Die vollständigen Werke Menno Simons

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

13.3 Von der Sendung oder Berufung der Prediger

Gellius klagt sehr über einen bittern, höhnischen Brief der Wiedertäufer, wie er sie nennt, worin sie fünf besondere Gründe angeführt haben sollten, wie ich aus seiner Schrift verstehe, warum sie die Prediger nicht mit gutem Gewissen als wahre und unsträfliche Prediger anhören, noch ihre Sakramente als wahre, heilsame und schriftgemäße Sakramente gebrauchen dürfen; von diesen ist der erste die Vokation, d. h. Berufung ihrer Prediger, welche Gellius mit allem Fleiß als die christliche und schriftgemäße darzustellen sucht, die unsrige aber für sektiererisch und unschriftmäßig erklärt.

Antwort: Wie bitter und höhnisch der besagte Brief gewesen ist, weiß ich nicht, da er nicht in meine Hände gekommen ist; doch vermute ich, dass derselbe nicht so bitter und höhnisch war, wie er klagt, sondern dass er eine Bestrafung seiner Verdammungen, Verführungen und schriftlosen, unbußfertigen Sakramente gewesen sein mag, was bei ihm allerdings Schelten und Höhnen heißen und einen schlechten Namen haben muss.

Da ich den Brief also, wie gesagt, nicht gelesen habe, will ich es auch nicht auf mich nehmen, alle Worte desselben zu verteidigen; was aber die fünf Artikel betrifft, welche in dem Briefe zum Tadel und zur Beschuldigung der Prediger angeführt sind, die Gellius aber als evangelisch und recht hinzustellen sucht, will ich um des Amtes des göttlichen Wortes willen, und weil in derselben Schrift auch ich in meiner Ehre angetastet und gescholten werde, die Widerlegung auf mich nehmen. Und ich hege die Hoffnung, dass ich, mit Gottes gnädiger Hilfe, im Stande sein werde, diese Artikel mit solcher Kraft und Klarheit des heiligen Worts zu verteidigen, dass alle unparteiischen, redlichen Leser, durch des Herrn Gnade, gleich wie in einem Spiegel sehen werden, sobald sie nur unsere Schreiben miteinander vergleichen, dass er samt allen weltlichen Predigern nicht die berufenen Prediger und Lehrer der Gemeinde Christi sind, auf welche die Schrift weist; sondern dass sie offenbar Prediger und Lehrer der Welt oder der Gemeinde des Antichristen sind, gegen welche uns die Schrift in jeder Beziehung warnt und an vielen Stellen von denselben abschreckt. Wer nun Ohren hat zu hören, der höre was des Herrn Wort lehrt.

Gellius macht aufmerksam auf den Unterschied zwischen der Sendung oder Berufung der Propheten, Christi und der Apostel und der Berufung der Bischöfe, Pastoren und anderer Kirchendiener. Er sagt, dass die Sendung der Propheten Christi und der Apostel ohne irgendwelche Vermittlung der Menschen von Gott allein geschehen sei; dass aber die Sendung der Bischöfe und Pastoren von Gott durch menschliche Vermittlung geschehe.

Antwort: Diesem widersprechen wir nicht, sondern erkennen es für recht und wahr an; aber dass die Berufung, der sie sich rühmen, nach Lehre und Gebrauch der Apostel geschehen ist, bestreiten wir und behaupten, dass man in der Berufung der Ältesten folgende fünf Punkte oder Artikel fleißig mit der Schrift überlegen und wohl berücksichtigen muss: Von wem sie berufen werden; welcher Art die Berufenen sind; wozu sie berufen werden; welche Früchte die Berufenen hervorbringen; und was der Berufenen eigentliches Begehren und Suchen sei.

Zum Ersten, sage ich, muss man berücksichtigen, dass die Berufung, welche in der ersten apostolischen Kirche durch menschliche Vermittlung vor sich ging, nicht von der Welt, sondern von den wahren Christen und Jüngern des Herrn und seines Wortes geschah. Denn Lukas schreibt, dass Paulus und Barnabas hier und dort Älteste in den Gemeinden aufgestellt und gebetet und gefastet hätten (Apg 14,23). So sagt auch Paulus zu Titus:

»Deshalb ließ ich dich in Kreta, dass du solltest vollends anrichten, da ich es gelassen habe, und besetzen die Städte hin und her mit Ältesten, wie ich dir befohlen habe.« (Tit 1,5)

Lest auch 1Tim 3,12.

Weil denn die Prediger sich auf eine Berufung, die durch menschliche Vermittlung von Gott geschieht, berufen, wie schon erwähnt, will ich sie erstlich ohne jegliche Arglist ganz einfach fragen, was für ein Paulus, Barnabas, Timotheus oder Titus es ist, der den Gellius und seine Anhänger zum Amte berufen und in dasselbe eingesetzt hat? Sagen sie: Die Obrigkeit, so stelle ich als zweite Frage: Hat die Obrigkeit, welche sich diese Befugnis beimisst, den Geist, Befehl, Dienst, die Berufung und die Macht Pauli, Barnabä, Titi oder Timothei? Im Falle einer bejahenden Antwort möchte ich wohl sehen, durch welchen Teil von Gottes Wort ihre Behauptung unterstützt wird. Entgegnen sie aber, es sei deshalb, weil sie einen Teil der Gemeinde bilden, gleich wie Gellius es ausgelegt hat; dann würde ich zum Dritten fragen, ob sie dann auch von Gottes Geist getrieben werden? Ob sie das Fleisch mit seinen Lüsten kreuzigen und in ihrer Schwachheit unschuldig und christlich wandeln, gleich wie Christus Jesus mit den Seinen gewandelt und gelehrt hat? Ob sie neue Kreaturen geworden sind? Ob sie in Christo sind und Christus in ihnen? Sollten sie sagen: Das weiß Gott, nicht wir; so würde ich viertens noch die Frage hinzufügen: Seid ihr solche Bäume, deren Früchte man nicht erkennen und solche Lichter, deren Glanz man nicht sehen kann? Mein Leser, überlege diese meine Fragen wohl.

Die Schrift bezeugt klar, dass es keinen Christen gibt außer dem, der in Christus ist und seinen Geist hat (Röm 8,9). Es ist offenbar, dass die Obrigkeit sich nicht mit des Herrn Beispiel und Geist in Übereinstimmung setzt, wie solches leider auf allen Seiten an ihren Früchten zu erkennen ist. Denn sie leben in jeder Beziehung nach den Lüsten ihres Fleisches; streben eitler Ehre, dem Reichtum und der Pracht des irdischen Lebens nach; sie sind irdisch und nicht himmlisch gesinnt; aus welchen Gründen wir des Herrn Wort um Rat fragen sollten, ob es dergleichen Leuten wohl zusteht, Prediger, Hirten und Diener in Christi Gemeinde einzusetzen, während doch ihre Früchte Zeugnis geben, dass sie selbst noch außer Christi Geist, Reich, Kirche und Wort sind, wie schon gesagt.

Sollten sie aber den Einwurf machen, dass sie nicht von der Obrigkeit, sondern von der Gemeinde berufen sind, so ist meine fünfte Frage die: Ob die Gemeinde, welche sie berief, Fleisch von Christi Fleisch und Bein von seinem Gebeine ist (Eph 5,30), das heißt eine Gemeinde, die Gott von Herzen sucht und fürchtet und einen Gott gehorsamen Wandel führt; ihren Nächsten liebt und ihm dient; ihre gottlosen Lüste dämpft; der Wahrheit von Herzen nachtrachtet; ein frommes, unsträfliches Leben führt und bereitsteht, Geld, Gut, Fleisch und Blut, ja, Vater, Mutter, Mann, Weib, Kinder und alles um des Herrn und seines Wortes willen zu verlassen, wenn es die göttliche Ehre erfordert? Sagen sie nein, was die wahre Antwort ist, so ist es damit schon bewiesen, dass sie des Herrn Gemeinde und Volk nicht sind, denn Christi Gemeinde muss in dem Geist mit Christus übereinstimmen und einig sein, wie gesagt ist. Sind sie aber Christi Gemeinde nicht, wie können sie dann Prediger in Christi Gemeinde berufen, wie Paulus, Barnabas, Timotheus, Titus und die erste Kirche getan haben? Sagen sie aber ja, so sage ich wiederum, die offenbare Ungerechtigkeit, die Laster, die Gottlosigkeit, der Geiz, die Pracht, Trunkenheit, Unmäßigkeit, Unzucht, der Hass, Neid, die Unbarmherzigkeit, Gewalttätigkeit usw. bezeugen vor der ganzen Welt, dass solches ganz und gar unwahr ist.

Da es nun so augenscheinlich ist, dass sowohl die Obrigkeit wie auch die Untertanen gänzlich wider Christi Geist und Wort sind, leben und wandeln und nicht einen Buchstaben haben, welcher in dieser Hinsicht mit Pauli, Barnabä, Timothei, Titi und der ersten Kirche Geist und Gebrauch übereinstimmt; so kann ich mich nicht genug wundern, dass er so unverständig und unbedacht, oder so kühn und vermessen sein kann, selbst in dieser gnadenreichen Zeit der offenbarten Wahrheit sich zu rühmen, dass er und Prediger seiner Art von Gott vermittelst der Menschen ebenso eingesetzt oder berufen wurden, wie es in der ersten Kirche durch Paulus, Barnabas, Timotheus und Titus mit den Ältesten geschehen ist.

O gäbe doch Gott, dass er einmal nachdächte und die treuen Männer und teuren Knechte Gottes, nebst der eifrigen, wiedergebornen Gemeinde und frommen Kindern der ersten Kirche, nicht mit dieser unbußfertigen, ruchlosen, wüsten Welt, welche die rechte Kirche heißen will, vergliche und die armen, einfältigen Herzen, die auf das heilige Wort so wenig Acht haben, mit solchem Schein und ganz ungereimter Herbeiziehung der Schrift nicht länger verblendete, dann würde es am Sterbetage gut mit seiner armen Seele stehen.

Will denn hiermit dem verständigen Leser zu bedenken geben, wie doch der Prediger Ruhm von ihrer Berufung oder Sendung nach der Schrift bestehen kann, da ja die Berufer, auf die sie sich stützen, nicht nur keine wiedergebornen, gottesfürchtigen Christen sind, sondern sogar als offenbare Verächter und unbußfertige Gegner Gottes und seines Wortes erfunden werden, wie ihre Taten uns leider überall deutlich zeigen.

Wir sollten zweitens uns einprägen, was für Eigenschaften die berufenen Diener des Worts nach dem Zeugnis der Schrift an sich haben und wie sie in Lehre und Wandel sich zeigen müssen: sie sollen untadelig, eines Weibes Mann sein, gläubige Kinder haben, keine Schwelger noch Ungehorsame sein. Denn ein Bischof, sagt Paulus, soll untadelig sein, als ein Haushalter Gottes; nicht zornig, nicht ein Weinsäufer, nicht pochen, nicht geizig, nicht unehrliche Hantierung treiben, nicht begierig nach schändlichem Gewinn, sondern gastfrei, nüchtern, gütig, freundlich, mäßig, sittig, züchtig, gerecht, heilig, keusch, lehrhaftig; der fest haltet an dem Wort, das gewiss ist und lehren kann, auf dass er mächtig sei, zu ermahnen durch die heilsame Lehre und die Widersprecher zu strafen; der seinem eigenen Hause wohl vorstehe; nicht ein Neuling; er muss auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die draußen sind, auf dass er nicht falle dem Lästerer in die Schmach und Strick. Desselbigen gleichen ihre Weiber sollen ehrbar sein, nicht Lästerinnen, nüchtern, treu in allen Dingen (1Tim 3,2; Tit 1,6–9).

Meine Leser, nehmt wahr, dies ist nicht mein Wort, sondern das des heiligen Geistes, welches euch vor Augen stellt das rechte Muster eines wahren Predigers, Bischofs, Hirten, Lehrers und Dieners, der in Christi Gemeinde Frucht bringe, welche bleibt (Joh 15,16).

Auf solche Lehrer weist uns der heilige Geist in der Schrift, dass wir ihnen gehorchen und nachfolgen sollen. Paulus schreibt:

»Gehorcht euren Lehrern und folgt ihnen, denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen, auf dass sie das mit Freuden tun, und nicht mit Seufzen.« (Hebr 13,17)

Noch an einer andern Stelle schreibt er:

»Wir bitten euch aber, liebe Brüder, dass ihr erkennt, die an euch arbeiten und euch vorstehen in dem Herrn, und euch ermahnen; habt sie desto lieber um ihres Werks willen und seid friedsam mit ihnen.« (1Th 5,12–13)

Solche Lehrer werden in der Schrift mit Ochsen verglichen, die da dreschen, und denen man das Maul nicht zubinden soll. Sie sind die Ältesten, die zwiefacher Ehre und die treuen Arbeiter, die ihres Lohns wert sind (5Mo 24,14; 25,4; 1Tim 5,17; Mt 10,10). Doch wie es sich mit Gellius und allen Predigern der deutschen Nation, die nach seiner Ansicht treue Diener sind, verhält, das will ich dem unparteiischen Leser mit des Herrn Wort zu richten überlassen.

Meine getreuen Leser, achtet fleißig auf das, was ich schreibe. Sie rühmen sich, nach der Schrift berufen zu sein, wie ihr hören könnt, obwohl es augenscheinlich und handgreiflich ist, dass das, was Petrus und Judas in dieser Hinsicht schreiben, zum größten Teil auch auf ihren Lebenswandel anwendbar ist. Viele von ihnen sind leider dem Bacchusdienst so ergeben, dass sie gleich Schweinen Tag und Nacht in voller Ruhe leben. Der Prophet sagt:

»Ihre Tische sind voll Speiens und Unflats.« (Jes 28,8)

Sie weiden sich selbst ohne alle Scheu, sagt Judas, und achten für Wollust, sagt Petrus, das zeitliche Wohlleben. Sie sind Schande und Laster, prangen von euren Almosen, prassen mit dem Euren (2Pt 2,13–15; Jud 11). Einige von ihnen sind auch als offenbare Hurer und Frauenschänder erfunden worden. Wie ihre Frauen meistenteils die Schrift beobachten, mag man an den Früchten erkennen. Die andern sind so dem Geiz ergeben, dass sie offenbare Wucherer geworden sind. Sie scharren den vergänglichen Kot, Geld und Gut, dergestalt zusammen, dass ich wohl mit Wahrheit sagen kann, dass sie durch die bequeme Lehre ihres Evangeliums Herren auf Erden geworden sind; dennoch werden sie von der Welt meistens noch gerühmt und stehen bei dem unverständigen Volke in hohem Ansehen. Ihre Prachtliebe, Trägheit, Leckerhaftigkeit, Eitelkeit, Leichtfertigkeit, Hochmut spotten aller Beschreibung; von ihrer großen Tyrannei, ihrem Lügen, Schelten, Lästern, ihrer Verräterei und ihrem Aufhetzen gegen alle diejenigen, welche den Herrn suchen und fürchten, will ich schweigen.

