An diesem Platz viel von der Taufe der Gläubigen, warum wir die auf den Glauben lehren, empfangen und spenden, zu schreiben, achte ich gänzlich unnötig, da wir dieses kürzlich in so vielen deutlichen Schriften und Reden dem verständigen Leser dargelegt haben, dass er die Wahrheit mit offenen Augen sehen und mit Händen greifen kann. Ich werde dieses darum unterwegs lassen und mich bloß mit den vornehmsten Punkten und Gründen womit Gellius die Kindertaufe für apostolisch und christlich zu erklären und zu verteidigen sucht, beschäftigen, um sie mit der Schrift zu widerlegen. Und ich hoffe, dass es mir durch Gottes Gnade gelingen möge, dies mit solcher Kraft und Klarheit zu tun, dass jeder verständige Leser, der mit Andacht liest, mit vollem Herzen fassen möge, dass er mit seiner Kindertaufe ebenso wenig als mit seiner Berufung vor des Herrn heiliger Ordnung, Wort und Wahrheit bestehen kann.
Ehe ich aber zur eigentlichen Sache übergehe, muss ich, nicht ohne Ursache, dem gutherzigen Leser mitteilen, dass es sich vor einigen Jahren zugetragen hat, dass ich mit Johannes a Lasco, Gellius und Her. eine Unterredung hatte. Nachdem beiderseits viel über die Taufe gesprochen worden ist, und sie mir zugestanden hatten, dass alle Schriften, die sich darauf beziehen, von den Alten oder Gläubigen geschrieben wurden, kamen wir zuletzt an die Kindertaufe, welche ebenfalls, nach ihrer Behauptung, die sie jedoch nicht durch Schriftbeweise unterstützten, recht sein sollte. Nach vielen weitläufigen Worten und schriftwidrigen Behauptungen ihrerseits, habe ich endlich zwei Fragen an sie gerichtet und sie um des Herrn willen gebeten, sie möchten mir doch schriftmäßig darauf antworten. Die erste dieser Fragen laute so: Kann eine Zeremonie, die ohne Gottes Befehl vollzogen wird, eine Verheißung haben? Sie antworteten: Nein. Darauf frug ich wiederum, ob nicht solch eine Zeremonie, die da ohne Gottes Befehl vollzogen werde, Abgötterei sei, welches von ihnen bejaht wurde. Als ich nun hörte, dass sie meinen Fragen Recht widerfahren ließen, sprach ich weiter: Wohlan, denn, werte Männer, was wird dannaus eurer Kindertaufe? Darauf riefen alle wie aus einem Munde: »Ja, lieber Menno, wenn du denn durchaus einen Befehl dafür verlangst, so zeige du uns zuerst, wo es befohlen ist, dass man die Gläubigen taufen soll.« Da ich dies hörte, erschrak ich sehr, denn ich sah, dass es mit ihnen im Grunde nur Parteisucht und Fleisch war. Ich verwies sie auf das 16. Kapitel Markus, wo der Herr spricht: »Geht hin in alle Welt und verkündigt das Evangelium der ganzen Schöpfung! Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden.« Sie aber konnten in diesem keinen Befehl erblicken. Darauf verwies ich sie auf Mt 28, wo der Herr sagt: »Darum geht hin und lehrt alle Völker,« oder wie der hebräische Text hat: »Machet alle Völker zu Jüngern und taufet sie (einige Übersetzungen haben, ›sie taufend‹) im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.« Auch dies half nichts, denn es lautete, sagten sie, taufend und nicht taufet sie, obwohl ihnen wohl bekannt war, dass der hebräische Text, welcher der zuverlässigste ist, in befehlender Weise spricht, nämlich taufet sie, im Imperativ, welches ich aber bis dahin noch nie so deutlich wahrgenommen hatte.
Seht, mit solcher Frechheit stritten sie wider Gottes deutliches Wort und Wahrheit, dass sie öffentlich leugneten, dass es solch ein Gebot gebe, obwohl sie so oft, auch in der lutherischen Übersetzung, gelesen hatten, dass der Herr mit ausdrücklichem Befehl sagte: »Und taufet sie.« Da ich nun bemerkte, dass sie dieses Partizipium zur Ausflucht benutzen wollten, redete ich sie auf diese Weise an: Ich gebiete meinem Knecht: Gehe hin und pflüge den Acker, ihn mit Weizen besäend, gleichwie der Herr sprach: »Geht hin und lehrt alle Völker sie taufend etc.« Nun frage ich euch, sagte ich, ob ich meinem Knecht nicht befohlen habe, den Acker zu pflügen und mit Weizen zu besäen, obwohl das Partizipium säend gerade wie das Partizipium taufend dasteht? Sie antworteten, dies wäre Philosophie und nicht Schrift. Seht, meine Leser, auf welche plumpe Weise sie die Wahrheit zu verleugnen suchten.
Als ich nun sah, dass sie, obwohl überzeugt in ihren Herzen, doch, wie die Pharisäer, halsstarrig bei der Lüge bleiben und der kräftigen und klaren Wahrheit keinen Platz gönnen wollten, so wurde ich sehr betrübt und sprach: Ach, ihr Männer, ihr Männer, da es mir ganz deutlich wird, dass ihr mit verkehrtem Herzen Gottes Wahrheit von euch stoßt und eure Lust an der Lüge habt, so werde ich meinen Mund schließen und kein Wort weiter mit euch über diese Sache reden, denn alles ist leider vergebens gesprochen. Dass ich hier die Wahrheit schreibe, meine Leser, wird am Tage der Erscheinung Jesu Christi vor seinem unparteiischen und ewigen Gerichte offenbar werden.
Seht, so unehrlich gehen sie mit Gottes edler und ewiger Wahrheit um, dass sie damals vermeinten, keinen Befehl, die Gläubigen zu taufen, in der Schrift finden zu können, während sie jetzt einen Überfluss von Befehlen haben, dass man die unverständigen Kinder taufen soll. O Gott, so spielen sie mit der Menschen Seelen und wissen nicht, wie sie den festen Grund der Wahrheit biegen, brechen oder drehen sollen, um ja ohne alles Kreuz auf dem geräumigen Wege bleiben, der Welt gefallen und ihr sorgloses Leben in der Wollust ihres Fleisches fortsetzen zu können.
Erstens dann schreibt Gellius, dass wir uns lästerlich an der heiligen Kirche versündigen, indem wir sagen, dass die Kinder nicht glauben, keine Buße tun, noch des Herrn Wort gehorsam sein können, da sie doch, schreibt er, ein großer Teil der Kirche sind und in der Bußpredigt des Propheten Joels mit deutlichen Worten bezeichnet werden etc.
Antwort: Widerschriftlich ist sein Anfang und widerschriftlich wird auch sein Mittleres und sein Ende sein: Gebt Acht, Gottes Wort wird unser Richter sein. Sagt, meine Lieben, ist es nicht eine große Blindheit, dass er die unmündigen Kinder hier in die Bußpredigt einschließen will? Gesteht er ja ein wenig später doch selbst ein, dass sie diese Lehre, nämlich die Lehre der Buße, der Schwachheit ihres Verstandes wegen nicht fassen können. Und können sie die Lehre nicht fassen, wie dann werden sie an dieselbe glauben und glauben sie nicht, wie dann werden sie Buße tun? Und tun sie keine Buße, wie dann können sie in der Bußpredigt mit inbegriffen sein? Da sie also weder Lehre, noch Glauben, noch Buße haben, die sie, nach seinen eigenen Worten, Verstandesmangels halber auch nicht haben können, und auch nicht brauchen, da sie doch Gottes eigen sind und die Sünde in ihnen noch nicht lebendig geworden noch zu ihrer Kraft und Frucht gekommen ist, so muss jeder Vernünftige eingestehen, dass er sich selber straft und aussagt, dass er uns mit Unrecht beschuldigt, wenn er sagt, dass wir uns lästerlich an der heiligen Kirche versündigen, indem wir sagen, dass die kleinen Kinder keine Buße tun, noch glauben, noch gehorsam sein können, da er doch selber eingesteht, dass sie die Lehre aus welcher der Glaube, die Buße und der Gehorsam entstehen, ihres Verstandesmangels halber nicht fassen können, wie bereits oben gesagt ist.
Zweitens schreibt er: »Es gibt nur eine Kirche und einen Glauben, beides im alten und im neuen Testament, von Adams Zeiten bis zu der Welt Ende; und ward im alten Testament von Abrahams Zeit an zu ihrer Versammlung, Ausbahnung, Wachstum und Mehrung der Befehl des Predigens und der Beschneidung gegeben und im neuen Testament das Predigen und Taufen zusammen ebenfalls ohne Unterschied der Person, ob diese jung sei oder alt.«
Antwort: Alle die von Adams Zeiten bis auf den heutigen Tag den Geist, Sinn und das Gemüt Christi gehabt haben und alle, die es haben werden, bis an der Welt Ende, alle, die als gehorsame Kinder, ein jeder in seiner Zeit, gewandelt haben und noch wandeln werden, sind des Herrn Kirche, Reich und Volk vom Anfang gewesen und werden dies auch ewig bleiben. Dies ist meine Meinung. Es würde aber billig gewesen sein, wenn Gellius hinzugefügt hätte, dass eine jede Zeit ihre eigene Lehre, Ordnung und Gebräuche gehabt hat: dass man von Adam bis auf Abraham keine Zeremonie an den Kindern vollzog, da der Herr keine befohlen hatte; dass von Abraham bis auf Christus die Beschneidung der Verordnung war; dass wir nun aber Christum, den verheißenen Propheten (5Mo 18,15; Apg 7,37), haben, auf welchen die ganze Schrift hinweist und den wir hören und ihm folgen sollen. Er ist Gottes ewiges Wort und Weisheit und alle, die in seiner Lehre bleiben, wandeln in der Wahrheit; denn sein Wort ist die Wahrheit und sein Gebot das ewige Leben (Joh 17,17; 12,50). Welche Verordnung uns dieser weise Ratgeber mit Hinsicht auf die Kinder im neuen Testament gegeben hat, was er uns in Betreff dieses befohlen oder nicht befohlen hat, mögen alle gottesfürchtigen, treuen Herzen in seinem heiligen Worte nachsuchen.
Dass er aber weiter sagt, dass sie im neuen Testament, ohne in Betreff des Alters der Person einen Unterschied zu machen, predigen und taufen, ist meines Erachtens so offenbar gegen alle Schrift und Vernunft und auch gegen seine eigenen Worte gesprochen, dass er sich mit Recht dessen schämen sollte. Denn was kann man doch den unverständigen, kleinen Kindern aus Gottes Wort zur Besserung lehren und vortragen? Christus will, dass man den Verständigen das Evangelium predigen und die, welche an dasselbe glauben, taufen soll. Irgendeinen anderen Befehl, Verordnung oder Brauch in Hinsicht auf diese Sache hat er uns in seinem Evangelium nicht hinterlassen (Mk 16,16).
Dazu gesteht er auch selbst ein, dass die kleinen Kinder wegen Verstandesmangels diese Lehre nicht fassen können, wie schon gesagt ist. Und dessen ungeachtet schreibt er gegen diese klare Verordnung des großen und allmächtigen Gottes, wie auch gegen sein eigenes Bekenntnis, dass im neuen Testament ohne Unterschied der Personen, ob diese alt seien oder jung, zu lehren und zu taufen befohlen sei.
Seht, so gröblich irren sich alle, die des Herrn Wort verwerfen. Wenn das nicht heißt, Christum mit Gewalt ausstoßen und den Antichrist wiederum einsetzen und kein offenbares Unrecht ist, so muss ich eingestehen, dass ich in meinem ganzen Leben noch kein Wort in der Schrift mit klarem Verstande gelesen habe.
Drittens schreibt Gellius, dass die Kirche, die unserem Samen und unseren Kindlein, kraft Gottes Befehl, der, wie er sagt, nicht verändert ist, so wir doch nach der Verheißung Kinder sind, nicht ungnädiger und zürnender ist als den Kindlein Israels nach dem Fleische geboren; dass sie ihnen die Versiegelung des Gnadenbundes gibt, um des Anteiles willen, den sie an Gottes Bund oder der Verheißung an der Seligkeit der Kirche und am ewigen Leben haben, nach den Worten: »Ich will euer Gott sein, und eures Samens nach euch.« Dass also in den Versammlungen der Gemeinde, beides unter dem alten und neuen Testament, nur einerlei Gebot, sowohl hinsichtlich der Predigt als des Gebrauches der Sakramente gehalten wurde.
Antwort: Hier handelt Gellius eben wie alle anderen falschen Propheten immer getan haben, welche das Volk auf jämmerliche Weise betrogen haben, indem sie vorgaben und sagten: »Der Herr hat’s gesagt,« obwohl der Herr es nicht gesprochen hatte, wie die Schrift sagt (Jer 23,17; Hes 13,7). Sagt, meine Leser, ist es nicht eine vermessene Tat und eine verdammungswürdige Frechheit, dass er es wagt, angesichts der ganzen Welt zu schreiben, Gott habe es befohlen, obwohl es die ewige Weisheit in der ganzen Schrift weder mit Wort noch mit Tat erwähnt hat? Man durchlese das ganze neue Testament von Anfang bis zu Ende und findet man auch nur einen einzigen Buchstaben, welchen der Herr darüber befohlen hat, oder die Apostel an irgendeiner Stellegelehrt oder gebraucht haben, so werden wir durch Gottes Gnade willig eingestehen, dass er Recht habe.
Weil es dann überklar ist, dass in der ganzen heiligen Schrift nichts davon erwähnt ist und er dennoch zu schreiben wagt, es geschehe nach Gottes Befehl, so mag der gottesfürchtige Leser sich merken, wie jämmerlich er sich, besonders jetzt, da die Wahrheit geoffenbart ist, an seinem Gott versündigt und wie kläglich er die armen Seelen mit offenbaren Lügen verführt, indem er schreibt, es sei Gottes Befehl, obwohl der heilige Geist es nicht mit einem einzigen Buchstaben in der ganzen Schrift erwähnt, noch durch Wort oder Brauch der wahren Zeugen Christi seiner Kirche geoffenbart hat. Wenn er sagt, der Befehl sei nicht verändert, so spricht er so gröblich und dreist wieder die Wahrheit, dass einer sich wohl wundern darf. Die Schrift erklärt offenbar, dass Abraham von Gott eine Vermehrung seines Samens und das Land Kanaan zum ewigen Besitztum verheißen ward. Es wurde ihm darauf befohlen, sich, seinen Sohn Ismael und alle männlichen Kinder seines Gesindes am achten Tage nach der Geburt zu beschneiden (1Mo 17,12–13), welches ein Bund nach ihrem Fleische sein sollte. So war dem gläubigen Abraham auf die Verheißung der Vermehrung seines Samens und den Besitz des Landes Kanaan das Blutzeichen der Beschneidung an der Vorhaut seines Fleisches auferlegt und zwar an den Knäblein und nicht den Mägdlein, am achten Tage etc. Uns aber ist nicht das Blutzeichen der Beschneidung, sondern die Taufe in dem Wasser befohlen. Und diese Taufe, merkt die erste Veränderung, soll nicht am achten Tage geschehen, sondern wenn immer wir durch den Dienst des Geistes im Glauben aus Gott geboren und Nachfolger Abrahams geworden sind. Und merkt hier eine zweite Veränderung: nicht bloß die Männer, sondern beides Männer und Weiber, die durch die Predigt des heiligen Wortes das alte Leben der Sünde begraben und mit Christus zu einem neuen Leben auferstanden sind; die eines zerschlagenen Herzens sind; die ihre Herzen und ihr Gemüt beschneiden; die Christum in der Kraft angezogen und den Bund eines guten Gewissens mit Gott haben (Röm 6,3; Apg 2,37; Kol 2,11; Gal 3,27; 1Pt 3,21). Merkt eine dritte Veränderung. Nicht um ein buchstäbliches Reich und Land zu besitzen und ein großes Volk auf Erden zu werden, wie Abraham und seinem Samen verheißen wurde, sondern dass wir um Gottes Wortes und dessen Zeugnisses willen allerlei Bangigkeit, Trübsal, Jammer und Elend in dieser Welt tragen, unser Herz von allen sichtbaren und vergänglichen Dingen abwenden, Pracht und Pomp, Welt, Fleisch und Blut absterben und so in unserer eigenen Schwachheit wandeln sollten, wie Christus in seiner Vollkommenheit gewandelt hat.
Seht, meine Leser, wie offenbar er die Schrift verfälscht und wie gewaltsam er die Wahrheit verdreht, wenn er schreibt, der Befehl sei nicht verändert und dass in den Versammlungen der Gemeinde, beides unter dem alten und dem neuen Bunde, einerlei und nicht verschiedene Gebote gehalten wurden, sowohl hinsichtlich der Predigt als des Gebrauchs der Sakramente, da sich doch alles geändert hat und neu geworden ist, wie man in der vorhergehenden Anweisung in wenigen Worten mit voller Klarheit sehen kann. Ob dies nicht heißt, die Wahrheit in eine Lüge verwandeln, mögt ihr weiter für euch selber erwägen.
