Der Märtyrerspiegel

Teil I

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1  Einleitung

Dieser Teil enthält, nebst der Geschichte der Märtyrer, ihre Reden, Briefe und Bekenntnisse, sowie auch die Geschichte der christlichen Taufe, von der Apostel Zeit an bis auf das Jahr 1600.

Früher aus verschiedenen glaubwürdigen Chroniken, Nachrichten und Zeugnissen gesammelt, und in holländischer Sprache herausgegeben von Thielem. J. v. Braght, nun aber sorgfältig übersetzt und zum vierten Male ans Licht gebracht.

Gott, meinem Herrn, dem Schöpfer, Erhalter und Erlöser meiner Seele, sei Preis, Ehre, Majestät von Ewigkeit zu Ewigkeit Vergib es mir, o mein Herr, mein Gott, dass ich arme Erde und Asche mich dir nahe. Ich bin besorgt, mich dir zu nahen, weil du ein verzehrendes Feuer bist; aber ich, der ich Holz, Heu und Stoppeln und dem Brande unterworfen bin, darf gleichwohl von dir nicht abgeschieden bleiben, weil ich etwas habe, das dir zugehört, ja das dein teuerster Schatz ist, nämlich das Blut und das Opfer der Heiligen; ich muss notwendig kommen und dir dieses geben.

Laß es dir denn wohl gefallen, mein lieber Seligmacher, dass ich dir dasselbige aufopfere, was dir schon vor längst aufgeopfert worden ist; ich habe aber das volle Vertrauen, dass du mich nicht abweisen wirst; ich bin, wie mich dünkt, versichert, dass ich dir hiermit gefallen werde, denn dein Diener David, der Mann nach deinem Herzen, hat also gesungen: »Der Tod seiner Heiligen ist wertgehalten vor dem Herrn.«

Überdas kennst du, o mein Heiland und Erlöser, den standhaften Glauben, die unauslöschliche Liebe und Treue bis zum Tode derer, von welchen ich geschrieben habe, die ihr liebes Leben und ihren Leib dir zum Opfer übergeben haben.

Auch hast du mich zu dem Ende am Leben erhalten, damit ich, wiewohl unwürdig und unfähig dazu, dasselbe ausführen möchte, denn Stricke des Todes hatte mich umgeben, die mich vor, in und nach dem vergangenen Winter fast ein ganzes halbes Jahr gebunden hielten, so dass ich oft glaubte, ich würde nicht länger leben; gleichwohl aber hat mich deine Kraft gestärkt, deine Hand hat mich befreiet, deine Gnade mich geführt und wieder hergestellt, so dass ich auch mitten in meinen Wehtagen, selbst gegen den Rat und das Urteil der Ärzte (denn der Eifer und die Liebe deiner seligen Bekenner hatte mich verschlungen) dieses meistens geschrieben und vollendet habe.

Die Opfer, die dir gefallen, sind ein geängsteter Geist. Aber dieses Opfer, o mein Gott, ist mit häufigen Tränen vermengt worden, teils aus Betrübnis, weil ich dich wegen der Schwachheit meiner Natur um Hilfe anrief, teils vor Freude, als ich deinen Trost und deine Hilfe gefunden und genossen hatte. Vor allen Dingen aber bewegte mich das Andenken des Leidens und des Todes deiner Märtyrer selbst zum Weinen, die so unschuldig, als wehrlose Lämmer, zum Feuer, oder Wasser, oder Schwerte, oder zu den wilden Tieren in die Marterpferche oder Schauplätze gebracht wurden, um für deinen Namen zu leiden und zu sterben, wiewohl ich auch keine geringe Freude empfunden, als ich ihr lebendiges Vertrauen auf deine Gnade sah, und dass sie so tapfer durch die enge Pforte hindurchgedrungen waren und sich durchgestritten hatten.

1.1  Vorbericht zur sechsten Auflage

Ach, wie oft habe ich gewünscht, Teil an ihnen zu haben! Meine Seele ging mit ihnen, so zu sagen, in die Gefängnisse; ich tröstete sie vor Gericht, damit sie ihr Todesurteil, ohne Widerspruch oder schwach zu werden, geduldig anhören möchten; es kam mir vor, als ob ich mit ihnen an die Richtplätze, auf die Schaubühnen und an die Brandpfähle getreten wäre und in ihrer äußersten Not zu ihnen gesagt hätte: Streitet tapfer, liebe Brüder und Schwestern, die Krone des Lebens ist euch bereitet; ich bilde mir fast ein, als ob ich mit ihnen gestorben wäre, so unzertrennlich war meine Liebe und Zuneigung mit ihnen, um deines heiligen Namens willen, verbunden.

Laß dir denn dieses Opfer, o mein Gott, bitte ich wiederholt, wohl gefallen und nimm dieses von mir, deinem geringsten Diener, als ein Kennzeichen der Liebe gegen dich und deine seligen Märtyrer an.

Aber ehe ich hiervon scheide, stärke mich mit deinem guten Geist, wappne mich mit dem Troste deiner Gnade, damit ich dich hier nicht nur mit dem Munde bekennen, sondern dich auch mit einem tugendhaften und gottesfürchtigen Wandel in dem allerheiligsten Glauben verehren und, wenn es die Not erforderte, meinen Leib und mein Leben, wenn es zu deiner Ehre gereichen würde, nicht verschonen, sondern es zum Leiden und Tode übergeben möge, damit ich deinen geliebten Freunden, meinen getöteten Mitbrüdern und Schwestern, gleich werden und mit ihnen gleichen Lohn an dem großen Tage deiner Vergeltung empfangen möge.

Dieses wünsche und bitte ich, dessen Name dir bekannt ist, der dich um deine Gnade anfleht, nun und in der Stunde seines Todes und in alle Ewigkeit. O Herr, laß es also sein.

Denn dein, o Gott, ist das Königreich, und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit, Amen.

Dortrecht, den 23. Juli 1659, Thielem. J. v. Braght.

1.2  Vorbericht zur sechsten hochdeutschen Auflage

Das vorliegende Werk wurde im Jahre 1660 zum ersten Male in der holländischen Sprache herausgegeben; zum zweiten Male erschien es im Jahre 1685 zu Amsterdam. Der Verfasser Thieleman Janz van Braght war Ältester (Bischof) der Mennonitengemeinde zu Dortrecht in Holland; sein Vorgänger in diesem Amt, Adrian Cornelis, ist der Verfasser des bekannten Glaubensbekenntnisses bestehend aus achtzehn Artikeln, welches am 21. April 1632 zu Dortrecht von den versammelten Ältesten und Predigern als schriftgemäß anerkannt und angenommen wurde (Siehe Seite in dem ersten Teil dieses Werks). Thieleman J. van Braght wirkte im Segen in der großen Gemeinde zu Dortrecht. Er erkannte die Notwendigkeit den künftigen Geschlechtern die Geschichte der Glaubenszeugen zu überliefern, die ihr Leben nicht teuer achteten um der christlichen Wahrheit willen.

Die erste deutsche Ausgabe des Märtyrerspiegels wurde in den Jahren 1748 und 1749 zu Ephrata in Pennsylvanien gedruckt, wo auf Veranlassung der Mennonitengemeinde die Übersetzung von Peter Miller besorgt worden war. Im Jahre 1780 wurde das Werk von der Vereinigten Bruderschaft in Europa zum zweiten Mal herausgegeben und zu Pirmasens in der Pfalz gedruckt. Zum dritten Mal wurde das Buch im Jahre 1814 zu Lancaster in Pennsylvanien verlegt. Die vierte Auflage besorgte Shem Book, nahe Lewistown, Mifflin County, Pennsylvanien, im Jahre 1849, und die fünfte deutsche Auflage erschien im Jahre 1870 in Elkhart, Indiana. Diese Ausgabe ist seit mehreren Jahren vergriffen.

Der Märtyrerspiegel behauptet in vielen Familien den Ehrenplatz als das schätzbarste Buch nächst der Bibel. Und mit Recht! Das Werk ist eine Art Fortsetzung der Apostelgeschichte, so gut fehlbare Menschen imstande sind, eine solche Fortsetzung zu schreiben. Es enthält die Hauptzüge der Geschichte der christlichen Kirche von Anfang an bis um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, und vor allem, wie auch der Titel besagt, authentische Berichte über die edlen Märtyrer und Blutzeugen Jesu Christi nebst ihren Bekenntnissen und Briefen. Deren Beispiel der Treue und Standhaftigkeit in dem allerheiligsten Glauben wird in unserer gefahrvollen Zeit besondere Beachtung und Wertschätzung verdienen. Das Studium der Geschichte der Verfolgungen der Christen sollte besonders die liebe Jugend anspornen, in die Fußstapfen der Zeugen des Herrn zu treten.

Die vorliegende Ausgabe ist ein unveränderter Abdruck der letzten (im Jahre 1870 herausgegebenen) Auflage. Die Verleger.

1.3  An meine geliebten Freunde und Mitgenossen in Christus Jesus, unserm Seligmacher

Nebst Gott sind wir an unsere lieben Mitgenossen verbunden, die mit uns gleichen Glauben empfangen haben; deshalb wollen wir uns nun zu denselben wenden.

Aber, Geliebteste, erwartet nicht, dass wir euch in die griechischen Schauplätze bringen werden, um die fröhlichen Freudenspiele und lustigen Vorstellungen anzuschauen. Hier werden euch die angenehmen Baum- und Lustgärten, des Atlas, Adonis oder der Semiramis, von welchen man sagt, dass sie in die Luft gebaut gewesen, und wo die Alten freudig zu singen pflegten, nicht geöffnet werden, gleichwohl wollen wir es vermeiden, euch in traurige Plätze zu bringen, wenigstens nicht in solche, die in Wahrheit Plätze der Betrübnis genannt werden können.

Es ist zwar wahr, wir werden euch in finstere Täler führen, in die Täler des Todes, wo nichts anderes als verdorrte Beine, Totenköpfe und verstümmelte Gerippe werden gesehen werden; die einen enthauptet oder ertränkt, andere an Pfühlen erwürgt, verbrannt oder auf Räder gelegt, viele von den wilden Tieren zerrissen, halb verzehrt und auf manche grausame Weise zu Tode gebracht, außer der großen Menge, die dem Tode entgangen sind, und die Malzeichen ihres Seligmachers Jesu an ihrem Leibe tragen, die auf Bergen und in Tälern, durch Büsche und Wildnisse, verlassen von Freunden und Verwandten, beraubt und entblößt von allen zeitlichen Gütern, umherwandern und in der äußersten Armut leben; allein alles dieses anzuschauen wird keine wahre Betrübnis verursachen, denn ob dieses schon dem Leibe nach jämmerlich ist, so wird sich doch die Seele hieran freuen, indem keiner von allen diesen Getöteten das Leben dem Tode vorgezogen haben würde, was daraus hervorgeht, dass ihnen das Leben oft angeboten worden ist, wenn sie von der Festigkeit ihres Glaubens hätten abweichen wollen. Aber solches haben sie nicht getan, denn es gingen viele von ihnen dem Tode freimütig entgegen, ja einige eilten den andern zuvor, um die ersten zu sein, welche sich dann nicht scheuten, alles auszustehen, was die Tyrannen erdenken konnten, ja, was mehr sagen will, als man denken konnte, dass ein sterblicher Mensch zu ertragen imstande ist.

Unter vielen wurden wir einen gottesfürchtigen Helden und Ritter Christi gewahr, der andern beherzt voranschritt und dem Leiden und Tode entgegenging, wobei er sich auch so gut verhielt, dass er mit Gewalt stritt und durch die enge Pforte drang, so dass er sein Fleisch an dem Pfosten ließ.

Als ich dieses mit den Augen des Glaubens angesehen hatte und die Sache überlegte, wurde meine Phantasie rege und hätte ihn fast bewillkommnet, und ihm alles Gute mit den Worten gewünscht:

Steig’ auf die güld’ne Höh’, Vorfechter von der Bande
Der heil’gen Seelen, die der Kreuzesfahn’ nachgehn,
In mancherlei Gedräng, im Elend, Schmach und Schande,
Wo nichts als Rauch und Dampf der Opfer wird gesehn;
Der durch die Wolken drang, doch gingst du ihnen vor,
Ja, strittst die Enge durch, zum weiten Himmelstor.

Hierauf folgte eine große Menge sehr gottesfürchtiger und tugendsamer Leute: Männer, Weiber, Jünglinge und Jungfrauen, welche alle mit gleicher Waffenrüstung des Glaubens angetan waren und derselben Spur folgten. Von diesen wurden einige mit ihrem Vorgänger des Lebens beraubt; die Übergebliebenen aber führte man an verschiedene Schädelstätten und Galgenfelder, wo sie viele ihrer Mitbrüder und Schwestern sehr jämmerlich umgebracht, verbrannt, versengt und an vielen Pfählen sahen, vor welchen sie jedoch nicht erschreckten, obwohl sie dieselbe Todesstrafe zu erwarten hatten, sondern sie waren wohlgemut, riefen Gott um Hilfe an, damit sie nicht im Leiden schwach werden, sondern bis zum Ende standhaft bleiben möchten.

Als solches geschehen war, endigten sie auch durchs Feuer ihr Leben.

Unser Herz schien hierüber brechen zu wollen, unsere Seele entsetzte sich und war mit Jammer über ihr Elend erfüllt. Als wir aber ihrer Standhaftigkeit gedachten, und dass sie nun für die erlittene Hitze Erkühlung bei Gott gefunden, ja, die selige Krone der unsterblichen Herrlichkeit zu erwarten hätten, so verschwand unsere Betrübnis und ein lieblicher Trost erfüllte unsere Seele, so dass wir zu ihrem Andenken diese Worte für uns und unsere übergebliebenen Mitbrüder aufschrieben:

Das schreckliche Opferfeur, die schimmernden Pfähle,
Die Schmach, die Zion leid’t, kann dem erwählten Volk
Nicht in dem Wege stehn, noch ängst’gen seine Seele;
Er traget Christi Nam’ in einer großen Wolk’,
Bis dass zuletzt die Flamm’ ihr Leben ganz verschlingt,
Wodurch die Seel’ wird frei und in den Himmel dringt.

Einige waren nicht nur beherzt, sondern gingen mit Freuden zum Tode, welches man an ihrem Betragen erkennen konnte. Andere gaben dieses mit Worten zu erkennen und redeten von dem Troste ihres Gemütes und von der fröhlichen Hoffnung ihrer Seele; als sie an die Brandpfähle gestellt wurden, viele, als man das Feuer anzündete, ja, als sie mitten in der Flamme standen, sangen mit lauter Stimme ihrem Gotte und Seligmacher zu Ehren, weil sie gewürdigt worden waren, um seines heiligen Namens willen aufgeopfert zu werden.

1.4  An meine geliebten Freunde und Mitgenossen

Wenn wir auch den Trost und die Freude derer mitteilen wollten, die dem Tode entronnen waren, und ohne Freunde und ohne Verwandtschaft, Hilfe oder Beistand in fremden Ländern oder einsamen Plätzen umherwanderten, so würde uns die Zeit zu kurz fallen, auch würden wir keine Worte finden, um solches alles nach Würde auszudrücken. Hier wird das Zeugnis Pauli wahr befunden, nämlich: »Dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.« (Röm 8,28)

Denn denen, die von Freunden und menschlicher Hilfe verlassen waren, wurde von den Engeln Gottes geholfen und fanden Schutz unter den Flügeln des Allmächtigen; diejenigen, welche keinen Wohnplatz noch Ruhe von außen hatten, fanden Ruhe und eine Wohnstätte des Vergnügens in ihren Seelen und Gemütern; diejenigen, die fast nackend gingen und keine Kleider hatten, waren sehr köstlich gekleidet, der Seele nach, mit dem Kleide der Gerechtigkeit, dem Rocke des Heils und den göttlichen Tugenden; diejenigen endlich, die ihr zeitliches Gewerbe verlassen, sich Geld und Gut und alles rauben lassen mussten und daher von außen in große Armut verfielen, besaßen große Reichtümer in sich, durch die Gnade Gottes, die sie empfingen, durch den Trost des Heiligen Geistes und das Wort des Herrn, welches sie höher achteten, als viele tausend Stücke Goldes und Silbers.

Die ungelegenen Jahreszeiten, die Hitze des Sommers, die Kälte des Winters, die Nässe des Frühjahrs und Herbstes, wie auch die Zufälle des Donners, Blitzes, Hagels, Schnees, Regens, Windes, Hungers, Durstes, Krankheit und unzähliges Ungemach, welche den Flüchtlingen in ihrer Armut und unter der Verfolgung begegnet sind, waren ihre angenehmen Erlustigungen und Erquickungen im Herrn, indem sie wussten, dass solches alles dermaleinst in Freude verwandelt werden würde, weil geschrieben steht: »Selig seid ihr, die ihr hier weinet, denn ihr werdet lachen.« (Lk 6,21) Desgleichen: »Dass man durch viel Leiden müsse in das Reich Gottes eingehen.« (Apg 14,22) An einem andern Orte: »So wir mit leiden, werden wir auch mit herrschen.« (2Tim 2,12)

Dieses machte sie mit dem Apostel reden: »Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, bringt eine ewige und über die Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das, was sichtbar ist, sondern auf das Unsichtbare.« (2Kor 4,17–18) »Ja, wir wissen, dass dieser Zeit Leiden nicht zu vergleichen ist mit der Herrlichkeit, die an uns soll offenbar werden.« (Röm 8,18) »Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn, darum wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.« (Röm 14,8)

Viele von ihnen würden selbst königliche Paläste nicht mit den dunkelsten und schwersten Gefängnissen oder Höhlen der Erde, worin sie sich verbergen mussten, vertauscht haben; die Wüste erschien ihnen wie angenehme Lustgärten; das Heulen der wilden Tiere, die sie umringten, wie eine angenehme Musik, oder Vogelgesang. Wasser und Wurzeln, oder trockenes Brot, konnte sie mehr erquicken als die köstlichste Speise und der Trank von dem Tische der Großen. Dieses alles hat ihnen die milde Hand Gottes verliehen; um ihres Glaubens Standhaftigkeit willen, wovon sie nichts abziehen oder abwendig machen konnte, um ihrer lebendigen Hoffnung

Willen, die in ihren Seelen das Verlangen nach den zukünftigen Gütern erweckte, so dass sie dadurch die gegenwärtigen gering achten und vergessen konnten, und wegen ihrer unauslöschlichen Liebe zu Gott, seiner heiligen Wahrheit, und zu ihren lieben Mitgenossen, wodurch ihre Seelen mehr entzündet worden sind, als ihre Leiber durch das irdische Feuer, ob sie schon zu Asche verbrannt worden sind.

Werden aber irdische Menschen dieses begreifen können? Wird wohl jemand unter ihnen diese Dinge glauben? Man sollte wohl denken, nein, denn wie sollte ein fleischlicher Mensch das empfinden, was des Geistes Gottes ist? Wie sollte jemand, der irdisch gesinnt ist, mit seinen Gedanken in den Himmel steigen können? Wie kann jemand das begreifen, was die Seligkeit ist, der selbst ganz unselig ist, und keine Lust hat, dieselbe durch Gottes Gnade zu erlangen? Welchen Brand der göttlichen Liebe kann der empfinden, dessen Herz ganz erkaltet ist, und der nichts als die Sünde und sündhafte Geschöpfe liebt? So halten wir denn dafür, dass dieses Dinge sind, welche die blinden, weltlich gesinnten Menschen nichts angehen, indem sie dieselben aus Unwissenheit nicht achten würden, sondern himmlisch Gesinnte, die (als geistige Adler) mit dem Auge der Seele die Geheimnisse Gottes anschauen, die ihre Speise bei Gott suchen und ihre Lust an seinen Heiligen und Geliebten haben, die ihr Leben für seine heilige Wahrheit gelassen.

Deshalb haben wir uns zu euch gewendet, sehr geliebte Brüder und Schwestern, die ihr mit uns und mit unseren getöteten Freunden, den seligen Märtyrern Gottes, eben denselben Glauben erlangt habt. Dieses Buch haben wir euch gewidmet, eine geringe Arbeit unserer Hände, und nichtsdestoweniger ein köstliches Kleinod, in Ansehung der Person und Sachen, die darin enthalten sind. Nehmt es denn mit der Liebe auf, mit welcher es euch zugeeignet worden ist. Leset es öfters und habt dabei dieselbe Andacht und Bewegung, die wir hatten, als wir dasselbe schrieben und abschrieben, dann können wir das feste Vertrauen haben, dass es an eurer Seele nicht unfruchtbar sein werde.

Vor allen Dingen aber wendet eure Augen auf die Märtyrer selbst, betrachtet ihren unbeweglichen Glauben und folgt ihrem Exempel nach. Ruth, die Moabiterin, sagte zu ihrer Schwiegermutter Naemi: »Rede mir nicht drein, dass ich dich verlassen sollte, und von dir umkehren. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch, dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden; der Herr tue mir dies und das, der Tod muss mich und dich scheiden.«Rut 1,16–17

Durch solche unzertrennliche Liebe, (sehr Geliebte in dem Herrn) sollten wir auch mit unseren seligen Mitgenossen, die um des Zeugnisses des Herrn willen getötet worden sind, verbunden sein und ihren Fußstapfen bis ans Ende folgen, denn der Gott, den sie bekannt und dem sie gedient haben, ist auch unser Gott; der Seligmacher, auf welchen sie ihre Hoffnung gestellt haben, ist unser Seligmacher; der Glaube, den sie sämtlich bekannt haben, ist unser Glaube (wir reden von den Taufgesinnten im Allgemeinen); die Gesetze und Gebote Gottes, welche sie zur Regel ihres Lebens machten, sind auch unsere Gesetze

und Gebote; sie hatten ihre Knie vor Gott gebeugt, sich mit den Reden ihres Mundes Gott sich zum Gehorsam verpflichtet, und die heilige Taufe darauf empfangen; dasselbe haben wir auch getan; sie haben versprochen, ihre ganze Lebenszeit, ohne abzuweichen, in dem Glauben und schuldigen Gehorsam zu verharren, ja, wenn die Not es erfordert, den Tod darüber zu leiden, dieses haben wir auch versprochen.

Welcher Unterschied ist nun zwischen uns und ihnen? Nur allein dieser, dass sie alle bis ans Ende, ja bis zu ihrem grausamen Tode, ohne links oder rechts abzuweichen, darin verharrt, wir aber noch nicht; sie haben das selige Vaterland, das milchreiche Kanaan, das wahre Land der Verheißung, in welchem Honig fließt, mit Gewalt eingenommen, was wir noch nicht getan haben; dadurch sind sie zur Ruhe, ja zum Herrn gekommen; wir aber sind noch in der Unruhe, und wallen in der Abwesenheit vom Herrn.

Darum, meine geliebtesten Freunde in Christo Jesu, lasst uns auch hierin unseren lieben getöteten Mitgenossen gleich zu werden suchen, um bis ans Ende in dem allerheiligsten Glauben, den wir mit ihnen bekannt haben, auszuharren. Ach, traget dafür Sorge; wachet über eure teuer erkauften Seelen! Es ist höchst nötig, ja nötiger, als in irgendeiner früheren Zeit.

Dass größere Gefahr in dieser Zeit, als in den blutigen und jämmerlichen Zeiten der Märtyrer vorhanden sei Es sind trübe Zeiten, in welchen wir leben; ja gewiss, es ist jetzt gefährlicher, als in der Zeit unserer Väter, die den Tod, um des Zeugnisses des Herrn willen, erlitten hatten. Nur wenige Menschen werden dieses glauben, weil der größte Haufe nur das Äußere und Sichtbare sieht, worin es nun besser, ruhiger und gemächlicher ist, aber wenige Menschen sehen auf das Innere, was die Seele betrifft, woran doch alles gelegen ist, »denn, wenn auch der Mensch die ganze Welt gewönne, und nehme doch Schaden an seiner Seele, was kann der Mensch geben, dass er seine Seele wieder löse?« (Mt 16,26)

Gewiss sind diese Zeiten gefährlicher, denn damals kam der Satan öffentlich durch seine Diener, ja am hellen Tage als ein grimmiger Löwe, so dass man ihn kennen und vor Zeiten sich noch vor ihm verbergen konnte; auch war seine Absicht größtenteils darauf gerichtet, den Leib zu verderben, nun aber kommt er gleichsam in der Nacht, oder in der Dämmerung in einer unbekannten und doch angenehmen Gestalt, und lauert in doppelter Weise auf das Verderben der Seele; teils um den alleinseligmachenden christlichen Glauben, teils um das wahre abgesonderte christliche Leben, das aus dem Glauben hervorkommt, unter die Füße zu treten, und wenn es möglich wäre, zu vernichten.

Auf der einen Seite offenbart er sich als einen Engel des Lichts, als ein freundlicher, lieblicher, ja göttlicher Bote, mit einem demütigen Angesichte, niedergeschlagenen Augen, in einem schlechten Kleide, wohnt abgeschieden von dem Gewühle der weltgesinnten Menschen, wie die heiligsten Leute, ja wie vor Zeiten die Märtyrer Gottes getan haben; die Worte sind zurückhaltend, zitternd und voller Listigkeit, als kämen sie aus einem tiefen Nachdenken, aus innerlicher Furcht und Sorgfalt, um sich nicht zu vergreifen und etwas wider die Wahrheit zu reden; ehe man sich versieht, beißt er zu, und zerreißt wie ein Wolf, der Schafskleider an hat, und beraubt die unschuldigen Lämmer Christi ihres köstlichen Glaubens, woran wenig, wie er vorgibt, gelegen ist, ohne welchen Glauben es gleichwohl unmöglich ist, Gott zu gefallen (Hebr 11,6), ja ohne welchen man (nach der

Bedrohung Christi) verdammt wird (Mk 16,16). Weil alles, wie Paulus berichtet, was nicht aus dem Glauben geschieht, Sünde ist (Röm 14,20).

Es jammert uns bis in die Seele, dass wir diese Zeiten erleben und also reden müssen. Ach Herr! Stärke unsern Glauben; hilf deinen schwachen Lämmern, die dir vertrauen, damit sie nicht im Irrtume verführt, oder von dem Grunde des allerheiligsten Glaubens abgewendet werden. Auf der andern Seite offenbart sich auf seine Antriebe die Welt gegenwärtig sehr schön und herrlich, mehr als in irgendeiner früheren Zeit, mit einer dreifach lieblichen Gestalt der Fleischeslust, der Augenlust und des hoffärtigen Lebens, welcher fast alle Menschen nachlaufen, um dieselbe als oberste Königin zu verehren; doch wird jedermann dadurch betrogen, ja viele sterben des geistlichen Todes, die von dem vergifteten Weine ihrer Wollüste aus dem goldenen Becher ihrer Gottlosigkeiten und Betrügereien getrunken haben.

Gleichwie der erste Anschlag auf den Glauben gerichtet ist, so ist dieser auf das wahre christliche Leben gerichtet. Hier ist große Gefahr; wer wird diesen Stricken entgehen können? Er muss wahrhaftig vorsichtig und auf seiner Hut sein, wenn er nicht dadurch überfallen und heimlich gefangen werden will. Das Fleisch selbst, welches wir an uns tragen, scheint hierzu geneigt zu sein; hier muss man fasten, wachen, beten und Gott um Beistand anrufen, sonst entflieht man nicht.

Viele der Alten (die da meinten, sie hätten gute Fürsorge getragen und ihre Pflicht wahrgenommen) sind dadurch betrogen worden; einige haben sich in einen sorglosen Schlaf einwiegen lassen, so dass sie weder auf sich selbst, noch auf ihren Beruf achtgaben; andere sind in Zweifel über die Wahrheit Gottes gefallen; jene haben sich ganz von Gott abgewandt; diese sind, der Seele nach, gestorben; wieder andere an Leib und Seele zugleich; einige haben sich in den Pfuhl der Ungnade Gottes über Hals und Kopf gestürzt, um seine Strafe leiblich, geistig und ewig zu fühlen.

Das sind keine Rätsel oder verdeckte Reden, was wir euch vortragen, denn wir sagen die Wahrheit, oder es müsste Gottes Wort gelogen haben; weil aber Gottes Wort nicht lügen kann, so ist es gewiss und unfehlbar, was wir gesagt haben, weil Gott in seinem Worte davon zeugt, ja dasselbe nachdrücklich und aufs Vollständigste zu erkennen gibt.

Wir wollen anderer Geschichten nicht gedenken, die dies gleichfalls beweisen, die wir aber unerwähnt lassen wollen, weil wir dieselben mit der Heiligen Schrift nicht in gleicher Würde halten.

Nota. – Als die Kinder Israel unter Pharao in Ägypten mussten Ziegelsteine brennen und schwere Arbeiten verrichten, waren sie Gottes eingedenk, ja schrien und riefen zu dem Allmächtigen, also dass es Gott jammerte. Siehe 2. Mose Kap 1,2,3. Aber als sie Gott hiervon erlöst und in ein gutes Land gebracht hatte, da es ihnen, dem Leibe nach wohl ging, vergaßen sie des Herrn und wurden wollüstig (5Mo 32,15). Man findet auch diesen Unterschied zwischen den Zeiten der Verfolgung und den freien Zeiten.

Nach der Römischen Übersetzung, Ps 90,6, (aber nach dem Hebräischen Ps 91) wird also gelesen: Vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Bekümmernis, die im Finstern schleicht, vor dem Anlaufe des Mittagsteufels wird dich Gott erlösen. Hierauf schickt sich was Paulus sagt: »Der Satan selbst verstellt sich in einen Engel des Lichts, darum ist es ja nichts sonderliches, wenn sich seine Diener verstellen, als wären sie Diener der Gerechtigkeit; derer Ende wird nach ihren Werken sein.« (2Kor 11,14–15) Davor werden wir von dem Apostel gewarnt. Das eitle schön erscheinende Wesen dieser Welt hat der Freund Christi, Johannes, mit einem dreifachen Angesichte abgebildet.

1. Der Fleischeslust; 2. Der Augenlust; 3. Hoffärtigen Lebens. Salomo malte solches ab als eine Hure, oder leichtsinniges Weib, die die Jünglinge an sich lockt, wild und ungebunden, deren Füße nicht können im Hause bleiben; die aber, so ihr folgen werden, wie ein Ochs zur Schlachtbank, zum gewissen Verderben, ja zum Tode und zur Hölle verführt (Spr 7).

Die Welt mit ihren Wollüsten ist es gewesen, die alles das große Unheil, wovon wir gesagt haben, von jeher hervorgerufen hat, und die auch viel tausend Menschen in Städten, Ländern, Königreichen, Kaisertümern, ja über den ganzen Erdboden in Trauer, Weinen und Wehklagen versetzt hat, nicht nur wegen ihres natürlichen Elendes, sondern auch in dem Gefühle des Zornes Gottes in ihren Seelen über die Größe und das Gewicht ihrer begangenen Sünden.

Wenigstens ist vor Zeiten die erste Welt durch weltliche Wollüste zu Grunde gegangen; Sodom, Gomorrha, Zeboim und Adama sind mit Feuer vom Himmel verbrannt, umgekehrt und verdorben worden; von dem üppigen und lüsternen Volke Israel sind in der Wüste, durch Schlangen, Feuer und andere Plagen, in vierzig Jahren über sechsmal hunderttausend zugrunde gegangen; die mächtigen Seestädte Sidon und Tyrus, die mit gestickten seidenen Segeln aus Ägypten ihre Schiffe zurüsteten, während die Ruderknechte auf elfenbeinernen Bänken saßen, wo mit unschätzbaren Reichtümern Handel getrieben wurde, und fast unbegreifliche Künste aus fleischlicher Begierde getrieben wurden, sind zu einem Steinhaufen gemacht, geschleift und dergestalt niedergerissen worden, dass die Fischer auf den Steinfelsen, worauf sie gebaut waren, ihre Netze, um sie zu trocknen, ausgespannt haben.

Ich will nicht von Jerusalem, Chorazin, Bethsaida, Kapernaum und andern mächtigen, üppigen und wollüstigen Städten reden, die mit allen ihren Einwohnern, die sich an Gott versündigt hatten, den Zorn Gottes getragen, und die Plagen seiner züchtigenden Hand zu ihrem Verderben empfunden haben, denn solches würde zu weitläufig sein. O grausame Gerichte Gottes! O schädliche Weltgesinntheit! O durchbeizende und einfressende Wollust, die so viel unaussprechliches Elend nach sich zieht. Hilf, Herr, dass unsere Seele aus allen diesen Gefahren errettet werden möge. Doch was würde es zu bedeuten haben, wenn allein die offenbaren Feinde des Herrn und seiner heiligen Wahrheit hieran schuld wären, so dass sie allein und niemand anders den Zorn Gottes hierdurch erweckten und über sich selbst brächten? Welcher Schaden könnte hierdurch geschehen? Kein sehr großer, denn jedes eingezogene und gottesfürchtige Gemüt würde sich vor ihrem Exempel hüten, wie vor einem grausamen Tiere, giftigen Schlangen und tödlichen Basilisken! Aber nun ist es so bestellt, dass selbst viele der bürgerlichen Leute, auch solche, die in der Religion oder dem Gottesdienste nicht ganz fremd sind, die auch, wie sie sagen, gern selig wären, und daher sich Gottes und seines Wortes (wiewohl sie nicht wahrhaftig erleuchtet sind) mit dem Munde rühmen, ihn loben und preisen, dennoch vieles an den Tag geben, wodurch die Einfältigen verführt werden, dass ihnen die Welt ein lieber Freund sei, ja dass dieselbe ihnen am Herzen

liege, weil fast alle ihre Werke auf ihren Dienst gerichtet sind, damit sie also den schön scheinenden aber betrüglichen Lohn dafür erlangen möchten. Daher entstehen denn die schändlichen und unbeschreiblichen Händeleien, die sich weit über die See bis in andere Teile der Welt erstrecken, und gleichwohl diejenigen, die solche lieben, nicht ersättigen, sondern im Gegenteile sehr gefährlich sind, dass dadurch das bereits Erworbene wieder verloren geht, andere betrogen, und dadurch Seele und Leib zugleich von ihren Gütern entblößt und derselben beraubt werden.

Viele große köstliche und geschmückte Häuser, trefflich aufgebaute Hofstätten, herrlich gepflanzte Baumgärten und andere zierlich eingerichtete Lustplätze und Landhöfe, die hin und wieder gesehen werden, sind hiervon kein geringes Kennzeichen. Die fremde Kleidertracht aus andern Ländern, ausländischen Stoffen, ungewöhnlichen Farben, oder in seltsamen Moden, wie es der Welt Weise und der Gebrauch der öffentlichen weltgesinnten Menschen, die so veränderlich sind wie der Mond, mit sich bringt, und welchen gering- und schlechtscheinende Menschen nachfolgen, bestätigt nicht wenig, was wir zuvor gesagt haben.

Große Mahlzeiten, glänzende Gastereien, Hochzeiten und Feste, mit allem Überfluss angefüllt, anzurichten und dieselben zu besuchen, wenngleich man sich nicht in Wirtshäusern finden lässt, wo man die milden Gaben des Herrn, die nicht anders als mit großer Dankbarkeit gebraucht werden sollten, und wovon den Armen ihr Teil von Rechtswegen auch zukommt, unnütz vertan und ohne alle Not durchgebracht werden, selbst von denen, die man Nüchterne und Mäßige nennt, gibt einen unwiderlegbaren Beweis von wollüstigen und üppigen Herzen; wie denn auch diejenigen, die öfter damit umgehen, nicht entschuldigt werden können, dass sie nicht nach dem Fleische leben sollten, von welchem Fleischesleben keineswegs Verheißungen der Seligkeit, wohl aber viel schwere Bedrohungen des Zornes und der Ungnade Gottes, ja der ewigen Verdammnis in den gesegneten Blättern des Wortes Gottes, worin nichts anderes als die Wahrheit enthalten ist, gefunden werden.

O wie sehr ist dieses von dem Leben eines wahren Christen verschieden, der sich selbst und seinen Lüsten abgesagt hat! Welch’ ein weiter Schritt ist zwischen dem Wandel dieser und der heiligen Märtyrer, die nicht allein ihre fleischlichen Begierden, sondern selbst Leib und Leben um des Herrn willen dem Tode übergeben haben! Aber wie groß wird dereinst der Unterschied zwischen dem einen und dem andern Teile sein, wenn die Ersten, weil sie ihr Gutes in diesem Leben genossen haben, von den wahren himmlischen Gütern werden ausgeschlossen, die Letzten aber, weil sie aus Liebe zu Gott ihre Güter, die ihnen zur Sünde hätten gereichen können, verleugnet und verlassen haben, zum wahren Gebrauche der himmlischen Güter und Wollüste, und das in Ewigkeit, werden zugelassen werden.

Hier findet dasjenige Anwendung, was von dem Tode des wollüstigen reichen Mannes und des armen Lazarus erzählt wird,

dass nämlich der reiche Mann, als er Lazarus in den Schoß Abrahams erhoben sah, sich aber in die Hölle gestürzt, folgendes über seine betrübte Wehklage zur Antwort erhielt: »Gedenke, o Sohn, dass du dein Gutes in deinem Leben gehabt hast, und Lazarus das Böse; aber nun wird er getröstet und du wirst gepeinigt.« (Lk 16,25) Gleichwohl kommen uns diese und dergleichen Exempel täglich vor Augen, welche deshalb um desto schädlicher und gefährlicher sind, weil sie von einigen Irdischgesinnten für Mitteldinge, die weder gut noch böse sind, und deshalb für erlaubt gehalten werden; aber es ist damit wie mit der Frucht des Baumes der Erkenntnis beschaffen, der mitten im Paradiese stand, welche zwar schön anzuschauen, aber tödlich im Gebrauche war, da sie dem, der sie aß, den Tod verursachte (1Mo 2,17). Oder wie die Äpfel, die in dem Sodomer Lande an dem Ufer des Toten Meeres wachsen, welche wohl ein schönes rotes und herrliches Ansehen haben, die aber inwendig, wie man schreibt, voller Asche und Staub, und daher ungesund zu essen, verderblich und der Natur schädlich sind.

Bibl. Namenbuch, gedruckt 1632. Fol. 881, Col. 2, über den Namen Sodom, aus Philippo Melanchthon; ferner Bernh. Bredenb. im Buche über Siddim; ferner H. Bunting Reisebuch der Heiligen Schrift, gedruckt 1642, Buch 1, Pag. 62,Col. 2.

Ach, dass sich der Satan zeigen möchte, wie er in der Tat ist, dass er auch der Welt in seiner wahren Gestalt und ohne Larve vorkäme; in Wahrheit, es würde sich niemand, der einigen Verstand hat, dadurch betrügen lassen, denn man würde an dem Satan nichts anderes als tödliche Stricke, Angel und Mordpfriemen der Seele, giftige Pfeile sehen, um alles was gut in dem Menschen ist, durch Unglauben, Abfall von Gott, unbußfertige Verhärtung und Verzweiflung zu töten, worauf endlich höllische Angst und verdammliche Bangigkeit folgt.

An der Welt würde man nichts als Eitelkeit, vermengt mit Verdruss, Jammer, Herzeleid und Elend, und das in so großem Überfluss sehen, dass wenn auch so viele Tränen darüber vergossen würden, als Wasser in dem großen Meere und allen Strömen ist, so könnte gleichwohl die große Betrübnis, die darauf folgt, nicht genügend ausgedrückt und zu erkennen gegeben werden, denn solches zieht nicht allein zeitliches, sondern auch ewiges und unendliches Elend nach sich.

Aber welch’ eine klägliche Sache! Dieses alles ist mit einem schönen Scheine bedeckt; der Satan scheint ein Prinz oder König zu sein, die Welt eine edle Prinzessin oder Königin; die Knechte und Mägde, die derselben als Edelknaben und Staatsjungfern nachfolgen und dienen, scheinen Junker und Edeldamen voller Freude und Ergötzung zu sein, wiewohl sie der Seele nach arm und hässlich, ja schlechter als die Bettler sind, und daher der wahren Freude ermangeln, die eine rechtschaffene Seele in Gott erfreut.

Deshalb ist hier große Gefahr, betrogen zu werden. O ihr rechtschaffenen Kinder Gottes! Seid auf eurer Hut, lasst eure Einfalt mit Vorsichtigkeit vereinigt sein, man zielt täglich auf euren Glauben und nach eurem Leben. Wird der Satan über euch Meister, so ist es um euren köstlichen Glauben getan, der euch so teuer als eure Seele anbefohlen ist; werdet ihr von der Welt überwunden, so wird sie eurem christlichen und tugendhaften Leben bald ein Ende machen, ohne welches der beste Glaube nichts nützt. Sorgt darum, o meine lieben Freunde, für beide zugleich, denn an dem einen ist so viel gelegen als an dem andern: Glaube ohne guten Wandel, oder ein guter Wandel ohne Glauben kann, wird oder mag vor Gott nicht gelten. Diese sind wie zwei Zeugen, die miteinander übereinstimmen müssen, wovon das eine ohne das andere nicht bestehen oder angenommen werden kann.

Da wir nun wissen, dass wir für beide sorgen müssen, so ist nichts übrig, als dass wir es vollbringen, welches Vollbringen aber man nicht nur anfangen, sondern auch nach dem Exempel der standhaften Märtyrer Gottes vollenden muss, in welcher Vollendung, es sei, dass sie natürlich ist, oder mit Gewalt geschieht, je nachdem es die Freiheit oder die Verfolgung mit sich bringt, wir unsern Trost suchen müssen, denn es ist gewiss, dass die Krone nicht am Anfange oder in der Mitte, sondern am Ende zu hoffen ist. Aber so nötig es ist, wohl zu vollenden, so nötig ist es auch, wohl anzufangen, und wenn man angefangen hat, wohl fortzufahren; denn es ist unmöglich, dass man ohne einen guten Anfang und einen guten Verlauf ein gutes Ende erreichen kann.

Wir reden zu euch, Geliebteste in dem Herrn, die ihr mit uns angefangen und mit uns eben denselben Glauben empfangen habt, und euch auch zum Beweise mit uns habt taufen lassen. Wir haben ja dem Herrn ein Gelübde getan, das wir nicht widerrufen können. Hierher gehört der Gesang Davids: »Opfere Gott Dank, und bezahle dem Höchsten deine Gelübde.« (Ps 50,14) Wir haben Christum, den Sohn Gottes, zu unserem Propheten, Priester und König, wie auch zu unserem Hirten, Freund und Bräutigam durch den Glauben aufgenommen; darin müssen wir fortgehen und stärker werden. Dieses lehrt uns Paulus, indem er sagt: »Wie ihr den Herrn Jesum Christum habt angenommen, also wandelt in ihm, und seid gewurzelt und erbauet in ihm, und seid fest im Glauben, wie ihr gelehrt seid.« (Kol 2,6–7)

Hierdurch sind wir aus der Finsternis der Unwissenheit zum wahren Lichte der Erkenntnis gekommen, und es ist uns befohlen, daran stets zu denken und solches niemals zu vergessen; dahin gehören die Worte: »Gedenket an die vorigen Tage, in welchen ihr erleuchtet wart und einen großen Kampf des Leidens erduldet habt.« (Hebr 10,32)

Überhaupt: »Wandelt nach einer Regel, darin ihr kommen seid, und seid gleich gesinnt.« (Phil 3,16)

»Erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den Heiligen Geist und betet und haltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unsers Herrn Jesu Christi zum ewigen Leben.« (Jud 20–21)

»Dem aber, der euch kann behüten ohne Anstoß, und stellen vor das Angesicht seiner Herrlichkeit unsträflich mit Freuden, dem Gott, der allein weise ist, unserem Seligmacher, sei Ehre und Majestät, und Gewalt und Macht nun und in alle Ewigkeit, Amen.« (Jud 24–25)

Hiermit wollen wir euch, geliebte Brüder und Schwestern, dem Herrn und dem Worte seiner Gnade anbefehlen, welcher mächtig ist, euch aufzubauen und das Erbe zu geben unter allen, die geheiligt sind.

Unsere Arbeit, die in diesem Teile zu eurem Besten angewandt worden, ist nun vollendet; lasst sie euch zum Guten gereichen, das ist unser freundlicher Wunsch.

Gedenket stets unser in euren Gebeten, bis wir aus diesem Leben wandern, damit uns Gott jetzt und in Ewigkeit gnädig sein möge. Dieses wollen wir auch auf unserer Seite gegen euch beobachten. Ach, Gott gebe, dass wir alle ohne Ausnahme einander von Angesicht in dem Königreiche Gottes möchten anschauen!