Mein Leser, es ist nur die Wahrheit, was ich schreibe. O wie gerne wollte ich schweigen und es zudecken, wenn mich nicht die Ehre Gottes und seines Wortes und die Liebe zu deiner Seele dazu antrieben; die Not erfordert es, dass ich ihre gräuliche Schande bloßstelle. So groß und schwer sind die Gräuel, die sie treiben, dass meine Seele einen Abscheu vor dem bloßen Gedanken daran hat, geschweige denn vor dem Erwähnen oder Niederschreiben derselben. Die Übereinstimmung ihres Wandels mit der Beschreibung Pauli, welche lehrt, dass sie unsträflich sein sollen, eines Weibes Mann, keine Weinsäufer, nicht geizig noch lüstern nach schändlichem Gewinn; dass sie sollen mäßig, sittig und freundlich sein und ein gutes Zeugnis haben von denen, die da draußen sind, mögen alle frommen Herzen in reiner Furcht Gottes mit der Schrift beurteilen. Seht, meine Leser, da es nun offenbar ist, dass ihr Leben dem Wort des Herrn gänzlich zuwider ist, so ist es im Grunde nichts als Heuchelei, solch unfruchtbares Treiben und kraftloses Affenwerk eine evangelische Erbauung und Vokation oder Berufung zu nennen.

Aber Gellius versucht sich in dieser Hinsicht zu entschuldigen und legt den Tadel auf diejenigen, welche, seinem Schreiben nach, in Wollust oder nach dem Mutwillen ihres Fleisches unchristlich und nicht nach der Apostel Ordnung leben und fügt hinzu, dass dieselben durch ihre Unbußfertigkeit der Frommen Berufung nicht zu schwächen vermögen. Darauf entgegne ich zum Ersten: Da er in seinem Buche selber so sehr über sie klagt und schreibt, sie schickten sich besser zu Schweinhirten, als zu Hirten über die Schafe Christi und wünscht, dass sie ihres Amtes entsetzt werden möchten, und da diese die Mehrzahl ausmachen, wie man deutlich wahrnehmen kann; so muss Gellius zugeben, dass wir, laut der Schrift, solche nicht hören und ihre Sakramente (wenn sie gleich die rechten wären, was sie keineswegs sind) nicht unterstützen oder gebrauchen dürfen; denn er gesteht selbst, dass sie unnütze Menschen sind und wünscht, dass sie von ihrem Amte abgesetzt werden möchten.

Zum andern sage ich: Nachdem Gellius zugesteht, dass sie zu solchem Amte unfähig sind und er und sie in einerlei Gemeinschaft, Berufung, Seelsorge und Dienst begriffen sind, warum duldet er dann solche in dem Amte und exkommuniziert sie nicht kraft seiner Berufung, mit dem Rat und der Gutheißung seiner Gemeinde und entsetzt sie nicht ihres Dienstes, da sie ja doch den Gemeinden zum Verderben und Gellius und den Predigern seiner Art (denen ich gerne wünschen möchte, dass sie unsträflich und fromm wären) täglich zum großen Vorwurf, Schande und Spott gereichen?

Sollte er nun sagen, dass die Obrigkeit daran Schuldist, so gesteht er dadurch, dass die Obrigkeiten nicht aus wahren Dienern und Gliedmaßen Christi bestehen (ich meine die allenthalben, wo man sich des göttlichen Wortes rühmt), indem dieselben solche anstößigen Leute wie Meineidige, Schwelger, Geizhälse usw. wie man es leider überall findet, das Predigtamt ausüben lässt, da sie schon durch ihr böses, ärgerliches Leben, ganz abgesehen von der Lehre, dem armen Volke so großen Schaden an der Seele zufügen, welchem die Obrigkeit mit einem einzigen Worte ohne alles Blutvergießen ein Ende machen könnte. Was aber noch über dieses hinausgeht, ist, dass Gellius selbst ein treuloser Hirte und stummer Wächter ist, weil er, trotzdem er solches sieht, die Obrigkeiten, die ihn erwählt haben und die Glieder seines Kirchendienstes sind, über die große Verachtung Gottes und Lästerung seines Wortes, über die bedauernswürdige Zerrüttung der Gemeinden nicht herzlicher ermahnt und ernstlicher tadelt und, wenn sie ihn nicht hören wollen, nicht von dem Gebrauch seiner Sakramente und der Gemeinschaft seiner Kirche ausschließt.

Zum Dritten sage ich, wäre es verständig, wenn Gellius Christum und seine Gemeinde, sowie die rechten Kirchendiener zuerst nach Schriftgebrauch recht kennen lernte, alles mit des Herrn Geist, Wort und Vorbild recht richtete, alsdann sich selbst, die gleich ihm gearteten Prediger und auch seine Gemeinden gründlich damit vergliche, ehe er sich so freventlich den Gottesfürchtigen gegenüber stellte und sie vor jedermann so feindselig anschuldigte.

Ferner sage ich, nachdem er selbst uns von dem Anhören und den Sakramenten der Meineidigen, Säufer, Schläger und dergleichen mehr entbindet, wenn wir ihn recht verstehen; und da er damit seiner Sache bei einigen einen guten Anstrich gibt, finden wir uns in die Notwendigkeit versetzt, durch die Schrift zu untersuchen, wie er selbst als ein Hirte der Gemeinde und Diener Christi bestehen kann.

Ein Bischof, sagt Paulus, soll unsträflich sein, womit alles gesagt ist, was für einen wahren Prediger, Hirten und Lehrer sich gebührt. Es ist aber offenbar, dass Gellius nicht unsträflich, sondern in vielen Stücken sträflich ist; er ist ein Freund der Welt und sucht derselben und den Menschen dem Worte Gottes und dem Vorbilde Christi, der Apostel und der Propheten zuwider zu gefallen, denn sonst bliebe er nicht von der Verfolgung verschont (2Tim 3,12). Auch hätte er seinen Dienst nicht so lange in solcher Gemächlichkeit ausführen können, wie uns das Beispiel Christi, der Apostel und aller wahren Zeugen genugsam beweist. Er ist daher ein Mietling, der sich für einen gewissen Lohn und Jahrgehalt zu seinem Dienst hat dringen lassen, welches dem Beispiel Christi und aller wahren Boten, die von ihm gesandt sind, widerspricht. Auch leidet er nicht nur keine Verfolgung um des Zeugnisses Jesu willen, sondern verfolgt selbst die frommen, gottesfürchtigen Herzen, die weder ihm noch sonst jemandem ein Leid oder Übel angetan haben. Er verfolgt sie gegen das Beispiel Christi und aller Auserkorenen willentlich mit Rat, Wort und Schrift, wie leider aus seinen Schriften ersichtlich ist. Dazu ist seine Lehre unrecht und verführerisch; er ist ein Schelter, Verdammer, Verleumder und Schmäher der Unschuldigen, die Gott von Herzen fürchten und um sein Wort eifern, ja, es sogar mit Gut und Blut besiegeln (was er nicht tut). Dieses alles wird leider bis zum Überfluss dargetan durch seine Schrift, in welcher er die frommen, gottesfürchtigen Herzen auf so unchristliche Weise, ohne alle Billigkeit und gegründete Ursache als abtrünnige Wiedertäufer, Rottengeister, heimliche Einschleicher, Unkrautsäer, abgetrennte Sekten und Apostel und Werkzeuge des Teufels vor der ganzen Welt anschuldigt, verdammt und verdächtigt, obschon sie den Herrn so herzlich suchen und alle Tage Gut und Blut für sein heiliges Wort zum Pfande setzen.

Zudem ist er auch ein Unterstützer und Vorsteher des Reichs des Antichristen, ein Schriftverfälscher, ein Missbraucher der Sakramente, ein Bestärker der Unbußfertigen, ein Lügner, was wir alles, durch des Herrn Gnade, der Reihenfolge nach deutlich zeigen werden.

Drittens sollte man nicht außer Acht lassen, wozu die rechten Prediger berufen werden, nämlich, dass sie des Herrn Wort recht lehren, seine Sakramente recht gebrauchen, den Betrübten trösten, den Unordentlichen ermahnen, das Verlorene wieder suchen, das Verwundete verbinden, das Unverbesserliche ohne alles Ansehen der Person absondern und mit allem Ernst Gottes Weinberg, Haus und Stadt bewachen und hüten sollen, wie die Schrift lehrt (Mt 28,19; 12,30; Mk 16,15).

Seht, meine Leser, dies sind die eigentlichen Ursachen und Zwecke, warum der heilige Geist im Hause des Herrn Bischöfe, Hirten und Lehrer verordnet hat; die Worte Pauli hierüber sind folgende:

»Er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, dass die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amts, dadurch der Leib Christi erbaut werde, bis dass wir alle hinan kommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden, der da sei in dem Maße des vollkommenen Alters Christi.« (Eph 4,11–13)

Worin aber die Berufung des Gellius und aller Prediger der Welt besteht, ist aus ihrer Lehre und ihren Werken nur zu deutlich zu erkennen, nämlich, so zu predigen, wie die Obrigkeit und die Welt es gerne haben und hören mögen. Auch, dass sie den zwei goldenen Kälbern von Dan und Bethel (1Kön 12,28) (versteht was ich meine) opfern sollen; die Gemeinde des Antichristen, ohne Buße und Wiedergeburt aber unter dem Schein des Wortes, in Einigkeit und Frieden des Fleisches, auf den verkehrten, krummen Weg der Finsternis und des Todes, außerhalb von Christi Geist, Lehre und Beispiel halten sollen; dass sie die mutwillige, ruchlose Welt, die, ohne eine neue Kreatur geworden zu sein und ohne Gehorsam des Worts, die Gemeinde Christi heißen will, in ihren unbußfertigen, gottlosen Wesen mit des Herrn Tod und Blut wohl trösten und Christo Jesu mit seinem Wort und Geist mit aller Gewalt wehren sollen, damit, so die böse Welt in ihrer Ungerechtigkeit und ihrem alten Wesen ungestraft fortfährt, die Prediger bei ihrem ungebührlichen Gewinn und sorglosen Leben und das arme, unwissende Volk, sowohl Reiche als Arme, bei ihrer Augenlust, Pracht, Hoffart, ihrem Prassen, Saufen, Geizen, kurz auf dem bequemen und breiten Weg des Fleisches ungestraft bis ans Ende bleiben mögen.

Solches ist leider allenthalben durch Tatsachen zu bekannt geworden, um geleugnet zu werden; dennoch erdreisten sie sich, ihre Sache aufs Schönste mit der Schrift auszuschmücken, viel davon zu sprechen und sich laut der Gnade und Gunst Gottes zu rühmen, Taufe und Abendmahl im Scheine des rechten Wesens zu gebrauchen, gleich als ob sie Christi Kirche und Gemeinde wären, obwohl sie ein ganz und gar eigensüchtiges, widerspenstiges, unbußfertiges, irdisches und fleischliches Volk sind, wie ihr an ihren Früchten offenbar sehen könnt. Schreibe ich die Wahrheit nicht, so straft mich.

Da es nun klarer als das Licht des Tages ist, dass sie nicht berufen werden, um der Gemeinde Christi, die aus Gott und göttlicher Art ist, mit einer heilsamen Lehre, mit rechten, schriftgemäßen Sakramenten, mit ernstlichem Strafen (nicht wie sie mit Schmeicheln und Ansehen der Person), mit treulichem Ermahnen und, wo notwendig, mit Absondern vorzustehen; sondern dass sie sich mit einem falschen Schein umgeben und unter dem Namen Christi und seiner Gemeinde der Welt Diener sind und von ihr reich belohnt werden, die die Welt hoch ehren und lieb haben, von der Welt sprechen, ihr gefallen, die die Welt sucht und gerne hört, da sie, wie Johannes sagt (1Joh 4,5), von der Welt sind; darum ist es drittens ein unwiderleglicher Beweis, dass sie leider nicht berufene Diener der Gemeinden Christi, wie sie fälschlich vorgeben, sondern Diener und Vorsteher oder Unterstützer des Reichs des Antichristen sind, wie man aus ihrer Lehre, ihrem Leben und ihren Früchten (wenn man sie recht gründlich wahrnimmt) in großer Klarheit erkennen kann.

Zum Vierten sollten wir beobachten, was für Früchte sie hervorbringen, denn Christus sagt: »Ich habe euch erwählt und euch dazu bestimmt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt.« (Joh 15,16)

Gleich Gellius erkennen auch wir mit dem heiligen Jesaja, dass die Lehre des heiligen Evangeliums, wenn dieselbe recht nach dem Sinne und Grund Christi und in der Kraft des Geistes gepredigt wird, nimmermehr ohne Frucht sein kann:

»Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin kommt; sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und wachsend, […] so soll das Wort, das aus des Herrn Mund geht, auch sein.« (Jes 55,10–11)

Aber das müssen Gellius und wir wohl bedenken, dass die Säleute zuerst durch die Kraft eines wahren Glaubens und Mitwirkung des heiligen Geistes in Christi Geist, Art und Natur versetzt sein müssen, um die Saat oder das Wort der Predigt dem Volke ohne allen Missbrauch, Sauerteig und Heuchelei heilsam, lauter und unverfälscht lehren und vortragen zu können; denn wo solche Säleute sind, da findet man Wachstum und Gedeihen; des Propheten Wort, welches des Herrn Mund gesprochen hat, ist sicher und wahr. Wo aber keine solche Säleute sind, da steht man zu früh auf, oder geht zu spät aus und alle Arbeit und Mühe ist umsonst, denn Gott wirkt nur zur Buße durch die, die seines Geistes sind.

In Ansehung nun, dass das Wort der wahren Prediger nicht ohne seine Früchte bleibt, wie vorhin bemerkt, wir aber auf der andern Seite wahrnehmen, dass die Saat der Prediger der Welt nirgendwo Frucht zur Buße, sondern, wie zu sehen, nur Heuchler hervorbringt, so ist dies gleichfalls ein unwiderleglicher Beweis aus des Herrn eigenem Wort, dass sie dasselbe nicht in der Kraft haben, dass sie im Gegenteil listige Arbeiter und nicht wahre Prediger sind, oder aber des Propheten Wort müsste unwahr sein, wenn er spricht:

»Denn wo sie bei meinem Rat blieben und hätten meine Worte meinem Volk gepredigt, so hätten sie dasselbe von ihrem bösen Wesen und von ihrem bösen Leben bekehrt.« (Jer 23,22)

Da die Prediger nunmehr auch an der Frucht erkennbar sein sollen, Gellius und alle Prediger seiner Art aber ihre Lehre und Sakramente so viele Jahre vor der ganzen Welt gepredigt haben (was sie auch ohne alle Furcht tun können, da sie der unbußfertigen, ruchlosen Welt dadurch in ihrer Heuchelei und losen Lebensweise nicht widerstreben, vielmehr sie trösten und unterstützen), ohne einen einzigen Wucherer von seinem Wucher, oder einen Geizhals von seinem Geiz zu bekehren, auch ihre Schüler nicht weiter bringen, als dass deren Worte und Mienen einen frommen Schein annehmen und sie den bloßen Namen führen, während sie in ihren Herzen aber unverändert bleiben, die rechte und wahre Gerechtigkeit hassen, auf dem breiten Wege wandeln, der Welt, dem Fleisch, Geld und Gut mit allem Ernst nachjagen, die Prahler Prahler, die Hoffärtigen Hoffärtige und die Lügner Lügner bleiben, wie wahrnehmbar ist, so beweisen ihre kraftlosen Predigten, ihre eitle Lehre und Kirchendienst vollständig, dass ihr Amt nicht von Gott und laut seinem Worte, sondern von dem Sohne des Abgrunds, dem Antichrist und der Welt ist; man schmücke und ziere und rühme die Sache, so viel man wolle. Gottes Wort ist wahr und muss wahr bleiben (Jes 55,11).

