Hier folgen noch einige Fragen, mit welchen sie uns oft bemüht haben.
Die erste Frage: Ist die Absonderung ein Gebot oder ein Rat Gottes?
Antwort: Ein jeder erwäge die obenerwähnten Worte Christi und Pauli recht und er wird finden, ob die Absonderung Gottes Gebot oder Gottes Rat ist. Wenn Paulus von der Absonderung handelt, spricht er meistens im Imperativ oder der gebietenden Weise: Expurgate, d. i. fegt aus; profligate, d. i. treibt aus (1Kor 5,7); sejungere, d. i. werde abgeschieden (1Tim 6,5); fuge, d. i. fliehe (Tit 3,10). So auch: »Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, in dem Namen unseres Herrn Jesu Christi […]« Brüder, ich meine, diese Schriften beweisen wohl, dass die Absonderung ein Gebot ist. Und wäre sie auch kein Gebot, sondern ein Rat Gottes, sollten wir demselben denn nicht mit allem Fleiße nachkommen? Verachtet mein Geist den Rat des heiligen Geistes, so bekenne ich gewiss damit, dass mein Geist nicht aus Gott ist. Was für ein Ende aber viele genommen haben, die nicht Gottes, sondern ihrem eigenen Geiste gefolgt sind, kann an vielen Stellen der biblischen Geschichte gelesen werden und wird auch noch zu unserer Zeit gesehen und gefunden.
Die zweite Frage: Soll jemand, der sonst fromm ist, den Bann aber nicht halten will, deshalb dennoch gebannt werden?
Antwort: Wer fromm ist, wird wohl seine Frömmigkeit durch den Gehorsam zeigen und nicht mit Wissen und Willen Gottes Wort, Gebot, Willen, Rat, Ermahnung und Lehre verachten und als unnötig in den Wind schlagen. Denn wenn jemand freiwillig Umgang pflegt mit solchen, mit denen es in der Schrift verboten ist, so müssen wir gewiss zugeben, dass dies Verachtung des Wortes Gottes, offenbarer Ungehorsam und Widerspenstigkeit ist (ich rede von denen, welche es wohl wissen und erkennen, aber dennoch nicht tun); Ungehorsam ist aber eine Zaubereisünde und Widerstreben ist Abgötterei (1Sam 15,23).
Da die Schrift ermahnt und gebietet, mit solchen keine Gemeinschaft zu haben, nicht mit ihnen zu essen, sie nicht zu grüßen noch ins Haus aufzunehmen, jemand aber dennoch sagt: »Ich will mit ihnen Gemeinschaft pflegen, mit ihnen essen, sie in dem Herrn grüßen und in mein Haus nehmen,« so beweist dies gewiss offenbar, dass er seines Herrn Gebot und Ermahnung nicht fürchtet, sondern geringschätzt, den heiligen Geist verstößt und seinem eigenen Gutdünken mehr vertraut, huldigt und folgt, als dem Worte Gottes. Urteilt nun, was für eine Sünde es ist, Gottes Wort nicht hören, noch demselben gehorchen zu wollen. Paulus sagt: »Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, in dem Namen unseres Herrn Jesu Christi, dass ihr euch entzieht von allem Bruder, der da unordentlich wandelt und nicht nach der Satzung, (merkt wohl) die er von uns empfangen hat.« Und weiter:
»So aber jemand nicht gehorsam ist unserm Wort, (merkt noch einmal) den zeichnet an durch einen Brief und habt nichts mit ihm zu schaffen, auf dass er schamrot werde.« (2Th 3,6,14)
Da denn der Bann von den Aposteln so nachdrücklich befohlen und geübt worden ist und zwar des Herrn eigenem Befehle zufolge (Mt 18,15–17), so müssen wir, wenn wir nun so weit von Gott gelehrt und erleuchtet sind, demselben nachkommen oder wir müssen von der Gemeinde Gottes um unseres Ungehorsams willen gemieden werden; dies muss man zugestehen.
Die dritte Frage: Müssen Eheleute, sowie Eltern und Kinder einander des Bannes halber auch meiden?