Unterdessen erfreuen wir uns in dem Heile des Herrn; denn es dünkt uns bisweilen, als ob sich der Himmel auf die Erde herunter ließe, oder als ob wir von der Erde in den Himmel stiegen, oder als ob wir, da wir noch unter Menschen wohnen, mit Gott und seinen heiligen Engeln zusammen wären, oder als ob uns die ewige, himmlische Freude, Glorie und Herrlichkeit angeboten würde, ja als ob wir den Vorgeschmack der Dinge genössen, die weder ein sterbliches Auge gesehen, noch ein Ohr gehört, oder ein Herz in diesem Leben ausgefunden hat.

Wir wandeln mit unsern Gedanken nicht mehr auf Erden, gleichwohl hat uns ein Erdenkloß, ein von Kot gebildeter Leib, eine schwere Last der Seele, umgeben. Ach, dass wir davon frei wären, und dass unsere Seele, von dieser Angst befreit, frei zu Gott in den Himmel, als ihrem wahren Ursprunge wiederkehren könnte, wie eine freigelassene Taube, die in einen fremden Schlag eingesperrt war, zu ihrem Neste und ihrer Wohnung wiederkehrt. Aber hierüber müssen wir die Zeit, die Gott bestimmt hat, abwarten.

Habt denn mit uns, wie wir mit euch, Geduld, Geliebteste in dem Herrn, bis auf den Tag, der uns gewiss gegeben wird, wenn wir bis ans Ende treu bleiben, worauf wir hier in der Hoffnung warten.

Alsdann werden in Wahrheit die Tränen, die wir hier unter dem Seufzen und Verlangen nach dem obern Heile Gottes vom Himmel geweint haben, von unsern Augen abgewischt werden; alsdann werden wir nicht mehr durch einen Spiegel sehen, sondern von Angesicht zu Angesicht; alsdann wird uns das himmlische Wesen nicht bloß in Gedanken oder im Geiste gezeigt, sondern wahrhaftig und tätlich durch Erfahrung geschenkt und mitgeteilt werden.

O eine große und teure Sache! Hier müssen wir aufhören; unser Verstand kann dieses nicht begreifen, unsere irdische Zunge kann dieses nicht aussprechen.

Euer Zugeneigter in dem Herrn, Th. J. v. Braght

Dortrecht, den 25. Juli 1659.

1.5  Anrede an die Leser im Allgemeinen

Gute Freunde und Mitbürger!

Man hat von jeher unter den Heiden den tapferen und siegesprangenden Kriegshelden, die ihr Leben im Feindesland aufs Spiel gesetzt und den Sieg davon getragen haben, die größte und meiste Ehre erwiesen.

So hat der Ausgezeichnetste unter denen, die in Griechenland der Helden Lob geschrieben haben, nämlich Homer, die Heldentaten Ulysses in 24 Büchern gepriesen und mit vielen Lobsprüchen ausgeschmückt.

Quintus Curtius hat die Heldentaten Alexandri, des Sohnes Philippi Macedonis, in 10 Büchern beschrieben, wie siegreich er Europa, Asia, India und die Länder gegen Morgen an dem großen Weltmeere überwunden und unterjocht hatte, bis er endlich sein Leben in Babylonia endigte.

Plutarchus hat ein großes Werk zum Lobe der durchlauchtigen und streitbaren Männer geschrieben; Titus Livius hat uns von den römischen Helden berichtet, und wie rühmlich sich einige für Romuli Vaterland hervorgetan haben. Virgilus Maro und andere lobten den Kaiser Augustus, welche Weise in allen Ländern, ja durch die ganze Welt, von jeher beobachtet worden ist und noch beobachtet wird.

Wir wollen jetzt nicht der Ehre und des Lobes gedenken, dass man in öffentlichen Schauplätzen denen, die als ein Opfer

der Götzen geschlachtet worden sind, lange Jahre nach ihrem Tode erwiesen hat, denn dieses würde zu weitläufig sein.

Gott aber in seinem Worte geht hierin noch höher und weiter; er hat den Streit, das Leiden und den Sieg seiner geistigen tapferen Helden, Kinder und Gunstgenossen auf das Beweglichste, Herrlichste und Siegreichste, zum ewigen Andenken der Nachwelt und insbesondere zur vollen Versicherung ihrer Glückseligkeit, beschreiben lassen, damit sie immer im Andenken bleiben und nimmer vergessen werden möchten.

Ja die ganze Heilige Schrift scheint nichts anderes als ein Märtyrerbuch zu sein, mit vielen, dem Fleische nach betrübten, aber dem Geiste nach fröhlichen Exempeln der heiligen und standhaften Märtyrer angefüllt, deren Leiden, Streit und Sieg auf das Heiligste und Würdigste dargestellt wird.

Hiervon aber wird auf verschiedene Weise nach der Würde ihrer Verdienste geredet.

Einige von ihnen haben viel erlitten und gestritten; aber nicht bis aufs Blut oder bis zum Tode, weshalb auch ihr Sieg und ihre Ehre nicht aufs Höchste erhoben wird.

Andere dagegen haben nicht nur bis aufs Blut und bis zum Tode gelitten und gestritten, sondern auch bis zum größten Leiden und bittersten Tode um des Namens des Herrn willen gekämpft.

Von der ersten Gattung werden wir zuerst reden, dann

aber von der andern; doch werden die Letzten die Ersten überwiegen. Abraham, der Vater aller Gläubigen, sowie Isaak und Jakob, denen der Besitz des Landes Kanaan von Gott verheißen war, lebten gleichwohl als Fremdlinge in dem Lande der Verheißung, worin sie zu Zeiten Hunger litten, auch Mangel an Wasser hatten und verfolgt wurden (Vgl. 1Mo 12,10; 26,20; 31,22–23 mit Hebr 11,9).

Mose, der ein Freund Gottes war, musste vor Pharao in das Land Midian flüchten, wo er sich bei einem Brunnen aufhielt (2Mo 2,15); später fehlte nur wenig, dass er von den Ungehorsamen in Israel gesteinigt worden wäre (2Mo 17,4).

David, der Mann nach dem Herzen Gottes, wurde einige Male bedroht, dass man ihn mit einem Spieße an die Wand heften wollte (1Sam 18,11; 19,10); ja es war so schlecht mit seinem Leben bestellt, dass er auch Jonathan klagte: »Es ist nur ein Schritt zwischen mir und dem Tode.« (1Sam 20,3) Darum hat er Gott oft um Hilfe angerufen, damit ihm der Tod nicht zur Unzeit angetan werden möchte; er sagte unter anderen Worten: »Schaue doch, und erhöre mich, Herr, mein Gott, erleuchte meine Augen, dass ich nicht im Tode entschlafe.« (Ps 13,4)

Zu Zeiten Ahabs und Isebels mussten wegen der Verfolgung hundert Propheten des Herrn flüchten, welche in eine Höhle versteckt und von Obadja mit Brot und Wasser gespeist wurden (1Kön 18,13). Elia musste aus demselben Grunde sich gegen Morgen an dem Bache Krit, der nach dem Jordan fließt, verbergen (1Kön 17,3). Nachher wurde ihm sein Leben so erschwert, dass er in die Wüste bei Beerscheba floh, sich unter einen Wacholderbaum setzte und also bat: »O Herr! Nimm doch meine Seele von mir; denn ich bin nicht besser, als meine Voreltern.« (1Kön 19,4)

Elisa oder Elisäus, dem Diener Elia, als er in der Stadt Samaria das Wort des Herrn verkündigte, schwur der König von Samaria, dass sein Haupt heute nicht mehr auf ihm stehen sollte (2Kön 6,31).

Der Prophet Micha, welcher dem König Israels im Namen des Herrn die Wahrheit geweissagt hatte, musste das Brot der Trübsal essen und das Wasser der Traurigkeit trinken, in einem Gefängnisse, in welches er gesperrt war, bis der König in der Schlacht sein Leben einbüßte (1Kön 22,27,37).

Jeremia wurde in eine Schlammgrube geworfen; er sank so tief hinein, dass er in Gefahr war, darin umzukommen, bis er durch einen Mohren, genannt Ebedmelech, erlöst wurde (Jer 38,13).

Amos wurde ein Meuterer gescholten, und ihm nicht nur die Stadt, wo er weissagte, sondern auch das Land der zehn Stämme Israel verboten (Am 7,10–13).

Alle diese und mehr andere haben zwar viel Leiden und Streit ausgestanden, aber nicht bis aufs Blut oder bis zum Tode.

Alle diejenigen, die wir aber jetzt anführen werden, haben des Todes Bitterkeit ertragen, und sind daher, in diesem Stücke, höher zu achten, als die Erwähnten, gleichwie es auch eine

schwerere Probe ist, am Leben zu leiden, als am Leibe oder an leiblichen Gütern, welches der einzige Unterschied zwischen den zuerst Erwähnten und diesen letzteren ist.

Dieses blutige Heerlager der geistigen Kämpfer, die bis aufs Blut und den Tod für den Herrn gestritten haben, hat mit dem Beginn der Welt seinen Anfang genommen, eben als ob die Heiligen Gottes zum Leiden und Streiten geboren wären, und als ob Gott seine Kirche von Anfang her und zu allen Zeiten, wie das Gold im Ofen, hätte prüfen wollen, damit die Lauterkeit derselben desto mehr offenbar werden möchte.

Im Anfange sieht man Abel, der, weil er aus seinem Glauben Gott ein Lamm zum Opfer brachte, von seinem Bruder Kain auf dem Felde getötet wurde (1Mo 4,8; 1Joh 3,12).

Viele Propheten Gottes mussten zur Zeit Ahabs und Isebels durch das Schwert der Widerspenstigen und Ungehorsamen in Israel ihr Leben lassen, so dass Elias meinte, er wäre allein übergeblieben (1Kön 19,14).

Als der Geist Gottes auf Zacharia, den Sohn Jojada, kam, und er zu den Ungehorsamen redete: »Warum übertretet ihr die Gebote des Herrn, das euch nicht gelingen wird; denn ihr habt den Herrn verlassen, so wird er euch wieder verlassen,« nahmen sie Steine und töteten ihn, nach des Königs Befehle, in dem Hofe an des Herrn Haus (2Chr 24,21).

Als Uria, der Sohn Schemajas von Kiriath-Jearim, im Namen des Herrn gegen die Stadt Jerusalem weissagte, wurde ihm nach dem Leben getrachtet, so dass er nach Ägypten floh; aber der König Jojakim ließ ihn holen, und tötete ihn mit dem Schwerte und begrub seinen Leib unter das gemeine Volk (Jer 26,20–23).

Drei gottesfürchtige Jünglinge, Sadrach, Mesach und Abednego genannt, die des Königs Nebukadnezars Bild nicht anbeten wollten, wurden mit ihren Mänteln, Schuhen, Hüten und andern Kleidern, wie sie gingen und standen, gebunden und in einen glühenden Ofen geworfen, worin sie verbrannt worden wären, wenn sie Gott nicht bewahrt hätte (Dan 3,21–23).

Der Prophet Daniel, weil er nicht den König Darius, sondern allein den wahren Gott Israels anbetete, wurde in eine Grube zu den Löwen geworfen, um von ihnen zerrissen zu werden; Gott aber hat ihn, wie die Obigen, beschützt (Dan 6,16).

Onias, der Hohepriester, der das Volk zu Jerusalem sehr löblich und friedsam in der Gottesfurcht leitete und regierte, sodass die fremden Könige sich bewogen fanden, die Stadt und den Tempel Gottes mit Gaben zu beschenken, wurde von Simeon, aus dem Stamme Benjamin, fälschlich beschuldigt, von seinem eigenen Bruder Jason aus seinem Amte verstoßen, und von dem meineidigen Andronicus gegen alles Recht und Billigkeit erstochen, was nicht allein die Juden, sondern auch viele Heiden verdrossen hat (2Makk 3,1–2; 2Makk 4,7,34).

Zwei Weibern, die ihre Kindlein, nach dem Gesetze Gottes, hatten beschneiden lassen, wurden die Kindlein an die Brüste gebunden, in der Stadt herumgeführt und endlich von der Mauer herabgeworfen (2Makk 6,10).

Einige, die sich in die Höhlen verborgen hatten, um den

Sabbat oder Ruhetag Gottes zu feiern, und sich gegen die Feinde nicht wehren wollten, wurden, als es Philippus dem Tyrannen angesagt wurde, verbrannt (2Makk 6,11).

Der alte neunzigjährige Eleazar, weil er nicht, gegen das Gesetz Gottes, verbotene Speise essen und der Jugend kein böses Exempel geben oder heucheln wollte, musste seine grauen Haare mit Blut ins Grab tragen und durch viele Schläge eines grausamen Todes sterben (2Makk 6,27–31).

Sieben Brüder wurden aus derselben Ursache mit Ruten und Riemen gegeißelt, die Zunge ihnen abgeschnitten, Hände und Füße ihnen abgehauen, in Bratpfannen gebraten, und so alle bis auf den letzten, mit ihrer Mutter, jämmerlich ermordet, die das alles angesehen hatte, und von dem Gesetze Gottes auch nicht abweichen wollte (2Makk 7).

Die Obigen, von Abel bis auf die Maccabäer, sind das eigentliche Kriegsheer Gottes und die Helden des alten Bundes, die ihr liebes Leben für die Ehre Gottes und das väterliche Gesetz nicht geschont haben.

Hierauf deutet der Schreiber des Briefes an die Hebräer hin, als er von der großen Wolke der Zeugen handelt, die durch den Glauben auf die Erfüllung der Verheißungen Gottes und auf die Zukunft des Sohnes Gottes im Fleisch gesehen, und alles Leiden und Streit, und zuletzt den Tod, tapfer und mit unverzagtem Herzen ausgestanden haben.

Aber, sagt er, die andern (nämlich die standhaften Heiligen Gottes, von denen wir geredet haben) haben Spott und Geißel, dazu Bande und Gefängnis erlitten; sie sind gesteinigt, zerhackt, zerstochen, durchs Schwert getötet, sie sind in Pelzen und Ziegenfellen umhergegangen und haben mit Mangel, mit Trübsal, mit Ungemach, deren die Welt nicht wert war, gekämpft (Hebr 11,36–38).

Die ganze Heilige Schrift, insbesondere das Alte Testament, scheint demnach nichts weiter als ein Märtyrerbuch zu sein, wie die obigen Beispiele, die wir ihr sämtlich entnommen und von denen wir noch andere anführen könnten, ersehen lassen.

Was die Helden des neuen Bundes betrifft, nämlich die nach der Zukunft Christi um des Zeugnisses des heiligen Evangeliums willen einen guten Streit (bis aufs Blut, ja bis zum Tode) gestritten, den Lauf vollendet und den Glauben, aller schrecklichen Pein ungeachtet, gehalten haben, so wäre es unmöglich, hiervon in der Kürze, nach der Würdigkeit der Sache, zu reden, besonders da dieses in den folgenden beiden Büchern,

worauf wir den Leser verweisen wollen, geschehen ist.

Dieses alles ist zum unvergänglichen Andenken der standhaften und seligen Märtyrer geschrieben, von welchen Gott nicht nur will, dass ihrer unter den Menschen stets gedacht werde, sondern die er selbst auch nie vergessen will, und also ewig ihrer in Gnade gedenken wird.

Vergleichung des Nachfolgenden mit dem Anfange dieser Beschreibung Wir haben zuvor von der großen Ehre geredet, die man den tapfern und siegreichen Kriegshelden zu erweisen pflegte, aber nicht einer von diesen allen, wie groß, mächtig, streitbar und siegreich derselbe auch gewesen sein möchte, oder mit welcher Ehre und Herrlichkeit er auch begrüßt worden wäre, konnte mit dem geringsten Märtyrer, der um das Zeugnis Jesu Christi willen gelitten, verglichen werden. Selbst alte, schwache Leute, Jünglinge, Mägdlein und solche, die man nicht achtete, ja die in der Welt in keinem Ansehen standen, haben unendlich mehr getan durch die Kraft ihres Glaubens, ihre brünstige Liebe zu Gott, und insbesondere durch ihre Standhaftigkeit bis zum Tode, wodurch sie alle sichtbare Dinge, wie Geld, Gut, Haus, Hof, Brüder und Schwestern, Eltern und Kinder, liebe Freunde und Verwandte, ja ihre eigenen Leiber und Leben, mit allem, was angenehm und dem Fleische gefällig ist, haben verlassen, ja verschmähen, ganz aus dem Sinne schlagen, vergessen und übergeben können, zum ewigen Abschiede bis zur Vollendung aller Dinge, während die andern, wenn es möglich wäre, solches mit Freuden genossen und behalten hätten, und es auch gern behalten würden.

Die Ehre also, die den heiligen Märtyrern zukommt, ist unendlich größer und besser, als die der irdischen Helden; gleichwie auch der Streit, den sie führten, unendlich nützlicher, und ihr Sieg, wiewohl er von Gottes Hand kommt, auch unendlich löblicher und würdiger gewesen ist.

Durch irdischen Streit werden Länder und Leute verdorben, die Unschuldigen getötet, die Flüchtigen ihrer Güter beraubt, was unter den Übriggebliebenen viel Weinen und Klagen verursacht hat; aber durch den Streit der Märtyrer, oder aber durch die Märtyrer selbst, ist der Länder und Leute Heil befördert worden, namentlich durch ihre brünstigen Gebete zu Gott für diejenigen, die sie beleidigten und für das Beste des gemeinen Wesens.

Das Leben der Unschuldigen, die sonst hätten sterben müssen, ja ihr geistliches und ewiges Leben wurde durch die Arznei ihrer guten Lehren, Ermahnungen, Exempel und ihres unveränderten Fortgangs bis ans Ende des Lebens erworben und erhalten.

Die Güter der Menschen im Allgemeinen, sowohl dem Leibe als der Seele nach, haben sie verbessert und vermehrt, und sie durch ihre Gerechtigkeit, Treue, Mildtätigkeit, Barmherzigkeit und unvergleichliche Güte gegen ihren Nächsten vervielfältigt.

Sie haben niemandem Ursache zu klagen oder zu weinen gegeben, auch niemandem den geringsten Schaden zugefügt, sondern sie sind jedermann, ja selbst ihren Feinden, mit einem freundlichen Betragen entgegengekommen, haben sie mit den Armen der Liebe umschlungen und ihnen Ursache gegeben, sich

zu freuen, sowohl äußerlich als innerlich, leiblich als geistig, hier, und wenn ihnen Gott gnädig wäre, auch dereinst.

O ein angenehmer Streit der niemanden beleidigt, sondern jedermann Gutes getan hat! O glückselige Helden, die diesen Streit geführt haben! Mit euch ist kein Prinz oder König zu vergleichen, denn die Ehre, die alle irdischen Helden auf Erden erlangt haben, wird mit der Erde verschwinden, eure Ehre aber ist eine ewige Ehre.

Anrede an die weltlich Gesinnten Kommt nun, ihr irdisch Gesinnten und ungöttlichen Menschen, lernet hier himmlisch und göttlich gesinnt zu werden; ihr Unbußfertigen, lernet hier Buße tun und an Jesum Christum glauben; auch müssen alle Eigensinnigen hierher kommen, die aus einer eigenen vorgefassten Meinung die äußeren Gebote und Ordnungen Christi nicht für nötig achten, sondern vorgeben, dass die Buße, der Glaube und ein sogenannter untadelhafter bürgerlicher Wandel genügen. Diese sollen hier lernen, dass die äußeren Gebote Christi müssen mit den inneren vergesellschaftet sein, das heißt, dass man sich auf seinen Glauben und Buße taufen lassen müsse, dass man des Herrn Abendmahl zu seinem Gedächtnisse halten müsse, denn hierin sind die heiligen Märtyrer ihnen vorangegangen.

Hier müssen die Zornigen Geduld und Sanftmut von den Geduldigsten und Sanftmütigsten lernen, welche die größte Pein und Schmach, ja den Tod selbst, ohne Murren ertragen haben. Hier wird die Sittsamkeit an den Ungezogenen, Niedrigkeit an den Hoffärtigen, Vergnügsamkeit an den Missvergnügten, Mildtätigkeit an den Geizigen, freiwillige Armut an den Unersättlichen, Verleugnung aller fleischlichen Lüste an denen, die nach ihren Lüsten leben, große Ehrfurcht vor dem Gottesdienste an denen, die denselben nicht achten; Standhaftigkeit in allem diesem bis an das Ende an denen, die wankelmütig und unbeständig sind, gelernt.

Dieses kann hier gelernt werden und zwar nicht sowohl mit Worten, als mit der Tat, von Menschen, die die obigen Tugenden nicht nur angefangen, sondern auch bis ans Ende durchgeführt, ja durch den Tod befestigt und mit ihrem Blute versiegelt haben.

An die Jungen, Mitteljährigen und Alten Überdies mögen Leute von jedem Alter zu dieser Schulübung der Tugend hinzutreten, Junge, Mitteljährige und Alte, welche alle durch lebendige Exempel von denen, die ihnen vorangegangen sind, zur wahren Gottseligkeit geführt werden können.

Die jungen Leute, die nach ihren Wohllüsten leben und nicht erleuchtet sind, werden hier sehen, dass viele ihres Alters, ja solche, die erst vierzehn, fünfzehn, achtzehn, zwanzig Jahre zählten und noch jünger waren, schon die Eitelkeiten dieser Welt und die Lüste der Jugend verlassen hatten; ja einige von ihnen so frühe, dass sie dieselben noch nicht erkannt, viel weniger ausgeübt oder begangen hatten; dass sie sogar mit dem Anfange ihrer

Erkenntnis ihres Schöpfers und Heilandes eingedenk gewesen seien, ihre jungen Glieder unter sein Joch gebeugt, seine Gebote angenommen haben, ihm von ganzem Herzen gehorsam gewesen sind, und sich freiwillig ihm übergeben, dass sie auch um seinetwillen ihr Leben bis in den Tod nicht geschont haben.

Die Mitteljährigen und Leute in der Blüte ihres Alters, die wie die festgewurzelten Eichen in Basan in irdische Händel und Haussorgen verwickelt und gefangen sind, und davon nicht losgemacht werden können, weil ihre Begierden von den Gütern dieser Welt nicht geschieden werden mögen, werden hier Leute in der Blüte oder Mitte ihres Lebens gewahr werden, die zwar viel hätten gewinnen können, die aber solches nicht suchten, damit sie den himmlischen Gewinn nicht entbehren müssten, die ein vergnügtes Herz hatten, mit Röcken von Fellen bekleidet waren, nur um der Kälte und Blöße zu steuern, die in Hütten oder geringen Häusern wider den Regen, Hagel, Wind und Schnee wohnten, und die Brot aßen und Wasser tranken, um Hunger und Durst zu stillen.

Sie werden erkennen müssen, dass diese vergnügten Leute die Kraft ihrer Leiber, den Wohlstand ihres Lebens und alles, was sie hatten, Gott übergeben hatten, so dass sie Mitglieder seiner Gemeinde geworden sind, mit welcher sie es für größeren Reichtum gehalten haben, die Schmach Christi, ja den Tod zu leiden, als die zeitlichen Wollüste der Sünde zu genießen.

Die alten Leute, die ihr junges Leben und bestes Alter versäumt haben und nun an die elfte Stunde gekommen sind und gleichwohl noch nicht in dem Weinberge des Herrn arbeiten, werden hier solche Personen sehen können, deren graue Haare eine Krone der Ehre sind, weil sie auf dem Wege der Gerechtigkeit gefunden werden, und die ihre geringen Kräfte ihres kurzen irdischen Lebens, ja ihren letzten Atem zum Dienste und Lobe ihres Gottes und Seligmachers aufopfern und darauf warten, dass sie nach der Stunde ihres Abschiedes und auf den Tag ihrer Erlösung dem Herrn ein angenehmes Opfer werden möchten. Sie verlangten, dass die Glocke zwölf schlagen möge, damit sie von dem Herrn eingelassen und an seine freudige Mahlzeit gesetzt werden möchten.

Alles dieses und unendlich mehr werden hier die weltlich gesinnten, unerfahrenen und ungläubigen Menschen gelehrt; ach, dass ein jeder derselben solches wohl beherzigen möchte!

Es ist leichter, durch gute Exempel, als durch gute Lehren bekehrt zu werden, weil die Exempel mehr Nachdruck geben, wiewohl man hier beide findet.

Lasset also jedermann herbeikommen, es wird wohl niemand gern unselig sein wollen; hier werdet ihr die Geduld, den Glauben und die Standhaftigkeit der Heiligen sehen.

Habt doch Mitleid mit euren armen Seelen, welche der Herr herzlich liebt und gen Himmel zu führen sucht, ja, für welche der Sohn Gottes sein teures Blut vergossen, und sie also sehr teuer erkauft hat. Diese Sache wollen wir euch, wie uns selbst aufs höchste anempfehlen. O Herr hilf! O Herr, laß es wohl gelingen.

Inzwischen ist es Zeit, dass wir uns zu dem Unterrichte wenden und zeigen, wie man dieses Werk wohl verstehen und gebrauchen soll.

Th. J. v. Braght

Dortrecht, den 27. Juli 1659.

1.6  Kurze Übersicht des ganzen nachfolgenden Werkes

Dieses ganze Werk besteht aus zwei Büchern, und diese beiden Bücher begreifen wiederum zwei verschiedene selbstständige Sachen in sich.

1. Die erste Sache umfasst eine historische Beschreibung der heiligen Märtyrer, die um der Taufe, oder überhaupt um des Zeugnisses Jesu Christi willen, gelitten haben.

2. Die zweite Sache ist eine Abhandlung über die heilige Taufe mit dem, was dazu gehört.

Diese beiden Gegenstände sind in allen Jahrhunderten von Christi Zeit bis auf unsere Zeit zwar kurz, doch deutlich beschrieben. Wir sind dabei der Ordnung gefolgt, dass wir in jedem Jahrhundert, oder hundertjährigen Zeit, zuerst von den heiligen Märtyrern, die damals gelitten, Anweisung getan haben.

Diesem folgt, dass in jedem Jahrhundert aus treuen und glaubwürdigen Schreibern von der heiligen Taufe, und wie damals die rechte Bedienung derselben verwaltet worden ist, Nachweisung gegeben wird, wobei wir jedes Mal unsere Anmerkungen, näheren Erklärungen, Widerlegungen der Einwürfe., hinzugefügt haben, so dass in jedem Jahrhunderte zuerst die heiligen Märtyrer und dann die heilige Taufe von Anfang bis zu Ende abgehandelt werden.

Dieses ist also eine kurze Übersicht und die Ordnung des ganzen nachfolgenden Werkes, welches wir bald näher erklären und die Ursache anführen werden, warum wir so zu Werke gegangen sind.

Von dem Titel dieses Werkes: Blutiger Schauplatz der Taufgesinnten Der erste Teil des Titels, welcher in den Worten Blutiger Schauplatz enthalten ist, wird wohl, unserem Bedenken nach, keinem sonderlichen Urteile unterworfen sein, weil es ausgemacht ist, dass alles, was hier verhandelt wird, so die Märtyrer betrifft, eine Darstellung des Blutes, Leidens und Todes derer ist, die um das Zeugnis Jesu Christi und ihres Gewissens willen ihr Blut haben vergießen lassen, und ihr Leben mit einem grausamen Tode vertauscht haben.

Aber der zweite Teil, welcher in den Worten die Taufgesinnten besteht, mag leicht eine Anfechtung leiden, indem es einige nicht werden zugeben wollen, dass die Taufgesinnten, oder wenigstens die Leute, die solches Bekenntnis, wie dieselben tun, durch alle Jahrhunderte, von Christi Zeit an bis auf diese Zeit gewesen seien, und was mehr ist, ihre Märtyrer gehabt haben sollten.

Doch um hiervon ordentlich und auf die beste Weise zu handeln, wollen wir zuerst von dem Namen, dann aber von der Sache reden.

Von dem Namen Taufgesinnte Der Name Taufgesinnte ist von ihnen nicht eigentlich

und freiwillig, sondern aus Not angenommen worden, denn ihr eigentlicher Name, wenn man die Sache wohl betrachtet, sollte sein Christgesinnte, Apostolischgesinnte oder Evangelischgesinnte, wie sie von jeher, ja vor vielen hundert Jahren genannt worden sind, und das darum, weil ihre Religion mit der Lehre Christi, der Apostel und des heiligen Evangeliums übereinkam, wie solches aus ihren Glaubensbekenntnissen zu ersehen ist, die sie von Zeit zu Zeit herausgegeben, welche wir auch, wenn es die Not erfordert, soweit wir dieselben kennen, zu verteidigen übernehmen, deren sich zwar auch viele andere rühmen; wie sie aber solches beweisen, lassen wir sie selbst antworten, und mag dann der Unparteiische und Verständige darüber urteilen.

Taufgesinnte hat man sie unlängst oder in den späteren Zeiten zu nennen angefangen, was von der heiligen Taufe herkommt, worin sie von allen andern Religionen der sogenannten Christenheit unterschieden sind; worin aber solcher Unterschied bestehe, soll bald in der Kürze und nachher auch in der folgenden Beschreibung ausführlich angegeben werden.

Wir hätten wohl gewünscht, dass man sie anders genannt hätte, nämlich nicht bloß nach der heiligen Taufe, sondern nach ihrer ganzen Religion; weil dem aber nicht so ist, so sind wir hiermit zufrieden, indem nicht der Name, sondern die Sache jemanden rechtfertigen muss. Daraus haben wir auch Veranlassung genommen, ihnen fortwährend diesen Namen beizulegen, damit man sie kennen und von andern Völkern unterscheiden möge.

Der Name Taufgesinnte hat seinen Ursprung, von der heiligen Taufe, wiewohl nicht der Name, sondern die Sache selbst jemand rechtfertigen muss. Israel ist vor Zeiten nach der Beschneidung genannt worden, weil alle Israeliten beschnitten wurden (Vgl. 1Kor 7,19 mit Gal 5,6 und 6,15). Paulus fragte die Römische Gemeinde, ob sie denn nicht wüssten, dass alle, die in Jesum Christum getauft (oder ihm durch die Taufe einverleibt) sind, in seinen Tod getauft seien (Röm 6,3; Gal 3,27; 1Kor 12,13). Unerachtet Philipp von Marnir, hernach T. Beza und nach ihm Menso Alting und Abraham von Doreslaer, wie auch die letzten Übersetzer der Bibel einen andern Verstand von den zwölf Männern zu Ephesus hatten, die von Johannes getauft, und nachher wieder getauft worden waren (Apg 19,1–3), so ist doch, soviel wir haben vernehmen können, vor Ph. Marnir Zeiten, ja in mehr als 1500 Jahren, niemand unter allen griechischen und lateinischen Lehrern gewesen, der gezweifelt hätte, ob sie Wiedertäufer gewesen seien, weil sie zuvor ohne Erkenntnis des Heiligen Geistes waren getauft worden. Es wäre nicht möglich, alle Stücke, die von der Lehre der rechtsinnigen Kirche von Christi Zeit an bis hierher handeln und herbeigebracht werden könnten, auch in dem größten Buche zu verfassen, darum haben wir uns allein oder hauptsächlich an die heilige Taufe gehalten.

Von der Heiligen Taufe, und warum wir diese vor andern Stücken in unserer Beschreibung hervorgehoben haben Wir haben die heilige Taufe mehr als irgendein anderes Stück oder einen andern Artikel des christlichen und evangelischen Gottesdienstes in unserer Beschreibung hervorgehoben.

1. Weil dieselbe das einzige Zeichen und der einzige Beweis der Einverleibung in die sichtbare christliche Gemeinde ist, ohne welche niemand, wer er auch sein mag, oder welchem Bekenntnisse er zugetan sein mochte, für ein wahres Mitglied der christlichen Gemeinde erkannt werden mag, und wenn er auch noch so abgeschieden und gottesfürchtig in seinem Leben sich zeigt.

Dieses wird mit einem ausführlichen Beweise, doch ohne Disputieren, in folgender Weise nachgewiesen und befestigt.

2. Weil dieses das einzige Stück ist, wovon es ohne Widerrede sich herschreibt, dass wir von andern Völkern mit dem Namen Wiedertäufer belegt werden, indem, weil alle andern christlich genannten Völker, jedoch ohne wahren Grund, das miteinander gemein haben, dass sie die jungen Kinder taufen, bei uns aber allein die Taufe, die mit dem Glauben und der Besserung des Lebens vereinigt ist, nach dem Worte Gottes, an Bejahrten gebraucht oder bedient wird, so folgt, dass bei uns auch solche Leute getauft werden, die in ihrer Kindheit die Taufe ohne Glauben und Buße empfangen haben, welche, wenn sie glauben und Buße tun, bei uns abermals oder recht getauft werden, weil ihre erste Taufe, die keinen Grund hat und außer Gottes Wort ist, bei uns für keine Taufe gehalten wird.

3. Weil die kaiserlichen Befehle (als einige sogenannte Christen zu tyrannisieren anfingen) zur Zeit Theodosii und Honorii im Jahre 413 ausdrücklich gegen die Wiedertäufer und Wiedergetauften, nämlich solche Leute, die den obigen Artikel behaupteten, wie auch die Taufgesinnten heutigen Tages, aufgesetzt und überall verkündiget wurden, wie solches auch in der letzten Verfolgung zur Zeit des Kaisers Caroli, des Fünften, welches mehr als elfhundert Jahre später, nämlich im Jahre 1535, geschehen ist, sich zugetragen, welche Befehle bestimmten, dass diejenigen, welche in ihrer Kindheit getauft waren, sich aber auf ihren Glauben und die Buße hatten wieder taufen lassen, oder diese Lehre behaupteten, mit einem schweren Tode bestraft wurden, wie aus unserer Beschreibung der Taufe und der Märtyrer auf die Jahre 413 und 1535 zu ersehen ist.

4. Weil es nicht wohl möglich gewesen wäre, alle anderen Stücke des christlichen Glaubens und Gottesdienstes, wie dieselben von Christi Zeiten an bis hierher durch alle Jahrhunderte nach der Weise der jetzigen Taufgesinnten geglaubt und belebt worden sind, ausführlich zu beschreiben, oder man hätte die Grenzen selbst des größten Buches überschreiten müssen, denn man hätte kein so umfassendes Buch drucken oder anlegen können, dass man dieses alles darin hätte aufnehmen können. Darum haben wir im Schreiben stets das richtige Maß halten müssen, damit wir nicht zu weitläufig werden und die Grenzen eines mäßigen Buches überschreiten möchten.

Von der Ursache, warum wir die heilige Taufe und die Ordnung der Taufgesinnten von Christi Zeiten an bis hierher angewiesen haben Man hat vor hundert Jahre, wie auch noch auf den heutigen Tag, die Leute überredet, dass die Taufgesinnten, die man verächtlich Wiedertäufer nennt, erst kürzlich entstanden seien, und zwar von einigen Irrgeistern, einige sagen von den Münsterischen, deren fabelhafter Glaube, Leben und Wandel von den wahren Taufgesinnten niemals gebilligt worden ist, denn es wird niemand beweisen können, dass die Religionsartikel der Münsterischen, womit sie der Welt die Augen geöffnet haben, und welche in Unruhe, Aufruhr und dergleichen bestehen, jemals von einer rechten Kirche der Taufgesinnten, oder von irgendeinem bekannten Mitgliede derselben, so viel wir davon haben erfahren können, angenommen und für gut erkannt worden wären, vielweniger, dass sie dieses Bekenntnis getan und darnach gelebt hatten.

Sie haben im Gegenteile von der Zeit an, und nach derselben, immer erklärt, dass sie mit ihnen oder ihrem Handel nichts zu schaffen haben wollten, und einander ermahnt, solchen Wegen keineswegs zu folgen; denn diese konnten weder vor Gott, noch vor seinem Worte, noch vor dem Gemüte eines wahren, sanftmütigen Christen bestehen, weil sie gegen das Evangelium Christi und den allerheiligsten Glauben streiten.

Doch wenn man mit gleicher Münze zahlen wollte, so könnte man auch sagen, die Münsterischen wären diejenigen, welche den Krieg billigen und vorgeben, dass man seine Religion mit dem Schwerte fortpflanzen und beschützen müsse, denn dieses ist’s, was sie getan haben; von uns aber wird solchem mit Herz, Seele und Gemüt widersprochen.

Gleichwohl hat man die Leute das Erzählte glauben gemacht; deshalb haben nicht wenig schlechte Leute ohne Übung und Unterricht, nur weil ihr Pfaffe, Prediger oder Lehrer solches sagte, die oben angeführte Meinung gefasst und aufgenommen, woraus zu Zeiten viele Lästerungen gegen die von jedermann verachteten und verschmähten sogenannten Wiedertäufer hervorgegangen sind und noch gegenwärtig hervorgehen.

Wir aber, um zu zeigen, dass die Lehren der Taufgesinnten, und insbesondere der Artikel, warum ihnen der Name Wiedertäufer gegeben wird, nicht von den Münsterischen oder von andern Irrgeistern entsprossen, die in den letzten Zeiten entstanden, sondern aus der Quelle der Wahrheit, aus Christo und seinen Aposteln hervorgegangen sind, haben ihren Anfang in die Zeit Christi gesetzt und angegeben, dass damals dieser Artikel nebst andern des christlichen Gottesdienstes gelehrt und belebt worden sei, wie auch solches nach dem Tode der Apostel durch alle Zeiten bis auf unsere Zeiten geschehen ist.

Nun wird es darauf ankommen, dass wir den Grund angeben, warum wir dieses Werk mit allen Personen, die darin begriffen sind, nach den Taufgesinnten genannt haben, weshalb (als die zweite Sache) man die Frage aufwerfen könnte, ob denn alle angeführten Leute, sowohl Bekenner als Märtyrer, keinen ausgenommen, dieses Bekenntnis getan hatten, das heutigen Tages die Taufgesinnten tun. Und ob nicht jemand in dem einen oder andern Artikel etwas höher oder geringer, mehr oder weniger geglaubt, bekannt und unterhalten habe.

Nota–Überdas, dass die Taufgesinnten nicht aus den Münsterischen hergekommen, sondern durch alle Zeiten des Evangeliums gewesen sind, wie zur Genüge gezeigt worden ist, kann der verderbliche und böse Handel, der zu Münster um das Jahr 1534 geschehen ist, mit Recht nicht auf die Rechnung der Taufgesinnten gesetzt werden (die sich damals als unschuldige Tauben, die vor den Klauen des Habichts und der Raubvögel in die Steinritzen und hohlen Bäume fliegen, heimlich und verborgen aufhalten mussten), sondern auf das Register einiger lutherischen Prediger, von welchen einer, namens Jan von Leyden, die Wiedertaufe gelehrt und sie ihnen angeraten hat. Der Handel hiervon hat sich aber, zufolge der Beschreibung verschiedener alter bewahrter Schreiber, also zugetragen:

Im Jahre 1532 fing Bernhard Rotmann, ein lutherischer (damals evangelisch genannter) Prediger an, in Münster bei der St. Mauritii-Kirche, gegen die Lehre der Papisten zu predigen; als aber solches die Papisten in Münster erfuhren, gaben sie ihm Geld, dass er davon ziehen möchte.

Aber einige Monate nachher, als es ihn gereute, kehrte er zurück und bekam solchen Zulauf, dass er, weil verschiedene der Vornehmsten der Stadt Münster auf seiner Seite waren, seinen Predigtstuhl vor der Kirchentüre aufrichtete und begehrte, dass man ihm auch die andern Kirchen öffnen möchte, um diese Lehre desto mehr auszubreiten; wo aber solches nicht geschehe, solle man es mit Gewalt tun. Unterdessen kam den 14. Februar 1533 Jan von Leyden, ein fremder, seltsamer und eingebildeter Mensch (der, obwohl er die Taufe auf den Glauben behauptete, doch in fast allen übrigen Dingen mit den Taufgesinnten nicht einig war) nach Münster, und brachte es (um es kurz zu machen) nach vielen Reden und Widerreden so weit, dass nicht allein Bernhard Rotmann, der ihm anfangs widerstanden hatte, sondern auch sein Mitgeselle H. Staprede und verschiedene andere gegen den Gebrauch der Kindertaufe zu predigen anfingen; da im Gegenteil Jan von Leyden von ihnen, und insonderheit von B. Rotmann, die Lehre lernte, dass man seine Religion wohl mit äußerlichen Waffen beschützen und fortpflanzen möchte. Unterdessen hat die Obrigkeit, die merkliches Unheil befürchtete,

das hieraus zu erwarten stände, diejenigen, die die meiste Ursache hierzu geben schienen, aus der Stadt verwiesen, welche zwar hinaus gingen, aber, auf Rotmanns Antrieb, durch einen andern Weg wieder hinein kamen.

Endlich kam es so weit, dass sich die Vorgemeldeten und mehrere andere Verteidiger der lutherischen (oder verkehrt genannten evangelischen) Lehre, die in Ansehung der Taufe mit Jan von Leyden einig geworden waren, zusammenrotteten und sich vornahmen, die Religion aus dem Grunde wieder herzustellen, und dass man zu dem Ende, weil solches in der Stille nicht geschehen könnte, die Macht der Waffen gebrauchen und in Münster den Anfang machen sollte.

Hier wurde nun Jan von Leyden zu einem Haupte aufgeworfen, und durch B. Rotmanns Ausschreiben aus den umliegenden Plätzen viel unerfahrenes, unwissendes und schlechtes Volk entboten, um die vorgemeldete Restitution oder Erneuerung, die man ihnen doch im Anfange nicht zu erkennen gab, ausführen zu helfen, mit dem Versprechen, dass sie ihre Güter, die sie um deswillen verlassen würden, in Münster zehnfältig wieder haben sollten.

Man widersetzte sich alsbald der Gewalt des Bischofs und machte Bollwerke; man suchte sich nicht allein zu beschützen, sondern auch die Widersacher, nämlich die recht römisch gesinnt und papistisch waren, zu vertilgen, aber es hatte einen ganz andern Ausgang, als ihre Absicht war, indem sie eine Niederlage erlitten, und der Bischof, mit denen aus der Stadt, den Sieg erhielt.

Rotmann selbst (nebst dem, dass seine Mitgenossen in gleiche Not kamen) verzweifelte an seinem Leben und lief unter die Feinde, um von ihnen getötet zu werden, damit er nicht, wie Jan von Leyden widerfuhr, lebendig gefangen werden möchte, um ein schändliches Ende zu nehmen.

Dies ist das Trauerspiel des Handels zu Münster gewesen, dessen Erregung, Fortgang und Ende nicht den sogenannten Wiedertäufern, sondern den neulich entstandenen Lutheranern, und insbesondere B. Rotmann und den Seinen, zugeschrieben werden mag und muss.

Denn die vorgemeldeten Lutherischen hätten, wenn die Erneuerung nur geglückt wäre, sich nicht geschämt, sondern vielmehr gerühmt, und den Wiedertäufern die Ehre davon nicht gelassen. Davon ist dieser alte Vers gemacht:

Hätte die Herrliche Wiederbringung nur geglücket, Man würde die verachteten Wiedertäufer nicht mit solcher Ehr’, Sondern den Luther oder jemand mehr, Durch Rotmann’s Gewehr, zum Herrn gekrönet haben sehr.

Vergleiche das Buch Unschulds-Pfeil, gedruckt zu Haarlem im Jahre 1631, angehängt an die Martergeschichte, kurz vor der Einleitung, mit verschiedenen Zeugnissen Bernhardi Rotmanni, Godofredi Stralensis, Rollii und anderer lutherischer Lehrer in Münster, deren eigenhändige Schriften, die hiervon geschrieben und kurz nach diesem Handel im Druck öffentlich herausgegeben wurden, auch uns zu Händen gekommen sind. Desgleichen die Anmerkungen Melanthonis, Guidonis, Sleydani, wie auch im großen Atlas die alte Auflage.

Dieses wollen wir im Einzelnen, wie folgt beantworten:

Ursachen, warum wir dieses ganze Werk nach den Taufgesinnten genannt haben Die Ursache, welche uns dazu bewogen, ist eine zweifache:

1. Weil wir klar erwiesen, dass in allen Jahrhunderten vom Anfange des Evangeliums Personen gewesen, welche die heilige Taufe nebst anderen Stücken, die in den Zusätzen angeführt sind, wovon die Taufgesinnten ihren Namen haben, auf dieselbe Weise wie die Taufgesinnten geglaubt, gelehrt, ein jeder zu seiner Zeit seine Zeitgenossen darin unterrichtet, es ihnen eingepflanzt und dieselben darin gestärkt haben, wie in der ganzen Beschreibung und insbesondere in den ersten fünfzehnhundert Jahren nachgesehen werden kann.