Hiergegen kommt nun Gellius und beruft sich auf seine Früchte. Er sagt: Ist die Predigt der Wahrheit und das Licht des heiligen Evangeliums, das wir mit Ernst treiben und mit Wort und Schrift verbreiten, nicht eine schöne Frucht und ein herrliches Zeugnis, dass unsere Berufung von Gott und nicht vom Teufel ist? Denn es wird dadurch des Teufels Reich zerstört und die papistischen Gräuel und Abgöttereien, die Messen, Seelenmessen, Vigilien, die Tonsur usw. sind, Gott sei Lob, ein Geruch des Todes geworden.

Antwort: Würden sie nicht das Silber mit dem Schaum und den Wein mit Wasser vermengen, d. h. die Wahrheit ohne Lügen und das Licht ohne Finsternis, lauter und klar, in Kraft des Geistes predigen und ihre Worte vor der ganzen Welt mit einem frommen, unsträflichen Leben bezeugen und bewähren, so würden wir mit ihnen sagen, dass es ein herrliches Licht und eine edle Frucht wäre. Weil sie aber ein ganz verkehrtes Spiel treiben und die Wahrheit zur Lüge, die rechte apostolische Taufe zu einer Ketzertaufe, Christi Gemeinde zu einer verderblichen Sekte und Rotte stempeln, hingegen die Lüge zur Wahrheit, die antichristliche zu einer christlichen Taufe und die ruchlose, wilde Welt zu einer Gemeinde des Herrn erheben, erklären wir ihre Lehre für verführerisch, gefährlich und schlecht und nicht als die Lehre der Wahrheit, wie Gellius sich rühmt und vorgibt.

Ja, meine Leser, sie predigen des Herrn Wort so, dass gleichwohl die Gottlosigkeit und die Missbräuche in vollem Schwange bleiben; sie lehren die Wahrheit so, dass gleichwohl die falsche Lehre, die Lügen und Verführungen nicht geschwächt werden noch ihnen Abbruch getan wird; ihren Gottesdienst üben sie auf solche Weise, dass dennoch die Höhen in Ehren bleiben und die Abgötterei nicht abgetan wird; sie predigen von der christlichen Kirche, dass die Kirche des Antichristen bei ihnen nichtsdestoweniger in voller Kraft bleibt, wie es der ganzen Welt durch ihre Werke und Tyrannei vollständig bekannt geworden ist. Kurz, es erhellt deutlich genug, dass sie auf eine Weise predigen und das Evangelium verbreiten, dass Buße ganz und gar nicht daraus folgt, sondern dass ein jeder leider gerade so bleibt, wie er ist; ja, was noch schlimmer ist, dass das Volk nicht allein ungebessert bleibt, sondern Tag für Tag schlechter wird. Hier helfen weder Erklärungen, noch Vernunftschlüsse, noch irgendwelche schlauen Vorwände; das Werk selbst ist Zeuge, dass ihre Lehre unwahr und falsch ist, wie zuvor bemerkt (Jer 23).

Wohl sprach die Schlange die Wahrheit, als sie sagte:

»Gott weiß, dass welches Tages ihr davon esst, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott, und wissen, was gut und böse ist.« (1Mo 3,5)

Das aber, was sie zuvor verhieß, nämlich »Keineswegs werdet ihr sterben!« war eine Lüge. Adam und Eva wurden damit betrogen; das Gleiche tun diejenigen, welche der Schlange Wort lehren. Das unbußfertige, fleischliche Volk wird von ihnen so auf des Herrn Tod gewiesen, mit ihren schriftlosen, unbußfertigen Sakramenten und falschen Versprechungen in ihrem boshaften, adamitischen Wesen und Leben so getröstet (wiewohl sie zuweilen gleich der Schlange ein wenig Wahrheit sprechen, von der Schrift Gebrauch machen, die Sünde zum Teil strafen und die Tugend preisen), dass man auch nicht einen finden kann, dem seine Sünden in Wahrheit leid sind, der davon ablässt, von Herzen Buße tut und spricht: Was soll ich tun? Sie gehen mit Lügen um, sagt der Prophet, und stärken die Boshaftigen, auf dass sich ja niemand bekehre von seiner Bosheit (Jer 23,14).

Aber dass ihrer etliche die papistischen Gräuel so geschwächt haben, dafür haben sie und wir dem Herrn billig zu danken. Aber was kann es helfen, dass sie den Papst ausstoßen, da sie selber an seine Stelle treten? Es ist wohl wahr, dass viele Äste von dem Baume des Antichristen abgehauen sind; aber die Wurzel samt dem Stamm steht noch und obwohl sie etliche Höhen darnieder geworfen haben, so wandeln sie doch gleichwohl in den Wegen Jerobeams und sind – um des rechten, wahren Gottesdienstes zu pflegen – nicht nach Jerusalem gekommen.

Ja, guter Leser, hätten die Gelehrten mit festem Vertrauen auf den lebendigen Gott gehofft; fest an seinem Worte gehangen und gehalten; mit der Welt nicht geheuchelt und wären sie mit Tat und Kraft, ohne alle Furcht vor dem Kreuze oder vor der Obrigkeit Ungnade, dem getreulich nachgekommen, was sie an mehreren Stellen in ihren Schriften angewiesen haben; o welch ein herrliches und klares Licht würde dann der Welt erschienen sein, an dessen Statt nun aber infolge der Furcht vor dem Kreuze, durch Heuchelei, Selbstsucht, Gemächlichkeit, Ehrgeiz und Trachten nach Menschengunst, leider eine so verderbliche Finsternis und Verwüstung und der bequeme, breite Weg getreten sind.

Zum andern sagt er: Ist die ganze Bibel von Dr. Martinus, löblichen Andenkens, ins Deutsche übersetzt, eine verächtliche Frucht? Sind die von Luther und vielen andern gedichteten Gesänge oder Lieder eine geringe Frucht? Ist die Beständigkeit, welche trotz Schrecken und Gefahr für Leben und Eigentum, in dieser Zeit der Anfechtung gleichwie im Anfang des Evangeliums gefunden wird, nicht auch eine schöne und rechtschaffene Frucht unserer Sendung? Aber diese Früchte gelten in ihren Augen nicht, oder sie wollen sie nicht sehen, obschon sie die zuverlässigsten und besten sind etc. Hingegen die Früchte des auswendigen Lebens und Umgangs mit den Menschen, obwohl sie wohl manchmal geheuchelt werden, die haben allein Geltung in ihren Augen.

Antwort: Die Verstorbenen mit ihrem Übersetzen, Schreiben und Dichten wollen wir ruhen lassen, denn sie haben bereits ihren Herrn und Richter gefunden und wollen uns zu den Lebenden wenden, denn mit ihnen haben wir zu sprechen. Was seinen Ausspruch anbetrifft, dass Schreiben, Übersetzung und Dichten die besten und sichersten Früchte seien, so ist derselbe meines Erachtens ein sehr unverständiger Ausspruch; denn solche Dinge können durch Gelehrsamkeit und Sprachkenntnis leicht ausgeführt werden, ohne Wiedergeburt und Veränderung des Herzens, wie er selbst wohl weiß. Gleich wie die Bibel oder Schrift von dem größten Teile der Welt mit unreinen, fleischlichen Herzen gelesen wird, ebenso leicht kann sie ohne Zweifel mit einem fleischlichen Herzen, das weder neugeboren ist noch Gottes Furcht kennt, lediglich durch Gewandtheit in den Sprachen und allgemeine Kenntnisse von einer Sprache in die andere übersetzt werden und wie auch die Lieder gewöhnlich ohne Andacht in den Gotteshäusern und Tempeln und mit großer Leichtfertigkeit bei Gastereien, auf den Gassen und in den öffentlichen Trinkherbergen hier und dort gesungen werden, so können dieselben auch ebenso wohl aus einem leichtfertigen Gemüt, ohne allen Geist oder Wiedergeburt fließen. Sie sind mithin keineswegs die zuverlässigsten und besten Früchte, wie Gellius uns glauben machen will, denn sie haben keinen Bestand. Alles aber, was einige in früheren Zeiten aus einem guten Eifer geschriebenhaben und das Schrift ist oder mit der Schrift übereinstimmt und den Frommen zur Besserung dient, das sollte man nach Gebühr loben und preisen.

Aber die sichersten und besten Früchte sind: Gottes Wort in solcher Kraft zu predigen, dass viele dadurch aus Gott geboren werden, sich zu Gott bekehren, Gott von ganzem Herzen fürchten und lieben, ihrem Nächsten aus reinem Herzen dienen, Fleisch und Blut dämpfen, an Jesum Christum mit vollem Herzen glauben, vor seinem Wort erzittern; dass sie nicht wider dasselbe leben oder handeln; den rechten wahren Gottesdienst üben und alle unsere Wege nach des Herrn Geist, Wort und Vorbild richten etc.; denn solche Früchte bleiben (Joh 15,16).

Weiter sage ich: Da er denn die Beständigkeit trotz Schrecken und Gefahr (wie er es nennt), welche einige der Ihrigen in dieser Kriegszeit, die er eine Zeit der Anfechtung nennt, so wir ihn recht verstehen, gezeigt haben, da sie ihre Sache nicht länger mit Waffengewalt behaupten konnten, als eine so hohe Frucht rühmt, obgleich sie vielleicht noch nicht bis aufs Blut versucht worden sind, wie es die Unsrigen täglich werden, warum tadelt, richtet und beschimpft er denn auf so rücksichtslose Weise die Sache unserer Brüder, ungeachtet, dass wir (das weiß der Herr) so gerne recht handeln möchten, auch vor keinem Schwert noch irgendeiner andern tödlichen Waffe etwas wissen oder je gewusst haben, was gewiss niemand in Wahrheit bestreiten kann; die wir in aller Geduld nach dem Vorbilde Christi wandeln, unser Gut und Blut, das wir leicht mit einem einzigen heuchlerischen Worte auslösen könnten, dahingeben und alle Tage in unüberwindlicher Standhaftigkeit, wehrlos, ohne jeglichen Widerstand, gleich Schafen, die man zur Schlachtbank führt, uns haufenweise dem Schwert, Wasser und Feuer willig preisgeben (Ps 44,23; Röm 8,36).

Wir preisen aber Gott, dass etliche von ihnen ihr Blut um des Zeugnisses willen opferten, welches sie empfangen hatten und sind mit Jak 5,11 der Meinung, dass sie selig zu preisen, ja, auch unsere Mitgenossen an dem Leiden Christi sind; denn sie haben mit der Tat bewiesen, dass sie Gott suchten und getreu waren, soweit sich ihre Erleuchtung erstreckte. Was kann das aber diesen nützen, während sie die Augen ihres Verstandes vor dem Licht der offenbaren Wahrheit verschließen, Gottes Geist, Wort und Willen widerstreiten, Lügen predigen, die Sakramente verkehren und missbrauchen und die wilde, wüste Welt in ihrem unbußfertigen, ruchlosen Leben trösten und unterstützen? Die getreuen Helden, auf welche sie sich berufen, haben solches nicht getan, sondern waren treu in allem, das sie für Wahrheit erkannten. Wäre ihre Einsicht eine umfassendere gewesen, so würden sie auch ohne Zweifel um dessentwillen ebenso bereitwillig gestorben sein, als um das, was sie zur Zeit für recht und wahr erkannten. Besitzen nun unsere Widersacher denselben Geist, dann mögen sie sich jener rühmen; ihre Werke aber bezeugen deutlich genug, dass sie leider von ihnen sehr verschieden sind.

Auch schreibt er, dass die Früchte eines auswendigen Lebens allein bei uns Geltung haben. Bezeugen aber nicht unsere harten Bande, schweren Versuchungen und große Trübsal, unser Elend und der Verlust von Gut und Blut, dazu auch unser offenes, klares Bekenntnis überaus deutlich, dass er in dieser Äußerung gegen alle Wahrheit verstößt, ja, dass er uns offenbar Gewalt und Unrecht antut? O boshafte Verleumdung und Verkehrtheit!

Meine guten Leser, nehmt wahr, dass wir ein rechtschaffenes, frommes, gottseliges und bußfertiges Leben lehren und eifrig darnach streben, denn dazu drängt uns die ganze Schrift und die Kraft eines wahren Glaubens. Christus sagt:

»Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, […]« (Mt 5,16)

Auch lehrt Paulus, dass wir uns lauter und unanstößig bis aus den Tag Christi beweisen und dem Herrn und seinem Evangelium zum Gefallen würdig wandeln sollen (Phil 1,10; Kol 1,10). Petrus spricht: »Führt einen guten Wandel unter den Heiden« (1Pt 2,12), und Johannes sagt, dass wir auch wandeln sollen, gleichwie Christus gewandelt hat (1Joh 2,6).

In Ansehung denn, dass die Schrift allenthalben so sehr auf ein frommes Leben weist und dringt, wie schon gesagt worden ist, so ist es gewiss recht und billig (wenn wir dem Worte Gottes Glauben schenken), dass wir uns in unserer Schwachheit befleißigen, dem nachzukommen, was uns des Herrn Geist mit so klaren Worten in seinem heiligen Worte auferlegt und gelehrt hat.

Seine Behauptung aber, dass solche Früchte allein in unsern Augen Geltung haben, entspringt leider einem unreinen Herzen; denn ihm ist wohl bekannt, vermute ich, dass wir ganz klar lehren, dass wir durch keine äußerlichen Werke, wie groß und herrlich sie auch scheinen mögen, selig werden oder Gott vollkommen gefallen können; denn dieselben sind in jedem Falle samt und sonders mit Unvollkommenheit und Schwachheit vermengt und kann durch sie die ursprüngliche Gerechtigkeit, die in den Geboten von uns gefordert wird, nimmermehr vollbracht werden, da unser verdorbenes Fleisch uns daran hindert. Wir weisen deshalb allein auf Christum Jesum, der unsere einzige und ewige Gerechtigkeit, Versöhnung und Genugtuung beim Vater ist und wissen von keinem Vertrauen auf unsere eigenen Werke. Meine Leser, die Wahrheit schreibe ich euch in Christo und lüge nicht (1Kor 1,30; Röm 3,24).

Ach, dass doch Gellius sein zügelloses Sprechen einmal einstellen und sich auf die Wahrheit beschränken möchte. Denn ein Lügner ist ein großer Schandflecken, hat auch keinen Anteil am Reiche Gottes (Offb 21,27). O, dass er einmal fühlen könnte, was ein rechter christlicher Glaube ist, was dessen Art und Natur erfordern und was für eine Kraft er mit sich bringt; er würde alsdann wissen, aus was solch ein frommes, bußfertiges und tadelloses Leben hervorgeht, welches er erst kürzlich so schändlich gelästert und für teuflische Früchte, Heuchelei und neue Möncherei gescholten hat und was er, wie es scheint, auch in Zukunft noch tun würde, wenn ihm nicht die Erfahrung vieler und die große Menge des unschuldig vergossenen Blutes zu gewaltig im Wege stände.