Antwort: Erstens ist die Regel des Bannes eine allgemeine Regel und nimmt niemanden aus, weder Mann noch Frau, weder Eltern noch Kind; denn Gottes Wort urteilt alles Fleisch mit dem nämlichen Urteile und kennt keine Personen. Da denn die Regel des Bannes eine allgemeine ist, niemanden ausnimmt, noch Personen ansieht, so ist es gewiss billig, hierin des Herrn Wort zu hören und zu befolgen, handle es sich dann um Mann, Frau, Eltern oder Kind.
Zweitens sagen wir, dass die Absonderung in der Gemeinde geschehen (1Kor 5,3) und darum auch der Mann in die Absonderung seiner Frau und die Frau in die Absonderung ihres Mannes einwilligen und mit der Gemeinde stimmen muss. Muss aber der fromme Ehegatte seine Zustimmung geben, so gebührt es sich gewiss, dass er mit der Gemeinde seine Frau auch meide. Denn was für Frucht, Kraft und Nutzen hat der Bann, wenn er nicht mit der Meidung verbunden ist?
Drittens sagen wir, dass der Bann gegeben ist, um zur Besserung zu beschämen. Versteht aber hierunter nicht jene Beschämung, wodurch die Welt beschämt wird, sondern die Beschämung des Gewissens. Lasst dieselbe daher in aller Billigkeit, Freundlichkeit und Liebe geschehen. Wenn dann über meinen Mann, meine Frau, meine Eltern oder mein Kind in der Gemeinde im Namen und mit der Kraft Christi der Bann verhängt worden ist, so muss ich gewiss, da die rechte evangelische Meidung nach dem Rate des heiligen Geistes zur Besserung geschieht, aus allen meinen Kräften Besserung an meinem eigenen Leibe, nämlich an meinem Ehegatten, herbeizuführen suchen, sowie auch an meinen nächsten Blutsverwandten, wie Eltern oder Kindern; denn die geistliche Liebe muss in allen Dingen den Vortritt haben. Dennoch würde ich in äußerlichen Dingen, was ihre Notdurft anbelangt, so viel als mir nur möglich, für sie sorgen.
Viertens sagen wir, dass der Bann dazu gegeben ist, dass wir nicht von den Abgefallenen durch den Sauerteig der falschen Lehre oder des unreinen Lebens versäuert werden sollen (Gal 5,9; 1Kor 5,6; 2Mo 13,3). Es ist aber offenbar, dass niemand mich mehr verderben und versäuern kann, als mein eigener Gatte, Vater etc. und hat mir der heilige Geist gewiss wohl geraten, dieselben zu meiden, auf dass sie mich nicht in meinem Glauben verderben und vor Gott zu Schanden machen. Wenn ich Mann, Frau, Vater, Kind oder irgendetwas mehr liebe, denn Christum Jesum, so kann ich sein Jünger nicht sein (Mt 10,37; Lk 14,26).
Hier wird aber von einigen eingewendet, dass es keine Ehescheidung gebe, außer um Ehebruchs. Dasselbe sagen auch wir und sprechen darum von keiner Ehescheidung, sondern von einer Meidung und das um der oben erklärten Ursachen willen. Die Meidung hat Paulus klar genug zugelassen, obwohl nicht immer Ehebruch die Veranlassung dazu ist, aber nicht die Ehescheidung; denn die Ehescheidung wird in der Schrift nicht erlaubt, ausgenommen Ehebruchs halber und werden wir dieselbe, wenn sie aus andern Ursachen geschieht, nie und nimmer gutheißen (1Kor 7,10; Mt 5,32; 19,9; Mk 10,9; Lk 16,18).
Es ist daher unsere Meinung, dass der Mann seine Frau, die Frau ihren Mann, die Eltern ihre Kinder und die Kinder ihre Eltern meiden müssen, wenn sie abtrünnig sind; denn die Regel des Bannes ist eine allgemeine. Auch müssen sie mit der Gemeinde das Urteil gutheißen, ihre schriftgemäße Beschämung zur Besserung suchen und sich fleißig hüten, dass sie nicht von ihnen versäuert werden, wie oben gesagt worden ist.
