Von 1Mose 3,15: »Und ich will Feindschaft setzen, zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen.«
Micron schreibt, ich hätte gesagt, man müsse den Samen des Weibes (1Mo 3,15) nicht fleischlich und buchstäblich, sondern nur nach dem Geiste verstehen. Dies verneine ich ohne alle Umschweife, denn es ist meiner Lebtag nie meine Absicht gewesen, Christum von dieser Verheißung auszuschließen; allein ich habe wohl manchmal gesagt und sage es auch noch, dass man mit diesem Spruche nicht beweisen kann, dass die Weiber zeugenden Samen an sich haben. Denn gleichwie die verführte Eva ein buchstäbliches Weib war, so war auch die verführerische Schlange eine buchstäbliche Schlange, in welche der Teufel sich gelegt hatte, denn der Herr sprach zu ihr: »Auf deinem Bauch sollst du gehen, und Erde essen dein Leben lang,« welches der Teufel, der ein Geist ist, nicht tun konnte. Soll man nun das Wort Weibessamen als einen zeugenden Samen verstehen, wie Micron tut, so muss auch der Schlange Samen als ein zeugender Samen verstanden werden, zwischen welchen beiden allein dann die Feindschaft bestehen müsste, denn der eine Same muss, weil für beide nur ein Name ist, dem andern folgen und gleich sein. Und in diesem Sinne war auch nur die buchstäbliche Schlange von Christo überwunden. Versteht mich recht in dem, was ich schreibe.
Ist hingegen, was auch der Fall ist, die Schlange, welche durch die verführerische Schlange abgebildet wird, eine geistliche Schlange, so muss auch das Weib, welches durch das verführte Weib abgebildet wird, ein geistliches Weib sein, und so wiederum der eine Same dem andern folgen und ihm gleich sein; denn wenn die Schlange geistlich ist, so ist auch geistlich ihr Same, nämlich die Lüge, aus der sie leider Kinder gebärt, die solche verführerischen, lügenhaften, ehrabschneiderischen, ehrgeizigen undparteiischen Bücher schreiben, wie Micron und Hermes hier getan haben.
Desgleichen, gleichwie das Weib geistlich ist (Eph 5,25; Off 12,6; 19,7), so ist auch geistlich ihr Same, nämlich die Wahrheit, aus welcher sie (dem Herrn sei ewig Dank für seine Gnade) Kinder gebärt, die in der Wahrheit wandeln, die Wahrheit von Herzen sprechen und für die Wahrheit, welche sie nur mit ja und nein bekräftigen, willig in den Tod gehen.
Und seht, zwischen diesen beiden, nämlich zwischen den Kindern der Wahrheit und den Kindern der Lüge, herrscht ein ewiger Streit. Der Samen des Weibes überwindet und zwar durch einen aufrechten, festen Glauben in christlicher Geduld mit des Herrn Wort; dennoch muss er noch ungemein viele Bisse von dem überwundenen Schlangensamen in seiner Ferse erleiden; denn ihr Name wird gelästert, ihre Lehre wird gescholten, ihr Leben bis in den Tod gehasst, ihre Güter geraubt, ihr Fleisch verbrannt oder ertränkt und sie müssen sich täglich auf das giftige Beißen des blutschuldigen Samens gefasst machen, wie ich in meiner Schwachheit schon seit mehr als zwanzig Jahren nicht wenig erfahren habe.
Seht, wenn man es in solch einem Sinne, als wir hier erklärt haben, betrachtet, so bleibt geistlich geistlich und fleischlich fleischlich und die Schrift steht ungebrochen. Dass ich aber damit Christum von dieser Verheißung ausschließen sollte, davor wolle mich der Herr bewahren, denn ich bin durch des Herrn Gnade so weit von ihm gelehrt, dass ich wohl weiß, dass Christus die Kraft, ja, der Anfang, die Mitte und das Ende dieser ganzen Verheißung ist und auch ewig bleiben wird; denn er ist der geistliche Mann dieses geistlichen Weibes (Joh 3,6; Offb 19,7; Eph 5,25); sein Wort ist der Same des Weibes und ist er selber dieses Wort, gleichwie er sagt: Ich bin
»erstlich der, der ich mit euch rede.« (Joh 8,25)
Er sprach und lehrte die Wahrheit und war die Wahrheit (Joh 14,6). Er sprach und lehrte die Liebe und war die Liebe (1Joh 4,16). Kurz, er sprach von der Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit und Erlösung und war selbst die Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligmachung und Erlösung.