Siehe, lieber Leser, hier kannst du merken, wie sie ihre gräuliche Heuchelei und fruchtlosen, unbußfertigen Kirchendienst mit Schreiben, Übersetzen, Singen usw. verzieren und ausschmücken, was meistenteils ohne alle Wiedergeburt oder Buße geschieht, wie schon angedeutet; und die aufrichtigen, frommen Früchte eines wahren Glaubens, auf welche die ganze Schrift mit allen ihren Zeremonien und Sakramenten dringt, werden in einem verkehrten Sinn gedeutet und ausgelegt, damit sie die Wand mit losem Kalk übertünchen und das arme Volk in seinem Leben und Treiben und seiner Nichtachtung des göttlichen Wortes trösten mögen. Wenn aber des Herrn Wirbelwind, Platzregen und Hagelsteine mit großem Geräusch kommen werden, dann wird die getünchte Wand umgestoßen und darnieder geworfen werden, dass man ihren Grund sehen soll, dass sie da liege (Hes 13,14; Mt 7,25).

Zum Dritten schreibt Gellius, dass das Predigtamt aus zwei Teilen bestehe, nämlich 1. in Ausrotten, Zerbrechen, Zerstören und Verderben; und 2. im Pflanzen, Bauen etc. und rühmt, dass man ihre Früchte, besonders was den ersten Teil anbelangt, weit und breit in vielen Königreichen und Fürstentümern nicht wegleugnen könne; und wie der Herr Jesus Christus die rechtschaffene Buße und den wahren christlichen Glauben durch ihren Dienst in die Herzen vieler so lebendig gepflanzt habe, dass das kleine Häuflein in Emden getröstet und in gewisser Erwartung der himmlischen Güter, durch die Almosen, die gegeben werden, etliche hundert Arme erhält.

Antwort: Dass das erste Werk eines wahren Predigers Ausrotten, Zerbrechen, Zerstören und Verderben und das andere Bauen und Pflanzen ist, geben wir zu und betrachten es als einen sicheren Beweis, dass sie die Prediger nicht sind, die solchen Dienst versehen können. Denn obwohl sie einige grobe Missbräuche und Abgöttereien, die man auch ohne alle Schrift handgreiflich als solche erkennen konnte, in etlichen Städten und Ländern abgeschafft haben, wofür wir dem Herrn ewig danksagen, so bleibt gleichwohl immer noch der Sauerteig aller Verführung, nämlich die falsche Lehre und die schriftlosen Sakramente, womit sie die Welt trösten und in ihrem unbußfertigen Leben bestärken, ohne ihrem alten Wesen Abbruch zu tun; und der Ursprung aller Gottseligkeit, nämlich das verderbte, adamitische Herz, dem alle Ungerechtigkeit entspringt, in allen Dingen unverändert, wie die offenkundigen Früchte leider allenthalben dartun.

Sind sie nun die wahren Prediger, wie sie vorgeben, so lasst sie zuvorderst den ersten Teil mit Kraft ausführen, nämlich die hoffärtigen, übermütigen, die geizigen, unsaubern, die blutschuldigen, tyrannischen Herzen, von denen geschrieben steht, dass sie des Todes würdig sind, mit dem harten Hammer des göttlichen Worts in Stücke schlagen; mit dem ewigen Gericht und der Strafe des allmächtigen Gottes demütigen; ihre gottlose, verderbte Natur und Fleisch mit der Kraft des Gebotes recht aufdecken, damit sie sich selber kennen lernen, ihre Schande einsehen und mit zerknirschtem und reumütigem Gewissen vor dem zukünftigen Zorn und vor der ewigen Strafe des gerechten und großen Gottes aus ihrem Innersten mit Furcht und Beben Buße tun für ihre Sünden und denselben absterben, ihr Fleisch kreuzigen, die Lüste dämpfen und mit gebrochenen und demütigen Herzen vor ihrem Gott wandeln mögen. Seht, das ist das beste und vorzüglichste Ausrotten, Zerbrechen und Abbrechen, von dem die Schrift spricht und wozu die rechten und wahren Prediger berufen sind.

Dann aber lasst sie solche gerührte und zerschlagene Gewissen, solche bußfertige, seufzende Sünder, die gleich Petro und Magdalena in ihren Herzen zerknirscht sind, in Wehmut weinen und mit David ihre Schuld bekennen, zu dem einzigen und ewigen Gnadenstuhl, Christo Jesu, weisen; ihnen Gottes ewige Barmherzigkeit, Liebe, Gunst und Gnade schriftmäßig darlegen; sie mit dem Evangelium des Friedens trösten; das liebliche, lindernde Öl der freudenreichen Verheißungen Christi sorgfältig in die durch das scharfe Nagen des eingegossenen Weines schmerzenden Wunden hineinträufeln (Lk 10,34), auf dass sie durch kräftigen Glauben aus dem tiefen Tod ihrer schändlichen Sünden mit Christo in das neue Leben aller Tugenden auferstehen, mit einem festen Glauben in reiner ungefälschter Liebe, nach dem Vorbilde Christi und aller Frommen, bis ans Ende ohne Ärgernis wandeln und dem Herrn für seine Liebe danken mögen. Seht, so pflanzen und bauen alle wahren Prediger, die durch des Herrn Geist berufen und in seinen Dienst gesandt sind.

Meine Leser, nehmt wahr: da nun Gellius und die Prediger solche Niederreißer und Bauleute, solche Ausrotter und Pflanzer nicht sind, wie ihre Taten beweisen; da sie im Gegenteil das Gute niederreißen und das Böse aufbauen, die Wahrheit mittelst ihrer argen Lehre ausrotten und mit ihren falschen Sakramenten und ihrem zügellosen Leben die Lügen pflanzen, so bleibt unsere Behauptung und Lehre, nämlich, dass sie die rechten Diener Christi und seine gesandten Boten nicht sind, unüberwindlich.

Nun kommen wir zu der Stelle, wo er schreibt, dass der Herr rechtschaffene Buße und einen wahren, christlichen Glauben durch ihren Dienst in die Herzen vieler gepflanzt habe, so dass das kleine Häuflein in Emden getröstet und in Erwartung der himmlischen Güter etc.

Antwort: Wenn dieses in der Tat wahr wäre, wie er schreibt, so müsste es an den Früchten erkennbar sein und durch die Werke offenbar werden. Paulus spricht:

»Das Reich Gottes besteht nicht in Worten, sondern in Kraft.« (1Kor 4,20)

Niemand rühme sich gegen die Wahrheit, denn wir werden einen Richter finden, vor dem nichts verborgen ist. Niemand weiß, was ein rechter christlicher Glaube und wahre Buße sind, als nur derjenige, der dieselben in Wahrheit empfangen und ihre Kraft empfunden hat. Pflanzt aber Gott eine solche Buße in vieler Herzen, wie er vorgibt, wie kommt es dann, dass er und Prediger seines Schlages selbst noch so unbußfertig sind und der Wahrheit mit solcher Feindseligkeit widerstreben? Warum sind sie in der heilsamen Lehre so böse und strafbar? Sind nun diejenigen, von welchen er hier spricht, ihm gleich gesinnt, was wir nicht hoffen, dann hat er die Wahrheit nicht geschrieben; das kann nicht bestritten werden.

Die Herzen, in welche Gott eine aufrichtige Buße und einen wahrhaftigen, christlichen Glauben lebendig gepflanzt hat, können besonders in dieser Zeit der geoffenbarten Wahrheit nicht lange verborgen noch ohne Kreuz (welches die heilige Schrift zusagt) bleiben und sollten sie auch von ihren eigenen Predigern und Blutsverwandten leiden und verfolgt werden müssen. Denn wenn sie ihren wahren Glauben mit einem rechtschaffenen Bekenntnis, mit Leben und Tat bezeugten, welches das Werk eines wahren und lebendigen Glaubens ist, dann würden sie sehr bald erfahren, dass sie mit Christo, ihrem Herrn, nicht lange ohne Kreuz bleiben und frei sein würden. Gellius möge die Sache beschreiben und bemänteln, soviel er wolle und kann, das Wort Christi ist und bleibt ein Wort des Kreuzes; alle diejenigen, die es in der Kraft und Wahrheit annehmen, müssen sich darauf gefasst machen (1Kor 2,2), das lehrt sowohl die Schrift als die Erfahrung im Überfluss.

Dieses musste hier notwendigerweise gesagt werden, auf dass niemand mit einem falschen Ruhm und Wahn getröstet werde, damit des Herrn Wort, zu den falschen Propheten gesprochen, nicht auf uns komme, wo er sagt:

»Ihr urteilt die zum Leben, die doch nicht leben sollten, durch eure Lügen unter meinem Volk, welches gerne Lügen hört.« (Hes 13,19)

Nichtsdestoweniger werden viele wissentlich in ihren Gemeinden gelitten, welche mutwillig in aller Pracht, Hochmut, Prassen, Saufen, Geiz, Lüsten und überhaupt in Werken des Fleisches wandeln, was eines wahren und getreuen Predigers Dienst, durch welchen Gott lebendig wirkt, nicht gestatten darf, wenn die evangelische Schrift und die apostolische Ordnung und Lehre gelten und recht sein soll.

Was aber die Almosen und Unterstützung der Armen anbelangt, so sage ich, dass solches ein gutes und löbliches Werk ist, welches ich von Herzen gut heiße. Viele der frommen heidnischen Philosophen, wie Aristoteles, Plato u. a. m. haben es auch für recht und gut gehalten. Dass aber darin die aufrichtige und wahre Buße oder der rechte Kern einer wahren Liebe, die eines rechten Glaubens Frucht ist, bestehen sollte, dem widersprechen wir; denn Heuchelei mag uns ebenso wohl zum Guten veranlassen, als Liebe, wie wir an den Schriftgelehrten und Pharisäern (Mt 6,1), an den offenbaren Heiden, sowie auch noch täglich an den Papisten beobachten können.

Dieser Ansicht war auch Paulus, denn er sagt:

»Wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte der Liebe nicht; so wäre es mir nichts nütze.« (1Kor 13,3)

Darum sehe sich ein jeder vor, aus welcher Gesinnung und mit was für einem Herzen er seine Almosen gibt; denn die Liebe die aus Gott und göttlicher Art ist, hasst allen Ruhm und Heuchelei und kennt sie auch nicht, dessen bin ich gewiss.

Ist es die Absicht des Gellius, die Unterstützung der Armen und die ihnen geleisteten Dienste, welche ich für sehr lobenswert halte, als eine Frucht wahrer Buße hinzustellen, dann würde ich zum Ersten fragen, ob er an den Unsern Mangel an Almosen gespürt hat, wenngleich sie in fremden Ländern sich kümmerlich ernähren und ihrer Habe teilweise beraubt sind?

Zum andern sage ich, da er hier von einer aufrichtigen Buße rühmt, sollte er doch dieselbe aus einem solchen Glauben herleiten, den die Liebe und Furcht Gottes gebiert und nicht von dem Verteilen von Almosen an die Armen. Denn des Herrn eigener Mund sagt uns, dass die Liebe in dem Halten seiner Gebote besteht, ja, dass dieselbe das größte Gebot ist (5Mo 6,5; Mt 22,37).

Ja, meine Leser, wenn er und die Seinen die aufrichtige, wahre Buße und den wahren christlichen Glauben, welche seinem Dünken nach lebendig in ihre Herzen gepflanzt sind, recht begreifen und einsehen könnten, o wie herzlich würden sie ihren Gott fürchten, für seine große Gunst und Wohltat lieben und ihm danken und wie ganz bereitwillig seinem heiligen Worte folgen und gehorsam sein! Wie sie ihn aber für seine Gunst und Liebe liebhaben und ihm danken und wie sie seinem Worte gehorchen und nachkommen, dafür liefern ihre Taten und Früchte leider einen zu offenkundigen Beweis.

Haben sie nun Gott lieb und ist der wahre, tätige Glaube mit der rechtschaffenen Buße in ihre Herzen lebendig eingepflanzt, wie er rühmt, warum wandeln sie dann noch so nach heidnischer Weise – in aller Pracht, Hochmut, Augenlust, Schmuck und Zierrat der Häuser, Habsucht, Prassen, Saufen und achten das Wort Pauli nicht, nämlich:

»Denn wenn ihr nach dem Fleische lebt, so werdet ihr sterben müssen.« (Röm 8,13)

Lieben sie aber ihren Nächsten, wie es die Schrift befiehlt und die wahre Buße mit sich bringt, warum wuchern und geizen sie dann noch so untereinander? Warum handeln sie gegeneinander so treulos? Warum rechten und prozessieren sie? Bei den Seinen herrscht noch allenthalben Hass, Neid, Lügen, Betrügen, Afterreden und Ehrabschneiden, dazu auch Fluchen, Schwören, Streiten, Fechten, Kriegen, Plündern, Rauben, bei einigen auch Hurerei und Meineid, ganz zu schweigen von dem jämmerlichen Schelten, Schänden und Beschimpfen aller derjenigen, die den Herrn suchen und fürchten. Was für ein Glaube und eine Buße es sind, die er hier so hoch rühmt, mögt ihr in der Furcht eures Gottes bedenken.

O meine lieben Leser, nehmt wahr, dies ist untrüglich: wo ein rechtschaffener, wahrer Glaube ist, da ist auch die Gerechtigkeit des Glaubens; wo die ungeheuchelte, christliche Liebe ist, da findet das heilige Wort auch Gehorsam und wo eine aufrichtige wahre Buße ist, da wird auch ein unsträfliches Leben nach der Wahrheit geführt; dies kann nicht bestritten werden.

Ist es nicht eine falsche Behauptung, das Geben von Almosen, von welchem man nicht recht weiß, ob es aus reinem, wahren Herzen oder nur aus Heuchelei und Sucht nach eitler Ehre geschieht, als eine wahre Buße zu bezeichnen, da er es ja mit Händen greifen kann, dass diejenigen, welche dieses Werk üben, fast sämtlich ganz weltlich und fleischlich, ja, ohne Buße und Wiedergeburt sind?

Wohl wäre es gut, wenn er beherzigen könnte, was da geschrieben steht:

»Die Gaben der Gottlosen gefallen dem Höchsten gar nicht; und Sünden lassen sich nicht versöhnen mit vielen Opfern. Wer von des Armen Gut opfert, der tut eben als der den Sohn vor des Vaters Augen schlachtet. Gottes Gebot halten, das ist ein reich Opfer. Gottes Gebot groß achten, das Opfer hilft wohl. Von Sünden lassen, das ist ein Gottesdienst, der dem Herrn gefällt; und aufhören, Unrecht zu tun, das ist ein recht Sühnopfer.« (Sir 35)

Und:

»Gehorsam ist besser denn Opfer und Aufmerken besser, denn das Fett von Widdern!« (1Sam 15,22)

Ferner sage ich, dass ich ganz wohl zu wissen glaube, dass die zuvor erwähnten Almosen, deren er sich rühmt, nicht etwa der armen Witwe aus ihrer Notdurft gegebenen zwei Scherflein oder Heller, sondern lediglich ein kleines Bröckchen von ihrem großen Überfluss, Reichtum und Wohlleben sind. Ich behaupte es ohne Rückhalt und bezweifle es auch nicht, dass, wenn sie ihre Seide, ihren Damast und ihren äußerst großen Überfluss an Kleidern, in welchem so viele von ihnen prunken, den prächtigen Zierrat ihrer Häuser, ihre goldenen und silbernen Kränze, sowie die unnützen, kostspieligen Strümpfe, die goldenen Ringe und Ketten, die versilberten und vergoldeten Degen, dazu das den Elenden Geraubte, welches in den Häusern von etlichen zu finden sein dürfte, zu der Armen Unterhalt anwenden würden, diese nicht den geringsten Mangel zu leiden hätten. Und dieses, meine Leser, bezeichnet er als ein hoch zu rühmendes Werk wahrer Buße. Wenn man ein solches Rühmen äußerlicher Werke von uns erfahren sollte, wie bald würden wir hören müssen, dass wir Werkheilige seien, die durch eigenes Verdienst selig werden wollen.

