Die vollständigen Werke Menno Simons

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19.2 Bekenntnis von dem dreieinigen, ewigen und wahren Gott

Wir glauben und bekennen mit der heiligen Schrift, dass da ist ein einziger (5Mo 6,4), ewiger und wahrhaftiger Gott, der ein Geist ist (Joh 4,24); ein Gott, der Himmel und Erde, das Meer und alles, was darinnen ist, geschaffen hat (1Mo 1,1; Ps 33,6; Kol 1,16); ein Gott, welchen der Himmel und der Himmel aller Himmel nicht fassen können (1Kön 8,27), dessen Stuhl der Himmel und dessen Fußbank die Erde ist; der die Wasser misst mit der Faust und fasst den Himmel mit der Spanne und begreift die Erde mit einem Dreiling und wiegt die Berge mit einem Gewicht und die Hügel mit einer Waage (Jes 40,12); der höher ist denn der Himmel, tiefer denn die Hölle, niedriger denn die Erde und breiter denn das Meer (Hi 11,8–9);

»…der allein Unsterblichkeit hat; der da wohnt in einem Licht, da niemand zukommen kann, welchen kein Mensch gesehen hat, noch sehen kann.« (1Tim 6,16)

Siehe auch 5Mo 4,12; Joh 1,18; Mt 11,27. Der ein allmächtiger, gewaltiger, herrschender König ist oben im Himmel und hienieden auf der Erde; dessen Macht, Hand und Gewalt niemand widerstehen kann; der ein Gott aller Götter und ein Herr über alle Herren ist (5Mo 10,17; 1Tim 6,15; Offb 17,14; 19,16); dem niemand gleich ist; der mächtig, heilig, schrecklich, preiswürdig und wundertätig ist; der ein verzehrendes Feuer ist (5Mo 4,24; Hebr 12,29); dessen Reich, Kraft, Gewalt, Majestät und Herrlichkeit ewiglich bleiben wird (Hebr 1,8). Und außer diesem einigen, ewigen, lebendigen, allmächtigen und herrschenden Gott, kennen wir keinen andern (Jes 43,11; 44,6). Und weil er ein so großer, schrecklicher und unsichtbarer Geist ist, so ist er auch unerforschlich, unaussprechlich und unbeschreiblich, wie man aus den hier angeführten Schriftstellen deutlich ersehen kann.

Wir glauben und bekennen mit der Schrift, dass dieser einzige, ewige, allmächtige, unerforschliche, unsichtbare, unaussprechliche und unbeschreibliche Gott, der ewige unbegreifliche Vater, mit seinem ewigen, unbegreiflichen Sohn und mit seinem ewigen, unbegreiflichen heiligen Geiste ist. Wir glauben und bekennen, dass der Vater ein wahrer Vater, der Sohn ein wahrer Sohn und der heilige Geist ein wahrer heiliger Geist ist – nicht auf fleischliche und begreifliche, sondern auf geistliche und unbegreifliche Weise. Denn Christus sagt: Gott ist ein Geist, wie gesagt ist (Mt 3,17; 28,19; Mk 1,11; Lk 3,16; Joh 14,9; 15,26; 1Kor 12,11; 2Kor 13,13). Da Gott denn ein Geist ist, wie geschrieben steht, so glauben und bekennen wir auch von der Zeugung des himmlischen Vaters und von seinem gezeugten Sohn Christus Jesus (Brüder, versteht mein Schreiben wohl), dass dies geistlich und unbegreiflich ist, gleichwie der Vater selber, der gezeugt hat; denn dass Gleiches Gleiches zeugt ist unwiderlegbar. Und wir glauben und bekennen, dass dieses unbegreifliche, unaussprechliche, geistliche, ewige und göttliche Wesen, das vor allen Geschöpfen göttlich und unbegreiflich aus dem Vater gezeugt ist, Jesus Christus, der erst- und eingeborne Sohn Gottes, die Erstgeborne aller Kreaturen, die ewige Weisheit, die Kraft Gottes, das ewige Licht, die ewige Wahrheit, das ewige Leben und das ewige Wort ist (Kol 1,3; Mt 11,27; Jes 9,6; Joh 1,1; 8,12,24). Beziehe dies nicht auf ein gesprochenes Wort; denn es ist göttlich und geistlich und nicht fleischlich und buchstäblich. Ein gesprochenes Wort aber ist nur ein wehender Wind, in dem Buchstaben begriffen sind, mit Anfang und Ende. Es müsste alsdann Christus Jesus vor seiner Menschwerdung ein buchstäblicher Buchstaben gewesen sein. O nein! Er ist das ewige, weise, allmächtige, heilige, wahrhaftige, lebendige und unbegreifliche Wort, welches war im Anfang bei Gott und Gott selbst war; durch welches alle Dinge gemacht sind und ohne welches nichts gemacht ist, was gemacht ist und welches ewig bleiben wird (Joh 1,3; Hebr 1,2). Und darum ist es, dass er selber sagt:

»Ehe Abraham war, bin ich.« (Joh 8,58)

So auch Johannes der Täufer:

»Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist.« (Joh 1,15)

Er hatte diese Herrlichkeit der göttlichen Gestalt bei dem Vater, ehe die Welt war (Joh 17,5). Er hielt es auch nicht für einen Raub, Gott, seinem Vater gleich zu sein (Phil 2,6). Wir bekennen daher mit Johannes dem Täufer, Nathanael, Martha und Petrus, dass er der Sohn des lebendigen Gottes ist (Mt 16,16; Joh 11,27; 6,69).

Liebe, werte Brüder, versteht mich recht. Ich sage: ewige Weisheit, ewige Kraft etc. Denn gleichwie wir glauben und bekennen, dass der Vater von Ewigkeit gewesen ist und ewig bleiben wird, ja, der Erste und der Letzte ist (Jes 41,4; 44,6; 48,12), ebenso können wir sicherlich auch glauben und mit dem Herzen bekennen, dass seine Weisheit, seine Kraft, sein Licht, seine Wahrheit, sein Leben, sein Wort, Christus Jesus, von Ewigkeit mit ihm, in ihm und bei ihm gewesen, ja, das A und das Ω ist (Offb 1,11; 22,13) oder wir müssten bekennen, dass dieses gezeugte, unbegreifliche und wahrhaftige göttliche Wesen, welches die Väter eine Person nannten, Christus Jesus, durch welchen der ewige Vater alles gemacht hat, seinen Anfang als Geschöpf genommen habe; welches aber alle wahren Christen gewiss für eine schreckliche Lästerung, für einen Fluch und Gräuel halten. Möge der gnädige und liebe Vater alle seine lieben Kinder in der wahren Erkenntnis seines lieben Sohnes Jesu Christi ewig behüten und bewahren.