Meine Geliebten in dem Herrn, hier möchte ich euch recht aus Herzensgrund bitten, doch Gebot von Gebot zu unterscheiden und nicht alle Gebote gleich schwer zu achten. Ehebruch, Abgötterei, Blutvergießen und andere solche gräulichen und schändlichen Früchte und Werke des Fleisches werden schwerer gestraft werden, denn Übertretungen, die den Bann betreffen; besonders wenn Letztere nicht aus Mutwillen und verkehrten Herzen von euch begangen werden. Seht euch darum wohl vor, dass ihr was die Ehe betrifft, niemand weiter dringt, als er in seinem Herzen von Gott gelehrt ist und in seinem Gewissen tragen und fühlen kann, auf dass ihr das Böcklein nicht kocht, während es noch seiner Mutter Milch saugt (2Mo 23,19; 34,26; 5Mo 14,21). Die Schrift lehrt überall, dass man die Schwachen tragen soll (Röm 15,1; Gal 6,2). Brüder, dies ist eine schwere und gefährliche Sache und ich weiß auch wohl, was zu meiner Zeit durch das Drängen einiger daraus entstanden ist. Darum rate ich, dass man einem jeden den gewissen und sichersten Grund und Weg anweise. Wessen Gewissen alsdann durch die Schrift und den heiligen Geist frei und entbunden ist, das tut, falls es ihm begegnet, dass sein Ehegemahl gebannt wird, freiwillig aus sich selber und nicht aus jemandes Zwang, durch die Salbung und nicht durch menschliches Antreiben, was der heilige Geist in der Schrift ihm rät, lehrt und gebietet. Denn ich weiß gewiss und wahrhaftig, dass wer den heiligen Geist mit treuem Herzen hört und ihm gehorcht, nimmermehr zu Schanden werden wird.
Die vierte Frage: Dürfen wir den Gebannten nach weltlicher Weise grüßen oder mit Achtung seinen Gruß erwidern, da Johannes sagt: »Den nehmt nicht auf ins Hause und grüßt ihn auch nicht. Denn wer ihn grüßt, der macht sich teilhaftig seiner bösen Werke?«
Antwort: Milde, Bescheidenheit, Höflichkeit, Achtung und Freundlichkeit gegen jedermann geziemen sich für jeden Christen. Wenn mir daher ein Abtrünniger begegnet und mich nach weltlicher Weise mit einem Guten Morgen oder Guten Tag grüßt und ich stumm bleibe, er mir Achtung erzeigt, ich aber mein Gesicht abkehre und mich mürrisch und unfreundlich gegen ihn verhalte, so darf ich mich meiner Unhöflichkeit wohl schämen, wie Sirach sagt; denn wie kann ein solcher durch solche unhöfliche Unwirschheit zur Buße mürbe gemacht, in seinem Gewissen zerschlagen und zur Besserung bewogen werden! Der Bann ist nicht gegeben um zu verderben, sondern um zu bessern.
Sagt man dann, dass Johannes solches Grüßen verboten habe, so antworte ich für mich, dass ich vor meinem Gott dies nicht so verstehen kann, dass Johannes es von einem gewöhnlichen Gruße gesprochen hat, sondern dass er damit sagt, dass wir, wenn ein Verführer zu uns kommt, der die Lehre Christ verlassen hat, denselben nicht in unser Haus aufnehmen sollen, auf dass er uns nicht verführe und dass wir ihn nicht als einen Bruder grüßen sollen, auf dass wir nicht Gemeinschaft mit ihm haben. Dies bezieht sich aber nicht auf den weltlichen Gruß; denn hätte der weltliche Gruß die Kraft, mich der unnützen Werke derjenigen, die ich grüße, teilhaftig zu machen, so müsste daraus folgen, dass jedes Mal, wenn ich einen weltlichen Menschen nach gewöhnlicher Weise grüße oder ihm für seinen Gruß danke, ich dadurch an der Hurerei, Ehebrecherei, Trunkenheit, Habsucht, Abgötterei, am Blutvergießen der Welt teilnehme. O nein! Nur der Gruß oder Kuss des Friedens bezeichnet die Gemeinschaft. Doch wenn jemandes Gewissen hierin gebunden steht, so dass er sich nicht frei fühlt solches zu tun, so streite ich nicht mit einem solchen, denn es ist nicht des Streitens wert. Ich wollte aber viel lieber, dass er hierin nicht gebunden wäre, sondern sich auf alle Weise christlicher Bescheidenheit, Milde, Höflichkeit und Ehrbarkeit befleißigen möge, um zu bessern anstatt durch Unfügsamkeit, Unwirschheit, Unhöflichkeit, Grausamkeit und Unehrbarkeit zu verderben. Brüder, hütet euch vor Zwist und Zwietracht. Der Herr verleihe einem jeden Gottesfürchtigen ein heilsames Verständnis seines heiligen Wortes, Amen.