2. Weil wir bei glaubwürdigen Schreibern von den Personen, die wir als wahre Zeugen angeführt, nichts gefunden haben, das gegen die erwähnte Lehre der Taufgesinnten streitet; aber wenn ihnen etwas zum Nachteil angeführt worden ist, das mit der Aufrichtigkeit ihres bekannten Glaubens streitet, so haben wir erwiesen, dass die Zeugen nicht glaubwürdig oder bewährt sind, oder dass die Dinge, deren sie beschuldigt werden, bei ihnen nicht nach, sondern vor ihrer Bekehrung stattgehabt haben, oder dass sie zeitweise darein verfallen sind, aber vor ihrem Tode sich wieder davon abgewendet und woraus solches alles erhellt.

Wenn wir aber gefunden haben, dass jemand in der Tat neben dem bekannten Glauben mit auffallenden Irrtümern, oder gar mit Missetaten behaftet gewesen, ohne dass obige Entschuldigungen bei ihnen stattgehabt, so haben wir solche ganz übergangen und nicht angeführt, damit wir die frommen und heiligen Zeugen Christi mit ihrem unreinen und unheiligen Sauerteige nicht verunreinigen möchten.

Antwort auf die Frage, ob die angeführten Leute, die in diesem Werke begriffen sind, keinen ausgenommen, dasselbe Bekenntnis getan haben, das heutigen Tages bei den Taufgesinnten gefunden wird Hierauf sagen wir, dass ein Unterschied zwischen den ersten und letzten Märtyrern gemacht werden müsse; nicht als ob sie im Glauben verschieden gewesen seien, denn dergleichen ist uns nicht vorgekommen, sondern weil sie nicht alle über dieselben Artikel des Glaubens verhört worden sind, und daher nicht alle auf gleiche Weise geantwortet haben, und zwar um deswillen, weil einige unter den Heiden, andere unter den Juden, Mohammedanern, und noch andere unter den falschen Christen, nämlich den Römischgesinnten, gelitten haben.

Die unter den Heiden gelitten haben, sind meistens über den ersten Artikel des christlichen Glaubens verhört worden, worin wir bekennen: Ich glaube an einen Gott, den Vater, den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erden.

Wenn nun die gefangenen Christen dieses allein bekannten, nämlich, dass sie an einen Gott glauben, so wurden sie zum Tode verurteilt, weil die Heiden an viele Götter glaubten.

Die unter den Juden und Mohammedanern gelitten haben, wurden über den zweiten Artikel verhört, worin, wir also sagen: Und ich glaube an Jesum Christum, den eingeborenen Sohn Gottes, unsern Herrn, der empfangen ist vom Heiligen Geiste. Als sie dieses bekannt hatten, mussten sie des Todes gewärtig sein, weil die Juden und Mohammedaner Christum nicht für den Sohn Gottes, viel weniger für seinen eingeborenen oder eigenen Sohn erkannten, und dass er vom Heiligen Geiste empfangen worden sei.

Um dieses Artikels willen sind auch viele Gläubige unter den Arianern getötet worden.

Die unter den falschen Christen, besonders unter den Römischgesinnten, gelitten haben, wurden fast über alle Glaubensartikel verhört, die zwischen uns und ihnen streitig sind,

namentlich über die Menschwerdung Jesu Christi, das Amt der weltlichen Obrigkeit, den Eidschwur, aber vor allen Dingen über den Artikel von der heiligen Taufe, nämlich ob sie die Kindertaufe leugneten, ob sie wiedergetauft wären, welches letztere ihnen gewöhnlich den Tod zuzog, so dass man bald das Todesurteil über sie fällte und ihnen vom Leben half.

Außer diesen Artikeln, worüber sie auch unter Zwinglii und Calvini Nachfolgern gelitten haben, wurden ihnen auch von den Papisten, es sei, um sie zu verleugnen oder zu bekennen, die mancherlei päpstlichen Satzungen, die über und wider den allerheiligsten Glauben zu Zeiten aufgekommen sind, und den unschuldigen, schlecht- und rechtsinnigen Menschen als zur Seligkeit nötige Stücke aufgedrungen worden, vorgelegt; dahin gehört die Anrufung der verstorbenen Heiligen, die Opfer für die Toten, die Prozessionen und Wallfahrten nach der Heiligen Gräber, die Verehrung und Begrüßung der mit Händen gemachten Bilder, die Messen, Nachtwachen, gesetzte Nachtwachen in den Kirchen, Korallengebete, es sei Pater Noster, Ave Maria, Rosenkränze oder andere, die Bezeichnung mit dem Kreuze, das Besprengen mit Weihwasser, das Kronenscheren, die weiße, graue, schwarze oder andere Kleidertracht, das Messgewand und viele unzählige andere Dinge, die nicht alle aufzuzählen sind.

Wenn nun die rechtsinnigen Märtyrer über diese und dergleichen Sachen von den Papisten verhört wurden, waren sie genötigt, hierüber ihre Erklärung zu geben, und dabei ihre Glaubensartikel, die dagegen streiten, zu erörtern, weshalb bei solcher Gelegenheit oft der ganze Grund und alle Umstände des seligmachenden Glaubens, den sie mit uns gemein hatten, verhandelt worden ist.

Dies ist die Ursache gewesen, dass nur die Märtyrer, die unter den falschen Christen, insbesondere unter den Papisten, gelitten haben, fast von allen Glaubensartikeln Bekenntnis getan hatten, wogegen die übrigen, obwohl sie treue und aufrichtige Bekenner der evangelischen Wahrheit waren, die unter den Heiden, Juden oder Mohammedanern ihr Leben gelassen, sehr wenig bekannt haben, weil sie darüber nicht verhört worden sind.

Außerdem war in den ersten Zeiten nicht Streit über so viele Glaubensartikel, als wohl in den letzten, welches daher kam, dass im Anfang nicht so viel Abtrünnige und andere Religionen waren, als wohl später, weshalb auch der Artikel, worüber sie sich erklären mussten, gegen diejenigen, die solchem widersprachen, im Anfange nicht so viel gewesen, als wohl nachher, wo viele Kirchen aufkamen, und ein jeder die seine verteidigte, von welchen die Rechtsinnigen (durch ihr Bekenntnis, in den streitigen Glaubenssachen) sich unterscheiden mussten.

Darum soll sich kein wahrer Christ der jetzigen Taufgesinnten daran stoßen, dass die ersten Märtyrer so viele Glaubensartikel nicht bekannt haben, als die letzten, oder als nun bekannt werden, was, wie angeführt ist, seinen genügenden Grund hatte.

Indessen wissen wir auch, womit wir völlig zufrieden

sind, dass, obschon aus obiger Ursache, der eine weniger, der andere aber mehr in Glaubenssachen bekannt, sie gleichwohl in Ansehung des Zweckes und der Meinung nicht voneinander verschieden gewesen sind; wir reden von Sachen, die ein merkliches Gewicht haben, und die als zur Seligkeit nötig gehalten werden können.

Wenn es aber gleichwohl geschehen sein möchte, dass einer oder der andere, wovon wir jedoch nichts wissen, wegen des Verfalles oder der Dunkelheit der früheren Zeiten, es sei im Glauben oder der Erkenntnis, nicht recht erleuchtet gewesen, und merkliche Schwachheiten oder Gebrechen gehabt, gleichwohl aber den wahren Grund zur Seligkeit, das ist Christum, behalten hat und in einem guten Vorsatze zur Ehre Gottes, zur Erbauung seiner Brüder, und über alles zur Erhaltung seiner eigenen Seele (wiewohl schwach und mangelhaft) gestorben ist, und sein Leben durch einen gewaltsamen Tod gelassen hat, so sollte man einen solchen hierin (nach der Art der Liebe) verteidigen und seiner sehr guten Absicht und, seiner gänzlichen Verleugnung sowohl seiner Güter als auch seiner selbst willen, für einen wahren Märtyrer halten, wofür der Herr das ewige Leben, ja die Krone des Lebens verheißen hat (Mt 19,29), verglichen mit Offb 2,10: »Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.«

Dieses ist es, was wir für gut befunden haben, von dem Titel und Inhalte dieser beiden Bücher zu sagen; ehe wir aber davon scheiden, wollen wir in der Kürze anführen, welche Beschaffenheit es mit dem vorhergehenden oder alten Werke habe.

Angabe von den Umständen dieses Werkes Unsere Meinung war, das zweite Buch ganz unverändert zu lassen, nämlich die Beschreibung der Märtyrer vom Jahre 1524 an bis auf das Jahr 1614, wie es zuvor zum Gebrauche unserer Glaubensgenossen herausgegeben worden ist, ohne dass wir uns vornahmen, noch einige Märtyrer von demselben Glauben, an dem Orte, wo es passen möchte, hinzuzufügen. Aber wir haben hiervon abgehen müssen, weil wir (ausgenommen die

Beschreibung des ganzen ersten Buches) nicht nur einige, ja viele, Märtyrer in den zweiten Teil gebracht haben, sondern weil viele Todesurteile der gemarterten Personen, die wir erst neulich erlangt hatten, mit denen, die in dem alten Buche aufgezeichnet waren, in der Jahreszahl und andern Umständen nicht ganz übereinkamen, so dass einige voneinander sehr abwichen, welches daher entstanden ist, dass, als die Märtyrer getötet wurden, oft die übrig gebliebenen Gläubigen desselben Ortes (um der gegenwärtigen Gefahr willen) zerstreut waren, weshalb weder die Zeit noch die Weise, wie sie getötet worden sind, aufgeschrieben werden konnte. Deshalb haben wir überall, wo wir solches wahrgenommen, die zuvor aufgesetzten Sachen wieder aufs neue umgearbeitet, und nach der Zeit und den Umständen, wie sie in den Todesurteilen durch die Papisten und andere Blutgerichtsschreiber angegeben sind, eingerichtet, damit auch die Widersacher, wenn es möglich wäre, durch ihre eigenen Zeugnisse, oder durch die Vergießung des Blutes der Heiligen überzeugt werden möchten.

Dieses ist uns keine geringe Last und Beschwerde gewesen, doch haben wir uns durchgearbeitet und sind zum Ende gekommen (dem Herrn sei Dank für seine Gnade), wie aber solches geschehen sei, darüber kann ein Unparteiischer und Verständiger Richter sein.

Unterdessen halten wir für gewiss, dass wir nicht ungetadelt bleiben werden, die Welt ist es nicht anders gewohnt, weil sie böse ist, als das Gute zu tadeln. Auch haben wir uns nicht vorgenommen, einem jeden zu gefallen, sondern die Wahrheit zu schreiben, welches wir auch ohne Affekte, Vorurteile und Parteilichkeit getan zu haben hoffen.

Ist aber jemand mit diesem Werke unzufrieden, der soll wissen, dass wir solches nur für uns selbst und die Zugeneigten geschrieben haben; der widrig Gesinnten aber nehmen wir uns nicht an, darum werden wir uns trösten, was uns hierüber begegnen möchte. Gott und ein gutes Gewissen soll unsere Stütze sein.

Kann ich dem Neidhard nicht entgehen, Der immer nur zu, tadeln pflegt, So soll mein Herz doch furchtlos sehen Auf Gott, der weiß, was mich bewegt. Ja, Herr, Du kennest meine Sinnen, Ich leg’ dir alles in den Schoß: Drum muß der blasse Neid zerrinnen. Ich lebe frei und sorgenlos.

Gleichwohl soll es fern von uns sein, dass wir uns von Irrtümern ganz frei halten sollten. Kein Mensch in der Welt ist so gewiss, dass er nicht sollte fehlen können. Wir halten es für gewiss, dass hie und da gefehlt worden sei (wiewohl nicht vorsätzlich, sondern unabsichtlich), um so mehr, da wir dieses größtenteils im Elende, schweren Krankheiten, ja auf dem Siechbette, wo uns der Tod drohte, aufgesucht und beschrieben haben; deswegen sollte man uns auch hierin entschuldigen, obschon wir dieses (um der Wahrheit willen) nicht fordern.

Würde uns aber jemand einige Fehler nachweisen, er sei auch, wer er sei, wenn es nur treulich und aufrichtig zugeht, so wollen wir die Sache überlegen, von dem Bösen ablassen und dem Guten folgen; wenn wir aber merken, dass nicht Aufrichtigkeit und Treue (das ist Liebe zur Wahrheit) sondern Neid und Missgunst, aus vorgefasster Parteilichkeit gegen unseren Glauben, Werkmeister hiervon sind, so wird dasselbe nicht Eingang bei uns finden, sondern wird eine Veranlassung sein, dass wir in demjenigen, was wir aufgesetzt haben, folglich auch glauben, nur um desto mehr gestärkt und versichert zu werden.

Es darf sich auch niemand Rechnung machen, wer dieses Buch (so viel das Werk betrifft, das wir geschrieben haben) an der einen oder andern Stelle und nicht das ganze Werk, antasten und widerlegen will, dass wir ihm antworten oder Widerstand tun werden, indem wir diese Art und Weise nicht so viel wert achten, als dass wir einige Mühe darauf verwenden sollten. Sollte aber jemand das ganze Werk angreifen, oder demselben mit einer aufrichtigen Schreibart, ohne etwas Merkliches auszulassen, widersprechen, so diene zur Nachricht, dass wir uns die Sache (wenn uns Gott Gesundheit und Kraft gibt) angelegen sein lassen werden, denn um unserer Brüder und Mitgenossen willen schämen wir uns (mit Paulo) des Evangeliums Christi nicht, es sei das Vorgelegte zu beantworten, oder zu widerlegen, oder so zu verfahren, wie wir zum Dienste des wehrlosen und verfolgten Häufleins Christi werden nötig erachten.

»Recht muss doch Recht bleiben, und dem müssen alle frommen Herzen zufallen.« (Ps 94,15)

1.7  Abschied

Bis hierher hat uns der Herr geholfen. Nach dieser Stunde hat uns sehr verlangt, dass wir ans Ende kommen möchten; das ist nun geschehen, darum wollen wir uns auch zur Ruhe begeben.

Nehmet dieses alles auf nach der Liebe Art. Wir haben nichts anderes gewollt, als was zur Gottes Ehre gereicht; euch aber, wie auch uns selbst und allen Menschen, zum Heile und zur Seligkeit gereichen möchte.

Eure und unsere Tage gehen zu Ende. Ach, dass Gott gebe, dass euer und unser Ende des Lebens ein Anfang des wahren und glückseligen Lebens sein möchte, dass das Ende eurer und unserer Tage, die doch voller Elend und eitel sind, der Aufgang des ewigen und herrlichen Tages, des Tages der unsterblichen Herrlichkeit sein möchte.

O Herr! Segne uns und alle, die dieses Werk lesen werden, damit sie und wir in dem wahren Glauben mit einem gottseligen Wandel hier deine Ehre verbreiten, dereinst aber von dir geehrt werden und gleichen Lohn empfangen mögen.

Wir sehen mit Freuden, dass sich der Tag nähert, der uns trösten kann; derselbe wird uns von dieser argen und verkehrten Welt erlösen; derselbe wird uns zur wahren Ruhe bringen, welcher keine Unruhe mehr folgen wird; derselbe wird uns geben, was unser Herz wünscht. Ach, dass doch diese Zeit schon gekommen wäre!

Ich habe die Bürgschaft vom Höchsten empfangen, Mein Werk ist getan, nun gehet der Sinn Von dieser verfinsterten Herberg’ dahin: Denn ob ich schon jetzt noch im Fleische hier bin, So werd’ ich doch bald auch den Himmel erlangen.

Dieses hat vor Zeiten einer von den Alten gesagt, als er ein gutes Werk vollbracht zu haben meinte und die Stunde seines Abschiedes nahe glaubte, gewiss ein großes Vertrauen eines wohlmeinenden Herzens.

Wir sagen nun auch auf solche Weise: Unser irdisches Werk ist nun vollbracht; wir wissen nicht viel Gutes oder Nützliches mehr auf der Erde auszurichten. Doch solange wir hier sind, halten wir uns an unsern Schöpfer gebunden, und haben auch das Vertrauen, dass wir nicht umsonst gelebt haben. Wir haben nach unserer Schwachheit, sowohl uns selbst als unsern Nächsten, zum Nutzen und Heile getan, was in unseren Kräften stand.

Sei denn, o Gott, deinem geringsten Diener gnädig, und laß niemand von seinem Blute, oder von seiner natürlichen

und geistigen Freundschaft, oder auch von denen, die von ihm unterrichtet worden sind, verloren gehen.

Laß diese alle zur Ruhe deiner Heiligen kommen, und ewig selig werden!

Hiermit, geliebter Leser, wer du auch sein magst, befehlen wir dich dem Herrn an, dir aber die Betrachtung der Sachen, die du hier finden wirst. Wenn du dies tun wirst, so sind wir versichert, dass du dasjenige erlangen werdest, was wir für dich von dem Herrn gebeten haben.

O Herr! »Lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss, dass mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.« (Ps 39,5) Alsdann sagt man mit Hiob: »Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und er wird mich hernach aus der Erde auferwecken und ich werde dann mit dieser meiner Haut umgeben werden und werde in meinem Fleische Gott sehen und meine Augen werden ihn schauen, und kein Fremder.« (Hi 19,25–27) Und mit Paulo: »Wir wissen aber, so unser irdisches Haus dieser Hütten zerbrochen wird, dass wir einen Bau haben von Gott erbaut, ein Haus nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Und über demselben sehnen wir uns auch nach unserer Behausung, die vom Himmel ist, und uns verlangt darnach.«2Kor 5,1–2 Um dessentwillen sprach Johannes: »Ja, komm Herr Jesu!« (Offb 22,20)

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit uns allen. Amen.

Euer sehr zugeneigter Seelsuchender Thielem. J. v. Braght. Dortrecht, den 31. Juli 1659.

1.7.1  Erinnerung

Weil in dem nachfolgenden Werke die Succession, Nachfolge und Feststellung der Kirche einigermaßen festgestellt ist, so finden wir, damit solches nicht übel verstanden werden möge, für gut und ratsam, weil einige unserer guten Freunde uns darum ersuchten, unsere Anmerkung der wahren und falschen Kirche, und von deren guten und bösen Succession, zur Einleitung zu dem nachfolgenden Werke, voranzuschicken, zugleich auch anzuführen, was und wie viel wir von dem Rechte der Nachfolge halten, wiewohl wir gedacht hatten, es dabei zu lassen. Darum wollen wir hier nun den Anfang machen, und uns der Kürze, um nicht langweilig zu werden, so viel als möglich befleißigen.

1.7.1.1 Von der wahren Kirche Gottes und deren Ursprung, Fortgang und unbeweglichen Festigkeit durch alle Zeiten

Gleichwie man zweierlei Volk, zweierlei Versammlungen und Kirchen findet, die eine aus Gott und vom Himmel, die andere aus dem Satan und von der Erde, so findet man auch zweifache Nachfolge und Fortpflanzung derselben.

Von der göttlichen und himmlischen wollen wir zuerst handeln, dann aber von der andern reden.

Die göttliche und himmlische Kirche, welche das abgesonderte heilige Häuflein und Volk Gottes ist, hat ihren Anfang auf Erden mit der Welt Anfang genommen, und hat durch alle Zeiten bis hierher gestanden, und wird stehen bis an der Welt Ende.

Von dem Gottesdienste der Kirche Der Zustand und der Gottesdienst dieser Kirche ist von jeher, nach den verschiedenen Zeiten, worin sich dieselbe befunden und geblüht hat, verschieden gewesen.

Von Adam bis auf Noah, von Noah bis auf Abraham, von Abraham bis auf Mose, von Mose bis auf Christum, von Christo bis an der Welt Ende, hat Gott, was den äußeren Gottesdienst dieser Kirche betrifft, stets andere Weisen, wie auch andere Kennzeichen, Versiegelungen und Umstände verordnet, obwohl es eben dieselbe Kirche, eben dasselbe Volk und eben derselbe Gott, dem sie gedient haben, noch dienen und bis ans Ende dienen werden, ist, war und sein wird.

Vor dem Falle Adams zielte der Gottesdienst nicht auf Christum, auch war Christus dem Menschen nicht als ein Mittel zur Seligkeit vielweniger als ihr einiger Prophet, Priester und König, oder als der allein rechte Weg, Eingang und Türe zum Himmel, wodurch man allein selig werden kann, vorgestellt, sondern ihr Heil bestand in ihrem eigenen Gehorsam, wenn sie von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen nicht essen würden (1Mo 2,16–17).

Nach dem Falle hat der Gottesdienst auf Christum gesehen, indem Gott den Menschen seinen Sohn verheißen, durch Vorbilder abgebildet, und endlich gegeben hat; unterdessen haben die Väter, die vor der Zukunft Christi waren, auf ihn gehofft, nach seiner Zukunft verlangt, und alle ihre Gottesdienste, wie sie auch nach Gelegenheit der Zeiten und der Ordnung Gottes sein mochten, darnach eingerichtet und auf seine einige und ewige Versöhnung gegründet (1Mo 3,15; 22,18; 49,10,18; Joh 5,46; Joh 8,56; 1Pt 1,10–11).

Was die äußerliche Weise des Gottesdienstes durch alle Zeiten betrifft, so ist diese nicht dieselbe, sondern sehr verschieden gewesen, denn es lässt sich annehmen, als ob die Menschen in der Zeit von Adam bis auf Noah, meistens dem eingepflanzten Lichte der Natur, oder, um eigentlich zu reden, dem eingeschriebenen Gesetze des Gewissens oder des Gemüts nachgefolgt, ohne dass sie einige bestimmte Zeremonialgesetze, Abels Opfer ausgenommen, befolgt hätten. Ferner das Gebot, dass die Kinder Gottes, nämlich die Glieder seiner Gemeinde, die Töchter der Menschen, nämlich solche, die keine Glieder der Gemeinde Gottes waren, bei schwerer Strafe nicht zur Ehe nehmen sollten (1Mo 4,4; 1Mo 6,3).

Von der Zeit Noahs bis auf Abraham kam der Befehl Gottes dazu, dass man kein Blut essen, noch Menschenblut vergießen sollte. Damals machte Gott einen Bund mit Noah und allem, was ein Leben hatte, dass er nicht mehr durch die Sündflut verderben wollte, daher stellte er den Regenbogen zum Zeichen des Bundes in die Wolken (1Mo 9,4–5,11–13).

Von der Zeit Abrahams bis auf Moses hatte Gott unter

seinem Volke die Beschneidung eingeführt, welche dazu diente, dass die Nachkömmlinge Abrahams, woraus die Kirche Gottes bestand, von allen andern Völkern unterschieden wurden, wie auch zu einem Siegel des Bundes, den Gott mit Abraham und seinem Samen insbesondere machte (1Mo 17,10–12; Röm 4,11).

Von der Zeit Moses bis auf Christum gab Gott, außer der Beschneidung, viele Gesetze und Gebote, die nicht alle zu nennen sind, seinem Volke zu halten; dieselben bestanden in vielen Opfern, Waschen und Reinigen, zu deren Bedienung heilige Zeiten verordnet waren, als Ostern, Pfingsten, Laubhüttenfest, Neumonde, Fasttage; auch waren heilige Plätze verordnet, als die Stiftshütte Moses, der Tempel Salomos, die Plätze Silo, Mizpa, Moria; auch heilige Personen als Propheten, Priester, Leviten, Sänger, Türhüter. Siehe durchgängig das 2. bis 5. Buch Mose.

Von der Zeit Christi an bis an das Ende der Welt hat Gott durch Christum die Zeremonien des Gesetzes Moses, wie auch die Versiegelungszeichen desselben abgeschafft und hat, um die Gnade Christi zu erkennen, andere Zeremonien und Zeichen zu halten befohlen, als Taufe, Abendmahl, welche äußerliche Gebote, nebst dem Glauben und der wahren Bekehrung des Lebens, worin die gemütliche und Sittentugend besteht, allen Gliedern der Kirche Christi aufs höchste und sehr teuer von dem Herrn zur Nachfolge anbefohlen sind (Mt 28,19–20; Mk 16,15–16; 1Kor 11,23–28). Ferner die Briefe der Apostel durchgängig, wo von der Erfüllung der Zeremonialgebote Moses gehandelt wird (Röm 10,4; Gal 4,10–11; 5,1–4; Kol 2,16).

Nachdem wir nun in der Kürze die verschiedenen äußeren Gottesdienste in der Kirche Gottes durch alle Zeiten angegeben haben, müssen wir nun bemerken, worin die Kirche in allen Zeiten einig gewesen sei.

In welchen Stücken die Kirche Gottes zu allen Zeiteneinstimmig gewesen ist Gott hat zu allen Zeiten in seiner Kirche Lehrer verordnet; deshalb hat er auch zu allen Zeiten seinen Willen an das Volk predigen lassen, welches hauptsächlich zur Zeit Enosch, des Adams Enkel, den Anfang genommen, denn damals fing man an, von des Herrn Namen zu predigen (1Mo 4,26).

Henoch, der Siebte von Adam , predigte von dem Gerichte und dem großen Tage des Herrn (Jud 14–15).

Abraham, ein Vater aller Gläubigen predigte von dem Namen des ewigen Gottes (1Mo 21,33).

Moses predigte von der Treue, Güte und Gerechtigkeit Gottes, sodass seine Lehre wie der Regen triefte und seine Lehre wie der Tau floss (5Mo 32,2–5).

David predigte von Gottes Gerechtigkeit in der großen Gemeinde Gottes und wollte sich weder den Mund stopfen, noch sich von den Widersprechern überwinden lassen (Ps 40,10).

Später haben alle heiligen Propheten, Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel, Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja, Haggai, Sacharja, Maleachi, Gottes Gesetze, Strafen und Verheißungen gepredigt,

wie auch von der seligen und höchstglückseligen Zukunft des von Gott verheißenen Messias geweissagt. Siehe durchgängig in den Büchern der Propheten.

Nach dem Abgange der Propheten hat Christus selbst von dem Ende der Zeit, von der Zukunft des Himmelreichs, von der Bekehrung und dem Glauben an das Evangelium gepredigt (Mk 1,15).

Die Apostel folgten dem Exempel und Befehle ihres Herrn in der Verkündigung des Willens Gottes, doch blieben sie nicht dabei stehen, sondern als ihr Abschied nahe war, stellten sie andere an ihre Stelle, als Timotheus, Titus, die sieben Lehrer in den sieben Gemeinden in Asia, welchen auch Befehl gegeben wurde, insbesondere Timotheus, es andern treuen Menschen zu befehlen, die tüchtig wären, auch andere zu lehren (2Tim 2,2).

Damit die Kirche Jesu Christi zu allen Zeiten wissen möchte, welche Personen und nach welcher Regel dieselben zum Predigeramt erwählt werden möchten, so hat der Heilige Geist durch die Hand Pauli hierüber Gesetze geschrieben, und den Nachkömmlingen hinterlassen (1Tim 3,1–7; Tit 1,5–9).

Außer dem Lehramte, welches zu allen Zeiten in der Kirche gewesen, könnten noch verschiedene Stücke sowohl im Glauben und Leben als den äußeren Gottesdiensten angeführt werden, die zu allen Zeiten und durchgängig im Gebrauch gewesen sind, und noch sein müssen; weil wir aber das wichtigste Stück, wodurch eine Kirche hauptsächlich eine Kirche ist, und wodurch dieselbe erhalten wird, getroffen zu haben meinen, wollen wir (damit wir von einer Sache nicht zu viel bringen), es hierbei lassen, und zu der Beständigkeit und Dauerhaftigkeit dieser Kirche übergehen, und woran sie sichtbar erkannt werden möge, wie wir im Anfange versprochen haben.

Nota – Alle Frommen haben von Anfang her im Glauben auf den Messias gesehen: Wie wir denn auch in diesen letzten Tagen auf denselben sehen müssen, sintemal er der Grund ist, nicht allein der Apostel, sondern auch der Propheten (Eph 2,20). Die Anbetung Gottes, Demut, Gerechtigkeit, Treue und viele andere Tugenden sind bei der alten Kirche gemein gewesen, wie nun auch bei der letzten Kirche. Es wird wohl (wie uns dünkt) kein Streit vorkommen wegen der Kennzeichen der Kirche Gottes vor der Zeit Davids, darum wollen wir von da an den Anfang machen, und die vorhergehende Zeit unberührt lassen.

Von der Beständigkeit, Dauerhaftigkeit und den sichtbaren Kennzeichen der Kirche Gottes Dass die Kirche von Anfang her bis zur Zeit Davids allezeit sichtbar, erkennbar und von allen Völkern verschieden gewesen sei, ist klar und offenbar, und wird auch, soviel wir wissen, von niemandem bezweifelt.

So bleibt uns denn nur noch zu beweisen übrig, dass dieselbe nach der Zeit Davids stets nach der vorhergehenden Weise zu erkennen gewesen sei, und auch bis an der Welt Ende bleiben werde.

Diesen Beweis zu liefern dient hier besonders der Gesang Davids von der Stadt oder Kirche Gottes (Ps 46,4–5).

»Wenngleich das Meer wütete und wallete, und von seinem Ungestüm die Berge einfielen, Sela, dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.«

Welche Rede, wenn wir den vorhergehenden Vers dazu nehmen, nach dem Grundtexte also lautet:

»Darum fürchten wir uns nicht, wenn auch die Erde ihren Platz veränderte und die Berge versetzt würden in das Herz des Meeres. Lasset ihre Wasser brausen, lasset sie sich empören, lasset die Berge beben durch ihre Erhebung, Sela! Die Bäche der Ströme werden erfreuen die Stadt Gottes, das Heiligtum der Wohnungen des Höchsten. Gott ist in ihrer Mitte, sie wird nicht wanken: Gott wird ihr helfen, wenn die Morgenstunde anbricht.«

Wer ist so unerfahren in dem Worte Gottes, dass er meint, es müsse unter den Worten: Stadt Gottes und Heiligtum der Wohnungen des Höchsten, die Stadt Jerusalem im gelobten Lande und der Tempel, welcher in dieser Stadt gebaut war, verstanden werden, denn diese Stadt mit dem Tempel, der darin stand, ist zuerst durch die Chaldäer zu Zeiten Jeremia und nachher durch die Römer, die das Land Kanaan und Jerusalem überwältigten, gänzlich verwüstet, abgebrochen und zerstört worden, sodass daselbst, nach der Weissagung Christi, kein Stein auf dem andern geblieben ist.

Deshalb muss solches von der Gemeinde Gottes verstanden werden, die in der Heiligen Schrift die Stadt Gottes genannt wird (Hebr 12,22); denn von derselben wird gesagt, dass Gott mitten in ihr sei, darum werde sie wohl bleiben, wie aus nachfolgenden Zeugnissen deutlich erhellt:

»In der letzten Zeit wird der Berg, da des Herrn Haus ist, gewiss sein, und werden alle Heiden dazu laufen.« (Jes 2,2) Es ist nicht zu bestreiten, dass unter den Worten des Herrn Haus des Herrn Gemeinde verstanden werden müsse, es sei denn, dass jemand mit den Juden dafür hielte, dass darunter das steinerne Haus verstanden werden müsse, das vor Zeiten Salomo Gott zu Ehren auf dem Berge Moria auferbaut hatte, welches jetzt verwüstet ist, aber wieder aufgebaut werden sollte, worauf man gleichwohl nicht hoffen darf, denn der Prophet Daniel sagt klar (der auf die Verwüstung deutet), dass bis ans Ende (verstehe, bis an der Welt Ende) über sie Verwüstung triefen soll (Dan 9,27; Mt 24,15).

Ein nicht geringer Beweis hiervon ist aber der Umstand, dass dieses Haus vierzig Jahre nach der Himmelfahrt Christi durch Titum Vespasianum verwüstet, abgebrochen und verbrannt, und bisher, in einer Zeit von sechszehnhundert Jahren, nicht einmal auferbaut worden ist; es ist auch, nach menschlicher Einsicht, um der beständigen Streitigkeiten der Regenten in Palästina und in andern Morgenländern willen, nicht zu vermuten, dass es jemals geschehen werde.

Wenn nun aber mit den Worten des Herrn Haus des Herrn Gemeinde verstanden werden muss, so folgt daraus auch dasjenige, was dabei steht, nämlich, dass dieselbe auf dem Berge (verstehe: auf Christo oder dem unwandelbaren Grunde) gewiss und fest sein werde; dieses ist also nicht zu bezweifeln.

Außer der angezogenen Weissagung (Jes 2,2), worin die

Festigkeit und Unbeweglichkeit des Hauses (oder der Kirche) Gottes zu erkennen gegeben wird, welche auf den Berg des Herrn (Jesum Christum) gegründet ist, hat auch dieser Prophet, indem er von der Beständigkeit, Herrlichkeit und göttlichen Würde dieser Kirche (unter dem Vorbilde des erneuerten Jerusalems) handelt, verschiedene löbliche Zeugnisse zu diesem Ende beigebracht, indem er sagt (unter andern Kap 60,11): »Deine Tore sollen stets offen stehen und weder Tag noch Nacht zugeschlossen werden.«

Dies ist ein Gleichnis, von einer friedsamen Stadt hergenommen, die weder Furcht noch Sorge vor dem Anlaufe der Feinde hat, und daher ihre Pforten sowohl des Nachts als am Tage (zum Dienste und Nutzen der Bürger, wie auch der Boten und Fremdlinge, die bei Nacht reisen) offen stehen lässt. So wird es auch, will er sagen, mit der zukünftigen Kirche und Gemeinde Jesu Christi sein.

Dann, Vers 14, wenn er von den Feinden der Kirche Gottes und von denen handelt, welche dieselbe gelästert hatten, sagt er: »Sie werden niederfallen zu deinen Füßen, und werden dich nennen eine Stadt des Herrn.«

Wenn es mit einer Stadt so weit gekommen ist, dass selbst ihre Todfeinde, die sich vorgenommen hatten, dieselbe zu verwüsten und zu vertilgen, vor ihr niederknien und (als solche, die um Gnade bitten) sich vor ihr beugen (wie hier von den Feinden der Stadt und der Kirche Christi erzählt wird), so darf man nicht denken, dass solche Stadt leicht überwunden, verwüstet oder untergebracht werden könnte. In gleicher Weise verhält es sich auch im Geistigen mit der Stadt und Kirche Jesu Christi; denn diese ist’s, worauf er mit dieser Weissagung gezielt hat. Dann, Vers 15, tut der Prophet Anweisung, »dass Gott diese Stadt (oder Gemeinde) werde ewiglich zur Pracht machen, und zur Freude für und für.«

Und wenn dieses noch nicht genug wäre, die Dauerhaftigkeit und Herrlichkeit dieser werten und von Gott geliebten Stadt zu erkennen zu geben, so setzt er noch die Worte hinzu, Vers 19: »Der Herr wird dein ewiges Licht, und dein Gott wird dein Preis sein.«

Zuletzt aber, Vers 21: »Dein Volk (o Gott) soll eitel Gerechte sein, und werden das Erdreich ewiglich besitzen.«

Hier darf keine Erklärung hinzugefügt werden, weil der Text selbst unsere aufgestellte Meinung deutlich und klar ausdrückt, weshalb wir es auch dabei lassen wollen.

Wir gehen nun auf dasjenige über, was Christus, der Sohn Gottes, selbst von dieser Sache bezeugt hat

»Auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.« (Mt 16,18)

Als Christus an einer andern Stelle im Gleichnisse von jemand spricht, der sein Haus auf Sand baute, so setzt er zugleich die Erklärung hinzu, dass derselbe ein törichter Mann gewesen sei. Die Ursache ist, weil solcher Grund, und folglich auch das Gebäude, das darauf gegründet ist, den dasselbe bedrohenden Wasserfluten, Platzregen und Stürmen nicht gewachsen ist.

Dagegen aber preist er denjenigen als weise und vorsichtig, der sein Haus auf einen Felsen setzte, weil dasselbe wohl gegründet und gegen jede drohende Gefahr geschützt ist.

Aber dieses Fundament, wovon der Herr hier redet, worauf er seine Gemeinde bauen will, ist viel fester als ein materieller Fels, denn dieselben müssen alle mit der Zeit vergehen; »denn der feste Grund Gottes bestehet.« (2Tim 2,19)

Es wird nicht allein das Fundament, sondern auch das Gebäude der Gemeinde selbst nicht vergehen (wiewohl es in der Natur ganz anders hergeht, nämlich ein Haus, Kirche oder Turm, der auf einem unbeweglichen Grunde stehet, aber selbst nicht fest oder stark genug ist, zuletzt verfällt, ja zusammen stürzt). Aber hier verhält es sich nicht also, denn es vermag keine Gewalt, ja der Teufel selbst nicht, etwas dagegen, welches aus den Worten erhellt: »Und die Pforten der Hölle sollen dieselbe nicht überwältigen.«

In oder unter den Pforten pflegte man Rat zu halten, auch waren die Pforten selbst die Stärke und die Feste der Stadt (Sach 8,16; Ps 147,12–13).

Deshalb muss mit den Worten Pforten der Hölle der Rat und die Gewalt des höllischen Feindes verstanden werden. Gleichwohl sollen aber dieselben, laut des zuletzt angezogenen Spruches, die Gemeinde Christi nicht überwältigen, und daher auch kein anderes dagegen ankämpfendes Ding, denn jene sind die gewaltigsten und härtesten Feinde.

Wir gehen nun zu andern Zeugnissen der Heiligen Schrift über, die zu demselben Ende geschrieben sind.

»Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Zeitläufe.« (Mt 28,20)

Die letzten Worte dieses Spruches werden fast von allen Übersetzern (um der deutschen Redensart zu folgen) mit den Worten übersetzt bis an der Welt Ende, aber wir haben, aus Gründen, die griechische Redensart hier beibehalten, weil sie besser und klarer zu unserem vorgesetzten Zwecke dient.

Wir haben nämlich (nach der gewöhnlichen Übersetzung) gefunden, dass die Worte bis an der Welt Ende von einigen ungeübten Leuten missdeutet und ihnen ein fremder Sinn untergelegt wird, denn sie deuten dasjenige, was von der Vollendung der Zeit geredet wird, auf das Ende eines Platzes; eben als ob Christus hier seinen Aposteln nicht verheißen hätte, bei ihnen zu bleiben, bis alle Zeiten würden zu Ende sein, sondern nur, bis sie, um das Evangelium zu verkündigen, an die äußersten Enden der Erde gewandert sein würden, welches man, weil man zu Lande nicht mehr weiter reisen kann, der Welt Ende nennt. Dies ist ein großer Irrtum; denn nach dieser Erklärung hätte diese Verheißung allein die Apostel betroffen und wäre auf ihr Leben beschränkt gewesen, weil sie überall umherreisten, um zu predigen, »also dass in alle Lande ausgegangen ist ihr Schall und in alle Welt ihre Worte.« (Mk 16,20; Röm 10,18)

Aber damit alle wahren Nachfolger Christi und seiner Apostel, die bis an der Zeit Ende sein würden, sich dieser Verheißung auch getrösten möchten, so hat der Herr ausdrücklich von der Vollendung der Zeitläufe gesprochen und verkündet, dass er so lange (auf geistige Weise) bei ihnen sein werde.

Nun kommen wir an das, was wir von Anfang an vor Augen hatten und was wir noch deutlicher und zu mehrerem Nutzen anführen wollen.

Gewiss ist es, dass der Herr geredet habe von der Predigt des heiligen Evangeliums, von dem Glauben, von der Taufe, und wie seine Gemeinde aufgerichtet und erbaut werden sollte, gleichwie er gewollt hat, dass dieselbe durch alle Zeiten hindurch gebaut und unterhalten werden sollte. An diese Rede knüpft er nun obige Verheißung.

Dadurch steht fest, dass die sichtbare Kirche Jesu Christi (denn diese ist’s, wo das Predigtamt des heiligen Evangeliums, der Glaube, die Taufe, und was dergleichen mehr ist, Anwendung findet) durch alle Zeiten, ja bis zur Vollendung der Zeitläufe sein werde, denn sonst könnte die Verheißung nicht an ihr erfüllt werden: »Siehe, ich bin bei euch alle Tage.«

Ebenso steht aber fest, dass, nebst der Predigt und dem Glauben, die Taufe in der Kirche sein wird bis an das Ende der Zeit, und so auch das heilige Abendmahl. Dies ist aus den Worten Pauli zu sehen: »So oft ihr werdet von diesem Brote essen und von diesem Kelche trinken, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis dass er kommt.« (1Kor 11,26) Wenn nun hier vom Essen des Brotes und dem Trinken des Kelches, wie auch von dem Verkündigen des Todes des Herrn geredet wird, mit dem Hinzufügen, dass solches so lange unterhalten werden und dauern sollte, bis der Herr kommt (verstehe, an dem Ende der Zeiten, um die Welt zu richten), so folgt, dass durch alle Zeiten, bis an der Welt Ende, eine Gemeinde sein werde, die die äußerlichen Ordnungen Christi, nicht allein in Ansehung der heiligen Taufe, sondern auch des heiligen Abendmahls, wie auch die Verkündigung des Todes des Herrn unterhalten werde; es müsste denn bewiesen werden können, dass die Worte bis dass er kommt einen andern Sinn hätten, welches wir bisher bei keinem andern Ausleger gefunden haben, weil ihnen der Text nicht nur zu klar, sondern auch zu mächtig ist. Vergleiche dieses mit Mt 25,31; Joh 14,3; Apg 1,11; 1Th 4,16; Jud 14; Offb 1,7; 22,12,20).

Wie die Kirche an einigen Plätzen verfinstert und fast ganz unsichtbar geworden, und wodurch dasselbe von Alters her verursacht worden sei Gleichwie der Mond, obschon sein Licht und Wesen niemals vergeht, dennoch vom menschlichen Auge nicht stets in seinem

vollen Lichte gesehen wird, entweder weil er unter der Erde geht, oder der Sonne zu nahe kommt und dadurch verdunkelt wird, oder weil er zu weit von der Sonne absteht, und der Schatten des Erdreichs ihm seinen Glanz benimmt, welches wir eine Finsternis nennen, so ist es auch mit dem Wesen und Ansehen der Gemeinde Gottes auf Erden beschaffen.

Dieselbe, obgleich sie nicht ganz vergeht, zeigt sich doch nicht immer in einer vollen Gestalt, ja scheint zu Zeiten ganz verschwunden zu sein, doch nicht an allen, sondern nur an einigen Plätzen, es sei durch einiger Leute Trägheit, die aus Geringachtung oder anderen Ursachen die äußeren offenbaren Gebote Gottes versäumen, entweder um entstandener Missverständnisse oder Irrtümer willen, wodurch viele Rechtsinnige zu Zeiten verführt und von dem wahren Gottesdienste abgebracht worden sind, oder um der Verfolgung, Gewalt und Tyrannei über den Glauben willen, und weil sie darnach lebten; weshalb sich die Frommen verstecken, verbergen und von Menschen abgesondert, in Büschen, Wildnissen und einsamen Plätzen allein aufhalten mussten, so dass ihre eigentlichen Kennzeichen, Licht und Tugend, von der Welt gewöhnlich nicht gesehen, viel weniger erkannt werden konnten.

Als die Kirche Gottes im Alten Testamente in Ägypten war, konnte sie daselbst ihren Gottesdienst nicht abwarten, sondern musste Ansuchung tun, um dem Herrn zu opfern drei Tagereisen in der Wüste (2Mo 8,24–25; 2Mo 10,26).

Während der Zeit dieser vierzig Jahre, als das Volk in der Wüste war, kamen solche bedeutende Zufälle, dass alle ihre Kindlein unbeschnitten gelassen wurden, welche erst beschnitten wurden, als sie bei Jahren waren und auf den Boden des Landes Kanaan, an den Berg Aralot gekommen waren (Jos 5,2–8).

Zu Elias Zeiten war diese Kirche wegen der Gefahr der Verfolgung sehr verfinstert, dass Elia meinte, er wäre allein übrig geblieben, wiewohl sich Gott noch siebentausend Personen übrig behalten hatte, die ihm dienten und ihre Knie vor dem Abgotte Baal nicht gebeugt hatten (1Kön 19,14,18; Röm 11,3–4).

Als das Volk in Babylon hinweggeführt war, lag das Haus Gottes zu Jerusalem, wo man den Gottesdienst zu verrichten pflegte, verwüstet und die Steine des Heiligtums waren auf allen Straßen zerstreut, ja unter diesem Volke selbst, in Babel, war es in Ansehen der Religion und der Lobgesänge, womit sie Gott zu verehren pflegten, so schlecht bestellt, dass sie ihre Harfen an die Weiden aufgehängt hatten, die daselbst an die Wasserströme gepflanzt waren (Ps 137,1–4), weshalb sie unter die Toten und diejenigen, welche in die Hölle fahren, gezählt wurden (Bar 3,10–14).

Nach der Babylonischen Gefangenschaft, zur Zeit der Makkabäer, hatten viele von der Kirche Israel sich in die Höhlen verborgen, um der damaligen Gefahr willen, damit sie den Sabbat halten möchten (2Makk 6,11).