Wir glauben ferner, meine lieben Brüder in dem Herrn, dass dieses erwähnte ewige, weise, allmächtige, heilige, wahrhaftige, lebendige und unbegreifliche Wort, Christus Jesus, welches im Anfang war, bei Gott und Gott selbst war und vor allen Kreaturen auf unbegreifliche Weise aus dem unbegreiflichen Vater gezeugt wurde; als die Zeit erfüllt war, nach des Vaters unveränderlichem Ratschluss und seiner wahrhaftigen Verheißung (1Mo 3,15), in der reinen Jungfrau Maria, durch die Wirkung und Überschattung des heiligen Geistes, ein wahrhaftiger, sichtbarer, den Leiden unterworfener, greifbarer, hungriger, durstiger und sterblicher Mensch geworden und aus ihr geboren ist (Mt 1,16; Lk 2,7); dass er uns in allem gleich war, ausgenommen der Sünde; dass er aufgewachsen ist, wie ein anderer Mensch (Lk 2,40; Phil 2,7); dass er zur bestimmten Zeit sich hat taufen lassen und sein Predigtamt angetreten hat; dass er des Amtes der Gnade und der völligen Liebe, das ihm sein Vater übertragen hat, in allem Gehorsam gewaltet hat; dass er die gegen uns zeugende Handschrift des Gesetzes ausgetilgt hat (Kol 2,14); dass er in diesem seinem menschlichenFleische, in dieser Natur und Schwachheit, worin er auch geseufzt, geweint und zu dem Vater gebetet und Wasser und Blut geschwitzt hat, sich am Ende, durch den ewigen Geist seines himmlischen Vaters, geopfert und dadurch unser Gewissen von den toten Werken gereinigt hat, auf dass wir dem wahren und lebendigen Gott dienen sollten. Wir glauben weiter, dass alle, die an ihn glauben (Joh 11,26), durch ihn Gnade, Barmherzigkeit, Vergebung der Sünden und das ewige Leben erlangt haben, nämlich durch sein rotes Blut, das er, in seiner überreichlich großen Liebe und nach dem Wohlgefallen seines Vaters, am Kreuze für uns arme Sünder geopfert und vergossen hat (Hebr 9,14; Röm 3,24–25). Er ist also unser einziger und ewiger Hohepriester (Hebr 7,26; 8,6), Versöhner (Röm 5,11; Eph 1,7), Gnadenstuhl (Röm 3,25), Mittler (1Tim 2,5) und Fürsprecher (1Joh 2,1) bei Gott seinem Vater geworden. Denn gleichwie Gott, der allmächtige Vater, durch sein allmächtiges Wort, Christum Jesum, Adam und Eva geschaffen hatte, so hat er sie auch, nachdem sie von der Schlange verführt worden sind, mit allen ihren Nachkommen, durch denselben wiederum aufrichten und fromm machen wollen; auf dass wir niemandem, weder im Himmel noch auf der Erde, den Dank für unsere Seligkeit geben sollten, als allein dem einzigen und ewigen Vater, durch Christum Jesum, und das in der Erleuchtung des heiligen Geistes. Dies genügt von der Menschwerdung.

Weiter, meine lieben Brüder, glauben und bekennen wir, dass Jesus Christus mit seinem Vater wahrer Gott ist und das in Anbetracht der göttlichen Herrlichkeiten, Wirkungen und Eigenschaften, welche in ihm in so großem Maße gefunden werden, wie man aus den folgenden Schriftstellen deutlich ersehen kann. Sagt mir, Geliebte, ist er nicht der einige und wahrhaftige Gott, der Himmel und Erde gemacht hat und dessen Reich in Ewigkeit dauern wird (Ps 146,10; Jes 42,5; 48,13; Apg 14,15; 7,49; Ps 102,25). Ohne Zweifel, ja. Paulus sagt:

»Aber von dem Sohne (sagt Gott): Gott, dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit; das Zepter deines Reiches ist ein richtiges Zepter. Du hast geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o Gott, gesalbt dein Gott mit dem Öl der Freuden, über deine Genossen. Und Du, Herr, hast von Anfang die Erde gegründet und die Himmel sind deiner Hände Werke.« (Hebr 1,8–10)

Ist es nicht der einige Gott, der allein ein König aller Könige und ein Herr aller Herren ist, welcher da herrscht im Himmel und auf Erden? Ganz gewiss! Und in der Offenbarung sagt der Geist, dass Christus ein König aller Könige und ein Herr aller Herren ist. Christus selbst sagt:

»Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.« (Mt 28,18)

Paulus sagt:

»Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind; und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei.« (Phil 2,10–11)

Ist es nicht der einige Gott, der da sagt: »Ich bin es, der Herr, beides, der Erste und der Letzte?« Gewiss. Und Christus sagt in der Offenbarung:

»Ich bin das A und das Ω, der Anfang und das Ende, spricht der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.« (Offb 1,8)