Die fünfte Frage: Darf man den Gebannten irgendwelche notwendigen Dienste, Liebe und Barmherzigkeit erweisen?
Antwort: Ein jeder betrachte erstens, was unter dem Worte commercium, Handel, Verkehr, Umgang, Gemeinschaft eigentlich verstanden wird; zweitens, aus welcher Ursache und zu welchem Zweck der Bann vom heiligen Geist in der Schrift hinterlassen und verordnet ist; drittens, aus was ein wahrer Christ geboren und was seine Art und Natur ist; und viertens, wie der barmherzige Vater selbst gegen diejenigen handelt, welche seines Gerichtes und Zornes würdig sind.
Wer immer aber eine gründliche Einsicht in dieses hat, wird ohne Zweifel des Bannes halber den Abtrünnigen notwendige Dienste, Liebe und Barmherzigkeit nicht verweigern, denn das Wort commercium verbietet solches nicht, sondern was es verbietet, ist der tägliche, gesellige Umgang, Unterhaltung, Gespräch, Handel etc. wie oben erklärt worden ist. Der Bann ist ein Werk gottseliger Liebe und nicht eine verkehrte, unbarmherzige, heidnische Grausamkeit. Ein wahrer Christ zeigt sich in allem gegen jedermann, sogar seinen bittersten Feind, dienstfertig, milde, hilfreich und barmherzig nach all seinem Vermögen; Unfreundlichkeit, Grausamkeit und Unbarmherzigkeit hasst er von ganzem Herzen. Er ist in seiner Natur seinem Vater gleich, aus dem er geboren ist und dieser lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Bin ich aber in meiner Natur anders als er, so bekenne ich damit, dass ich sein Kind nicht bin.
Ich sage darum mit unserm getreuen und lieben Mitbruder Dietrich Philipps, dass wir den Bann nicht zum Verderben der Menschen zu gebrauchen begehren, wie die Pharisäer es mit ihrem Sabbat machten, sondern zu ihrer Besserung und es ist daher in aller Liebe, Billigkeit und Demut unser Wunsch, den Abtrünnigen, wenn immer die Not es erfordert, mit unseren zeitlichen Gütern an ihrem Leibe und mit den geistlichen Gütern des heiligen Wortes an ihrer Seele zu dienen. Wir wollen viel lieber mit dem Samariter dem Verwundeten Liebe und Barmherzigkeit erweisen, als mit dem Priester und dem Leviten an ihm vorübergehen (Lk 10), denn Jakobus sagt:
»Es wird aber ein unbarmherziges Gericht über den gehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; und die Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht.« (Jak 2,13)
Seid barmherzig, gleichwie euer himmlischer Vater barmherzig ist.
»Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.« (Mt 5,7)
Kurz wenn wir die wahre Bedeutung des Wortes commercium erkennen, einsehen aus welcher Ursache und zu welchem Zwecke der Bann verordnet ist und wie ein wahrer Christ gesinnt sein muss und uns nach dem Vorbilde Gottes und Christi richten, so ist der Sache schon geholfen. Wenn wir aber diese Gnade nicht haben, so werden wir in diesem Banne schändlich irren und grausame, unbarmherzige Christen sein, vor welchem Irrtum und Gräuel der gnädige Vater alle seine lieben Kinder ewiglich bewahren möge.