Alle diese Verdunkelungen oder betrübten Finsternisse im Gottesdienste haben sich an und in der Kirche Gottes des alten Testaments vor der Geburt und Ankunft Christi in diese Welt, zugetragen, wovon vielmehr zu sagen wäre, wenn es die Not

erforderte, doch halten wir es für genügend, dass wir davon von Zeit zu Zeit Mitteilung gemacht.

Ebenso hat es sich nach der Ankunft Christi in der evangelischen Gemeinde, die aus den Juden und Heiden versammelt war, verhalten; diese hat auch nicht immer das Haupt ohne Furcht erhoben, sondern ist auch oft dem Gesichte der Menschen (wie die Sonne hinter die Wolken) entzogen worden.

Selbst in der Zeit, als Christus leiblicher Weise unter den Menschen wandelte, und von den Toten auferstanden war, saßen seine Jünger, welche die vorzüglichsten Glieder seiner Kirche waren, verborgen bei verschlossenen Türen (Joh 20,19).

Nach der Himmelfahrt Christi zerstreute sich die sehr große Gemeinde, die zu Jerusalem war (um der Verfolgung willen), durch die Länder Judäa und Samaria, die Apostel ausgenommen, so dass sich die vortreffliche Kirche, die, wie es scheint, die vorzüglichste auf dem ganzen Erdboden war, heimlich und in fremden Ländern hat aufhalten müssen (Apg 8,1).

Als später der Kaiser Domitianus den heiligen Apostel und Evangelisten Johannes um des heiligen Evangeliums willen in das Eiland Patmos gesandt hatte, hat der heilige Geist den zukünftigen Zustand der Kirche Christi ihm dahin offenbart, dass dieselbe in die Wüste würde flüchten müssen, unter der Verfolgung des Antichristen, und daselbst von Gott tausendzweihundertsechzig Tage erhalten, welches, wenn man es nach prophetischer Weise ausrechnet, ebenso viele Jahre anzeigt (Offb 12,6–11).

Nun dem Verständnis der Worte: »Und die Frau (verstehe die Gemeinde Christi) floh in die Wüste, da hatte sie einen Platz von Gott zubereitet, dass sie daselbst ernährt würde tausendzweihundertsechzig Tage (verstehe Jahre, nach der Weise und der Rechnung der Propheten).« (Offb 12,6)

Es sei nun, dass man diese Jahre von dem Abschiede der Apostel an zu zählen anfängt, oder mit dem Jahre 300, als die sogenannten Patriarchen ihren Anfang nahmen, oder mit dem Jahre 600, oder ein wenig später, als der Mohammed im Osten unter den Griechen, und der Papst im Westen unter den Lateinern sich erhoben, und keine geringe Verfolgung über das wehrlose und unschuldige Häuflein der Gemeinde Christi anrichteten, so dass sich alle, die nicht dem Leibe oder der Seele nach verschlungen zu werden begehrten, in die Wüsten und Wildnisse verbergen mussten; es mag, sagen wir, gerechnet werden wie es will, so wird damit eine sehr lange Zeit verstanden, die sich ungefähr bis auf diese Zeit erstreckt hat.

Hier hat die Rose unter den Dornen sehr herrlich geblüht (Hl 2,2). Hier ließ das Täubchen in den Felslöchern und Steinritzen seine angenehme Stimme hören (Hl 2,14). Hier ward erfüllt, was der Herr sagte: »Meine Schwester, liebe Braut! Du bist ein verschlossener Garten, eine verschlossene Quelle, ein versiegelter Born.« (Hl 4,12) Hier hat der Sohn Gottes seine Gemeinde genährt, unterhalten und bewahrt gegen das Urteil der weltlich und irdisch gesinnten Menschen, die, weil sie fleischlich sind, nicht begreifen können, was des Geistes Gottes ist:

»Wie eine Lilie zwischen den Dornen, also ist meine Freundin zwischen (oder unter) den Töchtern.« (Hl 2,2) »Meine Taube in den Felslöchern und Steinritzen zeige mir deine Gestalt, laß mich deine Stimme hören, denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt lieblich.« (Hl 2,14) In den Felslöchern und Steinritzen, das ist in Verfolgung und in einsamen und fremden Gegenden: Gleichwie unter den Dornen so viel bedeutet, als unter oder in der Gewalt der

boshaften und blutdürstigen Tyrannen. Wir handeln hier allein von der wahren Kirche Gottes.

Damit aber niemand unsere obige Darstellung übel deuten möge, so diene zur Nachricht, dass, wenn wir von der Kirche Gottes reden, wie sie verfinstert, verborgen und unsichtbar geworden ist, wir solches nicht von der Kirche überhaupt verstehen, oder dass solches an allen Orten stattgefunden, denn die Kirche ist niemals auf allen Plätzen zugleich verdunkelt und verborgen worden, sondern wir verstehen darunter einige Teile von der allgemeinen, nämlich eine besondere Gemeinde auf diesen oder jenen Plätzen, die zu dem Leibe der allgemeinen Kirche, die über den ganzen Erdboden zerstreuet ist, gehören.

Auch dient zu wissen, dass wir unter dem Leibe der allgemeinen Kirche nicht alle Gemeinden verstehen, die mit dem Namen Christen belegt werden, sondern nur solche, die den christlichen Namen mit ihrem rechtschaffenen Glauben und ihrer reinen Beobachtung der christlichen und evangelischen Gebote ausdrücken.

Nun wird es aber darauf ankommen, ob unsere Kirche heutzutage, die man Taufgesinnte nennt, von der erwähnten Kirche Gottes, die von Anfang her gewesen ist, und die Gebote Gottes reinlich unterhalten hat, in der Tat abstammt und die Nachfolge hat.

Um dieses aber in der Kürze und auf die beste Weise zu tun, wollen wir die Zeit und den Zustand der Kirche von Adam bis auf Christum nicht berühren, welcher unbestritten ist, und nur die Zeit und den Zustand der Kirche nach der Ankunft Christi berücksichtigen, denn hierüber ist allein der Streit, wer und welche durch eine wahre Nachfolge Recht an dieselbe haben.

Von der Nachfolge der Kirche Gottes, wie auch von der Nachfolge der Person, und der Nachfolge in der Lehre Von dem lateinischen Worte Succedo das ist nachfolgen oder an jemandes Stelle kommen, kommt das Wort Succession her, das wir, wiewohl verkehrt, in und unter unsere deutsche Sprache gemengt haben.

Die verschiedenen Zweige, die aus einer Wurzel hervorkommen, nämlich die vielfachen Wörter, die von demselben abgeleitet sind, sowie deren Bedeutungen, wollen wir nicht berühren; gewöhnlich verstehen wir darunter: Jemand in seinem Platze, Rechte oder Regierung folgen.

Es gibt eine zweifache Nachfolge (Succession), eine natürliche und geistige, bürgerliche und kirchliche; doch hier müssen wir allein von der geistigen oder kirchlichen und nicht von der natürlichen oder bürgerlichen reden, denn nur das erste und keineswegs das letzte gehört an diesen Ort.

Gleichwie nun die Nachfolge ihrer Natur und Art nach eine zweifache ist, so ist eine jede Art derselben wiederum zweifach und in sich selbst verschieden; dies soll in der geistigen oder kirchlichen Nachfolge klar gezeigt werden.

Um nun dieses anschaulicher vorzutragen, sagen wir, dass die kirchliche Succession oder Nachfolge auf zweierlei Weise betrachtet werden kann. 1. In Ansehung der Nachfolge der Personen; 2. in Ansehung der Nachfolge in der Lehre.

Das letzte ist ein Kennzeichen und Beweis des ersten, so

dass das erste ohne das letzte nicht bestehen kann. Wo aber das letzte ist, da darf das erste nicht so genau gesucht werden, doch wo sie beide wahrhaft und rechtschaffen gefunden werden, da kann man versichert sein, dass daselbst die wahre und rechtschaffene Kirche Gottes sei, worin Gott wohnen und wandeln will, welche die Verheißung des ewigen seligen Lebens hat, und wovon so viel in der Heiligen Schrift gerühmt und gelehrt wird.

Von der Nachfolge der Personen Gleichwie ein großes Gebäude, Haus oder eine Festung sich betrachten lässt, erstlich im Allgemeinen, und zweitens in Ansehung seiner besonderen Teile, so ist es auch mit der ganzen Kirche Christi. Dieselbe kann man füglich betrachten überhaupt und im Allgemeinen, und sie begreift dann alle Versammlungen in sich, die in der ganzen Welt den allerheiligsten Glauben und den Wandel, der nach dem heiligen Worte Gottes daraus folgen muss, miteinander gemein haben.

Zweitens nach ihren besonderen Teilen, wie z. B. diese oder jene Gemeinde, die mit derselben einig ist, als die Gemeinde zu Amsterdam, Haarlem, Dortrecht.

Also ist auch, oder kann wenigstens sein, eine zweifache Nachfolge der Person: 1. eine allgemeine. 2. eine besondere.

Unter der allgemeinen wird die Succession verstanden, die gewöhnlich durch die ganze Welt, durch eine Folge von wahren Lehrern, es seien wenig oder viel, nach Gelegenheit der Zeiten gewesen ist, die die Wahrheit recht gelehrt und nach Vermögen fortgepflanzt haben, wovon wir, wegen ihrer Lehre, insbesondere über den Artikel von der heiligen Taufe, Mitteilung gemacht haben; welches die wahre Nachfolge ist, die, nebst der Lehre von der Unterhaltung aller anderen Gebote Jesu Christi, von uns erkannt wird, laut der Verheißung des Herrn, welche den wahren Lehrern gegeben ist (Mt 28,20).

Unter der besonderen Succession wird die Reihenfolge der Lehrer von Person zu Person in einer besonderen Kirche, in einem abgeschiedenen Platze, die da auf einem dazu gemachten Stuhle sitzen, verstanden, als zum Exempel zu Konstantinopel, dessen sich die Griechen rühmen, insbesondere aber zu Rom, wovon die Lateiner, nämlich die Papisten, großes Aufsehen machen; doch hiervon ist keine Verheißung, Gesetz oder Befehl in dem ganzen Evangelio zu finden, weshalb wir es hierbei bewenden lassen wollen.

Nota. – Alle zwölf Stämme Israels, im Allgemeinen betrachtet, waren nicht mehr als eine Kirche; aber in Ansehung der verschiedenen Teile, als derer, die jenseits des Jordans geblieben waren, nämlich Gad, Ruben und der halbe Stamm Manasse (Jos 22,1–5), wie auch in Ansehung des Stammes Juda und Benjamin, die sich in Jerusalem aufhielten, und auch einen Teil ausmachen, und endlich in Ansehung der übrigen Menge Israels, die in den samaritischen Städten wohnten. Daher kann man mit Recht sagen, dass Israel in drei Kirchen bestanden habe: 1. über dem Jordan, 2. zu Jerusalem, 3. bei Samaria. Also ist es auch nur eine Kirche, die den rechten Glauben hat, und an vielen Orten zerstreut ist; aber in Ansehung der vielen Plätze, wo sie wohnten, können es viele Kirchen genannt werden.

Von der Nachfolge in der Lehre Hierzu dient der Spruch Tertulliani: »Die christliche Kirche, sagt er, wird apostolisch genannt, nicht eben um der Personal Succession (oder um der Nachfolge der Personen), sondern um der Verwandtschaft der Lehre willen, weil sie die Lehre der Apostel hält,« in dem Buche de Praescript.

Diese Lehre muss ein jeder, der sich der wahren Nachfolge rühmt, aus den wahren apostolischen Schriften beweisen, welche das Mittel sind, wodurch die Kirche zuerst gestiftet, dann befestigt und durch alle Zeiten unterhalten worden ist (wir reden von der christlichen und evangelischen Kirche), deshalb muss notwendig diese Lehre auch in diesen letzten Zeiten das Kennzeichen der wahren Nachfolge sein.

Niemand rühme sich eines Menschen, sagt Paulus (1Kor 3,21). Also darf man sich auch nicht rühmen des Gefolges einiger ansehnlichen Personen, wenn dieselben ihr Ansehen nicht von dem Ansehen und der Wahrheit des Wortes Gottes haben. Der Prophet Jeremia geht hier noch weiter und verflucht den, der sich auf Menschen verlässt und Fleisch für seinen Arm hält oder erwählt (Jer 17,5).

Wenn man nun dieses mit der gemeinen Nachfolge der Lehrer vereinigt, so hat man alles, was zum Beweise der wahren Kirche nötig ist. Dies steht so fest, dass man ihm mit Grund nicht wohl widersprechen, vielweniger es widerlegen kann.

Nun kommt es auf die Frage an, bei welcher Kirche die wahre apostolische Lehre von Anfang her unterhalten worden sei und noch unterhalten werde. Dieses Vorrechtes rühmen sich zwar viele, wir überlassen es ihnen aber, und wollen uns an das Zeugnis unseres Gewissens halten, verglichen mit dem heiligen Evangelio Christi und dem Glauben der heiligen Kirche, wovon durchgängig in den alten Kirchengeschichten die Rede ist.

Um nun einen Beweis von dem Glauben, der von uns bekannt wird, zu geben, so sagen wir, dass wir von Herzen glauben und mit dem Munde bekennen.

Das Apostolische Glaubensbekenntnis 1. Ich glaube an einen Gott, den Vater, allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erde.

2. Und an Jesum Christum, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn.

3. Der vom Heiligen Geiste empfangen ist, geboren aus der Jungfrau Maria.

4. Der unter Pontius Pilatus gelitten hat, gekreuzigt, gestorben und begraben ist.

5. Der am dritten Tage wieder von den Toten auferstanden ist.

6. Der aufgefahren gen Himmel, und zur rechten Hand Gottes, des allmächtigen Vaters, sitzt.

7. Von wo er wiederkommen wird um die Lebendigen und die Toten zu richten.

8. Ich glaube an den Heiligen Geist.

9. Ich glaube an eine heilige, allgemeine christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen.

10. Vergebung der Sünden.

11. Auferstehung des Fleisches.

12. Und ein ewiges Leben.

Dieses ist das älteste und einfachste Glaubensbekenntnis, das man schon, wie sich annehmen lässt, in oder um die Zeit der Apostel bekannt hat, und wofür auch viele, ja die meisten ersten Christgläubigen, ihr Leben gelassen haben. Weil aber im Verlaufe der Zeiten durch den Widerspruch und die verkehrte Auslegung zanksüchtiger und nicht weniger irrender Leute, unter dem Vorwande, dass sie gute Christen wären, die rechtschaffene und einfache Meinung des aufgesetzten Bekenntnisses angefochten und bestritten worden ist, so haben die Rechtsinnigen in der Kirche Gottes, so oft sich solches zutrug und die Not es erforderte, sich selbst erklären müssen, wie und auf welche Weise diese und jene Stücke von ihnen verstanden und ausgelegt wurden.

Daher ist es gekommen, dass auch heutzutage unter denen, die man Taufgesinnte nennt, verschiedene Bekenntnisse gefunden werden, welche in der Form, nicht aber im Glauben, verschieden sind (wir reden von dem Grunde derselben), wodurch das oben angeführte Bekenntnis genauer ausgelegt und erklärt wird.

Unterdessen wollen wir hauptsächlich drei Bekenntnisse hier anführen, die im Jahre 1649, in der Stadt Haarlem, von sehr vielen Lehrern, die aus verschiedenen Landschaften daselbst sich versammelt hatten, ohne Widerspruch erkannt und angenommen worden sind, von denen zwei zu Amsterdam, im Jahre 1627 und 1630, das dritte aber zu Dortrecht, im Jahre 1632, den 21. April aufgesetzt worden sind, aus dem Grunde, weil in den darauf folgenden Jahren gewisse gemeinschaftliche Vereinigungen geschehen sind.

Erstes Bekenntnis, zu Amsterdam, den 27. Sept. 1627 aufgesetzt, genannt:

1.7.2  Schriftliche Anweisung, über welchen Leuten der Friede Gottes steht

auch wie dieselben zum Frieden und zur Einigkeit verpflichtet und verbunden sind, gegeben als eine Antwort auf verschiedene nachfolgende Fragen.

1. Welches sind die gewissen und Grundkennzeichen, wodurch die Kinder Gottes und Glieder Jesu Christi, welche die Gemeinde Gottes sind, nach dem Zeugnis des Wortes des Herrn erkannt werden können und müssen? Um diese Frage richtig zu beantworten, dient zu wissen, welches das Mittel sei, wodurch die Menschen Kinder Gottes, Glieder Jesu Christi und eine Gemeinde Gottes werden, denn obschon der gebenedeite Herr Jesus Christus die einige verdienstliche Ursache der Rechtfertigung des Menschen der Kindschaft Gottes und Grund der ewigen Seligkeit ist, so hat es dennoch Gott, dem himmlischen Vater, von welchem alle Dinge sind (1Kor 8,6), der der rechte Vater ist über alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden (Eph 3,14–15), gefallen, das Verdienst seines Sohnes, Jesu Christi,dem Menschen zuzueignen und ihn desselben teilhaftig zu machen, durch das Mittel des Glaubens an seinen geliebten, einigen und eingeborenen Sohn, wodurch er sie für seine Kinder erkennt, und sie zu Erben des ewigen Lebens annimmt, nach dem Zeugnisse Johannis, wenn er sagt: »Er, nämlich Christus, kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf, wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben die nicht von dem Geblüte, noch von dem Willen des Fleisches, oder von dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind.« Dieses bestätigt Paulus mit den Worten: »Ihr seid alle Gottes Kinder, durch den Glauben an Jesum Christum.« Durch dieses Mittel des Glaubens, der aus dem Worte Gottes gefasst und durch den Heiligen Geist bekräftigt worden ist, werden die Menschen aus Gott geboren; deshalb kommt ihnen diese Benennung, wie auch die Worte Kinder Gottes in der Wahrheit zu und ist ihnen eigen, indem sie Gott zu ihrem Vater, Christum zu ihrem Bruder haben; Gott der Vater erkennt sie für seine Söhne und Töchter, Christus schämt sich auch nicht, um dieser Ursache willen sie seine Brüder zu nennen. Die Kinder Gottes und Brüder Jesu Christi sind Gottes Erben, ja Miterben in dem Erbe ihres Bruders Jesu Christi, wie ihnen von Gott dem Vater durch das

Mittel des Glaubens, in Christo Jesu, alle erworbenen Wohltaten unseres Seligmachers Jesu Christi zugesagt und verheißen werden, dahin gehören hauptsächlich: Vergebung der Sünden, Rechtfertigung, Friede mit Gott, und welche, weil sie Kinder der Auferstehung sind, nicht ins Gericht kommen werden, sondern vom Tode zum Leben hindurchgedrungen sind, welche die Seligkeit, das ewige Leben und die unaussprechliche Freude genießen, ja alles besitzen werden, was der Herr Jesus Christus besitzt (Lk 22; Offb 21,7).

Deshalb antworten wir zum Beschlusse auf die aufgestellte Frage also, dass das gründliche und gewisse Kennzeichen der Kinder Gottes und der Glieder Jesu Christi eben dasselbe sei, wodurch ihnen in der Wahrheit nach Gottes Verheißungen solche Benennung zukommt und eigen ist, nämlich der alleinseligmachende Glaube, der durch die Liebe tätig ist, worauf Gott selbst mit gnädigen Augen sieht, und welcher allein vor ihm gilt. Folglich müssen auch wir, die wir einig oder einstimmig mit Gott sind, allein darauf sehen, indem der Herr Christus selbst auf den Glauben und das Bekenntnis Petri ihm die Seligkeit zusagt und hinzufügt: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.« (Mt 16,18)

Was der Glaube an Christum sei, und was geglaubt werden müsse, worauf er sehe, auch welches die inneren und äußeren Wirkungen des Glaubens sind, wollen wir im Nachfolgenden in der Kürze angeben Dieser Glaube an Christum, wodurch die Menschen aller erworbenen Wohltaten Jesu Christi teilhaftig werden, ist kein zweifelhaftes Bedenken, oder nur ein bloßes Mundbekenntnis, sondern ein festes und gewisses Vertrauen des Herzens, welches nicht in den Dingen zweifelt, die Gott in Christo verheißen hat, sondern es hat eine feste Gewissheit, dass er, der diese Wohltaten verheißen hat, auch mächtig sei, sie zu erfüllen. Durch dieses feste und gewisse Vertrauen wird derjenige, welcher an Gottes Verheißungen glaubt, in Jesu Christo, seinem Seligmacher gegründet, weil er weiß, dass alle Verheißungen Gottes Ja und Amen in ihm sind, woran er sich so fest hält, wie an einen gewissen und festen Anker seiner Seele. Dabei glaubt er von Herzen, dass Gott zur Erfüllung seiner gnädigen Verheißungen, um seine größte Liebe an dem menschlichen Geschlechte, welches durch die Sünde in dem Tode und in vielem Verderben versunken lag, zu ihrer Erlösung zu beweisen, als die in allen Weissagungen gesetzte Zeit erfüllet war, seinen einigen, lieben und werten Sohn, der von Ewigkeit her bei seinem Vater in großer Klarheit, vor der Welt Schöpfung, von ihm geliebt worden ist, in diese Welt gesandt habe, welcher große Reichtümer hatte und Gott, seinem Vater gleich

war, durch welchen alle Dinge erschaffen sind, und ohne welchen nichts von allem dem erschaffen ist, das im Himmel oder auf der Erde ist, in welchem es auch allzumal besteht, denn er trägt alles mit seinem kräftigen Worte (Heb 1).

Dieser hat seine göttliche Klarheit, Gestalt und seinen Reichtum verlassen, ist von Gott, seinem Vater, ausgegangen, aus dem Himmel gekommen, und hat sich in diese Welt heruntergelassen, so dass ihn eine Jungfrau empfangen und ihn zu Bethlehem geboren hat, woselbst Gott seinen erstgeborenen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches in die Welt bringt (Röm 8). Denn das Wort ward Fleisch, sodass es von Anfang war, und die Apostel haben es gesehen und mit ihren Ohren gehört, und haben es mit ihren Händen betastet vom Worte des Lebens, und das Leben ist offenbart worden oder erschienen, sodass man damals das Leben gesehen hat, das da ewig bei dem Vater war. Darum müssen auch alle wahren Gläubigen ihrem Seligmacher, nicht als einem Geschöpfe, sondern als einem Schöpfer alle göttliche Ehre beweisen und zueignen, wie sie auch dem Vater tun, denn obgleich er eine kurze Zeit geringer gemacht ist als die Engel, so müssen doch alle Engel Gottes ihn anbeten, er ist dessen auch würdig, der uns dergestalt geliebt hat, dass er uns durch seinen Tod erkauft und von unsern Sünden in seinem Blute gewaschen hat, der um unserer Sünde willen gestorben und um unserer Gerechtigkeit willen auferweckt worden ist, der dem Teufel, der Hölle und dem Tode seine Macht genommen, die sündliche Handschrift des Gesetzes zerrissen, und alle Sünden vergeben hat, der mit Gott, dem Vater, alles versöhnt, was im Himmel und auf Erden ist, dadurch, dass er durch sein Blut am Kreuz Friede gemacht, und das Leben und unvergängliche Wesen ans Licht gebracht hat, worin wir von Gott gesetzt sind, um die ewige Seligkeit zu ererben.

So ist denn der Herr Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, der wahre Eckstein, der Weg und die Türe zum ewigen Leben; es ist auch dem Menschen kein anderer Name gegeben im Himmel und auf Erden, wodurch er selig und ein Kind und Erbe Gottes werden könnte, als allein durch den Namen unseres Herrn Jesu Christi (Apg 4).

Der Gläubige, der durch den Glauben sieht, dass Gott in seinen teuersten und unaussprechlich großen Verheißungen nicht wandelbar ist, sondern sie in der Tat vollbringt, indem er seinen einigen, lieben und weiten Sohn dahin gegeben hat, ist dadurch versichert, dass nichts bei Gott ist, das er uns mit seinem Sohne nicht geben sollte.

Darum hat er ein festes Vertrauen, dass der Nutzen, den Gott in und durch das Leiden, Sterben, Blutvergießen, Auferstehen und die Himmelfahrt seines Sohnes verheißen hat, dem Gläubigen zugehöre, und dass er solche in der Tat empfangen werde. Aus diesem Glauben wird im Herzen der Gläubigen

Von der wahren Kirche Gottes 2c.

ein innerlicher Geschmack von der Freundlichkeit Gottes und von den Kräften der zukünftigen Welt geboren, darauf erfolgt Freude, Wonne und eine sichere Gemütsruhe in der Gunst des Vaters. Deswegen darf er in allen vorfallenden Nöten, im Vertrauen erhört zu werden, sagen: Abba, lieber Vater, und zweifelt nicht, obschon die verheißene Sache vor Augen des Menschen nicht erscheint, ja mit der Natur zu streiten scheint und jeden Begriff, Verstand und Vermögen des Menschen übersteigt.

Denn der Gläubige sieht nicht allein durch den Glauben auf die Dinge, die durch die Schöpfung und Regierung Gottes in der Natur (Begriff und Vermögen des Menschen) bestehen, sondern hauptsächlich auf die Güte und Allmacht dessen, der die Verheißungen gegeben hat, unter welchen die Natur und alles Vermögen der Geschöpfe im Himmel, auf der Erde und im Meere, ja der Tod selbst sich beugen müssen. Darauf steht der Gläubige fest, selbst wenn er von Gott durch widrig scheinende Dinge, mit Abraham, dem Vater aller Gläubigen, und vielen Frommen geprüft wird, und weiß, dass Gott nicht lügen kann.

Aber dieser Herzensglaube ist Gott, dem Herzenskündiger, am besten bekannt, der auch, weil er allein ein Richter der Sinne und Gedanken des Herzens ist, die inneren Kennzeichen des Glaubens in dem Herzen beurteilen wird, je nachdem er denselben rechtschaffen oder verstellt finden wird. Aber den Menschen, die von diesem Herzensglauben nicht anders urteilen können, als aus den Früchten des Glaubens, die sie hören und sehen, wird darum die Bekenntnis desselben mit dem Munde, und der Gehorsam des Glaubens in äußeren Werken als Kennzeichen vorgestellt. Deshalb darf der Gläubige (nach dem Befehl Christi) dasjenige, was er in seinem Herzen glaubt und wovon er einen Geschmack empfindet, auch öffentlich mit dem Munde zur Ehre seines Schöpfers und Seligmachers vor den Menschen bekennen, welche Leiden ihm auch daraus erwachsen mögen. Er kann es nicht lassen, er muss Gott mehr gehorchen, als den Menschen. Denn der Herr Christus hat gesagt: »Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.« »Daran, sagt Johannes, wird man erkennen, ob die Geister aus Gott sind: ein jeglicher Geist, der da bekennet, dass Jesus Christus ins Fleisch gekommen ist, der ist von Gott.« Und weil wir denselben Geist des Glaubens haben, spricht Paulus, nachdem geschrieben stehet: Ich glaube, darum rede ich; so glauben wir auch, darum reden wir auch.

Deshalb gereicht solches mündliche Bekenntnis, das aus dem Herzensglauben hervorgeht, zur Seligkeit, wie Paulus mit den Worten bezeugt: »So du Jesum bekennest mit deinem Munde, dass er der Herr sei: und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt habe, so wirst du selig. Denn so man von Herzen glaubt, so wird man gerecht, und so man mit dem Munde bekennet, so wird man selig.« (Röm 10,9–10)

Dieser Glaube beweist auch seine auswendigen Früchte der Liebe, die des Glaubens würdig sind; deshalb müssen die Gläubigen, nach der Lehre des Apostels Petri, »Fleiß anwenden, um aus dem Glauben Tugend, Bescheidenheit, Mäßigkeit, Geduld, Gottseligkeit, brüderliche Liebe und allgemeine Liebe darzureichen.« (2Pt 1,5) Und wandelt im Geiste, dessen Früchte als Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit, an ihnen auswendig gesehen werden. An welchen guten Früchten und brüderlichen Liebe, als äußerliche Kennzeichen des wahren Glaubens, sie erkannt werden als gute Bäume, als das Salz der Erde, als Lichter der Welt, als ein Licht, das auf dem Leuchter steht, um zu leuchten allen denen, die im Hause sind, und als eine Stadt, auf einem Berge gebaut, welche nicht verborgen bleiben kann. Also lassen sie ihre guten Werke leuchten vor den Menschen, damit sie sie sehen und Gott den himmlischen Vater preisen.

Denn gleichwie die Kinder, die in ihrem Äußeren und Betragen ihres Vaters Gestalt und Eigenschaften ausdrücken, danach beurteilt und erkannt werden, dass sie Kinder eines solchen Vaters seien, so werden auch die Gläubigen, die der göttlichen Natur durch die Wiedergeburt teilhaftig geworden sind (sodass sie Gott in ihren Tugenden nachahmen), daraus beurteilt oder erkannt, dass sie seine Kinder sind, werden auch von Christo und seinen Aposteln kräftig dazu ermahnt, dieses Bild wohl auszudrücken; unter andern mit den Worten: »Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.« »Denn nachdem der, der euch gerufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem euren Wandel.« »Ein jeglicher reinige sich selbst, gleichwie er rein ist.« »Seid barmherzig, gleichwie auch euer Vater barmherzig ist. Vergebt einander, gleichwie euch Gott vergeben hat.«

Ferner: »Selig sind die Friedenmacher, denn sie werden Gottes Kinder genannt werden.« Auch sagt der Herr: »Liebet eure Feinde, segnet die, so euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr (bezeugt, dass ihr) Kinder eures Vaters im Himmel seid; denn er lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten, und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.« Diejenigen nun, wo solches Bild Gottes durch das Anziehen des neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit erscheint, drücken das Bild Christi in ihrem sterblichen Fleische aus. Sie sind ein Brief Christi, in welchem Christus von allen Menschen gesehen und gelesen werden kann; diese werden auch mit Recht Christen, und folglich wahre Kinder Gottes und Glieder Jesu genannt; darum müssen sie auch von allen Gottesfürchtigen für solche erkannt und angenommen werden, indem sie zu einem Leibe gehören, welcher die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, die durch solchen fruchtbaren Glauben Gemeinschaft haben mit Gott, dem gerechten Richter, mit dem Mittler des neuen Testament, Jesu, mit der Gemeinde des Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind, mit vielen tausend Engeln, und mit allen Geistern der vollkommenen Gerechten (Hebr 12). Von dieser Gemeinde ist Christus das Fundament, Haupt, der König, Hirte,

Führer, Meister und Herr; sie allein ist sein Leib, geschmückte Braut, Taube, Herde und Volk, geistig Fleisch von seinem Fleische und Bein von seinem Beine.

Wenngleich nun dieser fruchtbare Glaube das einzige zuverlässige Grundkennzeichen ist, woran man die Kinder Gottes und Glieder Jesu Christi erkennen soll, durch welchen sie auch aus (wie wir wünschen) unverdienter Gnade der Wohltaten Christi teilhaftig werden, so hat es dennoch Gott gefallen, den Nutzen und die Verdienste seines Sohnes Jesu Christi, der allein (wie gesagt worden ist) durch den Glauben empfangen und in Gehorsam bewahrt wird, den Gläubigen auch durch einige auswendige oder sichtbare Zeichen vorzutragen oder abzubilden, damit die bezeichneten Sachen (von den Verheißungen der Gnade Gottes) durch die auswendigen Zeichen desto klarer hervorleuchten möchten, teils um die Gewissen der Gläubigen in dem neuen Bunde von der Gnade Gottes zu versichern, teils um die Glieder Jesu Christi, als Glieder, die zu einem Leibe gehören, untereinander in Einigkeit zu verbinden; deshalb hat er in der Gemeinde des Neuen Testaments insbesondere zwei solcher Ordnungen oder Zeichen eingesetzt, welche sich auf die bezeichneten Sachen beziehen, worin alle wahren Gläubigen großen Nutzen und Trost finden; diese sind die heilige Taufe und das heilige Abendmahl.

Von der heiligen Taufe Die heilige Taufe ist eine auswendige, sichtbare Ordnung, deren Gebrauch darin besteht, dass alle diejenigen, die die Lehre des heiligen Evangeliums hören, glauben und mit bußfertigem Herzen gern annehmen, zu einem heiligen Zwecke mit Wasser im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, nach der Einsetzung Christi und dem Gebrauche seiner Apostel, getauft werden.

Der Nutzen, den Gott der Herr auf seiner Seite durch das Zeichen der Taufe den wahren Gläubigen zu erkennen gibt, ist die Abwaschung der sündlichen Unreinlichkeiten der Seele durch die Ausgießung des Blutes Christi, welches die Vergebung der Sünden vorstellt, die durch dieses Blut erworben ist, zur Versicherung eines guten Gewissens mit Gott, wodurch die Gläubigen mit den Verheißungen der ewigen Seligkeit sich trösten.

Der Zweck, wozu die Getauften durch die Taufe verpflichtet und verbunden werden, ist, dass sie dadurch ihre Sünden in den Tod Christi begraben lassen sollen, sich zur Erneuerung des Lebens Jesu verbinden, um als Glieder des Leibes Christi (die Christum angezogen haben) ihre empfangenen Gaben zum Unterhalt und Besserung dieses Leibes in geistigen und leiblichen Sachen anzuwenden, und damit sie auch, als wahre Hausgenossen Gottes und Bürger des himmlischen Jerusalems, den bürgerlichen Rechten ihres obersten Königs, durch die Beobachtung aller seiner Gebote, gehorsam sein mögen (Mt 28,20).

Von dem heiligen Abendmahle Das heilige Abendmahl des Herrn ist eine Ordnung von Christo Jesu zu seinem Gedächtnisse eingesetzt, damit solches

alle diejenigen, die auf den wahren Glauben in Christo zu einem Leibe getauft sind, in der Gemeinde des Neuen Testamentes, bis zur Wiederkunft Christi, halten mögen. Es besteht dieser Gebrauch darin, dass ein Diener des Evangelii, nach der Einsetzung Christi und dem Gebrauche seiner Apostel, zu einem heiligen Zwecke Brot und Wein nimmt, das Brot bricht und den Wein einschenkt, und beides, nach vorhergegangener Zubereitung und Danksagung, den gläubigen Mitgliedern austeilt; das gebrochene Brot wird gegessen, der Wein getrunken, wobei Christi Passion, oder bitteres Leiden und Sterbens die Vergießung seines teuren Blutes und dessen Beweggründe, wie auch der Nutzen seines Todes, wodurch dem Menschen die Vergebung seiner Sünden zugeeignet, und durch dieses sichtbare Zeichen vorgestellt und verkündigt wird, damit die gläubige Gemeinde Gott für solche Wohltaten danken möge, und untereinander, wie es Gliedern eines Leibes zukommt, in Liebe und Einigkeit, als ein Herz und als eine Seele, hier friedsam leben und wandeln mögen.

Das Resultat alles dessen, was hierüber angegeben worden, ist folgendes:

1. Dass der Herr Christus das Fundament und die einige verdienstliche Ursache der ewigen Seligkeit sei.

2. Dass der wahre Glauben an ihn das Mittel sei, wodurch wir Kinder Gottes sind und seines Verdienstes teilhaftig werden.

3. Dass solche Kinder Gottes äußerlich an dem Bekenntnisse und den Früchten ihres Glaubens erkannt werden müssen.

4. Dass Gott diesen seinen Kindern, durch die auswendigen Zeichen der heiligen Taufe und des Abendmahls, seine gnädigen Wohltaten vor Augen stelle, sie, als Glieder Jesu Christi zu einem Leibe, das ist, zu einer Gemeinde Gottes und Christi, verpflichte und verbinde, wodurch sie auch zum Gehorsam ermahnt werden.

Hiermit könnte nun die Antwort auf die erste Frage beschlossen werden, da aber Gott der Herr zu seiner Gemeinde Wohlstände und zur Fortpflanzung der Wahrheit, die zu seines heiligen Namens Ehre und zu der Menschen Seligkeit gereicht, noch einige Sitten und Rechte, sowie gewisse Ämter, eingesetzt hat, zu deren Beobachtung (nach den Umständen der Sachen) die wahren Glieder der Gemeinde Gottes auch verpflichtet und verbunden sind, so wollen wir dieselben an die Vorhergehenden in der Ordnung anhängen, und zwar so kurz, als es die Sache leiden mag, umso mehr, weil auch unser Friedensanerbieten an die im Glauben einstimmigen Völker darauf hinweist, damit desto deutlicher ersehen werden möge, ob sie mit uns und wir mit ihnen in der christlichen Haushaltung einig seien, um nach denselben durch den christlichen Gehorsam in der Liebe, im Frieden und Eintracht miteinander zu leben.

Von dem Amte der Lehrer und der Diener in der Gemeinde, und, wie die Wahl zu diesen Ämtern und die Befestigung in denselben nach der Ordnung Gottes geschehen müsse Gleichwie ein Leib aus verschiedenen Gliedern besteht, von denen ein jedes Glied seine eigene und besondere Wirkung hat, und deren Wirkungen nicht alle in gleichem Maße zum

Gedeihen des Körpers beitragen; so verhält es sich auch mit der Gemeinde Gottes; denn obschon eine jede gläubige Person ein Glied ist an dem Leibe Christi, so sind sie um deswillen nicht alle Hirten, Lehrer, Ältesten und Diener, denn diese sind solche, welche ordentlich zu solchen Ämtern eingesetzt sind. Deshalb kommt auch die Bedienung dieser Ämter, als das Wort Gottes öffentlich zu predigen, die heiligen Verordnungen der Taufe und des Abendmahls nach der Einsetzung Christi und dem Gebrauche seiner Apostel zu bedienen, solchen verordneten und dazu erwählten Personen, als Hirten und Lehrer zu, gleichwie es der Diener Amt ist, die Armen in ihrer Not zu versorgen.

Was ihren Beruf und die Erwählung zu diesen Ämtern betrifft, so muss man die Bedingungen ins Auge fassen, die von solchen Personen (welche die obigen Ämter würdig bedienen sollen) erfordert werden, nach der Vorstellung Pauli (1Tim 3; Tit 1,1). Um nun solche zu erlangen, ist es nötig, dass sich die Gemeinde durch eine Gott verehrende Furcht, Fasten, Bitten, und mit einer anhaltenden, ernstlichen Anrufung des Namens Gottes zu bereiten, dass er, der alle Herzen kennt, durch einstimmige Wahl der Gemeinde, anzeigen wolle, welchen er, der Gebenedeite, zu solchem Dienste würdig erkennt, in dem Vertrauen, dass der Herr, der die Gebete derer, die also in seinem Namen versammelt sind, hört, und auch tut, was die Gottesfürchtigen begehren, durch seinen heiligen Geist alsdann seine Mitwirkung obwalten lassen, und solche offenbaren werde, die er zu diesem Dienste für tauglich hält, worauf sie dann zu diesem Dienste (nachdem sie zuvor untersucht worden sind) vor der Gemeinde, durch die Lehrer, mit Handauflegung befestigt werden.

Von dem Fußwaschen Wir bekennen, dass das Fußwaschen eine Ordnung Christi sei, welche er selbst an seinen Jüngern bedient, und wozu er nach seinem Exempel die wahren Gläubigen zur Nachfolge mit den Worten ermahnt hat: »So nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt ihr euch auch untereinander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, dass ihr tut, wie ich euch getan habe.« Ferner: »So ihr solches wisst, selig seid ihr, so ihr’s tut.«

Die Ursache, warum der Herr diese Ordnung eingesetzt hat, ist hauptsächlich diese, um in seiner wahren Erniedrigung uns zu erinnern, dass wir aus Gnaden durch das Blut Christi von unsern Sünden gewaschen sind, und dass er, unser Herr und Meister, durch sein demütiges Exempel uns zur wahren Erniedrigung untereinander verpflichte und verbinde, wie denn auch der Apostel das Fußwaschen unter die Werke der Tugend zählt (1Tim 5,10).

Von dem Ehestand Den Ehestand halten wir für eine Ordnung Gottes, die zuerst von Gott in dem Paradiese eingesetzt, und an unsern Voreltern Adam und Eva bestätigt worden ist, die als Mann und Weib nach dem Bilde Gottes erschaffen waren, als sie beide bei Gott noch in Gnaden standen.

Nach dieser ersten Einsetzung, und zufolge der Ordnung Christi (Mt 19,4), soll noch jetzt der Ehestand der Kinder Gottes, (die einander in dem Geblüte nicht zu nahe verwandt sind) nach vorhergegangenem Gebete angefangen und unverbrüchlich gehalten werden, sodass jeder Mann sein eigenes Weib, und jedes Weib ihren eigenen Mann haben soll; diese kann nichts scheiden als Ehebruch.

Also ist es einem Bruder erlaubt, eine Schwester zu seinem Weibe anzunehmen, auch darf eine Schwester heiraten, wen sie nur will, nur dass es in dem Herrn geschehe, nämlich nach des Herrn Ordnung und Wohlgefallen, wie zuvor angeführt. Aber wir finden nicht, dass Gott jemals durch sein Wort verordnet oder eingesetzt hat, dass ein gläubiges Mitglied der Gemeinde sich mit einer ungläubigen weltlichen Person ehelich verbinden soll, wohl aber, dass Gott, der Herr, sich über diejenigen, die solches getan haben, sehr erzürnt und erklärt habe, dass sie Fleisch wären, die sich von seinem Geiste nicht strafen, lassen wollten. Darum strafen wir auch alle, die hierin ihrer Fleischeslust folgten, wie andere fleischliche Sünder.

Vom Amte der weltlichen Obrigkeit Die weltliche Macht oder Obrigkeit ist von Gott in allen Landen verordnet und trägt das Schwert nicht umsonst, denn sie ist Gottes Dienerin und eine Rächerin zur Strafe über diejenigen, die Böses tun, und zum Lobe der Guten.

Einem jeden wird befohlen, der Gewalt der Obrigkeit untertan zu sein. Wer nun dieser Gewalt widersteht, der widersteht Gottes Ordnung; diejenigen aber, die derselben widerstehen, werden über sich selbst ein Urteil empfangen.

Darum sind auch alle wahren Gläubigen schuldig und durch das Wort Gottes verbunden, die Obrigkeit zu fürchten, ihr in allen Dingen Ehre und Gehorsam zu erweisen, die nicht gegen ein Gebot des Herrn streiten, und ihr ohne Lästern oder Murren Zins, Zoll und Schätzung zu geben, weil wir doch aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, nach den Worten Petri, untertan sein, und den allmächtigen Gott für dieselbe bitten, auch dem Herrn aufs Höchste für die gute und redliche Obrigkeit danken müssen.

Dennoch finden wir nicht, dass der Herr Jesus Christus dieses Amt der weltlichen Macht in seinem geistigen Reiche der Gemeinde des Neuen Testamentes eingesetzt, oder den Ämtern seiner Kirche hinzugefügt habe; auch hat er ihnen keine Gesetze gegeben, die sich auf solches Amt und solche Regierung beziehen, sondern er hat zu seinen Lehrjüngern gesagt: »Die weltlichen Könige herrschen, und die unter ihnen Gewalt haben, heißt man gnädige Herren; aber also soll es nicht unter euch sein.« (Mt 20; Lk 22) Wir wollen es hierbei bewenden lassen, und achten es unnötig, hierüber noch mehr zu sagen.

Von dem Eidschwure Um eine Sache, die in sich selbst gut und wahrhaftig war, zu bekräftigen, ist den Vätern des Alten Testaments zugelassen,

und erlaubt gewesen, einen Eid bei dem Namen Gottes zu tun.

Aber der Sohn des lebendigen Gottes, der König und Gesetzgeber des Neuen Testamentes, an dessen Gebot wir durch eine Stimme von Gott aus dem Himmel verpflichtet und verbunden sind, hat den Christen jeden Eidschwur verboten, wie auch der Apostel Jakobus tut: »Darum ist den Gläubigen des Neuen Testamentes der Eidschwur nicht erlaubt.«

Von der Absonderung Die Absonderung oder das Hinaustun aus der Gemeinde ist ein Schluss oder Urteil der Gemeinde, aus Kraft und Autorität des Wortes Gottes, über ein Glied oder Glieder der Gemeinde, die durch offenbare Sünden, anstößiges Leben, Ketzerei oder Hartnäckigkeit sich selbst von Gott und der Gemeinschaft Jesu Christi abgesondert haben, sodass sie nicht länger in das Reich Christi, noch zu seiner Kirche gehören; darum wird ihnen auch aus dem Worte Gottes im Namen der ganzen Gemeinde die Bruderschaft oder Schwesterschaft aufgekündigt. Die Ursachen, warum solches geschieht, und worauf die Gemeinde in der Absonderung sehen muss, sind insbesondere diese: 1. Damit sie dadurch beweise, dass ihre Lehre solche Sünden keineswegs zulässt, sondern ganz und gar dagegen streitet, und dass auf solche Weise die Lehre sauber erhalten und der Name ihres Gottes geheiligt werde. 2. Damit sie durch die Absonderung in der Tat beweise, dass sie ein Feind der Sünden, aber keineswegs denselben zugetan sei, und damit sie die Ursachen abwende, wodurch die Gemeinde gelästert werden möchte. 3. Damit nicht durch einen beständigen Umgang und Gemeinschaft mit den Bösen, die Guten durchsäuert oder verdorben werden möchten. 4. Damit der Sünder durch das Ausschließen und Entziehen in seinem Gewissen überzeugt und durch Beschämung zur Besserung und seiner Seligkeit bewogen werde. 5. Damit andere, wenn sie solches hören und darnach wandeln, ermahnet werden, sich zu fürchten, solchen Bösen nachzufolgen.