Und wiederum:

»Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte, und der Lebendige. Ich war tot, und siehe ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.« (Offb 1,17–18)

Ist es nicht der einige Gott, der die Herzen kennt und die Nieren prüft? Ohne Zweifel. Und Christus spricht in der Offenbarung:

»Und sollen erkennen alle Gemeinden, dass ich bin, der die Nieren und Herzen erforscht; und werde geben einem jeglichen unter euch nach euren Werken.« (Offb 2,23; Ps 7,10; Jer 11,20; 17,10)

Ist es nicht der einige Gott, dem wir alle dienen und ihn anbeten sollen? Ganz gewiss. Und Christus sagt in Johannes:

»Auf dass sie alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren.« (Joh 5,23)

Von dem göttlichen Dienste sagt Paulus:

»Wer darin Christo dient, […]« (Röm 14,18)

– merkt: wer. Und wiederum:

»Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener.« (1Kor 4,1; 5Mo 6,13; 10,12; Lk 4,8)

Paulus, ein Knecht Jesu Christi, mit diesen Worten beginnen gewöhnlich seine Briefe. So sagt auch Lukas von der Anbetung, dass sie Christum, nachdem er aufgefahren ist, angebetet haben und darauf wieder nach Jerusalem zurückgekehrt seien (Lk 24,51–52). Auch Stephanus betet in seinen letzten Augenblicken:

»Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!« (Apg 7,58)

Paulus sagt:

»Und es sollen ihn alle Engel Gottes anbeten.« (Hebr 1,6)

Der Mörder am Kreuze betete:

»Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst.« (Lk 23,42)

Ist es nicht der einige Gott, der wahrhaftig ist und sind nicht alle Menschen Lügner (Ps 116,11)? Ganz gewiss. Und der Prophet sagt, dass in Christi Mund kein Betrug gewesen ist (Jes 53,9). Christus selber sagt:

»Ich bin die Wahrheit.« (Joh 14,6)

Und wiederum:

»Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit zeugen soll.« (Joh 18,37)

Kann auch jemand anderen die Sünde vergeben und das ewige Leben schenken, als der einige und ewige Gott? O nein! Christus sagt:

»Auf dass ihr aber wisst, dass des Menschen Sohn Macht habe auf Erden die Sünden zu vergeben.« (Mt 9,6)

So auch zu der Sünderin:

»Dir sind deine Sünden vergeben.« (Lk 7,48)

»Ich gebe ihnen das ewige Leben.« (Joh 10,28)

Siehe auch Jes 43,11; Hes 18,22; Hebr 8,12; 10,17

Müssen wir auch an jemand anders glauben, als an den ewigen Gott? Keineswegs! Christus sagt:

»Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben.« (Joh 6,47)

»Glaubt ihr an Gott, so glaubt ihr auch an mich.« (Joh 14,1; 3,36)

Ist es nicht der einige Gott, der der ganzen Welt Richter ist, der die Toten auferweckt und im jüngsten Gericht das Urteil sprechen wird? Ja, freilich. Und Christus sagt, dass er die Toten auferweckt und sie lebendig macht, wie der Vater. Er wird zum Urteil erscheinen, Macht haben über die Lebendigen und die Toten und in seiner Zukunft urteilen und richten (1Mo 18,25; Mt 7,1; 1Kor 4,5; Röm 2,1; 2Kor 5,10; Mt 25,41).

