Die vollständigen Werke Menno Simons

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3.2  Vorrede

Allen Obrigkeiten und allen Menschen, welcher Stellung, welchen Standes und Berufes sie auch sein mögen, wünscht Menno Simons Erleuchtung des Geistes und die lautere Kenntnis vom Reich Gottes, durch unseren himmlischen Vater und seinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn, welcher uns geliebt und uns mit seinem Blute von unseren Sünden gewaschen hat. Ihm sei Lob, Ehre, Preis und Dankbarkeit in Ewigkeit, Amen.

Liebe Herren, Freunde und Brüder, da wir aus der Schrift lernen und aus Erfahrung finden, dass die Weissagungen der Propheten, Christi und der Apostel betreffs des schrecklichen Druckes, Jammers, der Not, Verfolgungen, Gefahren, Bangigkeit und falschen Lehren der letzten Zeiten in volle Kraft getreten sind (Mt 24; Mk 13; Lk 21; 1Tim 4; 2Tim 3; 2Pt 2; Jud 1), und zwar so gewaltig, dass, wo nicht der barmherzige Vater diese Tage gnädig abkürzt, kein Fleisch selig werden kann.

Darum bitten und ermahnen wir armen, elenden Menschen einen jeden, und zwar durch die Barmherzigkeit des Herrn, unseren Grund und Glauben doch einmal gründlich zu lesen, um dieselben ihren Herzen einzuprägen und wohl zu verstehen, damit man wisse, welche Lehre wir verbreiten, welchen Glauben wir haben, welch ein Leben wir führen und wie wir gesinnt sind, denn wir haben viel zu hören und zu ertragen, erduldeten Gefangenschaft und Verbannung, Beraubung, Schimpf, Lügen und werden wie arme, unschuldige Schafe geschlachtet. Damit ihr aufrichtig eure früheren Bluttaten vor Gott beweinen und beklagen und euch mit größerer Umsicht vor dergleichen hüten und bewahren mögt und damit ihr künftig als eine fromme, redliche, ja gottesfürchtige Obrigkeit erfunden werdet (2Mo 18,23; 5Mo 1,17); nicht als Bedrücker und Verderber, sondern als Väter und Vormünder aller elenden und betrübten Herden; nicht als Verwüster sondern als Pflanzer der Gerechtigkeit; nicht als Verfolger sondern Nachfolger Christi und seines Wortes. Darum salbt eure Augen mit Augensalbe, damit ihr recht sehen und erkennen mögt, welches der rechte Weg, die Wahrheit und das Leben sei; der Weg, welcher so schmal und enge ist und von so wenigen Menschen gefunden wird; die Wahrheit, welche keinen bekannt ist, als denjenigen, welche von des Herrn Geist gelehrt und von dem Vater erleuchtet und gezogen werden; das Leben, welches darin besteht, Gott den Vater als den alleinigen Gott und Jesus Christus als den zu erkennen, welchen er gesandt hat; damit ihr den sehen mögt, welchen ihr so erbarmungslos durchstacht und damit ihr mit dem heiligen Paulus von ganzem Herzen euch vor dem Herrn demütigen mögt mit vielem Fasten und Weinen, bekleidet mit Sacktuch und härenen Hemden; zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider, damit ihr vor ihm Gnade finden mögt; denn er ist langmütig, gnädig und barmherzig und vergibt die Übertretungen allen, welche wahre Buße tun und seine Gnade suchen. Seid nicht länger wie Jerobeam, Ahab und Manasse, sondern wie David, Hesekiel und Josia, damit ihr nicht wegen des Amtes, das euch anvertraut worden ist, an dem schrecklichen Tage des Herrn euch schämen dürft; an jenem Tage, welcher wie ein feuriger Ofen brennen soll und an dem alle die, welche hier auf Erden ungerecht gehandelt und Gewalt gebraucht haben, wie Stroh und trockene Stoppeln verzehrt werden sollen (Mal 4).