Meine Brüder, ich sage die Wahrheit und lüge nicht: Solche unbarmherzige, grausame Lehre und Handlungsweise hasse ich von ganzem Herzen. Ich begehre auch unter solchen unbarmherzigen, grausamen Brüdern, wenn es noch solche geben sollte, kein Bruder zu sein, es sei denn, dass sie von diesem Gräuel ablassen und der Liebe und Barmherzigkeit nach dem Vorbilde Gottes und Christi in aller Bescheidenheit nachkommen. Denn meine Seele kann dieses unbarmherzige Verfahren, das der gemeinen Heiden und Türken Grausamkeit weit übertrifft, nicht billigen, sondern ich will durch Gottes Gnade bis zum Tode mit des Herrn Schwert dagegen kämpfen; denn es widerstreitet der ganzen Lehre des Neuen Testaments, sowie dem Geist, der Art und der Natur Gottes und Christi, nach welchen die ganze Schrift des neuen Testaments beurteilt und verstanden werden muss. Alle, welche dieses Verständnis nicht haben, sind bereits weit verirrt.
Sollte aber mein notwendiger Dienst, meine Liebe und Barmherzigkeit ein commercium werden oder meine Seele dadurch ins Verderben kommen, so bekennen wir (der Herr muss gelobt sein), dass unser commercium in der Schrift verboten und es besser ist, von derlei Liebe, Dienst und Barmherzigkeit abzustehen, als dadurch unsere Seele zu verstricken und in Irrtum zu führen. Doch die Salbung wird einen jeden lehren, was er in dieser Hinsicht am besten zu tun oder zu lassen hat.
Die sechste Frage: Darf man von den Abtrünnigen kaufen oder ihnen etwas verkaufen, da Paulus sagt, dass wir nichts mit ihnen zu schaffen haben sollen, die Jünger jedoch in Sichar Speise gekauft und die Juden mit den Heiden Handel und Wucher getrieben haben?
Antwort: Dass die Apostel Speise kauften in Sichar, beweist gar nichts, da viele der Samaritaner noch ein Überbleibsel der zehn Stämme waren, wie wir oben mit der heiligen Schrift genugsam angewiesen und erklärt haben.
Dass die Juden mit den Heiden Handel und Wucher getrieben haben, bestreiten wir nicht. Dennoch haben sie ihren commercium, d. h. täglichen, geselligen Umgang, Gemeinschaft, Unterhaltung, mit ihnen gemieden und haben weder gegessen noch getrunken mit ihnen, wie die Evangelisten an vielen Stellen ihrer Schriften reichlich anweisen und bezeugen.
Da uns denn Christus selbst auf den jüdischen Bann oder die Meidung hingewiesen hat, nämlich, dass wir einen abtrünnigen Christen ebenso meiden sollen, wie die Juden die Heiden und offenbaren Sünder mieden, mit welchen sie wohl Handel und Wucher trieben, sich aber keinen commercium, d. h. geselligen Umgang, Unterhaltung etc. mit ihnen erlaubten, so sagen wir, dass wir weder mit dem Beispiel der Juden, auf welches Christus hinweist (Mt 18,17), noch durch irgendeine andere bündige Schriftstelle beweisen können, dass man auf keine Weise von einem Abtrünnigen kaufen oder ihm etwas verkaufen darf, wenn kein commercium daraus entsteht, denn commercium mit den Abtrünnigen ist in der Schrift ausdrücklich verboten. Weil aber commercium verboten ist, so ist es offenbar, dass ein frommer, gottesfürchtiger Christ keinen Abtrünnigen zu einem beständigen Kauf- oder Mittelsmann haben kann; denn wo ich täglich mein Tuch, Brot, Korn, Salz hole und mein Getreide, meine Butter usw. hinbringe, da muss notwendigerweise auch commercium stattfinden. Ein Kaufhandel aber, der nicht mit solchem commercium verbunden ist, ist etwas anderes.
