mönche treiben, wird mit Gott gespottet und Gott wird dadurch nicht versöhnt.

13. Auf den Sonntag und andere Tage mag man wohl Fleisch essen.

14. Sie nehmen nicht alle Bücher des Alten und Neuen Testamentes, nämlich diejenigen, welche Apogrypha genannt werden, sondern nur das Evangelium an.

15. Sie glauben lediglich an die Heilige Schrift, aber die Schriften der Väter wollen sie derselben nicht gleich achten.

Petrus Cluniacensis, welcher dieselbe Lehre und Artikel aus des Henricus Schriften angeführt hat, hat sich unterstanden, dieselbe zu widerlegen; doch haben die Centuriatores Magdeburgenses dieselbe größtenteils aufgenommen und den Cluniacensis widerlegt. Siehe hiervon Jak. Mehrn., Taufgesch., Pag. 665, 666.

Aus diesem zuvor Angeführten erhellt wenigstens, welchen Glauben und welche Meinung dieser Henricus gehabt hat, und dass er kein Anhänger des Klosterwesens gewesen sei, obwohl er anfänglich einem Kloster angehörte, denn ein Mönch zu sein und ein solches Bekenntnis zu tun, konnte nicht nebeneinander bestehen.

Deshalb hat er von Bernhardus, welcher von den Römischgesinnten für einen Heiligen gehalten wurde, zu der Zeit viel Schmach und Lästerung ertragen müssen, indem ihn derselbe, welcher ihn nicht nur für einen unverständigen und von der Römischen Kirche abgefallenen Menschen gescholten hat, sondern ihn auch vieler ungeziemender, ja, ungöttlicher Dinge beschuldigt hat, womit gleichwohl andere Schreiber, welche glaubwürdiger und angesehener gewesen sind, ihn verschont und freigesprochen haben.

Wir wollen von Henricus abbrechen und, wenn es nötig sein wird, mehr Nachricht mitteilen, wenn von seinem Leiden um der Wahrheit willen gehandelt werden wird, wiewohl von diesem allen kurze Mitteilungen machen. Jac. Mehr., in der Taufgesch., Pag. 685, 686, aus Abr. Mell., Fol. 423, 424, aus Peter Cluniac., zwei Briefe wider die Petro-Brusianer, 1 und 2; Bernhard, Briefe 141, 142, ad Comit. Tholoss. & Tholossanos. Item Serm. 65, 66, super Cant., vitae Bernh., Cap. 3; Vide Cent. Magdeburg, Cent. 12, Cap. 5; Fla. Illyr., Catal. Test. Verit., Buch 15;. Tit. Petri de Bruis.

Im Jahre 1155. Dies ist die Zeit, in welcher nach dem Zeugnis des Nikolaus Sander, aber nach Cäsar Baronius Bericht im Jahre 1147, in den französischen Gegenden bei Toulouse einige geringe Leute gewesen sind, welche von andern Schreibern Landleute oder Bauern genannt werden, sonst wurden sie eigentlich Apostolici genannt, welches bedeuten sollte: Nachfolger der Apostel.

Von denselben wird berichtet, dass sie sich ausschließlich an die apostolischen Schriften hätten halten wollen, und dass sie daher die Kindertaufe, das Fegefeuer, die Fürbitte für die Toten, die Anrufung der Heiligen, etc. verachtet hätten.

Wir sollten hierüber wohl ausführlicher reden, da aber einige derselben die Märtyrerkrone erlangt haben, wovon später ausführlicher gehandelt werden soll, so wollen wir die Sache bis dahin beruhen lassen und freuen uns vorläufig, dass sie ein solches gutes Bekenntnis getan und das Böse verworfen haben.

Siehe hiervon P. J. Twisck, Chronik, 12. Buch, auf das Jahr 1155, Pag. 469, Col. 2, aus Nicol. Sand. in der Martergeschichte der Taufgesinnten, A. 8; D. Anth. Jac., Fol. 118, desgleichen Taufgeschichte, Pag. 599; H. Montanus, Nichtigkeit der Kindertaufe, der 2. Druck, Pag. 84.

Im Jahre 1160. Dies ist das Jahr, welches bereits von alten Zeiten her von vielen frommen und gut meinenden Christen, welche an dem Papsttum einen Ekel gehabt haben, mit Freuden angeführt worden ist, worüber sich auch noch bis auf den heutigen Tag, um so zu reden, nicht wenig Gottesfürchtige erfreuen.

Denn damals und hauptsächlich kurz nachher, hat das Papsttum mit seinem Aberglauben den allergrößten Abbruch erlitten, wovon in einigen Chroniken oder Geschichtsbüchern gelesen wird, und die göttliche Wahrheit, welche fast bis auf diese Zeit auf das grausamste in vielen Beziehungen niedergetreten zu sein schien, hat damals ihr Haupt mit Freuden erhoben und wie im Sieg geprangt.

Die Lehre gegen die Kindertaufe, gegen den Eidschwur, gegen das Kriegführen, kurz, fast gegen alle bösen Weisen und verkehrten Gottesdienste der Römischen Kirche, wovon man zuvor nur mit Furcht und Zittern, und das auch öfters nur in der Stille, reden durfte, wurde nun ohne Scheu, ja, zu Zeiten öffentlich gepredigt, verteidigt und, der Bedrohungen des Papstes zu Rom ungeachtet, behauptet.

Der Anfang hierzu wurde durch Petrus Waldus zu Lyon in Frankreich gemacht, die Ausführung aber geschah erst später von seinen Nachfolgern; um aber hiervon ordentlich zu handeln, wollen wir mit der Bekehrung des Petrus Waldus den Anfang machen und nachher zu seinen Nachfolgern übergehen.

Von des Petrus Waldus Bekehrung, und dem Ursprung der Waldenser M. Matthias Flaccius Illyricus, in seinem Register der Zeugen der Wahrheit, zwischen Blatt 263 und 277, nach J. Mehrning’s Anmerkung in der Taufgeschichte, Pag. 601, schreibt also:

Um das Jahr 1160 nach der Geburt Christi sind zu Lyon einige vornehme Bürger beieinander gewesen, welche sich von mancherlei Sachen unterhielten, wie zur Sommerszeit in Welschland und Frankreich gebräuchlich ist.

Da sie nun also beieinander standen, trug sich’s zu, dass vor ihren Augen einer unter ihnen plötzlich zur Erde niederfiel und starb.

Über dieses schreckliche Ereignis und Exempel der Sterblichkeit des Menschen und des göttlichen Zornes ist einer unter ihnen, nämlich Petrus Waldus, ein sehr reicher Mann, erschrocken; dieser ging in sich selbst und nahm sich vor, ohne Zweifel aus Antrieb des Heiligen Geistes, Buße zu tun und sich in der Furcht Gottes mit größerem Fleiße zu üben, als er bisher getan hatte, deshalb fing er an, reichlich Almosen auszuteilen, seine Hausgenossen und andere, welche zu gelegener Zeit zu ihm kamen, des Guten zu erinnern und dieselben zur Besserung und wahren Gottseligkeit zu ermahnen.

Als er nun den armen Leuten eine Zeitlang viel Gutes getan hatte, und immer eifriger wurde zu lernen und auch andere zu unterrichten, so hat sich auch das Volk immer mehr um ihn versammelt; darum fing er auch an, ihnen nicht seine eigenen Gedanken, sondern die Heilige Schrift vorzuhalten und dieselbe in der französischen Sprache auszulegen und zu erklären.

Solches aber hat den Bischof und die vornehmen Geistlichen, welche, wie Christus sagt, den Schlüssel des Himmelreichs haben, und gleichwohl selbst nicht hineinkommen, und andere nicht hinein lassen wollen, sehr verdrossen, dass dieser (ihrem Verstande nach) ungelehrte und gemeine Mann die Heilige Schrift in ihre Muttersprache bringen und dieselbe auslegen sollte, und dass sich bereits in seinem Hause viel Volk versammelte, welches er unterrichtete und ermahnte, wiewohl es ihm großer Ernst gewesen, die Ehre Gottes und das Heil der Menschen zu befördern. Auch ist das Volk nach Gottes Wort so begierig gewesen, welches nämlich in der Kirche weder rein noch öffentlich gelehrt wurde, sodass es sich durch den Befehl der papistischen Pharisäer und Hohenpriester nicht abhalten ließ, sondern beide, sowohl der, welcher nachher lehrte, als diejenigen, welche unterrichtet wurden, sprachen: »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.«

Deshalb hat er sich vorgenommen, ohne Rücksicht darauf, was gottlose Leute geboten, die hungrigen Christen nicht nur mit seiner zeitlichen Nahrung, welche täglich durch reichliches Austeilen abnahm, sondern auch mit Gottes Worte, guten Lehren und Ermahnungen zu unterhalten. Da nun auch die vornehmen Geistlichen, durch Tyrannei und unchristliche Befehle, die einfache und wahrhafte Verkündigung des göttlichen Wortes zu unterdrücken und zu vertilgen strebten, so wurde Waldus und seinen Anhängern hinlänglich Ursache gegeben, die Religion und das Vorhaben der Priester desto fleißiger zu untersuchen, um denselben desto freimütiger zu widersprechen.

Als nun aber der Streit mit den Priestern immer heftiger wurde, fing man an, mehrere Verwirrungen und Aberglauben in der papistischen Religion zu entdecken, und dieselbe anzutasten.

Eben zu derselben Zeit hat auch Waldus einige Zeugnisse aus der Väter Schriften in seiner Muttersprache gelesen, weshalb er die Seinen nicht nur mit der Heiligen Schrift, sondern auch mit den Zeugnissen der Alten gegen die Feinde der Wahrheit verteidigte.

Als nun der Bischof samt seinen päpstlichen Pharisäern und Schriftgelehrten sah, wie standhaft Waldus und seine Anhänger das Wort Gottes lehrten, und dass ihre Schande, Unwissenheit, Unbeständigkeit in der Lehre und andere ungeräumte Dinge mehr, von ihnen, nämlich von Waldus und den Seinen, angegriffen wurde, welches sie über die Maßen schmerzte, taten sie dieselben sämtlich in den Bann.

Nicht lange darauf, als sie merkten, dass dieselben auch durch den Bann von ihrem Vornehmen nicht abgeschreckt werden mochten, haben sie dieselben ins Elend verjagt und sie mit Gefängnissen, Schwert und Feuer verfolgt, und sind mit ihnen grausam umgegangen, damit sie, um der gegenwärtigen Not und Gefahr willen, gezwungen werden möchten, von Lyon wegzuziehen, und sich in verschiedenen Ländern auszubreiten und zu zerstreuen.

Man glaubt, dass diese Versammlungen des Waldus oder einiger derselben etwa vier oder fünf Jahre gedauert, dass Waldus zu Lyon gelehrt hat, ehe sie ganz von Lyon vertrieben worden sind; denn Waldus soll ein vermögender Mann gewesen sein und viele Blutsverwandte gehabt haben, weshalb man ihn nicht so schnell zum Stillschweigen habe bringen und unterdrücken können; auch hat er des Papstes Pfaffen nicht gleich anfänglich angegriffen.

Zuletzt hat man auch gegen diese gottseligen Leute in der Christenheit grausam gewütet und getobt, dieselben durch die Ketzermeister hin und wieder verwiesen; welches wir besonders diesen grausamen Wölfen, welche in Schafskleidern einhergingen und sich Mönche nennen ließen, zu danken haben.

Jac. Mehrn., Taufg., Pag. 601–604, aus Matth. Flacc., Regist. der Zeugen der Wahrheit.

Claude de Rubis erzählt, dass Waldus und die Seinen miteinander gänzlich aus Lyon vertrieben worden seien, Albertus de Capitaneis jedoch sagt, dass man sie nicht auf einmal habe ausrotten können.

Von dieser ersten Verfolgung haben wir ein Näheres nicht in Erfahrung bringen können, als dass diejenigen, welche nach Waldus Waldenser genannt worden, als sie Lyon verlassen, zuerst ihm nachgefolgt, dann aber in verschiedene Haufen und Gegenden zerstreut worden seien.

Petrus Blebensus, ein gelehrter Mann, welcher durch seine Schriften sehr bekannt geworden, hat im Jahre 1167 gelehrt, dass Rom das rechte Babylon sei, wovon Johannes geweissagt hat. Ferner, dass die geistlichen Richter des römischen Hofes rechte Raubvögel seien; die Pfaffen rechte Kälber von Bethel, Baals Priester, ägyptische Abgötter, und dass zu Rom alle Dinge ums Geld feil seien. Chronik von dem Untergange, das 12. Buch, Pag. 479, Col. 1 aus Merul., Fol. 767.

Balthas. Lydii., Geschichtsbeschr. von den Waldensern, gedruckt zu Dortrecht im Jahre 1624, das 1. Buch des 1. Teils, Cap. 1, Pag. 3 ,Col. 1 aus Claud. de Rub., Geschichtsbeschr., Pag. 269. Albertus de Cap. in dem Buche von dem Ursprunge der Waldenser, Pag. 1.

Im Jahre 1170 Wir haben auf das Jahr 1160 von der Bekehrung des Petrus Waldus und dass er viele Menschen, welche in der Finsternis des Papsttums saßen, zur Erleuchtung des heiligen Evangeliums gebracht habe, Nachricht gegeben.

Von denselben Menschen wird bezeugt, dass sie in Lehre, Glaube und Leben den Apostolicis gleich gewesen, von welchen wir auf das Jahr 1155 geredet und berichtet haben, dass sie die Kindertaufe, das Fegefeuer verworfen haben.

Das Emporkommen dieser Leute, welche Waldenser und Albigenser genannt werden, wird um das Jahr 1170 gesetzt, das ist 10 Jahre nachdem Petrus Waldus sie zu unterrichten angefangen hatte, wovon nachher ausführlicher gehandelt werden soll.

Vergleiche Jac. Mehrn., Taufgesch., den 2. Teil, gedruckt 1647, Pag. 599, mit H. Montan., in dem Buche von der Nichtigk. der Kindertaufe, gedruckt 1648, Pag. 85; ferner, Einl. über den Märtyrerspiegel, gedruckt 1631, Fol. 50, Col. 1–2, wiewohl das eigentliche Aufkommen dieser Leute daselbst auf das Jahr 1176 gesetzt wird, aus Bar. in Chronik auf das Jahr 1176, Nr. 1–3.

Es lässt sich schließen aus einigen alten Schreibern, dass die Waldenser oder wenigstens dergleichen Leute, welche dieselbe Lehre gehabt, schon lange vor dem Jahre 1170, ja, auch vor dem Jahre 1160 gewesen seien, sintemal dieselben in den Jahren 1160 schon so sehr zugenommen hatten, dass sie auch nach Rom vor eine geistliche Versammlung berufen und daselbst als eigenwillige Ketzer verdammt wurden. Joh. de Oppido. Desgleichen ist auch geschehen im Jahre 1164 in der Zusammenkunft in Tours, Taufgesch., Pag. 676. Wenn nun ihr Anfang auf das Jahr 1170 gesetzt wird, so muss solches nicht von ihrem ersten Anfang verstanden werden, sondern von ihrem Aufkommen, Fortgang und völliger Blüte.