Da denn, liebe Brüder, der Stuhl Christi ein ewiger Stuhl ist und die Schrift sich nicht schämt zu bekennen, dass er Gott ist und bezeugt, dass er Himmel und Erde gegründet hat; dass er alle Macht im Himmel und auf Erden hat; dass er der Erste und der Letzte ist; dass er Herz und Nieren prüft; dass man ihn anbetet und ihm dient; dass er die Wahrheit ist; dass er die Sünden vergibt und das ewige Leben schenkt; dass wir an ihn glauben müssen und dass er uns am jüngsten Tage auferwecken und richten wird, so ist es gewiss unwiderlegbar, dass Christus Jesus mit seinem Vater wahrer Gott sein muss; denn Gott kann seine Ehre keinem andern geben (Jes 42,8). Dass aber alles dieses Herrlichkeiten, Kräfte und Eigenschaften sind, welche niemand im Himmel oder auf Erden besitzt, als allein der einige, ewige und wahrhaftige Gott, müssen alle von Gott Gelehrten mit vollem Munde zugeben.

Außerdem, liebe Brüder, glauben und bekennen wir, dass Christus Jesus mit seinem himmlischen Vater auch wahrhaftig Gott ist und zwar glauben wir dies zufolge der klaren Zeugnisse der heiligen Propheten, Evangelisten und Apostel, wie man in den folgenden Schriftstellen und in noch mehr andern ersehen kann. Jesaja spricht:

»Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, […] und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.« (Jes 9,5)

Wiederum:

»Sage den Städten Judas: Siehe, das ist euer Gott. Denn siehe, der Herr Herr kommt gewaltiglich […] Siehe, sein Lohn ist bei ihm, und seine Vergeltung ist vor ihm. Er wird seine Herde weiden, wie ein Hirte; er wird die Lämmer in seine Arme sammeln; und in seinem Busen tragen und die Schafmütter führen.« (Jes 40,9–11)

Lese auch Hes 34,11.

Jeremia sagt:

»Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David ein gerecht Gewächs erwecken will; und soll ein König sein, der wohl regieren wird und Recht und Gerechtigkeit auf Erden anrichten. Zu derselbigen Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, dass man ihn nennen wird: ›Herr (dies Wort wurde bei den Juden mit vier Buchstaben geschrieben), der unsere Gerechtigkeit ist.‹« (Jer 23,5–6)

Micha sagt:

»Und du, Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Jerusalem Herr sei, welches Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.« (Mi 5,1)

Lest auch: Hebr 7,3–4; Jes 44,6; Offb 1,8; 22,13.

Johannes sagt:

»Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.« (Joh 1,1)

Der Herr sprach zu Thomas:

»Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände; und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite; und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, so glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.« (Joh 20,27–29)

Paulus sagt:

»So habt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter welche euch der heilige Geist gesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes, welche er durch sein eigenes Blut erworben hat.« (Apg 20,28)

Weiter sagt Paulus:

»Welcher auch sind die Väter, aus welchen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobt in Ewigkeit.« (Röm 9,5)

»Denn Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber.« (2Kor 5,19)

Lest auch Joh 14; Kol 2; 1Tim 3. Ferner sagt Paulus:

»Welcher, ob er wohl in göttlicher Gestalt war, hielt er es nicht für einen Raub, Gott gleich sein; sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an.« (Phil 2,6–7)

Johannes sagt:

»Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und hat uns einen Sinn gegeben, dass wir erkennen den Wahrhaftigen und sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohne Jesu Christo. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.« (1Joh 5,20)

Lest außerdem das ganze Evangelium des Johannes und 1Kor 10,16; Eph 4; Hebr 1; 3; 7; 11; 12; 13. Ihr werdet durch Gottes Gnade schon einen sichern und festen Grund finden.

Seht, meine treuen Brüder, hier habt ihr die unbegreifliche Geburt Christi, seine göttlichen Herrlichkeiten, Wirkungen und Kräfte und so viele edle und klare Zeugnisse der heiligen Propheten, Evangelisten und Apostel, welche mit unwiderstehlicher Kraft und solcher Deutlichkeit die wahre, unerforschliche Gottheit unseres Herrn Jesu Christi bezeugen und vorführen. Ich bezweifle nicht, dass ein frommes, demütiges und gottesfürchtiges Gewissen sich mit diesem begnügen und nicht weiter in diese unerforschliche Tiefe zu dringen suchen wird. Demjenigen aber, der dennoch weiter grübeln und disputieren will, dem prophezeie ich, dass er sein Leben lang grübeln und disputieren, nimmermehr aber ein beständiges Gemüt und einen festen Grund haben wird. Darum, liebe Brüder, lasst euch warnen, wacht und seid auf eurer Hut.

