Die vollständigen Werke Menno Simons

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13.2 Klare Beantwortung einer Schrift des Gellius Faber

Rein und lauter ist die Weisheit, stark und kräftig ist die Wahrheit, einfältig und lieblich ist die Gerechtigkeit; wohl dem, der sie hat, denn sein Herz bleibt bei dem Herrn, sein Mund spricht, was recht ist, und sein Fuß steht auf dem Weg des Friedens.

Gellius führt zuerst allen seinen Lesern zu einer Warnung vor uns die Sprüche Christi, Mt 7, an und spricht: »Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen; inwendig aber sind sie reißende Wölfe.« (Mt 7,15)

Antwort: Wenn der Leser die Schafe und die Wölfe in ihrer Natur durch Gottes Geist und Wort recht unterscheiden könnte und wüsste, welches die Schafskleider wären, womit die reißenden Wölfe bekleidet sind, so würden diese Sprüche ohne Zweifel nicht auf uns, sondern auf unsre Gegenpartei gedeutet werden. Denn mit welcher Kleidung er hier kommt, um den Einfältigen in der Verdammnis zu halten und die armen Seelen zu zerreißen, soll durch des Herrn Gnade nachfolgende Beantwortung (wenn sie mit seinem Schreiben zusammengehalten wird) den frommen und gottesfürchtigen Lesern klar machen.

Zum Zweiten führt er Folgendes aus Paulus an:

»Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch den Namen unsers Herrn Jesu Christi, dass ihr allzumal einerlei Rede führt, und lasst nicht Spaltungen unter euch sein, sondern haltet fest aneinander in einem Sinne und in einerlei Meinung.« (1Kor 1,10)

Antwort: Wenn man diese Sprüche recht wahrnimmt, so ermahnen sie alle wahren Christen, dass sie nicht fleischlich noch sektiererisch handeln sollen; dass sich nicht der eine von diesem und der andere von jenem zu sein rühme; sondern sie weisen uns allein zu dem einzigen und wahren Hirten und Heiland unsrer Seelen, Christo Jesu, der für uns gekreuzigt ist und in dessen Namen wir getauft sind. Welchem wir auch mit großem Ernste durch Gottes Hilfe und Gnade in unsrer Schwachheit gerne nachkommen wollen, wie unsere schwere Bedrängnis, Trübsal, Elend, Blut und Tod das in vielen Fällen bezeugt und kund getan haben.

Aber Gellius benützt diese Sprüche zu dem Zwecke, dass er damit den Leser von der Einigkeit des Geistes, Wortes, Hauses und Leibes Christi abhalten und an seine verführerische Lehre, schriftlose Kindertaufe etc. in der Einigkeit des Geistes, Wortes, Hauses und Leibes des Antichristen fesseln möge.

Zum Dritten hat Gellius seine Schrift einem Höfling oder Junker zugeschrieben, wie gewöhnlich der Gelehrten Gebrauch ist, in der Meinung vielleicht, dass die Sache durch solcher hochgeachteter Leute Gunst, Hilfe und Unterstützung einen um so bessern Erfolg haben werde; etwas, dass die gottseligen, frommen Zeugen, Propheten und Lehrer der Wahrheit und des Wortes Gottes, besonders die des neuen Testamentes, nie begehrt, geschweige denn Gebrauch davon gemacht haben.

Viertens erwähnt Gellius hauptsächlich zweier Gründe, die ihn zur Veröffentlichung seiner Schrift veranlasst haben. Der erste ist, sagt er, weil ich sehe wie aus den Landen seiner kaiserlichen Majestät, wo die Wiedertäufer den meisten Schaden tun und tun können, sich täglich hier einschleichen und ihr Unkraut nicht allein durch heimliches Nachtpredigen, sondern auch durch Schriften und Briefe zu säen von Neuem sich unterstehen. Denselben muss man wehren und ihnen den Mund stopfen, auf dass die Einfältigen nicht betrogen und auch einige von ihnen, die noch keine Lästerer geworden sind, auf den rechten Weg gebracht werden mögen, etc.

Antwort: Diese schmachvollen, beleidigenden Worte, wie Wiedertäufer, Einschleichen, Nachtpredigen, Unkrautsäen usw. lehren uns leider wohl, welcher Art der Mann ist, von dem sie herrühren. Ja, meine Leser, Gellius weiß eben so gut wie ich, was Christus uns in Betreff der Taufe befohlen und wie die heiligen Apostel dieselbe gelehrt und geübt haben (Mt 28,19). Auch dass Paulus etliche, welche schon von Johannes getauft worden waren (dessen Taufe ja auch vom Himmel war) noch einmal getauft hat und zwar nur deshalb, weil sie vom heiligen Geist nichts gehört hatten. Auch wie der werte Märtyrer Cyprian mit allen afrikanischen Bischöfen, samt dem nicänischen Konzil die Ketzertaufe für keine Taufe achteten, da doch die Ketzer außer Christi Kirche, Geist und Wort sind.