O Herr, o lieber Herr, so wird das unverständige, dumme Volk ganz betrogen und in ihrem unbußfertigen, ruchlosen Leben mit einem selbstgewirkten Werke getröstet. Wohl mit Recht werden solche Prediger vom Geiste des Herrn Friedensprediger, Kissenleger und falsche Tüncher gescholten (Hes 13,10), weil sie solch ein fleischliches Volk laut des prophetischen Wortes bußfertig und selig preisen, trotzdem dasselbe noch so ganz irdisch und eitel gesinnt ist, wie ihr täglicher Wandel vor der ganzen Welt öffentlich bezeugt und kund tut.

Mein getreuer Leser, merkt auf des Herrn Wort und nehmt wahr, dass es nicht immer ein wahrer, christlicher Glaube oder eine aufrichtige Buße ist, welche die Menschenkinder, welche gerne auf dem breiten Wege wandeln, euch zuweilen als einen wahren Glauben und eine aufrichtige Buße lehren und darstellen; sondern nur das heißt ein wahrer Glaube, welcher alle Worte Gottes, die des drohenden Gebots sowohl als des tröstenden Evangeliums (Eph 2,8) von Herzen annimmt und sich darauf, als auf das untrügliche, wahre Wort Gottes verlässt und damit tröstet. Einem solchen Glauben, von Paulus eine Gabe Gottes genannt, entspringt die Furcht Gottes, welche die Sünde austreibt und die wahre Liebe, die das Herz erfreut, vergnügt und zum Gehorsam des Worts willig macht.

Wo nun ein Glaube ist, welcher ein solch neues, bekehrtes und verändertes Herz gebiert, das der Sünde abstirbt und dem neuen Leben nachtrachtet, uns aus Adam in Christum versetzt, den alten Menschen mit allen seinen Werken auszieht und den neuen mit seinen Werken antut und mithin alle seine Gedanken, Worte und Werke nach des Herrn Geist, Wort und Wegen regelt, siehe, da ist aufrichtige Buße, welche uns die heiligen Propheten, Johannes der Täufer, Christus Jesus, mit allen Aposteln und frommen Dienern Gottes so ernstlich befohlen und so getreulich dazu ermahnt haben (Mt 3,8; Lk 13,24).

Alle, die nun diesen Glauben und diese rechtschaffene Buße in der rechten Weise predigen und dadurch Früchte hervorbringen sollen, die müssen erst selbst recht glauben und wahre Buße tun; das ist zu augenscheinlich um bestritten zu werden; dass aber Gellius mit den ihm gleichen Predigern noch keineswegs in Kraft und Wahrheit glaubt, auch keine wahre Buße tut, darüber will ich ihre eigenen Schriften und Früchte, sowohl hier, als vor dem Stuhle Gottes und Christi, Zeugen und Richter sein lassen.

Ferner schreibt Gellius und sagt: Doch wenn es nun wirklich so wäre, dass viele unserer Zuhörer die Predigt des heiligen Evangeliums auf Mutwillen zögen, wie Judas sagt und dass nur wenig der Früchte des Lebens unsrer Lehre entsprängen (trotzdem viele fromme, bußfertige Herzen solche bringen, so dass wir es nimmermehr zugestehen können), selbst dann wäre es nur, wie die alten Klagereden des Propheten Jesaja lauten, wenn er sagt: Wer glaubt unsrer Predigt etc. Auch weist er auf die Worte Christi, nämlich: Haben sie mein Wort gehalten, so werden sie das eure auch halten – womit er ohne Zweifel sagen will: Gleichwie die Welt meine Lehre nicht gehalten hat, so wird sie auch die eure nicht halten. Auch beruft er sich auf das Gleichnis, das von den viererlei Arten der Saat oder des Erdreichs handelt (Mt 13,8; 19,23).

Antwort: Niemals seit dem Anfang der Welt ist es Gottes Weise und Gebrauch gewesen, durch Unbußfertige Buße zu verkündigen. Der Mund und die Weisheit Gottes sagen:

»Kann man auch Trauben lesen von den Dornen, oder Feigen von den Disteln?« (Mt 7,16)

Da es nun klar ist, dass Gellius und die ihm gleichen Prediger noch so irdisch und fleischlich gesinnt sind und von einem unbarmherzigen, tyrannischen und lästernden Geist getrieben werden, welcher eigentlich die angeborne Art, Natur und Frucht der alten Schlange ist, wie können sie dann das bußfertige, fromme Leben und den fruchtbringenden, barmherzigen und lieblichen Geist, Art und Natur Christi predigen, die sie nicht allein verleugnen, sondern auch als Heuchelei schelten und an allen Frommen bitterlich hassen?

Zum andern befürchte ich, dass das Friedenpredigen und Kissenmachen der Gelehrten, wie es hier geschieht, nur wenige Menschen in einen bußfertigen Herzenszustand versetzen wird. Denn obwohl es ein so arger, wilder Haufen ist, dass man sich über die bei demselben herrschende Bosheit entsetzen muss, so werden dieselben dennoch von ihren Predigern dergestalt mit ihrer Kindertaufe, ihrem Nachtmahl, ihren Almosen und mit des Herrn Verdienst, Gnade, Tod und Blut getröstet, dass sie alle sich dünken lassen des Herrn auserwählte, heilige Gemeinde, Kirche und Volk zu sein.

Drittens sage ich, da er im Zweifel spricht und sagt: Wenn es nun wirklich so wäre, dass viele unsrer Zuhörer die Predigt auf Mutwillen zögen und nur wenig Früchte des Lebens von unsrer Lehre entsprängen, welches wir aber nimmermehr zugestehen können, der Leser scharf beobachten wolle, wie gewaltig sie die Welt verteidigen und des Antichristen Kirche unterstützen und in Schutz nehmen, indem sie sagen: wenn es so wäre etc. Und doch ist die ganze deutsche Nation bereits durch die Predigt ihres bequemen Evangeliums in eine so wilde, wüste Zügellosigkeit geraten, dass man ihnen ihre offenbare Unzucht, Pracht, ihren Hochmut, ihr Prassen, Saufen, Fluchen und Schwören und ihre unzüchtigen und garstigen Worte nicht verweisen kann, ohne sofort hören zu müssen, dass man ein Rottengeist, Landstreicher, Schwärmer, Himmelsstürmer, Wiedertäufer und was dergleichen rohe Schimpfworte noch mehr sind, sei.

Was nun aber die Klage Jesajas anbetrifft und die Worte Christi: Haben sie mein Wort gehalten etc. (Joh 15,20), mit welcher er seine unschriftmäßigen Übungen und unbußfertige Lehre schmücken und verdecken will, so möchte ich ihn fragen, ob Christus und die Apostel solche, die nach dem Fleische lebten, wie z. B. Säufer, Flucher, Wucherer, Habsüchtige, Hurer etc. als ihre Jünger annahmen, ehe dieselben aufrichtige Buße taten?

Wenn er bejahend antwortet, so spricht er wider alle Schrift, denn Paulus sagt, dass wir mit solchen, wenn sie sich auch Brüder nennen lassen, nicht essen sollen und dass sie das Reich Gottes nicht ererben sollen (1Kor 5,11; 6,9–10). Antwortet er aber verneinend, so müsste ich wiederum fragen, warum sie dieselben dann für Jünger annehmen, wiewohl sie nicht Jünger Christi, sondern, nach seiner eigenen Aussage, von der Welt sind?

Sollte er erwidern, dass sie solches nicht tun, dann würde ich die Frage stellen, warum sie ihre Kinder taufen, ehe sie ihnen (den Eltern) das Abendmahl verabreichen. Und ob es nicht weit besser sein würde, sie laut der Schrift von der Gemeinschaft derjenigen auszuschließen, die er für fromm erachtet. Sollte er dann entgegnen, dass solche ihm nicht bekannt wären, was er aber, der Wahrheit gemäß, keineswegs sagen kann, so würde ich schließlich noch fragen, ob er nicht einen Baum an seiner Frucht zu erkennen vermag, nicht ein Licht, das in der Finsternis scheint (und alle wahren Christen werden in der Schrift Lichter genannt) und eine Stadt, die auf einen hohen Berg gebaut ist, zu sehen vermag (Mt 5,14).

In Ansehung dann, dass Gellius und alle Prediger solche Unbußfertigen, denen er selbst, wie schon gehört, die Bezeichnung von der Welt gibt, gegen Christi und der Apostel Lehre und Gebrauch, in dieGemeinschaft ihrer Kirche aufnehmen und sie in derselben dulden, so kommen sie nicht umhin, zu bekennen, dass auf solche Weise Christi Kirche die Welt ist, oder aber die Welt Christi Kirche sein muss; dass sie die Sakramente, die allein den Bußfertigen, welche sich unter den Gehorsam des Worts in die Gemeinde des Herrn begeben haben, nach Inhalt der Schrift zustehen und gebühren, der apostolischen Lehre, Ordnung und Vorbild zuwider, auch der Welt verabreichen; dass sie die Bußfertigen (wenn es deren welche gibt) dadurch in die Gemeinschaft der Unbußfertigen einschließen und dass sie offenbare Schmeichler sind und Feinde des Kreuzes Christi (Phil 3,18); dass sie den Großen heucheln und der Welt zu Gefallen sind, damit sie bei ihrer Gemächlichkeit bleiben können; und somit das Wort und die Ordnung des Herrn aus eitel Untreue und ihrem Bauch zu Liebe öffentlich übertreten und sie als kraftlos und unwichtig zurücksetzen.

So auch, was seine Bezugnahme auf des Herrn Gleichnis anbetrifft (Mt 13,4), so wäre es wünschenswert, dass er darin etwas bessere Einsicht besäße und sich nicht mit demselben trösten möchte; denn es findet nur Anwendung auf die wahren Prediger und Jünger, welche dem Worte und Kreuz Christi gehorsam und der Prüfung ausgesetzt sind; nicht aber auf die kreuzflüchtigen Prediger und die Welt, welches nicht nur aus der Schrift sondern auch durch die Erfahrung wahrnehmbar ist.

Denn etliche werfen die empfangene und erkannte Wahrheit zurück und die eingesäte Saat wird von den Vögeln des Himmels aufgelesen und bringt keine Frucht. Etliche werden von dem Brand der Sonne, Kreuz, Druck und Elend schwach und müde, verdorren und verwelken und beweisen es mit der Tat, dass sie Holz, Heu und Stoppeln sind (1Kor 3,12). Etliche werden von den Sorgen dieser Welt und von dem betrüglichen Reichtum und der Wollust dieses Lebens erstickt, so dass die empfangene Erkenntnis in ihnen erstirbt und die Lust und Liebe dieser Welt die Oberhand gewinnen, was zu unsern Zeiten, wie auch bei der ersten Kirche, an solchen, die mit Demas die Welt wieder liebgewinnen, leider mehr als genug bemerkt wird.

Allein die Letzten empfangen es in einem reinen, frommen Herzen und bringen ihre Frucht in Geduld; denn obwohl sie mit allerlei Anfechtungen, Nöten, Bedrückungen und Todesgefahren versucht werden, sind sie dennoch mit einem wahrhaften Glauben, mit Liebe, Hoffnung, Geduld und Duldsamkeit durch Gottes gnädige Hilfe so gewaffnet und in Gott befestigt, dass kein Feuer der Trübsal sie verzehren (denn sie sind Gold, Silber und Edelsteine), noch Schwert oder Pein sie vom Wege des Herrn abschrecken oder verhindern kann (Röm 8,38).

Dass nun solche Christen die beregte Parabel angeht und nicht die Welt und seine Prediger, erhellt hieraus deutlicher, als dass man es verkennen oder leugnen könnte. Und so bleiben Gellius und die weltlichen Prediger seiner Art Verteidiger der Ungerechtigkeit, Tröster der Unbußfertigen und Diener des Reichs des Antichristen; die nicht allein ihre eigenen Seelen, sondern auch die Seelen ihrer Gemeinden jämmerlich betrügen und sie in ihren wüsten Gräueln, in ihrem unbußfertigen, fleischlichen Leben mittelst ihrer Entstellung der Schrift und kraftlosen Tröstungen unterstützen und verteidigen.

Zum Fünften muss man in Betracht nehmen, welches der Prediger eigentliches Begehren und Streben sein soll. Die Schrift lehrt, dass Mose und Jeremia sich ihres Amtes und Dienstes sehr weigerten, aber dennoch von Gott berufen und in seinen Dienst geschickt wurden, wie Jeremia klagte, als ihm das Kreuz schwer fiel (2Mo 4,10; Jer 1,6; 20,8).

Das erste und letzte Streben aller Propheten, Apostel und treuen Diener Gottes ist niemals ein anderes gewesen, als dass sie den Namen ihres Gottes kundtun und ihren Nächsten auf den Weg des Friedens weisen möchten. Geld und Gut, Ehre und ein bequemes Leben haben sie nicht gesucht, sondern sie haben ihr auferlegtes, schweres Amt, das bei diesen achtlosen Leuten leider nicht erwogen wird, mit vielen harten Anfechtungen, mit Elend, Bangigkeit, Trübsal, Schlägen, Armut, Banden und viele auch mit Marter und Tod ausführen müssen, wie die Schrift samt der Geschichte an vielen Orten bezeugt und uns mitteilt. Aber wie sehr der Welt Prediger sich ihres Dienstes bis hierher geweigert haben und noch weigern und was sie darin suchen (Hes 13), lehren uns der heilige Geist und die Erfahrung in aller Klarheit, die da sagen, dass sie den Frommen den Tod und den Gottlosen das Leben zusagen und das um eine Handvoll Gerste und um einen Brocken Brots; dass sie das Fette und die Wolle, Milch und Fleisch suchen, sich selbst und nicht die Herde des Herrn weiden (Hes 34,3); dass sie Frieden predigen, wenn man ihnen zu essen gibt (d. i. wenn man sie mit Geld teuer bezahlt) und einen Krieg herbeirufen, wenn man ihnen nichts in den Mund wirft (Mi 3,5).

Offenbare Tatsachen beweisen es als eine Wahrheit, dass sie durchaus nicht die Seligkeit der Seelen, sondern ein sorgloses, gemächliches Leben suchen; denn wir haben niemals in unserm Leben die Wahrnehmung gemacht, dass an einem Orte, bar an Zins und Prachtgeldern, Prediger wohnten. Dass auch Gellius ebenfalls nicht die Schafe, sondern die Einkünfte sucht, hat er jüngst mit der Tat bewiesen, als er die in Norden verließ, wo er gleichermaßen seinen Beruf hatte und sich nach Emden begab, wo das jährliche Einkommen größer war; eine Handlungsweise, welche ehedem die Kirchenväter in ihren Konzilien und Dekreten für unrecht ansahen und mit dem Bann bestraften.

Wenn er nun die Seelen suchte und nicht die Einkünfte, wie es einem guten und getreuen Hirten nach dem Vorbild seines Herrn Christi und allertreuen Diener zusteht, warum machte er denn seinen ersten Beruf, welcher, seinem Vorgeben gemäß, ebenfalls göttlich war, eitel? Warum verließ er die ersten Schafe, die nicht weniger durch des Herrn Tod erlöst und mit seinem teuren Blut erkauft waren, als die letzten, welche er gegenwärtig weidet? O Heuchelei und Decke des Fleisches!