Nachdem wir nun unsern Glauben und unser Bekenntnis von der wahren Gottheit Jesu Christi auseinander gesetzt und bezeugt haben, so wollen wir durch Gottes Gnade auch noch unseren Glauben und unser Bekenntnis von dem heiligen Geist in kurzen Worten euch vorlegen. Die Gottesfürchtigen mögen darüber urteilen.

Wir glauben und bekennen, dass der heilige Geist ein wahrer, wesentlicher oder persönlicher heiliger Geist ist, wie die Kirchenväter ihn nennen; und dies nach göttlicher Weise, gleichwie auch der Vater ein wahrhaftiger Vater und der Sohn ein wahrhaftiger Sohn ist. Dieser heilige Geist ist allen Menschenkindern unbegreiflich, unaussprechlich und unbeschreiblich, was wir oben auch von dem Vater und dem Sohn bezeugt haben; er ist göttlich durch seine göttlichen Gaben und geht von dem Vater durch den Sohn aus, obwohl er immer bei Gott und in Gott bleibt und in seinem Wesen von dem Vater und dem Sohne niemals geschieden wird. Und wir bekennen ihn für solch einen wahren und wesentlichen heiligen Geist, weil die Schrift uns dazu treibt, nämlich, weil er in der leiblichen Gestalt einer Taube sich auf Christum während dessen Taufe niedergelassen hat (Lk 3,22); weil er sich gleich zerteilten, feurigen Zungen auf die Apostel gesetzt hat; weil wir sowohl in seinem als in des Vaters und in des Sohnes Namen getauft werden; weil die Propheten durch ihn prophezeit, Wunder gewirkt, Träume und Gesichte gesehen haben; denn er ist ein Austeiler der Gaben Gottes, nach seinem eigenen Willen (Sach 7,12; Joel 3,1; 1Kor 12,4). Er berührte Zacharias, den Sohn des Barachia. Er berührte Johannes den Täufer während dieser noch in seiner Mutter Leib war. Zu Simeon sagte er, dass er den Tod nicht sehen würde, bis er den Gesalbten des Herrn gesehen hätte. Er sprach: »Sondert mir aus Barnabas und Paulus.« Zu Petrus sagt er: »Siehe, drei Männer suchen dich.« Er führt in alle Wahrheit; er rechtfertigt uns; er reinigt, heiligt, gibt Frieden, tröstet, straft, erfreut und gibt unserem Geist die Versicherung, dass wir Gottes Kinder sind. Diesen Geist empfangen alle, die an Christum glauben. Diesen Geist sollen wir nicht betrüben, ermahnt Paulus. Wer gegen diesen Geist sündigt, wird, nach den Worten Christi, keine Vergebung erlangen. Diesen Geist wünschte David, dass der Herr nicht von ihm nehmen möchte; denn alle, welche diesen Geist nicht haben, gehören Christo nicht an (Joh 14,26; 15,26; Eph 1,14; 4,30; Röm 8,16; Apg 8,15; Mt 12,31; Röm 8,9).