Da wir denn solchem Kaufhandel, welcher ohne commercium stattfindet, kraft der Schrift nicht wehren können, wie gesagt worden ist, so bitten wir gleichwohl alle gottesfürchtigen Brüder und Schwestern in dem Herrn um Gottes und aller Liebe willen, sich doch in dieser und in allen andern Sachen als redliche, tüchtige, bescheidene, weise und vorsichtige Christen und nicht als eitle, ruchlose, eigensinnige, stolze und ärgerliche Rühmer und Großsprecher zu zeigen. Denn es geziemt einem wahren Christen, immer dem Besten und Gewissesten nachzukommen und in jeder Beziehung der reinen, ungefärbten Liebe zu folgen, auf dass er die Freiheit, welche er zu haben scheint, auf keinerlei Weise zum Schaden seiner Seele, zur Betrübnis und zum Verderben seiner lieben Brüder, zu einem schimpflichen Ruhm der Verkehrten und zur Schande des heiligen Wortes und der bedrückten Gemeinde Christi missbrauche. Außerdem bitte und begehre ich auf gleiche Weise, dass doch ja niemand in solchem Falle sich im Geringsten an seinem Bruder ärgern oder durch ein schriftloses Urteil versündigen wolle, da er für solche Handlungsweise weder ein strafendes Beispiel der Juden noch ein verbietendes Wort hat.
Ach, meine herzlich geliebten Brüder, lasst uns doch von ganzem Herzen um Verstand und Weisheit bitten, auf dass aller Missverstand, Irrtum, Argwohn, alle Ärgernisse, Spaltungen und unziemlichen Gerüchte einmal von Grunde auf ausgerottet werden und heilsamer Verstand und Lehre, Freundlichkeit, Liebe, Aufbauung und ein gesundes Urteil wieder zum Vorschein kommen und überhand nehmen mögen. Ein jeder sehe mit reinen Augen und unparteiischem Herzen auf das Beispiel, auf welches Christus hinweist und auf den heilsamen, natürlichen Sinn (der Lehre) der heiligen Apostel und er lasse die wahre christliche Liebe in allem den Vortritt haben, dann wird er durch Gottes Gnade schon finden, wie weit er in dieser Sache handeln und vorgehen muss.
Die siebte Frage: Dürfen wir mit einem Abtrünnigen in einem Schiffe sitzen, auf einem Wagen fahren und in einem Gasthause an einem Tische essen?
Antwort: Was den ersten Teil dieser Frage betrifft, nämlich, ob man mit einem Abtrünnigen in einem Schiffe sitzen oder auf einem Wagen fahren dürfe, so halten wir denselben, falls der Schiffer oder Fuhrmann selbst kein Abtrünniger ist, für gänzlich kindisch und unnütz, da solches ohne den geringsten commercium so oft geschieht und geschehen muss. Was aber den zweiten Teil betrifft, nämlich, ob es erlaubt sei, auf der Reise mit einem Abtrünnigen an einem Tische zu essen, können wir mit gutem Gewissen dem Fragesteller keine bestimmtere Auskunft oder Vorschrift geben, als dass wir einem jeden frommen Christen raten, ihn bitten und ermahnen, so lieb als er Christum und sein Wort hat, seinen Gott von ganzem Herzen zu fürchten und hierin dem Gewissesten nachzukommen, nämlich, nicht mit oder bei einem Abtrünnigen zu essen; denn hierin kann niemand betrogen werden. Sollte irgendein gottesfürchtiger Bruder solches aber dennoch tun, so hüte sich ein jeder, dass er sich nicht mit einem unschriftmäßigen Urteil an seinem Bruder versündige; denn niemand kann richten, es sei denn, er habe das richtende Wort.
Ein jeder, der seinen Gott fürchtet, seinem heiligen Worte aus allen Kräften nachzukommen begehrt, seinen Bruder liebt, alles Ärgernis zu vermeiden sucht und in Frieden und Einigkeit im Hause Gotteszu wandeln wünscht, wird sich mit allem Fleiße vorsehen, dass er in allen Dingen recht handle und seine Brüder nicht ärgere oder betrübe.
Die achte Frage: Welche sind diejenigen, die man nach der Schrift absondern oder bannen soll?