Auch sagt Gellius in Bezug auf den Unterhalt der Prediger, dass es ihnen ganz wenig Kummer mache, auf welche Weise die Gemeinde (von der die Obrigkeit ein Teil sei) sie versorge und mit allem Notwendigen versehe, wenn es feststehe, dass, solange sie dem Evangelium dienen, sie auch von dem Evangelium ernährt werden und leben sollen; er führt an Mt 10,10; Lk 10,7; 1Tim 5,18.

Antwort: Wenn Gellius und die Prediger solche Arbeiter wären, von denen in diesen angeführten Kapiteln die Rede ist, so wäre es offenbar, dass ihnen der notwendige Unterhalt vom Evangelium zukäme und verheißen wäre. Wenn sich aber jemand in einen Dienst begibt und seines Herrn Gut unnütz ausgibt und verschwendet, der untreu ist, in allen Dingen seinen eigenen Vorteil sucht, der seines Herrn Nutzen, Willen und Ehre zuwider handelt – gebührt einem solchen untreuen Diener ein solcher Lohn oder Unterhalt, wie er den treuen und fleißigen Arbeitern billig zukommt? Ich denke, ihr werdet dieses verneinen und vielmehr sagen müssen, dass ihn die Ungnade und Strafe seines Herrn treffen wird, da der Herr ja spricht:

»Wenn nun der Herr des Weinbergs kommen wird, was wird er diesen Weingärtnern tun? Sie sprachen zu ihm: Er wird die Bösewichte übel umbringen und seinen Weinberg andern Weingärtnern auftun.« (Mt 21,40–41)

Wir geben zu, dass in der Schrift den aufrichtigen und getreuen Dienern ihr Unterhalt verheißen ist. Da aber Gellius und die ihm gleichen Prediger treulose Arbeiter sind, die ihres Herrn Gut verbringen, seinen Gewinn stehlen, seine Schafe zerstreuen und nicht sammeln, seine köstlichen Kleinodien, nämlich die armen, elenden Seelen ohne alle Furcht und Scheu haufenweise der Hölle zuführen, wie ein wahrhaft Wiedergeborner mit dem Wort des Herrn aus dem Zeugnis der offenbaren Werke richten und sehen kann, so ist sicherlich ihr Unterhalt kein Unterhalt der treuen Prediger, sondern ein ungebührlicher, schändlicher Gewinn, ein ungeziemender Broterwerb und ein Lohn für die Verführung der Seelen, welches jeder verständige Mensch zugeben muss. Ach, mein getreuer Leser, bedenke es nur, solange wie die Welt ihren Predigern solche herrlichen Häuser und so große Besoldungen austeilt, es an zahlreichen falschen Propheten und Verführern nicht mangeln wird.

Alle Ketzerei, Verführung, Abgötterei, Tyrannei, Trunkenheit, Pracht, Heuchelei, können sie auf ihre Weise mit der Schrift verteidigen, so auch ihren ungebührlichen, schändlichen Bauchdienst und ihr sorgloses Leben, so dass die dumme, blinde Welt es für recht hält.

Aber ich bezeuge es öffentlich, ich bezeuge es und schweige nicht, dass der Welt Prediger alle miteinander Bileamiten sind, die den Lohn der Ungerechtigkeit lieben (4Mo 22; 2Pt 2,16) und um eine Handvoll Gerste und einen Bissen Brots dienen, womit sie Gottes Namen entheiligen (Hes 13,19); sie sind Propheten Isebels, die von ihrem Tisch essen (1Kön 18,20); Diener und Verteidiger Maussims, die vom Antiochus, d. h. vom Antichrist, mit großen Gütern ausgezeichnet werden (Dan 12); Ahabiten, die aus Begierde nach seinem Acker den frommen Nabot steinigen, nämlich welche durch ihr Anstiften mit Wort und Schrift, mit Afterreden, Anklagen und Zustimmung manch unschuldiges, frommes Gotteskind in den Tod bringen. Auch sind sie Jerobeams Priester, die sich für Geld oder jährlichen Lohn dem Beispiel Christi und aller seiner heiligen Apostel zuwider einem offenbar unbußfertigen und deshalb aller evangelischen Schrift und Vorbild widerstreitenden Kirchendienst verdingen, der in jeder Hinsicht ohne Kraft und göttliche Einwirkung, ohne Besserung und Wiedergeburt gepflegt wird, wie man deutlich sehen kann, da ihr Dienst sich als ein kraftloses Werk und Nachäffen und zudem noch als eine unziemliche Krämerei sich kundgibt.

O wie klar hat sie der heilige Geist uns vorgezeichnet, wenn wir nur sehen wollten, indem er spricht:

»Und durch Geiz mit erdichteten Worten werden sie euch ausbeuten.« (2Pt 2,3)

Und wiederum:

»Und achten das Ansehen der Person um Nutzens willen.« (Jud 16)

, und dergleichen Stellen mehr. Denn dass sie den ungebührlichen Gewinn und das gemächliche, träge Leben von Jugend an gesucht haben und noch suchen, ist so offenbar, dass man es gar nicht leugnen kann.

Außerdem sind ihre Einkünfte und Güter vom Antichrist mittelst listigen Handels, zauberischer Dieberei und geistlicher Räuberei erlangt, werden auch jetzt noch täglich von solchen Leuten bezogen, die ohne alle Buße auf dem breiten Wege wandeln und zu des Herrn heiligem Worte leider wenig Lust haben.

Sie heucheln und schmeicheln den Oberherren und Großen, sie trösten die Unbußfertigen und verfolgen die Gottesfürchtigen; sie verfälschen Christi klares Wort, Sakramente und Ordnung, womit die Gemeinde in Christo versammelt und erhalten werden muss; sie predigen, wie es die Welt gerne hören und haben will, auf dass sie den Blutlohn für den Verrat der armen, elenden Seelen, den sie mit so großem Fleiß suchen, unter einem Schein des Evangeliums mit Ehren erlangen, in Frieden besitzen und gute Tage dabei haben mögen. Dennoch trösten sie sich, dass sie das Evangelium bedienen und deshalb von dem Evangelium leben sollen. Seht, so können sie allen falschen Sachen und Werken mit der Schrift ein gutes Aussehen und allerlei Heuchelei einen schönen Schein machen. Meine getreuen Leser, ich warne euch in reiner Liebe, nehmt es wahr.

Noch einmal sage ich euch: Die aufrichtigen, treuen Diener Christi haben von solchen jährlichen Renten und Gütern in der apostolischen Kirche nichts gewusst, sondern sie haben meistenteils ihr eigenes Brot mit ihrer eigenen Hände Arbeit erworben, gleichwohl aber der Gemeinde Christi gedient und mit einer unsträflichen Lehre und Leben in aller Liebe und Demut vorgestanden. Sie haben über des Herrn Haus, Stadt und Weinberg fleißig gewacht; allen bösen, verführerischen Geistern mit des Herrn Wort gewehrt; die Unordentlichen ermahnt; die Betrübten getröstet; die Übertreter bestraft; die Ungehorsamen und Widerspenstigen abgesondert und ihren Dienst redlich ausgeführt; die Welt haben sie Welt bleiben lassen und ihr Kreuz geduldig getragen, sich mit wenigem begnügt und was außerdem zu ihrer Notdurft diente, das haben sie nicht von der Welt, sondern mit Einfältigkeit, ohne alle Habgier und Lust nach schändlichem Gewinn, aus der gottesfürchtigen Jünger Hände empfangen, da die Schrift ihnen solches bewilligte (Mt 10,10; 1Tim 5,18) und freistellte, wie oben schon einmal angeführt ist; denn sie weideten die Herde fleißig und brachten die Garben und Früchte in ihres Herrn Scheuern, wie der Propheten und Apostel Vorbild lehrt und des Herrn Geist und Wort allen getreuen Dienern befiehlt und auferlegt.

Ich will nun meine Bemerkungen in Bezug auf die Berufung der Prediger mit Folgendem beschließen: Da die Schrift lehrt, dass die Diener des heiligen Wortes ordentlich berufen werden sollen, entweder vom Herrn selbst oder durch die Vermittlung der Gottesfürchtigen, wie schon erwähnt worden; dass sie unsträflich sein, des Herrn Gemeinde recht regieren und bleibende Frucht bringen sollen; dass sie ausreuten und bauen und nicht den ungebührlichen Gewinn, sondern des Herrn Preis und ihres Nächsten Seligkeit von Herzen suchen sollen und da wir sehen und mit Händen greifen können, dass sie leider allesamt von solchen Leuten berufen werden, denen wir gerne wünschten, dass sie Christi Geist hätten; da sie selbst in allen Dingen sträflich sind, in Anbetracht ihres unbarmherzigen und tyrannischen Gemütes und irdischen, fleischlichen Wandels; da sie das Evangelium verkehren und nicht recht in der Kraft und wahren Buße lehren, die Sakramente unrecht gebrauchen, ohne Kraft, Geist und Besserung und dieselben solchen verabreichen, die keine Jünger Christi sind; da sie das Volk verführen, keine bleibenden Früchte bringen, das Böse pflanzen und das Gute ausreuten, nicht Gottes Ehre und Preis, sondern ihren eigenen Nutzen, der Welt Gunst, ein gemächliches Leben und müßige Tage suchen, wie ich ihre Lehre, Sakramente, Früchte und ihr Leben bezeugen lasse, so sage ich deshalb unumwunden, dass sie keine berufenen Prediger und Diener der Gemeinde Christi sind, denen wir nach Laut der Schrift, wie sie vorgehen, gehorchen, folgen und sie annehmen sollen, sondern dass sie offenbare Bauchprediger und Diener des Antichristen sind, vor welchen wir allenthalben in des Herrn Wort gewarnt werden, dass wir ihnen oder ihrer Lehre nicht gehorchen, sondern sie als Verführer, falsche Propheten, böse Menschen und treulose Arbeiter meiden, fliehen und scheuen sollen (Jer 23,1; Mt 7,15; Röm 16,17; Phil 3,18; 1Tim 6,3–5; 2Joh 10).

Ja, mein Leser, was wollen sie doch so viel sprechen und über ihre Berufung, ihr Predigtamt und ihren Kirchendienst sich ergehen? Es ist nach Inhalt der untrüglichen Verheißungen und Weissagungen Christi und der Propheten nicht möglich, dass ein rechter, wahrhafter und getreuer Prediger, Zeuge oder Lehrer, besonders in der gegenwärtigen bösen Zeit und allerärgsten, tyrannischen Welt, das Evangelium Jesu Christi und die göttliche Wahrheit in rechter Weise, ohne alles Ansehen der Person, rein und unverfälscht mit Wort und Tat lehren und bezeugen könnte, ohne darum vertrieben, verbannt, steckbrieflich verfolgt oder getötet zu werden; viel weniger möglich aber ist es, dass ein solcher in aller Behaglichkeit, wie bei ihnen der Fall und unangetastet wohnen und ohne Verfolgung bleiben, ja, dass er von der Welt großen Jahrgehalt beziehen und von jedermann hoch geehrt und gepriesen werden könnte.

Man durchlese die ganze heilige Schrift und forsche, ob Christo oder seinen heiligen Aposteln oder irgendwelchen seiner wahren Zeugen und treuen Nachfolger eine solche Behandlung geworden ist; ob ihnen nicht allenthalben Kreuz, Elend, Bangigkeit, Gefängnis und Tod in Aussicht gestellt worden und meistenteils auch begegnet ist. Auch lehrt solches reichlich die tägliche Erfahrung.

Wäre nun die Handlungsweise der Prediger die rechte, wandelten sie in den Fußstapfen Christi und seiner Apostel; wären ihre Lehren und ihr Tun ebenfalls recht, wie sie vorgeben, dann müsste die ganze heilige Schrift unrecht, das Wort des Kreuzes vollendet und Christus und seine Weissagungen müssten falsch sein – das ist unwiderleglich. Daher ist auch all ihr Ruhm und ihr listiges Vorbringen ihrer Berufung, Lehre, ihres Predigtamts und Kirchendienstes, nebst ihrer Verteidigung im Grunde falsch, nichtig, heuchlerisch, ungereimt und ohne alle Wahrheit:

»Sie suchen alle das Ihre, nicht das Christi Jesu ist.« (Phil 2,21)

Suchen ihre eigene Gemächlichkeit, nicht aber die Seligkeit ihres Nächsten; sie sind Feinde des Kreuzes Christi, dienen ihrem Bauch etc. (Röm 16). Würden sie alle Gottlosigkeit, Abgötterei, Pracht, Eitelkeit, Heuchelei, Untreue, allen Missbrauch und Hochmut dieser Welt ohne Ansehen der Personen an Hoch und Niedrig nach Gebühr strafen, mit gleichem Ernst, Eifer, Herz und Geist, wie Christus, seine heiligen Apostel und treuen Zeugen, ohne Furcht darin fortfahren und einen ebensolchen Gräuel wie jene an der Ungerechtigkeit der Welt haben, dann würden sie nicht lange in ihrem bequemen Leben und ihren wohlgebauten Häusern verbleiben, nicht viele Einkünfte beziehen und wenig Ansehen mehr bei der ruchlosen Welt haben und behalten – dessen bin ich sicher.

Aber nun müssen sie es anders machen, müssen (wie man sagt) den Rock dem Manne anpassen und überall so lehren und handeln, dass man sie leidet und duldet, dass sie der Welt Freunde sein und ungestört in ihrem gemächlichen Leben fortfahren und gute Tage haben können; das ist eine wohlbekannte Tatsache und zugleich ein sicherer Beweis und ein untrügliches Zeichen, dass ihre Sendung oder Berufung samt ihrer Lehre und ihrem Kirchendienst ganz und gar außer Gottes Ordnung, Geist und Wort sind, wie bereits erwähnt worden.

Damit wäre nun Gellius’ Artikel von der Berufung beantwortet. Ich möchte ihn und alle Prediger ernstlich bitten, doch diesem in der Furcht ihres Gottes ein wenig nachzudenken, denn den feuerflammenden Augen des Herrn, die Himmel und Erde durchstrahlen, wird das Unrecht nicht verborgen bleiben, wie listig man es auch vor der Menschen Augen und Ohren bemänteln und mit allerlei schönen Sprüchen verzieren mag.

Demnächst bestreitet Gellius unsere Berufung und sagt: Ehe wir unsern Predigern oder Lehrern das Zeugnis geben, dass sie Frucht bringen, müssen sie zuerst von einer Gemeinde Gottes und nicht von einer durch falsche Propheten verführten Versammlung recht berufen sein, in die Öffentlichkeit treten und predigen; sonst lehren sie mit der Tat, dass Christus unrecht getan, da er nicht viel lieber, anstatt öffentlich zu predigen, in der Heimlichkeit sein Predigtamt ausübte, um dem Kreuze aus dem Wege zu gehen (wie er sagt, dass wir tun).