Wenn er weiter sagt, dass die Kirche unsern Kindlein nicht ungnädiger und zürnender sei, als den dem Fleische nach aus Israel gebornen Kindlein, so verstehe ich bei diesen Worten seine Meinung diese zu sein: Wenn es nicht Gottes Wille sei, dass unsere Kinder getauft werden, so sei er unsern Kindlein ungnädiger, als er den Kindlein der Beschneidung gewesen sei. Er spricht hierdurch offenbar aus, dass nach seiner Ansicht Gottes Reich, Gnade und Verheißung an dieses Zeichen gebunden sind. Denn wenn Gott bloß solchen Kindlein, welche dieses Zeichen empfangen haben oder empfangen, gnädig ist, so folgt daraus ohne Widerspruch, dass er allen Kindern vor dem Gesetz der Beschneidung ungnädig und zürnend gewesen sein muss und nicht allein diesen, sondern auch allen jenen Kindern, die vor dem achten Tage und jenen, die während der vierzigjährigen Wanderschaft in der Wüste starben, samt allen Jungfrauen und Frauen; denn auch diese waren nicht beschnitten; ja, selbst allen Kindlein des neuen Testamentes müsste er zürnen, da er doch keinen Befehl, sie zu taufen, gegeben hat. Doch nein, den Kindlein gehört das Reich Gottes, nicht durch irgendein Zeichen, sondern allein aus Gnade durch Jesum Christum (Mt 19,14).
Die Kindertaufe nennt er überall eine Versiegelung des Gnadenbundes. Zu diesem antworte ich: Er zeige mir im ganzen neuen Testament eine deutliche Stelle, wo die Taufe der Gläubigen, von Gott befohlen, eine Versiegelung des Gnadenbundes genannt wird und ich werde ihm die Sache gewonnen geben. Aber ich bin fest überzeugt, dass er dies zu tun nimmermehr im Stande ist. Wird aber die Taufe der Gläubigen, die Gott selber eingesetzt hat, nicht so genannt, wie kann dann die Kindertaufe, die nicht aus Gott und seinem Worte, sondern aus der eigenen Wahl und Dichtung der Menschen entstanden ist, so genannt werden?
Beruft er sich aber auf die Beschneidung, so antworte ich, dass diese Zeichen zweierlei Art sind und dass das erste mit dem zweiten auf keinerlei Weise übereinstimmt und zwar aus den folgenden Gründen:
Erstens: Alle Zeichen, welche den Vätern vor und unter dem Gesetz gegeben wurden, als da sind: Adams Rock von Fellen, der Regenbogen Noahs, die Beschneidung Abrahams und das jährliche Opfer des Hohepriesters (1Mo 3,21; 9,16; 17,10; 3Mo 16), deuten einstimmig auf Christum, der jetzt erschienen und in dem alle Zeichen erfüllt sind, so dass wir jetzt nicht länger durch äußerliche Zeichen und Vorbilder unsere Versicherung und Versiegelung haben, sondern durch das wahre Zeichen aller Zeichen, Jesum Christum, der selbst sagt:
»Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab.« (Joh 3,14–16)
Zweitens: Wir sind nicht länger ein Volk des Buchstabens, wie Israel, sondern ein Volk des Geistes, die wir alle, ehe wir von den Zeichen Gebrauch machen, durch die Predigt der Buße zu Gott bekehrt sind, die dem alten Sündenleben absterben, denen das Licht der Gnade ins Herz scheint, die das wahre Friedenszeichen, Christum, durch den Glauben annehmen, mit ihm zu einem neuen Leben auferstehen und so durch das Unterpfand des heiligen Geistes (Gal 4,6), des ewigen Bundes und der göttlichen Gnade in unserem Gewissen vor Gott versiegelt sind. Denn so wir, ehe wir dieses Zeichen empfingen, in unserem Herzen nicht versiegelt wären, so könnten wir vor dem Zeichen auch keine wahre Buße tun, noch die Verachtung, Schade, Bangigkeit, den Jammer und das Elend des Kreuzes auf uns laden. Aber mit dem Zeichen, das wir aus Gehorsam gegen das heilige Wort annehmen, bezeugen wir, dass wir durch Christum, welcher das wahre Zeichen der Gnade ist, der uns vom Vater geschenkt wurde und uns durch das Wort gepredigt wird, Frieden mit Gott haben und durch den Geist seiner Gnade vor ihm versiegelt sind.
Hier, meine Leser, seht ihr jetzt, dass uns die Zeichen des neuen Testamentes nicht versiegeln noch versichern, wie die Gelehrten dem armen Volke vorgeben, sondern dass Christus Jesus unsere einzige und ewige Versicherung und der heilige Geist die Versiegelung unseres Gewissens ist (Röm 4,14; 1Joh 3,10; Eph 1,4; Joh 15,15; 1Kor 13,8). Auch lernen wir, dass diese Zeichen oder Sakramente bloß den bußfertigen, versiegelten und versicherten Christen und bloß zu dem Zwecke gegeben werden, dass sie uns ermahnen mögen und immer vor Augen stellen, dass wir in ewiger, fortwährender Buße wandeln, unsern Glauben dadurch üben und dem Herrn für seine unaussprechliche, große Liebe und heilsame Gnade durch Christum ewiglich danken sollen.
Alle, die euch anders lehren und euch hinweisen auf Wasser, Brot und Wein, dass ihr dadurch versiegelt oder versichert werdet, wie Gellius hier tut, dass ihr damit etwas erlangt, führen euch wiederum zurück von dem wahren Wesen zu den Vorbildern, von Christus zu Mose und geben euch eine eitle Hoffnung und eine falsche Sicherheit, so dass ihr euer ganzes Leben lang unbußfertig und ohne Christus bleibt; denn ihr findet euren Trost so sehr in den äußerlichen Zeichen, dass ihr die bezeichnete Wahrheit gänzlich verfehlt, wie die ganze Welt öffentlich sehen kann. Denn bei all ihrer Trunkenheit, ihrem Geiz, ihrer Pracht, Eitelkeit und Lügenhaftigkeit rühmen sie sich dennoch, Christen zu sein. So werden sie mit dieser gottlosen Versiegelung des abgöttischen Wassers (ich nenne es eine gottlose Versiegelung, weil es so stracks wider Gottes Wort ist) und durch das Brot und den Wein der Prediger getröstet, dass alle miteinander auf dem breiten Weg wandeln und außer Gottes Wort bleiben.
Seht, dies ist die eigentliche Wirkung und Frucht der Versiegelung, welche Gellius so herrlich preist und den Leuten auf so schöne Weise vorstellt.
Was aber die Worte angeht: »Ich will euer Gott sein, und eures Samens nach euch …« woraus sie schließen, dass gleich wie Abrahams Kinder mit ihm auf gleiche Verheißung beschnitten wurden, auch unsere Kinder auf gleiche Verheißung getauft werden sollen, so antworte ich darauf:
Erstens: Abraham empfing eine Verheißung, nämlich, Gott wollte sein Gott sein und seines Samens nach ihm. Dass in diese Verheißung die Mägdlein ebenso wohl begriffen waren als die Knäblein, kann man nicht in Abrede stellen; dessen ungeachtet hat aber Israel nicht die Mägdlein, obwohl sie Miterben der Verheißung waren, sondern bloß die Knäblein beschnitten und zwar darum, weil Gott es so verordnet hatte. Hieraus kann ganz deutlich ersehen werden, dass die Knäblein der Nachkommen Abrahams nicht Kraft der Verheißung, sondern Kraft des Gebotes, welches Abraham und seinem Samen auferlegt war, beschnitten wurden. Wäre es gemäß der Verheißung und nicht des Gebotes geschehen, so hätten auch die Mägdlein als Mitgenossen und Miterben der nämlichen Verheißungen beschnitten werden müssen, was nicht geleugnet werden kann.
Zweitens: Wenn Israel in dieser Hinsicht der Lehre des Gellius und anderer Prediger gefolgt wäre, so hätten sie auch ihre Mägdlein beschneiden müssen, obschon sie kein Gebot dazu hatten; denn diese waren Mitgenossen des Gnadenbundes, gleichwie unsere Kinder, die sie zu taufen uns zwingen wollen, Miterben und Mitgenossen der Verheißungen sind.
Sagen sie dann, das Gebot habe sich bloß auf die Knäblein und nicht auf die Mägdlein bezogen, obwohl die Mägdlein auch Kinder der Gnade waren, so antworte ich, dass dieses ihrer Sache den Todesstoß versetzt. Denn eben wie zu jener Zeit das Gebot der Beschneidung sich auf die Knäblein und nicht auf die Mägdlein bezog, obwohl diese die nämliche Verheißung hatten, so bezieht sich das jetzige Gebot der Taufe bloß auf die Gläubigen und Bußfertigen und nicht auf die unmündigen Kinder, obwohl die Mitgenossen der nämlichen Verheißung sind.
Sagen sie ferner, dass die Kindertaufe, wenn auch nicht geboten, doch auch nicht verboten sei, so antworte ich, dass auch die Beschneidung der Mägdlein weder geboten noch verboten war, gleichwie die Kindertaufe weder geboten noch verboten ist; und doch hat man die Mägdlein nicht beschnitten und zwar darum, weil der Herr es nicht befohlen hatte. Alle, die uns beschuldigen, dass wir unsere Kinder nicht taufen, die doch Miterben der Verheißungen seien und deren Taufe kein Verbot im Wege stehe, beschuldigen damit auch Israel, dass sie ihre Mägdlein nicht beschnitten haben, die Mitgenossen der Verheißungen waren und deren Beschneidung kein Verbot im Wege stand.
Drittens: Da Gellius bloß die Kindlein der Gläubigen in die Taufe einschließt und nicht die der Ungläubigen und es ihm wohl bekannt ist, dass solche, die hoffärtig, geizig, prahlerisch, neidisch, blutig, hurerisch und abgöttisch sind, nicht glauben noch der Schrift nach Verheißung haben, kann ich mich über seine Unachtsamkeit nicht genug wundern, indem er, gegen seinen eigenen Glauben und Lehre, auch derjenigen Kinder tauft, die, wie er selbst bekennen muss, ohne Gott und Christum sind und folglich keine Verheißung haben. Wendet er dann ein, dass ihm nicht eines jeden Glaube bekannt sei, so antworte ich wiederum, dass er durch diese Worte erstens eingesteht, dass seine Kindertaufe einen unsichern Grund hat, da man seiner eigenen Aussage zufolge auf den Glauben der Eltern taufen sollte, wiewohl es ihm unmöglich ist, zu sagen, ob die Eltern gläubig sind, oder nicht; und zweitens, dass solche Eltern Bäume ohne Früchte und Lichter ohne Glanz sind.
Doch wozu noch viele Worte darüber verlieren? Würde Gellius allen seinen Prahlern, Trunkenbolden, Wucherern und Ungerechten ohne Rücksicht der Person erklären, dass sie weder Christum noch eine Verheißung hätten und ihren Kindern die Taufe versagen, dann könnte er wohl nicht mehr lange Prediger in Emden bleiben noch sein gemächliches, sorgenloses Leben ungestört fortführen.
Weiter schreibt er, Paulus bezeuge, dass die Taufe an Stelle der Beschneidung getreten sei, mit ihr eine Bedeutung habe und die Beschneidung Christi genannt werde.
Antwort: Hier wird Paulus selber ihn zurechtweisen, als einen der sich einer falschen Auslegung seiner Worte schuldig macht. Die Worte Pauli sind wie folgt:
»Seht zu, dass euch niemand beraube durch die Philosophie und lose Verführung nach der Menschen Lehre und nach der Welt Satzungen und nicht nach Christo. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Und ihr seid vollkommen in ihm, welcher ist das Haupt aller Fürstentümer und Obrigkeit; in welchem ihr auch beschnitten seid, mit der Beschneidung ohne Hände, durch Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch, nämlich mit der Beschneidung Christi; in dem, dass ihr mit ihm begraben seid durch die Taufe, in welchem ihr auch seid auferstanden durch den Glauben den Gott wirkt, welcher ihn auferweckt hat von den Toten; und hat euch auch mit ihm lebendig gemacht, da ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches.« (Kol 2,8–13)
Lest auch Hebr 13,9; Eph 2,2; 1Kor 6,11.
Merkt hier, meine treuen Leser, auf des Herrn Wort und seht, dass die Lehre des neuen Testamentes und seine Sakramente bloß für diejenigen sind, welche Ohren haben, um zu hören und Herzen um zu verstehen; es ist ein Amt des Geistes und nicht des Buchstabens, wie Paulus sagt (2Kor 3,6).
Da denn die Prediger das arme unbedachtsame Volk auf Elemente, auf Wasser, Brot und Wein hinweisen und vorgeben, dass die Taufe uns versiegle und uns versichere, dass wir des Gnadenbundes Kinder seien, dass Gott seine Kraft in den Sakramenten zeige etc. und sie dennoch weder Versiegelung noch Sicherheit noch Kraft einigermaßen in ihrem Herzen finden, wie aus ihren Früchten hervorgeht; und die Leute von den Predigern in einem Schein des Evangeliums zu einem falschen Ruhm einer eitlen Hoffnung und ungewissen Sicherheit verleitet werden, so möchte ich alle meine Leser und Zuhörer mit den zuvor erwähnten Worten Pauli in aller Liebe und Treue ermahnen, dass sie sich doch nicht länger, weder durch solche hochberühmte und schöne Reden, noch durch die Philosophie und eitle Verleitung der Menschen, mögen irre führen lassen; denn dieses alles ist nach der Gelehrten Heuchelei und weltlichen Satzungen und nicht nach dem wahren und vollkommenen Stifter Jesus Christus, in dem die ganze Fülle der Gottheit, Weisheit, Wahrheit, Licht, Kraft und Gerechtigkeit leibhaftig wohnt und welcher deshalb die Seinigen auf keine ungebahnten, verführerischen, finsteren und ungerechten Wege hinweist, sondern in welchem alle wahren Christen vollkommen und seiner Gnade, seines Geistes, seiner Liebe und Kraft voll sind.
Er ist das Haupt aller Gewaltigen, vor dem alle Knie sich beugen (Phil 2,10) und alle Zungen bekennen müssen, dass er der Herr und neben ihm kein anderer ist. Darum muss sein Wort gelten und sein Befehl Kraft haben und nicht was die Welt seinem Reiche oder Kirche zufügen will oder zugefügt wünscht. In diesem Christus werden alle Wiedergebornen, die seines Geistes Kinder sind, nicht mit Händen und Messer, nicht buchstäblich, wie Israel, sondern mit des Herrn Wort, Geist und Kraft an der unreinen Vorhaut ihres Herzens beschnitten (Röm 2,28), so dass sie im Geiste ein neugeborenes Israel und Volk Gottes werden, durch das Absterben ihres sündigen Fleisches und die Dämpfung des alten Menschen mit der Beschneidung Christi, die ihre Herzen durch sein Wort und Geist reinigt, umkehrt und in einen anderen und besseren Sinn verändert. Denn die Bußfertigen werden durch die Taufe mit ihm begraben, sterben dem alten, sündlichen Leben ab und stehen zu dem neuen Leben der Gerechtigkeit und aller Tugend auf; und dieses geschieht durch den Glauben, welchen Gott durch die Predigt seines mächtigen Wortes und den Einfluss seines heiligen Geistes in allen Gläubigen wirkt. Denn der getreue Gott und Vater, der seinen lieben Sohn von den Toten auferweckt hat, hat auch an uns elenden Sündern seine mächtige Kraft bewiesen und hat uns, als wir in der Vorhaut unseres sündigen Fleisches, in unsern vielen schweren Sünden und Gebrechen tot waren, gnädiglich zu jenem neuen Leben mit ihm auferweckt, aus der Finsternis berufen zum Lichte und uns mit ihm in jenes himmlische Wesen versetzt, in Christus Jesus.
Seht, meine Leser, hier habt ihr den eigentlichen Grund und Sinn der Worte Pauli, womit Gellius zu beweisen sucht, dass die Taufe an den Platz der Beschneidung gekommen sei und eine Beschneidung Christi genannt werde.
Jetzt urteilt selber, so ihr Gott fürchtet, ob ihr unter diesen Worten Pauli ein einziges findet, welches er mit Hinsicht auf die unmündigen und jungen Kinder gesprochen hat.
Dass die ganze Sprache des Paulus sich auf die Gläubigen und Bußfertigen und nicht auf die unverständigen kleinen Kinder bezieht, müssen alle Redlichen, geschweige denn Geistlichen, bekennen und eingestehen. Und dennoch sagt er, diese Sprache schließe in sich, dass die Taufe an den Platz der Beschneidung gekommen sei und die Beschneidung Christi genannt werde. Er merkt wohl nicht, oder will nicht merken, dass die Beschneidung Christi, von welcher Paulus hier redet, ohne Hände geschieht und dass er die Kindertaufe, welche er Christi Beschneidung nennt, täglich mit seinen Händen spendet. Seht, so jämmerlich verfälscht er die Sprache des heiligen Paulus und so gewaltsam verdreht er Gottes Wort.
Will er jetzt aber Ausflüchte machen, seine Sache ausschmücken und vorgeben, dass Gott mächtig sei in seinen Sakramenten und unsichtbar im Herzen wirke, wovon das Zeichen die äußerliche Bedeutung sei, so tritt die Verführung umso klarer hervor. Denn wie wird Gott durch ein Zeichen wirken, das vor ihm ein Gräuel ist? Ich nenne es einen Gräuel, weil er es nicht befohlen hat und keine Lehre, kein Bekenntnis, Glaube, noch Buße, auf welche die Zeichen des neuen Testamentes hinweisen, vorhergehen. Weiter müsste das Zeichen und das dadurch Bezeichnete ein und derselbe Gegenstand sein, welches niemals der Fall gewesen ist und auch niemals sein wird; es sei denn, der Buchstabe würde Geist werden. Dies kann nicht geleugnet werden.