Antwort: Christus spricht: Sündigt dein Bruder an dir und hört er dann weder dich noch die Zeugen noch die Gemeinde, so halte ihn als einen Heiden und offenbaren Sünder (Mt 18). Paulus sagt:
»So jemand ist, der sich lässt einen Bruder nennen und ist ein Hurer oder ein Geiziger oder ein Abgöttischer oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber mit demselbigen sollt ihr nichts zu schaffen haben, noch mit ihm essen.« (1Kor 5,11; Jer 16,8)
Hierzu gehören auch die Eidbrüchigen, Diebe, Tyrannen, Gehässigen, Fechter und alle, welche in den offenbaren Früchten des Fleisches wandeln, von welchen Paulus viele aufzählt (Röm 1; Gal 5; 1Kor 6,9–10; Eph 5,5); ferner diejenigen, die sich nicht selber ernähren wollen, sondern durch Vorwitz und Trägheit andern zur Last fallen (2Th 3,11); solche, die nicht in der Lehre Christi und seiner Apostel bleiben und wandeln, sondern ungehorsam sind (2Joh 10; 2Th 3,14); die Sektenmeister (Tit 3,10); und alle, welche in Betreff der Lehre Christi und seiner Apostel Ärgernis, Streit und Zwietracht anstiften.
Kurz, es meint so viel, dass alle, welche ein offenbar schändliches Leben führen und alle, die durch eine ketzerische, unreine Lehre verderbt sind und sich nicht mit dem Wein und Öl des heiligen Geistes heilen lassen wollen, sondern, nachdem man sie in aller Liebe und Billigkeit zurückzubringen gesucht und ermahnt hat, halsstarrig bei ihrem verdorbenen Leben und Vornehmen bleiben (Tit 3,10; Röm 16,17), zuletzt im Namen unseres Herrn Jesu Christi mit der Kraft des heiligen Geistes, d. h. dem bindenden Worte Gottes, in der Versammlung Christi mit vieler Betrübnis und Schmerz einträchtig abgesondert und hernach laut der Schrift, wie oben erklärt worden ist, in allem göttlichen Gehorsam bis zur Zeit ihrer Bekehrung gemieden werden sollen.
Schluss
Geliebteste Brüder und Schwestern in dem Herrn! Wie wir im Anfang dieser Ermahnung erwähnt haben und euch allen wohl bekannt ist, sind seit mehreren Jahren des Bannes halber sehr schwere Spaltungen und Streitigkeiten eingerissen, durch welche die christliche Liebe großen Schaden gelitten hat und noch leidet. Da ich nun sehe, dass in dieser Sache ohne jeglichen Grund des Wortes, ohne Verständnis und Einsicht, außer der Art und Natur des Herrn Jesu Christi und seines heiligen Evangeliums, sowohl in Härte, als in Schlaffheit, zur Bestrickung vieler Gewissen unschriftmäßig verfahren wird und ein jeder seine eigene Ansicht als die beste behaupten und derselben folgen will, so habe ich mich beflissen, für alle meine lieben Brüder und Schwestern in dem Herrn, welche dem lieben Frieden und der Einigkeit in jeder Hinsicht nachzukommen begehren und weder mehr Einschränkung noch mehr Freiheit suchen, als die Schrift lehrt, anweist und fordert, diese Anweisung über den Bann oder die Absonderung aus der heiligen Schrift mit großer Sorgfalt zu verfassen und allen frommen Gotteskindern zum Dienste des Friedens zu veröffentlichen. Wir hoffen hiermit alle demütigen und friedfertigen Gewissen vor Gott zufrieden zu stellen; denn, seht, ich suche vor Gott in Christo Jesu nichts anderes, als dass das schriftlose Treiben, beides, in Härte und Schlaffheit, und das traurige Streiten über diesen Bann ein Ende nehmen und der edle, herrliche Friede und die Einigkeit in Christo Jesu ohne Abbruch und Schaden bleiben möge.