Aber man muss zu allen Zeiten bereit sein, den abgesonderten Sünder, wenn er wahre Früchte der Buße beweist, wieder im Frieden in die Gemeinschaft der christlichen Gemeinde aufzunehmen, wenn er solches ernstlich begehrt (2Kor 2).

Von der Meidung Der tägliche Umgang und die Vermengung mit den gottlosen Abgefallenen in gemeinem Essen, Trinken, Kaufen, Verkaufen und dergleichen, unnötigen, zeitlichen oder weltlichen Händeln ist nicht nur für die Frommen gefährlich, die entweder durch solches besudelt oder für des Abgefallenen Mitgesellen angesehen und gerechnet werden können, sondern es ist auch für den Abgefallenen selbst schädlich, indem er durch solche Vermengung vielleicht in der Sünde mag gestärkt werden, sodass er seine Missetat desto weniger achtet. Deshalb weist uns das Wort Gottes an, dass, um nach der

Salbung des Geistes die Gefahren der Sünden und Ärgernisse zu meiden, auch um den gefallenen Sünder zur Beschämung und Besserung zu bringen, die wahren Glieder Christi sich dem täglichen Umgange und der Vertrautheit mit den Abgefallenen und Unbußfertigen entziehen, sie meiden und nichts mit ihnen zu tun haben müssen, und das ohne Ansehen der Personen, insofern sie durch keine Gebote Gottes den Abgefallenen verpflichtet und verbunden sind. Denn um der Meidung willen soll niemand etwas vornehmen, das gegen die Liebe, wohltätige Barmherzigkeit, christliche Bescheidenheit und Gerechtigkeit streitet, welche höchsten Tugenden ein Christ allen Menschen, ja selbst seinen Feinden zu erweisen schuldig ist; außerdem sind alle Gesetze von Gott gegeben, welche um keiner Ursache willen vermindert, vielweniger gebrochen oder übertreten werden sollen.

Von der Wiederkunft Christi, der Auferstehung der Toten und dem letzten Gerichte Zuletzt glauben wir, dass der Sohn des lebendigen Gottes, der Herr Jesus Christus, unser einiger Prophet, Priester und König, sichtbarlich, wie er aufgefahren ist, vom Himmel herniederkommen werde in den Wolken, und alle heiligen Engel Gottes mit ihm, mit großer Kraft und Herrlichkeit, mit einem Feldgeschrei und Stimme des Erzengels, mit der Posaune Gottes, welche überall gehört werden wird. Alsdann werden alle Menschen, die auf der Erde gelebt haben und gestorben sind, Gute und Böse, Gerechte und Ungerechte, von den Toten in die Unsterblichkeit auferstehen, mit ihrem eigenem Leibe, worin sie gelebt haben; diejenigen aber, die an diesem Tage noch leben und den Tod nicht geschmeckt haben, werden in einem Augenblicke, zur Zeit der letzten Posaune, zur Unsterblichkeit verwandelt werden.

So wird denn also das ganze menschliche Geschlecht vor den Richterstuhl Christi gestellt werden, wo ein jeder an seinem eigenen Leibe empfangen wird, nachdem er gehandelt hat, es sei gut oder böse; denn der Herr Jesus Christus wird alsdann, gleichwie ein Hirt, die Schafe von den Böcken scheiden; diejenigen, die Gutes getan haben, wird er zu seiner Rechten stellen, diejenigen aber, die Böses getan haben, zu seiner Linken, und wird darüber ein ewiges, unwiderrufliches Urteil fällen.

Zu den wahren Gläubigen, die aus dem Glauben Werke der Liebe und der Barmherzigkeit getan haben, wird er sagen: »Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch von Anbeginn der Welt bereitet ist.« Diese werden in den Wolken dem Herrn entgegen aufgenommen werden, und er wird sie mit sich führen in das ewige Leben, in die himmlische Glorie und Herrlichkeit. Daselbst werden sie ewiglich bei dem Herrn unter der Zahl vieler tausend Engel, in der Gesellschaft Abrahams, Isaaks, Jakobs und aller Frommen in großer unaussprechlicher Freude und Wonne sein.

Aber die Ungerechten, die Gott nicht erkannt haben, und dem Evangelio unseres Herrn Jesu Christi nicht gehorsam gewesen sind, und keine Werke der Liebe und Barmherzigkeit getan haben, werden zum ewigen Feuer verurteilt werden durch die schweren und unerträglichen Worte: »Gehet hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist!« Daselbst wird Heulen und Zähneklappern sein, wodurch ihr Feuer nicht ausgelöscht wird; es wird Druck, Pein, Ungnade, Zorn und das ewige Verderben über sie kommen vor dem Angesichte des Herrn und von der Herrlichkeit seiner mächtigen Stärke.

Gott, voller Gnade und Barmherzigkeit, wolle uns durch Jesum Christum, seinen lieben und werten Sohn, in der Kraft des heiligen Geistes vor der erschrecklichen Strafe der Gottlosen bewahren, und verleihe uns seine Gnade, damit wir hier auf Erden heilig leben und selig sterben mögen, zu einer fröhlichen Auferstehung und freudigen Erscheinung vor dem Angesichte seiner Herrlichkeit. Amen.

Darauf folgen noch zwei Fragen mit ihren Antworten die wir auch hier hätten anführen können, aber wir halten es für unnötig, indem in der angeführten Verhandlung das Wesentliche oder der ganze Hauptinhalt des Bekenntnisses des selig machenden Glaubens, wenn es nur recht in Acht genommen wird, enthalten ist.

Dabei war ein Brief, als eine Vorbereitung zum Frieden, von verschiedenen Personen unterzeichnet, Ältesten und Lehrer.

Zweites Bekenntnis, gleichfalls zu Amsterdam, den 7. Oktober 1630 aufgesetzt, genannt:

1.7.3  Bekenntnis des Glaubens und der wichtigsten Stücke der christlichen Lehre u. s. w.

welche ohne Abteilung der besonderen Artikel ist, ausgenommen den Glauben an Gott und den Wandel in der Gemeinde.

Wir glauben mit dem Herzen und bekennen mit dem Munde, dass ein einiges, ewiges, unbegreifliches, geistiges, Wesen sei, welches in der Heiligen Schrift Gott genannt wird, welchem allein Allmacht, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Vollkommenheit, Weisheit, alle Güte, Allwissenheit zugeschrieben, und welches eine Quelle des Lebens, und ein Ursprung alles Guten, ein Schöpfer aller Dinge, und ein Erhalter derselben genannt wird; der im Alten Testamente mit verschiedenen Namen, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, ich bin der, der ich bin, das A und O, und dergleichen mehr; im Neuen Testamente aber, mit drei verschiedenen Namen Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist genannt wird, von denen wir bekennen, dass sie insoweit voneinander verschieden sind, dass der Vater, sofern er Vater ist, ein anderer

sei, als der Sohn, und der Sohn, insofern als er Sohn ist, auch ein anderer als der Vater ist; der Heilige Geist aber, insofern er ein wahrer Heiliger Geist ist, auch ein anderer als der Vater und Sohn ist; und obgleich sie dem Namen nach verschieden sind, so sind sie doch in ihrem göttlichen Wesen und ihrer Eigenschaft ein einiger und ungeteilter Gott, nach dem Zeugnisse des Apostels. »Drei sind im Himmel, die da zeugen, der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins.« (1Joh 5,7)

Dass dieser heilige Gott durch seine große Macht und unbegreifliche Weisheit, innerhalb sechs Tagen, Himmel und Erde mit allen sichtbaren und unsichtbaren Dingen aus nichts erschaffen, am sechsten Tage aber dem Menschen einen Leib vom Staube der Erde zubereitet, in seine Nase einen lebendigen Atem geblasen und ihn so zu einer lebendigen Seele oder zum Menschen gemacht habe; dass er auch diesen Menschen über alle Kreaturen erhoben, mit Weisheit, Verstand und Vernunft begabt, und ihn zum Herrn über alle Kreaturen gesetzt, ja sogar nach seinem göttlichen Bilde in Heiligkeit und Gerechtigkeit zur Unsterblichkeit erschaffen und in den Lustgarten Eden gesetzt habe, wo ihm in Ewigkeit hätte wohl sein können; dass er aber gleichwohl von ihm ein wahres gehorsames Herz gefordert habe, indem er sagt: »Du sollst essen von allen Bäumen des Gartens, aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen, denn welches Tages du davon essen wirst, sollst du des Todes sterben,« worunter wir verstehen, dass der Mensch einen freien Willen gehabt habe.

Dass der Mensch durch der Schlange List und des Teufels Neid seinem Schöpfer ungehorsam geworden sei, wodurch er für sich und alle seine Nachkömmlinge in den Tod und in Verdammnis gefallen und dadurch aus der herrlichsten die elendeste Kreatur geworden ist.

Dass Gott der Herr, als er den Fall seines herrlichsten Geschöpfes sah, und dass er davon weder durch sich selbst, noch durch irgendeine andere Kreatur hätte erlöst werden können, bewiesen habe, dass er ein gnädiger und barmherziger Gott, ja die höchste oder einige Güte selbst sei, welche darin bestand, dass er den Menschen und alle, die in ihm gefallen waren, aus lauter Gnade, ohne Verdienst mit sich selbst zu versöhnen gesucht habe.

Weil es aber die Gerechtigkeit Gottes erforderte, dass die begangene Sünde nicht ungestraft bleiben und keine Kreatur (wie gesagt) für dieselbe genug tun konnte, so hat er dem Menschen seinen einigen geliebten Sohn als Seligmacher zu senden nicht allein auf mancherlei Weise verheißen, sondern auch mit verschiedenen Bildern vorgebildet.

Dass der Herr dem Menschen sowohl nach dem Falle als vor dem Falle den Willen gelassen habe, damit er die ihm angebotene Gnade Gottes durch den Glauben an den verheißenen Seligmacher annehmen oder verwerfen könne; solches ist aus der Aussendung seiner Propheten, Apostel und Jünger, wie

auch an der freundlichen Einladung seines geliebten Sohnes zu ersehen und das auch mit Recht, damit er, als ein gerechter Richter, rechtmäßige Ursache haben möge, am jüngsten Tage die Verächter mit der höllischen Pein zu strafen und die gehorsamen Schäflein mit himmlischer Freude zu belohnen.

Dass der Herr auch ein wahrhaftiger Gott sei, der es sich nicht hat reuen lassen, was er verheißen, und als die Zeit erfüllet war, die er in seinem himmlischen geheimen Rate beschlossen hatte, seinen einigen, eigenen und wahren Sohn zu einem Heilande in die Welt gesandt hat.

Und weil wegen der Geburt unseres Heilandes nach dem Fleische lange Jahre viel Streit geherrscht und noch täglich stattfindet, so glauben und bekennen wir, dass dieselbe eine übernatürliche Geburt sei, die mit keines Menschen Vernunft zu durchschauen ist. Dennoch glauben und bekennen wir auf Grund der Schrift, dass das ewige, nicht ausgesprochene, sondern selbst sprechende wesentliche Wort, das vor Grundlegung der Welt in großer Klarheit bei dem Vater war, vor Abraham war, auch im Anfange bei Gott und Gott selbst war, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit war, durch den alle Dinge geschaffen sind und ihr Wesen empfangen haben, dass, sagen wir, dasselbe wesentliche Wort in der Fülle der Zeit vom Vater ausgegangen, und vom Himmel in die untersten Örter der Erde herangekommen, auch nach der Weissagung in Jes 7 in dem jungfräulichen Leibe Maria, die zwar dem Joseph vom Hause David vertrauet, aber nicht von ihm erkannt war, durch die Kraft des höchsten Gottes und die Überschattung des Heiligen Geistes zu Nazareth, damit er Nazarenus heißen möchte, empfangen und Fleisch geworden sei, und dennoch blieb, was er war, nämlich: Gott und Gottes Sohn, welcher ward, was er nicht war, nämlich ein Mensch und des Menschen Sohn, indem wir bekennen, dass das Kindlein, womit Maria schwanger war und das zu Bethlehem geboren und aufgewachsen ist, und an dem Kreuze gelitten hat, auswendig und inwendig, sichtbar und unsichtbar, wie er hier in der Fremde gewallt hat, der ewige, einige und wahre Sohn Gottes und unser aller Erlöser gewesen sei.

Wir glauben und bekennen gleichfalls, dass er gekommen sei, uns von dem Fluche zu erlösen, und dass er sich darum dem Gesetze unterworfen habe, am achten Tage beschnitten wurde, und dass ihm der Name, der von den Engeln genannt war, ehe er geboren wurde, gegeben worden sei, nämlich Jesus, damit er dadurch dass er sein Volk selig von ihren Sünden macht, beweisen möchte, dass sein heiliger Name mit der Tat übereinkommt. Wir bekennen, dass er unser einiger, wahrer Prophet, Hohepriester, und geistiger König sei, der uns nach seinem prophetischen Amte, den großen, heimlichen, verborgenen Rat Gottes von dem ewigen Frieden mit Gott, durch das heilige Evangelium, und ferner alles, was uns zum neuen Leben nötig ist, verkündigt hat, der nach seinem priesterlichen

Amte, nicht allein am Stamme des Kreuzes ein Opfer für seine gläubigen Schafe geopfert hat, welches ewig gilt, sondern der auch nach seiner ewigen Auferstehung in das Heilige des Heiligen, ja in das Allerheiligste, nämlich den Himmel selbst, nicht mit der Böcke und Kälber, sondern mit seinem eignen Blute eingegangen ist, wodurch er auch für alle, die an ihn glauben, eine ewige Erlösung erworben hat, ja zur Rechten Gottes, seines himmlischen Vaters sitzt, wo er, als ein Hohepriester, seine heiligen Gebete für seines Volkes Unwissenheit ausschüttet und eine Vergebung derselben für sie erwirbt.

Er hat auch, nach seinem königlichen Amte, als ein siegreicher Prinz, Tod, Teufel, Hölle und alle andere Feinde überwunden, und seinen Reichsgenossen eine Stätte bereitet, regiert auch mit dem Zepter seines Wortes, beschützt diejenigen, welche ihm vertrauen, und hilft ihnen den Sieg erhalten, bis sie das ewige Reich von seiner Hand empfangen.

Weil aber sein Reich nicht von dieser Welt war, so hat er auch dasselbe nicht durch fleischliche Waffen, Eisen oder Stahl, sondern durch Leiden und Streiten im Fleische eingenommen, zu dem Ende hat er, sich zu Anfechtung, Trübsal und Leiden bereit gemacht und den verfluchten Kreuzestod unter Pontius Pilatus auf sich genommen; hierbei bekennen wir, dass dieser Herr Jesus Christus, der zu Jerusalem gekreuzigt worden ist, und auf dem Berge Calvaria unter dem Ausrufen seines seufzenden Geistes und unter Bewegung des Himmels und der Erde, den Tod geschmeckt hat, Gottes einiger und eigener Sohn gewesen sei, und dass wir also mit Gott durch das Blut und den Tod seines Sohnes versöhnt seien, der die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst gemacht hat.

Zum Beweise, dass er wahrhaftig gestorben, hat ihn Joseph von Arimathia vom Kreuze herabgenommen, hat ihn in ein weißes, sauberes Kleid gewickelt, in ein neuausgehauenes Grab gelegt und einen großen Stein davor gewälzt, welches Grab nachher von Wächtern bewacht worden ist.

Da es aber nicht möglich war, dass er von den Banden des Todes hätte gehalten werden können, oder dass der Heilige die Verwesung gesehen hätte, so glauben und bekennen wir gleichfalls, dass er durch die Herrlichkeit des Vaters, nach den Weissagungen der Propheten, am dritten Tage unter Bewegung des Himmels und der Erde, von den Toten erweckt worden und leiblicher Weise aufgestanden sei; dass er dann seine Auferstehung vierzig Tage lang mit Worten, Zeichen und Wundern befestigt, sie gelehrt, getröstet, ermahnt hat, und endlich auf dem Ölberge, mit einer Wolke umgeben und unter dem Zuschauen seiner Jünger sichtbar gen Himmel gefahren, in das Allerheiligste eingegangen ist, sich als einen rechten Hohepriester, Mittler und Fürsprecher zwischen Gott und dem Menschen, zur rechten Hand der Majestät in der Höhe gesetzt, und beständig vor dem Angesicht seines Vaters erscheint, um für seine Gläubigen zu bitten.

Und da er sie vor seinem teuren Leiden sie gelehrt und getröstet hat, damit ihre Herzen nicht erschrocken sein möchten,

wenn er gen Himmel gefahren sein würde, dass er ihnen einen andern Tröster, den Heiligen Geist, senden wolle, so glauben wir auch, dass unser Herr und Seligmacher Jesus Christus, der ewig gebenedeite, als ein wahrer Gott, in diesem Stücke auch wahrhaftig erfunden worden sei und seinen Heiligen Geist zehn Tage nach seiner Himmelfahrt, zu oder auf seine Apostel in Jerusalem sichtbar gesandt habe, welcher derselbe Heilige Geist und Weisheit, Kraft und Macht Gottes ist, der vom Vater durch den Sohn ausgeht und nicht weniger mit dem Vater und Sohne ein ewiger, ungeteilter Gott, auch ein Lehrer, Geleitsmann und Wegweiser aller Gottesfürchtigen und Trost suchenden Seelen ist, wie dieselben nach und zu dem geistigen Kanaan gelangen mögen.

Wir glauben auch, dass Gott der Herr mit den heiligen Engeln im Himmel, und dann mit zwei geheiligten Personen im Paradiese, und endlich aus allen zerstreuten Völkern der Erde ein bußfertiges und gläubiges Volk zu seinem Volke erwählt habe, welches nicht allein eine allgemeine christliche Kirche, oder Versammlung der gottesfürchtigen Menschen genannt wird, sondern die auch der Herr Christus mit seinem teuren Blute erkauft und mit den Wassern des Heiligen Geistes gewaschen und gereinigt hat, damit er sich selbst eine ehrbare Gemeinde schaffen möge, die nicht einige Flecken, Runzeln oder dergleichen habe. Und weil sie ihm so teuer zu stehen kommt, so hat er diese heilige Gemeinde, zu seines Reiches Wohlfahrt und Vermehrung, nicht unversorgt lassen wollen, sondern hat dieselbe, nicht allein vor, sondern auch nach seiner Himmelfahrt, mit Glauben, Liebe, Hoffnung und andern Ordnungen versehen, nämlich mit der Bedienung des heiligen Wortes und der Armenpflege, oder dem Amte der Diener, und in derselben einige zu Propheten, Hirten, Lehrern, Helfern und Regierern gesetzt, welche er auch ausgesandt hat, damit durch gemeinen Rat die Gemeinde Gottes weislich versorgt würde. Desgleichen haben die Apostel selbst auch ihren Nachfolgern befohlen, solche Männer mit Fasten und Beten zu erwählen. Dieselben soll man zuerst untersuchen, dann lasse man sie dienen; es sollen auch die Gläubigen solche Männer ehren, lieben und ihnen gehorchen.

Und weil diese Gemeinde das Bild des wahren Wesens im Himmel darstellt, so pflegen sie auch hier auf Erden, äußerlich in der Predigt des Wortes, der Taufe, des Abendmahls und anderer christlichen Ordnungen, wie auch inwendig im Geiste eine wahre Gemeinschaft, hier und auch im Himmel mit Gott und allen Heiligen des Herrn, worauf das wahre Wesen selbst am jüngsten Tage folgen wird.

Sachen, wodurch diejenigen, die sich in dieser Gemeinde vereinigen, sich den Sitten, Gesetzen und Ordnungen, gutwillig in Gehorsam unterwerfen, die der Herr Christus, als das Oberhaupt seiner Gemeinde, und einziger Gesetzgeber des Neuen Testamentes, in seiner Gemeinde verordnet hat, welche auch von uns gelehrt und in der Schwachheit unterhalten werden, als da ist: Erstlich, der bußfertigen und gläubigen Erwachsenen

Taufe, welche eine äußerliche evangelische Verhandlung ist, in welcher der Mensch, der seine Sünden recht büßt, sein Herz mit dem Glauben an Christum bekleidet, und dadurch seine irdischen Glieder begräbt, und in einem neuen bußfertigen Leben aufersteht, von einem dazu verordneten unsträflichen Diener, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, zur Vergebung aller seiner Sünden mit gemeinem Wasser getauft wird ; und wenn der Mensch auf die rechte Buße und den christlichen Glauben gemäß getauft ist, so taufen wir ihn nicht wieder.

Zweitens, das heilige Abendmahl des Herrn, sonst die christliche Einigkeit genannt, welches allein unter den Gläubigen nicht mit geweihtem, sondern gemeinem Brote und Weine gehalten wird, nicht nur zum Gedächtnisse des teuren, heiligen und bittern Leidens und Sterbens, sowie der herrlichen Auferstehung unseres Heilandes und Seligmachers Jesu Christi, sondern auch der tröstlichen Früchte, die allen Gläubigen deshalb zubereitet sind, damit sie durch dasselbe nicht allein bewogen werden, das bittere Leiden und Sterben Jesu Christi, welches zur Versöhnung ihrer Sünden geschehen ist, treulich zu feiern, sondern auch den Herrn für die Wohltaten, die daraus entstanden sind, mit einer innerlichen, geistigen Danksagung zu loben und zu segnen, wie auch ihre christliche, brüderliche und geistige Einigkeit mit einem heiligen gottseligen Leben dem Herrn zur Ehre zu befestigen.

Darauf folgt das Fußwaschen der Heiligen, wo wir, wenn wir von unsern Glaubensgenossen, die von fremden Orten kommen, besucht werden, denselben nach dem Gebrauche des Alten Testamentes und dem Exempel Christi, bei Gelegenheit die Füße waschen sollen, womit wir unsere Niedrigkeit gegen Gott und unsern Nächsten bezeugen sollen, mit einem demütigen Gebete, dass der Herr uns immer mehr in der Demut stärken; und dass er auch unsere Seelen mit seinem Blute und den Wassern des Heiligen Geistes von allen Befleckungen und Unreinigkeiten der Sünden abwaschen und reinigen wolle, gleichwie wir untereinander die Füße gewaschen haben, damit wir vor seinem Vater rein und ohne Tadel erscheinen mögen. Desgleichen die Werke der Liebe, die wir in drei Teile teilen. 1. Dass ein Gläubiger schuldig sei, seine Almosen, nachdem der Herr ihn gesegnet hat, zu den Dienern zu bringen, damit sie etwas haben mögen, womit sie füglich die gläubigen Armen unterhalten können. 2. Die Kranken, gefangenen und betrübten Herzen zu besuchen, zu trösten, zu bedienen, und bei ihnen nach Befinden der Umstände zu wachen. Wenn wir unsere Glaubensgenossen in schwerer Haushaltung, schlechtem Stande, schlechter Nahrung und Beschaffenheit sehen, denselben mit Rat und Tat zu helfen, auch einem Fremden seine Nahrung zu gönnen, und bei ihm zu wohnen.

Als der Ehestand, der im Paradiese gut und wohl eingesetzt war, dann aber durch Wollust von den Kindern der ersten Welt, wie auch durch die Verhärtung der Herzen der Juden, in Missbrauch gekommen war, so hat der große Gesetzgeber des Neuen Testamentes solchen wieder nach der ersten Ordnung eingerichtet (Mt 19,4) und der Apostel sagt:

»Ein Weib ist gebunden an das Gesetz, solange ihr Mann lebt; so aber ihr Mann entschläft, ist sie frei zu heiraten, wen sie will; allein dass es in dem Herrn geschehe.« (1Kor 7,39) Darunter verstehen wir, dass ein Gläubiger keine Freiheit habe, sich mit einem Ungläubigen in der Ehe zu vereinigen, sondern nur mit einem solchen, der mit ihm von einem himmlischen Vater, aus einem unvergänglichen Samen, und also aus einem geistigen Geschlechte, neu, himmlisch und geistig wiedergeboren ist; denn weil sie in der Taufe ihre Glieder Gott aufgeopfert, und unter den Gehorsam ihres Hauptes Christi begeben haben, so dürfen sie nun ihre Glieder Christo, ihrem Haupte, nicht entziehen, und mit den Unwiedergeborenen an einem Joche ziehen.

Das Amt der weltlichen Obrigkeit erkennen wir als eine Ordnung Gottes, zum Schutze der Frommen und zur Strafe der Bösen; wir erkennen auch, dass man ihr Ehre, Gehorsam, Schätzung und Tribut (zu zahlen), wie auch für sie zu bitten schuldig sei: Wir finden aber nicht, dass sie Paulus unter den Ämtern der Gemeinde nennt; noch auch, dass Christus seine Jünger solches gelehrt, oder sie dazu berufen habe, sondern, dass er im Gegenteile sie genötigt habe, ihm in seinem wehrlosen Leben und seinen kreuztragenden Fußstapfen nachzufolgen; er hat auch nicht nur alle Gegenwehr mit Waffen verboten, sondern auch nicht gewollt, dass man Scheltworte mit Scheltworte vergelten soll; im Gegenteil hat er befohlen, für seine Feinde zu bitten und denen Gutes zu tun, die uns Böses tun, und dergleichen mehr, die zu dem obrigkeitlichen Amte gehören; darum fürchten wir uns, solche Ämter in unserem christlichen Berufe zu bedienen.

Der Eidschwur, der im Alten Testamente erlaubt war, und wobei viele Missbräuche sich eingeschlichen, ist von Christo (Mt 5) und Jakobus ohne Unterschied verboten worden, darum ist es auch einem Christen keineswegs erlaubt, einen Eid der Lästerung zu tun.

Gleichwie aber in einer guten Regierung bei allen Verordnungen Strafen sind, so hat der Herr auch nicht vergessen, seine Strafe seinen Satzungen anzuhängen, denn Paulus sagt: »Der da sündiget, den strafe vor allen, auf dass sich die andern fürchten.« Christus hat uns auch (Mt 18) gelehrt, die Sünder zu strafen. Paulus lehrt den Sauerteig ausfegen und den, der da böse ist, von uns hinaustun; darunter verstehen wir den christlichen Bann, der zur Beschämung und zur Bekehrung der Sünder, und damit die Gemeinde rein bleibe, damit nicht ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäure, eingesetzt ist, nach Mt 16, »ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben,« und Mt 18, » was ihr auf Erden bindet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden löset, soll auch im Himmel los sein.« Diese Strafe wird an denen verübt, die einmal erleuchtet worden sind, und die gesunde Lehre Christi als Wahrheit angenommen haben, später aber wieder in falsche Lehre und Ketzerei verfallen sind; diese soll man, wenn sie ein oder zweimal angeredet worden sind, und bei ihren bösen Absichten beharren, durch die christliche Absonderung meiden und scheuen. Zweitens wird sie auch an den Personen gebraucht, die in groben Werken des Fleisches sich verirren,

wenn man nämlich die Personen selbst zur Genüge kennt, oder andere glaubwürdige Zeugen hat, denn solche muss die Gemeinde haben, ehe sie mit der Absonderung verfährt.

3. Wir halten auch dafür, dass das Heiraten außer der Gemeinde auch sündhaft sei, weil es gegen das Verbot des Herrn streitet, und von dem Herrn und seinen Propheten, sowohl mit Werken als mit Worten, verschiedene Male gestraft wird. Deshalb ist es auch eine Sünde, entweder auf ein fleischliches, wollüstiges Leben, oder auf ein Misstrauen gegen Gott gegründet, als ob er ihn nicht mit einer tugendsamen Ehegattin versehen würde, gleichwie es denn außerdem mit Vorbedacht geschieht, und daher nicht unter Gal 6,1: »So jemand von einem Fehler übereilt würde, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geiste,« sondern vielmehr unter 4Mo 15,30 gehört, also der Herr spricht: »Wenn eine Seele aus Frevel etwas tut, die soll ausgerottet werden aus ihrem Volke.« In dieser Weise haben es viele gottesfürchtige Männer, die zu verschiedenen Zeiten versammelt waren, verstanden, und wir verstehen es ebenso, dass das Heiraten außer der Gemeinde an Ungläubige und Unbußfertige, auch mit der Absonderung von der Gemeinde bestraft werden müsse, damit sie desto ernstlicher Buße tun mögen.

Weil aber nicht alle Sünden gleiches Gewicht haben und auch die wirkliche Absonderung ohne vorhergehende Anrede nicht verdienen, so wird in der Bestrafung der Sünde zwischen Bruder und Bruder die Regel in Acht genommen Mt 18. Und wenn dann jemand von einem Fehler übereilt wird, so folgt man hierin der Regel Gal 6,1.

Weil wir nun auch aus dem Obigen entnehmen, dass keine Absonderung sein kann, wo man die Meidung nicht beobachtet, so bekennen wir auch, dass man schuldig sei, den Abgesonderten zu ermahnen, um sich durch rechtschaffene Buße mit der Gemeinde zu versöhnen, und auch mit der Salbung und Wiedereinverleibung zu eilen, wenn nämlich der freiwillige Geist bei dem Gebannten ist, sich zu versöhnen, und nicht mit denen zu warten, die sich hinaus verheiratet haben, bis er, oder sie, ihre draußen geheirateten Ehegatten mit sich bringen. Wenn aber die gute Ermahnung unachtsamer Weise verworfen werden sollte, weil der tägliche Umgang der Gottlosen oder Abgefallenen unerbaulich, besudelnd und anstößig ist, und den Sünder selbst in seinem bösen Leben oft bestärkt, so bekennen wir, dass man die abgesonderten oder mit einem Banne bestraften Personen (ja auch ohne die obige Ermahnung wirklich nach der Absonderung) in dem gemeinen, freien, weltlichen Tun, als im Essen und Trinken, Kaufen und Verkaufen und dergleichen unnötigen Sachen meiden und scheuen müsse, jedoch mit dem Unterschiede, dass es in solchem Maße und Bescheidenheit geschehe, dass das Wort Gottes überall zur Anwendung komme, und die höheren Gesetze und Gebote des Herrn, wodurch der Gläubige an den Abgesonderten verbunden ist, nicht gebrochen, sondern überall Not, Wort, Versprechen, Liebe, Wohltätigkeit, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und christliche Bescheidenheit beobachtet werden.

Desgleichen auch, wenn der eine den Spruch von der Meidung aus 1Kor 5 in einem höheren, andere aber in einem niedrigeren Sinne verstehen würden, so soll man dieselben bis

zur weiteren Erleuchtung ohne Streit und Zank tragen, wenn sie sonst in ihrem Wandel gottselig sind.

Von demjenigen, der nun nach diesen Geboten, als den wichtigsten, wie auch nach den andern Geboten, Lehren und Ordnungen des Herrn, die in seinem heiligen Worte genauer ausgedrückt sind, in menschlicher Schwachheit zu leben und also seine Wallfahrt auf dieser Erde zu vollenden sucht, glauben wir, dass er nicht allein bei seinem Abschiede von dieser Erde ein gewisses Zeugnis seines Gewissens fühlen und eine fröhliche Hoffnung haben, sondern dass es auch selbst in der Auferstehung der Toten mit der Tat befinden wird, dass ihm alle seine Sünden durch das heilige Verdienst und durch die tröstliche Fürsprache Christi vergeben sein werden.

Endlich glauben wir auch, dass unser Seligmacher Jesus Christus (in Ewigkeit gesegnet) sichtbarlich in den Wolken wieder erscheinen werde, wie er zuvor aufgefahren ist, jedoch nicht so demütig, niedrig, dienstbar, wie er in seiner heiligen Menschwerdung in dieser Welt erschienen ist, sondern glorreich und herrlich, mit Kraft und Herrlichkeit aller Engel, nicht den Sünder alsdann zur Buße zu rufen, sondern um das letzte Gericht zu halten. Zu dem Ende wird er nicht nur auf dem Throne seiner Herrlichkeit sitzen, sondern, gleichwie die elementarische Sonne in der Frühjahrszeit nicht allein Blumen, Kräuter und gute Früchte, sondern auch Nesseln, Disteln und Dornen aus der Erde hervorbringt, so wird auch die wahre Sonne der Gerechtigkeit, Jesus Christus, der ewig gesegnet ist, durch das Blasen der Posaune die große Anzahl der Toten, die von der Welt Anfang her bis auf diesen Tag gelebt haben, gestorben sind, und ihre Leiber zur Verwesung in die Erde gesät haben, aus der Erde hervorkommen und auferstehen lassen. Wie nun eine Gebärmutter ihre Frucht, so wird das Meer, die Hölle und der Tod die Toten wieder herausgeben müssen; alsdann werden die Toten mit ihrer eigenen Haut umgeben werden und mit ihren eigenen Augen Gott anschauen, ja mit ihrem eigenen Leibe, worin oder womit sie hier dem Herrn gedient, oder ihn verachtet haben, bekleidet werden. Und wenn nun die alsdann noch Lebenden in einem Augenblicke zur Unsterblichkeit verändert sein werden, so wird der allgemeine Haufe aller Menschen vor dem heiligen Thron Gottes gestellt werden. Alsdann werden die Bücher der Gewissen geöffnet, und ein anderes Buch, welches des Lebens ist, wird auch geöffnet werden, und die Toten werden gerichtet werden, wie in den Büchern geschrieben ist, damit ein jeder an seinem eigenen Leibe empfange, es sei Gutes oder Böses, nach dem sie getan oder hier gelebt haben. Alsdann wird der Herr, als ein gerechter Richter, die Gläubigen und Gottlosen voneinander scheiden, wie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet, und er wird die Gläubigen, als gehorsame Schafe, zu seiner Rechten, die Ungläubigen aber, als widerspenstige, stoßende, stinkende Böcke, an seine Linke stellen; die Schafe wird er mit seinen liebreichen Augen anschauen und mit honigsüßer Stimme anreden : »Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anfang!« (Mt 25,34) Aber über die Böcke wird er sein zorniges

Angesicht wie einen Blitz und seine Stimme wie einen Donner klingen lassen und sagen: Matth. 25: »Gehet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist.« (Mt 25,41)

Ferner bekennen wir, dass alsdann die Himmel mit großem Krachen vergehen werden; die Sonne wird verfinstert und der Mond in Blut verwandelt werden, die Sterne werden vom Himmel fallen und die Erde mit allem, das darin ist, wird mit Feuer verbrannt und das unwiderrufliche Urteil des größten Königs alsdann ausgeführt werden.

Alsdann werden die Gottlosen, als ein Haufe Schafe, die zum Tode geschickt sind, zur Hölle getrieben werden, und sie werden in die große Grube des Abgrundes, wo kein Mangel an Holz sein wird, gestoßen werden; alsdann werden ihnen nicht Flaumbetten, sondern beißende Motten zum Lager dienen, mit nagenden Würmern werden sie bedeckt und mit Feuerflammen gepeinigt werden; alsdann wird ihr Wurm nicht sterben, ihr Feuer wird nicht ausgelöscht werden, sondern die Qual ihrer Pein wird wie der Rauch eines feurigen Ofens aufgehen, welches von Ewigkeit zu Ewigkeit währen wird; dagegen aber bekennen wir, dass die Gesegneten Gottes in den Wolken dem Herrn entgegen in der Luft aufgenommen werden, und alsdann von dem Herrn Christo, als ihrem geistigen Bräutigam, in den Himmel vor den Thron Gottes werden geführt werden, worauf er dem Vater das Reich und alle Macht wieder übergeben wird, damit Gott sei alles in allem.

Und alsdann werden die Gesegneten Gottes, durch die Klarheit Gottes, von einer Klarheit in die andere Klarheit verwandelt werden; man wird ihre Tränen abwischen, die Krone des Lebens, der Herrlichkeit und der Freude auf ihre Häupter setzen, Palmzweige ihnen zu Ehren in die Hände geben, und sie mit dem weißen Kleide der Gerechtigkeit der Heiligen schmücken. Dadurch werden sie mit allen Heiligen Gottes vereinigt, zur Quelle des lebendigen Wassers geführt, und daraus zu einem ewigen Troste erquickt werden. Auf dem geistigen Berge Zion werden sie geweidet werden, ja sie werden dem süßen Lämmlein Jesu Christo, der sie mit seinem Blute und Tode erkauft hat, in dem himmlischen Wandel nachfolgen, durch die Betrachtung des Heiligen Geistes in seinem unschätzbaren Throne, der Himmel in ihrer Schönheit und der Engel in ihrer Freude.

Alsdann werden die Gesegneten Gottes von himmlischer Freude überfließen, sodass sie mit Engelszungen und himmlischen Stimmen mit allen Geheiligten Gottes das neue Lied singen werden, und dem, der auf dem Throne sitzt, sowie dem Lamme, Preis, Ehre, Herrlichkeit und Segen von Ewigkeit zu Ewigkeit geben. Amen.

So geschehen von uns unterschriebenen Dienern, Lehrern und Ältesten der vereinigten Friesländischen und Hochdeutschen Gemeinden für uns selbst, wie auch im Namen unserer Mitbrüder und Diener, sowie den ausländischen Männern, die hier zu Amsterdam wegen dieses Handels mit uns versammelt sind.

Gegeben den 7. Oktober 1630, neuer Zeit.

Und war von zehn Personen, als Vorstehern der Gemeinde, sowohl im eigenen Namen, als im Namen der Gemeinden, von denen sie gesandt worden sind, unterschrieben.

Drittes Bekenntnis, zu Dortrecht, in einer gewissen Friedensverhandlung, den 21. April 1632 aufgesetzt, genannt:

1.7.4  Vorstellung der Hauptartikel unseres allgemeinen christlichen Glaubens, wie dieselben durchgängig in unsern Gemeinden gelehrt und belebt werden

1. Von Gott und der Schöpfung aller Dinge Erstens: Weil es bezeugt wird, dass es ohne Glauben unmöglich sei, Gott zu gefallen und dass, wer zu Gott kommen will, glauben müsse, dass ein Gott sei, und dass er ein Vergelter allen, die ihn suchen, sein werde, so bekennen wir mit dem Munde und glauben mit dem Herzen, mit allen Frommen nach der Heiligen Schrift, an einen ewigen, allmächtigen und unbegreiflichen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist, und keinen mehr, auch keinen andern, vor welchen kein Gott gemacht oder gewesen ist, und auch nach ihm nicht sein wird, denn aus ihm, durch ihn und in ihm sind alle Dinge; ihm sei Lob, Preis und Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

An diesen einigen Gott, der alles in allem wirkt, glauben wir; von ihm bekennen wir, dass er ein Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge sei, welcher in sechs Tagen Himmel und Erde, das Meer und alles, was darin ist, erschaffen, gemacht und zubereitet hat und dass er dieselben, sowie alle seine Werke, durch seine Weisheit, Macht und durch das Wort seiner Kraft noch regiert und erhält.

Als er nun seine Werke vollendet und nach seinem Wohlgefallen alles, in seiner Natur, dem Wesen und den Eigenschaften nach, gut und rechtschaffen verordnet und zubereitet hatte, so hat er auch daneben den ersten Menschen, Adam, unsern gemeinschaftlichen Vater, erschaffen und ihm einen Leib gegeben, welchen er aus einem Erdenklos gemacht hat, und hat ihm einen lebendigen Atem in seine Nase geblasen, sodass er eine lebendige Seele von Gott nach seinem Bilde und Gleichnisse geworden ist, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit zum ewigen Leben erschaffen; er hat ihn auch vor allen andern Kreaturen besonders ausgezeichnet und ihn mit vielen hohen und herrlichen Gaben geziert; er hat ihn in den Lustgarten oder Paradies gesetzt, und ihm ein Gebot und ein Verbot gegeben, darauf hat er von diesem Adam eine Rippe genommen und daraus ein Weib erbauet, sie zu ihm gebracht und dieselbe ihm zu einer Hilfe, Gesellschaft und Hausfrau beigefügt und gegeben; folglich hat er auch gemacht, dass von diesem ersten Menschen Adam alle Menschen, die auf dem ganzen Erdreiche wohnen, gezeugt und hergekommen sind.

2. Von des Menschen Falle Zweitens glauben und bekennen wir, nach Inhalt der Heiligen Schrift, dass diese unsere ersten Voreltern Adam und Eva, in diesem herrlichen Stande, worin sie erschaffen worden,

nicht lange geblieben sind, sondern dass sie, als sie durch List und Betrug der Schlange und des Teufels Neid verführt worden sind, das hohe Gebot Gottes übertreten haben und ihrem Schöpfer ungehorsam geworden sind, durch welchen Ungehorsam die Sünde und durch die Sünde der Tod in die Welt gekommen ist, welcher dadurch auf alle Menschen übergegangen ist, weil sie alle gesündigt und daher den Zorn Gottes und die Verdammnis auf sich geladen haben. Darum sind sie auch von Gott aus dem Paradies oder Lustgarten vertrieben worden, um das Erdreich zu bauen, mit Kummer sich darauf zu ernähren und im Schweiße des Angesichts ihr Brot zu essen, bis sie wieder zu Erde werden würden, wovon sie genommen waren, und dass sie daher durch diese einige Sünde von Gott so ganz abgefallen, abgewichen und entfremdet worden seien, dass ihnen weder durch sich selbst, noch durch jemand ihrer Nachkömmlinge, weder durch Engel oder Menschen, noch durch irgendeine andere Kreatur im Himmel und auf Erden wieder geholfen, sie erlöst oder mit Gott versöhnt werden konnten, sondern dass sie ewig hätten verloren sein müssen, wenn nicht Gott, der sich über sein Geschöpf wiederum erbarmte, dafür gesorgt hätte und mit seiner Liebe und Barmherzigkeit dazwischen gekommen wäre.

3. Von der Wiederaufrichtung des Menschen durch die Verheißung von der Ankunft Christi Drittens, was die Aufrichtung des ersten Menschen und seiner Nachkömmlinge betrifft, so glauben und bekennen wir davon, dass Gott trotz ihres Falles, ihrer Übertretung und Sünde, und obschon bei ihnen kein Vermögen war, sie dennoch nicht gänzlich habe verwerfen und ewiglich verloren sein lassen wollen, sondern dass er sie wiederum zu sich gerufen, sie getröstet und ihnen gezeigt habe, dass bei ihm noch ein Mittel zu ihrer Versöhnung übrig wäre, nämlich das unbefleckte Lamm, der Sohn Gottes, der dazu schon vor Grundlegung der Welt ersehen und, als sie noch im Paradiese waren, zum Troste, zur Erlösung und zum Heile ihnen und allen ihren Nachkömmlingen verheißen und zugesagt, ja von da an durch den Glauben ihnen zum Eigentum gegeben und geschenkt worden ist, wonach alle frommen Altväter, denen diese Verheißung oft erneuert worden ist, verlangt, geforscht, den sie durch den Glauben von ferne gesehen und auf die Erfüllung gewartet haben, dass er, bei seiner Zukunft, das gefallene menschliche Geschlecht von seinen Sünden, seiner Schuld und Ungerechtigkeit wieder erlösen, es freimachen und ihm aufhelfen würde.

4. Von der Ankunft Christi in diese Welt und der Ursache, warum er gekommen ist Viertens glauben und bekennen wir weiter, dass, als die Zeit der Verheißung, wonach alle fromme Altväter so sehr verlangt und gewartet haben, herbei kam und erfüllt war, dieser zuvor verheißene Messias, Erlöser und Seligmacher von Gott

ausgegangen, gesandt worden und (nach der Weissagung der Propheten und dem Zeugnisse der Evangelisten) in die Welt, ja ins Fleisch gekommen, offenbart worden und also das Wort Fleisch und Mensch geworden sei, und dass er in der Jungfrau Maria (die einem Mann, Joseph genannt, vom Hause Davids, verlobt war) empfangen worden sei, und dass sie denselben, als ihren erstgeborenen Sohn, zu Bethlehem geboren, in Windeln gewickelt und in eine Krippe gelegt habe.