Von der Zerstreuung und den verschiedenen Namen der Waldenser oder des Petrus Waldus Nachfolger Aus Petrus Waldus und diejenigen, welche es mit ihm hielten, durch den grausamen Hass der Papisten genötigt wurden, um ihres Glaubens willen die Stadt Leon (sonst Lyon genannt) zu verlassen, ist es geschehen, dass sich dieselben in verschiedene Teile der Welt verteilt und ausgebreitet haben, weshalb sie sowohl in Ansehung der Gegenden, wo sie sich aufhielten, als auch in Ansehung ihres Glaubens und der Beschuldigungen, womit sie von ihren Widersprechern, insbesondere den römisch Gesinnten, belegt wurden, verschiedene Namen erhalten.

In D. Balthasaric Lydius Geschichtsbeschreibung der Waldenser (Teil 1, Buch 1, Cap. 3, Pag. 4, Col. 2 und Pag. 5, Col. 1) wird von den verschiedenen Namen der genannten Leute die Beschreibung gefunden:

Zuerst haben sie dieselben nach Waldus, welcher ein Bürger aus Lyon gewesen, Waldenser genannt, auch nannte man sie nach dem Landstriche Albi Albigenser.

Als nun diejenigen, welche des Waldus Lehre anhingen, Lyon verlassen hatten und von allem menschlichen Unterhalt entblößt waren, indem sie den größten Teil ihrer Güter zurücklassen mussten, so hat man denselben spottweise den Beinamen Pauperes de Lugduno, das ist, Arme von Lyon, gegeben.

In Dauphinat wurden sie spottweise Chaignards, das ist Hunde genannt, und als ein Teil derselben über die alpischen Gebirge zog, hat man ihnen den Namen Transmontani, das ist jenseits des Gebirges Wohnende, gegeben; auch hat man sie nach Joseph, einem Jünger des Waldus, welcher in Dauphinat, in dem Bistume Dye lehrte, Josephisten genannt; in England nannte man sie Lollardisten, nach dem Namen Lollardus, welcher einer von denen gewesen, die daselbst lehrten.

Nach zwei Priestern, welche des Waldus Lehre in Languedoc gelehrt hatten, von denen der eine Henricus, der andere Esperon hieß, wurde ihnen gleichfalls der Name Henricisten und Esperonisten beigelegt, und nach einem ihrer Barbes, das ist, Hirten oder Lehrer, namens Arnoldus, welcher in Albigeois gelehrt hatte, wurden sie Arnoldisten genannt.

In Provence wurden sie Siccars genannt, über welche Benennung eine Erklärung nicht aufzufinden gewesen.

In Italien wurden sie Fratricelli genannt, gleichbedeutend mit Brüderchen, weil sie als Brüder in wahrer Eintracht lebten, und weil sie keinen andern Ruhetag oder Feiertag hielten als den Sonntag, so hat man sie Insabbathi, oder Insabbathas genannt, gleichbedeutend mit ohne Sabbath oder die keinen Sabbath halten.

Da sie ferner dem Leiden beständig unterworfen waren und dasselbe erduldeten, hat man ihnen, nach dem lateinischen Worte Pati, welches leiden bedeutet, den Namen Patarins oder Patariens, das ist Leidende oder Leidsame gegeben; auch wurden sie, weil sie als arme Landstreicher flüchteten und aus einem Lande in das andere reisten, Pasagenes, das ist Passanten oder Langläufer, genannt.

In Hochdeutschland wurden sie Gazares genannt, was so vielmals Verfluchte oder Erschreckliche bedeutet; aber so ist von Alters her der Papst von Rom gewohnt gewesen, alle diejenigen zu nennen, welche sich dem römischen Glauben widersetzt haben.

In Flandern wurden sie Turilupini genannt, welche Benennung die Bedeutung in sich fasste: Die bei den Wölfen wohnen, weil sie in den Verfolgungen oft genötigt worden sind, in den Wildnissen und Gebüschen sich bei den Wölfen zu verstecken und aufzuhalten.

Bisweilen nannte man sie nach den Namen der Gegenden oder Landschaften, wo sie wohnten, als nach Albi Albigenser, nach Toulouse Toulousaner, nach Lombardien Lombarder, nach Picardien Picarder, nach Lyon Lyonisten, nach Böhmen Böhmisten.

Später wird der Ursprung und die Veranlassung zu den vorgenannten Namen (nach Jean Paul Perrin Lionnois Beschreibung, welcher dieselben aufgezeichnet hat) von D. Balthasarus Lydius ausführlich erklärt (in dem Buche von den verschiedenen Namen der Waldenser, über das 3. Cap. des Perrinus, von Pag. 48, Col. 1, bis Pag. 82, Col. 1–2), worin die wahre Unschuld und Aufrichtigkeit dieser Menschen, obgleich sie zu Zeiten mit bösen Namen belegt worden sind, ganz einfach zu erkennen gegeben wird.

Aber damit hier nichts fehlen möge, wollen wir zur genaueren und vollständigeren Erklärung noch einige andere Namen der Waldenser beifügen, welche (aus J. P. Perrin) von B. Lydius mit Stillschweigen übergangen worden und von Abr. Mellinus in seiner Geschichte, Besch. der Verf. und Mart., im Jahre 1619, auf Blatt 449, Col. 3–4, verkehrt gedruckt sind, eigentlich aber Fol. 439, Col. 3–4 angeführt worden, wo auch einige der vorhergehenden Namen etwas ausführlicher ausgelegt werden.

Unter andern schreibt er daselbst, dass diese Menschen auch Cathari genannt wurden, was im Hochdeutschen Ketzer bedeutet, weil sie von ihren Widersachern Ketzer genannt wurden.

Publicanos nannte man sie, weil sie von den römisch Gesinnten mit den Zöllnern und öffentlichen Sündern verglichen wurden.

Von dem lateinischen Worte Lolium, das ist Unkraut, nannte man sie auch Lollardos, obschon, wie oben erklärt worden, dieser Name ihnen auch von Lollardus, welcher ein Lehrer gewesen, gegeben worden; aber mit Lolium (welches ein Unkraut ist, das mitten unter dem Korne wächst) wurden sie verglichen, weil, wie die Papisten sagten, man sie ausrotten müsse, ebenso wie das Unkraut mitten aus dem Korne ausgerottet wird; diesen Namen haben sie auch in Deutschland, Polen, Livonien oder Liefland beibehalten.

Runcari wurden sie genannt, weil sie bei Runcari, nicht weit von Piacenza, wohnten.

Bariner wurden sie genannt von dem Berge Barrio, oder Barrian, einem Orte in der Landschaft Crema in Italien.

Coterellos nannte man sie, weil sie auf den Bergen wohnten, welche Alpes Cottias hießen.

Comisten wurden sie genannt, weil sie in der Stadt Como in Italien wohnten.

In Hochdeutschland nannte man sie Grubenheimer, das ist Einwohner der Höhlen, weil sie aus Not unter der Erde in Gruben und Höhlen wohnen mussten.

In Frankreich wurden sie Texerant, das ist Weber genannt, weil unter ihnen viele Weber waren.

Mellinus an dem angeführten Orte, aus Perrin. & Vignier Hist. Eccles.

Diese vorgenannte und andere Namen sind den Waldensern vor Zeiten gegeben worden, welches wir als nötig erachtet haben, als eine Erläuterung in der Kürze anzuführen, damit die Leser, wenn in Zukunft in unserer Beschreibung von solchen und dergleichen Personen gehandelt wird, wissen mögen, was für Menschen und von welchem Glauben dieselben gewesen seien.

Von den Waldensern, welche es in allen Teilen mit den Taufgesinnten (die sonst Wiedertäufer genannt werden) gehalten haben, wovon wir fortwährend in unserer Beschreibung handeln wollen Obschon Petrus Waldus, von welchem die Waldenser ihren Namen erlangt haben, mit einem rechten Eifer für die göttliche und evangelische Wahrheit entzündet gewesen, sodass auch im Anfange viele durch seine Lehre und Leben, welches mit einem himmlischen Feuer brannte, mit ihm für Gott und die reine Wahrheit eiferten, so ist es dennoch geschehen, dass sie nicht alle in der rechtsinnigen Wahrheit standhaft geblieben sind, was, wie es scheint, dadurch verursacht worden, dass sie zerstreut und der Verfolgung wegen in verschiedenen Landschaften voneinander getrennt wurden.

Einige sind auch mit dem Namen Waldenser belegt worden, obgleich sie keine Gemeinschaft mit denselben gehabt und keine rechten Brüder von ihnen gewesen sind.

Andere, wenngleich sie zuvor Mitglieder dieser Gemeinde gewesen, haben dennoch ihre Zuflucht zu andern Völkern genommen und haben auf diese Weise ihr früheres Zeugnis (sei es aus Furcht des Todes, oder aus andern Ursachen), insbesondere in dem Stücke von der Sanftmut und Leidsamkeit Jesu Christi verlassen.

Andere, welche gleichwohl weltliche Ämter bedienten, ja, auch Krieg führten, sind zu Zeiten (wiewohl mit Unrecht, wie an seinem Ort gemeldet werden soll) mit dem Namen Waldenser oder Albigenser belegt worden, lediglich aus dem Grunde, wie man einsehen kann, weil einige Waldenser oder Albigenser unter ihrem Schutze wohnten, welchen sie 1 bei ihrer Taufe, wie man sagt, durch die Finger gesehen, oder sie auf andere Weise verteidigt haben.

Darum wollen wir alle diejenigen außer Acht lassen, von welchen anzunehmen steht, dass sie in der Tat keine Waldenser gewesen, sondern nur den Namen gehabt, und uns zu denjenigen wenden, welche den Namen zugleich mit der Tat (sowohl im Glauben als durch ihre Handlungsweise) verdient haben, wovon die alten Geschichtsbeschreibungen Zeugnis geben.

Seb. Franck, in der Chronik von der Ord. u. Sect. der Röm., gedruckt im Jahre 1563, Fol. 153, Col. 3, über den Namen Waldenser, Picardier, Grubenheimer, schreibt, dass die Waldenser in zwei, oder wie einige angeben, in drei Parteien geteilt gewesen, wovon es der eine Teil in allen Dingen (wie er schreibt) mit den Wiedertäufern, nämlich den Taufgesinnten, gehalten hat. Denn, sagt er, sie haben alle Dinge gemein, sie taufen keine Kinder, und sind nicht mit allen wegen des Herrn Leib in dem Sakramente einstimmig.

Kurz zuvor sagte er: Diese führen einen sehr christlichen und ungefährlichen Wandel, und rufen keine Heiligen oder Kreaturen, sondern Gott allein an; sie schwören auch auf keine Weise, ja, halten dafür, dass solches einem Christen nicht gebühre; sie haben auch keine Bilder, beugen auch ihre Knie nicht vor ihnen und beten sie auch nicht an; sie geben vor, man sollte das Sakrament nicht anbeten, sondern Christus zur Rechten seines Vaters und Gott im Geiste und in der Wahrheit; sie dulden unter sich keinen Bettler, sondern beraten und helfen sich untereinander brüderlich.

Siehe auch, von denselben taufgesinnten Waldensern, Sebastian Franck, Chronik der römischen Ketzer, Fol. 121, Col. 2, Lit. P., über den Namen Picardi. Einleit. über den Märtyrerspiegel, Pag. 50, Col. 2. H. Mont., Nichtigkeit der Kindertaufe, der 2. Druck, Pag. 86. Jac. du Bois gegen Montanus, Pag. 158.

Dies sind nun die rechtsinnigen Waldenser, welche wir vor Augen haben, und welche der Zweck unserer ganzen Beschreibung sein sollen.

Wie die Waldenser selbst von den römisch Gesinnten Wiedertäufer genannt worden sind Dies bezeugt Jak. Mehrn. an verschiedenen Orten, indem er, nach dem Zeugnisse der alten Schreiber, berichtet, dass man sie mit dem Namen derer, welche man zuvor Wiedertäufer zu nennen pflegte, benannt habe.

Von Berengarius, sagt er, Taufgesch., Pag. 666, haben sie dieselben Berengarianer, von Petrus de Bruis Petro-Brusianer, von Henrius Henricianer, von den Aposteln Apostolici, von Petrus Waldus Waldenser genannt.

Bei uns Deutschen, schreibt er, Pag. 695–696, werden sie von den Papisten, Lutheranern und Calvinisten, welche nämlich die Kindertaufe behaupten, noch verächtlich Wiedertäufer genannt; in den Niederlanden nennt man sie Mennisten, von Menno Simon, einem ihrer ausgezeichnetsten Lehrer.

Nach diesem Zeugnisse müssen die alten Waldenser nicht nur mit Berengarius, Petrus Brusius, Henricus Tolossanus und den Apostolicis, von welchen wir oben Nachricht gegeben haben, im Glauben einig gewesen sein, sondern auch mit den heutigen Mennoniten oder Taufgesinnten, welche stets von den Übrigen der sogenannten Christenheit mit dem verächtlichen Namen Wiedertäufer belegt werden, wie denn ihre früheren Mitbrüder, die oben angeführten Waldenser, auch von denjenigen, von welchen sie sich abgesondert hatten, nämlich von den Papisten, mit demselben Namen belegt wurden.

Pag. 677 und 678 werden diese Waldenser zu verschiedenen Malen Wiedertäufer genannt, und es wird dabei berichtet, dass dieselben lange vor den Zeiten des Johannes Hus, sowohl in Polen und Böhmen, als auch in Frankreich sich aufgehalten, wie dies auch an demselben Orte aus Hageus, Dubravius, Miechovius, Cromerus, Jacobus Visserus, Jounetus, M. Glaneus, Kaiser Carls Befehl sich aufgezeichnet findet.

Es ist zwar wahr, dass diese Leute durch einige von den genannten papistischen Schreibern als sehr schlecht geschildert und abgebildet werden, sowohl in Ansehung ihres Glaubens als auch ihres Lebens; solches widerlegt aber der Schreiber der heiligen Taufgeschichte, indem er sagt:

Pag. 679, aus M. Flaccius und der Beschreibung der Magd. Cent., dass ihre Beschuldiger über sie sehr gelogen, und dass sie in Lehre und Leben sehr fromme, rechtglaubende und gottselige Christen gewesen seien.

Obwohl wir es hierbei bewenden lassen könnten, weil es hinlänglich bewiesen ist, dass die alten Waldenser mit den heutigen Taufgesinnten ein und dasselbe Volk gewesen seien, so müssen wir doch, weil dieser Satz einigem Bedenken unterliegt, zu dessen größerer Bestätigung noch einige Zeugnisse, aus papistischen Schreibern genommen, hier beifügen.

Der Abt Petrus Cluniacensis redet in dem ersten Artikel des Petrus Brusius und Henricus Tholossanus von der Lehre der Waldenser und bezeugt, dass sie, nach den beiden vorgenannten Männern, geleugnet, dass die Kindlein in den Jahren ihres Unverstandes durch die Taufe Christi selig werden, und dass der Glaube eines andern ihnen irgendetwas helfen könne, weil sie ihren eigenen Glauben nicht gebrauchen können.

Daher, sagten sie, obschon die Kinder von den Papisten getauft würden, so würden sie keineswegs durch die Taufe selig, weil sie nicht glauben könnten, indem ihre Kindheit solches verhinderte.