Ja, mein Leser, wie diese getauften Kinder mit der Beschneidung Christi an der Vorhaut ihres Herzens, welches die Beschneidung des neuen Testamentes ist, beschnitten werden, zeigen leider der ganzen Welt Früchte und Werke nur zu wohl.
Viertens schreibt er, dass gleichwie in den Schriften, welche bezeugen, dass die Frauen an den Verdiensten Christi Teil haben und Jüngerinnen seien, kein Gebot enthalten sei, dass auch ihnen das Abendmahl gereicht werden solle, so sei auch in den Schriften, welche bezeugen, dass die Kinder einen Teil der Kirche Christi ausmachen, dass ihrer das Himmelreich sei, kein Gebot enthalten, dass man sie taufen solle.
Antwort: Dass auch den Frauen das Abendmahl Christi zukommt, beweist Gellius durch seine eigenen Worte aufs Klarste, denn er gesteht, dass sie Jüngerinnen sind. Wenn sie also Jüngerinnen sind, was wirklich der Fall ist, so ist es offenbar, dass sie Gottes Wort hören, glauben und Buße tun, sich taufen lassen und nichts weniger als die Männer, mit Gottes Kraft begabt, der Wirkung des heiligen Abendmahls und dessen Geheimnisse teilhaftig sind. Da sie denn solche gläubigen und bußfertigen Jüngerinnen sind, wie vorher gesagt worden ist, so ist gewiss billig und recht, dass sie auch das Zeichen genießen, wodurch die Geheimnisse des Glaubens und des heiligen Evangeliums den Gläubigen vorgetragen und die Bußfertigen ermahnt werden. Gleichwie es demnach nicht geleugnet werden kann, dass die gläubigen, bußfertigen Frauen die Wirkung des heiligen Abendmahls und das dadurch Bezeichnete, nämlich das Gedächtnis an die Aufopferung von Christi Fleisch und Blut, die Liebe zu Gott und ihrem Nächsten, wozu es vom Herrn eingesetzt wurde, haben und sie deshalb gläubige, bußfertige Jüngerinnen und Gäste auch zu Plätzen an des Herrn Tisch berechtigt sind, so muss Gellius jetzt mit Tat, Schrift und Wahrheit kräftiglich uns beweisen, dass die unmündigen kleinen Kinder die Wirkung und Bedeutung der heiligen Taufe fassen können, nämlich Glauben, Buße, Gehorsam gegen das Wort, ein freimütiges, friedliches Gewissen, wozu das Zeichen der Taufe vom Herrn eingesetzt wurde, ebenso wie die gläubigen, bußfertigen Frauen die Wirkung des heiligen Abendmahls besitzen, wenn seine Kindertaufe bündig und recht sein soll. Kann er aber solches nicht tun, so wird dadurch genugsam bewiesen, dass seine Behauptung und seine Beweisführung, die er auf die Ähnlichkeit der beiden Zeichen gründet, nicht schriftgemäß, sondern verführerisch, falsch und wider Gottes Wort sind.
Weiter schreibt er, dass, wenn uns ein solches Gebot, die Kinder zu taufen, als er in den erwähnten Schriften angeführt hat, nicht genügend sei, wir ihm irgendwo aus der Schrift ein Verbot zeigen oder genugsam beweisen sollen, dass es des Herrn Wille sei dass man den Kindern die Taufe vorenthalten solle.
Hierauf antworte ich erstens, dass es Gellius offenbar leid tut, dass er mit seiner Behauptung hinsichtlich des Gebotes der Kindertaufe nach der Schrift nicht bestehen kann; denn er wendet sich von der Lehre des Gebotes ab und verlangt von uns, dass wir ihm ein Verbot zeigen und übersieht es gänzlich, dass wenn einer von einer Zeremonie Gebrauch machen will, er zuerst deren Einsetzung oder das Gebot dafür vorbringen und beweisen muss. Wenn er also behauptet, dass die Kindertaufe, die er lehrt und gebraucht, recht sei, so muss er nachweisen, wo sie geboten und nicht uns auffordern nachzuweisen wo sie verboten ist.
Wir gebrauchen die Taufe gerade, wie des Herrn Mund sie befohlen hat; denn wir wissen, dass geschrieben steht:
»Alles, was ich gebiete, das sollt ihr halten, dass ihr danach tut. Ihr sollt nichts dazu tun, noch davon tun.« (5Mo 13,1; Spr 30,6)
Ja, meine Leser, ich will Gellius und seinen Gelehrten die ganze heilige Schrift vorlegen und wenn sie uns nachweisen können, dass die frommen und getreuen Gottesmänner einen einzigen Buchstaben an diesen Geboten und Zeremonien verändert und sie anders gebraucht haben, als Gott befohlen hatte, so werde ich der Sache weiter nachdenken; aber ich bin völlig überzeugt, dass solches nicht geschehen kann.
Der Herr befahl Israel, dass sie ihre Knäblein am achten Tage beschneiden sollten und es ward kein Wort gesagt, dass sie es nicht am fünften, sechsten, siebten, achten, neunten oder zehnten Tage tun sollten. Dennoch haben sie niemals ein Mägdlein beschnitten, noch die Beschneidung am siebten oder neunten Tage vollzogen, denn des Herrn Ordnung und Befehl lautete ausdrücklich auf den achten und nicht auf den siebten oder neunten Tag und bezog sich nur auf die Knäblein und nicht auf die Mägdlein, wie wir gehört haben.
Hätten sie nun die Mägdlein beschnitten oder die Beschneidung an den Knäblein vor oder nach dem achten Tag vollzogen, so würden sie damit, obschon es durch kein ausdrückliches Verbot untersagt war, dennoch ein Gräuel begangen haben, ebenso wie Nadab und Abihu mit dem fremden Feuer taten (4Mo 26,61) und sie hätten außer Gottes Wort beschnitten; dies wird mir durch des Herrn Gnade kein Mensch mit der Schrift nehmen.
Auch wurde Israel von Gott befohlen, dass sie das Osterlamm zum Gedächtnis ihrer Erlösung und ihres Auszuges aus Ägypten am Abend des vierzehnten Tages des ersten Monats essen sollten. Ein Männlein sollte es sein, ohne Fehl, ein Jahr alt etc. Israel hat so getan, ist des Herrn Befehl nachgekommen und hat niemals ein Weibchen sondern immer ein Männlein geopfert, obwohl der Herr ihnen nicht durch einen einzigen Buchstaben verboten hatte, ein Weibchen zu opfern; denn hätten sie ein Weibchen geopfert, so würden sie gegen das Gebot gehandelt haben, das da sagte, dass es ein Männlein sein sollte (2Mo 12,5).
Zweitens berufe ich mich auf das Zeugnis des allmächtigen und großen Gottes, der da spricht:
»Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.« (Mt 17,5)
Wenn nun Gellius imstande ist, mit einem einzigen Wort nach göttlicher Wahrheit und unverfälschtem Zeugnis aus heiliger Schrift zu beweisen, dass der von Gott bezeugte Sohn, Christus Jesus, des Vaters ewige Weisheit und Wahrheit, oder dessen heilige Apostel und Sendboten, auch nur einen einzigen Buchstaben von der Kindertaufe gelehrt oder befohlen haben, oder dass sie jemals an irgendeinem Platze Kindlein getauft haben, so werde ich meine Lehre widerrufen, meine Schuld bekennen, Buße tun, freiwillig in Kerker und Bande gehen und mein ganzes Leben als ein Überwundener angesichts der ganzen Welt beschämt dastehen. Dies verspreche ich mit freiem Herzen.
Kann er dieses aber nicht tun, was er auch nie können wird, und bleibt dennoch bei seiner Kindertaufe und erklärt dieselbe für apostolisch und gültig, wodurch er Christi Ordnung und der Apostel Lehre und Gebrauch beiseite setzt, das Volk in ihrem unbußfertigen Leben tröstet, so wird dadurch sicherlich offenbar, dass er ein Verführer der armen Seelen und ein Verfälscher des heiligen Wortes ist, der weiser sein will, als der Sohn Gottes selbst gewesen ist; denn er sagt, dass es eine Versiegelung des Gnadenbundes, eine Einverleibung in die Kirche Christi usw. sei. Und der große Herr hat nicht ein Wort davon gesprochen oder befohlen, dass er den heiligen Geist strafen solle, der uns diese Lehre und diesen Gebrauch in der Schrift verschwiegen hat; oder die Apostel, dass sie eine so höchst wichtige Sache, von der, dem Schreiben des Gellius nach, so viel abhängt, den Gottesfürchtigen so ganz und gar verschwiegen und mit keiner einzigen Silbe in all ihren Schriften davon gezeugt und ihren Nachkommen geoffenbart haben.
Drittens will ich hier Gellius samt allen seinen Mitpredigern auf Luther hinweisen, der ganz deutlich schreibt, dass nicht bloß das, was gegen das Wort des Herrn gerichtet, sondern auch das, was dem Wort hinzugefügt worden ist, zu verwerfen sei. Auch gibt er den Rat, dem er leider selbst nicht nachgekommen ist, dem Gewissen und nicht dem Ungewissen zu folgen, da die Schrift weder Zusatz noch Abbruch leidet; wodurch er keine geringe Spaltung im Papsttum bewirkt hat. Da denn die Schrift, wie gesagt worden, keinen Zusatz duldet oder jemals dulden kann, und nirgendwo in derselben ein Wort hinsichtlich der Kindertaufe gefunden wird, wie auch Luther in seiner Schrift Wider die Anabaptisten zugesteht, so mögen alle Verständigen in reinem Ernste erwägen, ob nicht dadurch die Kindertaufe verbotensei.
Fünftens schreibt Gellius, dass wir sagen, die Kindlein hätten keine Ohren, um zu hören und könnten weder Gutes noch Böses verstehen. Aus diesem, schreibt er, kann nicht gefolgert werden, dass das Sakrament der Einverleibung in die Kirche jetzt den Kindern nicht zukomme, da die Kinder der alten Kirchen ebenso wenig solche Ohren hatten und ebenso wenig zwischen Gutem und Bösem urteilen konnten, als jetzt unsere Kinder.
Wenn Gellius durch des Herrn Befehl, Verordnung oder Brauch bewiesen haben wird, dass man die Kinder durch solche Zeichen oder Sakramente aufnehmen soll, so werden wir uns die Sache weiter überlegen. Allein diesen Beweis zu liefern, das wird er wohl bleiben lassen.
Wir sagen mit dem heiligen Paulus:
»Gelobt sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern durch Christum. Wie er uns denn erwählt hat durch den selbigen, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir sollten sein heilig und unsträflich vor ihm in der Liebe; und hat uns verordnet zur Kindschaft gegen ihn selbst, durch Jesum Christum, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lobe seiner herrlichen Gnade.« (Eph 1,3–6)
Mein treuer Leser, fasse es wohl, was diese Worte Pauli enthalten (2Tim 1,9). Diese väterliche Erwählung zur Kindschaft, diese große Gunst, Liebe und Gnade durch Christum Jesum, dieses heilige, unsträfliche Leben in der Liebe, wovon Paulus hier redet, werden durch das Evangelium gepredigt. Alle die solches recht glauben und in ihrem Herzen umgekehrt, verändert, erneuert, aus Gott geboren und des heiligen Geistes teilhaftig sind, solche sind Kinder des Bundes, von Gott in Gnaden angenommen und in Christo Jesu mit allerlei himmlischem Segen gesegnet, schon ehe sie das Zeichen der Taufe empfangen haben.
Seht, so werden wir durch die Erwählung Gottes, durch den Glauben an Christum Jesum und durch die wirkende Kraft und Erneuerung des heiligen Geistes dem Leibe Christi, welcher die wahre Kirche und Gemeinde ist, einverleibt, werden Fleisch seines Fleisches und Bein von seinem Beine; aber nie und nimmer geschieht dies durch irgendein äußerliches Zeichen.
Diese Regel bezieht sich aber keineswegs auf unmündige Kinder, denn diese haben weder Ohren, um zu hören, noch Herzen, um zu verstehen. Dennoch sind sie in der Gnade Kinder des Reichs und Miterben der Verheißungen, nicht durch irgendein äußerliches Zeichen, sondern sie werden aus Gnaden in die Versöhnung, Vermittlung und die Verdienste des Todes und Blutes Christi aufgenommen, wie die Schrift uns lehrt. Das neue Testament handelt mit den Verständigen und seine Sakramente gehören und folgen den Bußfertigen. Lasst euch dies eine gewisse und ewige Lehre sein.
Alle, die euch von den Zeichen des neuen Testamentes etwas anderes vorreden und euch die selbigen für den Glauben und die Buße anpreisen, die betrügen euch, wie herrlich sie auch ihre Sache mit geborgten Namen und Redensarten schmücken mögen, als da sind: Versiegelung, Gnadenzeichen, Einverleibung; denn was sie sagen, ist im Grunde nichts als Menschenweisheit, Verführung der Seelen und Heuchelei wider Gottes Wort. Denn im Falle die Kinder des alten Testamentes durch die Beschneidung einverleibt wurden und die Kinder des neuen Testamentes durch die Taufe, wie er vorgibt, so leite ich aus seinen eigenen Worten die Folgerung ab, dass alle Kindlein, die vor dem achten Tage gestorben, wie auch jene, die in der Wüste geblieben sind, samt allen Mädchen, nicht zu der israelitischen Kirche und Gemeinde gehörten und folglich auch keiner Gnade, keines Bundes und keiner Verheißung teilhaftig waren.
Und so würde es auch sein mit solchen unserer Kinder, welche durch die Verhinderung des Todes nicht zu der Taufe gelangen. O Gräuel und Lästerung! Ob dies nicht heiße, Gottes Erwählung, Gnade, Gunst, Liebe, Reich, Bund und Seligkeit vom Element Wasser und Werk abhängig machen, darüber will ich alle Gottesfürchtigen und Frommen urteilen lassen.
Zum Sechsten beklagt er sich, indem er sagt: »Wir haben für unseren Fleiß und unsere deutliche und beweisvolle Auslegung der Schrift, ja, für unsere treue Sorge und Mühe sie wiederum auf den rechten Weg zu bringen fast immer nicht viel mehr als Scheltworte empfangen; denn was anders hören wir von ihnen, als dass wir Wölfe, Bluthunde, Verführer seien, die ihren eigenen Weg wandeln und keine Früchte hervorbringen.«
Antwort: Alle, die unsere Seligkeit recht suchen, des Herrn Wort richtig lehren und uns mit einem unsträflichen Wandel vorangehen – nach der Lehre, dem Geist und dem Beispiele Christi, werden weder von uns noch von der Schrift bestraft; im Gegenteil danken wir ihnen und lieben sie von ganzem Herzen und hoffen, durch des Herrn Gnade, ihren brüderlichen Fleiß und ihre väterliche Sorge niemals zu verachten, sondern in reiner Liebe und mit vielem Dank anzunehmen und ihnen, soweit uns dies in unserer Schwachheit möglich ist, nachzufolgen. Dass aber Gellius und die Prediger von der Schrift Verführer, falsche Propheten, reißende Wölfe, Blutmenschen gescholten werden, daran sind nicht wir, sondern sie selber schuld, weil sie die Schrift so kläglich verfälschen; Christum Jesum mit seinem Geist, Wort und Leben ausstoßen; das Gutdünken ihres eigenen Herzens predigen; unrechtmäßigen Gewinn suchen; nach der Welt Willen lehren und leben; die armen Schafe durch ihre falsche Lehre und ihren betrüglichen Schein verderben; die gottesfürchtigen, treuen Herzen schelten, schänden, belügen, verraten und durch ihr Predigen und ihre Schriften sie der Obrigkeit und dem Beil überliefern, wie man vielerorts übergenug sehen kann.
Ja, mein Leser, wenn er es nicht ertragen kann, mit etlichen harten Namen die er verdient hat, durch die Schrift bestraft zu werden, so sollte er billig bedenken, wie schändlich er selber die elenden Herzen, die so ganz und gar unschuldig sind, mit Wort und Schrift und Angesichts der ganzen Welt in seiner aufrührerischen, feindseligen Blutlehre, als gottlose Sekten, Teufelsapostel, verführte Rotten, Winkelprediger, heimliche Einschleicher, Unkrautsäer, anklagt, wodurch er diese Unschuldigen um Land, Ehre, Wohlfahrt, Gut und Blut bringt und den unbarmherzigen, grausamen Tyrannen zum Rauben, Fangen, Foltern, Bannen, Töten und Morden frischen Mut macht. Denke nach, mein treuer Leser, ob es nicht Wahrheit sei, was ich schreibe.
Zum Siebten schreibt er: Das Beispiel der Apostel ist für uns ein starkes Gebot, da der heilige Geist bezeugt, dass die Apostel ganze Haushaltungen getauft haben, ohne dass er die Kinder davon ausnimmt, was er ohne Zweifel getan haben würde, wenn es Unrecht wäre, Kinder zu taufen …
Hierauf antworte ich: Erstens, dass Gellius in diesen Worten eingesteht, dass er hinsichtlich der Kindertaufe keinen Befehl hat, da er hier seinen Grund und Glauben auf eine Mutmaßung baut und nicht auf das gebietende Wort, nach welchem alles, was dem Herrn angenehm und in seinen Augen wohlgefällig sein soll, verrichtet werden muss.