Wir bekennen und glauben, dass dieser derselbe sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist, ohne Anfang der Tage oder Ende des Lebens, von dem bezeugt wird, dass er das A und das O, Anfang und Ende, der Erste und Letzte sei; dass dieser auch derselbe sei und kein anderer, der ersehen, verheißen, gesandt worden und in die Welt gekommen, und der Gottes einiger, erster und eigener Sohn ist, der vor Johannes dem Täufer, vor Abraham, vor der Welt war, ja Davids Herr und aller Welt Gott ist, der Erstgeborene unter allen Kreaturen, welcher in die Welt gesandt worden ist, und der den Leib, der ihm zubereitet worden, selbst zu einem Opfer und einer Gabe, Gott zu einem süßen Geruche, ja zu aller und des ganzen menschlichen Geschlechtes Trost, Erlösung und Seligkeit übergeben hat.

Wie aber und auf welche Weise dieser würdige Leib zubereitet wurde und wie das Wort Fleisch und er selbst Mensch geworden sei, darüber begnügen wir uns mit der Erklärung, die die werten Evangelisten in ihrer Beschreibung getan und hinterlassen haben, nach welcher wir mit allen Heiligen bekennen, dass er der Sohn des lebendigen Gottes sei, in welchem alle unsere Hoffnung, Trost, Erlösung und Seligkeit besteht, welche wir bei keinem andern suchen sollten.

Ferner glauben und bekennen wir mit der Schrift, dass er, als er seinen Lauf vollendet und das Werk vollbracht hatte, wozu er gesandt und in die Welt gekommen war, nach der Vorsehung Gottes den Händen der Ungerechten überliefert worden sei, und dass er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten habe, gekreuzigt worden, gestorben, begraben worden, am dritten Tage aber wieder von den Toten auferstanden und gen Himmel gefahren sei, und dass er zur rechten Hand der Majestät Gottes in der Höhe sitze, von wo er wieder kommen werde, die Lebendigen und die Toten zu richten; dass also der Sohn Gottes gestorben sei und für alle den Tod geschmeckt und sein teures Blut vergossen habe, und dass er dadurch der Schlange den Kopf zertreten, die Werke des Teufels zerbrochen, die Handschrift vernichtet und Vergebung der Sünden für das ganze menschliche Geschlecht erworben habe, dass er also eine Ursache der ewigen Seligkeit allen denen geworden sei, die, von Adam an bis an das Ende der Welt, jeder in seiner Zeit, an ihn glauben und ihm gehorsam sind.

5. Von dem Gesetze Jesu Christi, welches das heilige Evangelium oder das Neue Testament ist Fünftens glauben und bekennen wir auch, dass er vor seiner

Himmelfahrt sein Neues Testament aufgerichtet, eingesetzt und es den Seinen gegeben und hinterlassen habe, dass es ein ewiges Testament sein und bleiben sollte, welches er mit seinem teuren Blute befestigt und versiegelt, und ihnen auch so hoch anbefohlen hat, dass es weder von Engeln noch Menschen verändert, noch ihm ab- oder zugetan werden mag; und dass er dasselbe, da darin der ganze volle Rat und Wille seines himmlischen Vaters, soviel zur Seligkeit nötig ist, begriffen ist, durch seine Apostel, Sendboten und Diener, die er dazu berufen, erwählt und in alle Welt gesandt hat, unter allen Völkern, Geschlechtern und Zungen in seinem Namen habe verkündigen, predigen und Buße und Vergebung der Sünden bezeugen lassen, und dass er folglich darin alle Menschen ohne Unterschied, insofern sie dem Inhalte desselben durch den Glauben als gehorsame Kinder nachkommen, nachfolgen und danach leben würden, für seine Kinder und rechten Erben hat erklären lassen, und also niemanden von dem teuern Erbe der ewigen Seligkeit ausgeschlossen hat, ausgenommen die ungläubigen und ungehorsamen, hartnäckigen und unbekehrten Menschen, die dasselbe verachten, und durch ihre eigenen, selbst begangenen Sünden sich daran vergehen und sich dadurch zum ewigen Leben unwürdig machen.

6. Von der Buße und Besserung des Lebens Sechstens glauben und bekennen wir: Weil das Dichten des menschlichen Herzens von Jugend auf ein böses, und dasselbe daher zu aller Ungerechtigkeit, Sünde und Bosheit geneigt ist, dass deshalb die erste Lektion des teuren Neuen Testamentes des Sohnes Gottes Buße und Besserung des Lebens ist. Darum müssen die Menschen, die Ohren haben zu hören und Herzen zu verstehen, rechtschaffene Früchte der Buße tun, ihr Leben bessern, dem Evangelio glauben, das Böse lassen, das Gute tun, vom Unrechten abstehen und von Sünden ablassen, den alten Menschen mit seinen Werken ausziehen und den neuen anziehen, der nach Gott geschaffen ist, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit, denn weder Taufe, Abendmahl, Gemeinde noch andere auswendige Zeremonien mögen uns ohne Glauben und Wiedergeburt, Veränderung oder Erneuerung des Lebens helfen, dass wir Gott gefallen, oder dass wir Trost oder Verheißung der Seligkeit von ihm erlangen, sondern man muss mit rechtschaffenem Herzen und vollkommenem Glauben zu Gott gehen und an Jesum glauben, wie die Schrift sagt und von ihm bezeugt; durch diesen Glauben erlangt man Vergebung der Sünden, und wird geheiligt, gerechtfertigt und ein Kind Gottes, ja seines Sinnes, seiner Natur und seines Bildes teilhaftig, weil man durch den unvergänglichen Samen von oben aus Gott neu- und wiedergeboren ist.

7. Von der heiligen Taufe Siebtens: Von der heiligen Taufe bekennen wir, dass alle bußfertigen Gläubigen, die durch den Glauben, die Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes mit Gott vereinigt und im Himmel angeschrieben sind, auf solches schriftgemäße

Bekenntnis des Glaubens und Erneuerung des Lebens nach Christi Befehle und Lehre und nach dem Exempel und Gebrauche der Apostel in dem hochwürdigen Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, zur Begrabung ihrer Sünden, mit Wasser getauft und also der Gemeinschaft der Heiligen einverleibt werden müssen, worauf sie alles halten lernen müssen, was der Sohn Gottes die Seinen gelehrt, ihnen hinterlassen und befohlen hat.

8. Von der Gemeinde Christi Achtens glauben und bekennen wir eine sichtbare Gemeinde Gottes, nämlich die in der angegebenen Weise rechtschaffene Buße tun, recht glauben und recht getauft, mit Gott im Himmel vereinigt, und in der Gemeinschaft der Heiligen hier auf Erden recht einverleibt sind. Wir bekennen aber, dass diese das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk seien, welche das Zeugnis haben, dass sie Christi Braut und Hausfrau, ja Kinder und Erben des ewigen Lebens, eine Hütte, Tabernakel und Wohnstätte Gottes in dem Geiste seien, auf den Grund der Apostel und Propheten gebaut, wovon Christus selbst der Eckstein ist, worauf seine Gemeinde gebaut ist. Diese Gemeine des lebendigen Gottes, die er durch sein eigenes teures Blut erworben, erkauft und erlöst hat, und wobei er, nach seiner Verheißung, zu ihrem Troste und Schutze, alle Tage bis an der Welt Ende sein und bleiben, ja unter ihnen wohnen und wandeln, auch sie bewahren will, dass weder Strom noch Platzregen, ja selbst die Pforten der Hölle sie nicht bewegen oder überwältigen werde, kann man an dem schriftgemäßen Glauben, Lehre, Liebe und gottseligen Wandel, wie auch an dem fruchtbaren Wandel, Gebrauche und Unterhaltung der wahren Ordnungen Christi erkennen, welche er den Seinen aufs Höchste anbefohlen hat.

9. Von der Wahl und dem Amte der Lehrer, Diener und Dienerinnen in der Gemeinde Neuntens, was die Ämter und die Wahl in der Gemeinde betrifft, so glauben und bekennen wir davon: Weil die Gemeinde ohne Amt und Ordnung in ihrem Wachstume nicht bestehen, noch im Bau bleiben kann, so hat der Herr Christus selbst als ein Hausvater in seinem Hause seine Ämter und Ordnungen eingesetzt, verordnet und darüber Befehl und Gebot gegeben, wie ein jeder darin wandeln, auf sein Werk und Beruf Acht haben, und tun sollte, wie es sich gebührt; denn er selbst, als der treue, große, oberste Hirte und Bischof unserer Seele, ist darum in die Welt gekommen und gesandt worden, nicht zu verwunden, zu zerbrechen oder der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu heilen, gesund zu machen, das Verlorene zu suchen, den Zaun und die Mittelwand abzubrechen, um von zweien eins zu machen, und also aus Juden, Heiden und allen Geschlechtern eine Herde zu einer Gemeinschaft in seinem Namen zu versammeln, für welche er selbst, damit niemand irren oder verloren gehen möge, sein Leben gelassen, und ihnen also zur Seligkeit gedient, sie frei gemacht und erlöset hat, merkts, worin ihnen sonst niemand helfen oder dienen konnte.

Und dass er außerdem diese seine Gemeinde vor seinem Abschiede auch mit treuen Dienern, Aposteln, Evangelisten, Hirten und Lehrern, die er mit Bitten und Flehen durch den Heiligen Geist erwählt hatte, versehen habe, damit sie die Gemeinde regieren, seine Herde weiden, darüber wachen, ihr vorstehen, sie versorgen, ja in allem tun möchten, wie er ihnen vorgegangen, gelehrt, getan und ihnen befohlen hat.

Dass auch ebenfalls die Apostel nachher als treue Nachfolger Christi und Vorgänger der Gemeinde hierin fleißig gewesen seien, nämlich durch Bitten und Flehen zu Gott, Brüder zu erwählen, alle Städte, Plätze oder Gemeinden mit Bischöfen, Hirten und Vorgängern zu versorgen, und solche Personen zu verordnen, die auf sich selbst und die Lehre und Herde Acht hätten, die gesund im Glauben, fromm im Leben und Wandel wären, und die sowohl in als außer der Gemeinde ein gutes Lob und einen guten Ruf hätten, damit sie ein Exempel, Licht und Vorbild in aller Gottseligkeit und guten Werten seien, des Herrn Ordnungen, Taufe und Abendmahl würdig bedienen möchten, und dass sie auch überall treue Menschen, wo sie sie haben könnten, die tüchtig wären, andere zu lehren, zu Ältesten einsetzen, dieselben mit Auflegung der Hände im Namen des Herrn befestigen, und ferner nach Vermögen für alles Sorge tragen möchten, was in der Gemeinde nötig ist, damit sie, als treue Knechte, ihres Herrn Pfund wohl regieren, damit gewinnen und folglich sich selbst und diejenigen, welche sie hören, erhalten möchten; dass sie auch gute Sorge tragen möchten, insbesondere ein jeder unter den Seinen, über welche er die Aufsicht hat, dass alle Plätze mit Dienern, um Acht und Aufsicht über die Armen zu haben, wohl versehen und versorgt werden möchten, welche die Handreichung und Almosen empfangen und wieder an die armen Heiligen, die notdürftig sind, treulich austeilen, und das in aller Ehrbarkeit, wie es sich gebührt; dass man auch ehrbare und alte Witwen zu Dienerinnen erwählen soll, die nebst den Diakondienern, die armen, schwachen, kranken, betrübten und notdürftigen Menschen, wie auch Witwen und Waisen besuchen, sie trösten und versorgen, und ferner für das, was in der Gemeinde nötig ist, nach allem Vermögen hilfreich sorgen sollen.

Und dass auch die Diakondiener, insbesondere, wenn sie tüchtig und von der Gemeinde dazu erwählt und verordnet worden sind (den Ältesten zur Hilfe und Erleichterung), die Gemeinde ermahnen (weil sie, wie gesagt, dazu erwählt worden sind,) und mit am Worte und in der Lehre arbeiten mögen; damit auf solche Weise ein jeder dem andern aus Liebe mit der Gabe, die er von dem Herrn empfangen, dienen möge, und auch gleichfalls mit gemeinschaftlichen Dienst und Handreichung, ein jedes Glied nach seinen Kräften der Leib Christi gebessert, und des Herrn Weinstock und Gemeinde im Wachstume, Zunehmen und Baue, wie es sich gebührt, erhalten werden möge.

10. Vom heiligen Abendmahle Zehntens, bekennen oder halten wir gleichfalls ein Brotbrechen, oder Abendmahl, wie solches der Herr Christus Jesus

vor seinem Leiden mit Brot und Wein eingesetzt, und auch mit seinen Aposteln gebraucht und gegessen, dasselbe auch zu seinem Gedächtnisse zu unterhalten befohlen hat, wie sie folglich solches in der Gemeinde gelehrt, belebt und den Gläubigen zu unterhalten befohlen haben, zum Gedächtnisse des Todes, Leidens und Sterbens des Herrn, und dass sein würdiger Leib für uns und das ganze menschliche Geschlecht zerbrochen, sein teures Blut aber vergossen worden sei, wie auch darneben die Frucht hiervon, nämlich die Erlösung und ewige Seligkeit, welche er dadurch erworben, und dann uns sündhaften Menschen solche Liebe erwiesen hat, wodurch wir aufs Höchste ermahnt werden, auch wieder uns untereinander und unsern Nächsten zu lieben, ihm zu vergeben und ihn freizusprechen, gleichwie er uns getan hat, und auch die Einigkeit und Gemeinschaft, die wir mit Gott und untereinander haben, zu unterhalten und zu beleben gedenken, welche uns bei solchem Brotbrechen angewiesen und dargestellt wird.

11. Vom Fußwaschen der Heiligen Elftens bekennen wir auch ein Fußwaschen der Heiligen, wie solches der Herr Christus selbst nicht nur eingesetzt und befohlen, sondern auch selbst seinen Aposteln (obwohl er ihr Herr und Meister war) die Füße gewaschen und damit ein Exempel gegeben hat, dass sie gleichfalls einander auch die Füße waschen und also tun sollten, wie er ihnen getan hat, was sie auch die Gläubigen zu unterhalten gelehrt haben, und das alles zum Zeichen der wahren Erniedrigung, wie auch hauptsächlich, um bei diesem Fußwaschen an das rechte Waschen zu denken, womit wir durch sein teures Blut gewaschen und der Seele nach gereinigt sind.

12. Von der Ehe oder dem Ehestande Zwölftens bekennen wir in der Gemeinde Gottes einen ehrlichen Ehestand zweier gläubiger Personen, wie solchen Gott anfänglich im Paradies verordnet und mit Adam und Eva selbst eingesetzt hat, gleichwie auch der Herr Christus alle Missbräuche des Ehestandes, die sich unter der Hand eingeschlichen, hinweggenommen, widerlegt und alles wieder auf die erste Einsetzung gewiesen und dabei gelassen hat.

Auf diese Weise hat der Apostel Paulus auch den Ehestand in der Gemeinde gelehrt, zugelassen und es einem jeden freigestellt, nach der ersten Ordnung in dem Herrn, eine solche Person, die darein willigt, zu heiraten, unter welchen Worten (in dem Herrn) nach unserer Meinung verstanden werden muss, dass, gleichwie die Altväter unter ihrer Freundschaft oder Geschlechte heiraten mussten, so war auch ebenfalls den Gläubigen des Neuen Testamentes keine andere Freiheit gelassen und vergönnt, als unter dem auserwählten Geschlecht und der

geistigen Freundschaft Christi zu heiraten, nämlich solche (und keine andere), die schon zuvor mit der Gemeinde als ein Herz und Seele vereinigt sind, eine Taufe empfangen haben, und in einerlei Gemeinschaft, Glaube, Lehre und Wandel stehen, ehe sie sich durch den Ehestand miteinander vereinigen. Solche werden dann (wie angeführt worden) nach der ersten Ordnung von Gott in seiner Gemeinde zusammengefügt, und das heißt alsdann in dem Herrn trauen.

13. Von dem Amte der weltlichen Obrigkeit Dreizehntes glauben und bekennen wir auch, dass Gott die Macht und die Obrigkeit zur Strafe der Bösen und zum Schutze der Frommen verordnet und gesetzt habe, ferner um die Welt zu regieren, Länder und Städte, wie auch ihre Untertanen in guter Polizei zu erhalten, weshalb wir dieselbe nicht verachten, lästern oder ihr widerstehen dürfen, sondern wir müssen sie als Dienerin Gottes erkennen, ehren, ihr untertan und gehorsam, ja zu allen guten Werken bereit sein, insbesondere aber in demjenigen, was nicht wider Gottes Gesetz, Willen und Gebote streitet, auch ihr treulich Zoll, Accis und Schätzung bezahlen und ihr geben, was ihr gebührt, wie der Sohn Gottes gelehrt, auch selbst getan und den Seinen zu tun befohlen hat, dass wir auch den Herrn für sie und ihre Wohlfahrt und des Landes Besten beständig und ernstlich bitten müssen, damit wir unter ihrem Schutze wohnen, uns ernähren und ein stilles, ruhiges Leben mit aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit führen möchten; ferner, dass der Herr alle Wohltat, Freiheit und Gunst, die wir hier unter ihrer löblichen Regierung genießen, hier und nachher in der Ewigkeit belohnen und ihnen vergelten wolle.

14. Von der Gegenwehr Vierzehntens, was die Rache betrifft, wodurch man den Feinden mit dem Schwerte widersteht, so glauben und bekennen wir, dass der Herr Christus seinen Jüngern und Nachfolgern jede Rache und Gegenwehr verboten und abgesprochen, und dabei ihnen befohlen habe, niemandem Böses mit Bösem, oder Fluch mit Fluch zu vergelten, sondern das Schwert in die Scheide zu stecken, oder, wie die Propheten geweissagt haben, Pflugeisen daraus zu machen.

Daraus ersehen wir nun, dass wir nach seinem Exempel, Leben und seiner Lehre niemandem Leiden oder Verdruss zufügen, sondern aller Menschen beste Wohlfahrt und Seligkeit suchen sollen, auch, wenn es die Not erfordert, um des Herrn willen von einer Stadt oder Land in das andere fliehen und den Raub der Güter dulden, aber niemandem Leides tun sollen, wenn wir geschlagen werden, und lieber den andern Backen auch darreichen sollen, als uns selbst rächen oder zurückschlagen; dass wir außerdem auch für unsere Feinde bitten, sie erquicken und speisen müssen, wenn sie hungrig oder durstig sind, und sie durch Wohltun überzeugen und alle Unwissenheit überwinden.

Endlich, dass wir Gutes tun und uns gegen alle Menschen wohl erweisen sollen und, nach dem Gesetze Christi, niemandem etwas anderes tun, als wir wollen, das uns geschehe.

15. Vom Eidschwure Fünfzehntens: Von dem Eidschwure glauben und bekennen wir, dass der Herr Christus denselben gleichfalls den Seinen abgeraten und verboten habe, nämlich, dass sie keineswegs schwören sollten, sondern Ja, Ja und Nein, Nein sein sollte. Daraus erkennen wir, dass uns jeder hohe und niedrige Eid verboten sei, und dass wir an dessen Stelle alle unsere Verheißungen, Zusagen und Verbündnisse, ja auch alle unsere Erklärungen oder Zeugnisse von irgendwelchen Sachen allein mit unserem Worte : Ja, in dem was Ja ist, und mit Nein in dem, was nein ist, befestigen sollen, weshalb wir solches stets und in allen Sachen einem jeden so treulich leisten, halten, nachfolgen und nachkommen müssen, als ob wir es mit einem hohen Eide befestigt und geschworen hätten. Und wenn wir solches tun, so haben wir das Vertrauen, dass niemand, ja die Obrigkeit selbst nicht, mit Recht Ursache haben werde, uns in dem Gemüte und Gewissen höher zu belasten.

16. Von dem Kirchenbann oder der Absonderung von der Gemeinde Sechzehntens glauben und bekennen wir auch einen Bann, eine Absonderung und christliche Strafe in der Gemeinde zur Besserung und nicht zum Verderben, damit also das Reine von dem Unreinen unterschieden werde. Wenn nämlich jemand, nachdem er erleuchtet worden ist, die Erkenntnis der Wahrheit angenommen hat, und in die Gemeinschaft der Heiligen einverleibt worden ist, wiederum, es sei mutwillig oder aus Vermessenheit, gegen Gott oder sonst zum Tode sündigt, und in solche unfruchtbare Werke der Finsternis verfällt, wodurch er von Gott geschieden und ihm das Reich Gottes abgesagt wird, so mag ein solcher, wenn das Werk offenbar und der Gemeinde zu Genüge bekannt worden ist, in der Versammlung der Gerechten nicht bleiben, sondern er soll und muss, als ein ärgerliches Glied und offenbarer Sünder, abgesondert, hinaus getan, vor allen gestraft und als ein Sauerteig ausgefegt werden, und zwar bis zu seiner Besserung, andern zum Exempel und Furcht, auch damit die Gemeinde rein erhalten, von solchen Schandflecken gereinigt, und nicht in Ermangelung dessen, der Name des Herrn dadurch gelästert, die Gemeinde verunehrt, und denen, die draußen sind, ein Anstoß und Ärgernis gegeben werde, endlich damit der Sünder mit der Welt nicht verdammt, sondern in seinem Gemüte überzeugt und wieder zur Reue, Buße und Besserung bewogen werde.

Was nun ferner die brüderliche Strafe oder Anrede, wie auch die Unterweisung der Irrenden betrifft, so muss man auch allen Fleiß anwenden und Sorge tragen, um sie zu beobachten, sie mit aller Sanftmut zu ihrer Besserung bestens ermahnen, und die Hartnäckigen, die unbekehrt bleiben, der Gebühr nach zu strafen; mit kurzen Worten, dass die Gemeinde den von sich hinaus tun müsse, der, es sei in Lehre oder Leben, böse ist, jedoch keinen andern.

17. Von der Meidung der Abgesonderten Siebzehntens, was die Entziehung von den Abgesonderten

oder die Meidung betrifft, so glauben und bekennen wir davon, dass, wenn jemand, es sei durch sein böses Leben oder verkehrte Lehre so weit verfallen ist, dass er von Gott geschieden, folglich auch von der Gemeinde recht abgesondert und gestraft werden ist, derselbe auch, nach der Lehre Christi und seiner Apostel ohne Unterschied von allen Mitgenossen und Gliedern der Gemeinde (insbesondere von denen, welchen es bekannt ist), es sei in Essen oder Trinken oder anderen dergleichen gemeinschaftlichen Dingen, gescheut und gemieden werden müsse, und dass man mit ihm nichts zu schaffen haben soll, damit man durch den Umgang mit ihm nicht besudelt oder seiner Sünden teilhaftig werde, sondern dass der Sünder beschämt, in seinem Gemüte gerührt und in seinem Gewissen zu seiner Besserung überzeugt werden möge; dass jedoch sowohl in der Meidung als Bestrafung solches Maß und christliche Bescheidenheit gebraucht werden müsse, dass dieselben dem Sünder nicht zum Verderben, sondern zur Besserung dienen möge; denn wenn derselbe notdürftig, hungrig, durstig, nackend, krank oder in irgendeinem andern Ungemache ist, so sind wir schuldig, (wie denn solches die Not erfordert, nach der Liebe und auch nach der Lehre Christi und der Apostel) ihm gleichwohl Hilfe und Beistand zu erweisen, sonst möchte die Meidung in solchem Falle mehr zum Verderben als zur Besserung dienen.

Deshalb muss man sie nicht wie Feinde halten, sondern sie wie Brüder ermahnen, um sie auf solche Weise zur Erkenntnis, Reue und Leidwesen über ihre Sünden zu bringen, damit sie sich mit Gott und seiner Gemeinde wiederum versöhnen, und folglich wieder in der Gemeinde auf- und angenommen werden mögen, und die Liebe an ihnen bewährt werden möge, wie sich’s geziemt.

18. Von der Auferstehung der Toten und dem letzten Gerichte Achtzehntes und schließlich, was die Auferstehung der Toten betrifft, so bekennen wir mit dem Munde und glauben auch solches mit dem Herzen, nach der Schrift, dass durch die unbegreifliche Kraft Gottes am jüngsten Tage alle Menschen, die gestorben und entschlafen sind, wiederum auferweckt, lebendig gemacht und auferstehen werden, und dass dieselben, mit denen, die alsdann noch im Leben übrig sind und die in einem Augenblicke, zur Zeit der letzten Posaune, verändert werden, vor den Richterstuhl Christi gestellt und die Guten und Bösen voneinander geschieden werden sollen, dass alsdann ein jeder an seinem eigenen Leibe empfangen werde, je nach dem er getan hat, es sei gut oder böse, und dass die Guten oder Frommen, als die Gesegneten, alsdann mit Christo werden aufgenommen, ins ewige Leben gehen und die Freude empfangen werden, welche nie ein Auge gesehen oder ein Ohr gehört hat, noch in eines Menschen Herz gekommen ist, um mit Christo zu regieren und zu triumphieren von Ewigkeit zu Ewigkeit; dass dagegen die Bösen oder Unfrommen, als Verfluchte, in die äußerste Finsternis, ja in die ewige höllische Pein, werden verwiesen und verstoßen werden, wo ihr Wurm nicht sterben, noch ihr Feuer ausgelöscht werden wird, und wo sie laut der Heiligen Schrift,

keine Hoffnung, Trost, noch Erlösung in Ewigkeit zu erwarten haben werden.

Der Herr wolle uns durch seine Gnade sämtlich würdig und tauglich machen, dass keinem unter uns solches begegnen möge, sondern dass wir unserer selbst also wahrnehmen und befleißigen mögen, damit wir alsdann unbefleckt und unsträflich vor ihm im Frieden erfunden werden können. Amen.

Dies sind nun, wie oben in der Kürze erzählt worden ist, die Hauptartikel unseres allgemeinen christlichen Glaubens, die wir durchgängig in unsern Gemeinden und unter den Unsrigen lehren und danach leben, welches nach unserer Überzeugung, der einige wahrhafte christliche Glaube ist, den die Apostel zu ihrer Zeit geglaubt und gelehrt, ja selbst mit ihrem Leben bezeugt, mit ihrem Tode befestigt, und auch einige mit ihrem Blute versiegelt haben, worin wir auch, nebst ihnen und allen Frommen, nach unserer Schwachheit, gerne bleiben, leben und sterben wollen, um mit denselben dereinst, durch des Herrn Gnade, die Seligkeit zu erlangen.

So geschehen und geendigt worden in unsern vereinigten Gemeinden hier in der Stadt Dortrecht, den 21. April im Jahre 1632 neuer Zeit, und war unterzeichnet von nachfolgenden beiderseits Vereinigten:

Dortrecht:

Isaac König, u. von wegen unserer Diener Jan Jacobs.

Auf der andern Seite: Von mir Hans Cobryz. Von mir Jacius Terwen. Claes Dircks. Mels Gysberts. Adrian Cornelis.

Middelburg:

Bastian Willemsen. Jan Winckelmans

Flissingen:

Dillaert Willeborts, durch Jacob Pennen. Lieven Marynetz.

Amsterdam:

Tobias Goverts. Pieter Jans Moyer. Abraham Dircks.

Auf der andern Seite:

David ter Haer. Pieter Jan von Singel.

Haarlem:

Jan Doom. Pieter Cryspeert.

Auf der andern Seite: Dirck Wouters Kolenkamp. Pieter Joosten.

Bommel:

Willem Jans von Exselt. Gysbert Spiering.

Rotterdam:

Balten Centen Schumacher. M. Michiels.

Auf der andern Seite:

Israel von Halmael. Hendrick Dircks Apeldoren. Andries Lucken, der Jüngere.

Von oben in Land:

Peter von Borsel. Antony Hans.

Krevelt:

Harman op den Graff. Weylm Kreynen.

Seeland:

Cornelis de Moir. Isaac Claes.

Schiedam:

Cornelis Bom. Lambrecht Paeldink.

Leyden:

Mr. C. de Konink. Jan Weyns.

Blockziel:

Claes Claessen. Pieter Peters.

Ziericzee:

Anthonis Cornelis. Pieter Jans Timmelmann.

Utrecht:

Herman Segers. Jan Hendricksen Hooghvelt. Daniel Horens.

Auf der andern Seite: Abraham Spronk. Willem von Broekhuysen.

Gorcum:

Jacob von der Heyde Sebrechts. Jan Jans V. K.

Arenheim:

Cornelius Jans. Dirck Rondersen.

Abgesehen davon, dass dieses letzte Bekenntnis von so vielen Gemeinden angenommen und durch deren Vorsteher, wie gezeigt ist, unterzeichnet worden ist, so haben auch alle Gemeinden im Elsass, in der Pfalz und in Hochdeutschland, nachher dasselbe einstimmig angenommen und unterzeichnet, weshalb man dasselbe in das Französische und Hochdeutsche zu ihrem und anderer Nutzen übersetzt hat. Dies dient zur Nachricht.

»Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen.« (Offb 13,10)

1.8  Von der ungöttlichen und falschen Kirche (welche ein Gegensatz der Kirche Gottes ist), von ihrem Ursprung, Fortgang und ihrer Folge durch alle Zeiten

Wo Gott eine Kirche baut, sagt das alte Sprichwort, da baut der Satan eine dagegen. Dieses hat sich von Anfang der Welt her so erwiesen; denn um dieselbe Zeit, als Abel ein Märtyrer Gottes und daher ein guter Vorgänger der Kinder Gottes wurde, machte sich Kain zu einem Mörder und wurde ein Vorgänger der Kinder des Satans, die zu der ungöttlichen und falschen Kirche, als Glieder eines Leibes gehörten (1Mo 4,8).

Diesem ist Lamech, einer von Kains Nachkömmlingen, nachgefolgt, der einen Mann und Jüngling erschlug und noch davon ruhmredig und hochmütig zu seinen Weibern Ada und Silla sprach (1Mo 4,23).

Die Leute der ersten Welt, acht ausgenommen, sind den Fußstapfen Lamechs in dem Bösen nachgefolgt; sie trieben Tyrannei, Gewalt und Bedrückungen und wollten sich von dem Geiste Gottes nicht strafen lassen (1Mo 6,3–4).

Die Sodomiter sind derselben Spur gefolgt und quälten die gerechte Seele Lots mit ihrem ungebührlichen Wandel von Tag zu Tag (1Mo 19,4; 2Pt 2,8).

Diesen sind die Ägypter gefolgt, die dem Volke Gottes schwere und unerträgliche Lasten auflegten und ihnen zuletzt nach dem Leben trachteten, ja ihnen bis ins Meer nachjagten (2Mo 1,11; 14,9,10,23).

Nach diesen waren die sieben Völker oder Einwohner des Landes Palästina, die größer und stärker waren als die Kinder Israel, und von Gott, um ihrer Bosheit willen, verbannt wurden, Hewiter, Jebusiter usw. (5Mo 7,1–2).

Darauf offenbarten sich die Ammoniter, Moabiter, Midianiter, Philister und viele andere, die das Volk Gottes, das in Ruhe saß, auf mancherlei Weise beunruhigten, verfolgten und beängstigten. Siehe durchgängig in dem Buch der Richter, den Büchern Samuels, der Könige, Chroniken.

Die Chaldäer, Assyrer und Einwohner des babylonischen Landes sind auf die vorhergehenden gefolgt; sie führten die Gemeinden Gottes in fremde Länder, verbrannten das Haus Gottes und verführten die Stadt Jerusalem, die Gott vor allen Städten auf der ganzen Erde auserwählt hatte (2Kön 25,1–18; Jer 52,1–20; Kla 1,2–5).

Die mächtigen Städte Sidon und Tyrus in Phönizien und nachher Chorazin, Bethsaida, Kapernaum, die selbst der Welt mit ihrer Größe trotzten und die Bedrohungen Gottes in den Wind schlugen, streckten ihre Häupter, wiewohl zu ihrem eigenen Verderben, nach jenen empor (Jes 23,4–5; Hes 27; 28; Mt 11,20–23).

Alle diese, die man Kains Nachkömmlinge nennt, sind einander in der Ordnung nachgefolgt und können als Glieder von des Satans Kirche bezeichnet werden, weil sie weder im Geschlechte noch im Glauben, noch im Gottesdienste, noch in den Sitten des Lebens mit der Kirche Gottes übereingekommen sind, sondern überall dagegen gestritten haben.

Nach der Zukunft Christi sind viele Personen, welche die christliche Religion und den christlichen Gottesdienst angenommen hatten, wieder abgefallen, haben den Glauben verleugnet und sind also Mitglieder der obigen ungöttlichen und bösen Versammlung geworden, wie z. B. Simon der Zauberer, der sich durch das Bekenntnis des Glaubens und durch die Taufe zur sichtbaren Gemeinde Christi begeben hatte, jedoch von derselben wieder abfiel und die Gabe des Heiligen Geistes mit Geld kaufen wollte, welches ihm, nach des Apostels Petri Berichte, zum Verderben gereicht hat (Apg 8,13,18–22), wiewohl er sich nachher, wie es scheint, bekehrte.

Hymenäus und Alexander, die im Glauben Schiffbruch erlitten und voller Lästerung waren, weshalb sie Paulus von der Gemeinde getan und dem Satan übergeben hat (1Tim 1,19–20).

Philegus und Hermogenes, die mit der größeren Anzahl derer, die in Asia waren, von Paulo, und folglich auch von dem Evangelium, das sie angenommen, sich abwandten (2Tim 1,15).

Hymenäus der Zweite und Philetus, die die Wahrheit verfehlt haben und vorgaben, die Auferstehung der Toten sei schon geschehen; wodurch sie den Glauben einiger verkehrt hatten (2Tim 2,17–18).

Demas, der Paulum verlassen und die Welt lieb gewonnen hatte (2Tim 4,10).

Alexander, der Kupferschmied, der dem erwähnten Apostel viel Böses erwiesen hatte, weshalb die Gemeinde Christi ermahnt

wurde, sich vor ihm zu hüten (2Tim 4,14–15).

Viele andere, die, wiewohl sie den Namen als Glieder der christlichen Gemeinde trugen, dem mehrgedachten Diener Gottes, als er seine Verantwortung der evangelischen Lehre vor dem Kaiser Nero tun sollte, nicht beistanden, sondern ihn verließen, weshalb ihre Namen nicht mehr unter die Frommen gehörten. Siehe letztgedachtes Kapitel, Vers 16.

Hierauf folgten viele Leute, die zu Johannis Zeit von der Kirche ausgingen und antichristliche Werke taten, deshalb wurden sie Antichristen genannt, als Vorboten des großen Antichristen, der darauf folgen sollte (1Joh 2,18–19).

Außer diesen, die schon zur Zeit der Apostel entstanden und von der heiligen Versammlung Gottes ausgegangen waren, sind noch viele andere, die nicht alle zu nennen sind, durchgehend zu allen Zeiten gefolgt und werden bis an den jüngsten Tag folgen.

Hiervon haben die Apostel kurz vor ihrem Abschiede geweissagt und die Gläubigen vor der Ankunft derselben gewarnt. Als Paulus durch die Offenbarung des Heiligen Geistes wusste und vollkommen versichert war, dass alle Länder, durch welche er gereist war und das Evangelium gepredigt hatte, sein Angesicht nicht mehr sehen würden, so hat er in der Stadt Miletus die Ältesten der Gemeinde von Ephesus, die zu ihm gekommen waren, also angeredet: »Liebe Brüder, ich weiß, dass nach meinem Abschiede werden unter euch kommen gräuliche Wölfe, die der Herde nicht schonen werden. Auch aus euch selbst werden Männer aufstehen, die da verkehrte Lehren reden, die Jünger an sich ziehen; darum seid wacker und denkt, dass ich nicht abgelassen habe, drei Jahre Tag und Nacht einen jeglichen mit Tränen zu ermahnen.« (Apg 20,29–31)

Nachher, als er in der Stadt Laodicea im Lande Phrygia Pacatiana war, schrieb er einen Brief an seinen lieben Freund Timotheus von dem Abfalle einiger in der letzten Zeit, also: »Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten werden etliche vom Glauben abtreten und anhangen den verführerischen Geistern und Lehren der Teufel durch die, so in Gleisnerei Lügenredner sind und Brandmahl in ihrem Gewissen haben, und verbieten, ehelich zu werden, und zu meiden die Speise.« (1Tim 4,1–3)

Wer und welche diese Abgefallenen bereits gewesen seien, welche die Speise und Ehe bei vielen Gelegenheiten verboten haben, ist unnötig, anzuführen, weil die Wahrheit der Sache fast einem jeden klar und offen ist.

Aber am Ende seines Lebens, als er zu Rom zum zweiten Male gefänglich eingezogen worden war und sein Todesurteil schon empfangen hatte, nämlich, dass er mit dem Schwerte um des Namens des Herrn willen hingerichtet werden sollte, hat er das vorhergehende noch einmal seinem Freunde und geistlichen Sohne Timotheus erneuert, damit er solches ja nicht vergessen, sondern auch die Gemeinden, wovon er Lehrer war, deshalb erinnern möchte, mit den Worten: »Das sollst du aber wissen, dass in den letzten Zeiten werden gräuliche Zeiten kommen, denn es werden Menschen sein, die von sich selbst halten, geizig, ruhmredig, hoffärtig, die da haben werden den Schein eines gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnen sie.« (2Tim 3,1–5)

Dann setzt er noch, zu mehrerem Unterrichte, das Zeugnis hinzu: »Es wird eine Zeit sein, dass sie, nämlich einige Glieder der christlichen Gemeinde, die heilsame Lehre nicht leiden werden; sondern nach ihren eigenen Lüsten werden sie ihnen selbst Lehrer aufladen, nach dem ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden, und sich zu den Fabeln kehren.« (2Tim 4,3–4)

Auf gleiche Weise hat auch Petrus, als sein Abschied herannahte, den auserwählten zerstreuten Fremdlingen ausdrücklich geweissagt: »Gleichwie vor Zeiten unter dem Volke Israel falsche Propheten waren, sollten auch unter uns oder aus ihnen hervorkommen falsche Lehrer, die daneben einführen würden verderbliche Sekten, und verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat.« (2Pt 2,1)

Was Johannes ebenfalls hiervon sagt, nicht allein in seinen Briefen, sondern auch hauptsächlich in seiner Offenbarung, würde zu weitläufig sein zu erzählen, indem er von dem Stande der Kirche Christi und dem Antichristen eine Beschreibung von seiner Zeit an bis an der Welt Ende macht.

Von der bösen Folge (Succession) der Römischen Kirche, welche nur in der Folge der Personen und nicht in der Folge der Lehre besteht Hier muss man nun den sehr großen Missgriff bemerken, den die Römischgesinnten begehen, wenn sie (ohne die wahre Folge der Lehre in Acht zu nehmen) sich lediglich auf die Folge der Personen gründen, und damit trotzen, welche entweder von Anfang der Welt, oder von der Zeit der Apostel an, wie sie vorgeben, durchgehends bis hierher gewesen ist; gewiss eine sehr schlechte Sache!

Denn wenn sie von Anfang der Welt her rechnen, so haben wir erwiesen, dass Kain, der ein Mörder war, damals so gut seine Nachfolger gehabt, als Abel, der (um seines Glaubens und Gottesfurcht willen) ermordet worden ist; rechnen sie aber von der Apostel Zeit an, so haben wir angeführt, dass damals schon viele Abgefallene, ja solche gewesen seien, die die christliche Religion und den wahren Gottesdienst angefochten haben; desgleichen dass ihrer noch mehre nach Anweisung der Prophezeiungen und Weissagungen, die die heiligen Apostel davon gegeben und bis auf die Nachkömmlinge hinterlassen haben, nachgefolgt seien.

Darauf folgt denn, dass weder das Alter noch die Länge der Zeit oder das große Gefolge der Personen von der Wahrheit einer Religion oder Kirche sichere Auskunft erteilen kann, weil das Böse so alt ist als das Gute, und die Irrgeister und Übeltäter ein so großes Gefolge gehabt haben und noch haben, als die Rechtsinnigen und Gutgesinnten, es möchte denn sein, dass das Alter und das Gefolge der Personen mit der göttlichen Wahrheit und Frömmigkeit, welche die rechtschaffenen Alten im Anfange gehabt haben, vereinigt wäre.

Einwurf der Papisten in drei Sprüchen bestehend Aber, damit gleichwohl die Papisten die erwähnte Nachfolge behaupten möchten, pflegen sie zu sagen, dass sie dieselbe nicht nach dem Altertum einiger Irrgeister, die vor, in oder nach der Zeit der Apostel gewesen sind, rechneten; sondern von der Kirche Christi selbst und von Petrus, den sie den Prinzen der Apostel nennen, auf welchen Christus selbst (wie sie sagten) seine Kirche habe bauen wollen.

Diesem fügen sie noch, als einem zweiten Grund, hinzu, dass ihm allein und sonst niemandem, die Schlüssel des Himmelreichs von Christo gegeben worden seien, um nach seinem Gefallen dasselbe auf- und zuzuschließen.

Ferner drittens, dass ihm der Herr zu dreien Malen seine Herde (das ist seine Gemeinde), mehr als allen andern Aposteln, zu weiden anbefohlen hätte.

Außerdem, dass er auf dem Römischen Stuhle gesessen haben sollte, und dass ihm die Päpste hierin nachgefolgt wären.

Solche Oberstelle Petri aber (und daher die Nachfolge der Päpste an seiner Stelle) zu beweisen, haben sie schon von langer Zeit her drei Sprüche der Heiligen Schrift missbraucht, als Mt 16,18, ferner Vers 19, und Joh 21,15–17, welche wir im Verlaufe beantworten wollen.

Antwort auf den ersten Spruch »Auf diesen Petra will ich meine Gemeinde bauen.« (Mt 16,18) Der Irrtum der Römischen besteht darin, dass sie das Wort Petra unrichtig auslegen; gleich als ob darunter der Apostel Petrus verstanden werden müsste; dies ist aber ein auffallender, ja handgreiflicher Irrtum, denn der Herr selbst unterscheidet daselbst deutlich den Namen Petros (das ist Petrus) von dem Worte Petra (das ist, ein Stein), und sagt kurz zuvor: Du bist Petrus; nachher aber: auf diesen Stein, worauf dann folgt: will ich meine Gemeinde bauen, weshalb der Herr daselbst seine Gemeinde nicht auf Petrus, sondern auf den Stein zu bauen verheißt, wovon er deutlich redet.

Nun wird es auf die richtige Bedeutung ankommen, wer und was mit diesem Steine verstanden werden müsse.

Einige bleiben bei der zuerst angeführten Meinung, die wir zuvor widerlegt haben, nämlich, dass Petrus selbst darunter verstanden werden müsse; dazu missbrauchen sie die Stelle Joh 1,42, wo dieser Apostel mit dem Namen Kephas genannt wird, welches, nach ihrer Meinung, einen Grundstein bedeutet; aber dies ist gleichfalls ein Irrtum.

Wahr ist es zwar, dass durch dieses Wort, nach der Auslegung derer, die die Morgenländische Sprache verstehen, ein Stein verstanden wird; aber welch ein Stein? Nicht ein Fundamentstein, sondern ein Stück oder eine Ecke oder Spitze eines Steins, worauf niemals ein Gebäude gesetzt oder gegründet wird. Wie sie es auslegen, kommt das Wort Kephas von dem hebräischen Wörtlein Keph her, welches bei ihnen ein Eck oder Stück eines Steins bedeutet; sonst aber werden die Steinfelsen oder die festen Fundamentsteine mit dem Namen Sela oder Zur ausgedrückt, nach 5Mo 32,13. Also wird Petrus

wohl ein Stein in der Heiligen Schrift genannt, nicht aber ein Fundamentstein, sondern nur ein solcher, der gewöhnlich auf ein Fundament gebaut wird. Der Fundamentstein ist eigentlich Christus, wie es Petrus selbst erklärt, wenn er Christus den lebendigen Stein nennt, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und köstlich ist (1Pt 2,4). Darauf bezieht er sich auf die Worte des Propheten Jesaja, indem er sagt: »Darum steht in der Schrift: ›Siehe da, ich lege einen auserwählten, köstlichen Eckstein in Zion, und wer an ihn glaubt (das ist, wer sich durch den Glauben auf ihn erbaut), soll nicht zu Schanden werden.‹« (1Pt 2,6; Jes 28,16)

Darum ermahnt er die Gläubigen, sich selbst als lebendige Steine zu einem geistigen Hause auf das gelegte Fundament Christum aufzubauen, Vers 5.

Dieses befestigt Paulus, wenn er sagt, dass kein anderer Grund könne gelegt werden ohne den, der da gelegt ist, nämlich Jesu Christus (1Kor 3,11). Denselben nennt er (an einem andern Orte) den Grund der Apostel und Propheten, (nämlich auf welchen die Apostel und Propheten selbst auferbaut gewesen sind, und auch andere durch ihre Lehre auferbaut haben) denn er setzt hinzu: auf welchen der ganze Bau ineinander gefügt, wachset zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchem auch ihr mit erbaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geiste (Eph 2,20–22).