Darum bitten wir euch um der Verdienste Christi willen, ihr wollt doch unseren Glauben, Lehren und Vornehmen gründlich bedenken und uns doch nicht ärger achten, als ihr Diebe und Mörder achtet, welche ihr doch nicht verurteilt oder richtet ohne gewisse Kenntnis ihrer Angelegenheit zu haben. Unsere Handlungsweise ist nicht die der Diebe, auch ist sie nicht auf das vergängliche Geld oder Gut gerichtet; sondern wir haben nur mit Gott und seinem Wort zu tun, mit unserem Leib und unserer Seele, mit ewigem Leben oder ewigem Tode. Darum blickt nicht auf die Gebräuche und Gewohnheiten der Vorväter, noch auf die weltlich Weisen und Gelehrten, denn es ist vor ihren Augen tief verborgen. Sie sind immer diejenigen gewesen, welche von Anfang an die Weisheit Gottes durch ihre eigene Weisheit von sich gestoßen und in den Grund getreten haben; denn die Weisheit Gottes, welche wir lehren, ist jene Weisheit, die nur diejenigen verstehen können, so ein Verlangen haben nach Gottes Willen zu wandeln, ist jene Weisheit, die nicht aus fernen Landen gebracht oder in Hochschulen erlernt werden kann. Sie muss von oben kommen und durch den heiligen Geist gelehrt werden; wie Paulus sagt:

»Sprich nicht in deinem Herzen: Wer will hinauf gen Himmel fahren? (Das ist nicht anders, denn Christum von den Toten holen.) Aber was sagt sie? Das Wort ist dir nahe, nämlich in deinem Munde und in deinem Herzen. Dies ist das Wort vom Glauben, das wir predigen. Denn so du mit deinem Munde bekennst Jesum, daß er der Herr sei, und glaubst in deinem Herzen, daß ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du selig.« (Röm 10,6–9)

Blickt daher auf Gottes Wort, auf das Zeugnis und Beispiel der heiligen Propheten, des Herrn Jesu Christi und seiner Apostel. Lasst diese eure Doktoren und Lehrer sein, nicht die ehrsüchtigen, gelehrten Prediger dieser Welt; und ihr werdet bald wahrnehmen ob wir in der Wahrheit sind oder außerhalb derselben. Möge der allmächtige und ewige Gott euch allen zu solchem Herzens- und Gemütszustand verhelfen. Ihm sei Ehre, Lob und Dankbarkeit, Reich, Kraft und Herrlichkeit in Ewigkeit, Amen.

Da wir denn sehen, meine Lieben, dass der Satan sich zum Engel des Lichts verstellen kann (2Kor 11,14) und solchergestalt Unkraut unter des Herrn Weizen sät, wie z. B. Schwert, Vielweiberei, weltliches Königreich und Könige und dergleichen Irrtümer mehr, um deretwillen die Unschuldigen viel zu leiden haben, so fühlen wir uns veranlasst, diese Erläuterung unseres Glaubens und unserer Lehren zu veröffentlichen; und wir wünschen um Jesu willen, dass wir die Gnade erlangen möchten nicht auf anderem Grund beurteilt und gerichtet zu werden, als auf dem des Wortes Gottes, wie es recht und billig ist. Sollte uns aber solche Gnade nicht zuteilwerden, so können wir uns nur dem Herrn befehlen, welcher der alleinige Helfer der Bedrängten ist. Wir wollen trotzdem, durch Gottes Gnade, in seinen Wegen verharren und uns mit der Schrift trösten, welche sagt:

»Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen genannt; du bist mein. Denn so du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, daß dich die Ströme nicht sollen ersäufen; und so du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flammen sollen dich nicht anzünden. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige in Israel, dein Heiland.« (Jes 43,1–3)

Und wiederum

»Fürchtet euch nicht, wenn euch die Leute schmähen; und entsetzt euch nicht, wenn sie euch verzagt machen. Denn die Motten werden sie fressen, wie ein wollen Tuch.« (Jes 51,7–8)

»Ich bin euer Tröster. Wer bist du denn, daß du dich vor Menschen fürchtest, die doch sterben? und vor Menschenkindern, die als Heu verzehrt werden?« (Jes 51,12)

Auch sagt Christus:

»Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht mögen töten. Fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in die Hölle.« (Mt 10,28)

»Darum, wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater; wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.« (Mt 10,32–33)

Paulus sagt:

»Denn so man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und so man mit dem Munde bekennt, so wird man selig.« (Röm 10,10)

Da die heilige Schrift uns so dringlich treibt, sowohl zu glauben als auch zu bekennen, und uns so liebreich wegen des menschlichen Zornes tröstet, so ist unser Verlangen bis zu unserem Tode nach derselben zu leben. Und wir bezeugen hiermit vor euch in Christus Jesus, dass wir keinen anderen Grund, keinen anderen Glauben, auch keine andere Lehre haben oder kennen, als die, welche im Nachfolgenden klar gelesen, gehört und verstanden werden können und die aus Gottes Wort gezogen sind, Amen.