Zweitens sage ich, dass der heilige Geist in deutlichen, klaren Worten bezeugt, dass jene drei Haushaltungen, von denen die Schrift sagt, dass sie getauft worden seien, alle aus Gläubigen bestanden, wie man in Apg 10,33; 10,48 vom Hause des Kornelius, in Apg 16,33 vom Hause des Kerkermeisters und 1Kor 16,15 vom Hause des Stephanus deutlich sehen kann.
Was aber das Haus der Lydia anbelangt, so ist es offenbar, dass sie zu jener Zeit keinen Mann hatte, denn das Haus wird hier ihr zugeeignet und nicht dem Manne, was weder der Brauch der Welt noch der Schrift ist, wenn ein Mann da ist. Wenn daher das neue Testament bloß vier Haushaltungen erwähnt, von denen drei gläubig und die vierte, wie es scheint, ohne Mann war, wie oben gesagt worden ist, so lehren uns beide, die Natur und die Schrift, was man von den unmündigen Kindern in diesen Haushaltungen zu halten habe.
Weiter schreibt er, dass die Kindlein die ganze Schrift hindurch unleugbar fast jedes Mal, wenn von einem Hause oder einer Haushaltung die Rede sei, mitgezählt werden, da ein Haus oder eine Haushaltung beides, Jung und Alt, umfasse; wenn daher die Schrift bezeuge, dass ganze Haushaltungen getauft worden seien, so müsse man auch die Kinder mitzählen und einschließen etc.
Antwort: Könnte uns Gellius mit Gottes Wort beweisen, dass diese unmündigen kleinen Kinder glaubten, so würden wir sie gerne unter die gläubigen, getauften Haushaltungen zählen und ihnen die Taufe zusprechen. Da er aber solches nimmermehr zu tun im Stande ist, so möchten wir ihn samt allen Predigern ermahnen, wohl zu bedenken, wie und was sie davon reden, da alles was sie von diesen Sachen philosophieren und vorbringen, lauter Betrug ist. Dazu möchte ich ihn weiter noch fragen, ob man diese unverständigen Kinder durch Gottes Wort Glauben lehren, oder sie durch falsche Lehre dem Unglauben zuführen könne? Sollte er dies bejahen, so würde es gegen alle Schrift, gegen die Vernunft und auch gegen seine eigenen Worte geredet sein, da er ja gesagt hat, dass sie aus Verstandesmangel das Wort zu fassen nicht im Stande sind, wie oben erwähnt ist. Sagt er aber nein, so gesteht er selber ein, dass er gegen Paulus geschrieben hat, wenn er beides, Alt und Jung, in eine Haushaltung verfassen will. Paulus sagt (Tit 1,10–11), dass die unnützen Schwätzer und Verführer ganze Häuser verkehren, was man laut seiner eigenen Aussage mit den unverständigen, kleinen Kindern ihres Verstandesmangels halber keineswegs tun kann. Weiter schreibt er, dass wir mit zu großer Verwegenheit gegen den heiligen Geist die Kinder aufnehmen, welche dieser doch nicht aufgenommen habe. Hierauf antworte ich: Der heilige Geist hat befohlen und verordnet, dass man die Verständigen unterweisen und die Gläubigen taufen soll, welchem Befehl wir folgen. Wenn wir daher tun, wie des Herrn Mund uns befohlen hat, so ist dies keine Verwegenheit, sondern Gehorsam. Ob aber die Prediger, welche die Lehre, den Rat und die Verordnung des heiligen Geistes als ketzerisch und sektiererisch verwerfen und verfolgen und eine andere Lehre nach ihrem eigenen Behagen wiederum einführen, welche nicht mit einem einzigen Worte in der ganzen heiligen Schrift berührt ist, sich keiner Vermessenheit gegen den heiligen Geist schuldig machen, mögen alle Gottesfürchtigen nach des Herrn Wort beurteilen. Wenn er sich aber auf Tertullian, Cyprian, Origenes und Augustin beruft, so antworte ich erstens: Wenn die erwähnten Schreiber solches mit Gottes Wort und Verordnung begründen, so gestehen wir ein, dass ihre Schriften richtig sind; wo nicht, so ist es Menschenlehre, welche von der Schrift verflucht wird (Gal 1,8).
Zweitens antworte ich: Rhenanus sagt, anlässlich einer Bemerkung über Tertullian, dass es bei den Alten Gebrauch war, die Erwachsenen mit dem Bade der Wiedergeburt zu taufen.
Cyprian der Märtyrer hat die Kindertaufe wahlfrei gelassen.
Erasmus von Rotterdam schreibt, dass die Alten viel über die Kindertaufe gestritten haben, aber zu keinem Beschlusse gekommen sind.
Zwingli schreibt: »Obwohl wir wissen, dass die Alten in ihrer Zeit auch Kinder getauft haben, so war es doch nicht so gebräuchlich wie jetzt. Sie wurden öffentlich im Glauben unterrichtet und erst, nachdem sie diesen Glauben in ihr Herz aufgenommen und mit ihrem Munde bekannt hatten, zu dem Wasser zugelassen. Es ist ein Begehren, dass man diese Lehre auch in unsern Zeiten wiederum annehme. Lib. Art. 18.«
Bucer schreibt, dass bei den Alten gewöhnlich die Verständigen und nicht Kinder getauft wurden.
Oecolampadius ad Balt. schreibt: »Ich finde in der heiligen Schrift keine Stellen, worin auf die Kindertaufe gedrungen wird, so viel ich in meiner Geringheit sehen kann.«
Auch Luther, in seiner Schrift gegen die Wiedertäufer, gesteht ein, wenn ich mich nicht irre, dass sie für die Kindertaufe keinen ausdrücklichen Befehl haben.
Was außerdem Martin Cellarius, Otto Bruns und mehrere andere hierüber schreiben, hier zu erwähnen, würde uns zu lange aufhalten.
Da denn unter den Alten vormals wenig Kinder getauft worden sind, wie Rhenanus, Zwingli und Bucer in den oben angeführten Stellen beweisen, Cyprian die Kindertaufe wahlfrei gelassen hat und die anderen bekennen, dass sie hinsichtlich dieser Sache keinen ausdrücklichen Befehl haben, so möge der freundliche Leser in der Furcht seines Gottes nachdenken, wie Gellius die Wahrheit schreibt wenn er sagt, dass sie die Kindertaufe von den Aposteln empfangen haben und dass dieselbe eine Einverleibung in die Gemeinde, eine Versiegelung des Gnadenbundes sei.
Ja, meine Leser, wenn es so mit der Kindertaufe stände, wie Gellius vorgibt, dann würden die Väter, indem sie so wenig Kinder tauften und das, was die Apostel als einen Gebrauch geübt und als eine Einverleibung in die Gemeinde, ein Gnadenzeichen und eine Versiegelung des Bundes gelehrt haben, der freien Wahl überließen, sich keiner geringen Sünde schuldig gemacht haben. O welche Verführung und Menschenweisheit!
Drittens antworte ich, dass wenn man die Bekenntnisse der Gelehrten und ihrer Lehre hinsichtlich der Kindertaufe genau betrachtet, man solch ein verworrenes Babel findet, dass man eingestehen muss, dass es unmöglich aus Gott sein kann. Denn bei den Alten aber nicht bei den Aposteln haben wohl einige, wie es scheint, Kinder getauft, doch nicht viele. Einige sagten, sie hätten es von den Aposteln empfangen, während die andern es bestritten. Einige haben sie vormals getauft und taufen sie auch jetzt noch, um die Erbsünde abzuwaschen; andere, weil dieselben Kinder des Bundes sind. Etliche taufen auf den Glauben der Kirche, andere auf den Glauben der Eltern; einige auf den Glauben der Taufpaten, andere auf ihren eigenen Glauben und wiederum andere, damit man sie umso fleißiger in Gottes Wort und Wegen erziehen solle. Seht, durch wie viele Spaltungen die, welche die Kindertaufe üben und unterstützen, untereinander getrennt sind.
Wenn man daher betrachtet, dass sie nicht die nämliche Sprache führen noch untereinander eines Sinnes sind hinsichtlich dessen, worauf und wozu man die Kinder taufen solle, so haben wir darin einen offenbaren Beweis, dass sie ohne Gottes Wort taufen; denn wenn ihre Sache Grund in der Schrift hätte, so müssten sie mit einerlei Absicht und nach einerlei Verordnung, Regel und Lehre taufen, was nicht geleugnet werden kann.
Achtens schreibt er, dass die Kindertaufe nirgendwo verboten oder für unrecht erklärt werde. Und der Herr Jesus bezeuge, dass es nicht sein Wort und Wille sei, sondern seines himmlischen Vaters.
Antwort: Man durchlese die ganze heilige Schrift, Mose und die Propheten, Christum und die Apostel und denke fleißig nach und man wird an mehr als einer Stelle finden, dass Gott nicht bloß kein Wohlgefallen an unbefohlenen Zeremonien und Gottesdienst gehabt hat, sondern sie auch manchmal mit schweren Schlägen gestraft und heimgesucht hat. O lieber Herr, was dies doch für blinde Einwendungen sind! Wenn man es bloß darum mit gutem Gewissen tun könnte, weil mit keinem ausdrücklichen Befehl gesagt ist: Ihr sollt keine Kinder taufen, so wäre es auch erlaubt, Weihwasser, Kerzen, Palmzweige, Glocken und Pfaffen zu weihen, Messe zu lesen, Klöster, Kirchen und Altäre zu bauen, Mönch oder Nonne zu werden, Wallfahrten zu machen, für die Seelen der Toten zu beten; man könnte mit ebenso viel Recht sich an all diesem beteiligen, denn man findet in der ganzen Schrift nicht ein einziges Wort, welches die erwähnten Werke ausdrücklich verbietet oder sagt: »Ihr sollt solches nicht tun.«
Sollte er sagen, dass die Umstände der Schrift und die Früchte bezeugen, dass sie gegen Gottes Wort sind, so antworte ich wiederum, dass die Umstände der Schrift und die Früchte noch deutlicher dartun, dass die Kindertaufe gegen Gottes Wort ist, da der Herr sie mit keinem Worte erwähnt hat. Alle diejenigen, welche sie spenden, missbrauchen Gottes Namen und Verordnung und machen sich in allem der Heuchelei schuldig; während jene, die sie empfangen, wenn sie zum Verstande kommen, sich damit trösten, dass sie getaufte Christen sind, obwohl ihr ganzes Leben, wie man sehen kann, meistens ganz und gar unbußfertig, gottlos, irdisch und fleischlich ist.
Zweitens antworte ich: Christus Jesus hat bezeugt und gesagt:
»Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden.« (Mk 16,15–16)
Seht, dies ist des Herrn ausdrückliche, ewige und unveränderliche Verordnung, die er in dieser Hinsicht seiner Kirche hinterlassen und befohlen hat. Auch haben die Apostel es in diesem Sinne gelehrt und ausgeübt.
Sind nun die unmündigen kleinen Kinder gläubig, d. h. sind sie bußfertig (Röm 6), mit der Beschneidung Christi an der Vorhaut ihres Herzens beschnitten (Kol 2,11), haben sie den Bund eines guten Gewissens mit Gott (1Pt 3,21) und sind sie in einen neuen Sinn verändert (Tit 3,5), welches alles dem Glauben entspringt und durch die Taufe abgebildet wird, so darf ihnen die Taufe nicht gewehrt werden. Da es aber offenbar ist, dass sie nichts von all diesem haben, so behaupten wir, dass die Kindertaufe ein eigener Aberglaube, ein Missbrauch des hohen und heiligen Namens Gottes, eine Verfälschung der Verordnungen Christi, ein unnützer, heuchlerischer Trost der Unbußfertigen, ein Sakrament der Kirche des Antichristen, ja, eine offenbare Verführung, Gotteslästerung und Abgötterei ist. Dennoch schreibt dieser unbedachtsame Mann, dass es des Vaters Wort und Wille sei. Und so muss demnach der ewige Vater, samt seinem lieben Sohne und dem heiligen Geiste, dazu auch die auserwählten heiligen Apostel, ein Deckmantel für seinen verführerischen Gräuel und seine gottlose Lästerung sein. O Herr!
Neuntens schreibt er: Dass sie die Verheißung haben, dass Gott der Vater, Sohn und heiliger Geist ein wahrer, lebendiger Gott, in seinen Befehlen und Werken mächtig sei und mächtig wirken werde in den Kindern der Kirche, um die selbigen zu heiligen und mit seinem Geist zu begnadigen.
Antwort: Könnte er den Befehl von der Kindertaufe mit Gottes Wort, apostolischer Lehre und Gebrauch, oder mit Christi Beispiel beweisen, wie er vorgibt, so würden wir gerne zugeben, dass sie ein heiliges und Gott wohlgefälliges Werk sei, welches seine Bedeutung, Ermahnung, Nützlichkeit, Frucht und Kraft haben müsse, da Gott seine Verordnungen nicht umsonst gibt. Nun aber solches nicht bewiesen werden und die Taufe sich für Kinder nicht schicken kann, da die Zeichen des neuen Testamentes bloß den Bußfertigen gegebensind, so sagen wir nochmals, dass es keine Gott wohlgefällige Zeremonien, sondern, laut der ganzen Schrift, eine verfluchte Lästerung und ein Gräuel ist, wie schon gesagt worden ist. Und wie mächtig Gott solche Gräueltaten heimsucht, ist an Nadab und Abihu, Jerobeam und Usia und andern mehr als hinlänglich bewiesen (3Mo 10,1; 1Kön 14,10; 2Chr 26,19).
Auch wird der gottesfürchtige Leser wissen, dass die Kindlein der Kirche nicht durch irgendwelche Zeremonie, Worte und Wasser, sondern nur durch des Herrn Gnade, Gunst, Verdienst, Blut und Tod geheiligt werden, nie und nimmer aber durch irgendein anderes Werk oder Mittel. Wenn er aber schreibt, dass Gott die getauften Kinder mit seinem Geist begnadige, so wünschen wir wohl, dass er etwas besser zusehen und zuerst kennenlernen möchte, was des Geistes Werk ist, ehe er solches lehrt und vorgibt.
Ist es nicht recht traurig und herzbetrübend, dass solche Leute die Sorge für die Seelen übernehmen dürfen, Leute, die noch nicht einmal wissen, worin die Natur, Frucht und Kraft des heiligen Geistes besteht? Denn dass wo der heilige Geist ist, auch seine Früchte sein müssen, ist unwiderleglich. Und welche Früchte an den Kindern, wenn sie die Jahre der Vernunft erreicht haben, gefunden werden, wird leider an ihren Worten, Werken und ihrem Leben deutlich gesehen.
Weiter sage ich: Wenn die Kinder mit dem Geist in ihrer Taufe so begnadigt werden, wie er vorgibt, die Schrift aber lehrt, dass der heilige Geist den Gläubigen gegeben wird, so muss daraus folgen, dass, da die Kinder noch nicht glauben, ihnen der heilige Geist nicht durch den Glauben gegeben, sondern durch die vollzogenen Zeremonien der Prediger während der Taufe für sie verdient wird. Und was noch ungeschickter ist, ein Geist, der in jeder Beziehung ohne Wissenschaft, Vernunft, Trieb, Kraft, Frucht und Werk ist, wie ihr sehen könnt. O grobe Blindheit und Irrtum.
Zehntens schreibt er: »Der Herr Jesus Christus befahl, dass man die Kindlein zu ihm bringe (welches die Wiedertäufer niemals und nirgendwo tun), worauf er sie herzte, ihnen die Hände auflegte und sie segnete, dass ist sie mit dem heiligen Geiste taufte – dies alles aber, durch Christum verrichtet, kann nicht kraftlos sein.«
Antwort: Hier möchte ich Gellius samt allen Kindertäufern fragen, erstens, ob damals, während der Zeit des Predigtamtes Christi, alle Gläubigen ihre Kindlein zu Christo gebracht haben? Sagen sie ja, so müssen sie beschämt dastehen, denn sie können dies niemals mit der Schrift beweisen. Sagen sie aber nein, so gestehen sie ein, dass sie erstens Unrechtes bezwecken, wenn sie dieses als ein allgemeines Hinzubringen (das ist nach ihrer Ansicht als Taufe) erklären und einführen. Zweitens frage ich, ob irgendwo in der Schrift Hinzubringen Taufen genannt wird? Sagen sie ja, so werden sie keinen Beweis finden. Sagen sie aber nein, so bekennen sie zweitens, dass sie Gottes Wort verfälschen, indem sie jenes Hinzubringen als Taufen deuten und auslegen.
Drittens frage ich, ob Christus auch die zu ihm gebrachten Kinder mit Wasser getauft habe? Sagen sie ja, so antworte ich mit Johannes, dass Christus selber nicht taufte. Sagen sie aber nein, so bekennen sie drittens, dass aus diesem Hinzubringen die Kindertaufe zu folgern auf einen falschen Grund gestützt ist. Viertens frage ich, weil er sagt, Christus habe jene Kindlein mit dem heiligen Geiste getauft, ob denn auch die Geistestaufe und die Wassertaufe ein und dasselbe sind? Sagen sie ja, so muss Geist Buchstabe und Buchstabe Geist sein. Sagen sie nein, so haben sie selber damit schon ausgesprochen, dass diese Handlung Christi an den Kindern keine Kindertaufe lehrt oder mit sich bringt.