Er allein ist der mit diesen Worten verheißene siegreiche Held und triumphierende Überwinder, welcher der Schlange ihren Kopf zertreten hat für uns und wir in ihm und durch ihn, wie Paulus sagt:
»In dem allen überwinden wir weit, um dessen willen, der uns geliebt hat.« (Röm 8,37)
An einer andern Stelle sagt er:
»Ich vermag alles, durch den, der mich mächtig macht, Christus.« (Phil 4,13)
Johannes sagt:
»Wer ist aber, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?« (1Joh 5,5)
Da denn aus allem diesem hervorgeht, dass Christus und sein Geist, Wort, Weisheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, Heiligmachung, Frieden, Erlösung und alles, was Christus ist und an sich hat, nimmermehr in der Kraft und Wahrheit mit Fug und Recht voneinander geschieden werden können und dass, wo das eine ist, auch das andere sein muss, so will ich nicht Micron und Hermes, sondern dem unparteiischen Leser mit diesem zu bedenken geben, ob ich den Menschen Christus Jesus, in welchem die ganze Summe unserer Seligkeit begriffen steht, von dieser Verheißung ausschließe und sage, dass man letztere dem Geiste nach verstehen solle (obwohl die Allegorie in ihm geistlich ist), wie Micron von mir schreibt.
Es ist auch jederzeit meine Ansicht gewesen, dass er uns hiermit aus einem Weibe verheißen war und habe ich solches auch zuweilen in meinen Büchern gesagt; dennoch muss ich diese Gewalt von ihm erfahren, wie mir leider noch an andern Stellen in seiner Schrift geschieht. Übrigens weiß ich nicht, warum ich dem widersprechen sollte, da er hier nicht aus einem Manne, der den Samen hat, sondern aus einem Weibe, das denselben nicht hat, verheißen wurde, gleichwie auch dem Jesaja in 7,14 aus einer Jungfrau, woraus man offenbar lernen muss, dass er nicht der unreine Same eines sterblichen Menschen, sondern der Sohn des Allerhöchsten sein sollte.
— Auslassung im Originaltext, Anm. d. Verlegers —
Seht, hier habt ihr nun unsere auf die Schrift gegründete und unwidersprechliche Antwort auf alle die unbegründeten, weitläufigen, sophistischen und kraftlosen Worte, welche von Micron und Hermes in ihrem ganzen Berichte und Anhange vom Weibessamen vorgebracht werden.
Warum nun die gottseligen Weiber, von welchen er schreibt und an welche er seine Klage richtet, dies nicht sollten leiden können, weiß ich nicht, da ich ihren Männern oder Hausherren, welcher Ehre alle tugendhaften und ehrenwerten Weiber stets von Herzen gern suchen und verteidigen, sowie auch ihnen selbst, einem jeden in seiner Ordnung, aufrichtig mit dem Maße der ewigen Wahrheit zuteile, was ihnen Gott der Herr mit seinem eigenen Wort durch das Werk seiner Schöpfung nach seinem göttlichen Wohlgefallen fest zugeteilt und gegeben hat, wie gehört worden ist.
Welche Schande aber Micron allen ehrenwerten Weibern antut, dass er sie mit seinem ungesalzenen Schreiben nicht nur zu Weibern, sondern auch zu Männern macht, dies will ich ruhen lassen. Bei mir gilt weder Schimpfen noch Schelten; es ist mir genug, dass ich den Grund unseres Glaubens zu des Herrn Preis verteidige. Er muss mir hin und wieder einen boshaften Stich versetzen, ob er mit solchem noch einige Herzen etwas mehr über mich erbittern und die Wahrheit mit unserm gehassten Namen noch etwas hässlicher machen möchte.