Antwort: Die Sendung oder Berufung Moses, Christi, Pauli, der Apostel und der Propheten konnte gleichfalls von den Verkehrten nicht ungelästert bleiben. Mose musste hören, dass er des Herrn Volk getötet und es darum in die Wüste geführt hätte, damit dasselbe vor Kummer und Elend sterben sollte. Christus wurde ein Weinsäufer, Gotteslästerer und ein vom Teufel Besessener geheißen (Mt 11,19). Paulus nannten sie einen Aufruhrstifter und verlausenen Juden. Seht, so wurde die Sendung der treuen Diener Gottes, ja, selbst die des Herrn und Heilandes, obwohl sie mit den größten Wundern bekräftigt war, in jener Zeit auch verachtet. Wie viel mehr muss dies mit unserer Sendung der Fall sein, da wir so geringe und schwache Werkzeuge sind und zudem in einer siebenfach ärgeren und boshafteren Welt leben als jene.

Weil wir denn von unsern Widersachern, den Gelehrten, beschuldigt werden, nicht von einer Gemeinde Gottes, sondern von falschen Propheten oder einer gottlosen Gemeinde berufen zu sein, so möchte ich den Leser in Kürze ermahnen, mittelst der Schrift zu erwägen, wer, wie und was die Gemeinde Gottes ist, dass sie nicht eine Versammlung der Hoffärtigen, Geizigen, Wucherer, Prahler, Trunkenbolde und Unbußfertigen ist, wie die Gemeinden der Welt sind, von welchen die Gelehrten berufen werden, sondern eine Versammlung oder Gemeinde der Heiligen, wie die heilige Schrift und das nicänische Glaubensbekenntnis in großer Klarheit lehren und kund tun, nämlich solcher, die durch den Glauben an Christum Jesum zu neuen Menschen aus Gott geboren und göttlicher Art sind, die ihr schwaches Leben gerne nach des Herrn Geist, Wort und Vorbild richten wollen, die von des Herrn Geist getrieben werden und das Kreuz ihres Herrn Christi geduldig zu tragen willig und bereit sind.

Seht, meine Leser, solche Gemeinden waren es, welche die Apostel und die treuen Diener Christo gewannen und mit seinem Geist und Wort ihm einverleibten; andere erkennt die Schrift nie und nimmermehr an. Aus und von diesen wurden unter Fasten und Beten die frommen und unsträflichen Hirten und Lehrer zu des Herrn Dienst erwählt und berufen, nicht aber von der Welt, wie wir gehört haben.

Da denn der Welt Prediger und ihre Gemeinden nicht die Gemeinde Christi sind, sondern solche Prediger und Gemeinden, die von innen und außen, mit Herz und Mund und Werk von der Welt sind, wie offenbar ist; und da der barmherzige, große Herr in dieser letzten Zeit aller Gräuel so viel treue Herzen aus allen unschriftmäßigen Sekten, großen und kleinen, aus vielen Völkern und Zungen durch seinen Geist und sein Wort gnädiglich in einerlei Glauben zusammenfügt und sie der ganzen Welt, Herren und Fürsten, Gelehrten und Ungelehrten, Männern und Weibern zur Einschärfung einer wahren Buße durch ihre Lehre, ihr Leben, ihr Gut und Blut, hinstellt, gleichsam als ein Licht auf den Leuchter (Mt 5,16; Phil 2,15), so müssen sie des Herrn Gemeinde, Kirche und Volk sein, oder Gottes wahres Wort, welches die Wahrheit ist (Joh 17,17), müsste irrig und falsch sein. Und wenn nun etliche aus diesen unter vielen Tränen, Sorgen, Fasten und Beten nach dem Vorbild und der Lehre der apostolischen Kirche erwählt und durch Auflegung der Hände zu des Herrn Dienst geweiht werden – obwohl die Welt nichts davon weiß – so mag jeder Verständige mit der Schrift beurteilen, ob eine solche Berufung oder Erwählung nicht dem Worte des Herrn gemäß ist und ob sie nicht nach dem Gebrauch der ersten Kirchen vor dem Herrn und seiner Gemeinde als göttlich, heilig und recht bestehen kann.

Ferner ist es mir auch wohl bekannt, dass die Prediger den Einfältigen fortwährend vorgeben, was auch das Schreiben des Gellius, wenn man es mit Aufmerksamkeit prüft, zum Teil annimmt, dass ich meinen Glauben, meine Lehre und meine Berufung von einer verführerischen, rebellischen und verderbten Sekte empfangen habe, durch welche Gott der Herr seine Kirche zu bessern unternommen hat. Aus diesem Grunde bin ich in die Notwendigkeit versetzt, den eigentlichen Sachverhalt in Kürze anzugeben, obwohl ich sonst der Bescheidenheit halber gerne davon schweigen wollte; nämlich, wie ich anfänglich zur Erkenntnis meines Herrn und Heilandes Jesu Christi und nachher, wenn gleich unwürdig, in seinen Dienst kam; und ich bitte hiermit alle meine Leser um Gottes willen, dieser meiner Darlegung der Sache ihre Aufmerksamkeit zu schenken und es mir nicht verkehren noch zu einem eitlen Ruhm deuten zu wollen, dass ich dieselbe hier vorbringe, denn die Ehre meines Gottes und die Liebe zu seinen Gemeinden dringen mich dazu. Ein jeder richte mich, wie es ihm gefällt: Der mich erschaffen und von der Hand meiner Feinde durch seine Gnade bis auf den heutigen Tag erlöst hat, kennt mich; er weiß, was ich in diesem Leben suche und auf was mein Streben am meisten gerichtet ist.

Was aber das anbetrifft, dass Gellius darauf dringt, dass wir mit unserer Lehre in die Öffentlichkeit hinaustreten sollten, so ist dieser Gegenstand anlässlich des Ausdruckes Nachtpredigen hoffentlich zur Genüge beantwortet worden; doch möchte ich noch folgende drei Fragen hinzufügen.

1. Wäre nicht derjenige ein Blutmensch, der euch mit listigen Worten überredete oder mit Gewalt zwänge, in ein tiefes Wasser zu gehen oder Gift zu trinken, obschon er gut genug wusste, dass solches euch den Tod bringen würde?

2. Da Gellius sich rühmt, ein berufener Prediger zu sein und öffentlich lehrt, warum wird er dann nicht mit Liebe und Barmherzigkeit zu seinem eigenen Vaterlande bewegt? Warum begibt er sich dann nicht zu den Papisten und weshalb bringt er seinen Glauben, seine Sakramente und seinen Gottesdienst nicht mit öffentlicher Lehre gegen des Kaisers Mandat, Tyrannei, Verfolgung und Bewilligung an den Tag, wie er uns zumutet?

3. Da er doch, wie ich vermute, zugesteht und der Schrift nach auch zugestehen muss, dass die Geizigen, Hoffärtigen, Trunkenbolde, Prahler, Wucherer, Lügner und Ungerechten Gottes Reich nicht ererben und deshalb auch keine Christen sind, warum setzt er denn die Furcht vor dem Kreuze, die er an uns rügt, nicht beiseite und schließt die Unbußfertigen seiner Kirche nicht ohne jegliches Ansehen der Person von der Gemeinschaft seiner Sakramente aus, nach der Lehre und Ordnung des heiligen Geistes, indem solches doch Gottes ausdrücklicher Befehl und klares Wort ist?

Es ist also sein dringendes Begehren, dass wir mit unserer Lehre in die Öffentlichkeit hinaus treten, trotzdem er wohl weiß, dass solches zu tun, ohne unser Leben einzubüßen, für uns ebenso unmöglich ist, als aufs Wasser zu gehen, ohne unterzusinken, oder Gift zu trinken, ohne zu sterben; denn er und die Gelehrten haben es mit ihren ungerechtfertigten Lästerschriften und Predigten leider so weit gebracht, dass wir schon zum Tode verurteilt sind, noch ehe man uns gefangen genommen hat. Zudem gibt er der Obrigkeit großes Lob, weil sie uns den Fortgang wehrt; und es ist ihm auch wohl bewusst, wie er vor etwa zehn Jahren mit einem der Unsern, der aus herzensgründlicher, treuer Absicht das Zeugnis, welches er hatte, dem Volke vom Predigerstuhle aus vortragen wollte, umgegangen ist; auch, dass er mir zweimal eine Erörterung der Schrift und Unterredung abgeschlagen hat, wie schon erwähnt wurde. Dem ungeachtet schreibt er, wenn wir rechte Lehrer seien, so sollen wir mit unserer Lehre an den Tag kommen und in die Öffentlichkeit treten, während er selber aus Furcht sein Brot zu verlieren und aus Scheu vor dem Kreuze seine Lehre (was dieselbe nun auch sein mag) in seiner eigenen Heimat verschweigt und in ein anderes, ihm zuträglicheres Land gezogen ist, wo er, obschon seine Lehren und Sakramente nicht beanstandet würden, dennoch von der Absonderung, schriftmäßigen Ermahnung und Gottes Ordnung absieht, weil er sich vor dem Kreuze fürchtet und sein Fleisch sich dawider sträubt. Aus allem diesem mag nun der unparteiische Leser schließen, was für ein Christ, geschweige denn Prediger, er ist, da er uns Elendigen eine Last aufbürdet, die er nicht einmal mit dem kleinen Finger anrühren will, wie ihr ja sehen könnt (Mt 23,4).

Wenn nun Gellius diese drei Fragen wohl beherzigen könnte und sie in der Furcht seines Gottes mit der Schrift bedächtig erwägen würde, so müsste er sich sein Lebtag schämen, dass er uns so unbilliger Weise gegen alle Liebe, Redlichkeit, Vernunft und Schrift in die Öffentlichkeit drängt und unter einem solchen Schein so tyrannisch nach der Gottesfürchtigen Verderben, Blut und Tod trachtet.

Auf seinen Einwurf, dass man die prophetische und apostolische Lehre und die heiligen Sakramente nicht in heimlichen Winkeln und Löchern sondern öffentlich lehren und üben sollte, sei dieses unsere Antwort: Wir geben gerne zu, dass Christus Jesus meistenteils öffentlich predigte, doch gebrauchte er mehrere Male die Vorsicht, dem wütenden Volke aus dem Wege zu gehen; auch wandelte er nicht mehr offenkundig unter ihnen, nachdem sie seinen Tod beschlossen hatten, ausgenommen, als die bestimmte, ihm im Voraus bekannte Zeit seines Leidens gekommen und die Erfüllung der Prophezeiungen da war (Lk 21,32).

So hat auch Christus, als er seine Jünger aussandte (Mk 16,15), auf dass sie das Evangelium allen Völkern, sowohl den Heiden als den Juden predigten, keineswegs gesagt noch gewollt, dass sie seine Sakramente, nämlich die Taufe und das Abendmahl, vor den Feinden seines Wortes spenden und gebrauchen sollten. Es ist deshalb klar, dass was er uns aufbürdet, jeglicher Begründung durch die Schrift oder Wahrheit ermangelt. Er beschuldigt und straft aber nicht nur uns, sondern auch Christum, Gottes ewiges Wort und die Weisheit selber, da derselbe sein heiliges Abendmahl an einem heimlichen Ort mit einem abgesonderten Volke Nachts gehalten hat; wie auch Paulus und die erste apostolische Kirche, die ihre brüderlichen Zusammenkünfte manchmal in abgesonderten Versammlungen Nachts gehabt haben, wie zuvor schon mehr als hinreichend dargetan worden ist. Man merke, wie klar er gegen Gottes Wort spricht.

Ferner schreibt er, dass wir unsere Berufung durch nichts bezeugen, als dass wir viele Menschen nicht allein mit einem unsinnigen und unversöhnlichen Hass gegen die rechten Kirchendiener, wie fromm sie auch sein mögen, und gegen alle kirchlichen Ordnungen erfüllen, sondern auch noch einen zanksüchtigen Geist und einen neidischen Sinn in sie pflanzen etc.

Antwort: Wenn die feindselige Bitterkeit die Augen seines Verstandes nicht so ganz verblendet hätte und nur ein Fünkchen wahren Christengeistes in ihm wäre, müsste er die lieblichen Früchte einer wahren Buße bald gewahr werden. Allein er ist leider in einen solchen blinden Sinn hineingeraten, dass alle die herrlichen, schönen Früchte des hohen und heiligen Geistes von ihm als teuflische Früchte und neues Mönchtum und das schwere, drückende Kreuz so vieler frommer Heiliger als das Kreuz der Übeltäter und Ketzer bezeichnet werden, welches, meinem Verständnis nach, eine schwere Sünde und große Lästerung ist.

Die Pharisäer sagten:

»Er treibt die Teufel nicht anders aus, als durch Beelzebub, der Teufel Obersten!« (Mt 12,24)

, obgleich sie in ihren Herzen die Überzeugung hatten, dass es Gottes Finger und Kraft war. Jesus nannte es die Lästerung wider den heiligen Geist. Was aber Gellius uns antut, das will ich dem Herrn anheimstellen.

Es ist Gott bekannt, wie sehr ich wünsche, ich könnte ihn, samt allen Predigern, aus ihrer schweren Verdammnis erlösen und sollte ich diese Erlösung mit meinem Blute erkaufen. Seht, das ist der Hass, mit dem ich ihn, samt allen, die mir nach dem Leben stehen, hasse, obwohl so viel Böses von uns geredet wird. Durch des Herrn Gnade hoffe ich, dass alle, die sein Wort fürchten, mit mir derselben Gesinnung sein mögen. Dennoch schreibt er, dass man sie mit einem unsinnigen und unversöhnlichen Hass (das ferne sei) hasse. Und das nur aus dem Grunde, weil wir jene öffentlichen Verführer, die in einem heuchlerischen Schein herumwandeln und welche er die rechten, frommen Kirchendiener nennt, samt dem falschen, schriftwidrigen Gebrauch der Kindertaufe und allen andern Missbräuchen, welche er Kirchenverordnungen nennt, nicht allein mit des Herrn Geist und Wort, sondern auch mit Gut und Blut, in reiner, treuer Liebe, zur Rettung ihrer armen Seelen, ernstlich strafen und sie auf den gekreuzigten Christum Jesum, auf seinen Geist, sein Wort und seine Verordnungen und auf die Lehre und Gebräuche seiner heiligen Apostel hinweisen.

Ich glaube wahrlich, dass ein gehässiger und neidischer Mensch keinen Teil hat an Gottes Stadt (Gal 5,20). Und sollten dennoch wir, die wir täglich um der Liebe willen sterben, in Hass und Neid leben, so würde vieles Leiden umsonst sein. Ich hoffe, dass ich die Wahrheit schreibe, wenn ich sage, dass ich vor Hass und Neid vielmehr zurückbebe, als vor Feuer und Schwert; und dennoch müssen wir hören, dass wir Hasser sind. Seht, so wird uns das Gute zum Bösen und die Liebe zum Hass gedeutet. Welches Urteil die Schrift über solche ausspricht, lesen wir in Jes 5.

Weiter beschuldigt er uns: Dass wir untereinander uneinig seien und uns zanken über viele Glaubensartikel der christlichen Religion, als da sind: die Erfüllung des Gesetzes, die Rechtfertigung des Menschen, die Gottheit und Menschwerdung Christi, die Macht der Obrigkeit etc.