Fünftens frage ich, wie man dieses Hinzubringen verstehen solle, fleischlich oder geistlich? Sagen sie fleischlich, so antworte ich, dass solches jetzt nicht mehr geschehen kann, da Christus in seiner leiblichen Gegenwart uns entrückt ist und sich dahin begeben hat, wo man mit dem Leibe nicht hinkommen kann (1Tim 6,16). Sagen sie aber geistlich, so antworte ich wiederum, warum denn Gellius den Gottesfürchtigen (die er Wiedertäufer nennt) solch ein hässliches Brandmal auf die Wangen drückt, indem er schreibt, dass sie ihre Kinder niemals und nirgendwo zu Christo bringen. Dieses kann nicht aus feinem Herzen geschrieben worden sein, da doch so viele unter ihnen sich so herzlich der Seligkeit ihrer Kinder durch Lehren, Ermahnen und Züchtigen befleißigen und beständig Sorge für sie tragen, welches Gottes Wort und treue Elternliebe allen wahren christgläubigen Vätern und Müttern lehren und auferlegen.
Ach, wollte Gott, dass Gellius und die Seinigen auf dieses geistliche Hinzubringen etwas besser achteten (wie ich hoffe, dass durch Gottes Gnade viele der Unsrigen tun) und die schriftwidrige Kindertaufe, der sie so sehr ergeben sind, fahren ließen. Dies würde, nach meiner Ansicht, wohl gut sein, denn sie tun doch nichts anderes als ihre Kinder von der Wiege an dem Teufel zuführen und inallerlei Unwissenheit, Blindheit, Pracht, Pomp, Eitelkeit und Abgötterei aufzuerziehen, wie die offenbaren Früchte es allen verständigen Leuten kund tun. Jetzt, meine Leser, mögt ihr aus den vorhergehenden Fragen und Antworten schließen, wie Gellius und die Gelehrten mit den Worten »Lasset die Kindlein zu mir kommen …« hinsichtlich der Lehre und Anwendung der Kindertaufe, auf welcher sie so hart bestehen und die sie so oft vorbringen, bestehen können.
Ebenso merkt, wie Gellius, indem er schreibt, dass wir nie und nirgendwo unsere Kinder zu Christo bringen, nicht allein uns richtet und brandmarkt, sondern auch Christum Jesum, der uns solches Hinzubringen nicht befohlen hat, wie auch die heiligen Apostel, die auch nicht mit einem einzigen Worte in der ganzen heiligen Schrift davon gezeugt und gelehrt haben.
Zum Elften schreibt er: Da Lukas bezeugt, dass Johannes im Mutterleibe geheiligt worden ist und bei der Gegenwart Christi hüpfte und dies, ohne Zweifel, durch eine geistliche Anregung geschehen sein muss, wie auch Jakob im Leibe seiner Mutter, so ist es offenbar, dass Gott durch seinen heiligen Geist auch in den Kindern der Kirche, nach ihrem Maße, wirkt und mächtig ist und dass die Kindertaufe beides, Befehl und Verheißung, hat.
Antwort: Sollte dieses vereinzelt dastehende Wunderwerk Gottes, welches an Johannes und Jakob geschah, eine allgemeine Regel sein, so müssten auch die folgenden Wunderwerke Gottes allgemeine Regeln sein, nämlich: Sara und Elisabeth, zwei unfruchtbare alte Frauen, haben in ihrem Alter geboren (Lk 1,57; 1Mo 21,2) und Bileams Esel hat gesprochen (4Mo 22,28); folglich müssten alle unfruchtbaren alten Frauen gebären und alle Esel sprechen. Ach nein. Dass solche einzelnen Wunderwerke Gottes keine allgemeinen Regeln sind, kann aus dem Schwimmen des Eisens bei Elisa (2Kön 6,6), aus dem Durchzug des Volkes Israel durch das rote Meer (2Mo 14,22) bei Mose und aus dem Stillstehen der Sonne (Jos 10,13) bei Josua zur Genüge ersehen werden.
Weiter sage ich: Wenn aus dieser Bewegung des Johannes, nach der Lehre des Gellius, gefolgert werden könnte, dass alle Kinder der Kirche oder der Gläubigen den heiligen Geist haben, so würden die meisten seiner Mitgenossen im ganzen deutschen Lande, welche er oben getreue Diener nennt und die mit ihm in gleichem Beruf, Amt und Dienste stehen, sehr in ihrer Lehre, ihrem Glauben und Gebrauch verachtet; denn er schreibt, dass die Kinder der Kirche den heiligen Geist haben; sie aber glauben, dass sie den bösen Geist haben; denn ehe sie dieselben taufen, sagen sie: »Fahre aus, du unreiner Geist und mache Platz für den heiligen Geist.« Seht, so geht es fast allen welche diese Schande lehren und in Schutz nehmen.
Und obwohl sie hinsichtlich der Anwendung übereinstimmen, so hegen sie dennoch über den Grund, warum, worauf und wozu man sie taufen soll, solche verschiedenen Ansichten, dass jeder sagen muss, dass die Kindertaufe nur eine eitle Maske und teuflische Spötterei ist. Dennoch schreibt er, er habe für die Kindertaufe beides, Verheißung und Befehl, obschon er wohl weiß, dass er aus der ganzen heiligen Schrift nicht ein einziges, deutliches Wort anführen kann, dass Gottes Weisheit sie befohlen oder die Apostel sie gelehrt oder gebraucht haben oder dass deren Wirkung und das durch dieselbe Bedeutete, welche die Bußfertigen allein haben, der Natur der Kinder angemessen sein könnten. Ich will darüber schweigen, dass die Schriftsteller erwähnen, dass der ursprünglichen, unzerrütteten Kirche der Gebrauch unbekannt war, wie schon gehört worden ist.
Wenn dies nicht heißt, Gottes Wort verfälschen, die Schrift ungültig machen, die Wahrheit zu einer Lüge verwandeln, Gottes Ehre und Lob stehlen, die Seelen töten und die Kirche des Antichristen in Schutz nehmen, so sage ich nochmals, wie ich schon vorher gesagt habe, dass ich meiner Lebtage nicht ein einziges Wort der Schrift mit klarem Verstande gelesen habe.
Zwölftens schreibt er, dass nach dem Evangelium von Matthäus die Taufe nicht erst durch Christum eingesetzt worden sei, da sie vor dem schon dem Johannes befohlen und von den Jüngern Christi geübt worden sei, so dass wir nicht gezwungen seien, hierauf eine Verordnung hinsichtlich der Taufe zu gründen.
Antwort: Ein jeder sehe für sich selbst und merke wohl, was des Herrn Wort ihn lehrt. Gellius schämt sich leider ganz und gar nicht, das klare Wort Gottes zu verleugnen. Er schreibt, dass wir nicht gezwungen seien hierauf eine Verordnung hinsichtlich der Taufe zu gründen; dass weder Christus noch sein himmlischer Vater, als Letzterer dem Johannes befahl, zu taufen, ein Gesetz gemacht habe, bloß die Gläubigen zu taufen und dass auch Christus an jener Stelle eigentlich nicht beabsichtigt habe, zu bestimmen, welche Personen man taufen möge oder solle. Seht, wie jämmerlich eures Herrn Wort verdreht wird!
Da er denn seines Herrn Mund so gering achtet undsein Wort so jämmerlich verfälscht, will ich den Lesern die Worte Christi, wie sie in Matthäus und Markus gefunden werden, vor Augen stellen, auf dass sie selber sehen mögen, was für eine Regel und welches Gesetz er uns hinsichtlich der Taufe gegeben und was für einen Befehl er uns hinterlassen hat. Christus sagt:
»Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und lehrt alle Völker und tauft sie (nämlich solche, die ihr durch eure Lehre zu Jüngern macht oder gemacht habt) auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.« (Mt 28,18–20)
Desgleichen:
»Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur! Wer glaubt (nämlich dem gepredigten Evangelium) und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.« (Mk 16,15–16)
Seht, da habt ihr des Herrn Wort und Verordnung, wie und wann man taufen soll. Ich denke, diese Worte sind zu deutlich, als dass man sie durch Glossen verdrehen oder durch Spitzfindigkeit ihre Bedeutung verändern kann, welche diese ist: Dass man das Evangelium predigen und diejenigen, welche an dasselbe glauben, taufen soll. Dass aber Johannes schon vor Christus lehrte und taufte, zeugt für und nicht gegen unsere Sache, denn er taufte bloß diejenigen, welche ihre Sünden bekannten, aber keine unverständigen Kinder, wie die ungehorsamen, argen Prediger tun (Mt 3,6).
Da denn Johannes vor Christus nur die Bußfertigen getauft hat, Christus die Taufe auf den Glauben befohlen hat und die Apostel und die erste Kirche dieselbe in diesem Sinne gelehrt und gebraucht haben, so möge jetzt der redliche Leser in der Furcht seines Gottes nachsinnen, wie erbärmlich und jämmerlich die armen Seelen von diesen schlimmen Leuten, welche die nackten und klaren Worten Christi hinsichtlich der Taufe, seine wohlgefällige, reine Verordnung, so ganz und gar verfälschen, vernichten und auf einen verführerischen Grund und bösen Sinn hindeuten, betrogen werden.
Wenn er aber schreibt, dass den Aposteln, in Mt 28, befohlen wurde, dass sie aus allen Völkern Christo eine Gemeinde versammeln und ihnen das was Christus und nicht, was Mose lehrte, lehren sollten, so stimmen wir seinen Worten bei. Dennoch verstehen wir auch hier kein anderes Gebot oder Verordnung, als dass sie das Evangelium predigen, das Volk durch ihre Lehre zu Jüngern machen, diese Jünger taufen und so dem Herrn ein eignes, besonderes Volk versammeln sollten, welches in Gerechtigkeit, Wahrheit und Gehorsamkeit als die wiedergebornen Kinder Gottes in Christo Jesu wandeln und seinem hochzupreisenden, großen Namen ewiglich danken sollte. Und mit solch einem Volke, das so in seiner Furcht, Liebe, Wort, Ordnung und Geboten wandelt, will er alle Tage sein bis an der Welt Ende. Doch von der Kindertaufe ist hier keine Rede.
Zum Dreizehnten schreibt er, dass einige der Apostel und diejenigen, welche aus den Städten und von Jerusalem zu Johannes kamen, alle ohne Unterschied von ihm getauft wurden, ohne dass sie eine große Kenntnis von Christus oder einen wahren und herzlichen Glauben an ihn hatten, als sie getauft wurden.
Antwort: Wenn ich ihn hier recht verstehe, so will er hieraus folgern, dass, gleich wie die getauften Jünger vor ihrer Taufe in der Lehre, dem Glauben und der Buße nicht ganz vollkommen waren, sondern während ihres ganzen Lebens sich in beständiger, unausgesetzter Buße üben und der Sünde absterben mussten, was durch die Taufe abgebildet wird, ebenso die Kindlein, obwohl sie vor der Taufe keinen Glauben haben, dennoch nach der Taufe, wenn sie zum Verstande gekommen sind, der Lehre nachtrachten, Buße tun, der Sünde absterben und in einem neuen Leben wandeln sollen.
Auf diese Ansicht (wenn dies überhaupt seine Ansicht ist) antworte ich: Die Propheten haben von Johannes geweissagt, seine Geburt ist durch des Herrn Engel verkündet worden, Christus gab Zeugnis von ihm, dass er der andere Elia, ein brennendes Licht, nicht in weiche Kleider gekleidet und nicht dem Rohr, das vom Winde beweget wird, gleich, sondern unter denen, die von Weibern geboren sind, der Größte war (Jes 40,3; Mal 3,1; Lk 1,13; Mt 11,7;8;11;14; Joh 5,35). Es ist leicht aus diesem zu ersehen, dass er kein leichtfertiger oder ruchloser Prediger gewesen ist, sondern mit allem Ernst undEntschlossenheit und nach Gottes Wohlgefallen sein Amt als Bußprediger ausgeführt und die Taufe nach der wahren Verordnung gespendet hat. Und wiewohl seine Jünger noch nicht in allen Stücken vollkommen gelehrt waren, so hat er doch niemanden getauft, außer diejenigen, welche ihre Sünden bekannten, wie schon gesagt worden ist.
Was aber seine Auslegung der Worte:
»Glaubst du von ganzem Herzen …« (Apg 8,37)
, welche Philippus zum Kämmerer sprach, anbetrifft, dass dieselben nichts anderes meinen, als ohne Betrug und Heuchelei glauben, welches er mit Recht von dem Kämmerer gefordert habe, und dass Lukas diese Begebenheit mit Recht aufgezeichnet habe, um dadurch den Kirchendienern ein Beispiel zu hinterlassen, wie man die Erwachsenen taufen solle, da dieser Kämmerer zu den Jahren der Vernunft gekommen ist, so sagen wir, dass sie richtig ist. Wir verlangen von allen, die da taufen, auch nichts anders, als dass sie, ehe sie zu der Taufe übergehen, wohl nach dem Glauben ihrer Täuflinge fragen und ihren Grund wohl untersuchen, damit sie in ihrem Werk und Dienst nicht als Heuchler erfunden werden.
Meiner Ansicht nach ist hier den Kirchendienern gewiss ein deutliches Beispiel gegeben, wie sie das Glaubensbekenntnis von den Täuflingen selber fragen und hören sollen und nicht von andern, wie auch Otto Bruns über diese Stelle bemerkt: »Er sagt nicht (schreibt er): Glaubst oder bürgst du für das Kind, so ist es erlaubt, dasselbe zu taufen.«
Da nun Gellius die Jünger und Täuflinge des Johannes angeführt hat, um, wie es scheint, dadurch zu beweisen, dass die Taufe keinen rechten Glauben erfordert und dass wenig daran gelegen sei, ob dieser Glaube vor- oder nachher komme, und da wir auch von ihm Wiedertäufer gescholten werden, möchte ich ihn hier in meiner Einfalt fragen, ob ihm der Befehl Christi und dieses Beispiel von dem Kämmerer nicht genügen, um zu beweisen, dass der Glaube der Taufe vorhergehen muss und dass die Taufe einen wahren Glauben fordert und haben will, aus welchem Grunde auch Paulus die Jünger des Johannes, welche früher durch Johannes getauft waren, wiederum getauft hat (Apg 19,5), wiewohl die Taufe des Johannes nicht von den Menschen, sondern vom Himmel war (Mt 21,25). Hierauf kann er aus der Schrift gewiss nichts antworten, als dass es darum geschah, weil sie niemals gehört hatten, dass ein heiliger Geist wäre. Da nun diese Jünger, welche schon vorher in verständigem Alter mit einer göttlichen Taufe getauft waren, doch zum zweiten Mal von Paulus getauft wurden und zwar wegen keines andern Mangels, als dass sie vom heiligen Geiste nichts wussten, so mag Gellius daraus schließen, ob die rechte christliche Taufe einen wahren Glauben erfordert oder nicht und ob er uns kein Unrecht tue, indem er uns Wiedertäufer schilt, weil wir die Taufe erneuern an denjenigen, welche vormals nicht mit einer göttlichen Taufe, wie die Jünger des Johannes, von welchen vorhin gesprochen ward, auch nicht eines Fehlers oder Mangels wegen, sondern mit einer antichristlichen Taufe, ganz und gar ohne Verstand, Kenntnis, Glauben, Befehl und Wort getauft wurden, wie auch die ruchlose, unverständige Welt teilweise wohl sehen kann. Sollten wir denn darum Wiedertäufer sein, weil wir die Taufe erneuern, die von den Menschen ist und den Unverständigen gespendet wird, wie viel mehr muss Paulus ein Wiedertäufer gewesen sein, da er die Taufe erneuerte, welche den Verständigen gespendet worden und aus dem Himmel von Gott verordnet war!
Zweitens frage ich, was er, indem er uns Wiedertäufer heißt, von Cyprian und den beiden Konzilien, nämlich dem afrikanischen und dem nicänischen, hält, welche darin übereinstimmen, dass Ketzer keine Taufe haben und man darum diejenigen, welche von Ketzern getauft worden seien, mit der rechten Taufe taufen solle. Sollte er sagen, dass er dieselben für schriftmäßig halte, so gesteht er damit ein, dass er selber nicht mit der rechten Taufe getauft worden und dass wir Recht tun, die Taufe an denjenigen zu erneuern, welche von solchen Leuten getauft worden sind, die nicht allein durch die Schrift, sondern auch durch Luther, Zwingli und den Gelehrten angesichts der ganzen Welt antichristliche Diener, ja, sogar die Hefe aller Ketzerei gescholten wurden, wie man in ihren Schriften überall lesen kann.
Sagt er aber, dass er sie für böse und sektiererisch hält, so bezeugt er dadurch erstens, dass damals die Kirche oder ein großer Teil derselben böse und sektiererisch gewesen ist; zweitens, dass er Gottes Geist, Wort, Werk, Verordnung und Befehl mit dem Dienst und den Werken der Antichristen und Ketzer verbindet; und drittens, dass er selbst ein antichristlicher Diener und ein Ketzer ist, da er mit einer antichristlichen und ketzerischen Taufe getauft worden ist und dieselbe für eine wahre Taufe ausgibt und als eine solche verteidigt.
Ach, mein Leser, könnte Gellius bloß einen unverschleierten Blick in des Herrn Wort werfen und auch nur ein wenig von der Wahrheit sehen, so würde er sich lebenslang vor Gott beklagen, dass er des Herrn ausdrücklichen Befehl, den er durch Johannes, Christus und die Apostel bekannt gemacht hat, so jämmerlich schändet, alle Frommen auf so feindselige Weise lästert und ein so unbedachtes und gottloses Urteil fällt, dass er nicht nur uns, sondern auch Cyprian, alle afrikanischen Bischöfe, die nicänischen Väter, ja, auch den heiligen Paulus, in seiner Schrift zu offenbaren Wiedertäufern, ja, Ketzern macht, wie ein jeder sehen kann.