Ja, meine Brüder, mit diesen klaren Schriftstellen, Zeugnissen und Anweisungen und noch mit vielen andern, die anzuführen zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde und die man in der Schrift zum Überfluss lesen und finden kann, bezeugen wir, dass der heilige Geist ein wahrer und wesentlicher heiliger Geist Gottes ist, der uns mit seinen himmlischen und göttlichen Gaben schmückt und durch sein Anhauchen unsern Sinn und unser Gemüt nach des Vaters Wohlgefallen entsündigt, uns Freimütigkeit und Frieden schenkt und uns in Christo heilig und fromm macht. Und also glauben und bekennen wir vor Gott, vor seinen Engeln, vor allen unseren Brüdern und vor der ganzen Welt, dass diese drei Namen, Wirkungen und Kräfte, nämlich, der Vater, der Sohn und der heilige Geist, welche die Kirchenväter drei Personen genannt haben, womit sie die drei wahren göttlichen Wesen gemeint haben, ein unbegreiflicher, unbeschreiblicher, allmächtiger, heiliger, einiger, ewiger und herrschender Gott sind, wie Johannes sagt:

»Denn drei sind, die da zeugen im Himmel: der Vater, das Wort und der heilige Geist; und diese drei sind Eins.« (1Joh 5,7)

Lest auch: Mt 3; 28,19; Mk 1,8; Lk 3,16; Joh 14,16; 15,26; 1Kor 12,11. Und obwohl sie drei sind, so sind sie dennoch in der Gottheit, dem Willen, der Kraft und den Wirkungen nur eins und können ebenso wenig voneinander getrennt werden als Sonne, Licht und Wärme. Denn das eine besteht nicht ohne das andere; doch alles fließt auf unbegreifliche Weise aus dem unbegreiflichen Vater, wie Licht und Wärme aus der Sonne. Das eine muss bei dem andern stehen oder man muss die ganze Gottheit leugnen; denn alles, was der Vater wirkt und von Anbeginn gewirkt hat, wirkt er durch seinen Sohn, in der Kraft seines heiligen und ewigen Geistes. Der Sohn wirkt nicht ohne den Vater und den heiligen Geist und der heilige Geist nicht ohne den Vater und den Sohn. Also muss das eine bei dem andern bleiben; oder es muss ein unvollkommener Gott sein; denn leugnen wir die Gottheit Christi oder das wahre Wesen des heiligen Geistes, dann machen wir uns selbst einen Gott der da ist ohne Weisheit, ohne Kraft, ohne Licht, ohne Leben, ohne Wahrheit, ohne Wort und ohne heiligen Geist. Meine Brüder, versteht doch alles göttlich und geistlich und nicht menschlich und fleischlich; dann werdet ihr euch in diesem tiefen und schrecklichen Abgrund mit der klaren und einfachen Belehrung der Propheten, Evangelisten und Apostel schon begnügen. Ein jeder hüte sich mit Furcht und Zittern, seine Hand in jenes verzehrende Feuer zu stecken.

Herzlich geliebte Brüder und Schwestern in Christo Jesu, merkt doch ein wenig auf das was hier folgt. Weil denn der ewige Gott ein so großer und schrecklicher Gott ist, wie ihr gelesen habt; Christus Jesus aus dem Vater geboren ist, wie gesagt worden ist; die Eigenschaften Gottes in so reichem Maße in Christo Jesu vorhanden sind; die Propheten, Evangelisten und Apostel ihn so gewaltig als Gott bekennen und predigen und die heilige Schrift so reichlich mit Lehren und Zeugnissen von dem heiligen Geist angefüllt ist und bekennt, dass der ewige Vater und sein ewiger Sohn und der heilige Geist in ihrem göttlichen Wesen, ihrer Gestalt, Macht, Herrlichkeit und Regierung unerforschlich, unaussprechlich und unbeschreiblich sind, weil alles Geist und Gott und darum über allen Menschenverstand erhaben ist, wie man aus den angeführten Schriftstellen deutlich ersehen kann, so bitte und ermahne ich alle meine lieben Brüder und Mitgenossen in Christo Jesu bei allem was man bitten kann, dass ihr doch, was diese unbegreifliche Erhabenheit Gottes anbetrifft, keine Kommentare, neue Entdeckungen oder Auslegungen irgendeines Menschen, sei er denn, wer er wolle, zulassen oder annehmen wollt. Hütet euch, die ihr Gott sucht, ohne Unterlass und aus allen euren Kräften, dass ihr euch nicht durch solche hochfliegenden Gedanken und menschliches Vermuten an dem unbegreiflichen Gott, der alle menschliche Vernunft, die sich ihm entgegenstellt, zur Torheit macht, versündigt und mitten in eurem Suchen und Grübeln nach diesen unerforschlichen Dingen in seine Hände fallt und zuletzt von dem Feuer seines grimmigen Zornes verzehrt werdet.