Wir aber wählen eine passende Zeit des Glaubens und taufen die Menschen nicht wieder, wenn sie ihren Gott erkennen und bereit sind, an ihn zu glauben, wie man uns vorwirft, sondern wir taufen die Menschen alsdann erst recht, damit man nicht sagen möge, sie seien recht getauft, die doch gleichwohl, obschon sie in ihrer Kindheit getauft sind, dennoch nicht getauft sind mit der Taufe, wodurch die Sünden abgewaschen werden. Dieses pflegen die Waldenser zu sagen, sagt der Schreiber in der Taufgeschichte, Pag. 687.

Über das 12. Jahrhundert der Magd. Cent., Fol. 428, Buch 439, macht der Schreiber der heiligen Taufgeschichte die Anmerkung: Mellinus erzählt von dem Ursprünge der Waldenser, welche von Petrus Waldus herstammen, alles was zuvor aus Flaccius angeführt worden ist, daher ist es gekommen, dass alle seine Lehrjünger Nachfolger und Anhänger von den boshaften Papisten, zu der Zeit Wiedertäufer, auch Arme von Lyon genannt wurden, welches Namens sie sich um Christi willen nicht schämen durften, welcher um unseretwillen auch arm geworden ist, damit er durch seine Armut uns reich mache. Aber als dieselben nach der Zeit aus Frankreich in andere Landschaften, als England, Polen, Liefland, durch die Verfolgungen zerstreut worden sind, hat man ihnen andere Namen gegeben. Taufgeschichte, Pag. 695.

Hier wird ausdrücklich berichtet, dass die Waldenser schon vor alten Zeiten von den Papisten mit dem Namen Wiedertäufer belegt worden seien, ohne Zweifel aus dem Grunde, weil sie diejenigen, die in ihrer Kindheit getauft waren, nachher, als sie zum Glauben kamen, abermals oder wenigstens recht getauft haben, denn dies sind die eigenen Worte der Waldenser gewesen, wie oben gesagt wurde.

Außerdem ist zuvor teilweise erwiesen worden, und soll später, wenn es nötig sein wird, noch vollständiger erwiesen werden, dass diese Leute nicht nur aus Frankreich nach England, Polen und Liefland, sondern auch noch nach sehr vielen andern Landschaften, ja, fast über die ganze bekannte Welt zerstreut worden seien.

Taufgesch., Pag. 710. D.Vicecomes, Buch 2, Cap. 2, beweist aus Bernhardus, dass die Waldenser Wiedertäufer gewesen seien, wie die Gottlosen nun die Christentäufer (verstehe die Taufgesinnten) nennen, welche von der Kindertaufe nichts hielten.

Dies heißt aber klar und deutlich, dass die Waldenser Wiedertäufer gewesen, oder wenigstens, dass sie so genannt worden seien, der Grund hiervon wird auch angegeben, nämlich weil sie, wie die heutigen Taufgesinnten, von der Kindertaufe nichts gehalten haben.

Jac. Mehrn., indem er bei den Waldensern den Namen Wiedertäufer anführt, sagt (Pag. 696):

Aber ihr rechter, eigentlicher und wahrhafter Name ist und sollte billig Christen sein, oder Christentäufer, weil sie nach Christi Befehl und Ordnung nur diejenigen taufen, welche nach Christi Taufordnung, Christum aus seinem heiligen Evangelium erkennen, an ihn glauben und auf solchen Glauben sich in dem Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes recht taufen lassen.

Verschiedene Zeugnisse davon, dass die Waldenser die Kindertaufe verworfen haben In der heiligen Taufgeschichte des J. Mehrn., Pag. 600, wird das Zeugnis des Reinerius angeführt, welcher vor Zeiten ein Priester aus dem Orden der Predigermönche gewesen ist, der in oder um die Zeit gelebt hat, als die Waldenser entstanden sind, und welcher von ihrer Lehre folgendes anführt:

Sie, nämlich die Waldenser, sagen, dass die Abwaschung der Taufe, welche den unmündigen Kindern gegeben wird, ohne Wert sei.

Siehe hiervon in Bibliotheca Patrum, Tom. 13, Pag. 300. Ferner, H. Mont., Nichtigkeit der Kindertaufe, der 2. Druck, Pag. 86, welches auch mit dem Bekenntnisse übereinkommt, welches Jean Paul Perrin in seiner Geschichte der Waldenser erzählt, Artikel 7.

Pag. 618–619 werden aus einem sehr alten Buch verschiedene Stücke erzählt, welche ihnen nach päpstlicher Weise als Irrtümer zugeschrieben werden, obgleich sie darin recht und nach der Wahrheit geredet haben:

1. Sie verwerfen alle Sakramente der Kirche in der Art wie dieselben nach römischer Weise bedient werden.

2. Von dem Sakrament der heiligen Taufe sagen sie, dass man die Fragestücke des Katechismus vergeblich tue, nämlich an die jungen Kindlein, welche doch von solchen Fragstücken keinen Begriff hatten und auch das Vermögen nicht besaßen, darauf zu antworten, womit sie die Kindertaufe zur Genüge verworfen haben, welche nicht bedient werden mochte, ohne dass solche Fragstücke den unverständigen Kindern vorgelegt wurden.

3. Dass die Lossprechung von Sünden, welche man bei der Taufe an den Kindern zu verrichten pflegte, ohne allen Wert sei.

4. Dass die Gevatter, welche den Glauben als aus des Kindes Munde herzusagen pflegten, nicht verstünden, was sie den Priestern antworteten.

Mit diesem 4. und auch mit dem vorhergehenden 3. Artikel wird nicht nur die Kindertaufe selbst vernichtet, sondern es wird auch die Form derselben als des Ablasses der Gevatterleute genügend verspottet und für eine eitle, nutzlose und lächerliche Sache gehalten.

Wenn aber überdies in dem ersten Artikel gesagt wird, dass sie alle Sakramente der Römischen Kirche verworfen haben, unter welchen Sakramenten die Kindertaufe eines der angesehensten gewesen ist, so wird damit klar ausgedrückt, dass sie von der Kindertaufe gar nichts gehalten, sondern dass sie dieselbe gleichwie alle übrigen alten Einsetzungen der Papisten mit Füßen von sich gestoßen und verworfen haben.

Aus demselben alten Buch, welches Reinerius zugeschrieben wird, werden noch andere Stücke zur Beschuldigung der Waldenser in Ansehung ihres Glaubens angeführt, wovon über dem Artikel der Taufe in der neunten und zehnten Beschuldigung so gesprochen wird (Pag. 629, Art. 9):

In Ansehung der Taufe irren einige (er will sagen, die Waldenser) und sagen: Die Kinder werden durch die Taufe nicht selig: »Wer glaubt und getauft wird, der wird selig.« (Mk 16,16), das Kind aber glaubt nicht darum wird es auch durch die Taufe nicht selig.

Hierauf antwortete der Priester Reinerius: Das Kind wird auf der Eltern Glauben getauft, deswegen.

In diesem Artikel wird das Vorhergehende bestätigt und außerdem geredet von der Auflegung der Hände, welche die Waldenser bei der Taufe der bejahrten Täuflinge zu verrichten pflegten; auch haben sie das bestraft, was die Priester die Gevatterleute, welche mit den Kindern zur Taufe kamen, in unbekannter Sprache zu fragen pflegten, worauf die Gevatterleute antworteten und gleichwohl nicht verstanden, was man sie gefragt hatte.

Aus dem eben Gesagten haben die Waldenser ebenfalls einen Grund entnommen, weshalb sie die Kindertaufe und den Aberglauben, welcher dabei ausgeübt wurde, verworfen haben. Doch hierauf antwortet der erwähnte Papist Reinerius abermals: »Lasst die Kindlein zu mir kommen.« (Mt 19,14)

Pag. 733, Centuria 13, Cap. 3, Fol. 216–217 berichtet aus Cäsarius, dass die Waldenser und Albigenser die Taufe verworfen und gesagt haben, die Taufe habe weder Kraft noch Nutzen; was sie von der Kindertaufe, weil sie ohne Lehre und Glauben verrichtet wird, verstanden haben, denn sonst haben die Waldenser von der Taufe Christi, welche nach seiner Ordnung verrichtet wurde, sehr viel gehalten.

P. J. Twisck im Eingang über die Waldenser auf das Jahr 1100 gibt ihnen den Namen Brüder, und sagt, dass sie der Kindertaufe widersprochen haben. Seine Worte lauten so:

Es ist aus den Schreibern zu vermuten, dass in diesen Zeiten und kurz darauf die waldensischen und albigensischen Brüder es gewesen seien, welche den päpstlichen Irrtümern und der Kindertaufe widersprochen haben. P. J. Twisck, Chronik, das 11. Buch, Pag. 423, Col. 1.

Solches wird auch von denen, welche die Einleit. über den Märtyrerspiegel geschrieben haben, bestätigt, wenn sie mit oder aus Baronius sagen, dass ihre Lehre unter andern darin bestanden habe, dass die Kindertaufe zur Seligkeit nicht nötig sei. Einleitung des Märtyrerspiegels, gedruckt im Jahre 1631, Pag. 50, Col. 1.

Endlich kommen wir zu dem Zeugnis des Jean Paul Perrin Lionois, welches nach der Übersetzung des B. Lydius das Vorhergehende bekräftigt, obschon der Übersetzer Lydius, wie auch I. M. V., die Lehre der Waldenser nach der Weise derer, welche die Kinder tauften, sich vorgenommen und bemüht haben, ihnen einen andern Sinn unterzulegen; doch wird genügend aus der Sache selbst hervorgehen, wer von ihnen hier der Treue gemäß gehandelt habe, entweder der Schreiber selbst, oder aber der Übersetzer.

Wir wollen deshalb den Anfang machen und solches dem Urteil des Lesers anheimgeben.

Im 3. Kapitel des 1. Buches der Geschichten der Waldenser werden verschiedene Stücke angeführt, deren die Papisten die Waldenser beschuldigt haben, wovon einige wahr, andere aber erlogen sind; unter anderen wird von ihrer Lehre gegen die Kindertaufe geredet, welches mit diesen Worten ausgedrückt wird: Der vierte Lasterflecken war, dass sie die Kindertaufe verworfen haben.

Buch 1, Teil 1 der Geschichte der Waldenser, Cap. 3, Pag. 6, Col. 1, aus S. Bernhard., Homil. 66 über das hohe Lied.

B. Lydius, Pag. 10, bemüht sich, diese Dinge dadurch zu widerlegen, als hätten die Waldenser nicht in Folge ihrer Lehre, sondern aus Not, weil es ihnen an Lehrern gefehlt, die Taufe ihrer Kinder aufgeschoben; worin er mit seinem Mitgesellen Abr. Mellinus übereinstimmt, welcher ein Lehrer der Calvinisten in St. Anthonius Polder gewesen ist und welcher bemerkt, dass verschiedene Schreiber von den Waldensern bezeugen, dass sie ihre Kinder ungetauft ließen; er äußert sich darüber in Folgendem, Märt.-Gesch. 435, Col. 3, so:

Dass die Kinder der Waldenser zuweilen etwas alt geworden waren, ehe sie die Taufe erlangen konnten, haben sie nicht freiwillig getan, sondern es ist durch den Mangel an Lehrern entstanden; denn die Ernte unter ihnen war groß, aber der Arbeiter waren wenige, welche die Sakramente, insbesondere die Taufe, welche sie in hohen Ehren hielten, bedienen konnten; weil nun ihre Diener durch die Hitze der Verfolgung oft weit und breit zerstreut wurden, oder aber auch des Lehrens wegen in andere Länder verreist sind, so waren sie genötigt, die Taufe ihrer Kinder oft aufzuschieben und auf diese Weise ist es geschehen, dass öfters ihre Kinder beinahe mündig geworden sind, ehe sie ihre Taufe erhalten konnten. Soweit A. Mellinus.

Wer aber sieht nicht, dass dieses nur eine beigebrachte und erdichtete Sache sei, womit nicht nur Lydius, sondern auch Mellinus, welche beide strenge Calvinisten gewesen sind, den Waldensern aufzubürden gesucht haben, als hätten sie nicht um des Glaubens willen, sondern aus Not die Kindertaufe unterlassen.

Dass sie nicht aus Not oder aus Mangel der Lehrer, welche die Taufe bedienten, dieselbe unterlassen haben, wenn anders sie die Kindertaufe für recht gehalten haben, erhellt aus verschiedenen Schreibern, indem sie nicht nur in Königreichen, Fürstentümern, Grafschaften und Landschaften, sondern auch fast in allen Städten ihre Gemeinden hatten, welche nicht füglich ohne Lehrer sein konnten, wie wir an seinem Ort ausführlich erweisen wollen.

Wer wollte wohl glauben, dass sie aus Not, weil es ihnen an Lehrern gefehlt habe, ihre Kinder ungetauft ließen, ja, dass sie dieselben bis zu deren verständigen Jahren ohne Taufe sollten haben aufwachsen lassen?

Deshalb ist es klar, dass sie nicht aus Not, um des Mangels der Lehrer, sondern um ihres Glaubens willen, ihre Kinder ungetauft ließen, indem sie die Erkenntnis hatten, dass die Taufe ohne Glauben zur Seligkeit nichts beitragen könne, wie dies aus ihren Zeugnissen und Bekenntnissen, welche sie in den Zeiten abgelegt haben, offenbar ist.

Aber eben so klar ist es, dass B. Lydius und A. Mellinus hierin einen bedeutenden Fehlschuss getan haben, indem sie den Waldensern die Kindertaufe aufbürden wollten, und indem sie sich bemühten, ihnen die Taufe auf den Glauben zu entziehen, von welcher sie gleichwohl oft Bekenntnis getan hatten.

Gleichwie aber eine Magnetnadel, obgleich sie mit ihrer Spitze gegen Morgen, oder Abend, oder Mittag gerichtet wird, sich dennoch wieder nach Mitternacht kehrt, so verhält es sich auch mit der Wahrheit; denn wird sie gleich gedrängt, so wendet sie sich doch endlich wieder nach ihrem Ort.

Auf diese Weise verhält es sich auch hier; denn eben derselbe Übersetzer, welcher zuerst sich vorgenommen hatte, zu erweisen, dass die Waldenser die Taufe nicht eben auf den Glauben, sondern auch ohne Glauben an den jungen Kindern bedient hätten, bezeugt an einem andern Ort, dass dieselbe mit Glaube und Buße bedient werde.

Denn was wollten die Worte anders sagen, dass sie die Sakramente, das ist, nicht nur das Abendmahl, sondern auch die Taufe mit Glauben und Buße empfangen haben, und das, wie bezeugt wird, unverändert.

In dem 3. Teil der Geschichte der Beschreibung der Waldenser, im ersten Buch, Kap. 9, Pag. 138, Col. 1, Art. 8.

Wird aber nicht nur das zweite, sondern auch das erste Sakrament, wie man es nennt, nämlich die Taufe, mit Glauben und Bußfertigkeit empfangen, so kann man nicht sagen, dass dieselbe an jungen Kindlein bedient worden sei, weil dieselben weder Weisheit noch Vermögen haben, entweder zu glauben oder sich bußfertig zu erweisen, und deshalb den ganzen Zweck verfehlen, worauf bei den Waldensern die Taufe gegründet gewesen ist.