Und obwohl ich alles aus reiner Liebe, nach der rechten Art und Anweisung des heiligen Wortes, als vor meinem Gott, der mich an jenem Tage richten wird, zur Förderung des Friedens getan habe, so weiß ich dennoch, dass ich mir hiermit bei einigen keinen großen Dank verdienen werde; denn es wird dem einen allzu hart, dem andern allzu schlaff sein. Doch ich muss mich hierin leiden, wie ich wohl schon fünfzehn Jahre lang getan habe. Dennoch bitte ich um der Verdienste und um des teuren Blutes meines Herrn Jesu Christi willen, dass, wenn jemand mich hinsichtlich dieser meiner Anweisung, sei es denn wegen der Nachsichtigkeit oder der Härte derselben, strafen will, er solches nicht anders als mit des Herrn Geist und Leben tun wolle und zwar nicht auf ruchlose Weise und ohne Überlegung, auf dass er sich nicht versündige. Alles, was jemand damit aufbringen und bezeugen kann, will ich gerne hören und befolgen; allein höher oder niedriger, strenger oder schlaffer zu lehren, als die Schrift mich lehrt und der heilige Geist anweist, darf ich nicht und zwar weil ich in meinem Gewissen große Furcht und Bangen habe, dass ich dadurch die gottesfürchtigen Herzen, die nun den Geboten der Menschen abgesagt haben, wiederum mit Menschengeboten belasten möchte. Eigene Meinung und menschliches Gutdünken hasse ich von ganzem Herzen und will dieselben auch nicht, denn ich weiß wohl, wie großen Verdruss, Kummer und Gram sie mir schon seit vielen Jahren verursacht haben.
Meine herzlich geliebten Brüder und Schwestern in Christo Jesu, versteht doch mein Schreiben recht und kommt dieser meiner Anweisung, meinem Rate, meiner Auffassung, meinem Verständnis und meiner Ermahnung getreulich nach und ihr werdet ohne Zweifel große Freude und Fröhlichkeit, was die Absonderung anbetrifft, und einen allgemeinen Frieden unter den Brüdern finden. Wer aber nicht will, der sehe sich vor: Er wird seinen Richter finden.
Kurz, hier ist mein innerlichster und äußerlichster Glaube, Grund und Bekenntnis hinsichtlich der Absonderung, wie ich solches noch nie zuvor in solcher Klarheit Wort für Wort dargelegt und veröffentlicht habe. Nun aber bin ich durch die Not dazu gedrungen worden. Mit diesem meinem Glauben, Grund und Bekenntnis, welche ich von Anfang so gehabt habe, begehre ich in Christo Jesu zu entschlafen und an jenem Tage vor dem Stuhle meines Gottes zu erscheinen, denn ich weiß wohl, dass es die sicherste Lehre ist, welche man hinsichtlich der Absonderung den gottesfürchtigen Gewissen aus der heiligen Schrift mit unveränderlicher Wahrheit vorstellen und lehren kann.
Ich wünsche daher, dass alle meine Brüder und Schwestern in dem Herrn mich künftig, was diese Sache anbelangt, in Frieden lassen und mir keine Mühe mehr machen; denn es wird durch Gottes Gnade nichts anderes aus meinem Munde gehört werden, als was in meinen Schriften enthalten ist. Ein jeder Bruder suche das heilsame Verständnis der Worte Christi und seiner Apostel in einem demütigen Geiste der brüderlichen Liebe und des christlichen Friedens und er wird ohne Zweifel allen schriftwidrigen Hader und Zank fahren lassen und der rechten, gottgefälligen Einigkeit von ganzem Herzen folgen und nachkommen.
Der allmächtige, barmherzige Vater verleihe doch allen Brüdern und Schwestern durch seinen gebenedeiten Sohn, Christum Jesum, die himmlische Gabe des heiligen Geistes, auf dass einmal der traurige Zank und Zwiespalt unter uns ein Ende nehmen und wir ein heilsamer und gesunder Leib und durch das vollkommene Band der ungefärbten, christlichen Liebe in einem geziemenden, beständigen Frieden miteinander in Christo Jesu verbunden werden mögen. Amen.
Meine lieben Brüder und Schwestern in dem Herrn! Ich bitte euch um der blutigen Wunden meines Herrn Jesu Christi willen, dass ihr euch aus dem Grunde eures Herzens vor allem Zank und Zwiespalt hüten mögt und meinen gebührenden Dienst mit liebreichen Herzen empfangen wollt; denn ich habe es aus reiner christlicher Zuneigung und Liebe euch zum Dienste und als in der Gegenwart Gottes in Christo Jesu geschrieben.