Es streitet aber nicht dagegen, dass die zwölf Apostel (unter welchen Petrus auch einer gewesen ist) zwölf Grundsteine genannt werden, worauf, wie Johannes sagt, die Stadt Gottes, die vom Himmel herankam, gebaut war (Offb 21,14). Denn wenn auch zugestanden wird, dass mit den Worten Stadt Gottes an dieser Stelle die Gemeinde Gottes hier auf Erden verstanden werden müsse, so wäre doch nur bewiesen, dass Petrus, neben den andern Aposteln, einer von den zwölf Grundsteinen der Gemeinde Christi gewesen sei, welches keineswegs den aufgestellten Einwurf befestigt, nämlich, dass Petrus allein der Grundstein oder das Fundament der Kirche sei.

Ferner, das Wort Grundstein bedeutet hier nicht das Fundament selbst, denn eigentlich genommen ist das Fundament oder der Grund oder Boden eines Gebäudes etwas anderes als die Steine, die darauf gebaut werden, welche man Grundsteine nennt; denn auf den Grund oder Boden werden die Grundsteine gelegt, auf die Grundsteine aber das Gebäude, sodass der Boden oder Grund die Grundsteine und das Gebäude tragen muss. Also ist Christus der Grund, Boden oder das Fundament seiner Kirche, die Apostel, durch ihre Lehre, die Grundsteine, und die Gemeinde das Gebäude, die auf diese

Grundsteine und das Fundament gebaut ist. Daher steht es fest, dass diejenigen Unrecht haben, die Petrus zum einzigen Fundamente der Kirche Christi machen, und ist also das Haus, das sie darauf bauen, unrecht und falsch.

Antwort auf den zweiten Spruch Der zweite Spruch ist aus Mt 16,19 genommen: »Und ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.«

Aber dieses dient keineswegs dazu, um zu beweisen, dass die Kirchenzucht oder die Macht, von der Gemeinde auszuschließen, und wieder in dieselbe aufzunehmen, unter den Aposteln allein Petro, und sonst niemandem von den Zwölfen gegeben worden sei, denn Vers 13 steht geschrieben: »Als nun Jesus kam in die Gegend Cäsarea Philippi, fragte er seine Jünger: Wer sagen die Leute, dass des Menschen Sohn sei?« Darauf wird erzählt, dass Petrus als in ihrer aller Namen, geantwortet habe: »Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.« Darauf folgt denn Vers 29: Ich will dir die Schlüssel, welche Verheißung zwar besonders zu Petro gesprochen worden ist, sich aber dennoch über alle Apostel erstreckt hat, denn der Herr hat nicht Petrus allein, sondern sie alle gefragt, worauf denn mehrerwähnte Verheißung, nachdem er im Namen aller geantwortet hat, erfolgt ist.

Dieses wird noch von dem heiligen Evangelisten Johannes genauer erklärt (Joh 20,21–23), wenn er sagt, dass Christus nach seiner Auferstehung, als er mitten unter seinen Jüngern stand, sie alle angeblasen und gesagt habe: »Nehmet hin den Heiligen Geist; (wobei er hinzufügte) welchem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, und welchem ihr sie (die Sünden) behaltet, (dem) sind sie behalten,« welche Worte eben denselben Nachdruck haben, wie zuvor aus Matthäus vom Übergeben der Schlüssel gesagt worden ist.

Außerdem wird auch nicht undeutlich ausgedrückt, dass die Gemeinde diese Macht empfangen habe: »Wenn er (nämlich der Sünder) die Gemeinde nicht hört, so halte ihn als einen Heiden und Zöllner. Wahrlich, ich sage euch, was ihr (versteht, nach dem Urteile, welches die Gemeinde darüber gefällt hat) auf Erden binden werdet, das soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.« (Mt 18,17–18)

Wer wollte nun noch zweifeln, dass dieses die eigentlichen Worte seien, die zuvor zu Petrus gesprochen sind, welche aber folglich allen Aposteln hier und der ganzen Gemeinde zugeeignet werden.

Wir sehen, dass das Recht auszuschließen und wieder

aufzunehmen, welches Binden und Entbinden genannt wird, der Korinthischen Gemeine zur Zeit Pauli eigen gewesen sei.

Denn was die Absonderung des Sünders betrifft, so wird zu ihnen gesagt: Feget den alten Sauerteig, nämlich den hartnäckigen Sünder, von euch aus (1Kor 5,7; ferner, tut hinweg von euch, wer da böse ist, Vers 13.

Von der Wiederaufnahme dessen, der Buße bezeugte, wurde ihnen dieses befohlen: »Es ist aber genug, dass derselbe, nämlich der für seine Sünden Buße tut, von vielen also gestraft ist (verstehe die Ausschließung der Gemeinde), dass ihr hinfort ihm desto mehr vergebt und tröstet, auf dass er nicht in allzu große Traurigkeit versinke.« (2Kor 2,6–7)

Abgesehen davon, dass diese Macht zu binden und entbinden nicht nur Petrus, sondern allen Aposteln, ja auch der Gemeinde gegeben worden ist, so ist die Eigenschaft dieser Macht ganz anders, als die, deren der Papst zu Rom, als Petri vermeinter Nachfolger, sich rühmt; denn die Macht, von der Christus sprach, musste nach der Regel seines Wortes eingeschränkt sein (Mt 7,24,26; Gal 1,6–8), wogegen die Macht, deren sich der Papst rühmt, unumschränkt ist, keine Regel hat, und so weit reicht, als es ihm gefällt.

Siehe Bald. in Cap. Eccles., item Dist. S. Papae & Cap. 40.

Aus allem diesem folgt, dass dem Papste solche Macht mit Unrecht beigelegt wird, die Petro selbst nicht gegeben war, da noch überdies die Macht, die ihm gegeben war, auch allen Aposteln, ja selbst der Gemeinde, gemeinschaftlich gewesen ist.

Antwort auf den dritten Spruch Der dritte Spruch oder Grund ist aus Johannes 21,15–17 genommen, wo, nachdem der Herr Petrus dreimal gefragt hatte, ob er ihn lieb hätte, und Petrus jedes Mal darauf antwortete: »Ja, Herr, ich habe dich lieb,« der Herr wiederum dreimal zu ihm sagte: Weide meide Lämmer, ferner, weide meine Schafe.

Diese Worte haben einige unter den Papisten so hoch aufgenommen, um die Oberherrschaft Petri und folgeweise der römischen Päpste zu beweisen, dass auch ein gewisser berühmter Schreiber unter ihnen sich nicht gescheut hat, zu schreiben, dass hier Petrus zu einem Regenten, Hüter und Hirten nicht nur der Gemeinde, sondern auch der Apostel selbst gesetzt werde.

Bell. Lib. de Pont. Rom. Cap. 14 & 15, 16. Secund. S. Velt. & c.

Aber hierin tun sie dem Texte unrecht, weil verschiedene Gründe aus der Heiligen Schrift diese Meinung umstoßen; denn erstlich ist es gewiss, dass sich Petrus damals sehr gröblich und jämmerlich vergangen habe, mehr als einer von allen andern Aposteln, indem er gegen die Warnung und seine eigene beteuerte Zusage den Herrn ganz treulos verleugnet, ja ganz verlassen hat, weshalb nicht zu vermuten ist, dass ihn der Herr über alle andern erheben und zum Herrn über sie gesetzt haben wird, was ja durchaus mit der Gerechtigkeit Christi und der Natur der geschehenen Sache streiten würde.

Zweitens würde dies nicht mit demjenigen übereinstimmen, was der Herr zuvor die Apostel gelehrt hat, als unter ihnen ein Streit entstand, wer nach seinem Abschiede unter ihnen allen der Größte sein sollte: »Die weltlichen Könige herrschen, und die Gewaltigen heißt man gnädige Herren; ihr aber nicht also; sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste, und der Vornehmste wie ein Diener.« (Lk 22,25–26) Ferner: »Ihr sollt euch nicht Meister nennen lassen, denn einer ist euer Meister, nämlich Christus.« (Mt 23,8)

Drittens, wenn man den beigebrachten Beweisgrund selbst beleuchtet, so wird man finden, dass weder die dreimalige Frage des Herrn: »Hast du mich lieb?« noch sein dreimaliger Befehl: »Weide oder hüte meine Lämmer und Schafe,« Petro etwas mehr als den andern Aposteln zugestanden habe, denn was die Frage betrifft: Hast du mich lieb?, was wird wohl anders damit zu erkennen gegeben, als dass Petrus sich selbst untersuchen sollte, ob er auch Christum lieb hätte? Ja wohl, was hatte Petrus denn mehr, als einer von den andern Aposteln? Oder als Paulus nach der Zeit hatte, welcher sagt: »Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel, noch Fürstentum, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges, noch Zukünftiges, weder Hohes, noch Tiefes, noch keine andere Kreatur uns scheiden mag von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem Herrn.« (Röm 8,38–39) Ferner: »Die Liebe Christi dringt uns also.« (2Kor 5,14) Ja, ein jeder Christ insbesondere und alle im Allgemeinen sind an diese Liebe gebunden, welches so nötig ist, dass auch stehet: »So jemand den Herrn Jesum Christum nicht lieb hat, der sei verflucht!« (1Kor 16,22)

Was den Befehl betrifft: Hüte oder weide meine Lämmer und Schafe, so ist dies auch allen rechtschaffenen Lehrern anbefohlen: »So habt nun Acht (sagt Paulus zu den Ältesten der Gemeinde von Ephesus) auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter welche der Heilige Geist euch gesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes, welche er durch sein eigenes Blut erworben hat.« (Apg 20,28)

Außerdem hat sich auch Petrus selbst in diesem Stücke nicht über, sondern neben seine Mitdiener gestellt, wenn er dieselben ermahnt und also spricht: »Die Ältesten, die unter euch sind, ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden, die in Christo sind, weidet die Herde Christi, so euch befohlen ist.« (1Pt 5,1–2)

Hierzu dient auch, dass der Herr nicht allein Petra befahl, in die ganze Welt zu gehen und zu predigen, und die Gläubigen zu taufen, sondern den Aposteln im Allgemeinen (Mt 28,18–20; Mk 16,15–16).

Ferner sagte er zu ihnen allen: »Ihr werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem, wie auch in ganz Judäa und Samaria, bis an der Welt Ende.« (Apg 1,8)

Hieraus folgt denn, dass Petrus in dem Amte, die Schafe Christi zu hüten und zu weiden (das ist, das heilige Evangelium

zu predigen und die Gemeinde Christi zu besorgen), nicht mehr Autorität, Macht oder Ansehen gehabt habe, als die andern Apostel und apostolischen Lehrer.

Nun kommt es darauf an, eine Erklärung zu geben, warum der Herr eben Petrum allein und keinen der andern dreimal gefragt habe, ob er ihn lieb hätte, und auch dreimal befohlen habe, seine Schafe zu weiden.

Hierauf sagen wir: Weil Petrus (nicht lange zuvor) den Herrn dreimal verleugnet hatte, so war es auch billig, dass er wieder dreimal Bekenntnis tat, dass er denselben, den er verleugnet, lieb hätte; und dass er daher dreimal darüber gefragt würde. Weil nun Petrus durch diese Verleugnung, sein Amt, die Gemeinde Christi zu lehren und zu weiden, ganz verlassen hatte, oder wenigstens dazu ganz untüchtig geworden war, so wird, wie leicht zu denken, keiner der andern Apostel ihn darin erkannt oder aufgenommen haben. Darum war es nötig, dass der Herr selbst ihm das ernstlich, ja dreimal befahl, damit niemand an der Würdigkeit seiner Person, (weil er nun bekehrt war) oder an der Gesetzmäßigkeit seines Amtes zweifeln möchte.

Hieraus folgt, dass diejenigen sehr unrecht tun, die die angeführte Sache höher stellen wollen, als der Herr selbst getan hat; nämlich, dass Petrus hierdurch nicht in sein Amt (woraus er gewichen war) wieder eingesetzt, sondern zu einem Haupte der ganzen Kirche, ja auch aller andern Apostel verordnet worden sei, wie in dem Buche Bellarm von den römischen Päpsten, Kap. 11, zu sehen ist.

Wie irrig diejenigen seien, die die römische Nachfolge von dem heiligen Apostel Petrus herzuleiten pflegen, und worin solches bestehe Abgesehen davon, dass die drei angeführten Sprüche der Papisten nicht beweisen, dass Petrus das Oberhaupt der anderen Apostel und der ganzen christlichen Kirche gewesen sei, so folgen noch verschiedene Gründe und Umstände, die klar ausdrücken, dass die Nachfolge der Päpste, die sie von Petrus ableiten wollen, nicht bestehen könne, sondern unbegründet, falsch und unwahr sei.

Denn (um zur Sache zu kommen) es lässt sich nicht erweisen, dass Petrus jemals zu Rom, wo der päpstliche Stuhl ist, gewesen sei, ausgenommen am Ende seines Lebens, wo er daselbst nicht als Papst aufgenommen, sondern als Märtyrer mit Paulus, seinem Mitapostel, um des Zeugnisses Jesu Christi willen, getötet worden ist, wie wir in der Geschichte der heiligen Märtyrer ausführlich auf das Jahr Christi 69 nachgewiesen.

Ferner: Egesipp. Gesch. von der Zerstörung Jerusalems. 3. Buch, 2. Kap.

Ferner: W. Baud. Apopht. Christ. Buch 1, aus Hieron. von berühmten Männern. Joh. Strac. über das Fest Joh. Evang.

Eusebius erzählt aus Dyonisius, einem Lehrer der korinthischen Gemeinde, von der Ankunft Pauli und Petri zu Rom, wie auch von ihrer Predigt, die eine Ursache ihres Todes war, folgendes:

Sie, nämlich Paulus und Petrus, waren beide miteinander in unserer Versammlung zu Korinth, und haben von da an durch ganz Italien gelehrt, haben auch in dieser Stadt, nämlich Rom, wovon er zuvor gesprochen hatte, gelehrt, in welcher sie auch miteinander zu gleicher Zeit mit dem Märtyrertume gekrönt worden sind.

Euseb. Phamph. Chron. Eccles. edit. 1588, Lib. 2, Cap. 25. & c.

Er redet von der Ankunft und Predigt Petri zu Rom, als ob es am Ende seines Lebens geschehen wäre, und obgleich er die Ankunft und Predigt Pauli auf gleiche Zeit setzt, so ist doch Paulus viel früher in diese Stadt gekommen als Petrus, welches letztere kurz vor ihrem beiderseitigen Tode geschehen ist, in welcher Zeit sie, beide zugleich, das heilige Evangelium in dieser Stadt gepredigt haben.

Dass Paulus daselbst viel früher und länger gewesen sei, erhellt aus allen Umständen der Geschichte der Apostel, denn während Petrus sowohl zu Cäsarien, Antiochien, Jerusalem und an anderen Orten predigte, wurde Paulus nach Rom geführt, und als er dahin kam, blieb er zwei Jahre in seinem eigenen Gedinge, und nahm alle auf, die zu ihm kamen, und predigte ihnen das Reich Gottes, und lehrte von dem Herrn Jesus mit aller Freudigkeit unverboten. Hiermit wird die Beschreibung der Geschichte der Apostel, ohne mehr über Paulus zu sagen, geendigt. Siehe Apg 28,30–31.

Verschiedene Gründe aus der Heiligen Schrift, die zu erkennen geben, dass Petrus während der Zeit, als Paulus zu Rom war, an diesem Orte nicht gewesen sei, ausgenommen (wie oben erklärt wurden ist) am Ende seines Lebens In dem Beweise dieser Sache wollen wir den Sebastian Franck, Gysius und andere unberücksichtigt lassen, welche durch Schlüsse davon geschrieben haben, und uns lediglich an die ausgedrückten Zeugnisse (oder wenigstens klaren Schlussreden) der Heiligen Schrift halten, worauf wir unsere Beweisgründe bauen.

Erster Beweisgrund Als Paulus in die Stadt Rom kam, wo er vor den Kaiser gestellt werden sollte, gingen ihm die Brüder aus dieser Stadt bis nach Appii Markte, und die drei Tabernen entgegen, worüber Paulus, als er sie sah, Mut schöpfte (Apg 28,15), aber hierbei wird Petri nicht einmal gedacht, welches sicherlich hätte geschehen müssen, wenn er dabei gewesen wäre, und seinen bischöflichen Stuhl (wie man vorgibt) daselbst gehabt hätte.

Nota – Durch welchen unter anderen Aposteln diese Brüder aus Rom bekehrt worden sind, wird im Texte nicht gemeldet, dass es auf dem Pfingsttage zu Jerusalem geschehen; es kann aber sein, denn damals waren Ausländer von Rom dabei (Apg 2,10).

Zweiter Beweisgrund Als es sich nun zutrug, dass Paulus seine erste Verantwortung vor dem Kaiser tun sollte, ward er von allen verlassen, und niemand stand ihm bei, wie er solches Timotheus selbst geklagt hat (2Tim 4,16). Wenn nun Petrus damals in Rom

gewesen wäre, so würde er ja Paulus, den er seinen lieben Bruder zu nennen pflegte (2Pt 3,15), nicht verlassen, sondern ihm mit Hilfe, Rat und Tat nach Vermögen beigestanden haben, welches gleichwohl nicht geschehen ist, woraus nicht undeutlich erhellt, dass er damals nicht daselbst gewesen sein müsse, es wäre denn, dass jemand schließen wollte, dass er, da er zuvor seinen Herrn und Seligmacher (wo es darauf ankam) verlassen hatte, nun auch vermutlich Paulus, der noch geringer war, verlassen hätte.

Darauf dient dieses zur Antwort, dass Petrus, als er Christum verließ, nicht mit der Gabe des Heiligen Geistes, die erst nach der Himmelfahrt Christi über die Apostel ausgegossen worden ist, erfüllt gewesen sei, weshalb (Apg 2,1–3) er leicht einen solchen Fall tun konnte; dass aber, als er mit dem Heiligen Geist erfüllt war, es sich ganz anders verhielt, sodass er und seine Mitapostel kein Leiden, ja auch den Tod nicht gefürchtet haben. Vergleiche Apg 4,19–21; Apg 5,40–42; Apg 12,3–4; 1Pt 3,14; 4,16.

Außerdem, wenn Paulus dem Timotheus klagt, so wird darin nicht ein Wort davon gesagt, dass ihn Petrus verlassen hätte, welches, wenn es geschehen wäre (als eine merkwürdige Sache), nicht verschwiegen geblieben wäre, um so weniger, weil er einige von denen, die ihn verlassen hatten, mit Namen ausgedrückt, als Demas, Alexander der Kupferschmied.

Nota: Der Herr sagt: »Wenn aber der Geist der Wahrheit kommen wird, derselbe wird euch in alle Wahrheit leiten.« (Joh 16,13)

Dritter Beweisgrund Als Paulus zu Rom im Gefängnisse eingeschlossen und mit Ketten belastet war, hat er Onesiphorus gerühmt, dass er ihn in seinen Ketten besucht und sich seiner Ketten nicht geschämt hätte, ohne dabei einen andern zu nennen. Er sagt: »Der Herr gebe Barmherzigkeit dem Hause Onesiphori, denn er hat mich oft erquickt und hat sich meiner Bande nicht geschämt.« (2Tim 1,16) Warum rühmte er aber Petrus nicht, dass derselbe ihn in seinen Banden besucht habe? Oder wenn Petrus daselbst gewesen wäre und solches nicht getan, sondern sich seiner Bande geschämt hätte, warum klagt er denn nicht darüber, dass solch ein großer Mann, der den andern hätte voran gehen sollen, darin so nachlässig gewesen wäre?

Sicherlich, wenn Petrus damals in der Stadt gewesen wäre und ihn in dem Gefängnisse besucht oder nicht besucht hätte, Paulus würde solches nicht so ganz verschwiegen haben, ohne darüber ein Lob oder eine Klage zu machen.

Vierter Beweisgrund Als viele von Paulus, als er gefangen war, sich abwandten, so gedachte er eines, der noch bei oder mit ihm, nämlich in der Stadt Rom geblieben war; diesen nennt er Lukas und sagt: »Lukas ist allein mit oder bei mir.« (2Tim 4,11) Hieraus folgt, dass auch zu der Zeit, als Paulus dieses schrieb, Petrus nicht zu Rom gewesen ist, oder es hätte Lukas nicht allein bei ihm gewesen sein können.

Fünfter Beweisgrund Kurz nach den erwähnten Worten ersucht Paulus Timotheus, dass er Markus mitbringen solle, wenn er zu ihm kommen würde, weil ihm derselbe zu seinem Dienste sehr nützlich sein würde, indem er sagt: »Markus nimm zu dir, wenn du kommst und bringe ihn mit dir, denn er ist mir nützlich zum Dienste.« (2Tim 4,11)

Wenn nun Petrus damals in Rom gewesen wäre, warum hätte Paulus nötig gehabt, Markus zu seinem Dienste zu entbieten? Oder, wenn er nicht daselbst gewesen, warum fordert er Petrus nicht auf? Gewiss, wenn er ihn entboten hätte, er hätte sich dessen ohne wichtige Verhinderung nicht geweigert, und dann könnte geschlossen werden: Petrus ist eine geraume Zeit daselbst gewesen, weil, wie man findet, ihr beiderseitiger Tod eine geraume Zeit nachher erfolgt ist.

Nun aber findet man keine Spur, dass ihn Paulus entboten habe, deshalb kann auch nicht geschlossen werden, dass er auf sein Entbieten gekommen sei, und wenn er auch zu der Zeit gekommen wäre, so würde doch sein Verweilen daselbst nicht einmal eine Zeit von einigen Jahren, viel weniger fünfundzwanzig Jahren, wovon die Papisten sprechen, ausmachen, weil der Tod ihn, wie auch Paulus, übereilt hat, wie betreffenden Orts angeführt worden ist. Doch sind die Umstände dieses ganzen Beweisgrundes unnötig und überflüssig.

Sechster Beweisgrund Paulus hat verschiedene Briefe an die Gläubigen aus dem Gefängnisse zu Rom, an die Galater, Epheser, Philipper, Kolosser, Timotheus, Philemon, geschrieben, worin er verschiedene Grüße von den Gläubigen der Römischen Gemeinde setzt, wie er denn auch im Anfange derselben einiger seiner Mithelfer gedenkt; er tut aber niemals des Petrus Erwähnung. Die Weise hiervon wollen wir anführen.

Im Anfange des Briefes an die Philipper schreibt er die Worte: Paulus und Timotheus, Dienstknechte Jesu Christi. Warum setzt er nicht hinzu: und Simon Petrus?

Fast auf gleiche Weise beginnt er auch den Brief an die Kolosser, indem er sagt: Paulus, ein Apostel Jesu Christi, durch den Willen Gottes, und Bruder Timotheus; warum nicht noch dazu: und Petrus, der oberste Apostel?

Dann, als er diese Briefe beschließt, grüßt er im Namen der Heiligen, die mit ihm waren. An die Philipper schreibt er: »Er grüßen euch die Brüder, die bei mir sind insbesondere aber die von des Kaisers Hause.« (Phil 4,21–22)

An die Kolosser stehen die Worte: »Es grüßt euch Epaphras, der aus den euren ist, ein Dienstknecht Christi.« (Kol 4,12) Ferner: »Es grüßt euch Lukas, der Arzt.« (Kol 4,14)

Hier wird Petri keineswegs gedacht, welches ja, wenn er daselbst gewesen wäre, höchst nötig gewesen wäre.

Auf gleiche Weise handelt er in allen andern Briefen, die er aus Rom geschrieben hat.

Zu Timotheus sagt er: »Es grüßen dich Eubulus, Pudens, Linus, Claudia.« (2Tim 4,21)

Zu Philemon: Es grüßen euch Epaphras, Markus, Aristarchus (Phlm 23–24).

Hiervon wäre viel zu sagen, aber der Sinn wird doch darauf hinauslaufen, dass es eine wunderliche Sache sein

würde, wenn Petrus damals zu Rom gewesen wäre, als Paulus aus dem Gefängnisse zu Rom seine Briefe schrieb und doch gleichwohl Paulus niemals in diesen Briefen einen Gruß von Petro ausgerichtet hatte, wie denn erwiesen ist, dass er nirgends getan hat, obgleich er einen Gruß von den verschiedenen Vorgängern und Mitgliedern der Römischen Gemeinde anführt, die er bei Namen genannt hat, woraus man mit Fug und Recht schließen kann, dass Petrus während dieser Zeit nicht daselbst gewesen ist.

Außer den obigen sechs Gründen, wodurch bewiesen wird, dass Petrus während der Zeit, als Paulus unter Nero gefangen war (soviel als die Heilige Schrift davon bezeugt), nicht zu Rom gewesen ist, folgen dann noch verschiedene Umstände, die, auf gleiche Weise mit der Heiligen Schrift bekräftigt, zu erkennen geben, dass auch während der Zeit, als Paulus außer dem Gefängnisse war, Petrus gleichfalls nicht in dieser Stadt gewesen sei.

Erster Umstand Es lässt sich hier die Frage aufwerfen, warum Paulus einen Brief an die Römische Gemeinde, sowohl zur Stärkung des christlichen Glaubens, als auch zur Aufmunterung in den sittlichen Tugenden, die noch vor Augen liegt, geschrieben hat, wenn Petrus daselbst gewesen wäre und für diese Gemeinde Sorge getragen hätte.

Und wenn es, um wichtiger Ursachen willen, nötig war, an sie zu schreiben, warum hat er diesen Brief nicht an Petrus, ihren Vorgänger, gesandt, wie er an Timotheus, den Lehrer der Ephesischen Gemeinde und an Titus, den Lehrer der Gemeinde auf der Insel Kreta getan hat? Oder, wenn man den Inhalt dieses Briefes ansieht, warum hat er ihm nicht wenigstens (mag man wohl denken) einen einzigen Gruß gesandt, oder ihn nicht einmal mit Namen genannt, während er doch fast ein ganzes Kapitel mit Namen angefüllt hat, von denen, die er zu Rom hat grüßen lassen, wie Aquila mit seiner Hausfrau Priscilla, Epenetus und Maria, samt Andronicus, Junias, Amplias, Urbanus, Apelles, Herodion, Narcissi Hausgesinde, die Frauen Tryphena und Tryphose, Persides, Rufus, Asyncritus, Phlegontes, Hermas, Patrobas, Philologus, Neräus, Römer 16 durchgehends, ohne die Person oder den Namen Petri im geringsten zu berühren.

Hieraus kann abermals mit Sicherheit geschlossen werden, was zuvor aus der Erzählung der Grüße, die Paulus, als er in dem Gefängnisse zu Rom war, geschrieben hat, geschlossen worden ist, nämlich, dass Petrus damals nicht in dieser Stadt gewesen sei.

Zweiter Umstand Als nun Paulus Arabien und das Land Damaskus durchwandert hatte, und nach drei Jahren mit einer besonderen Begierde, Petrus zu sehen, zurückkehrte, suchte er ihn nicht zu Rom, sondern zu Jerusalem, und als er ihn gefunden hatte,

blieb er fünfzehn Tage bei ihm und zog nachher wieder in das Land Syrien, Cilicien (Gal 1,17–18).

Dritter Umstand Als noch vierzehn Jahre verflossen waren, nämlich die Paulus auf seiner Syrischen und Cilicischen Reise zugebracht hatte, wo war damals Petrus zu finden? Gewiss nicht zu Rom, sondern zu Antiochien; denn hier kam Paulus zu ihm und bestrafte ihn, weil er in der Juden Gegenwart mit den Heiden gegessen hatte (Gal 2,1,11–12).

Vierter Umstand Als einige aus dem jüdischen Lande kamen, die die Brüder unruhig machten und sagten: Man muss sich nach der Weise Moses beschneiden lassen, sonst kann man nicht selig werden, und Paulus, Barnabas und andere fromme Männer zu den Aposteln und Ältesten gesandt wurden, um darüber zu ratschlagen, so wurde Petrus mit den andern, zu denen sie gesandt wurden, zu Jerusalem gefunden (Apg 15,1–7).

Fünfter Umstand Gal 2,7 liest man, dass die Vorhaut, das ist das Heidentum, Paulo, Petro aber die Beschneidung anvertraut worden sei; das ist das Judentum oder das jüdische Volk. Ferner, Vers 9, dass Petrus der daselbst Kephas genannt wird, mit Jakobus und Johannes, Paulus und Barnabas einander die rechte Hand gegeben und zusammen verbunden haben, dass sie unter die Heiden, jene aber unter die Beschneidung, nämlich unter die Juden gehen sollten, um ihnen das Evangelium zu predigen.

So ist es denn ausgemacht, dass Petrus eigentlich ein Lehrer der Juden gewesen sei (nachdem das Verbündnis aufgerichtet worden war) und nicht der Heiden; wenn er aber unter den Römern gelehrt hatte, die von Natur Heiden waren, so hatte er sein Verbündnis und Versprechen durchaus überschritten, was von einem so großen und berühmten Manne, wie Petrus zu seiner Zeit gewesen, nicht gedacht werden mag.

Sechster Umstand Aus der Beschreibung der beiden Briefe Petri, insbesondere aus den Worten, die 1Pt 1,1 erzählt werden, erhellt nicht undeutlich, dass er den zerstreuten Fremdlingen in Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien (nämlich die aus den zwölf Stämmen Israels, nach der Erklärung Jak 1,1, daselbst zerstreut waren), gepredigt habe, zu welchem Predigen, weil diese Länder sehr weit, ja einige derselben wohl hundert und mehr Meilen voneinander liegen, einige Jahre erforderlich gewesen sind, um dieselben zu durchreisen, in welcher Zeit Petrus natürlicherweise nicht zugleich dort und zu Rom sein konnte; dies ist so gewiss, dass es nicht widerlegt werden kann.

Siebter Umstand Zu Ende des ersten Briefes Petri, nämlich 1Pt 5,13, stehen die Worte: »Es grüßt euch die auserwählte Gemeinde, die in Babylon ist.«

Wie konnte Petrus den Gruß von der Babylonischen Gemeinde

ausrichten, wenn er damals nicht bei ihr in Babylon war? War er aber in Babylon, so war er nicht in Rom; er musste denn zwei Leiber gehabt haben, wovon man gleichwohl kein Wort liest und was keineswegs zu glauben ist.

Achter Umstand Diejenigen, welche dafür halten, dass Petrus Bischof zu Rom gewesen sei, machen zwischen dem Worte Apostel oder Gesandten und Bischof oder Aufseher keinen Unterschied und dennoch ist zwischen dem Amte eines Apostels und dem Amte eines Bischofs von jeher ein bedeutender Unterschied gewesen.

Das Amt eines Apostels besteht darin, von einer Landschaft in die andere zu reisen, um das Evangelium denen zu predigen, die es nicht gehört hatten, ohne, dass sie an diesen oder jenen Ort oder Gemeinde gebunden gewesen wären, wie solches aus Mt 28,19; Mk 16,15 zu sehen ist.

Dagegen bestand das Amt eines Bischofs oder Aufsehers darin, über eine besondere Gemeinde, wo das Evangelium schon gepredigt war, und die den Glauben nebst dem Zeichen der heiligen Taufe angenommen hatte, zu wachen, Sorge darüber zu tragen, dieselbe zu weiden und zu regieren, wie ein Hirte seine Herde (Apg 20,28; 1Tim 3,1–5; Tit 1,5–7).

Nun ist es aber gewiss, dass Petro nicht eigentlich das letztere, sondern das erstere Amt übertragen war, denn er nennt sich selbst mit dem Namen Apostel (1Pt 1,1; 2Pt 1,1), zu welchem Ende ihn Christus selbst erwählt (Lk 6,13–14) und ausgesandt hat, wie in den letzten Kapiteln Matthäus und Markus deutlich zu sehen ist.

Wie kann es denn sein, dass Petrus in der Stadt Rom als Bischof der Gemeinde gesessen haben sollte, und, was noch mehr ist, eine geraume Zeit von Jahren, oder man müsste sagen, Petrus habe seinen Befehl überschritten und ein anderes Amt und eine andere Bedienung angenommen, als wozu er berufen worden ist, welches schwer fallen würde zu beweisen, weil in der Heiligen Schrift nichts davon gesagt wird.

Genauere Anmerkung Wenn man allein bei dem Zeugnisse der Heiligen Schrift, ohne etwas anderes als glaubwürdig anzunehmen, bleiben wollte, so würde man keineswegs beweisen können, dass Petrus jemals zu Rom gewesen wäre. Weil aber die Heilige Schrift nicht alles erzählt hat, was geschehen ist, so mag man wohl das Zeugnis einiger angenommener Schreiber aus dieser Zeit als glaubwürdig erkennen, insofern ihr Zeugnis nicht mit dem, was in der Heiligen Schrift ausgedrückt ist, streitet.

Wir haben aus den apostolischen Schreiben bewiesen, dass Petrus, während der Zeit, als Paulus seine Briefe in dem Gefängnisse zu Rom schrieb, wie auch die Zeit hindurch, als er in

fremden Gegenden predigte, nicht zu Rom, sondern zu Jerusalem, Antiochien, Pontus, Galatien, Kappadozien und an andern Orten, wo die Juden zerstreut waren, gewesen sei. Dieses haben wir zuerst mit sechs, nachher aber mit acht Gründen und Umständen der Heiligen Schrift deutlich bewiesen.

Aber wo Petrus gewesen sei, oder wo er sein Ende erreicht habe, nachdem Paulus seinen letzten Brief aus Rom geschrieben hat, davon gibt die Heilige Schrift keine Nachricht.

Deshalb kann man dem Zeugnisse der Schreiber, wovon wir zuvor geredet, nicht wohl widersprechen, die beweisen, dass Petrus kurz vor seinem Tode nach Rom gekommen sei und daselbst sein Leben um der Lehre der evangelischen Wahrheit willen gelassen habe, ausgenommen, dass an diesem Orte so wenig von seinem Bistum als von seinem Papsttum etwas gesagt wird.

Der Streit unter den päpstlichen Schreibern, 1. ob Petrus zu Rom gewesen sei, 2. wie lange er daselbst Bischof gewesen sein soll, 3. wer ihm nachgefolgt ist Die gemeine Lehre der Papisten ist, dass Petrus, als oberster Bischof, auf dem Römischen Stuhle gesessen; aber es herrscht unter den Schreibern, die sie hierüber anführen, ein großer Streit.

Denn was seine Ankunft in dieser Stadt betrifft, so setzen einige dieselbe auf das einundvierzigste Jahr nach Christo; andere in den Anfang der Regierung des Kaisers Claudius; andere in das zweite Jahr des Claudius; andere in das vierte Jahr; andere in den Anfang der Regierung Neros; andere in das vierzehnte Jahr nach der Bekehrung Pauli, wie aus Jeremias, Orosius, Damasius, Hornatius, Th. Aquinas, dem Leben der Heiligen angemerkt ist.

Was die Zeit betrifft, wie lange er daselbst Bischof gewesen sein soll, so herrscht auch hierüber nicht weniger Streit, wie auch darüber, wie lange er von seinem Bistum entfernt und auf andern Plätzen gewesen sein soll.

Cortesius schreibt von achtzehn Jahren; Onuphris von sieben Jahren; Bellarminus von fünf Jahren; aber die allgemeine Meinung unter ihnen ist, dass er fünfundzwanzig Jahre auf dem Stuhle gesessen und ihre Kirche regiert habe, wiewohl einige diesem geradezu widersprechen. Siehe die drei zuletzt angeführten Schreiber.

Was die Person betrifft, die ihm in seinem Bistum nachgefolgt sein soll, so wird auch sehr verwirrt und ungewiss geredet. Einige schreiben, Clemens sei Petri Nachfolger gewesen, wie Septimus, Florens, Tertullianus. Andere meinen, dass ihm Linus nachgefolgt sei, als Irenäus, Eusebius, Epiphanius. Andere, dass Linus zwei Jahre vor dem Tode Petri das Amt Petri verwaltet habe, wie Damaskus. Andere, dass Petrus verordnet habe, dass Clemens nach Lini Tode folgen sollte, Clemens in dem Briefe an Jakobus. Andere, dass der Stuhl Petri ledig gewesen sei, so lange Linus und Cletus lebten, bei deren Lebzeiten (wie sie sagen) Clemens von Petrus zu seinem Nachfolger verordnet worden ist, jedoch den Stuhl nicht hat besitzen wollen, welches Bellarminus bezeugt. Andere, dass Linus elf Jahre nach Petri Tod auf dem Stuhl gesessen. Siehe Eusebius. Andere, dass Linus vor Petrus gestorben und deshalb sein Nachfolger in dem Bistum nicht gewesen sei. Siehe

Tertullian, Sophronius. Andere, dass Anacletus Petro nachgefolgt sei, und Clemens dem Anacletus. Siehe die Homil. von dem Tode Petri und Pauli; endlich andere, dass Petrus und Linus zugleich Bischöfe in der Stadt Rom gewesen seien, doch so, dass Petrus der erste Bischof, Linus aber der Unterbischof gewesen. Siehe Ruffinum, Gabellicum, Turrianum, in dem Leben Petri.

Von dem Ursprunge der Päpste nach dem Jahre 606, desgleichen, wie deren Nachfolge unterbrochen worden ist Abgesehen davon, dass man in den ersten dreihundert Jahren nach dem Abschiede der Apostel in der Römischen Kirche in Ansehung der Regierer derselben von nichts anderem, als von gemeinen Bischöfen und Aufsehern, bis auf Konstantin den Großen, gewusst hat, und von der Zeit an bis an das Jahr sechshundert von nichts anderem als von Erzbischöfen und Patriarchen, nicht aber von Päpsten, bis erst nach dem Jahre 606, wo durch die Gewalt des Kaisers Phocas, der römische Bischof Bonifazius der Dritte zum allgemeinen Haupte und obersten Regenten der ganzen Kirche erklärt und befestigt worden ist, so ist auch dabei die Ordnung der Nachfolge der folgenden Päpste durch viele wichtige Zufälle, die dazwischen kamen, sowohl in Ansehung der Weise der päpstlichen Wahl, als auch in Ansehung der Lehre und des Lebens der Päpste selbst, und auch in Ansehung anderer Umstände, die zu dieser Sache gehören, unterbrochen worden. Hiervon wollen wir binnen kurzem Bericht abstatten.

Nota – Nebst dem, was wir von dem Ursprunge oder der Befestigung des Römischen Papstes, in unserer Beschreibung der heiligen Taufe auf das Jahr 606 angeführt haben, so wird auch, von der Ursache derselben, dieser Bericht in der Chronik von dem Untergange der Tyrannen, gedruckt 1617, das 7. Buch, Pag. 211. Col. 2, gefunden, als der Patriarch zu Konstantinopel dem Kaiser Phoca seinen schändlichen Mord verwies und nicht gutheißen wollte oder vergeben; der Römische Bischof aber bei solch schändlicher Tat durch die Finger sah oder schonte; so hat der Kaiser Phocas aus solcher Ungunst der Kirche zu Konstantinopel den Titel eines Hauptes der Christenheit genommen und ihn der Römischen Kirche, auf das Ansuchen Bonifacii des Dritten, welcher Römischer Bischof war, gegeben, welches alles mit großem Streite zugegangen ist, denn die morgenländischen Kirchen konnten es nicht wohl zugeben, dass der Römische Stuhl überall und von jedermann für das Haupt und den Obersten der Kirche sollte gehalten und geachtet werden. Vergleiche dieses mit Platine päpstl. Reiche, Fol. 123; Fase. Temp., Fol. 122; Pos. Virg., Buch 4; Conrad Oclutar., Fol. 15. Das Buch, genannt Alter und Neuer Gott, Buch 1. M. Zanchii, Buch von den Päpsten, Fol. 41; Zeg., Chronik der Römischen Päpste, Fol. 132.

Von der Päpstlichen Wahl, desgleichen von solchen, die sich selbst in den Stuhl eingedrängt haben In der Einleitung zum Märtyrerspiegel (gedruckt 1631, Blatt 25, 26, 27) wird aus dem Kardinal Baronius (wie wir in seiner Chronik nachgesehen, und an dem angeführten Orte so befunden haben) von verschiedenen Päpsten geredet, die ohne ordentliche Wahl oder Sendung, sich selbst auf den Päpstlichen Stuhl gesetzt, wie auch von andern, die ohne Ordnung und Zustimmung der Kirche durch Gewalt der Prinzen und Fürsten sich auf den Stuhl gedrängt haben.

Unter die Päpste, die, ohne ordentliche Wahl oder Sendung sich eigenmächtig die geistliche Oberherrschaft angemaßt,

werden Stephanus der Siebte, Christophorus und Sergius der Dritte gezählt, womit es sich also zugetragen hat.

Stephanus der Siebte verstieß Bonifacius den Sechsten mit Gewalt von dem Römischen Stuhle nach dem Tode Formosi; nachher beging er an dem Leichname des gedachten Formosi, der gleichwohl für einen ordentlich erwählten und guten Papst gehalten wurde, eine schändliche Tat, welche der Kardinal C. Baronius aus Luytprandus und andern also beschreibt:

In demselben Jahre ist die große Bosheit geschehen, die Luyprandus und mehrere andere, aber irriger Weise von Sergius erzählen, während doch die Beschreibung des erwähnten Synodi, unter dem Papste Johannes des Neunten, der man unzweifelhaft mehr glauben muss, dieselbe dem damaligen Papste Stephanus dem Siebten zugeschrieben.

Derselbe ließ den Leichnam des Formosi ausgraben, und nachdem er ihn mit allen seinen päpstlichen Kleidern auf den päpstlichen Thron gesetzt, hat er es Formoso, als ob derselbe sich noch am Leben befinde, verwiesen, dass er durch großen Ehrgeiz aus dem Stuhle zu Porto auf den Römischen gekommen wäre; er hat ihn deshalb verdammt, und dem Leichname alle Kleider wieder ausziehen, demselben auch die drei Finger abschneiden lassen, womit Formosus zu weihen pflegte, und hat sie dann in die Tiber werfen lassen.

Außerdem hat er noch alle diejenigen abgesetzt, die von diesem Formosus geweiht worden waren, und hat sie noch einmal geweiht, welches alles er durch die größte Gewalt bewerkstelligen ließ.

Siehe C. Baron, Kirchengeschichte, im Jahre 897, Nr. 1, 2.

Dann erzählt Baronius von Christophorus, der sich auch in den päpstlichen Stuhl eindrängte, das Nachfolgende:

Ferner in dem nachfolgenden Jahre Christi, in dem zehnten Römischen Zinsjahre, ist der Papst Benedictus gestorben und in der Kirche des heiligen Petri begraben worden; seine Stelle hat Leo, der Fünfte dieses Namens, geboren zu Ardea, eingenommen, welcher aber nicht länger als vierzig Tage auf dem päpstlichen Stuhle gesessen, und ist nachher von Christophorus verstoßen und in den Kerker geworfen worden, welcher selbst den Stuhl nach ihm bestiegen hat.

Baron., im Jahre 906, 907, Nr. 2.

Der vorgenannte Christophorus, der seinen Vorfahren Leo den Fünften aus dem Stuhle verdrängt und denselben eingenommen hat, wurde wieder von einem andern, genannt Sergius der Dritte, der nach gleicher Herrschaft strebte, des Besitzes dieses Stuhles beraubt; dieser Sergius der Dritte, obgleich er ohne Wahl und Berufung zur päpstlichen Ehre kam, ja der außerdem (wie selbst die Papisten bezeugen) in seinem Leben sehr grausam, tyrannisch und unkeusch war, ist nichtsdestoweniger (nebst dem vorgemeldeten) in das Register der rechtmäßigen Päpste von Rom aufgezeichnet worden.

Siehe Baron., im Jahre 907, Nr. 2; im Jahre 908, Nr. 3.

Im Verlaufe der Erzählung bezeugt dieser päpstliche Schreiber, dass dieses die jämmerlichen Zeiten gewesen seien, wo

jeder sich eingedrängte Papst dasjenige sofort wieder zerstört, was sein Vorgänger angeordnet. Im Jahre 908, Nr. 2.

Zur Bekräftigung dieser Sache gehört auch dasjenige, was in der Chronik von dem Untergange, gedruckt 1617, auf das Jahr 891, Pag. 315, Kol. 1, 2, aus dem Buche vom unparteiischen Richter angegeben wird.

Wenn man nun auch, sagt dieser Schreiber, die geistliche oder kirchliche Untreue und Aufruhr der Päpste ins Auge fassen will, so wird man in den alten Geschichten finden, dass die römischen Päpste zu allen Zeiten untereinander gezankt und sich um den päpstlichen Stuhl gestritten haben.