In dem Buch der Waldenser über die Werke des Antichristen werden verschiedene schmähliche Stücke gegen den Papst zu Rom und die Römische Kirche verhandelt; unter anderem wird gesagt, nachdem das zweite Stück verhandelt wurde:

Das dritte Werk des Antichristen besteht darin, dass er dem äußerlichen toten Glauben die Erneuerung des heiligen Geistes zuschreibt, nämlich, dass die Gevatterleute bei der Taufe statt der Kinder aufzusagen pflegten, und dass er die Kinder in demselben Glauben tauft, unter dem Vorwand, dass man durch denselben die Taufe und die Wiedergeburt erlangen müsse.

In dem dritten Buch des dritten Teiles der Geschichte der Waldenser, Tract. gegen den Antichristen, Art. 3, Pag. 162, Col. 1; Pag. 163, Col. 2.

An einem andern Ort wird aus Reinerius die folgende Beschuldigung gegen die Waldenser angeführt: Auch bestrafen sie viele Dinge in den päpstlichen Sakramenten und sagen, dass die Taufe der unmündigen Kinder ihnen keinen Nutzen gewähre.

B. Lydius, Tractat von der Kirche, wo sie gewesen sei, und von der Lehre der Waldenser, Pag. 86, Col. 1.

Nachdem wir nun zur Genüge erwiesen haben, dass die wahren Waldenser nicht nur Wiedertäufer genannt worden sind, sondern auch die Kindertaufe in der Tat verworfen haben, so wollen wir zu den übrigen Artikeln ihrer Lehre, worin sie mit den heutigen Taufgesinnten übereinstimmen, übergehen.

Die Lehre der alten Waldenser von dem Amt der weltlichen Obrigkeit Es ist überall offenbar, dass die wahren Waldenser, sowohl in ihrem Anfang, als auch in ihrem Fortgang, die weltliche Gewalt und Herrschaft nicht angenommen, sondern dieselbe verlassen haben und geflohen seien.

Dies ist zunächst an denjenigen wahrzunehmen, welche die Gründer oder wenigstens keine geringen Verteidiger ihrer Religion gewesen sind, nämlich Petrus Waldus und Johannes von Lyon; beide sind vermögende und sehr reiche Leute gewesen, haben aber ihr Vermögen und ihren Reichtum freiwillig verlassen und auch ihre Nachfolger gelehrt, solches zu tun, dadurch, dass sie sich nicht nur der herrschaftlichen Ämter, sondern auch der Ursachen, welche dazu Anlass geben, entschlagen und mit demjenigen zufrieden sein sollten, was zu einer eingezogenen und mäßigen Lebensweise notwendig erfordert wird; deshalb sie nicht nur Waldenser, sondern auch Pauperes de Lugduno, das ist Arme von Lyon, genannt wurden. Siehe hiervon Taufgeschichte; H. Montan., Pag. 85.

Hierher gehört auch, dass sie, obschon sie sehr zahlreich gewesen, sich doch wie die Schlachtschafe haben martern lassen, nachdem sie zuvor, ohne einigen Widerstand zu tun, aus Lyon sich haben vertreiben lassen, wovon die alten Geschichtsbeschreibungen viele Zeugnisse beibringen, welches auch gleichfalls von uns an seinem Orte bezeugt werden soll.

Was die Waldenser lange nachher, als sie aus Lyon gewichen waren, von dieser Sache gehalten und gelehrt haben, wird in ihren Artikeln mit diesen Worten ausgedrückt:

Aber er (nämlich Christus) hat auch keine zeitliche Jurisdiktion oder Herrschaft in dem Stande seiner Erniedrigung gebraucht. Abr. Mellinus, zweites Buch von der Geschichte der Verfolgung und Marter, Fol. 446, Col. 2.

Mit diesen Worten geben die Waldenser zu erkennen, dass, gleichwie Christus keine zeitliche Herrschaft in dem Stande seiner Erniedrigung gebraucht hat, so sollten auch seine Nachfolger hier solcher Herrschaft (Ämter) sich nicht bedienen, sondern selbst den weltlichen Obrigkeiten Untertan sein, gleichwie der Satz überhaupt in den vorhergehenden und nachfolgenden Worten berichtet.

In einem andern Satze sagen sie, dass sie recht geistig arm seien, und um der Gerechtigkeit und des Glaubens willen nicht Ämter bedienen, sondern Verfolgung leiden. Taufgeschichte, Pag. 617, in dem vierten Irrtume ihres ersten Satzes, wie es die römisch Gesinnten nennen.

Die Lehren der alten Waldenser gegen das Kriegführen Ihr Auszug aus Lyon, ihre Wanderschaft in fremde Landschaften und Städte, ihr unschuldiges und geduldiges Leiden, ihre Standhaftigkeit bis zum Tode, und das ohne jede Rache oder Notwehr, hat zur Genüge zu erkennen gegeben, welchen Glauben sie gehabt haben und von welchem Geiste sie beseelt worden seien.

Um aber hier alles gründlich zu verhandeln, wollen wir dasjenige, was sie hiervon geglaubt, und was sie entweder selbst oder andere in ihrem Namen zu erkennen gegeben haben, hinzufügen.

In einem alten Pergamentbuche, von welchem man glaubt, dass es vor 300 Jahren von einem gewissen Priester, Reinerius genannt, geschrieben worden sei, werden verschiedene Stücke zur Beschuldigung der Waldenser angeführt, welche er an einem gewissen Orte in drei Artikel zusammenfasst, dann einen jeden Artikel in besondere Teile schneidet, und in der zehnten Abteilung so spricht:

Dass der Papst und alle Bischöfe, um des Krieges willen, welchen sie führen, Totschläger seien. Taufgeschichte, Pag. 617. Balthas. Lyd., Buch 3 von dem Glauben der Waldenser, Pag. 85, Col. 1, Art. 10.

Dieses gibt er für einen Teil des Glaubens der Waldenser aus; aber er nennt es einen Irrtum oder Ketzerei. Doch wie kann jemand anders reden, als er gelernt hat?

Jean Paul Perrin Lionnois, oder sein Übersetzer, hat auch die Waldenser dieses Stücks beschuldigt, welches mit dem Vorhergehenden wohl übereinstimmt.

Siebtens, sagt er, dass sie (nämlich die Waldenser) behaupteten, dass der Papst Todsünden begehe, indem er die Leute aussende, die Türken zu bekriegen, und dass diejenigen Todsünden begehen, welche ihm gehorchen und gegen die Ketzer Krieg führen.

In dem ersten Buche des ersten Teils der Geschichte der Waldenser, Cap. 3, Pag. 6, Col. 1, aus Albert. de Cap. und Reinerius.

Wer kann hier nicht sehen, dass dieser Artikel der Waldenser dem Kriege und allem, was unter dem Worte Kriegführen begriffen werden mag, widerspreche, ja, sogar, dass solches keineswegs erlaubt sei?

Denn wenn jemand eine rechtmäßige Ursache zum Kriegführen aufsuchen wollte, wie sollte er eine gerechtere finden können, als einen Krieg gegen die Türken (wiewohl er gegen alle Menschen unbillig ist, aber wir reden im Gleichnisse)? Wie sollte jemand mehr oder größere Ursache finden können, Krieg zu führen, als gegen diejenigen, welche er selbst für Ketzer hält? Denn von solchen pflegte man zu sagen, dass sie ärger als Mörder seien, weil die Mörder nur den Leib töteten, diese aber, wie man sagte, die Seele töteten. Gleichwohl haben die Waldenser den Papst über solches Werk bestraft, ja, ihn für einen solchen erklärt, der Todsünden damit begehe, und auch diejenigen der Todsünden beschuldigt, welche sich dazu, zum Dienste des Papstes, gebrauchen ließen.

Dasjenige, was nachher von dem Übersetzer (Buch 1, Teil 1, Gesch. der Waldenser, Cap. 4, Pag. 11) gleichsam zur Erklärung, aber vielmehr zur Verdunkelung hinzugefügt wird, wollen wir nicht berühren, und halten es einer besonderen Erwägung nicht wert, indem es in sich selbst zerfällt.

Ja es lässt sich annehmen, dass die Waldenser nicht nur dafür gehalten, dass sie selbst nicht Krieg führen oder jemand töten möchten, sondern dass sie auch den weltlichen Obrigkeiten, welche Christen genannt zu werden begehrten, das Töten nicht zugestehen wollten, selbst wenn diejenigen, welche getötet werden sollten, Übeltäter wären.

Die Worte, welche in des P. J. Twiscks Chronik darüber gefunden werden, lauten folgendermaßen: Dass die armen Insabbathen oder Waldenser gelehrt haben sollten, dass kein Richter, welcher ein Christ sein will, jemand töten möge, auch nicht einmal einen Übeltäter.

J. P. Twisck Chronik, das 13. Buch, auf das Jahr 1218, Pag. 534, Col. 2 und Pag. 535, Col. 1, aus Chron. Seb. Franck, Fol. 202, und Aeneas Sylvius.

Außerdem wird in der Beschreibung von Gabriel Prateoius und Guihelmus Reginaldus, welche die Beschuldigungen über die Artikel der Lehre der Waldenser aufgezeichnet haben, auch diese Beschuldigung gegen sie gefunden:

Artikel 17. Sie (nämlich die Waldenser) lehren, dass kein Richter irgendeinen Menschen zu irgendeiner Strafe verurteilen möge, wobei sie anführen, dass es heiße: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet.

Abr. Mellin., 2. Buch der Geschichte der Verfolg. und Mart., Fol. 434, Col. 1, Elench. Haeeres. Tit. Paup. de Lugd. Calvin, Turcismi., Lib. 2, Cap. 5.

Was nun dasjenige betrifft, was G. Prateolus und G. Reginaldus der Beschuldigung hinzufügen, lassen wir sie selbst verantworten; es ist uns genug, dass sie hierin die Wahrheit einigermaßen getroffen haben; darin aber sind sie zu weit gegangen, dass sie dasjenige, was die Waldenser von der Todesstrafe verstanden haben, nämlich dass die Obrigkeit niemand mit dem Tode strafen möge, auf eine jede Strafe bezogen haben, als hätten sie die Obrigkeit darüber bestraft, wenn sie jemand, wenn schon er eine schwere Missetat begangen, auf einige Weise strafte. Wir wissen nicht, ob jemals in einem eigentlichen Artikel die Waldenser demselben mit Nachdruck widersprochen haben, es müsste denn sein, dass jemand unter ihnen insbesondere solches geglaubt hätte.

Inzwischen erhellt aus diesem letzten, wie auch aus den vorhergehenden Zeugnissen, wie sehr sich diese Leute gefürchtet, jemand mit dem Tode zu strafen, sodass sie nicht nur selbst davon freigelassen sein wollten, sondern auch damals in diesem Stücke der weltlichen Obrigkeit widersprochen haben.

Umso mehr haben sie denn auch öffentlichen Krieg bestraft, worin nicht nur einige wenige, sondern sehr viele Menschen, und das um geringer Ursache willen, getötet zu werden pflegten. Da nun solches sich so verhält, so wollen wir zu den andern Stücken des Glaubens übergehen, worin sie mit den Taufgesinnten übereingestimmt.

Desgleichen auch die Albigenser, welche mit den Waldensern einstimmig waren, wehrlose, friedsame und sanftmütige Leute gewesen, welche in der Stille unter etlichen päpstlichen Obrigkeiten wohnten, von welchen sie auch beschützt worden sind. Siehe unter andern die Einleitung über den Märtyrerspiegel, gedruckt im Jahre 1631, Pag. 50, Col. 2 und Pag. 51, Col. 1, aus Baronius in seinen Jahrbüchern.

Von der Lehre der alten Waldenser gegen das Eidschwören In diesem Stücke sind die Waldenser mit uns einstimmig gewesen, denn sie haben gelehrt, dass es zwar den Vätern des alten Testaments erlaubt war, in oder bei dem Namen des Herrn einen Eid zu tun, weil sie dessen benötigt gewesen, dass aber den Christen nach der Lehre ihres Seligmachers solches durchaus verboten sei, indem er sagt: »Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist, du sollst den Eid nicht brechen, sondern sollst Gott deinen Eid halten. Ich aber sage euch, dass ihr allerdings nicht schwören sollt.« (Mt 5,33–34)

Diese Lehre haben die erwähnten Leute gelehrt, und darnach haben sie auch ihr Leben einzurichten gesucht; hiervon geben die Schreiber der alten Geschichten viel Nachricht.

In dem ersten Buche des ersten Teils der Geschichte der Waldenser, beschrieben von Jean Paul Perrin Lionnois, und übersetzt von I. M. V., in dem 2. Cap., Pag. 6, Col. 1, wird unter andern dieses Stück zur Beschuldigung der Waldenser angeführt: Das sechste, welches sie, nämlich die Waldenser, verteidigten, war, dass man um keinerlei Ursache willen schwören möge.

Aus Alb. de Capit. & Reinerio, item P. I. Twisck, Chronik, 13. Buch auf das Jahr 1218, Pag. 534, Col. 2, Pag. 535, Col. 1.

Wie aber, und auf welche Weise derjenige, welcher diese Dinge gesammelt hat, vorgenannte Sache (Pag. 11) auszulegen sucht, wollen wir nicht berühren, weil es nicht hierher gehört; wir halten es jedoch für unsere Schuldigkeit, wenn es die Not erfordert, hierüber Nachweisung zu geben.

Aber dasjenige ist viel wichtiger, was in der Taufgesch. des Jac. Mehrn., Pag. 624, von der Lehre der Waldenser angeführt wird; worin es heißt, dass sie in Ansehung des Eidschwurs also geglaubt:

Artikel 9. Dass ein jedes Eidschwören eine Todsünde sei (wenn sie sagen): »Ihr sollt allerdings nicht schwören, sondern eure Rede soll sein ja, das ja ist; nein, das nein ist« (Mt 5), genommen aus einem alten Pergamentbuche, welches Reinerius zugeschrieben wird.

Ferner, Abr. Mellin., 2. Buch der Geschichte der Verfolgung und Marter, Fol. 432, Col. 4.

In den Artikeln, welche Gabriel Prateolus und Guihelmus Reginaldus den Waldensern zuschreiben und worin ihr Glaube enthalten ist, wird unter andern auch von ihrer Lehre in Ansehung des Eidschwurs gehandelt, wovon in dem 18. Artikel also geredet wird:

Sie (nämlich die Waldenser) sagen, dass den Christen alles Eidschwören verboten sei, sodass es an keinem Orte zu schwören erlaubt sei, selbst nicht vor dem Richter, wenn er jemand dazu zwingt, der Wahrheit Zeugnis zu geben.

Desgleichen Mellin., 2. Buch der Geschichte der Verfolgung und Marter, Fol. 434, Col. 1, El. Haer. Tit., Paup. de Lugd. Calvin. Turc., Lib. 2, Cap. 5.

Es ist wahr, Abr. Mell. bemüht sich nach der Art der Calvinischen, unter welchen er Lehrer gewesen, zum Scheine eine Erläuterung dahin zu geben, als ob sie damit nicht alles Eidschwören, sondern nur das leichtfertige Schwören verboten hätten; seine Worte sind diese:

Der 18. Artikel bezieht sich nur (sagt er) auf das unrechtmäßige und meineidige Schwören, gleichwie derselbe Schreiber bekennt (er will sagen, derjenige Schreiber, welcher sie dieser Artikel beschuldigt), wenn er sagt, die Gelegenheit, wozu sie zu dieser Lehre gekommen sind, ist die gewesen, dass sie das Volk so oft und vielfältig um leichtfertiger Ursachen willen haben schwören gehört, und weil man dadurch gar leicht auf falsche Eidschwüre verfällt.