Meine lieben Brüder, ich darf von mir selbst bezeugen, dass ich viel lieber sterben würde, als ein einziges Wort von dem Vater, dem Sohn und dem heiligen Geist anders zu glauben und meinen Brüdern vorzutragen, als das ausdrückliche Zeugnis des Wortes Gottes es mir durch den Mund der Propheten, Evangelisten und Apostel so klar anweist und lehrt. O meine gottesfürchtigen, treuen Brüder, lasst uns alle miteinander so gesinnt sein! Dann können die wüsten Plätze wieder gebaut, das Feste fest erhalten und das Wankelmütige gestärkt werden; und dann werden auch Friede, Liebe und Eintracht wieder zu ihrem alten Ansehen gelangen. Ich weiß gewiss und wahrhaftig, dass, wenn jemand weiter gehen will, als wir hier aus Gottes Wort bezeugt und ermahnt haben, er irre gehen, zu hoch klimmen oder zur Seite abweichen wird. Er wird den sichern Weg verfehlen und nicht klüger handeln, als wenn er den Rhein oder die Maas in eine Flasche gießen wollte. Alle aber, die einfach und demütig bei dem zeugenden prophetischen, evangelischen und apostolischen Worte Gottes bleiben und fest an dasselbe glauben, obschon sie es nicht in jedem Punkte begreifen noch begreifen können und sich vor allem menschlichen Grübeln, Disputieren, Kommentieren, Verdrehen und Vermuten in so unerforschlichen Tiefen hüten, werden durch Gottes Gnade in allen Anfechtungen bestehen und ihr Leben lang mit einem festen, ruhigen und frohen Gewissen vor ihrem Gott wandeln. Ich wünsche von Herzen, dass alle Brüder in dieser Hinsicht gleicher Gesinnung mit mir wären. Ich bin nun schon über fünfzehn Jahre aller menschlichen Sophisterei und aller Glossen Feind und gedenke es auch zu bleiben. Mit Gottes Hilfe werde ich mich hüten, dass ich nicht das Blut des Herrn mit Sauerteig opfere. Ich wünsche nur das ungesäuerte Brot, die mit dem Öl des heiligen Geistes bestrichenen Kuchen und Fladen des reinen, unvermengten Wortes Gottes, in das Heiligtum Gottes, das ist in seine heilige Gemeinde, hineinzutragen. Ach, meine Brüder, wären alle, die sich Brüder nennen, so mit mir gesinnt, wie bald würden alsdann die traurigen und betrübten Herzen Trost und Freude und die zerteilten und unruhigen Gemüter Einigkeit und Frieden erlangen! Ach, Herr Jesu, erbarme dich über deine armen betrübten Schafe und lasse alle hungrigen und durstigen Seelen deine grüne Weide und klaren Wasser finden, Amen.

Liebe Brüder und Schwestern in Christo Jesu, empfangt dieses mit solchem Herzen, wie ich es geschrieben habe. Lest es unter allen Brüdern deutlich vor und versteht es auf christliche Weise. Hütet, ja, hütet euch vor allem Streit, Hader und allen Spaltungen. Dies wünsche ich aus meiner innersten Seele um des Herrn willen. Der herzensgründliche, evangelische Friede sei mit allen meinen lieben Brüdern und Schwestern in Christo Jesu, Amen.

Menno Simons, den 9. September 1550.

Eigenhändig solche lange Schriften an eine jede Gemeinde besonders zu schreiben, dazu bin ich nicht im Stande.

Menno Simons.