Zum Vierzehnten schreibt er: »Es verhält sich jetzt mit der Taufe wie vormals mit der Beschneidung. Gleichwie Gott die Beschneidung nach vorhergehendem Unterricht mit Abraham angefangen hat und dieselbe dann zur gewissen Versieglung der Verheißungen aus Abrahams Samen übertragen wurde, so haben auch Johannes der Täufer und die Apostel die Taufe mit den Erwachsenen angefangen und ist dieselbe allmählich auf die Kinder übergegangen, weil sie, um der Beschneidung willen, auf keine andere Weise geschehen konnte.«
Antwort: Dass es sich mit der Taufe verhält wie vormals mit der Beschneidung, nämlich dass sie nach vorhergehendem Unterricht angefangen hat, ist gerade unser Grund und Bekenntnis; denn Christus Jesus hat es so verordnet und seine heiligen Apostel haben sie so gelehrt und geübt. Dass aber die Taufe kraft Christi Befehl oder apostolischer Lehre und Gebrauch allmählich auf die Kinder übergangen sei, ist bloß eine Mutmaßung und Menschenmeinung, aber keine Schrift.
Denn wenn es sich so verhielte, so hätten die Apostel Unrecht getan, indem sie nicht, nach der von Gott befohlenen Beschneidungsweise, zugleich mit den Gläubigen auch die Kinder tauften (welches sie niemals getan haben), gleichwie Abraham nach Gottes Befehl zugleich mit sich selber sein Hausgesinde und nach ihm auch die achttägigen Knäblein beschnitt und die Beschneidung der Kindlein nicht allmählich einführte, wie die Apostel Gellii dringlichem Vorgehen zufolge mit der Taufe getan haben sollen.
Seine Bemerkung aber, dass solches um der Beschneidung willen nicht geschehen konnte, ist nach seiner Vernunft und nicht nach der Schrift gesprochen. Denn, haben die Apostel und auch Johannes das Zeichen der Taufe den Gläubigen unter den Juden gespendet, warum sollten sie es dann auch nicht, wenn es Gottes Befehl gewesen wäre, wie Gellius behauptet, ihren Kindern gespendet haben?
Nein, nein, der Befehl des Herrn hinsichtlich der Beschneidung bezog sich ausdrücklich zuerst auf Abraham und sein Hausgesinde und dann sofort auf die achttägigen Knäblein (1Mo 17,12). Dieses ist aber nicht der Fall mit dem Befehl hinsichtlich der Taufe, denn dieser hat bloß Bezug auf die gläubigen und ungläubigen Kinder (Mt 28,19; Mk 16,16). Die Apostel haben folglich nicht allmählich die Kindertaufe eingeführt, wie Gellius vorgibt, sondern dies ist nachher ohne Gottes Wort, Verordnung und Befehl von den Ungehorsamen und Selbstweisen eingeführt worden, welche leider mehr auf die Zeremonien als auf des Herrn Befehl und dessen Bedeutung achteten, wie es der Weltweisen und -gesinnten Art und Gebrauch ist.
Auch in Hinsicht auf seine Behauptung, dass die Verheißung durch die Taufe versiegelt werde und nicht bloß den Erwachsenen, sondern auch den Kindern zukomme, muss der Leser wissen, dass die Verheißung der Gnade Gottes und des ewigen Bundes nicht länger durch das vergängliche Blut von Ochsen und Böcken, noch durch sichtbares Wasser und Zeremonien versiegelt wird, sondern einmal durch Christi Blut am Kreuze versiegelt worden ist (Hebr 9,12). Wohl dem, der es glaubt und mit getreuem Herzen annimmt. Diese Verheißung bezieht sich nicht weniger auf die ungetauften Kinder als auf die getauften Gläubigen, solange sie mit kindlicher Unschuld bekleidet sind und bei ihrer Einfalt verbleiben. Wenn sie aber zu den Jahren der Vernunft gekommen sind und das gepredigte Evangelium mit wahrem Glauben annehmen, so sagt die Schrift: »Tauft sie.« (Mt 28,19; Mk 16,16) Im Falle sie aber diese Gnade verwerfen und ein gemächliches unbußfertiges Leben führen, so wird ihnen weder Christi Blut, noch Tod, noch viel weniger aber Worte und Wasser etwas nutzen, denn wer nicht an ihn glaubt (die heilige Schrift meint die Verständigen), der ist schon gerichtet (Joh 3,18).
Zum Fünfzehnten schreibt er: »Sie irren sich gräulich, indem sie aus der Schrift und solchen Beispielen, die bloß von den Erwachsenen sprechen, die gewisse Folgerung ableiten wollen, dass es Gottes ausdrückliche Verordnung sei, dass keine Kinder getauft werden sollen, obwohl sie im ganzen neuen Testamente nicht ein einziges Wort dafür haben. Sie irren darum nicht weniger, als ich irren würde, wenn ich meinen Kindern, welche nicht arbeiten können, nichts zu essen geben wollte, weil Paulus sagt, der nicht arbeitet, soll auch nicht essen, welches ohne Widerspruch von den Erwachsenen und nicht von Kindern zu verstehen ist.«
Antwort: Wie mich dünkt, hat Gellius mit Absicht sich vorgenommen, das Gegenteil wider Christum und die Wahrheit zu behaupten, auf dass er das Amt eines antichristlichen Predigers nach der Welt Wohlgefallen recht ausüben möge. Denn anstatt zu schreiben, dass wir nach der Schrift recht und wohl tun und kein einziges Wort haben, dass man die Kinder taufen solle, schreibt er, dass wir uns gräulich irren und kein einziges Wort dafür haben, dass man keine Kinder taufen solle.
Da er denn so gewaltig und mutwillig gegen den Herrn und seine Wahrheit streitet und auf so mannigfaltige Weise mit vielerlei geborgten Redensarten, Lügen, Vermutungen und Schriftverdrehungen seiner Sache einen guten Anstrich zu geben sucht und sagt, dass wir gräulich irren, so will ich ihm in Kürze Folgendes antworten: Wenn er uns zu irgendeiner Zeit mit unverfälschter, göttlicher Schrift beweisen kann, dass Johannes der Täufer jemals von der Kindertaufe gesprochen hat; dass dieselbe durch Christus befohlen oder von den Aposteln gelehrt und geübt wurde, oder durch des Herrn Verordnung allmählich eingeführt worden ist, wie er schreibt; oder das in der Schrift Hinzubringen Taufen und Taufen Hinzubringen genannt wird; oder dass Christus oder die Apostel die herbeigebrachten Kinder getauft haben, oder dass Christus sie mit solch einem Geist getauft hat, welcher Wirkung und Kraft hat, weil Gottes Geist niemals ohne Wirkung sein kann; oder dass die kleinen Kinder glauben und bußfertig sind, dass sie ihre Sünden begraben und mit Christus durch den Glauben beschnitten zu einem neuen Leben auferstehen; oder dass Beschneiden Taufen und Taufen Beschneiden heißt; oder dass sie den Bund eines guten Gewissens haben; oder dass die Taufe ein Zeichen des Gnadenbundes, eine Versieglung der Verheißungen und eine Einverleibung in die Gemeinde irgendwo in der Schrift genannt wird; oder dass die kleinen, unmündigen Kinder mit Zungen reden, wie die Gläubigen im Hause des Kornelius taten (Apg 10,46), von denen Petrus sagte:
»Mag auch jemand das Wasser wehren, dass diese nicht getauft werden, die den heiligen Geist empfangen haben, gleichwie auch wir?« (Apg 10,47)
; oder dass die erste Kirche, die doch heilskräftig und unverfälscht, nach apostolischer Lehre, Gebrauch oder Befehl war, solches im Gebrauch gehabt hat; oder dass Gott in solchen Werken, die er nicht verordnet hat, wirkt und mächtig ist, so werden wir unsere Feder zur Seite legen und vor der ganzen Welt eingestehen, dass unsere Sache nichts als Verführung und in dieser Hinsicht ein Betrug gewesen ist.
Wenn er aber dies nicht tun kann, wie er auch niemals können wird, so möchte ich ihn treulich ermahnen und brüderlich bitten, dass er doch einmal ernstlich in seinem Herzen überlege, wie unverschämt er mit Hinsicht auf die Kindertaufe Gott den Vater, den Sohn und den heiligen Geist, Johannes den Täufer und die Apostel mit offenbar erdichteten Nachreden beladet; wie jämmerlich er die deutliche und klare Schrift verfälscht und die armen Seelen verführt; welche plumpe und grobe Lügen er dem armen Volke anpreist und auf welche betrügerische Weise er diesen verfluchten Gräuel einführt und denselben als ein heiliges, herrliches Werk darstellt und ebenfalls, mit welch großem Unrecht er über uns klagt, dass wir gräulich irren, wir, die das deutliche Wort Christi, die Lehre und den Gebrauch der Apostel, das durch die Taufe Bezeichnete und ihre Wirkung und den Gebrauch der ersten, unverfälschten Kirche so überzeugend auf unserer Seite haben, während er aus der ganzen Schrift nicht ein einziges Wort anführen kann, dass seine Kindertaufe auf Gottes Verordnungen beruht. Meine treuen Leser, lasst euch warnen; fürchtet Gott, tut recht, forscht in der Schrift, meidet die Lügen und folgt der Wahrheit. Dass er ferner die Worte Pauli,
»der nicht arbeitet, soll auch nicht essen,« (2Th 3,10)
auf diesen Gegenstand hinzieht, zeugt gegen ihn und ist zu kindisch, um eine Antwort zu verdienen. Denn wenn Paulus den Müßiggängern und Vorwitzigen an dieser Stelle gebietet, dass sie ihr eigenes Brot essen und sich durch ihrer Hände Arbeit redlich ernähren sollen, damit sie keinem zur Last fallen oder Ärger verursachen, so gebietet er dieses den Kindern nicht, da solches Arbeiten ihrer Natur gänzlich unangemessen ist. Auch sagt Paulus nicht: »Der nicht arbeitet,« wie Gellius die Stelle anführt, sondern: »So jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen.« Die Taufe ist also nicht den unverständigen, sondern denjenigen in der Schrift befohlen, welche des Herrn Wort glauben, ein bußfertiges Leben führen und hinsichtlich der Taufe einen klaren Verstand und den richtigen Begriff haben, wie schon manchmal gesagt worden ist.
Zum Sechzehnten schreibt er: »In Christo Jesu ist kein Unterschied der Person oder Zeit; die Wohltat des Reiches Christi ist nicht an Städte, Zeiten oder Personen und daher auch nicht an Alter oder Geschlecht gebunden.«
Antwort: Hier will er, wie mich dünkt, beweisen, dass obwohl die Taufe nach seiner Ansicht an Stelle der Beschneidung getreten und in Israel bloß die Knäblein beschnitten wurden, man dessen ungeachtet doch beide, Männer und Weiber taufen soll, ob sie dann Gläubige oder Kinder und von gläubigen Eltern Geborene seien oder nicht. Wenn dies seine Meinung und Grund ist, so möge er wissen, dass, gleichwie im neuen Testament Gottes Gnade, Gunst, Liebe, Bund und Verheißung ebenso wohl den Weibern als den Männern angehören, dies auch im alten Testament der Fall war. Denn hätte Gott seinen Gnadenbund und alles andere an Zeichen, es sei denn Beschneidung oder Taufe, gebunden und wären bloß die Empfänger dieser Zeichen in der Gemeinde gewesen, so hätte es mit den israelitischen Frauen und Jungfrauen, wie auch mit den Kindlein der ersten Kirche, schlecht ausgesehen, weil jene laut der Schrift nicht beschnitten und diese laut alter Schriftsteller nicht getauft waren, wie schon bemerkt worden ist. Nein, mein Leser, nein; Abraham mit seinem ganzen Samen (1Mo 17,19), ich meine beide, Männer und Weiber, Jung und Alt, waren des Herrn Volk und Gemeinde; aber die Männer allein wurden nach Gottes Verordnung beschnitten und nicht die Weiber; die achttägigen Knäblein und nicht die Mägdlein; dennoch waren alle miteinander, die Weiber sowohl als die Männer, im Bunde Gottes Glieder der Gemeinde und Kinder der Verheißungen und das obwohl (ich sage es noch einmal) bloß die Männer und nicht die Weiber beschnitten wurden.
Auch im neuen Testament wird das Evangelium auf solche Weise verkündigt, dass alle, die an dasselbe glauben und getauft werden, seien sie denn Männer oder Weiber, selig werden (Mk 16,16; Apg 5,14; 1Kor 12,13; Röm 8,14). Sie alle sind Glieder der Gemeinde Christi, in Gottes Bund und Gnade, Miterben des Reiches Gottes und Kinder des ewigen Lebens. Und dieses gilt auch von den Kindlein, obwohl sie nicht getauft werden.
Denn gleich wie Gott seine Zeremonien im alten Testament, wie Beschneidung, Osterlamm, Sündopfer, Brandopfer usw., nicht anders geübt haben wollte, als wie er sie durch Mose eingesetzt und befohlen hatte, so will er auch die Zeichen des neuen Testaments, als Taufe und Nachtmahl, in keiner anderen Weise gebraucht haben, als wie er sie uns durch seinen Sohn eingesetzt und befohlen hat.
Denn er sagt:
»Dieser ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.« (Mt 17,5)
Hätte uns nun dieser Sohn die Kindertaufe befohlen, so wäre es unsere Pflicht, falls wir seine Jünger sein wollten, solchem Gebot zu gehorchen; da er aber solches nicht getan hat, so bezeugen wir mit der Schrift, dass sie verflucht ist, wie gesagt ist in Gal 1,8.
Weiter sage ich: Wenn sie nun die Kinder, beides der Gläubigen und der Ungläubigen, als gleicher Gnade teilhaftig hinstellen wollen, welches nach meiner Ansicht nicht gänzlich schriftwidrig sein würde, so sind sie gezwungen, ihre Lehre, womit sie zuvor die Gnade und den Bund so weitläufig allein auf die Kinder der Gläubigen gedeutet haben, zu widerrufen und müssen eingestehen, dass ihre Lehre von Abraham und seinem Samen, wodurch sie die Beschneidung auf die Taufe hinzudeuten suchten, mit dieser letzten Behauptung gar keine Ähnlichkeit oder Gemeinschaft hat; denn es ward Abraham nicht befohlen, dass er die Kinder, welche um ihn herum wohnten und nicht zu seinem Geschlechte gehörten, beschneiden sollte, sondern nur solche, die seinem Samen entstammten, wie aus 1Mo 17 deutlich erhellt.
Zum Siebzehnten schreibt er: »Wollte Gott, dass sie doch einmal die Stelle in Eph 5, wo Paulus die Kirche beschreibt, mit unverschleierten Augen lesen möchten, welche Stelle lautet: ›Gleich wie Christus auch geliebt hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben, auf dass er sie heiligte und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort,‹ oder, wie Erasmus übersetzt, durch das Wort.« Darauf schreibt er weiter: »Es kann dem sicherlich nicht widersprochen werden, dass dies von den Kindern mit ihren Eltern, das ist von den Gläubigen mit ihrem Samen, ja, von der ganzen Kirche verstanden werden muss. Wie könnten sie denn von dem Worte ausgeschlossen sein, da es heißt: ›Und er hat seine Gemeinde gereinigt durch das Wasserbad im Wort?‹«
Antwort: Ich hoffe, dass es uns durch die Gnade und Erleuchtung des Herrn gegeben sein möge, nicht mit verschleierten, sondern mit klaren Augen zu sehen, was diese Worte Pauli bedeuten. Wir bieten Gellius samt allen Gelehrten die ganze Schrift an, dazu alle Vernunft und Erfahrung, uns mit einem einzigen Worte der heiligen Schrift zu beweisen oder durch Vernunftgründe und Erfahrung darzutun, dass man den kleinen, unverständigen Kindern das Wort des Herrn, woraus die wahre Reinheit des Herzens fließt, lehren kann, oder dass die Schrift an irgendeiner Stelle im neuen Testament durch Wort oder Sakrament von ihnen handelt und wir werden zugeben, dass sie auch mit dem Wasserbade in oder durch das Wort gereinigt werden. Können sie aber solches nicht tun, so bezeugen sie dadurch, dass diese Worte Pauli nicht mit Hinsicht auf die kleinen Kinder geschrieben sind.
Es ist wahr, Christus hat seine Gemeinde so geliebt, dass er sich für sie in den Tod gegeben hat, sie durch die Kraft und das Verdienst seines unschuldigen Blutes (Kol 1,14) geheiligt hat und mit dem Wasserbade, welches der Beweis und das Zeichen eines neuen und bußfertigen Lebens ist, gereinigt hat, aber auf keine andere Weise, als in oder durch das Wort (Kol 1,5), welches in des Geistes Kraft gepredigt (Jud 1,3) und mit wahrem Glauben angenommen wird, worauf alsdann in seiner Ordnung das Wasserbad befohlen ist.