Aber hört, was er weiter sagt, indem er fortfährt: Und er setzt ferner, sagt er, ein spöttisches Gleichnis hinzu, wenn er sagt, dass die Ketzer, welche niemals schwören, dem Teufel nacharten oder gleich seien, von welchem man nicht liest, dass er jemals geschworen habe. Pag. 434, Col. 3.

Ich bitte dich, geliebter Leser, siehe mit welchem Schreiber Abr. Mellinus seine Sache zu beweisen sucht; es ist wahr, als er die Artikel der Waldenser zuerst aufgezeichnet hat, hat er denselben Schreiber angeführt, und das aus dem Grunde, weil derselbe sie so eingerichtet hat, dass sie in allen Teilen gegen die römische Kirche streiten; da er nun aber sieht, dass derselbe Schreiber den Artikel vom Eidschwören (in welchem die Waldenser alles Eidschwören leugneten) so aufgesetzt hat, dass derselbe allerdings mit der calvinischen Kirche streitet, so führt er, um solches zweifelhaft zu machen, und um von solcher Lehre: Nicht zu schwören!, die Waldenser freizusprechen, denselben Schreiber oftmals an, und zwar in einem spöttischen und gottlosen Sinne.

Nachdem er aber etwas aufrichtiger geworden, fängt er an, dasjenige, was in dem 18. Artikel von dem Schwören der Waldenser ausgedrückt wird, über die Art der Papisten zu erheben und sagt also (Pag. oben angeführt):

Aber diejenigen, nämlich die Waldenser, welche von Christo gelernt haben: »Euer Wort sei ja, ja, nein, nein, was darüber ist, ist vom Übel.« (Mt 5,37), werden urteilen, dass die Papisten, bei welchen die Gewohnheit, täglich so leichtfertig zu schwören, im Schwunge ist, dem Argen, das ist dem Teufel (sagt er), ähnlicher seien, als den Waldensern, welche im täglichen Umgange sich vor Lügen und Schwören in Acht nehmen, und nur zu sagen pflegen: Ja, ja, nein, nein; gleichwie derselbe Schreiber von ihnen bekennt: Sie hüten sich vor Afterreden, vor eitlen Worten, vor Lügen und Schwören; und wie ein anderer geistlicher Richter in Glaubenssachen (Inquisitor) gesagt hat: Sie sind vorsichtig in ihren Worten, hüten sich vor allen Lügen und Schwören; ferner, sie lehren, alle Lügen, Afterreden und Schwören zu meiden.

Abr. Mellinus, 2. Buch der Gesch. der Verf. und Mart., Fol. 434, Col. 3 aus Freher. Böhm. Gesch., Pag. 232, Lin. 41–42.

Mit solchen und dergleichen Gründen aus obigen Schreibern hat Abr. Mellinus die Waldenser preisen gesucht, um damit zu erkennen zu geben, dass sie fromme, aufrichtige und sittsame Leute gewesen; inzwischen hat er sich selbst hierdurch sein Urteil gefällt und nicht daran gedacht, dass hiermit dasjenige über die Maßen bestätigt wird, was er sich bemüht hat an einem andern Orte zu widerlegen, nämlich, dass die Waldenser alles Eidschwören verworfen haben.

Hier sehen wir nun, wie edel die Wahrheit sei, sodass sie nicht verborgen bleiben kann; sondern sie wird auch selbst von denen, die ihr widersprechen, es sei wider den Willen oder auf eine andere Weise, an den Tag gebracht.

Ich sollte gegenwärtig hiervon abgehen, da mich aber Mellinus auf den Pfad geleitet hat, seinen verkehrten Eifer ans Licht zu bringen, so halte ich es für nötig, in die Sache tiefer einzudringen.

Dieser gute Mann, der zwar mit Unverstand geeifert, hat alle seine Beweisgründe beiseite gesetzt und lediglich aus einer alten papistischen Schrift, welche über 300 Jahre alt ist, erzählt, dass die Waldenser geglaubt, dass alle Eidschwüre tödliche Sünden seien, ja, dass sie den für mehr als einen Mörder gehalten, welcher einen andern zum Schwören zwingt.

Abr. Mellin., 2. Buch von der Gesch. der Verf. und Mart., Fol. 432, Col. 4 aus Flacc. Illyri. Cat. der Zeugen der Wahrh., Buch 15, Tit. Waldenser.

Mit solchen und dergleichen Gründen sind die Schreiber, welche die Lehre der Waldenser erzählen, häufig angefüllt; deshalb ist es so klar wie die Sonne, dass diese Leute das Eidschwören und alles, was demselben ähnlich gewesen, verworfen haben, was sich sogar bis auf das Wort fürwahr und wahrlich erstreckt von welchem der vorgenannte Schreiber auch Erwägung tut, indem er sagt:

Sie (nämlich die Waldenser) sagen nicht zueinander: Fürwahr oder wahrlich, oder etwas dergleichen, derselbe, Fol. 432, Col. 4.

Solches alles haben sie aus Furcht vor dem Schwure unterlassen, weil der Herr so nachdrücklich gesagt hatte: »Ihr sollt allerdings nicht schwören!« (Mt 5,34), deshalb haben sie auch alles, was nur einen Schein des Eidschwörens an sich hat, vermieden.

Damit aber niemand meinen möge, dass die Albigenser, welche doch mit den Waldensern ein und dasselbe Volk gewesen (wiewohl sie andere unterscheiden), eine andere Lehre, Glauben oder Lebensweise gehabt hätten, so lese der Zweifler die Anmerkung in dem Märtyrerspiegel, gedruckt 1631, Pag. 51, Col. 2, wo berichtet wird, aus Baronius über das Jahr 1178, Nr. 3–4, nämlich, dass viele der Albigenser aus Furcht vor schwerer Strafe sich gestellt, als ob sie sich wieder mit der römischen Kirche vereinigen wollten, dass aber, als man ihnen den Eid abgefordert, sie sich geweigert zu schwören, weshalb sie für Ketzer erklärt und mit brennenden Kerzen öffentlich in den Bann getan worden seien, mit einem Befehle an alle Katholischen, dass sie dieselben meiden sollten, und mit einem andern Befehle an alle römischgesinnten Fürsten, dass sie dieselben aus ihren Ländern verweisen sollten.

Vergleiche dieses mit der Beschreibung des Baronius über dem angewiesenen Orte.

Was die Waldenser fast gegen alle Stücke der Römischen Kirche gelehrt Reinerius, welcher gegen die Waldenser geschrieben hat, bezeugt von ihnen nachfolgendes, wie solches die Jesuiten selbst in ihrem Drucke bekannt haben (Cap. siehe in der Ingolst. Auflage, Pag. 54):

Unter allen Sekten, welche gewesen sind und noch bestehen, ist keine schädlicher für die Kirche, als die Sekte der Lyonisten (so nennt er die Waldenser), und das aus drei Ursachen.

Erstens: Weil es die älteste ist, denn es sagen einige, dass sie aus den Zeiten des Sylvestrus; andere sagen, dass sie aus den apostolischen Zeiten sich herschreibe.

Zweitens: Weil sie sich mehr ins Generelle (das ist weitläufiger) ausgebreitet, als die übrigen Sekten, denn es ist kein Land, wo diese Sekte nicht gefunden wird.

Drittens: Weil, statt dass alle übrigen Sekten durch ihre grausamen Gotteslästerungen bei den Menschen, die solches hören, einen Abscheu vor ihrer Lehre erwecken, diese Sekte im Gegenteil einen großen Schein der Gottseligkeit hat, indem sie vor den Menschen gottselig leben und in allen Dingen von Gott recht glauben und von den zwölf Artikeln des Glaubens rechtsinnig lehren, ausgenommen, dass sie die römische Kirche und die Geistlichen lästern, worin Ungelehrte ihnen allzu leicht Beifall geben.

In dem folgenden 5. Cap. sagt er, dass ihre Lehre in diese drei Hauptstücke zusammengefasst werden könne, nämlich:

Das Erste, welches in Lästerungen gegen die römische Kirche und ihre Satzungen besteht.

Das Zweite, welches in Irrtümern gegen die Sakramente und die Heiligen besteht.

Das Dritte besteht in Verwerfung aller Kirchengewohnheiten.

Dann beschreibt er ihre Lehre stückweise wie hier folgt:

1. Dass die Römische Kirche die Kirche Jesu Christi nicht sei, sondern die Kirche der Boshaften, und dass sie zur Zeit des Sylvestrus, als das Gift der zeitlichen Reichtümer sich eingeschlichen, verfallen sei.

2. Dass alle Sünden und Mängel in der Römischen Kirche zu finden seien und dass sie, nämlich die Waldenser, allein heilig leben.

3. Dass fast niemand mehr, außer ihnen selbst, die Lehre des heiligen Evangeliums beobachte, nämlich die Waldenser.

4. Dass sie in Wahrheit arm an Geist seien, und um der Gerechtigkeit und des Glaubens willen Verfolgung leiden.

5. Dass sie die Kirche Jesu Christi seien.

6. Dass die römische Kirche die Hure sei, welche in der Offenbarung Johannes beschrieben worden ist.

7. Dass sie alle Satzungen der Kirche, nämlich der römischen Kirche, verachten, weil sie so beschwerlich und zahlreich seien.

8. Dass der Papst das Haupt aller Irrtümer sei.

9. Dass die vornehmen Geistlichen Schriftgelehrte, die Geistlichen oder Ordensleute aber Pharisäer seien.

10. Dass die Päpste und Bischöfe in Ansehung des Krieges, den sie führten, Totschläger seien. Hiervon ist an einem andern Orte gehandelt worden.

11. Dass man Gott allein und nicht den vornehmen Geistlichen gehorchen müsse.

12. Dass einer nicht größer sei als der andere, nämlich vor dem Herrn, sondern dass sie alle zusammen Brüder seien (Mt 23,8).

13. Dass vor den Priestern niemand die Knie beugen soll, weil der Engel zu Johannes gesagt: »Siehe zu, tue es nicht, denn ich bin dein Mitknecht!« (Offb 22,9)

14. Dass man keine Zehnten geben soll, nämlich den papistischen Geistlichen, weil man früher der Kirche keine Zehnten zu geben pflegte.

15. Die Geistlichen sollten keine eigenen Güter haben, weil in dem 5. Buche Mose, Kap. 18, geschrieben steht: »Die Priester, die Leviten des ganzen Stammes Levi, sollen nicht Teil haben mit Israel, weil der Herr ihr Erbe ist, wie er ihnen geredet hat.« (5Mo 18,1–2)

16. Dass die Klosterleute keine Einkünfte von geistlichen Gütern haben sollten.

17. Dass den Bischöfen keine Gewalt über die Regalia, das sind diejenigen Dinge, worüber die Könige zu befehlen haben, zukomme.

18. Dass man keine Klöster und Kirchen stiften und dieselben beschenken soll.

19. Dass der letzte Wille des Sterbenden nicht von kirchlichen Personen aufgesetzt werden soll.

20. Auch verwerfen sie die Geistlichen um ihres Müßigganges willen, und weil sie mit ihren Händen nicht arbeiten, gleichwie auch die Apostel getan haben.

21. Desgleichen verwerfen sie auch den Namen Papst und Bischof.

22. Sie wollen nicht zugeben, dass man jemand zum Glauben zwingen soll.

23. Auch verwerfen sie alle kirchlichen, nämlich päpstlichen Ämter, und achten auch nicht sonderlich die kirchliche Freiheit.

24. Auch wollen sie es nicht zugeben, dass die Kirche und kirchliche Personen von der Gewalt und Strafe der weltlichen Obrigkeit frei sein sollen, denn unter der Decke der Freiheit pflegen die Geistlichen zu tun, was sie wollten.

25. Sie verachteten Konsilien, Synoden und alle, nämlich päpstliche, kirchliche Versammlungen.

26. Endlich sagen sie, dass alle menschlichen Regeln der Ordenspersonen pharisäische Einsetzungen seien.

Diese und mehrere andere Artikel, welche gegen den Papst, gegen die Geistlichen und gegen die römische Kirche gerichtet sind, sind über die Lehre der Waldenser in einem Pergamente gefunden worden, welches dreihundert Jahre alt ist und Reinerius zugeschrieben wird. Diesem sind nachher verschiedene Schreiber nachgefolgt.

Siehe Balthas. Lyd., drei Bücher von den Waldensern, da, wo von ihrem Glauben gehandelt wird, Pag. 84, Col. 1 und Pag. 85, Col. 1–2 etc. Abr. Mellinus, 2. Buch von der Geschichte der Verfolgung und Marter, Fol. 430, Col. 4, Fol. 431, Col. 1–4. Taufgeschichte, Jac. Mehrn., Pag. 616–618. P. I. Twisck, Chronik, das 12. Buch, auf das Jahr 1135, Pag. 451, Col. 2. Item, Nicol. Eymer. zu Rom, gedruckt im Jahre 1585.

Von den Zeugnissen oder den eigenen Glaubensbekenntnissen der Waldenser Nachdem nun die Brüderschaft der Waldenser viele Jahre bestanden und sich über viele Gegenden der Welt ausgebreitet hatte, so ist es geschehen, dass sie von Zeit zu Zeit genötigt worden sind, auf Begehren derjenigen, bei denen und unter welchen sie wohnten, von ihrem Glauben Rechenschaft zu geben, woher es kommt, dass verschiedene Glaubensbekenntnisse der Waldenser aufgesetzt und gegenwärtig noch vorhanden sind.

Gleichwohl ist es nicht unsere Absicht, dieselben alle zu erzählen, sondern nur eines oder zwei derselben anzuführen, welche von Alters her berühmt gewesen sind und für die besten gehalten werden.

Jean Paul Perrin Lionnois in seiner Geschichtsbeschreibung der Waldenser, aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von I. M. V. im ersten Buche des ersten Teils, im Anfange des 12. Cap., Pag. 43, berichtet von einem gewissen Bekenntnisse der Waldenser, darin sie von verschiedenen Glaubensartikeln und hauptsächlich von der Heil. Schrift handeln, welche also lautet:

Erster Artikel: Wir glauben und halten für eine gewisse Wahrheit alles, was in den zwölf Artikeln des apostolischen Glaubens enthalten ist und halten alles, was dagegen streitet und mit denselben zwölf Artikeln nicht übereinstimmt, für Irrtümer.

Der zweite Artikel: Wir glauben, dass ein Gott sei; der Vater, Sohn und Heilige Geist.

Der dritte Artikel: Wir bekennen und halten für die heiligen kanonischen Schriften, als die Bücher der heiligen Bibel, diese: Die fünf Bücher Moses, genannt Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium; das Buch Josua, der Richter, Ruth; die Geschichtsbücher 1. und 2. Samuel, 1. und 2. Könige, 1. und 2. Chroniken, Esra, Nehemia, Esther; die Lehrbücher Hiob, Psalmen, Sprüchwörter, Prediger; das Hohelied Salomos; die großen Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel; die kleinen Propheten Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja, Haggai, Sacharja, Maleachi.