Antwort: Ich hoffe, dass ich mit reinem Gewissen schreiben möge, dass wir, die wir eines Brotes Körner sind, auch eines Herzens und einer Seele in Christo sind. Aber wie sich in den Zeiten der Apostel schon Verführer in ihren Gemeinden erhoben, welche falsche Lehren einführten und sie den Jüngern vortrugen, wie aus vielen Stellen ihrer Schriften hervorgeht, und welche man, nach geziemender Ermahnung, so sie keine Buße taten, von der Gemeinschaft der Kirchen ausschloss, so geht es auch heutigen Tages mit uns. Satan ruht nimmermehr. Paulus sagt:

»Es müssen Rotten unter euch sein, auf dass die, so rechtschaffen sind, offenbar unter euch werden.« (1Kor 11,19)

Und wenn solche dann der Wahrheit ihre Ohren verschließen, die Ermahnungen verwerfen, Verkehrtheit anrichten und Sekten stiften, können sie nicht länger unsere Brüder sein, wie die Schrift lehrt. Und solange wir aus Gehorsam gegen das heilige Wort und in reiner Gottesfurcht so handeln, sind wir in unserem Gewissen versichert, dass wir von allen Sekten, sowie auch von aller Lästerung und Bosheit frei sind, obwohl wir unschuldig so viel von der Welt hören und dulden müssen.

Da es dem Gellius und seinen Mitpredigern so wohl bekannt ist, dass diese Friedensbrecher und Sektenstifter gar keine Gemeinschaft mit uns haben können (Röm 16,17), sondern nach apostolischer Lehre und Bräuche einstimmig von uns abgesondert und außer uns sind und sein müssen (Tit 3,10), so ist es gewiss eine große Verkehrtheit, dass er so viel fromme Herzen, die doch allen Zank, Hass und Uneinigkeit von Herzen feind sind und in allen Dingen nichts anderes suchen, als mit lieblichen, friedsamen Herzen dem gekreuzigten Christus Jesus demutsvoll nachzufolgen, Streitstifter schilt und sie gegen alle Wahrheit bei der Welt in den Verdacht eines so bösen Rufes und gräulichen Namens bringt.

Sollte er aber sagen, dass er sie darum alle eins mit uns rechne, weil sie früher einerlei Taufe mit uns empfangen haben, so antworte ich wiederum, dass in solchem Fall auch Petrus und Simon der Zauberer, Paulus und Phygellus etc. eins gewesen sind. Dann müssen auch alle Papisten, Lutheraner und Zwinglianer und noch dazu alle Diebe, Mörder, Zauberer, Sodomiten, Huren und Schurken eins sein, denn auch diese empfingen einerlei Taufe. Dies kann nicht geleugnet werden.

Was weiter seine Beschuldigung betrifft, dass wir uns zankten über die Erfüllung des Gesetzes, die Rechtfertigung des Menschen, die Macht der Obrigkeit, so kann ich, wie ich hoffe, vor dem Herrn und seiner Gemeinde mit reinem Herzen bezeugen, dass ich meines Wissens nur einmal in meinem Leben, mit einer Person, die jetzt schon ins Verderben gelaufen ist, über die Rechtfertigung des Menschen disputiert, oder, wie Gellius sagt, gestritten habe. Auch habe ich mit einigen über die Erfüllung des Gesetzes und über die Obrigkeit, aber bloß zur brüderlichen Unterweisung, gesprochen. Was ferner unser Bekenntnis und unser Grund in Bezug auf die erwähnten Artikel ist, kann aus vielen Stellen unserer Schriften klar ersehen werden.

Ach, lieber Herr, möchte doch Gellius einmal seiner eigenen Worte eingedenk werden, da er doch selbst schreibt, die Berufung der Frommen werde um der Gottlosen willen nicht geschwächt und zugleich so viel Gottesfurcht haben, dass er vor dem Unrecht, der Lüge und der Gewalt die er uns gegen alle Billigkeit antut, ein wenig zurückschrecken möchte. Denn was anders tut er, als mit Absicht und vielleicht gegen seine eigene Überzeugung den Gottesfürchtigen ihre Ehre und guten Namen rauben, damit er das Wort in seinem Lauf hemmen, seine eigene Sache fördern, die unsrige aber durch offenbare Lügen falsch oder verdächtig machen möge, auf dass er nach pharisäischer Weise seine Treulosigkeit verdecke. Ja, er handelt gerade als ob er sagen wollte: Judas war ein Verräter und Dieb; alle andern Apostel waren daher Verräter und Diebe. Und wiederum: Simon der Zauberer war ein Schurke; alle Mitglieder der apostolischen Gemeinden sind daher Schurken gewesen. Und doch ist es ihm sehr wohl bekannt, dass wir keineswegs Sektenstifter, Friedensstörer und widerschriftliche Eiferer in die Gemeinschaft der Friedsamen und Gottesfürchtigen zulassen oder zulassen können, wie schon erwähnt worden ist.

Ach, dass er doch nicht länger die Friedsamen schmähen, sondern den vielfältigen Hader, den bitteren Hass, die großen Spaltungen, Trennungen und Zänkereien aller derer, welche die Kindertaufe lehren, recht einsehen möchte, wie jämmerlich sie untereinander zerteilt sind und wie sie leider in neidischem Eifer gegeneinander entbrannt sind und nicht allein sich gegenseitig Schwärmer, Schänder der Sakramente und Antichristen schelten und zur Hölle verwünschen, sondern auch, nach aller Sekten Art, zum Schwerte greifen, Länder und Städte verheeren und die Einwohner abschlachten, gegen das liebliche Wesen, die Lehre und das Vorbild Christi und seiner Apostel.

Dazu haben ihre Gelehrten solche verschiedene Ansichten, dass man in einem ganzen Lande kaum fünf oder sechs finden dürfte, die völlig miteinander in der Lehre übereinstimmen. Der eine stellt alles in die Vorsehung und Vorherbestimmung Gottes, nach dem Gesetz der Notwendigkeit, während ein Zweiter dies abspricht. Ein Dritter sieht in dem Brote und Wein Christi wirkliches Fleisch undBlut, während ein Vierter es geistlich erklärt. Ein Fünfter taufte die Kinder auf ihren eigenen Glauben, während ein Sechster sie auf den Bund Abrahams und dessen Verheißung getauft haben will. Ein Siebter sagt, dass es erlaubt sei andere des Glaubens halber zu verfolgen, während ein Achter dem heftig widerspricht. Ein Neunter preist den Glauben, wenngleich dieser ohne gute Früchte und Werke sei, während ein Zehnter sagt, der Glaube müsse durch die Liebe tätig sein. Ein Elfter meint, die Sakramente können auch ganz wohl von Unbußfertigen und Gottlosen gespendet werden und ein Zwölfter sagt nein dazu. Und solcher Uneinigkeiten gibt es noch mehr. Und dennoch werden die gottesfürchtigen, frommen Herzen und friedlichen Kinder Gottes, welche so viel es in ihrem Vermögen liegt, für Gott und seine Gerechtigkeit eifern, des Herrn Wort von Herzen suchen und liebhaben und von keinem Hader wissen, von ihnen eine uneinige, zankhafte Sekte, eine gottlose und verführte Rotte genannt, während sie hingegen sich die friedsamen, einmütigen Lehrer und diese unbußfertige, wüste Welt des Herrn Kirche und Volk nennen.

Seht in diesem, wie offenbar der allerhöchste Herr die Klugheit der Scharfsinnigen und die Weisheit der Weisen zur Torheit werden lässt (1Kor 1,18–19), so dass Christus Jesus Belial und Belial Christus Jesus (2Kor 6,15), Licht Finsternis und Finsternis Licht unter ihnen sein muss und sie sich weder um die Lehre noch um das Leben, die Kraft, das Bekenntnis, noch um das Gut und Blut von Gottes Auserwählten kümmern, sondern in ihrer Verkehrtheit, Missgunst, Streitsucht und Parteilichkeit alles nach dem Fleische richten, zum Ärgsten deuten und immer Gelegenheit suchen, den Gottesfürchtigen zu beleidigen, die Wahrheit zu lästern und das Unrecht aufrecht zu halten, auf dass niemand sich bekehre, Buße tue und des Herrn Wort von Herzen suche und befolge. O Herr, füge es, dass sie doch einmal ans Licht gestellt werden mögen.

Ferner schreibt er: Auch ist es keine schöne Frucht, sondern eine schreckliche Schande, dass sie, gegen das Beispiel der Propheten, Christi und der Apostel, sich selbst zu einer Kirche machen, den Sabbat entheiligen, die öffentlichen Versammlungen und den Kirchendienst verlassen, die Diener hassen und schelten und ihre sorgfältigen Arbeiten und Prophezeiungen nicht nur nicht untersuchen, gegen das Gebot des heiligen Geistes und die Lehre des Gebots vom Sabbat, sondern sie auch auf freche Weise verachten etc.

Antwort: Hier merkt euch, meine Leser, wie herrlich man die Lügen ausschmücken und wie jämmerlich man die Wahrheit unter dem Schein der Tugend unterdrücken und verachten kann. Die ganze evangelische Schrift lehrt uns, dass die Gemeinde Christi in ihrer Lehre, ihrem Leben und Gottesdienst ein von der Welt abgesondertes Volk gewesen ist und sein muss (Apg 2,42; 2Kor 6,17; 1Kor 5,11). Dieses war auch der Fall im alten Testament (5Mo 7,2; Jer 51,6).

Weil die Gemeinde Christi demnach ein besonderes Volk gewesen ist und immer sein muss, wie wir gehört haben, und es klarer als der Sonnenschein ist, dass seit vielen hundert Jahren man keinen Unterschied zwischen der Gemeinde und der Welt hat spüren können, sondern alle sich in der Taufe, im Abendmahl, Leben und Gottesdienst, ohne jegliche Absonderung, miteinander vermengten, welches offenbar (obwohl aus Unverstand geschehen) gegen alle Schrift ist, so haben wir uns durch Gottes Geist und Wort, nicht in eigner Kraft, zum Lobe Christi und zum Dienste und zur Besserung unseres Nächsten, in ungefälschter reiner Liebe, um der erwähnten Ursachen willen, gedrungen gefühlt, nicht uns selber, sondern dem Herrn, eine gottesfürchtige und bußfertige Gemeinde oder Kirche aus allen unreinen und verführerischen Sekten der ganzen Welt, nicht gegen Christi und der Apostel Lehre und Beispiel, wie Gellius ohne Wahrheit uns bezichtigt, sondern in Christi Geist, Lehre und Beispiel, der uns sein Wort und seine Wahrheit hat offenbaren lassen, unter das Kreuz des Elends, gegen alle höllischen Pforten und Gewalt in der Geduld und nicht nach der Sekten Weise mit Kriegswaffen und Aufruhr zu sammeln und von der Welt abzusondern, wie die Schrift uns lehrt, auf dass sie diesem ruchlosen, unbußfertigen Geschlechte zur Ermahnung, Lehre und christlichen Bestrafung dienen mögen.

Diese feiern und heiligen ewiglich des Herrn heiligen Sabbat, der jetzt nicht mehr buchstäblich, sondern geistlich verstanden werden muss (Jes 56; 58; 66) und unter den wahren Christen niemals ein Ende nimmt; nicht mit prächtigen Kleidern, nicht bei Prasserei und Trinkgelagen, Eitelkeit und Müßiggang, wie die unbedachtsame, ruchlose Welt an ihren äußerlichen Sonn- und Festtagen zu tun pflegt, sondern in wahrer Gottesfurcht (Röm 12), mit einem reinen, freien Gewissen und unsträflichen Wandel, in der Liebe Gottes und des Nächsten. Von den öffentlichen Versammlungen, die an Sonn- und Festtagen, leider nicht Christo, sondern Antichristo,mit allerlei Eitelkeit und Heuchelei, mit Pracht und Aufwand gehalten werden, wie auch von dem unbußfertigen Kirchendienst, der bloß eine Verführung ist, halten sie sich in der Furcht ihres Gottes und mit reinem Herzen fern, um dadurch ein Zeugnis für die Versammlung der Heiligen und den wahren Kirchendienst abzulegen; die Irrenden zu überzeugen und die Wahrheit und rechte Lehre zu aller Menschen Nutzen und Besserung desto besser aufs Neue scheinen zu lassen. Die öffentlichen Verleiter und falschen Prediger, welche das arme Volk so jämmerlich verführen, hassen oder beneiden sie nicht, wie Gellius sagt, sondern sie strafen dieselben in Ernst und Liebe, mit Gottes Geist und Wort, auf dass sie sich bekehren mögen, wie die Schrift lehrt. Kurz, sie verachten nicht, gegen das Gebot des heiligen Geistes und die Lehre vom Gebot des Sabbates, die sorgfältige Arbeit und Prophezeiungen der wahren und treuen Diener Christi, noch die herrlichen und schönen Gaben des heiligen Geistes, wie er mit großem Unrecht sich über uns beklagt, sondern nach dem Rat, der Lehre und Ermahnung des heiligen Geistes und der Kraft des wahren Sabbats, halten sie sich von der falschen Arbeit und den kraftlosen, unbußfertigen, um Lohn gemieteten Prophezeiungen der Diener des Antichristen, die nicht Christo und seiner Gemeinde, wie sie vorgeben, sondern ihrem Bauch und der Welt dienen, mit Verlust von Gut und Blut fern und dürfen sie nicht mehr hören und befolgen, was nach aller Schrift und göttlichen Wahrheit billig und recht ist, da jene aus ihrer Lehre und ihren Früchten bekannt sind. Der Herr sagt:

»Ihre Priester lehren um Lohn, und ihre Propheten wahrsagen um Geld, verlassen sich auf den Herrn und sprechen: Ist nicht der Herr unter uns? Es kann kein Unglück über uns kommen. Darum wird Zion um euretwillen wie ein Feld zerpflügt und Jerusalem zum Steinhaufen werden.« (Mi 3,11–12)

Auch ist es offenbar, dass Gellius und seine Mitprediger dasjenige getan haben, dessen sie uns beschuldigen; denn sie haben, lange vor uns, eine besondere, von den Papisten getrennte Kirche errichtet, wie dies allen Menschen bekannt ist und auf keine Weise geleugnet werden kann. Dass wir uns aber von ihnen haben trennen müssen, sind sie selbst Ursache und es tut uns in unserem Herzen leid. Hätten wir bei ihnen das Rechte gefunden, so wären wir bei ihnen geblieben; doch jetzt haben wir mit Verlust von Gut und Blut unsern Abschied nehmen müssen, wie ein jeder sehen kann.

Seht, meine guten Leser, hier habt ihr meine einfache Beantwortung der wichtigsten Punkte der Berufung, welche Gellius zur Beschirmung seiner Sache und zur Verkleinerung der unsrigen mit so vielem Scharfsinn vorbringt. Ich zweifle nicht, dass, wenn ihr seine Schrift und die Unsrige gegeneinander haltet und die beiderseitigen Früchte mit Gottes Wort sorgfältig prüft, ihr durch Gottes Gnade bald einen klaren Unterschied entdecken und eine festgegründete Überzeugung erlangen werdet.

Dieses dann ist in diesem Teil die Hauptsumme meiner Behauptung, nämlich, dass niemand ohne den heiligen Geist, der in allen wahren, gläubigen Christen wirkt, noch ohne die wahre Wiedergeburt, welche das Herz und den Glauben aus dem Irdischen zu dem Himmlischen emporhebt, noch ohne die unverfälschte Liebe, die bloß ihres Gottes Lob und die Seligkeit ihres Nächsten sucht, noch ohne das heilsame, reine Wort, das ohne Ansehen der Person höheren oder niederen Standes in rechter Kraft schneidet und spaltet, noch ohne das fromme, unsträfliche Leben, das aus Gott ist, ein rechtberufener Prediger und Gott wohlgefälliger Diener in des Herrn Haus und Kirche sein kann.