Christus sprach:
»Ihr seid jetzt rein um des Wortes Willen, das ich zu euch geredet habe.« (Joh 15,3)
Sie waren nicht darum rein, mein Leser, bloß weil es äußerlich zu ihnen gesprochen wurde, sondern weil sie das, was zu ihnen gesprochen wurde, glaubten. Denn Gott reinigt unsere Herzen nicht durch buchstäbliches Wasser, Wort und Zeremonien, sondern durch den Glauben an das Wort (Apg 15,9); denn dass sonst alle, die bloß dieses Wort äußerlich hören und dieses äußerliche Wasserzeichen empfangen, heilig und rein sein müssten, leidet keinen Widerspruch.
Zum Achtzehnten bringt er einen Beweisgrund in der Form eines Syllogismus vor, indem er sagt: »Was der ganzen Kirche zukommt, muss auch allen Gliedern der Kirche zukommen; die Taufe kommt der ganzen Kirche, nämlich den Alten und den Jungen, zu; die Taufe muss demnach allen Gliedern der Kirche zukommen.«
Antwort: Nach meiner Ansicht wäre es gut, wenn Gellius, der sich rühmt ein Prediger des heiligen Wortes zu sein, seine Dialektik den Weltweisen (1Kor 3,20), welche leider lieber ihre eigene, als Gottes Ehre und Preis suchen, überlassen würde und sich mit der unverfälschten Lehre, Grund und Wahrheit Christi und dem schlichten Zeugnis des Zöllners Matthäus und der Fischerleute Petrus und Johannes begnügte, damit er die einfältigen und ungelehrten Leute nicht mit solchen schlauen Worten fange und von dem Weg der Wahrheit abführen würde.
So viel dann seinen Vordersatz, wie er es nennt, angeht, so bemerke ich dazu Folgendes: Hätte Gellius seinen Vordersatz auf die Gnade, Versöhnung, Verheißung, das ewige Leben, welche der ganzen Gemeinde, sowohl Alt und Jung, um Christi willen geschenkt worden sind und nicht auf die Verordnung der Kirche bezogen, so wäre er richtig gestellt; nun aber wird er selber gestehen müssen, dass derselbe unrichtig und gegen Gottes Wort ist. Denn was diese Verordnung, wovon er hier redet und welche auch die Taufe einschließt, angeht, so haben nicht alle Glieder der Kirche einen Beruf, Dienst und Werk und stehen auch nicht alle in einer Ordnung; denn der Herr hat Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Diener in seiner Gemeinde verordnet, ohne dass alle darum Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Diener sind (Eph 4,11; 1Kor 12,28). Ebenso hat er auch in seiner Gemeinde die Verordnungen der Taufe und des Abendmahls gemacht, nicht dass man sie darum den unverständigen Kindern, sondern den Gläubigen und Bußfertigen, laut der Schrift, spenden soll.
Was aber den Nachlass angeht, so ist dies meine Antwort: Unsere ganze Lehre, Glauben, Grund und Bekenntnis lauten, dass unsere unmündigen, kleinen Kinder, solange sie in ihrer kindlichen Einfalt bleiben, durch Christi Verdienst, Tod und Blut der Gnade teilhaftig und Mitgenossen der Verheißungen sind, wie schon gehört worden ist. Die Lehre des neuen Testaments, welche eine Lehre des Geistes ist (2Kor 3,6), rechnet sie aber nicht unter diejenigen, welche durch Gottes Wort und Sakramente regiert und in der Schrift im eigentlichen Sinne Christi Kirche genannt werden (Mt 19,14).
Dass man die Kinder um der Verheißung willen zu der Kirche zähle, lassen wir gelten; dass man aber das Recht habe, sie unter die Verordnungen der Kirche zu bringen, bestreiten wir, da dies weder der Schrift noch der Vernunft gemäß ist, worüber Gellius später selber noch urteilen soll. Auch straft er Christum, die Apostel und den heiligen Geist in ihrer Lehre und ihren Verordnungen offenbar Lügen, denn er schreibt, dass die Taufe den Jungen und den Alten zukomme und doch haben sie uns nicht ein einziges Beispiel davon hinterlassen, noch ein einziges Wort in der ganzen Schrift davon gelehrt oder befohlen, wovon ihr euch selbst überzeugen könnt.
Da nun, wie schon gesagt, sowohl Vorder- als Nachsatz gar nicht Gottes Befehl und Verordnung gemäß sind, so glaube ich dem gütigen Leser genügend dargetan zu haben, dass des Gellius Folgerung, die Taufe komme allen Gliedern der Kirche zu, nach Gottes Befehl und Verordnung nicht bestehen kann und dass somit sein Syllogismus aufs Bestimmteste widerlegt ist.
Weiters behaupte ich, dass, im Falle sein Syllogismus richtig wäre, was er aber keineswegs ist, auch mein hier folgender ohne allen Widerspruch richtig sein müsste, nämlich: Was der ganzen Kirche zukommt, kommt auch allen Gliedern der Kirche zu, das heißt, nach des Gellius eigener Auslegung, sowohl den Jungen als den Alten. Hieraus folgere ich: Die Lehre, der Glaube, die Erkenntnis Christi, eine wahre Buße, ein abgestorbenes, neues Leben, die Beschneidung des Herzens, ein friedliches, frohes Gewissen, die Taufe, das Abendmahl, die Liebe zum Nächsten, eine lebendige Hoffnung und eine fröhliche Dankbarkeit kommen der ganzen Kirche zu, folglich muss all dieses allen Mitgliedern der Kirche, das ist den Jungen und den Alten, zukommen. Sollte er nun meinen Vordersatz verneinen, so verneint er damit den Seinigen, denn der Meinige ist dem Seinigen gleich. Verneint er zudem auch noch meinen Nachsatz, um der Ursache willen, dass man den Kindern, wie er selber sagt, ihres Verstandesmangels wegen nicht predigen kann und diese darum weder Buße tun, noch das Abendmahl halten können, so bezeugt er damit, dass die Kirche, welche durch des Herrn Wort und Sakramente regiert wird, keine Kinder einschließt und dass sein Syllogismus, womit er alle Glieder der Kirche, beides, Jung und Alt, (ich schreibe auf seine Weise) mit einerlei Verordnung umfassen will, falsch, ohne Grund und außer Gottes Wort ist. Hier nun haben Gellius und seine Mitgenossen meine Antwort auf ihren Beweisgrund. Wie sie damit nach der Schrift bestehen können, dem mögt ihr in der Furcht eures Gottes nachdenken.
Zum Neunzehnten schreibt er ein Langes und Breites über das Kindlein, welches, wie Matthäus, Markus und Lukas berichten, zu Christo gerufen wurde; womit er, wie mich dünkt, beweisen will, dass die Kinder glauben oder, wenn sie auch nicht glauben, doch für gläubig gerechnet werden, ob sie dann ein oder zwei Tage, ein oder zwei Monate alt sind. Er schreibt ferner, dass ein Kind von zwei, drei oder vier Jahren durch böse Beispiele schlimmer gemacht werden kann und dass wir zu kleinmütig seien, wenn wir denjenigen die Taufe nicht geben dürfen, welchen Christus den Glauben gibt und zurechnet.
Antwort: Hätten Gellius und die Gelehrten auch nur ein wenig von der Kraft, Natur und Eigenschaft eines wahren Glaubens in ihrem Herzen empfangen, so würden sie sich lebenslang schämen, solche schlechten Reden über diesen edlen Glauben, der eine Kraft und Gabe Gottes ist, vorgebracht zu haben.
Mose sagt, dass die Kinder weder Gutes noch Böses verstehen. Der weise Mann sagt, dass sie unverständig sind (Weish 12,25). Paulus sagt:
»Liebe Brüder, werdet nicht Kinder am Verständnis!« (1Kor 14,20)
Und dennoch wagt Gellius zu schreiben, dass sie glauben, als ob dieser Glaube nur ein eitles Ding wäre und ganz und gar keinen Einfluss, Kraft oder Wirkung hätte.
Nein, der rechte und wahre Glaube, der vor Gott gilt, ist eine lebendige, seligmachende Kraft, welche durch die Predigt des heiligen Wortes dem Zuhörer von Gott ins Herz gelegt wird, ihn gänzlich bewegt, verändert und in einen gottseligen Sinn und ein neues Gemüt versetzt. Dieser Glaube treibt das böse Wesen aus uns, vernichtet allen Stolz, Ehrgeizund Selbstsucht und macht uns in der Bosheit den Kindern gleich (Mt 18,4; 1Kor 14,20). Seht, so ist der Glaube, auf welchen die Schrift hinweist und nicht ein eitler, toter, unfruchtbarer Wahn, wovon die Welt träumt. Dass aber dieser Glaube nicht in zwei-, drei- oder vierjährigen Kindern gefunden wird, lehren uns beide, die Vernunft und die Schrift.
Ach, lieber Herr, ist es nicht eine große Blindheit, dass dieser unbedachte Mann nicht merkt, dass er und alle Prediger seiner Gattung, die wohl jeden Tag die Schrift auf ihre Weise lesen und von denen ein Teil bereits grau geworden ist, noch so ungläubig sind, dass sie um eines Bissen Brotes (Hes 13) willen Gottes klares Wort verfälschen, die armen, elenden Seelen haufenweise der Hölle zuführen, alle Gottesfürchtigen schelten, schänden, hassen und so ganz ohne Ursache mit so vielen lästerlichen Lügen und Verleumdungen beladen, die Obrigkeit zu Tyrannei und Blutvergießen aufhetzen und nur auf Stolz, Prahlerei, Wollust und Geiz bedacht sind, welches ihre offenbaren Früchte sind, die deutlich beweisen, dass sie nicht bloß ungläubig, sondern auch gänzlich irdischen und fleischlichen Sinnes sind; und dennoch behaupten sie, dass der Glaube in einem zwei-, drei- oder vierjährigen Kinde gefunden wird. O Torheit und Irrtum!
Dass aber Christus jenes Kind zu sich rief, es herzte und dasselbe in die Mitte der Jünger stellte, geschah aus der Ursache, weil diese sich gestritten hatten, wer unter ihnen der Größte sein sollte. Er setzte ihnen das Kind zu einem Vorbild, indem er sagte:
»Wahrlich, ich sage euch, es sei denn, dass ihr euch umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen!« (Mt 18,3)
Und so müssen wir das Reich Gottes empfangen, wie ein Kind (an der Bosheit), wie Markus und Lukas schreiben (Mk 10,14; Lk 18,16). »In der Bosheit seid Unmündige«, sagt Paulus. Christus sagt:
»Wer sich nun selbst erniedrigt wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. Wer aber ärgert dieser Geringsten einen, die an mich glauben (er sagt, die an mich glauben), dem wäre besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, da es am tiefsten ist.« (Mt 18,4–6)
Seht, hier erklärt uns Christus selbst, von was für Kindern man diese Worte verstehen soll.
Wenn er aber schreibt, dass die Kinder für gläubig gerechnet werden, so ist dies bloß Vernunft und eigne Auslegung, welche nicht mit einem einzigen Worte aus der Schrift unterstützt werden kann. Und wiederum, wenn er sagt, dass man ein zwei-, drei- oder vierjähriges Kind ärgern oder schlimmer machen könne, so antworte ich darauf, erstens: Wenn man diese Worte, »Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Anstoß [zur Sünde] gibt …«, mit Gellius auf die jungen Kinder deuten sollte, womit ich für meinen Teil keineswegs einverstanden bin, so möchte sich die ganze Welt mit Recht über diese Worte im Innersten ihrer Seele entsetzen. Denn wie sie ihre zwei-, drei-, vier-, fünf- und sechsjährigen Kinder erziehen und mit solch gottlosem, ärgerlichem Leben ihnen vorangehen, lehren uns leider ihre schändliche, große Unzucht und Schurkerei, beides, in den Städten und auf dem Lande, nur zu wohl. Ach, meine Leser, möchte doch die Welt sich der Seligkeit der Kinder etwas besser annehmen und sie nicht von der Wiege an durch Lehre und Beispiel der Hölle zuführen; wie wohl würde dies am großen Urteilstage für eines jeglichen Seele unter ihnen sein!
Zweitens sage ich: Könnten die Prediger und Obrigkeiten diese Worte Christi richtig verstehen und sie als recht und wahr annehmen, so würde, meines Erachtens, die verführerische und ärgerliche Lehre bald aufhören und das tyrannische, grausame Schwert in die Scheide gesteckt werden, womit gegenwärtig so viele hunderttausend Seelen geärgert werden und dem Höllenreich zufallen. O Herr!
»Wehe der Welt der Ärgernis halben!« (Mt 18,7)
, sagt Christus, Gottes Mund und Weisheit.
Auf seine Bemerkung, dass wir kleinmütig seien, indem wir keine Kinder taufen dürfen, antworte ich: Die Schrift lehrt: Ihr sollt nicht tun, was euch gut dünkt, sondern was ich euch gebiete (5Mo 4,2; 12,32). Nadab und Abihu, die Söhne Aarons, brachten das fremde Feuer vor den Herrn, das er ihnen nicht geboten hatte und da fuhr ein Feuer aus von dem Herrn und verzehrte sie (3Mo 10,1–2).
Jerobeam, von dem Propheten des Herrn zum König über die zehn Stämme Israels gesalbt, führte einen Gottesdienst ein, welchen Gott ihm nicht befohlen hatte und musste darum von dem Propheten hören, dass Gott sein Haus würde ausfegen, wie man Kot ausfegt, bis es ganz mit ihm aus sein würde (1Kön 14,10).
Ussija musste alle seine Tage ein Ausgestoßener sein, weil er auf dem Rauchaltar geräuchert hatte, wozu der Herr ihn nicht berufen hatte (2Chr 26). Beispiele dieser Art könnten noch viele angeführt werden.
Luther schreibt in seiner Vorrede zu Jesaja: »Gott will sich nicht von uns meistern lassen, wie man ihm dienen solle.« Er selbst will uns lehren und gebieten; sein Wort wird immer da sein; dasselbe wird uns leuchten und führen; außer seinem Wort ist alles Abgötterei und eitle Lügen, wie andächtig und schön es auch scheinen mag. So auch in seinen Bemerkungen über Daniel 3: »Gottesdienst ohne Gottes Wort ist immer Abgötterei.«
Ferner sage ich noch: Nur solche, die Gott gesucht und ihn mit reinem Herzen gefürchtet haben, sind bei seiner Verordnung und seinem Worte geblieben.
Die Israeliten haben auch niemals ein Mägdlein beschnitten, oder ein Mutterschaf als Osterlamm geopfert; denn Gott hatte befohlen, dass die achttägigen Knäblein beschnitten und die Böcklein geopfert werden sollten, wie schon gesagt worden ist (1Mo 17,12; 2Mo 12,5).
Da wir denn so gründlich aus der heiligen Schrift erkennen, dass Mose und die Propheten und dazu der Vater selbst, uns so einstimmig auf Christum hinweisen, welcher die Weisheit und die Wahrheit ist, dass wir ihn hören sollen und da wir durch Gottes Gnade wohl wissen, dass er der wahre Prophet und vollkommene Lehrer ist, dessen Wort die Wahrheit (Joh 17,17) und dessen Gebot das ewige Leben ist und er uns nicht ein einziges Wort von der Kindertaufe befohlen hat, noch seine wahren Zeugen, die heiligen Apostel, uns etwas davon gelehrt oder irgendein Beispiel davon hinterlassen haben und wir auch finden, dass die Wirkung oder das Bezeichnete den Kindern ganz und gar nicht angemessen ist und wir sehen, dass die Schrift keinen fremden Gottesdienst, keine selbstgemachten Zeremonien, keinen Zusatz noch Abbruch leidet, da Gott solche selbsterwählten Gerechtigkeiten und Gottesdienste so oft gestraft hat, wie gesagt worden ist und da auch, wie schon oft erwähnt, die erste, unverfälschte Kirche den Gebrauch der Kindertaufe nicht gekannt hat, so ist dies der Grund, dass wir so kleinmütig sind, wie er schreibt, dass wir unsere Kinder nicht taufen dürfen. Denn die erwähnten Ursachen, zusammen mit unserer ungeheuchelten Liebe für die heilsame, göttliche Wahrheit, unsere herzgründliche Gottesfurcht und die Kraft unseres Glaubens (obwohl in Schwachheit) verbieten es uns.
Ach, mein Leser, wollte Gott einmal geben, dass unsere Widersacher recht einsehen möchten, was für einen schrecklich großen Gräuel sie mit ihrer Kindertaufe allenthalben anrichten und wie sie dieselbe zur Unehre Gottes und zum Verderben ihres Nächsten üben, so würde ich hoffen, dass durch Gottes Hilfe die Sache sich bald bessern und zu einem schriftmäßigen Gebrauch verwandelt werden würde.
Erstens strafen sie durch ihre Kindertaufe Gott und die ganze heilige Schrift Lügen, indem sie vorgeben, dass dieselbe eine Verordnung Gottes sei, obwohl in der ganzen Schrift keine Stelle gefunden wird, die mit irgendeinem Wort oder Beispiel auf die Kindertaufe Bezug hätte.
Zweitens richten sie dadurch die wahre Kirche Christi zugrunde und richten anstelle derselben eine antichristliche auf, die wohl den Namen und Schein (der wahren Kirche) hat, aber doch die rechte Lehre, den Geist, die Verordnung und den Gebrauch, wie solches in der Schrift enthalten, von Herzen hasst.
Drittens trösten sie damit die ganze Welt in deren Ungerechtigkeit, denn wie gottlos, hurerisch, eidbrüchig, geizig, prahlerisch, gehässig, blutgierig, gefräßig, trunksüchtig, fleischlich, abgöttisch und heuchlerisch sie auch sein mögen, so rühmen sie sich dennoch, dass sie getaufte Christen seien.