Nun folgen die apokryphen Bücher, welche die Hebräer nicht angenommen haben; deshalb lesen wir dieselben, wie Hieronymus sagt, in der Vorrede über die Sprichwörter, zur Auferbauung des Volkes, nicht aber um das Ansehen der Kirchenlehre damit zu befestigen; es sind nachfolgende: Das 3. und 4. Buch Esra; das Buch Tobias, Judith, der Weisheit; Ecclesiastes oder Jesus Sirach, Baruch, samt dem Briefe Jeremias; die Stücke des Buches Esther, welche nach dem 10. Cap. bis ans Ende folgen; der Gesang der drei Männer im feurigen Ofen; die Geschichte von Susanna; von dem Drachen zu Babel; die drei Bücher der Maccabäer.

Nun folgen die Bücher des neuen Testaments. Die Evangelien: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes; die Geschichte der Apostel; die Sendbriefe Paulus an die Römer, die beiden an die Korinther, an die Galater, an die Epheser, an die Philipper, an die Kolosser, die beiden an die Thessalonicher, die beiden an Timotheus, an Philemon, an die Hebräer; die beiden Sendbriefe Petrus; der erste und zweite Sendbrief Johannes (woher es kommt, dass des dritten Sendbriefes Johannes nicht gedacht wird, ist uns unbekannt); der Sendbrief Judä; die Offenbarung Johannes.

Der vierte Artikel: Die vorerwähnten Bücher lehren nämlich, dass ein Gott sei, welcher allmächtig ist, der da weise und allein gut ist, der alles nach seiner Güte gemacht hat, denn er hat den Adam nach seinem Bilde und Gleichnis geschaffen, dass aber durch des Teufels Neid und Adams Ungehorsam die Sünde in die Welt gekommen sei, und dass wir in und durch Adam Sünder seien.

Der fünfte Artikel: Dass Christus den Vätern verheißen worden sei, welche das Gesetz empfangen haben, damit sie durch dasselbe ihre Sünden, Ungerechtigkeit und Unfähigkeit erkennen und nach der Zukunft Christi verlangen möchten, zu welchem Ende er gegen die Sünde genug getan und durch sich selbst das Gesetz erfüllt hat.

Der sechste Artikel: Dass Christus auf die von seinem Vater bestimmte Zeit geboren worden sei; nämlich als alle Bosheit überfloss, und das nicht um der guten Werke willen, denn sie waren alle Sünder, sondern damit er uns, als der da ist der Wahrhaftige, Gnade und Barmherzigkeit erweisen möge.

Der siebte Artikel: Dass Christus unser Weg, und Wahrheit, und Friede, und Gerechtigkeit, und Hirte, und Fürbitter, und Opfer, und Hohepriester sei, welcher um des Heils der Gläubigen willen gestorben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden ist.

Der achte Artikel: Und diesem nach halten wir auch für gewiss, dass kein anderer Mittler und Fürbitter bei Gott dem Vater sei, als Jesus Christus. Was aber die Jungfrau Maria betrifft, so halten wir von derselben, dass sie heilig, demütig und gnadenreich gewesen sei; desgleichen glauben wir auch von allen übrigen Heiligen, dass sie die Auferstehung ihrer Leiber an dem Tage des Gerichts erwarten.

Der neunte Artikel: Wir glauben, dass nach diesem Leben nur zwei Orte seien, der eine für die Seligen, der andere für die Verdammten, und leugnen ganz und gar das Fegefeuer, welches der Antichrist gegen die Wahrheit geträumt und erdichtet hat.

Der zehnte Artikel: Wir haben stets geglaubt, dass alle Menschensatzungen ein abscheulicher Gräuel vor Gott seien, wohin gehören die Festtage, die Nachtwachen der Heiligen, das Wasser, welches man Weihwasser nennt, sich zu gewissen Tagen des Fleischessens zu enthalten und dergleichen Dinge mehr, insbesondere aber die Messe.

Der elfte Artikel: Wir haben einen Abscheu an allen menschlichen Erfindungen, als welche von dem Antichrist herkommen, Zerstörung verursachen und die Freiheit des Geistes verhindern.

Der zwölfte Artikel: Wir glauben, dass die Sakramente Zeichen einiger heiliger Sachen oder sichtbare Abbildungen der unsichtbaren Gnade seien, und befinden es für gut, dass die Gläubigen zu Zeiten diese sichtbaren Zeichen oder Vorbilder gebrauchen, wenn es geschehen kann; und gleichwohl glauben und halten wir dafür, dass diese Gläubigen selig werden können, wenngleich sie diese Zeichen nicht empfangen, nämlich wenn sie dazu weder Platz noch Gelegenheit haben, wo sie dieselben empfangen oder gebrauchen können.

Der dreizehnte Artikel: Es ist uns nicht bekannt, dass außer der Taufe und dem Abendmahl noch ein Sakrament sein sollte.

Der vierzehnte Artikel: Wir müssen die weltliche Obrigkeit mit Untertänigkeit, Gehorsam, Bereitwilligkeit und Zahlung ehren.

Ausgezogen aus dem Buche, welches von den Waldensern der geistliche Almanach genannt wird, und aus Georg Morels Nachrichten; ferner das 1. Buch des 1. Teils der Geschichte der Waldenser, Cap. 12, Pag. 43–48.

Was nun diese zuvor angeführten Artikel betrifft, so sind dieselben heilsam und gut, wenn sie im Zusammenhange betrachtet werden; darum wollen wir uns davon abwenden und zu einem andern Bekenntnisse übergehen, welches die vorgenannten Waldenser durch die von Merindol und Cabriere haben aufsetzen lassen und dem Könige in Frankreich zugesandt.

Dasselbe ist, wie Abr. Mellinus berichtet, zu Paris in des Königs Parlamente öffentlich verlesen worden, und sein Inhalt von Wort zu Wort ist folgender:

Bekenntnis der Waldenser und Albigenser, durch die von Merindol und Cabriere ausgefertigt und dem Könige von Frankreich zugesandt 1. Wir glauben, dass nur ein Gott sei, welcher ein Geist und ein Schöpfer aller Dinge, ein Vater aller, über und durch oder in allen Dingen in uns allen ist, welchen man im Geiste und in aller Wahrheit anbeten muss, auf welchen wir allein hoffen, welcher Leben, Decke, Nahrung, Gesundheit, Krankheit, Glück und Unglück gibt; diesen lieben wir als einen Urheber alles Guten, und fürchten ihn als einen Durchforscher unserer Herzen.

2. Wir glauben, dass Jesus Christus der Sohn und das Bild des Vaters sei, in welchem alle Fülle der Gottheit wohnt, durch welchen wir den Vater kennen, der unser Mittler und Fürsprecher ist, und dass den Menschen unter dem Himmel kein anderer Name gegeben sei, darin wir selig werden mögen. In diesem seinem Namen beten wir allein den Vater an, und bringen vor Gott keine andere Gebete als diejenigen, welche in der Heiligen Schrift verfasst sind oder mit dem Sinne derselben durchaus übereinstimmen.

3. Wir glauben, dass wir den Tröster, den Heiligen Geist, haben, welcher von dem Vater und Sohne ausgeht, durch dessen Einblasen wir bitten, und durch dessen kräftige Wirkungen wir wiedergeboren werden. Dieser Heilige Geist wirkt in uns alle guten Werke, und durch denselben werden wir in alle Wahrheit geleitet.

4. Wir glauben an eine heilige Kirche, eine Versammlung aller Auserwählten (das ist der Gläubigen) Gottes, von der Grundlegung (oder dem Anfange) der Welt an, bis an ihr Ende, welcher Kirche Haupt unser Herr Christus Jesus ist; dieselbe wird durch das Wort Gottes regiert und durch den Heiligen Geist geleitet. Alle aufrichtigen Christen sind verbunden, darin ihr Leben zuzubringen, denn sie ist Gott angenehm und bittet beständig für alle zu dem, zu welchem sie ihre Zuflucht nimmt, außer welcher Kirche keine Seligkeit ist.

5. Es ist bei uns eine festgestellte Regel, dass die Diener der Kirche, nämlich die Bischöfe und Hirten, in ihrem Umgange und ihrer Lehre unsträflich sein müssen, widrigenfalls man sie ab- und andere an ihre Stelle einsetzen müsste, welche ihren Platz und ihr Amt besser verwalten. Niemand nimmt sich selbst die Ehre, es sei denn, dass er von Gott berufen werde, gleich wie Aaron, welcher die Herde Gottes speist und keinen schnöden Gewinn sucht, noch Herrschaft über seine Gemeinde führt, sondern mit einem geneigten Gemüte den Gottseligen ein gutes Exempel in Worten, Umgang, Liebe, Glauben und Reinheit gibt.

6. Wir glauben, dass die Könige, Fürsten und Obrigkeiten von dem Herrn als seine Diener eingesetzt seien, welchen man gehorsam sein müsse, denn sie tragen das Schwert zum Schutze der Unschuldigen und zur Strafe der Übeltäter; deshalb sind wir schuldig, denselben alle gebührende Ehre zu erweisen und Schätzung zu bezahlen; und niemand vermag sich diesem Gehorsam zu entziehen, wenn er anders ein Christ nach dem Exempel unseres Herrn und Seligmachers Jesu Christi genannt werden will, denn derselbe hat die Schätzung bezahlt, hat aber auch keine zeitliche Jurisdiktion der Herrschaft in dem Stande seiner Erniedrigung bedient, sondern das Schwert des himmlischen Wortes geführt.

Dieses Letzte wird von I. M. V. in der Waldensergeschichte so übersetzt: Welcher selbst Schätzung hat bezahlen wollen, ohne dass er weltlicher Herrschaft sich bedient hat.

7. Wir glauben, dass das Wasser in dem Sakramente der Taufe ein auswendiges sichtbares Zeichen sei, welches uns dasjenige bezeugt, was die Kraft Gottes von innen in uns wirkt, nämlich die Erneuerung des Geistes, und in Christo Jesu die Tötung des Fleisches, durch welchen Christus wir auch Mitglieder der heiligen Kirche werden, in welcher wir das Bekenntnis unseres Glaubens und die Besserung unseres Lebens erweisen.

8. Wir glauben, dass das heilige Sakrament der Taufe oder des Abendmahls unseres Herrn Jesu Christi ein heiliges Denkmal und eine Danksagung für die Wohltaten sei, welche uns durch den Tod Christi geschenkt sind, welches einem jeden unter uns in der Versammlung der Frommen, in Glaube, Liebe und Prüfung seiner selbst zu gebrauchen oder feierlich zu begehen gebühre, und dass wir so, wenn wir das Brot und den Trinkbecher empfangen, des Leibes und Blutes Christi teilhaftig werden, gleichwie wir in Heiliger Schrift gelehrt werden.

9. Wir bekennen, dass der Ehestand gut, ehrlich und heilig, ja, von Gott selbst eingesetzt sei, und dass man daher niemandem es verbieten möge, es sei denn, dass Gottes Wort ein Hindernis abgibt.

10. Wir glauben, dass die Gottseligen und die Gott fürchten, sich vor Gott eines ehrwürdigen Wandels befleißigen und in guten Werken beschäftigt sein sollen, welche Gott verordnet hat, dass sie darin wandeln sollen; diese Werke sind Liebe, Freude, Friede, Leidsamkeit, Freundlichkeit, Frömmigkeit, Ehrbarkeit, Mäßigkeit und andere gute Werke, welche in der Heiligen Schrift befohlen werden.

11. Dagegen gestehen wir, dass wir uns selbst vor den falschen Propheten in Acht nehmen müssen, deren Absicht darauf gerichtet ist, das Volk von der gottesdienstlichen Anbetung, die wir dem Herrn, unserem Gott, allein schuldig sind, abzuziehen, an den Kreaturen zu hängen und sein Vertrauen darauf zu setzen, die guten Werke, welche uns in der Heiligen Schrift befohlen sind, zu unterlassen und Menschensatzungen nachzufolgen.

12. Wir halten das alte und neue Testament für eine Richtschur unseres Glaubens und folgen dem Symbol oder dem Glaubensartikel der Apostel. Und wenn sich jemand finden sollte, der vorgeben würde, als bekannten wir eine andere Lehre, so wollen wir, wenn es uns anders rechtmäßig von der ordentlichen Obrigkeit gestattet wird, erweisen, dass ein solcher sehr verführt sei und auch andere betrüge.

Ende der Bekenntnisse, gezogen aus Carl du Mulin, Buch von der Monarchie der Franzosen, Pag. 65. Abr. Mellinus, 2. Buch von der Geschichte der Verfolgung und Marter, Fol. 446, Col. 1–3, aus Joh. Crispin., Act. Mart., Lib. 3. Lancelot du Voisin, Poplin. Poplinerii, Hist. Franc., Lib. 1, edit. 1585, Fol. 26. Joach. Camer., Hist. Narat., Pag. 565, zu finden in Carl Molin, Buch von der Monarchie der Franzosen, in dem dritten Teile seiner Werke; gedruckt zu Paris, im Jahre 1612, 2. Teil, Pag. 578–579, 616–617. Ferner, Jean Paul Perrin, 1. Buch von der Geschichte der Waldenser, der erste Teil, Cap. 13, Pag. 49–50.

Abr. Mellinus, welcher das obige Bekenntnis in seinem großen Buche aufgezeichnet hat, sagt so:

So weit erstreckt sich das Glaubensbekenntnis der Waldenser und Albigenser, von welchen die von Merindol und Cabriere herstammen und welche wir zu dem Ende am Schlusse des 12. oder im Anfange des 13. Jahrhunderts angeführt haben, damit wir durch dieselben allen schändlichen Lehrpunkten, welche nicht nur, wie oben berichtet worden, den Waldensern, sondern auch insbesondere den Albigensern mit Unrecht angedichtet werden oder als ob sie Manichäer gewesen, steuern und dieselben widerlegen möchten.

Abr. Mellinus, Geschichte der Marter, 2. Buch, Fol. 446, Col. 3.

Wer aber kann aus obigem Glaubensbekenntnisse nicht sehen, dass dasselbe im Grunde von dem Bekenntnisse der Taufgesinnten nicht abweiche, obschon Abr. Mellinus dasselbe den Calvinisten oder sogenannten Reformierten anzupassen suchte? Denn um nur einiger Stücke zu gedenken, seht nur einmal ihr Bekenntnis in dem Artikel von Gott an; was sagen daselbst die Waldenser? Wir glauben, sagen sie, dass nur ein Gott sei, der ein Geist, ein Schöpfer aller Dinge, ein Vater aller, über und durch, oder in allen Dingen in uns allen ist, welchen man im Geiste und in der Wahrheit anbeten soll; hier wird ja keine Erwähnung von drei selbständigen verschiedenen Personen in dem göttlichen Wesen getan. Mit dem Bekenntnisse der Waldenser, in diesem Stück wird jedoch die Wahrheit von dem Vater, Sohn und Heiligen Geiste, worin der wahre, einige Gott besteht, nicht vernichtet, wie auch solches bei den Taufgesinnten keineswegs zu geschehen pflegt.

