Die vollständigen Werke Menno Simons

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18.1 Vorrede

Dem gutherzigen Leser einen Gruß!

Ich sehe und merke, ehrenwerte Leser, dass zahlreiche gedruckte lateinische und auch geschriebene deutsche Bücher, die über des Herrn Menschwerdung handeln, überall in Umlauf gesetzt und gelesen werden. Leider bringen dieselben, wie mich dünkt, unsern Namen in solch üblen Geruch, dass viele, die sie lesen, Nase und Mund vor uns zuhalten. Ich fühle mich dadurch gedrungen, erstens, mehrere Beschuldigungen und Nachreden, die zum großen Teil von Johannes a Lasco mit schwerem Unrecht gegen mich erhoben wurden, zu beantworten; zweitens, mein gründliches Glaubensbekenntnis von Christo Jesu, dem Sohne Gottes, darzulegen; und drittens, seine wichtigsten Gegenreden und Artikel, mit denen er unsern Grund und Glauben in dieser Hinsicht bestreitet, soweit der Herr mir Gnade schenkt, mit göttlicher Wahrheit zu zergliedern und mit der Schrift abzutun. Dies tue ich nicht um meinetwillen, denn ich weiß nur zu wohl, dass meine Wahrheit Lüge und ich selbst, samt allen heiligen Aposteln und Propheten, bei den Gelehrten ein Ketzer und Verführer bleiben müsste, wenngleich Christus Jesus in gleicher Kraft in mir und durch meine Ungelehrtheit redete, wie er ehedem durch seine Apostel und Propheten getan hat. Was ich aber tue, das tue ich aus reiner Liebe zu meinem Herrn und Heiland Christus und zu seinem heiligen Wort, aus Liebe zu meinen teuren Brüdern und auch aus Zuneigung, die ich für meine Widersacher empfinde; auf dass Christus Jesus, der Sohn des allmächtigen und großen Gottes, als ein wahrhaftiger Sohn seines himmlischen Vaters anerkannt werde; die Schrift ungebrochen bleibe und die bekümmerten, hungrigen Gewissen, die so gerne dem, was recht ist, folgen möchten, das Rechte sehen und erkennen und dem allmächtigen und ewigen Vater durch seinen erst- und eingebornen Sohn, Christum Jesum, mit frohem Herzen danken mögen und dass endlich der gottesfürchtige Leser wissen möge, durch wen er mit seinem Gott versöhnt ist und dass wir diese Lehre auf nichts anderes als auf die ausdrückliche, klare Schrift und unwiderlegliche Wahrheit gründen.

Seht, aus dieser Ursache habe ich noch vor meines Lebens Ende diese Arbeit unternommen, auf dass ich, der ich jeden Tag in meiner großen Schwachheit und in Geduld der Erlösung aus dieser irdischen Hütte entgegen sehe, ein sicheres Zeugnis und Andenken hinterlassen möge, wie herrlich oder wie geringschätzig, wie hoch oder wie niedrig, wie groß oder wie klein ich den Herrn Christum, meinen einzigen und ewigen Bürgen, Trost, Zufluchtsort, Erlöser und Heiland während der Zeit meines Dienstes gehalten oder geachtet habe; denn ich weiß wohl, wie man über uns schilt und lästert.

Ich habe demnach dieses Büchlein in drei Teile eingeteilt: Der erste Teil ist eine Verantwortung betreffs mehrerer Artikel und Beschuldigungen, die mit dem Grund unseres Gegenstandes nichts zu tun haben und deren Johannes a Lasco mich ohne alle Wahrheit bezichtigt und dafür gerügt hat. Der zweite Teil ist mein mit der Kraft der Schrift verteidigtes Bekenntnis hinsichtlich des Ursprungs und der Abkunst des Fleisches Christi. Den dritten Teil bilden die wichtigsten Gegenreden, die besonders von Johannes a Lasco gegen uns aufgebracht werden und welche ich mit Gottes Wort kräftig widerlegt habe. Diese Einteilung habe ich getroffen, damit es dem Leser keine Verwirrung bereite und er umso leichter zu einem richtigen Verständnis unserer Schrift gelangen möge.

Ich bitte hiermit alle meine Leser, sie seien gelehrt oder ungelehrt, mir gewogen oder nicht gewogen, um Jesu willen meine Verantwortung nicht mit verkehrtem Sinne, sondern aufmerksam und mit Verständnis wiederholt zu lesen und wohl zu durchforschen, mit der Schrift zu vergleichen und recht mit derselben zu erwägen und nicht dem langen und vielen Geschreibe, Lehren und den Anmerkungen der Gelehrten, sondern der Schrift zu glauben; den Grund ohne Bitterkeit zu untersuchen; der sichersten Wahrheit zu glauben; ihr in wahrer Gottesfurcht zu folgen und ihm seinen gebührenden Preis zu geben, wie es allen redlichen Leuten, die Christi Namen tragen, zukommt. Auch bezweifle ich nicht, dass alle, die meine Schrift mit Aufmerksamkeit lesen, bald finden werden, dass unserer Gegner Grund, Lehre und Glauben mit Bezug auf Christum, den Sohn Gottes, in jeder Hinsicht verführerisch und irrig, unser Grund, Lehre und Glauben hingegen der Grund und das Zeugnis, ja, die Kraft und Wahrheit der heiligen Schrift sind.

Ferner ist es mein Wunsch und Verlangen, dass der Leser es mir doch nicht übel aufnehme, wenn ich zuweilen die Lüge beim rechten Namen nenne und das Unrecht etwas hart strafe. Ich werde es durch Gottes Gnade ohne alle Bitterkeit und in so gemäßigten Worten tun, als mir nur möglich ist. Es möge ihn auch nicht verdrießen, wenn ich hin und wieder, wo es die Not erfordert, gewisse Worte und Sätze mehr als einmal anführe. Schließlich ist es mein Wunsch, dass er mich nicht ohne Einsicht und Kenntnis der Sache richte und sich erzürne; denn ich tue nichts anderes, als mich mit der Wahrheit (wie sich ziemt) reinigen, meinen Glauben und meine Hoffnung mit der Schrift behaupten und meines Herrn und Heilandes Ehre und Preis verteidigen, welches ich nicht nur mit Mund und Feder, sondern, wenn sein Ruhm solches fordert, auch mit meinem Tod und Blut zu tun verpflichtet bin.

Der liebe Herr, der wahrhaftige Sohn des wahrhaftigen und lebendigen Gottes, dessen Ehre und Preis es allein betrifft, schenke allen gutgesinnten und freundlichen Lesern ein rechtes Verlangen, diese Sache mit Ernst zu untersuchen und erleuchte die klugen Herzen, auf dass sie recht verstehen können, Amen.