Viertens verfolgen und hassen sie alle diejenigen, die sich aus reinem göttlichem Eifer von diesen verführerischen Gräueln ferne halten, ihren verdammungswürdigen Gottesdienst rügen und allein auf Christum und sein Wort hinweisen; ja, diese müssen bei ihnen abtrünnige Wiedertäufer, des Teufels Apostel, verführte Ketzer, ein Abschaum und Räude heißen.
Fünftens, obwohl sie und ihre eigenen Schriftsteller vormals Menschensatzungen und -gebote zur Hölle verdammt und ein Buch nach dem andern dagegen geschrieben haben, so bleiben sie, leider, dennoch alle miteinander an diesem wüsten Gräuel hängen, weil sie das Kreuz nicht tragen noch der Welt Ungunst auf sich laden wollen; heucheln in allen Dingen, wie die arme und verblendete Welt es gerne hören und haben will; häufen einen großen Irrtum auf den andern; hängen den Kindern Kreuze an Brust und Vorhaupt; segnen, beschwören, fragen die Taufzeugen, ob sie auch glauben, treiben den Teufel aus und tun noch mehr solche Schandtaten, so dass man gewiss sagen muss, dass alle Kindertäufer Heuchler über alle Heuchler sind und die Kindertaufe eine öffentliche Eintaufung in die Kirche des Antichristen, der Anfang aller Verführungen und ein verdammtes Laster und Zauberei ist, welches nicht bloß mit des Herrn ausdrücklicher Verordnung und Wort, sondern auch mit aller Redlichkeit, Natur und Vernunft in Widerspruch ist. Denn wer, der in seinem ganzen Leben auch nur ein halbes Wort in des Herrn Wort gelesen hat, weiß nicht, dass ein Kreuz mit Fingern gemacht, einem Kinde weder helfen noch dasselbe selig machen kann? Dass solch ein unschuldiges und reines Geschöpf, wie ein schuldloses Kindlein ist, welches durch des Herrn Blut gereinigt ist (Eph 1,7), nicht vom Teufel besessen ist und dass niemand für eines andern Glauben, da derselbe eine Gabe Gottes ist, bürgen oder einstehen kann?
Sage, lieber Leser, welche größere Spötterei und gröbere Heuchelei könnte man sich denken, als einen verständigen Menschen in eines andern Namen zu fragen: »Glaubst du? Sagst du dem Teufel ab?« – und dann auf seine bejahende Antwort ein unmündiges, unverständiges Kindlein, welches von Ja und Nein, von Gott und Teufel, von Leben und Tod keinen Begriff hat, zu taufen? O Lästerung und Schande!
Ach Herr, lieber Herr, wie lange noch wird man mit dieser greifbaren Verführung und diesem wüsten Gräuel fortfahren? Ich denke, es wäre bald Zeit für die Welt, etwas fleißiger zuzusehen und solche öffentlichen Betrüger, ihre Lehre, Taufe, Abendmahl, Leben, Früchte, Suchen und Tun etwas näher kennen zu lernen und auf des Herrn Verordnung, Willen, Wort, Wege und Werke schärfer Acht zu haben.
Zum Zwanzigsten beschuldigt er uns einer falschen Sicherheit, wie er es nennt: Dass wir oder die Unsrigen sagen, wir seien überzeugt in unseren Herzen, dass sie irren und dass wir die Wahrheit haben.
Antwort: Der Herr spricht durch Mose:
»Wer meine Worte nicht hören wird, die er (das ist Christus) in meinem Namen reden wird, von dem will ich es fordern!« (5Mo 18,19)
Der Vater spricht:
»Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören!« (Mt 17,5)
Christus spricht:
»Lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.« (Mt 28,20)
Paulus spricht:
»Aber so auch wir oder ein Engel vom Himmel euch würde ein Evangelium predigen anders, denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht!« (Gal 1,8)
Johannes spricht:
»Wer übertritt und bleibt nicht in der Lehre Christi, der hat keinen Gott; wer in der Lehre Christi bleibt, der hat beide, den Vater und den Sohn.« (2Joh 1,9)
Und solcher Sprüche gibt es noch mehr. Da uns denn die ganze Schrift auf Christi Geist, Evangelium, Befehl, Verordnung, Gebot, Gebrauch und Beispiel hinweist und wir in diesem nicht eigenem Wahn und Gutdünken, falscher Auslegung und Menschenlehre, wie man uns beschuldigt, sondern allein Christi klarem Wort und Befehl, der Lehre und dem Gebrauch der heiligen Apostel und der ersten, unverfälschten Kirche nachfolgen, sie (unsere Widersacher) hingegen aus Gottes Wort ebenso wenig einen Befehl haben, Kinder zu taufen, als Israel einen hatte, die Mägdlein zu beschneiden oder Kirchen, Altäre und Gottesdienste auf den Bergen oder in den Tälern zu stiften oder ihre Kinder durchs Feuer gehen zu lassen, oder wie die Papisten haben, Glocken zu taufen, dennoch aber so vermessen sind, dass sie die Taufe der Gläubigen, von Christus selbst befohlen, eine Ketzertaufe schelten und die Kindertaufe, die auf heuchlerische Weise sich eingeschlichen hat, für eine christliche Taufe halten und gebrauchen und dazu sich noch rühmen, dass sie wohl daran tun, sich dieselbe nicht nehmen zu lassen, so werde ich es gerne dem Urteil aller redlichen und unparteiischen Leser überlassen, wer von uns, ob sie oder wir, dem Sanherib, Holophernes, den Pharisäern und verführten Sekten, die von ihnen hier angeführt werden, in dieser falschen Sicherheit gleich sind.
Ferner schreibt er: »Was anders hat früher die Wiedertäufer so irre geführt, dass sie nach dem Schwert griffen, als eine gleiche Sicherheit, dass sie als ein Volk Gottes, mit einem Taw gezeichnet, die ganze Welt erobern und uns Prediger, die wir zum Teil wohl besser wüssten (wie sie sagten), an unseren eigenen Türpfosten aufhängen würden?«
Antwort: Meine Leser, merkt auf: Was sagt er in diesen Worten anders als: »Ihr lieben Herren, wollt ihr solch einem bösen Volke und solchen bösen Ketzern noch barmherzig sein? Verfolgt sie, fangt sie, verbannt sie, rottet sie aus, denn sie haben es wohl verdient.« Ob dies nicht in der Offenbarung Johannes vom heiligen Geiste der Stachel der Skorpione genannt wird, mögt ihr selbst erwägen und beurteilen (Offb 9,10). An einer später folgenden Stelle behauptet er, dass unsere Kirche mit mir angefangen habe, was ich ihm jedoch, wie man später hören wird, keineswegs zugestehe. Es ist ihm mehr als bekannt, dass ich meiner Lebtag mit den Aufrührerischen keine gemeine Sache gemacht, sondern ihre Lehre und Gräuel ebenso wohl als die Lehre und Gräuel der Prediger, immer mit des Herrn Wort gerügt habe; dennoch wirft er uns hier noch allerlei derartige gottlose Handlungen und böse Streiche vor, auf dass er uns (obwohl unschuldig) bei einem jeden verdächtig mache und der Obrigkeit das Schwert in die Hand reiche. Ob dies nicht heiße, nach der Unschuldigen Blut trachten, will ich allen Gottesfürchtigen und Frommen zum Beurteilen überlassen.
Ach, dass doch einmal genug Bescheidenheit in ihm gefunden werden möchte, dass er die Unschuldigen nicht auf solche Weise mit den Schuldigen in eine Reihe stellte. Denn was anders sucht er, als aus Simon Petrus einen Simon Magus und aus Johannes und Jakobus einen Judas zu machen? Ja, es ist gerade dasselbe, als ob ich sagen würde: »Ich habe etliche Kindertäufer gekannt, die offenbare Eidbrüchige und Diebe waren; darum sind Gellius und alle Kindertäufer Eidbrüchige und Diebe«; welches gewiss nicht recht von mir geredet wäre. Ach, meine Leser, wie getreu hat der heilige David solche Frevler abgemalt, indem er sagt:
»Der Gottlose erwürgt die Unschuldigen heimlich, seine Augen halten auf die Armen. Er lauert im Verborgenen, wie ein Löwe in der Höhle, er lauert, dass er den Elenden erhasche.« (Ps 10,8–9)
Denn solches Mordgeschrei ist die Ursache, dass man an einigen Orten die gottesfürchtigen, treuen Herzen, Männer und Weiber, Jünglinge und Jungfrauen, Greise, Krüppel und Lahme, ohne Mitleid und Barmherzigkeit, als die Gottlosesten auf Erden, ins Gefängnis wirft, ihnen ihre Güter raubt, ihre Kinder nackt und bloß auf die Straße stößt; dass man einige mit siedendem Öle peinigt, aufhängt, auf die Folter spannt, ins Wasser wirft, erwürgt, verbrennt oder mit dem Schwerte hinrichtet und was es sonst noch für unerhörte, heidnische Tyrannei gibt. Seht, dies sind die vornehmsten und besten Früchte, welche solche Blutprediger leider durch ihre verführerischen und lügenhaften Schriften in einigen Ländern hervorbringen.
O gebe Gott, dass er und alle Prediger seiner Gattung, wie auch alle Pfaffen und Mönche, die des unschuldigen Blutes schuldig sind, an dem Tage, wann die schreckliche Stimme der letzten Posaune erschallen wird (1Kor 15,52), vor den Augen des allmächtigen und großen Gottes Gnade und Barmherzigkeit finden mögen und ihnen das unschuldige Blut, von dessen Vergießen sie die Ursache sind, nicht zur Sünde gerechnet werde; dieses wünsche ich ihnen aus dem Grunde meines Herzens. Wenn sie aber in dieser Gesinnung verharren und sich nicht von dem gottlosen Wesen abkehren, so spricht Gottes Geist, wird jener feurige Pfuhl ihr Lohn und Teil sein (Offb 19,20).
Ferner sage ich: Gleich wie wir in Gellius und allen Aufrührerischen jenes bittere, frevelhafte Herz und jenes blutige, feindselige Schreien und Schreiben hassen und strafen, so hassen und strafen wir auch gleichermaßen (versteht es aber auf evangelische Weise) alle diejenigen, die mit dem Schwerte fechten, stehlen, rauben oder irgendjemand auf dem ganzen Erdboden, sei er Freund oder Feind, etwas zu Leide oder Schaden tun.
In dieser Hinsicht gilt uns weder Vater noch Bruder, Kaiser noch König, Nachbar noch Freund, Groß noch Klein, Getauft noch Ungetauft. Denn alle, die gegen Gottes Gebot Menschenblut vergießen, wider die Liebe handeln, ihren Nächsten benachteiligen, verderben und in Verdruss bringen, können nicht unsere Brüder sein, denn wir wissen und bekennen es frei, dass sie keine Christen sind.
Immer müssen wir hören, dass die Aufrührerischen in Münster samt ihrem Anhang, leider einst mit dem Schwert wider Gottes Wort gehandelt haben, gerade als ob wir in diesen Gräueln mit ihnen eins gewesen wären, obwohl wir so ganz und gar unschuldig sind. Dass sie selbst aber Länder und Leute unter die Waffen bringen und gänzlich verheeren, ein Fürstentum um das andere verwüsten, allenthalben gewalttätig, Trübsal, Jammer und Herzeleid anrichten, sehen sie nicht, ja, es muss leider dies sogar noch recht und wohlgetan heißen.
Da es denn offenbar ist, dass nicht nur Frankreich, Italien, Spanien und Burgund, sondern auch das ganze deutsche Volk, das sich des Wortes rühmt und die ganze weite Welt mit den Aufrührerischen, was Fechten, Streiten, Wehren, Rauben und Blutvergießen anbelangt, sich gleicher Werke und Gebräuche schuldig macht, wie können sie dann hier die Missetat jener Aufrührerischen vorbringen, da sie selbst in dieser Hinsicht ebenso viel sündigen und mit jenen sich gleicher Taten schuldig gemacht haben? Denke nicht, o Mensch, sagt Paulus, der du richtest die, so solches tun und tust auch dasselbige, dass du dem Urteil Gottes entrinnen werdest! Keineswegs, denn du tust eben dasselbige, das du richtest (Röm 2,2–1).
Letztens schreibt er: »Wir oder das Auge der Unsrigen hat, was mutwillige Sünde anbelangt, besser gesehen, als das Auge der Wiedertäufer, da sie manche darüber in Verzweiflung gebracht und einige sich sogar darum umgebracht haben sollen.«
Antwort: Wenn er es auch mit diesem Hieb auf uns abgesehen hat, so möge er wissen, dass er hier allzu viel geschrieben hat; denn ich kann mit gutem Gewissen bezeugen und behaupten, dass ich meiner Lebtag über diesen Gegenstand von den Brüdern nicht angegangen worden bin und dass diese Lehre zu meiner Zeit unter den Unsrigen nicht bestanden hat.
Ich habe sie stets gelehrt, dass alle Sünden, für welche man Buße tut, Vergebung finden in dem Blute des Herrn, wie oder was sie auch sein mögen. David, mit seinem Ehebruch und seiner Blutschuld ist mir ein sicheres Zeugnis. Dennoch sehe ein jeder wohl zu, dass er seinen Gott von Herzen fürchte, Recht tue, nicht mutwillig wider seinen Gott sündige und nicht, wie die Schriftgelehrten, die Lüge in Wahrheit und die Wahrheit in eine Lüge verwandle. Denn wer weiß, ob einer, der mutwillig oder aus Frechheit gegen seinen Gott sündigte, in seinem Leben je wieder die Gabe der Gnade empfangen und wiederum zu einer wahren Buße kommen würde? Christus sprach:
»Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht.« (Joh 8,34)
Ich fürchte, dass, im Falle mich seine kaiserliche Hoheit mit vielen köstlichen Sachen beschenkte und ich seiner Hoheit dafür undankbar wäre, dieselben auf unehrbare Weise verschwendete, sie mit Füßen treten und in den Kot werfen würde, seine kaiserliche Hoheit mich sicherlich um meiner Undankbarkeit willen schwer strafen und mir nicht leicht wieder solche herrlichen Wohltaten und köstlichen Geschenke anbieten würde.
Nehmt euch darum in Acht, dass ihr nicht des Herrn Wort mutwillig verachtet oder verfälscht und nicht zu frech nach der fleischlichen Gesinnung eures Herzens fortlebt, auf dass euch die geoffenbarte Gnade nicht auf einmal genommen und ihr in einen verkehrten und verstockten Sinn geführt werdet. Wer Gott fürchtet, flieht das Böse.
Gleich wie Gellius sich mit allem Ernst befleißigt, durch seine unreine, falsche Lehre des Herrn Mund Lügen zu strafen; sein reines, teures Blut nichtig zu machen und die unbußfertige, ruchlose Welt in ihrem wüsten, wilden Wesen unter einem falschen Schein des heiligen Wortes zu stärken und zu trösten, so bemüht er sich auch gleichermaßen, mit allerlei lügenhaften Verleumdungen und kriminalen Anschuldigungen (wie mich dünkt) die heilsame, reine Wahrheit von dem Erdboden zu vertilgen und die frommen, gottesfürchtigen Kinder den Händen des Henkers zu überliefern. Schreibe ich unrecht, so straft mich.
Ob er demnach nicht besser ein räuberischer Stoßvogel, als eine sammelnde Gluckhenne, was ergerne sein möchte, genannt zu werden verdient, will ich dem Herrn und ihm anheimstellen.
Aber der Herr, welcher aller Elenden Schild und Burg ist, wehrt den Anschlägen der Gottlosen; er bringt die Lügner um und hat einen Gräuel an den Blutgierigen und Falschen. Denn in ihrem Munde ist nichts Gewisses, ihr Inwendiges ist Herzeleid, ihr Rachen ist ein offenes Grab, mit ihren Zungen heucheln sie (Ps 5,7,10; Röm 3,13).
Darum werden sie vor dem Ungewitter nicht bestehen, ihre Leuchte wird erlöschen und ihre Ehre zu Schanden werden (Phil 3,19). Denn der Herr ist stark, der sie richten und jene elenden, irregeführten Seelen und das unschuldige Blut aus ihren Händen zurückfordern und ihnen mit dem verdienten Lohn vergelten wird.
Hier nun, werte Leser, seht ihr, wie die Lehre und das Bekenntnis der Prediger hinsichtlich der Kindertaufe nach der Schrift nicht bestehen kann und dass dieselbe nicht, wie die Taufe der Gläubigen, auf des Herrn Befehl noch auf die Lehre und den Gebrauch der heiligen Apostel, sondern nur auf Glossen, Gutdünken, Mutmaßung, Lügen, geborgten Namen und lange Gewohnheit gegründet ist. Seid ihr nun einer redlichen Gesinnung, so lasst des Herrn unfehlbares, wahres Wort und euer unparteiisches Herz zwischen uns und den Gelehrten Richter sein.
Hier nun möchte ich alle meine Leser um Gottes willen bitten, dass sie es mir doch nicht übel nehmen, dass ich die Lügen mit der Schrift strafe, die Wahrheit mit der Wahrheit verteidige, auf den rechten Weg hinweise, eure Seele suche, den falschen Propheten widerspreche, ihre verführerischen, heimlichen Schlingen ans Licht bringe und des Herrn Preis verteidige. Wer den Herrn mit treuem Herzen sucht, möge lesen und richten.