Neben dem vorhergehenden seht den Artikel von dem Sohne Gottes oder von der Menschwerdung Christi an, was haben die Waldenser hiervon für ein Bekenntnis an den Tag gelegt?

Wir glauben, sagen sie, dass Jesus Christus der Sohn und das Bild des Vaters sei, in welchem alle Fülle der Gottheit wohnt, durch welchen wir den Vater kennen. Hier wird auch nichts davon gesagt, dass der ewige Sohn Gottes aus dem Wesen der Jungfrau Maria seine ganze Menschheit, welche in Leib und Seele besteht, angenommen habe und dass die angenommene Menschheit für uns gestorben, der wahre ewige Sohn Gottes aber lebendig geblieben sein sollte, wie die Calvinischen sagen, sondern wie der Apostel sagt: »Er (nämlich der Mensch Christus) ist das rechte Bild des unsichtbaren Gottes.« (Kol 1,15) Ferner: »In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.« (Kol 2,9), wie ebenfalls in dem Bekenntnisse der Taufgesinnten bekannt wird.

Ferner seht den Artikel der Waldenser von dem Amte der Obrigkeit an; wir bekennen, sagen sie, dass die Könige, Fürsten und Obrigkeiten von dem Herrn zu seinen Dienern gesetzt seien, welchen zu horchen es sich gebührt; aber was setzen sie zur Erklärung hinzu: Dass ein Christ solches Amt bedienen möge, wie solches in der calvinischen Kirche gelehrt wird? O nein, sondern sie sagen, dass man sich nach dem Beispiele unseres Herrn und Seligmachers Jesu Christi richten müsse, denn er hat die Schätzung bezahlt, hat sich aber keiner zeitlichen Jurisdiktion oder Herrschaft bedient und in dem Stande seiner Erniedrigung das Schwert seines himmlischen Wortes geführt, gleichwie auch die Taufgesinnten bekennen.

Wenn ihr weiter schreitet, so seht ihren Artikel von der Taufe an: Wir glauben, sagen sie, dass das Wasser in dem Sakrament der Taufe ein äußerliches sichtbares Zeichen sei, welches uns dasjenige anzeigt, was die Kraft Gottes inwendig in uns wirkt, nämlich die Erneuerung des Geistes, und in Christo Jesu die Tötung unseres Fleisches, durch welchen Christus wir Glieder der heiligen Kirche geworden sind, in welcher Kirche wir das Bekenntnis unseres Glaubens und die Besserung unseres Lebens an den Tag legen. Merkt wohl, wird in diesem Artikel auch nur ein Wort von der Kindertaufe geredet, welche doch zu dieser Zeit von der calvinischen Kirche so stark betrieben wird? O nein, sondern es wird darin das Gegenteil zur Genüge ausgedrückt, indem gesagt wird, dass das Wasser in dem Sakramente der Taufe ein auswendiges sichtbares Zeichen sei, welches uns dasjenige anzeigt, was die Kraft Gottes von innen in uns wirkt, nämlich die Erneuerung. Denn, wer weiß nicht, dass die jungen Kindlein dieses auswendige sichtbare Zeichen nicht verstehen, viel weniger, dass sie erkennen sollten, dass dieses Zeichen dasjenige bedeute, was die Kraft Gottes von innen in ihnen wirkt, nämlich die Erneuerung? Und, um uns kurz zu fassen, wie können die Kindlein, welche nicht in einem alten Leben gewandelt haben, durch die Taufe zu einem neuen Leben versiegelt werden. In dem Artikel steht auch, dass die Taufe die Tötung des Fleisches vorstelle. Aber wie können die Kindlein durch die Taufe sich dessen erinnern, dass sie das Fleisch töten müssen, welche vor der Taufe nicht nach dem Fleische gelebt haben? Aus allem diesen folgt, dass die Waldenser in diesem Artikel nicht einmal, wie es scheint, an die Kindertaufe gedacht haben.

Dann führt Abr. Mellinus einige Lehrpunkte an, welche wie er sagt, den Albigensern und folglich auch den Waldensern, welche ein und dasselbe Volk gewesen, größtenteils mit Unrecht von ihren Widersachern zugeschrieben worden sind, und welche in 28 Artikeln bestanden, von denen er ohne Bedenken den ersten halben Teil oder die ersten vierzehn Artikel verwirft und sagt, nachdem er dieselben angeführt hat:

Dieses sind die Artikel, deren die Albigenser von den Papisten vorzugsweise beschuldigt werden, von welchen die ersten vierzehn von ihren Widersachern ihnen mutwillig angedichtet und nachgelassen worden sind, damit wir uns nicht in einen Wortstreit einlassen wollen; in den übrigen vierzehn Artikeln sind sie größtenteils mit den Waldensern, wie auch mit uns, einstimmig.

Aber, geliebter Leser, was ist der Inhalt dieser letzten 14 Artikel, welche Abr. Mellinus so offen zu billigen scheint?

Wir haben es zunächst mit dem ersten Artikel zu tun, welcher, wenn man die vorhergehenden dazu rechnet, in der Zahl der fünfzehnte ist. Sie, nämlich die Waldenser, verwerfen auch ganz und gar, sagt ihr Beschuldiger, alle Sakramente der katholischen römischen Kirche und missbilligen die heilige Taufe durchaus (nämlich die Taufe der jungen Kindlein, denn damals war in der römischen Kirche keine andre als die Kindertaufe bekannt) als eine unnütze und unnötige Sache, und leugneten es, dass die Kindlein, welche keine andere als die Erbsünde haben, durch die Taufe selig werden könnten; sie sagen auch, dass das auswendige Wasser der heiligen Taufe in keiner Beziehung von dem Wasser in den Flüssen verschieden sei.

Nun wollen wir uns zu dem Artikel von dem Eidschwören wenden, welcher, die vorhergehenden dazu gerechnet, in der Zahl der sechsundzwanzigste ist. Derselbe enthält ausdrücklich: Sie lehren, dass es durchaus nicht erlaubt sei zu schwören. Abr. Mellin. in demselben Buche, Fol. 447, Col. 1.

Hier lässt sich die Frage aufwerfen (insofern diese letzten beiden Artikel von der Taufe und dem Eidschwure den Albigensern mit Recht zugeschrieben werden, wie zuvor erwiesen worden, dass es wahr sei, welches auch Mellinus hier bekennt), ob diejenigen, welche dieses Bekenntnis getan haben, mit Recht zur calvinischen Lehre gezählt werden können, welche nämlich, in Ansehung dieser Artikel, ein diesem gänzlich widersprechendes Bekenntnis veröffentlicht, oder ob dieselben nicht zu der Kirche der Taufgesinnten gezählt werden mögen, welche (in Beziehung auf diese Artikel) mit ihrem Bekenntnisse übereinstimmen; nämlich, dass die Kindertaufe nutzlos sei, und dass man keineswegs schwören soll.

Von der Erkenntnis Gottes und Jesu Christi, dem Amte der Obrigkeit und andern Stücken ist zuvor gesagt worden, dass darin die Waldenser und Albigenser mit den taufgesinnten Christen nicht streitig gewesen, sondern mit ihnen darin überein gestimmt haben.

Außer den vorhergehenden Glaubensbekenntnissen der Waldenser wollen wir hier noch einige Tugendlehren anführen, welche sie ihren Gemeinden nachgelassen haben Wir wenden uns wieder zu Jean Paul Perrin de Lionnois, dessen Zeugnisse in den Glaubenssachen der Waldenser von jeher sehr hoch gehalten worden sind.

Dieser beschreibt unter anderem auch ihre Lehren, welche sie zur Auferbauung eines tugendhaften Lebens nachgelassen haben, worin das Folgende dahin zielt, sich tugendsam und gottesfürchtig gegen unsere Nächsten zu betragen.

Im dritten Teile der Geschichte der Waldenser und Albigenser, im 1. Buche, Cap. 10, Pag. 153, übersetzt von I. M. V., wird in der waldensischen und hochdeutschen Sprache von Wort zu Wort so geredet:

Eu qual Modo le Pople se de aver a aquilli qux son de Fora. Wie man mit denen umgehen soll, die draußen sind.

1. Non amar lo Mond. Die Welt soll man nicht lieben.

2. Fugir la male Consortia. Böse Gesellschaft soll man fliehen.

3. Si es possible aver Paz cum fuit. Man soll, wenn es möglich ist, mit allen Menschen Frieden halten.

4. Non contendre en Judici. Man soll nicht vor Gericht streiten.

5. Non veniar si meseine. Man soll sich nicht selbst rächen.

6. Amar li Ennemie. Man soll seine Feinde lieben.

7. Voler sostenir Trabails, Calomnias, Menasas, Reprovance, Vergognas, Erjurias & totas Generations de Torments per la Verita. Man soll die Arbeit, Lästerung, Bedrohung, Verwerfung, Schmach, Unrecht und jede Art der Peinigung um der Wahrheit willen gern ertragen.

8. Possessir las armas en Patienta. Man soll die Seelen in Geduld besitzen.

9. Non amenar Joug, cum li non Fidel. Man soll mit den Ungläubigen nicht an einem Joch ziehen.

10. Non communicar a las malas Obras, & totalment a las, sabent Idololatria, & del Servici sentent zo meseine & Enaimi de las Autes. Man soll mit bösen Werken und insbesondere mit denjenigen keine Gemeinschaft haben, welche nach der Abgötterei schmecken, und allen Bedienungen, welche dahin zielen; auch soll man von andern dergleichen Sachen in gleicher Weise urteilen. Wie außerdem die Gläubigen ihren Leib in gute Ordnung bringen, oder sich selbst regieren müssten.

In dem zehnten Kapitel des ersten Buches, im dritten Teile der Geschichte der Waldenser und Albigenser, Pag. 135, werden noch einige Regeln dieser Leute gefunden, welche auf die Gläubigen selbst zielen, wie sie ihren eigenen Leib und ihr Leben wohl regieren müssten, welche so lauten:

1. Non servir a li Desirier moral de la Carn. Sie sollen den tödlichen unordentlichen Lüsten des Fleisches nicht dienen.

2. Gardar li lor Membres quilli non sian armas d’inipuitas. Sie sollen ihre Glieder bewahren, damit sie nicht Waffen der Bosheit werden möchten.

3. Regir li lor Sentiment. Sie sollen ihre Sinne wohl regieren.

4. Sot mettre la Corps a l’esperit. Sie sollen ihren Leib dem Geiste unterwerfen.

5. Mortificar li Membres. Sie sollen ihre Glieder töten.

6. Fugir la Ocioseta. Sie sollen den Müßiggang fliehen.

7. Garder Sobrieta & Mesura en Maniar & en Beavre & en Parolas & en las Curas del Mond. Sie sollen Mäßigkeit und Nüchternheit im Essen und Trinken, sowie auch in ihren Worten und Sorgen dieser Welt beobachten.

8. Far Obras de Miseridia. Sie sollen die Werke der Barmherzigkeit ausüben.

9. Viore per Fe, & per Vita moral. Sie sollen im Glauben und ehrbaren Sitten leben.

10. Combatre contra li Desirier. Sie sollen gegen die bösen Lüste streiten.

11. Mortificar as Obras de la Carn. Sie sollen die Werke des Fleisches töten.

12. Istar en Temp debit a la Religion. Sie sollen zu gelegener Zeit den Gottesdienst beobachten.

13. Ensemp recordar la divina Volunta. Sie sollen sich untereinander des Willens Gottes erinnern.

14. Examinar diligentament la Conscientia. Sie sollen fleißig ihr Gewissen untersuchen.

15. Mundar & esmendar & pacificar l’Esprit. Sie sollen den Geist oder das Gemüt reinigen, bessern und befriedigen.

Diese und dergleichen Lehren haben die Waldenser ihren Glaubensgenossen vorgetragen, damit sie ihren Wandel, sowohl gegen Gott, als auch gegen ihren Nächsten und sich selbst, tugendsam und gottselig führen möchten.

Zeugnisse der alten Schreiber von dem tugendsamen Leben der Waldenser Man muss sich sehr darüber wundern, dass die heftigsten Widersacher der Waldenser, welche sie wegen ihres Glaubens am meisten beschuldigten, an ihrem Leben nichts zu tadeln gefunden, wiewohl sie sich darin sehr große Mühe gegeben haben; es ist zwar wahr, dass einige, aus einem tödlichen Hasse gegen diese Leute, um sie anzuschwärzen, viele Lügen ausgespien haben, doch haben ihre eigenen Mitgenossen, welche die Wahrheit hoher stellten, der Sache sofort widersprochen.

Jacobus de Riberia, der sich selbst zu seiner Zeit zu einem Verfolger der Waldenser hat gebrauchen lassen, sagt, dass sie sich eine lange Zeit in Narbonne, oder Gaule Narbonense, in den Bistümern Albi, Rhodes, Lahors und zu Aachen aufgehalten und dass zu der Zeit diejenigen, welche daselbst Geistliche und Bischöfe genannt sein wollten, nicht geachtet worden seien, weil fast alle diese Pfaffen unwürdig und ungelehrt waren.

Deshalb, sagt er, war es den Waldensern durch ihre außerordentliche Gelehrsamkeit ein Geringes, unter dem Volke die Oberhand zu erhalten.

In der Geschichte der Waldenser, des ersten Teils, 1. Buch, Cap. 5. Pag. 21, aus Jac. Riber, in seinem Berichte von der Stadt Toulouse, Chassagnon, in seiner Geschichte von den Albigensern, Pag. 27.

Auch Reinerius, ein Predigermönch und grausamer Inquisitor oder Ketzermeister wider die Waldenser, der sich unterstanden, sie anzuschwärzen, weil sie oft in der Heiligen Schrift lasen, gibt an, dass die Waldenser, als sie mit ihrer Gelehrsamkeit hervorgetreten, vieles beigebracht, was die Reinigkeit, Demut und andere Tugenden betroffen, und bezeugt hätten, dass man die Sünden leiden müsse, wobei sie die Worte Christi und seiner Apostel angeführt hätten.

Er setzt noch hinzu, dass sie aus den Evangelien und den Schriften der Apostel gelernt hätten, wie die Nachfolger oder Jünger Christi beschaffen sein müssten, indem er sagt, dass diejenigen allein Nachfolger der Apostel seien, welche ihrem Leben nachfolgen.

Hiermit macht er den Beschluss und fügt nur noch hinzu, dass der Papst, die Bischöfe, die Clerici oder Geistlichen, welche die Reichtümer dieser Welt besitzen und der Heiligkeit der Apostel nicht nachkommen, keine Regierer der Kirche Jesu Christi seien. Pag. oben angeführt, aus des Reinerius Buch von der Gestalt der Ketzer, Fol. 98.

Aus des Reinerius Buch von den Sitten der Waldenser kann man ihre außerordentlichen Tugenden nicht undeutlich bemerken, ja, man muss sich wundern, wie dieser Schreiber, welcher anderes nicht im Sinne gehabt, als von ihnen das Ärgste zu sagen, ja, sie in die Ketzerrolle zu bringen, gleichwohl ihre Tugenden so sehr erhoben hat, dass sich die Papisten billig darüber schämen sollten; denn seine Worte, die er, ihr Ketzermeister (Inquisitor), geschrieben, sind folgende:

So erkennt man auch an ihrem Betragen und ihren Worten, dass sie Ketzer seien; denn sie führen einen eingezogenen, sittsamen Wandel, sind nicht prahlend in Kleidern; sie tragen keine köstlichen, auch keine ganz schlechten Kleider; sie treiben keine kaufmännischen Geschäfte, enthalten sich des Lügens, des Schwörens und Betruges, und ernähren sich wie die Handwerksleute mit ihrer Hände Arbeit.