Denn Johannes der Vierundzwanzigste, als er als Abgesandter des Papstes mit vielem Kriegsvolke nach Bononien kam, hat allen Kardinälen sehr gedroht, wenn sie einen Papst erwählen würden, der ihm nicht gefallen würde, und weil damals viele ihm genannt worden sind, von denen er aber keinem seine Zustimmung geben wollte, so begehrte man endlich von ihm, dass er zu erkennen geben sollte, wen er dazu erwählen wollte. Darauf sagte er: Gebt mir Petri Kleid, so will ich’s dem zukünftigen Papste überliefern.

Als nun dies geschehen war, legte er das Kleid auf seine eigenen Schultern, und sagte dabei, ich bin der Papst, und obgleich dies Verfahren allen andern Kardinalen sehr missfiel, so zwang man sie doch darein zu willigen.

Auf solche Weise hat Johannes der Vierundzwanzigste sich selbst zum Papste erwählt, als ihm die Wahl überlassen ward.

Siehe in dem neunten Buche der obengenannten Chronik auf das Jahr 891, an dem daselbst angeführten Orte.

Nota – Zu demjenigen, was hier im Texte von den Päpsten, die sich selbst zum päpstlichen Regimente erhoben haben, erzählt worden ist, dient auch dieses, was in der Chronik von dem Untergange der Tyrannen auf das Jahr 537 gelesen wird, allwo von Virginii päpstlichem Amte also geredet wird: Dieser Papst Vigilius wurde gewisslich von einem Geiste des Ehrgeizes getrieben, er stand begierig nach dem Papsttum, und bestieg unbillig den päpstlichen Stuhl, denn er gab der Kaiserin den Rat, wie man den Papst Silverium vertreiben sollte. Er bestellte fälschlich Zeugen, die sagten: Silverius habe die Stadt Rom heimlich verraten und den Gothen übergeben, davon hernach umständlich gehandelt werden soll, darum wurde er mit Gewalt vom päpstlichen Stuhl abgesetzt und ins Elend verwiesen, also ist Vigilius nach sechs Tagen Papst geworden.

Die Kaiserin Theodora wollte, dass er Anthenium zu Konstantinopel wieder einsetzen sollte, wie er versprochen hatte, aber Vigilius wollte es nicht tun und sagte, dass man nicht schuldig sei, ein böses Versprechen gegen das Gewissen zu halten. Verglichen mit der Beschreibung Platina, in seinem päpstlichen Register, Fol. 110. Ferner Chronik. Fasc. Temp., Fol. 117.

Von einigen, die auf ungöttliche Weise in den Besitz des Römischen Stuhles gekommen sind Außerdem wird von einer andern Art von Päpsten geredet, nämlich solchen, die nicht eigentlich durch ihre eigene Kraft (weil sie schwach waren), sondern durch die Macht der Prinzen und Fürsten zum Besitze des Römischen Stuhles gekommen sind. Unter diese werden insbesondere die beiden Päpste Felix gezählt, die beide von Arianischen Königen, die Italien und folglich auch die Stadt Rom regierten, zu der Ehre des päpstlichen Stuhles erhoben und in ihr Amt eingesetzt worden sind, der eine durch Konstantinum, der andere durch Theodoricum, die beide der Arianischen Sekte anhingen.

Cäs. Baron. im Jahre 526, Nr. 2.

Aber in ganz anderer Weise fiel es aus, als Papst Silverius in den Ruf kam, dass er den Gothen, die es mit den Arianern hielten, zugetan wäre, indem der Fürst Belizarius ihn absetzte, nach Griechenland sandte und Vigilium statt seiner zum Papste machte.

Nach dem Zeugnisse Procopii, im Jahre 528, Nr. 2.

Nach Vigilius ist Pelagius durch Gunst und Zutun des Kaisers Justiniani lediglich von zwei Bischöfen und einem aus Ostien zum Papste erwählt worden, wiewohl, wie Anastasius sagt, man die üble Vermutung von ihm hatte, dass er den vorigen Papst Vigilium um das Leben gebracht hätte, weshalb auch alle andere Geistlichen, ja auch die Weltlichen, mit ihm weder etwas zu schaffen haben, noch Gemeinschaft mit ihm pflegen wollten.

Im Jahre 555, Nr. 2.

Von der gräulichen Zeit, die die Papisten das eiserne und bleierne Jahrhundert nennen, in Ansehung der päpstlichen Wahl Der mehrerwähnte Kardinal Cäsar Baronius, indem er in der Beschreibung des Registers der Päpste fortfährt, kommt auf das Jahr 901, wo er vor Betrübnis gleichsam überfließt und diese Zeit hart und unfruchtbar nennt, weil sie viel Böses hervorbrachte, und sie mit einem eisernen und bleiernen Jahrhunderte voller Bosheit und Finsternis vergleicht, und zwar hauptsächlich in Ansehung der großen Unordnung, die bei dem Ein- und Absetzen der Römischen Päpste ausgeübt wurde, welches teils durch die Römischen Fürsten, teils durch die Prinzen von Toscana geschah, unter welchen bald dieser, bald jener sich die Macht, Päpste zu erwählen und wieder vom Stuhle zu stoßen, anmaßte, und zwar durch solche Mittel, die alle vorhergehenden Missbräuche, die rücksichtlich des Römischen Stuhles begangen wurden, dagegen nur wie ein Kinderspiel erschienen, denn nun wurden, wie Baronius schreibt, viele Abenteurer in den Stuhl zu Päpsten eingesetzt, welches durch das ganze Jahrhundert, ja an hundertfünfzig Jahre, nämlich vom Jahre 900 an bis um das Jahr 1049 währte, wo die deutschen Ottones, die den kaiserlichen Stuhl besaßen, sich dazwischen gelegt haben, wiewohl sie, die Kaiser, nicht weniger als die früheren, die Wahl und Verwerfung der Päpste in Händen behielten.

Baron im Jahre 901, Nr. 1.

Dieser Kardinal erzählt, dass in diesen grausamen und erschrecklichen Zeiten einige Päpste nicht allein durch die Gewalt der Prinzen und Fürsten, sondern auch durch einige unehrbare Weiber, die in Rom regierten, aus törichter Liebe zum päpstlichen Stuhl gelangt seien, welches wir keineswegs glauben könnten, wenn nicht ein angesehener und streng papistischer Mann, wie Baronius gewesen, solches ganz deutlich und ausführlich beschrieben hätte.

Siehe in der Kirchenhist. Baronii, gedruckt zu Antwerpen 1623, auf die Jahrzahl 912, Nr. 1; ferner 928, Nr. 1; endlich 931, Nr. 1.

Nota – Von dieser Sache meldet der Schreiber, der die Einleitung über den Märtyrerspiegel vom Jahre 1631 aufgesetzt hat:

Hernach ist eine viel grausamere Zeit entstanden, denn die Markgrafen von Toscana und nach ihnen die Kaiser, haben sich so viel Gewalt über den päpstlichen Stuhl angemaßt, dass sie viele Abenteurer mit Gewalt eingesetzt haben, unter welche Abenteurer gehören Johannes der Zehnte, welcher von Theodora, der Beherrscherin von Rom, auf den Stuhl eingesetzt, Lando aber davon getrieben wurde. Einleitung Blatt 26, Col. 2, aus Baronii Kirchenhistorie, im Jahre 912, Nr. 1. Darnach erzählte er, wie dieser Johannes der Zehnte durch dieser Theodora Tochter, die auch die Herrschaft über Rom hatte, vom Stuhle abgesetzt sei und Johannes der Elfte, der des Papstes Sergii des Dritten uneheliches Kind gewesen, darauf gesetzt worden. Und also, schreibt er, haben Huren und Buben eine Zeitlang den päpstlichen Stuhl regiert, nach dem Zeugnisse des Kardinals Baronii, welche ab- und einsetzten, wen sie wollten. Fol. 27, Col. 1, aus Barron, im Jahre 931, Nr. 1. Im Fortgange sagt vorgemeldeter Schreiber: In diesem eisernen Jahrhundert ist es auch geschehen, dass Stephanus der Neunte, der unrechtmäßig auf den Stuhl kam, von etlichen Buben in sein Angesicht gezeichnet wurde, darum er sich zu Hause hielt. Ebendaselbst von Baronio, im Jahr 940, Nr. 1.

Damit wir aber besonders diejenigen herzählen, die unrechtmäßig zum päpstlichen Stuhle gekommen sind, weil wir doch von der Nachfolge und Sendung der Päpste handeln, so müssen wir auch den Papst Johannes den Zwölften anführen, welcher, als er erst achtzehn Jahre alt war, von seinem Vater, dem Markgrafen von Toscana, mit Gewalt auf den Stuhl eingesetzt und zum Papst gemacht wurde; welcher hernach, als er um seines bösen Lebens willen durch ein Concilium zu Rom abgesetzt wurde, gleichwohl Papst geblieben ist, weil niemand den Papst in den Bann tun durfte, und wenn sein Leben, wie Baronius erzählt, auch noch so bös gewesen wäre. Vergl. Baron., im Jahre 955, Nr. 1, mit im Jahre 963, Nr. 1, 2.

Hernach hat Albericus, der Graf von Tusculo, seinen Sohn, der erst zehn Jahre alt war, zum Papste gemacht und durch seine Autorität auf den Stuhl gesetzt, welcher Benedictus der Neunte hieß. Als dieser ungefähr neun Jahre regiert hatte, so hat eine gewisse Partei der Römer einen andern Papst erwählt. Als dieses Gratianus, ein Priester aus Rom, sah, hat er sie beide mit Geld ausgekauft und nannte sich selbst Gregorius den Sechsten.

Der Kaiser aber, als er dieses nicht leiden wollte, hat hernach diese drei Päpste zugleich abgesetzt und Clemens den Zweiten an deren Statt eingesetzt, hernach Damasius den Zweiten, nach diesem Leo den Neunten, zuletzt aber Victor den Zweiten.

Also hat die Linie der von den Kaisern eingesetzten Päpste so lange gedauert, bis die Geistlichkeit selbst mächtig geworden ist und hat die Päpste erwählt, ohne auf die kaiserliche Sendung zu warten, die man zuvor nötig erachtet hatte, woraus nachher große Spaltungen und Trennungen in der Römischen Kirche entstanden sind. Vergl. über dieses alles Baron, Kirchenhistorie, im Jahre 1033, Nr. 2, mit im Jahre 1044, Nr. 2, 3; ferner im Jahre 1046, Nr. 1, im Jahre 1048, Nr. 1, im Jahre 1049, Nr. 2, im Jahre 1055.

Deshalb in Betrachtung der vorgemeldeten Sachen (sagt der Schreiber der vorgenannten Einleitung, Fol. 27, Col. 2), sagen wir also, dass es nicht wahr sei, dass sie, nämlich die Römischgesinnten, eine Nachfolge von Hand zu Hand haben, von der Apostel Zeit an bis jetzt, wie sie dem Volke mit ihrem langen Register der Päpste weiß machen wollen, die sie insbesondere als Glieder einer Kette aneinander gehängt haben, als ob sie eine immerwährende Nachfolge durch rechtmäßige Sendung allezeit unterhalten hätten; aber wir haben hier bewiesen, dass diese Kette der Nachfolge auf mancherlei Weise zerbrochen sei.

Zum Ersten durch Stephanum den Siebten und seine Nachfolger, welche sich mit Gewalt auf den Stuhl gesetzt haben; diese haben ja keine Sendung gehabt, und wo die Sendung aufhört, da hört auch die Nachfolge auf.

Zum Zweiten, durch diejenigen, die ohne Ordnung bei Kirche allein von Königen und Prinzen, ja selbst von Huren aus Hurenliebe auf den Stuhl gesetzt worden sind, oder denselben sich mit Geld erworben, wie wir erwiesen haben.

Diese haben ja auch keine Sendung gehabt, oder, so sie die Sendung gehabt haben, so müsste man beweisen von wem, denn zwei streitige Dinge können nicht beisammen stehen.

Haben sie nun die Sendung gehabt, so haben sie sich selbst nicht auf den Stuhl gesetzt, wie Baronius gleichwohl sagt; haben sie aber sich selbst eingesetzt, oder sind sie von andern durch ungebührliche Mittel eingesetzt worden, so haben sie ja keine Sendung gehabt, und daher keine Nachfolge von den Aposteln. Einleitung Blatt 28, Col. 1.

Unsere Seele entsetzt sich und wir schämen uns, dasjenige zu erzählen, was hiervon von verschiedenen päpstlichen Schreibern von der Wahl einiger Päpste daselbst vorgebracht wird.

O Gott! Öffne diesen blinden Anhängern des Papstes die Augen, damit sie sehen mögen, auf welche Nachfolge sie so lange vergeblich getrotzt haben, damit sie sich rechtschaffen zu Dir und Deiner Kirche bekehren und selig werden mögen.

Von zwei, drei und vier Päpsten, die zugleich regiert haben; ferner, wie der Römische Stuhl bisweilen ohne Papst lange leer gestanden Früher, wenn man die päpstliche Herrschaft begehrte, hatte man sein Augenmerk lediglich auf den Römischen Stuhl, jetzt aber verhielt es sich ganz anders, denn, statt dass man Rom die Ehre der päpstlichen Wahl, wie früher stets geschehen war, gegönnt hätte, fingen nun die zu Avignon in Frankreich an, ohne auf die Römer und Italiener zu warten, sich auszuwerfen und die päpstliche Wahl zu unternehmen, wie sie denn zu dem Ende eine gewisse Person erwählten, die sie Benedictus den Dreizehnten nannten, obgleich der Römische Stuhl auch mit einem Papste, Gregorius der Zwölfte besetzt war, sodass sie auf diese Weise nicht nur Papst gegen Papst, sondern auch Frankreich gegen Italien, Avignon gegen Rom setzten.

Hiervon gibt P. I. Twisck folgende Beschreibung: Zu dieser Zeit regierten zwei Päpste, die lange Zeit in großer Uneinigkeit gegeneinander standen, der eine zu Rom in Italien, der andere zu Avignon in Frankreich.

Als nun der Papst Innocentius zu Rom gestorben war, so hatte noch Benedictus der Dreizehnte den päpstlichen Stuhl in Frankreich besetzt; nichtsdestoweniger wurde Gregorius der Zwölfte zum Papste erwählt.

P. I. Twisck Chronik, das 15. Buch, auf das Jahr 1406, Pag. 758, Col. 1, aus Chronik Platina, Blatt 396. Fasc. Temp. Blatt 187.

Derselbe Schreiber, nachdem er einige andere Sachen, die in den fünf darauffolgenden Jahren geschehen sind, in der Reihenfolge erzählt hatte, erwähnt auf das Jahr 1411 abermals dieses Papstes Benedictus, der zu Avignon erwählt worden war, wie auch zweier anderer, die während seiner Regierung aufgetreten sind, nämlich Gregorius und Johannes, desgleichen von den Streitigkeiten, die sie untereinander hatten; seine Worte sind diese: Zu der Zeit sind zugleich drei Päpste nebeneinander gewesen, von denen immer einer den andern ausgebannt und exkommuniziert hat; der eine hat diesen, der andere einen andern Potentaten sich zum Freunde gemacht. Ihre Namen waren: Benedictus, Gregorius und Johannes.

Diese stritten und zankten sich untereinander, nicht um die Ehre des Sohnes Gottes, noch wegen der Reformation und Verbesserung der verfälschten Lehre, noch wegen der mancherlei Missbräuche der Römischen Kirche, sondern allein um die Oberherrschaft, welche zu erlangen sich niemand gescheut hat, selbst die allerschändlichsten Stücke zu treiben.

Der Kaiser wandte großen Fleiß an und durchreiste drei

Jahre Europa, um diesen schändlichen und schädlichen Streit und diese Zwietracht, die im Christenreiche herrschte, auszurotten; deshalb, nachdem er diese drei Päpste als Urheber verworfen hatte, brachte er zustande, das Otto Columnius mit allgemeiner Zustimmung zum Papste gemacht wurde; denn innerhalb neunundzwanzig Jahren bis auf diese Zeit waren stets wenigstens zwei Päpste gewesen, einer zu Rom, der andere aber zu Avignon. Wenn der eine segnete, so verfluchte der andere.

Siehe die erstgenannte Chronik, das 15. Buch, auf das Jahr 1411. Pag. 765, Col. 1, 2.

Von dem Untergange dieser drei Päpste gibt derselbe Schreiber folgenden Bericht: In diesem Jahre ist der Papst Johannes der Vierundzwanzigste in dem Concilio zu Konstanz der päpstlichen Würde entsetzt und dem Pfalzgrafen in Verwahr gegeben worden; dieser Papst ist in vierundzwanzig Artikeln seiner Ketzereien, Gottlosigkeiten und schändlichen Bubenstücke überführt worden. Als ihm diese Artikel vorgelesen wurden, seufzte er tief auf und antwortete, er hätte wohl noch eine ärgere Tat begangen, nämlich, dass er von den Bergen Italiens herabgestiegen wäre und sich in einem Lande, wo er keine Macht zu befehlen habe, unter das Gericht eines Concilii begeben hätte.

Er ist, nachdem er drei Jahre in München in Verhaft gesessen, zur Verwunderung aller losgelassen und vom Papste Martinus dem Fünften, dessen Füße er zu Florenz untertänig küsste, zum Kardinal und Bischofe zu Tusculo gemacht worden.

Nicht lange darauf, im Jahre 1419, ist er daselbst gestorben und mit großer Pracht und Herrlichkeit in der Kirche des St. Jan Baptista begraben worden.

Nachdem nun dieser sein Urteil empfangen hatte, sind ferner die beiden andern Päpste vor Gericht gefordert worden, unter welchen Gregorius der Zwölfte, der sich zu Rimini aufhielt, Carolum Maletestam dahin gesandt hat, mit dem Befehle, freiwillig in seinem Namen auf die päpstliche Würde zu verzichten; zur Vergeltung dessen ist er in der Marca d’Ancona zum Legaten gemacht worden, und ist nachher zu Racanay, einem Hafen am Adriatischen Meere, vor Herzenskummer gestorben.

Benedictus der Dreizehnte, Papst zu Avignon, ist bei seinem Vorhaben hartnäckig geblieben, sodass ihn weder Bitten noch Drohungen, oder das Ansehen des Concilii haben bewegen können, sich demselben zu unterwerfen, oder sich seines Amtes, der ganzen Christenheit zum Heil, zu begeben.

Siehe die mehrgedachte Chronik, das 15. Buch, auf das Jahr 1415, Pag. 773, Col. 2, und 774, Col. 1.

Hierbei kann dasjenige bemerkt werden, was der obige Schreiber von der Menge der Päpste, die zugleich regiert haben, geschrieben hat.

Außerdem schreibt er, wird gemeldet, dass zu gleicher Zeit bald vier, bald drei, bald zwei Päpste gewesen sind, indem Victor, Alexander der Dritte, Calixtus der Dritte und Paschalis zugleich die päpstliche Macht, zur Zeit des Kaisers Friedrich Barbarossa, gehabt haben, wie denn auch Benedictus der Achte, Sylvester der Zweite und Gregorius der Fünfte miteinander Päpste gewesen sind, bis sie endlich Heinrich der Dritte absetzte.

So haben auch Gregorius der Zwölfte, Benedictus der Dreizehnte und Alexander der Fünfte durch Exkommunizieren und Verbannen sich selbst die päpstliche Macht beigelegt.

Auf welche Weise Stephanus der Dritte mit Constantinus, Sergius der Dritte mit Christophorus, Urbanus der Vierte mit Clemens dem Achten, und viele andere Päpste, welches zu weitläufig sein würde zu erzählen, sich um die dreifache Krone gezankt und gestritten haben, wird durch ihre eigenen Geschichtsschreiber zur Genüge berichtet.

Siehe im 9. Buche der Chronik auf das Jahr 891, Pag. 315, Col. 2. aus dem Buche vom unparteiischen Richter genommen.

Nota – Der Papst Benedictus der Dreizehnte sandte seine Gesandten durch Zutun des Königs von Frankreich und der Hohenschule von Paris zum Papste Bonifacius dem Neunten, sie bekamen aber zur Antwort, dass ihr Meister mit Recht kein Papst, sondern ein Gegenpapst möge genannt werden, worauf sie ihn widerlegt haben. Siehe den Untergang, Buch 15, im Jahre 1404, Pag. 757, Col. 1.

Wie der Römische Stuhl leer gestanden So groß die unordentliche Begierde war, die einige an den Tag legten, um den Stuhl und die päpstliche Herrschaft zu besitzen, so groß war auch zu andern Zeiten die Nachlässigkeit und das Bestreben in Beförderung dieser Sache, denn es hat sich bei Gelegenheiten zugetragen, dass der Stuhl eine geraume Zeit durch den Streit und Zwietracht, welchen die Kardinale untereinander hatten, ledig gestanden hat, sodass die ganze Römische Kirche ohne Oberhaupt, ohne welches sie gleichwohl, wie die Papisten selbst vorgeben, nicht bestehen kann, gewesen ist.

Um diese Sache darzustellen, damit wir nicht viele Schreiber untereinander mengen, wollen wir die verschiedenen Nachrichten des P. I. Twisck anführen, der aus des Platinä päpstlichen Registern und andern berühmten päpstlichen Schreibern in seiner Chronik, die im Jahre 1617 zu Hoorn gedruckt worden ist, hierüber Auskunft gibt; wir haben daraus die nachfolgenden Exempel ausgezogen und wollen solche dem Leser mitteilen.

Dabei wollen wir die kurzen Zeiten, es seien Tage, Wochen oder Monate, unberücksichtigt lassen und wollen die Zeiten durchgehen, die ein Jahr überschreiten und deshalb nicht mit Monaten oder minderen Zeiten gerechnet zu werden pflegen, auch wollen wir mit der kürzesten Zeit anfangen und mit der längsten endigen.

Pag. 225, Col. 1, wird vom Papste Martinus dem Ersten gemeldet, welcher in dem Register der Sechsundsiebzigste ist, dass er von Constantinus, dem Kaiser zu Constantinopel,

gefangen genommen und ins Elend verwiesen worden sei, worin er auch starb und worauf der Stuhl mehr als ein Jahr leer stand.

Aus Georg. Gesch., B. 4. Platina, BI. 135. Zeg. BI. 224, 225.

Pag. 260, Col. 2, erzählt derselbe Schreiber, von Paulus dem Ersten, dem Fünfundzwanzigsten in dem Register, dass er Constantinus den Fünften, der die Bilder aus der Kirche geworfen hatte, in den Bann getan habe, worauf ihn Constantinus, der solches nicht achtete, wieder in den Bann tat und dass, nach dem kurz darauf gefolgten Tode dieses Papstes der Römische Stuhl ein Jahr und einen Monat lang ohne Besitzer, die Kirche aber ohne Haupt war.

Aus Platinä Register der Päpste, Blatt 166. Gesch. Georg., Buch 4. Franck Allars., Blatt 54.

Dann redet er von dem Papste Honorius dem Ersten, im Register der Zweiundsiebzigste, dass er die Erhebung des heiligen Kreuzes, die Prozessionen, die Samstags zu Rom gehalten werden mussten, die besonderen Gebetlein bei der Anrufung der verstorbenen Heiligen eingeführt habe, derselbe wurde nachher durch ein Concilium zu Constantinopel abgesetzt, und als er starb, stand der Stuhl zu Rom ein Jahr und sieben Monate leer.

Siehe die oben genannte Chronik, Pag. 218, Col. 1, aus Georg. Gesch., Buch 4. Franck Alla. Reg., Blatt 44. Platina Nachfolge der Päpste, Blatt 130.

Als der Papst Johannes der Vierundzwanzigste um seines bösen Lebens und gottlosen Betragens willen abgesetzt und irgendwo ins Gefängnis gesteckt wurde, zur Zeit des Kaisers Sigismundi und des Constantinischen Concilii, war in zwei Jahren und fünf Monaten niemand, der die päpstliche Regierung verwaltete, weshalb der Stuhl ohne Besitzer solange leer stand.

Siehe die zuerst erwähnte Chronik auf das Jahr 1411, Pag. 769, Col. 1. Fasc. Temp. Blatt 187. Platin 401. Onuf Blatt 406, 417. Kirchengesch. Casp. Hedio, Teil 3, Buch 11. Chronol. Leonh. Buch 6. Joh. Stumpff. Blatt 21. Gesch. Georg. Buch 9. Gesch. Mart. Adri, Blatt 53 bis 66. Jan Crisp., Blatt 356 bis 375. Zeg., Blatt 326.

Außerdem ist es zweimal geschehen, dass innerhalb drei Jahren kein Papst, oder ein allgemeines Oberhaupt der Römischen Kirche gewesen ist; nämlich zuerst nach der Absetzung des Papstes zu Avignon, Benedictus des Dreizehnten, und dann vor der Wahl des Otto Columnii, Martinus der Fünfte genannt, der deshalb so genannt wurde, weil er auf St. Martins-Tag consecriert oder eingeweiht wurde.

Von der ersteren Zeit siehe P. I. Twisck Chron. auf das Jahr 1415, Pag. 774, Col. 1; von der letzteren siehe in demselben Buche auf das Jahr 1417, oder zwei Jahre später, Pag. 781, Col. 1, verglichen mit Fasc. Temp. Blatt 187. Platin. Blatt 470. Gesch. Georg. Buch 6. Merul. Blatt 913. Seb. Franck, die alte Auflage, Blatt 31.

Nach dem Tode des Papstes Nicolai des Ersten, der der Hundertundachte in dem Register war, hat man aus Platina, nach Anweisung verschiedener anderer Schreiber, von dem Zustande der Römischen Kirche in der Zeit berichtet, dass dieselbe in acht Jahren, sieben Monaten und neun Tagen keinen Papst oder Oberhaupt gehabt habe.

Vergleiche Plat. Register der Päpste, Blatt 197, mit Georg. Gesch. Buch 5. Joh. Munst., Blatt 14. Meru., Blatt 556. Franc. Alla., Blatt 60. Ferner P. I. Twisck Chron., das 9. Buch, gedr. 1617, Pag. 297, Col. 2.

Von dem gottlosen Leben und unordentlichen Betragen einiger Päpste. Viele der alten Schreiber, selbst die gut Römisch gesinnt waren, sind so voll von den mancherlei ungöttlichen und sehr unordentlichen Weisen einiger, die den päpstlichen Stuhl besessen hatten, und in das Register der wahren Nachfolger Petri gesetzt wurden, dass man fast nicht weiß, wie man damit anfangen, noch weniger, wie man damit endigen soll.

Wir wollen nun, damit wir den Verdacht der Parteilichkeit nicht auf uns laden, nicht alle, sondern nur einige, und zwar nicht die ärgsten, sondern (in Vergleich mit andern, die wir verschweigen wollen) der besten Exempel von dieser Sache anführen, und dann in der Kürze hiervon uns abwenden; denn wir haben keine Lust, diese Moderpfütze umzurühren und unsere Seelen mit dem üblen Geruche derselben zu besudeln.

Was die Simonie oder Kirchenräuberei einiger Päpste betrifft, davon wird (aus Platina und andern päpstlichen Schreibern) in der Chronik von dem Untergange, in dem neunten Buche, aus das Jahr 828, Pag. 281, Col. 2, und Pag. 282, Col. 1, ein kurzer Bericht gegeben.

Nachdem der Schreiber dieser Chronik die Klage des Königs von Frankreich über einen Zins von achtundzwanzig Tonnen Goldes erzählt, den die Päpste jährlich aus diesem Königreiche zu ziehen pflegten, geht er weiter und sagt:

Wie wahr alles Vorhergehende sei, erhellt schon zur Genüge aus dem Exempel Johannes des Zwölften, der nach seinem Tode wohl zweihundertfünfzig Tonnen Goldes in seinem eigenen Schatzkasten hinterlassen, wie ein glaubwürdiger Schreiber, Franciskus Petrarcha, sehr deutlich erzählt.

Als Bonifacius der Siebte sah, dass er zu Rom nicht länger in Sicherheit bleiben konnte, hat er diebischer Weise die köstlichen Kleinode und Schätze aus St. Peters Kasse genommen und ist damit nach Constantinopel geflüchtet.

Clemens der Achte und mehrere andere Päpste sind verschiedene Male solcher Kirchenräuberei von ihrem eigenen Volke überwiesen worden.

Gregorius der Neunte hat dem Kaiser seine Absolution für hunderttausend Unzen Goldes verkauft.

Benedictus der Neunte, als er in Not war, verkaufte Gregorius dem Sechsten den päpstlichen Stuhl für fünfzehnhundert Pfund Silber.

Die Simonie und Kirchenräuberei Alexandri des Sechsten ist gleichfalls zur Genüge aus seiner Grabschrift bekannt, welche wir, aus Gründen, nicht hierher setzen wollen.

Ferner hat Leo der Zehnte durch Tetzel, und viele andere Päpste haben durch ihre Legaten und Gesandten ihre Indulgentien und Ablassbriefe verkaufen lassen; solches ist durch das ganze sogenannte Christentum bekannter, als den Päpsten von Rom lieb ist.

Vergleiche dieses Platinä Chronik, die alte Auflage, Blatt 183; Franc. Ala, Blatt 58. Unparteiischer Richter, Blatt 28.

Nota – Aus Platinä päpstlichem Register auf die Zahl 37 wird der Abfall des Papstes Liberii zu der Lehre der Arianer angeführt, welche Sache sich folgendermaßen zugetragen hat: Der Kaiser, der damals mit der Arianischen Lehre besudelt war, setzte den Papst Liberius ab und trieb ihn zehn Jahre lang ins Elend. Als aber Liberius durch den Verdruss in seinem Elende überwunden und mit dem Glauben und Bekenntnisse der Arianischen Sekte besudelt wurde, so ward er vom Kaiser wieder zu Rom in seinen päpstlichen Stuhl mit Triumph eingesetzt.

Vergl. Chron. Platinä. die alte Auflage, Blatt 73; Fasc. Tem. 

BI. 102. Chron. Hall. Div. 2, Cap. 20 mit P. I. Twisck Chron., das 4. Buch, auf das Jahr 353, Pag. 150, Col. 2.

In Beziehung auf den Abfall des Papstes Anastasii des Zweiten zu der Lehre Achacii, des Bischofs zu Constantinopel und folglich zu den Nestorianern, finden wir aus verschiedenen römischen Schreibern folgende Anmerkung:

Anastasius der Zweite war anfangs ein guter Christ, aber nachher wurde er von dem Ketzer Achacio, Bischof von Constantinopel, verführt.

Dieses war der andere Papst, der einen bösen Namen hatte und der Ketzerei Nestorii anhing, gleichwie Liberius Arii Ketzerei angehangen hatte. Platinä Regist. der Päpste, Blatt 100; Fasc. Tem. Blatt 113; Chron. Hall. Div. 2, Cap. 20, verglichen mit der Chron. vom Unterg., gedruckt 1617, das 5. Buch, auf das Jahr 497, Pag. 171, Col. 2.

Von der öffentlichen Tyrannei der Päpste, von ihrer heimlichen Verräterei und ihren Vergiftungen, welches sie an etlichen ausgeübt haben, davon wird aus Vergerius und andern folgender Bericht gegeben:

1. Von ihrer Tyrannei Julius der Zweite hat innerhalb sieben Jahren über zweimalhunderttausend Christenmenschen umbringen lassen.

Gregorius der Neunte hat des Kaisers Abgesandte, von welchen er vernahm, dass Jerusalem wieder eingenommen worden sei, gegen alle Billigkeit erwürgen lassen.

Clemens der Vierte ließ Conradum, den Sohn des Königs von Sicilien, öffentlich enthaupten, ohne alle Beweisgründe und ohne jedes rechtliche Verhör.

Es ist nicht nötig, hierbei die unzählbare Menge der wahren Christgläubigen anzuführen, die in allen Teilen des ganzen Erdbodens, durch schreckliche Hinrichtungen und durch Henkers Hände, auf Veranlassung einiger Päpste, ihrer Religion wegen, des Lebens beraubt worden sind; denn solches ist offenkundig genug und bedarf keines weiteren Beweises.

2. Von ihrer Verräterei Der Kaiser Friedrich hat auf dem Reichstage zu Nürnberg über die Verräterei des Papstes Alexandri des Dritten, in Gegenwart der Reichsfürsten, öffentlich geklagt und ihnen den Brief, den der Papst an des Türkischen Kaisers Soldaten gesandt hatte und worin die Verräterei begriffen war, vorgelesen.

Gregorius der Zweite gebot heimlich, dass man dem Kaiser Leo den gewöhnlichen (und schuldigen) Zoll nicht geben solle.

Alexander der Sechste hat die Türken gegen die Franzosen zur Hilfe genommen, oder doch gerufen.

Nota – Als Honorius der Erste eine Zeitlang zu der Ehre des Römischen Stuhles erhoben war, fand man zuletzt, dass er die Lehre der Römischen Kirche nicht verteidigte, sondern sich dagegen setzte, obschon er in einigen äußerlichen Dingen sich bei ihr angenehm machte.

Hierüber finden wir bei einem gewissen Schreiber folgende Worte: Honurius der Erste hat die Anrufung der Heiligen an die Litanei gehängt; er hat viele Tempel gebaut und sie sehr köstlich geziert; aber dieser Papst ist nachher, im sechsten Concilio zu Constantinopel, als ein Ketzer verdammt worden, nebst sechs andern vornehmen Geistlichen.

3. Von ihren Vergiftungen Hiervon melden die Alten, dass der Papst Paulus der Dritte seine eigene Mutter und Base durch Gift getötet habe, damit dadurch das Erbteil der Farnesien ihm zufallen möchte.

Innocentius der Vierte hat dem Kaiser zu seiner Zeit durch einen Messpfaffen Gift in einer Hostie geben lassen, und ihn dadurch des Lebens beraubt.

Wie außerdem ein anderer Papst, dessen Name genug bekannt ist, des Türkischen Kaisers Gemenois Bajazeris Brüder auf gut Türkisch durch Gift hat töten lassen, weil er durch zwei Tonnen Geldes gelöst war, ist nicht nötig zu erzählen, indem das Geschrei hiervon in Osten und Westen sich ausgebreitet hat.

Als sich dieser Papst einmal vorgenommen hatte, einige Kardinäle auf gleiche Weise durch Gift töten zu lassen, hat der Schenk (wie die Alten erzählen) aus Irrtum, aus der Kanne, worin das Gift war, eingeschenkt, so dass der, welcher solches verordnet hatte, selbst damit beschenkt worden, und in weiterer Folge samt den Kardinälen, die mit davon getrunken hatten, gestorben ist.

Vergleiche Contaräni Buch, Vergerii Unparteiischen Richter, insbesondere Pag. 48–50, mit der Chronik von dem Untergang, der erste Teil, auf das Jahr 1227, Pag. 544, Col. 1, 2. Ferner Pag. 768, Col. 2, von dem üblen Betragen des Papstes Johannes des Vierundzwanzigsten, genommen aus Fasc. Temp. Blatt 187; Platin. Blatt 401; Onuf. Blatt 406, 417; Kirchengesch. Casp. Hedio, Teil 3, Buch 11; Chronol. Leonh. Buch 6; Henr. Bull., von den Concil., das 2. Buch, Cap. 8; Joh. Stumpff., Blatt 21; Georg. Gesch., Buch 6; Seb. Fra., die alte Auflage, Blatt 31 bis 89; Gesch. Andriani, Blatt 53–66; Jan Crisp., Blatt 256–369; Chron. Car., Buch 5; Zeg., Blatt 326.

Vergl. auch Gesch. Georg., Buch 4; Franc. Ala., Blatt 44; Platina, Register der Päpste, Blatt 130, mit der zuletzt angeführten Chronik, gedruckt 1617 auf das Jahr 622, Pag. 218, Col. 1.

Nebst dem bösen Zeugnisse, das Johannes dem Vierundzwanzigsten gegeben wird, gibt auch Twisck davon nachfolgende Beschreibung: Dieser Papst Johannes hat den päpstlichen Stuhl, wie einige sagen, mit Gewalt eingenommen, und wird von den (alten) Schreibern ein rechter Fahnenträger aller gottlosen Ketzer und Schwelger genannt. Er war ein Mann, geschickter Waffen und Krieg zu führen als zum Gottesdienste. P. I. Twisck, Chron., das 15. Buch, auf das Jahr 1411, Pag. 768, Col. 2.

4. Von den göttlichen Gerichten und Strafen, die einige Päpste getroffen Die göttliche Rache für schwere Missetaten wird zu Zeiten in diesem Leben ausgeführt, zu Zeiten aber bis in das zukünftige Leben verspart.

Die Rache, die in diesem Leben geschieht, wird zu Zeiten unmittelbar von Gott selbst ausgewirkt; zu Zeiten tut Gott solches durch ein Mittel, es sei durch die Elemente, oder durch die Dinge, die aus den Elementen zusammen gesetzt sind und gleichwohl kein Leben haben; zu Zeiten durch lebendige Kreaturen, es seien Menschen oder Tiere.

Doch wollen wir hier allein von den Gerichten Gottes reden, die an einigen auf solche Weise und durch solche Werkzeuge ausgeführt worden sind, wie gezeigt werden soll.

In dem achten Buche der Chronik von dem Untergang der Tyrannen, auf das Jahr 767, Pag. 262, Col. 2, werden hiervon einige Exempel erzählt, die wir am füglichsten und in der besten Ordnung hierher setzen wollen.

Nachdem der Schreiber dieser Chronik zuerst angegeben hat, wie schändlich der Papst Sylvester Campanus aus der Stadt Rom gebannt worden sei, erzählt er den betrübten Ausgang Constantini, Hadriani, Johannis, Benedicti, Bonifacii, Lucii, Innocentii, Nicolai, Pauli, Leonis, Clementis.

Nota – Unangesehen die Exempel, die im Texte angeführt worden sind, von P. I. Twisck erzählt werden, so soll man doch wissen, dass sie aus päpstlichen Schreibern genommen sind.

Der Papst Constantinus der Zweite, nachdem er ein gottloses Leben geführt hatte, ist in einem Concilio seiner beiden Augen und der päpstlichen Gewalt beraubt, und nachher in ein Kloster gesteckt worden.

Hadrianus der Dritte, als er aus Rom flüchtete, ist in den Kleidern eines Gärtners nach Venedig gekommen, wo ihm in einem Garten zu arbeiten anbefohlen worden ist.

Hadrianus der Vierte erstickte während des Trinkens an

einer Fliege, die ihm in den Mund flog (andere sagen, die ihm in das Getränk kam).

Johannes der Elfte, nachdem er durch des Guidonis Soldaten gefangen genommen worden, ist von ihnen durch ein Kopfkissen erstickt worden, das sie auf seinen Mund hielten.

Johannes der Zweiundzwanzigste wurde durch das Einfallen eines Gewölbes in einem Lusthause zerschmettert, und verlor dadurch sein Leben.

Benedictus der Sechste wurde von einen Bürger zu Rom, Cynthius genannt, in der Engelsburg eingeschlossen, und dort von demselben, um seiner großen Bubenstücke willen, erwürgt.

Benedictus der Neunte wurde durch Gift getötet, welches eine Äbtissin, die für eine andächtige geistliche Tochter gehalten wurde, in eine Feige gesteckt hatte.

Dem Körper des Bonifacii des Siebten, der plötzlich starb, wurde ein Seil an die Füße gebunden, und nachdem er so über die Straßen geschleift war, wurde er in die gemeinen Gräber geworfen.

Als Lucius der Zweite das Capitolium, wohin die Ratsherrn geflüchtet waren, bestürmen wollte, wurde er so stark gesteinigt, dass er kurz darauf seinen Geist aufgab.

Als Innocentius der Vierte Robertum von Lincoln ungerechter Weise zum Tode verurteilt hatte, weil er die bösen Stücke der Päpste sowohl mit dem Munde als mit der Feder bestraft hatte, Robertus aber deshalb apellierte und sich auf den obersten Richter Christum berief, so ist der Papst am folgenden Tage auf seinem Bette tot gefunden worden.

Nicolaus der Dritte starb unvermutet an einem Schlage, der Schlag Gottes genannt.

Paulus der Zweite, nachdem er sehr fröhlich sein Abendessen gehalten hatte, starb kurz nachher an einem ähnlichen Schlage, wie wir zuvor von Nicolaus gesagt haben.

Leo der Zehnte starb, als er lachte und fröhlich beim Becher saß.

Als Clemens der Achte sich mit Franciscus, dem König in Frankreich, gegen den Kaiser Carolus den Fünften vereinigt hatte, wurde er von den Kaisers Hauptleuten gefangen, über die Maßen verspottet, zuletzt zwar wieder auf den päpstlichen Stuhl gesetzt, aber endlich im Jahre 1534 durch einen Rauch von Fackeln mit einigen Kardinälen erstickt.

Aus dem unparteiischen Richter; ferner aus verschiedenen anderen glaubwürdigen Schreibern, die zuvor angeführt worden sind.

Nota – Hier könnte man noch viel dergleichen Exempel erzählen, aber weil aus diesen wenigen unser Endzweck genug erkannt werden mag, so finden wir es unnötig, uns tiefer hinein zu geben, und darum wollen wir es dabei bewenden lassen.

Abschied von diesen angeführten Sachen Wir wenden uns von den Päpsten, ohne ihrer weiter zu gedenken. Es ist genug, dass wir eingesehen haben, dass deren Nachfolge, wovon die Papisten so viel Rühmens machen, verwirrt und eitel sei, oder wenigstens keinen beständigen Grund habe. Wie wir dieses erwiesen haben, geziemt uns nicht, auseinander zu setzen; wir lassen andere davon urteilen.

Nun wäre es gelegene Zeit, die hochberühmte lateinische Kirche, das Römische Babylon, mit allen ihren Teilen zu beschreiben, und dass man ausführlich von den mancherlei unversöhnlichen Streitigkeiten handelte, die in, bei und unter derselben, wiewohl sie von ihrer besonderen Einigkeit viel zu sagen wissen, von Zeit zu Zeit in Glaubenssachen entstanden sind, wie die Päpste wider die Concilien, und die Conzilien wider die Päpste gestritten haben, wie der eine vernichtet und verworfen, was der andere gemacht und eingesetzt, ja wie sie einander zu Zeiten bis auf den Tod verfolgt, und auf eine grausame Weise, eben als ob sie es mit ihren öffentlichen Feinden zu tun hatten, umgebracht haben, der mannigfaltigen Aberglauben und Menschenerfindungen nicht zu gedenken, die bald von diesen, bald von jenen als Missgeburten aus dem Schoße der zu Unrecht genannten heiligen Römischen Kirche hervorgegangen sind, denn davon nach Erfordern zu handeln, würde fast ein unendliches Werk ausmachen, oder wenigstens ein ganzes Buch anfüllen. Was eine Komödie oder ein Lustspiel zu sein pflegte, in Ansehung des fröhlichen und lustigen Regimentes der päpstlichen Herrschaft, ist durch ihren Verfall in eine Tragödie oder Trauerspiel verwandelt worden; doch das, was wir erzählt haben, berührt nur das zeitliche Leben, aber die jämmerlichste Tragödie und das betrübteste Trauerspiel ist, laut Gottes Bedrohungen, wiewohl wir das beste wünschen und hoffen, noch im Hinterhalte, und betrifft das zukünftige und ewige Leben, denn außer den gottlosen Dingen, die wir angeführt haben, ist man auch vom Blute der Heiligen trunken gewesen; ja man hat nicht allein das Blut der geliebten Freunde und Kinder Gottes wie Wasser ausgegossen, und die Blutdürstigkeit abgekühlt, sondern man hat auch ihren Leibern neben unbegreiflichen Grausamkeiten die größte Schande angetan, so dass man sie unbeerdigt hat liegen lassen, oder sie den Tieren zu fressen, oder an Pfählen und Rädern den Vögeln zur Speise gegeben hat.

Gewiss, dieses wird Gott noch bestrafen und nicht ungerügt lassen. »Wer euch antastet (spricht Sacharja zu der Kirche Gottes), der tastet seinen Augapfel an.« (Sach 2,12)

Ach, dass sie sich in Zeiten bekehrten! Ach, dass sie der aufgehobenen Rute des Zornes Gottes zuvorzukommen suchten! Ach, dass sie sich fürchteten und durch wahre Buße dem helllodernden Feuer seiner ewigen Ungnade entgingen, dem die Bösen und Unbußfertigen nicht entgehen werden.

Dass doch unterdessen alle, die in Babel gefangen sind, und noch in der Finsternis und dem Schatten des Todes sitzen, um ihre Seelen zu behalten, daraus fliehen möchten, dass sie sich nach Jerusalem, nach dem geistlichen Gesichte des Friedens (verstehe, die wahre Gemeinde Gottes) aufmachen möchten, dass sie ihrer Seelen Seligkeit, weil es Zeit ist, suchen, finden und behalten möchten! Gewiss, dies wäre eine erwünschte Sache!