Ihre Lehrer sind Weber und Schuhmacher; diese sammeln keine großen Reichtümer, sondern begnügen sich mit den gewöhnlichen Lebensbedürfnissen.

Die Lyonisten, das sind die Waldenser, sind auch keusch, halten sich mäßig im Essen und Trinken, gehen nicht in die Wirtshäuser. Taufgeschichte, Pag. 646,647, aus Reinerius.

Von der Weise des Gebets bei den Waldensern wird (in einem alten papistischen Büchlein) Nachfolgendes gefunden:

Die Waldenser halten bei ihrem Gebete die Weise, dass sie auf die Erde niederknien und sich an eine Bank, oder sonst etwas, welches dazu bequem ist, lehnen; sie verharren aber in dem Gebete mit gebogenen Knien und niedergebeugtem Leibe, überhaupt so lange, bis jemand dreißig oder vierzig Mal das Vaterunser und das Amen sprechen kann, und verrichten solches alle Tage mit großer Ehrerbietigkeit.

Ferner, sie sagen, sie lehren oder haben kein anderes Gebet, als das Gebet Christi, oder das Vaterunser; der Englische Gruß, oder das Ave Maria, wird bei ihnen nicht geachtet. Taufgesch., Pag. 647, aus einem Ketzerbüchlein der Papisten.

Unter andern gedenken auch die Alten einiger Personen unter den Waldensern, welche sie Apostel, Lehrer, Engel und Brüder zu nennen pflegten, welche solche Namen nicht wegen ihres Adels, großer Herkunft, oder großer weltlicher Gelehrtheit, sondern allem Anscheine nach in Berücksichtigung ihrer Tugend erlangt hatten; denn was ihre Herkunft und ihr Ansehen in dieser Welt betrifft, so war solches sehr gering; sie wurden genannt:

Nicolaus aus Polen; Johannes aus Polen, eines Bauern Sohn; Walrich von Hardek, seines Handwerks ein Schuhmacher; Conradus aus Schwaben, von Gmünd, ein Bauernsohn; Simon von Salig, aus Ungarn, seines Handwerks ein Schneider; Hermanns von Miestelgen, ein Bauernsohn, seines Handwerks ein Schmied.

Aber sie führten, sagt der Schreiber, welcher ihr Ankläger gewesen, folgenden Lebenswandel: Erstlich fasten sie drei oder vier Tage in der Woche bei Wasser und Brot, es sei denn, dass sie sehr schwere Arbeit tun mussten; dann tragen die Obersten unter ihnen Sorge, dass ihre Untertanen vor ihnen erscheinen müssen; ist es der Fall, dass mit den Worten Obersten und Untertanen die Lehrer und gemeinen Leute, oder die Handwerksmeister und ihre Dienstknechte oder dergleichen verstanden werden, so ist darin keine Zweideutigkeit; sie beten des Tages sieben Mal, der Älteste unter ihnen macht im Gebete den Anfang. Taufgesch., Pag. 649, aus einem andern sehr alten Ketzerbüchlein.

Mit solchen und dergleichen Zeugnissen von der Tugend der Waldenser, welche selbst ihre härtesten Ankläger hinterlassen, wird zu erkennen gegeben, dass sie sehr gutherzige, tugendsame und gottesfürchtige Leute gewesen seien, und dass sie überdies von denjenigen, welche das Gegenteil von ihnen zu behaupten gesucht haben, sehr belogen worden seien, entweder weil sie ihre Güter an sich ziehen, oder sie gar ihres Blutes und Lebens berauben wollten.

Doch wie ungerecht einige mit dem Beschuldigen solcher Leute, sowohl in Ansehung ihres Glaubens als ihres Lebens zu Werke gegangen seien, davon wollen wir bald einen Bericht abstatten.

Wie die Waldenser von ihren Ketzermeistern (Inquisitoren) und Anklägern mit Unrecht beschuldigt worden seien In dem zweiten Buche des ersten Teils der Geschichte der Waldenser von Jean Paul Perrin geschrieben, und von I. M. V. übersetzt, in dem 3. Cap., Pag. 74, Col. 2, wird von einem Jean Veileti, einem Mönche und Ketzermeister, über die Waldenser erzählt, wie gar untreu und betrüglich er oder sein Geistlicher in der Sache dieser Leute gehandelt habe, woraus man abnehmen kann, wie es den Übrigen, die beschuldigt worden sind, ergangen ist; die Worte an oben angeführtem Orte lauten so:

Aber in diesem Verfahren und den Gerichtsverhandlungen, welche der Mönch Jean Veileti aufgesetzt hat, haben wir eine vortreffliche List und Schelmerei bemerkt und wahrgenommen, denn, als uns diese Gerichtsverhandlungen zu Händen gekommen sind, haben wir darunter Bemerkungen gefunden, womit dieser Commissarius, Jean Veileti, die Antworten der Angeklagten, wie sie aus ihrem Munde kamen, versehen hat; nach der Zeit aber haben wir in den Gerichtsverhandlungen selbst gefunden, dass die schlechten Antworten mit Zusätzen vermehrt (oder ausgebreitet worden), wodurch dann öfters ein ganz anderer Sinn entstanden, als der Sumptum (das ist, die vorgeschriebene Antwort), welches in den gerichtlichen Verhandlungen enthalten war, mit sich brachte und enthielt, sodass die Meinung des Angeklagten herumgedreht und ihm etwas in den Mund gelegt wurde, woran er doch nicht gedacht hatte.

Als zum Exempel gefragt wurde, ob er nicht glaube, dass sobald die Worte des Sakraments von dem Priester in der Messe ausgesprochen worden, der Leib Christi so grob und groß als er an dem Kreuzesholze gewesen, in der Hostie sei, und der Waldenser darauf antwortete: »Nein.«, so hat dieser Veileti, oder sein Schreiber, die gegebene Antwort so aufgesetzt, als ob er bekannt habe, dass er nicht an Gott glaube.

Ferner: Als gefragt wurde, ob man die Heiligen nicht anrufen müsse, und darauf die Antwort erteilt wurde: »Nein.«, so schrieben sie nieder, dass sie die Heiligen gelästert und übel von ihnen gesprochen hätten.

Als gefragt wurde, ob man auch die Jungfrau Maria grüßen, und sie in unserer Not anrufen müsse, und darauf nein geantwortet wurde, so schrieben sie, dass sie die Jungfrau Maria gelästert hätten.

Seht, so untreu haben die Mönche und Ketzermeister selbst in solchen wichtigen Dingen gehandelt, und es hat auch, sagt der Schreiber, die göttliche Vorsehung hierin sich kräftig erwiesen, und uns solche Schelmerei bis auf gegenwärtige Zeit aufbewahrt und erhalten, um ihnen beweisen zu können, durch welchen Geist die Menschen getrieben worden, welche die gläubigen Glieder der Kirche Christi durch mancherlei Betrügerei unterdrückt und endlich getötet und verbrannt haben, und gleichwohl uns noch fragen dürfen, wo die Kirche und die Gläubigen, welche sie doch selbst umgebracht haben, vor unserer Ankunft gewesen seien.

Wenn nun, sagt unser Schreiber, der Leser begierig ist zu wissen, wie solche gerichtliche Verhandlungen uns in die Hände gefallen seien, so antworten wir, dass solches gleichfalls durch die Fügung Gottes geschehen.

Dann erzählt er, wie der Erzbischof von Ambrun, Johann Nostan, und andere diese Schriften und Gerichtsverhandlungen in ihren Kisten und Kanzleien verschlossen gehabt hätten, bis sie endlich die Stadt, wo sie wohnten, im Jahre 1585 eingenommen wurde, bei welcher Gelegenheit, als der erzbischöfliche Hof in Brand geraten, viele dieser gerichtlichen Verhandlungen, welche vor Zeiten gegen die Waldenser ergangen sind, in Säcken auf die Gasse geworfen wurden, welche Calignon, Kanzelist von Navarra, und ein gewisser Ratsherr von Grenoble, die gerade gegenwärtig waren, aufraffen und sich einhändigen ließen. Auf diese Weise sind, wie berichtet worden, diese treulosen Lästerungen gegen die Waldenser an den Tag gekommen, welche sonst unter den Papisten für wahre Beschuldigungen derselben gehalten worden wären. Eben derselbe an dem bezeichneten Orte und Pag. 75.

Aber es geht, wie man gewöhnlich im Sprichworte sagt: Sind gleich die Lügen sehr geschwind, die Wahrheit sie doch überwind’t.

Hiermit wollen wir nun unsere Beschreibung von dem rechtsinnigen Glauben und dem guten Wandel der Waldenser beschließen, und noch einen Bericht erteilen, wie lange und in welchen Zeiten dieselben bestanden.

Von der Zeit der Waldenser Hiervon gibt H. Montanus mit den folgenden Worten Auskunft:

Die Religion der Waldenser oder Lyonisten hat sowohl in Frankreich als auch in einigen Städten in Italien, sowohl heimlich, als auch öffentlich, nach Gelegenheit der Zeiten mehr als 300 Jahre, von dem Jahre 1170 oder 1180 bis auf das Jahre 1545 gedauert.

Sleidanus, Com., Buch 16. H. Montan., Nichtigkeit der Kindertaufe, der 2. Druck, Pag. 86.

Was den Anfang derselben betrifft, so haben wir solchen nach der gewöhnlichen Rechnung der alten Schreiber auf das Jahr 1170 gesetzt, wie sich aber annehmen lässt, sind dieselben schon bei weitem früher dagewesen, denn im Jahre 1120 haben diejenigen, die sich zu dieser Religion bekannten, schon in öffentlichen Schriften ihre Lehre gegen den Papst an den Tag gegeben, welchen sie nämlich den Antichristen genannt und ihn in vielen Dingen bestraft haben, wie oben berichtet worden ist.

Außerdem gibt P. I. Twisck auf das Jahr 1168 folgende Beschreibung:

Die Waldenser, deren auf das Jahr 1159 gedacht worden, hatten um diese Zeit schon großen Zulauf und Anhang durch ihre Lehre in Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland erlangt, dass derer, die zu ihrer Religion gehörten, wie Guil. Nebriss. schreibt, an der Zahl so viele gewesen, als Sandkörner am Meere, welche, als sie vor den Papst zu Rom gefordert wurden, um von ihrer Lehre Rechenschaft zu geben, nicht erscheinen wollten und zur Antwort gaben, dass sie nicht schuldig seien, dem Papste zu gehorchen, indem er der Antichrist wäre und sie für Aufwiegler erklärte. P. I. Twisck, das 12. Buch, auf das Jahr 1168, Pag. 479, Col. 1.

Im Jahre 1199 Damals haben, wie berichtet wird, die Albigenser, welche mit den Waldensern zusammen eine Gemeinde gewesen, in der Grafschaft Toulouse so stark zugenommen, dass, wie die Papisten darüber klagten, fast tausend Städte damit verunreinigt gewesen sind.

Siehe die Einleitung über den Märtyrerspiegel, gedruckt im Jahre 1631, Pag. 52, Col. 1, aus Baron. über das Jahr 1199, Nr. 13.

Hiermit stimmt der Herr von St. Aldegonde überein, indem er sagt in der Tafel der Rel.-Streit., Cap. 12, Fol. 142, dass ihre Lehre, obgleich Petrus de Bruis als ein Ketzer zu St. Gillis bei Nismers verbrannt worden, gleichwohl in den Landschaften von Glascognien, in der Grafschaft Fois, Querci, Agenois Bourdeloix und fast durch ganz Languedoc und in der Grafschaft Jugrane, welche man gegenwärtig die Grafschaft Venire nennt, sich ausgebreitet habe.

Auch hat fast die ganze Provence diese Lehre angenommen, wie auch die Städte Lahors, Narbonne, Carcassonne, Rodes, Agen, Mesieres, Toulouse, Avignon, Montauban, St. Antonin, Puflanres, Castres, Minerve, Begiers, Beaucaire, Lombes, Pannes und das Land Pigorre nebst vielen andern Städten, welche ihnen günstig gewesen, damit erfüllt wurden, als Tarascon, Marsilien, Peries, Agenois, Marmande und Bordeaux. Hierdurch hat sich diese Lehre noch weiter ausgebreitet, auf der einen Seite in Spanien und England, auf der andern Seite bis nach Deutschland, Böhmen, Ungarn, Mähren, Dalmatien und selbst auch nach Italien.

Wie großen Fleiß die Päpste mit allen Geschworenen auch anwandten, um dieselben mit dem Beistande der Fürsten und weltlichen Obrigkeiten auszurotten, zunächst durch’s Wortstreiten, dann aber auch durch Landesverweisung, päpstliches Verbannen und Verfluchen, Verkündigung der Kreuzzüge, des Ablasses und Erlassung der Strafe für alle diejenigen, die denselben Gewalt antun würden, ja, endlich durch alle Arten des Peinigens, Feuerflammen, Galgen und grausames Blutvergießen, sodass dadurch die ganze Welt bewegt worden ist, so haben sie, nämlich die Papisten, dennoch nicht verhindern können, dass die Asche weit und breit umhergetrieben und fast über alle Gegenden der Welt zerstreut wurde. Einleitung über den Märtyrerspiegel, Pag. 52, Col. 1–2, aus Aldeg. an demselben Orte, wie oben angeführt worden.

Dieses oben Angeführte scheint ein Wunderding zu sein, gleichwohl ist es in Ansehung Gottes des Herrn kein Wunder, bei welchem nichts ein Wunder oder unmöglich ist.

Unterdessen sieht man, wie Gott dieses kleinen Senfkörnlein der Albigenser oder Armen von Lyon zu einem großen Baum mitten in ihren Verfolgungen hat aufwachsen lassen. O große Macht, Weisheit und Liebe Gottes, welcher die Seinen nicht verlässt.

P. J. Twisck am Ende seiner Beschreibung über dieses 12. Jahrhundert sagt davon im Beschlusse also, womit wir auch beschließen wollen:

So viel den Zustand und die Umstände der kirchlichen Sachen in den vorhergehenden Jahrhunderten betrifft, so finden wir keine besondere Veränderung oder Verbesserung, außer dass wir in diesem Jahrhundert viele treffliche Männer finden, welche sich mit der Heiligen Schrift dem Papsttume widersetzt haben, wobei sie die Bilder, Wallfahrten, Messen und andere päpstliche Aberglauben, als die Kindertaufe, verworfen haben, wovon (schreibt er) ihr beziehungsweise auf die Jahre 1145, 1159, 1168, 1182 und 1198 nachsehen mögt. Übrigens finden wir, dass die Taufgesinnten und viele andere, welche eine bessere Lehre hatten als die päpstlich Gesinnten und ihre Nachfolger oder Mitgenossen, unter vielen schweren Verfolgungen lange Zeit oder bis auf diese Zeit in verschiedenen Ländern und Plätzen sich aufgehalten haben. Chronik, 12. Buch, auf das Ende des zwölften Jahrhunderts, Pag. 511.