Ungeachtet alles dessen heißt er uns Wiedertäufer und bedenkt nicht, dass wir in unsern Kinderjahren nicht allein ohne Geist, Glauben, Wort oder göttlichen Befehl, sondern auch ohne alle Vernunft und Verständnis (wie man ja in den kleinen Kindern sehen kann) mit einer offenbar antichristlichen Taufe von solchen (die er und Gelehrte seines Schlages für Antichristen, Abgefallene, Ketzer und Verführer schelten) getauft sind, welcher weder Gott noch Gottes Wort recht erkannt hatten, die in offenbarer Abgötterei lebten, ihre Knie vor Holz und Stein beugten, auf die eitlen, unnützen Lehren und Gebote der Menschen vertrauten, nach ihrem Mutwillen in ihres Fleisches Lüsten wandelten und die Kreatur Gottes, nämlich ein Stückchen Brotes, für den einigen und ewigen Sohn Gottes anbeteten und ehrten.

Und obwohl wir Christi klares Wort und der Apostel heilsame Lehre und offenbaren Gebrauch so mächtig auf unserer Seite haben, zudem noch Paulus und die beiden Konzilien, wie schon vernommen, so hat dennoch die bittere Schmähung Wiedertäufer, womit er uns Arme belegt, bei ihm weder Maß noch Ziel.

Wollte man nun Gleiches mit Gleichem vergelten, so könnten wir sie mit besserm Recht Kindertäufer schelten, als sie uns Wiedertäufer; denn wir haben die ganze Schrift für uns, sie aber in allem weder Wort noch Beispiel.

Aber dass er schreibt, dass wir in den Landen seiner kaiserlichen Majestät den meisten Schaden tun und tun können, so kann man daraus ersehen, mit welch großem Unverstand und Blindheit er leider geschlagen ist. Die ganze Schrift lehrt, dass die Götzendiener und die nach dem Fleische leben, den Tod verdienen. Und ihm ist mehr als genügend bekannt, dass in eben denselben Ländern der Gottesdienst des Volkes eine offenbare Abgötterei und ein wüster Gräuel ist und dass ihr Leben meistenteils ein ruchloses, unbußfertiges Fleischesleben ist, wie man das auch zu Emden und leider allenthalben wahrnehmen kann.

Dennoch wagt er zu schreiben, dass sie da den meisten Schaden tun. Und das aus keiner andern Ursache, als weil sie mit des Herrn Geist, Wort undKraft das Reich der Hölle bestürmen, die offenbare Abgötterei strafen, den wahren Gottesdienst lehren, Christum recht bekennen und das verkehrte, unbußfertige, fleischliche Volk auf den rechten Weg weisen.

Heißt das Schaden tun, wie Gellius es nennt, so hat uns die ganze Schrift, die von dem wahren Gottesdienst und dem unsträflichen, frommen Leben so über die Maßen viel spricht, gar kläglich betrogen, das muss man immerhin gestehen. O welch verkehrtes Urteil!

Seht, so verblendet der Gott dieser Welt solche widerspenstigen, argen Geister, die so mutwillig wider Gottes Wort streiten und die Wahrheit in Ungerechtigkeit aufhalten, dass sie in einen solchen verstockten und verkehrten Sinn geraten (Röm 2,5) und den herrlichen Gewinn Christi, durch seine Gnade, Geist und Kraft hervorgebracht, Schaden heißen und das Gute böse und das Böse gut nennen. Wehe solchen (Jes 5,20)!

Ferner, sage ich, lässt er sich auch an andern Orten hören, wie wir die einzigen seien, die ihre unbußfertige, arge Lehre mit unserer Lehre (die nicht unsere sondern die heilsame Lehre Christi ist) und mit unserem schwachen Wandel in der Furcht Gottes, der durch den Glauben aus der Lehre herkommt, behindern, dass sie nicht so hoch wie vorhin gerühmt werde und keinen solchen Fortgang mehr habe, wie sie wohl gerne sehen möchten und es ist vielleicht deshalb, dass er klagt, wir täten da den größten Schaden. Wir aber sagen, dass es darum geschieht, weil sie der Welt unter dem Schein des Evangeliums nicht anders als nach dem Fleisch dienen und den Obrigkeiten schmeicheln, damit sie die Kloster- und Kirchengüter, welche in Gestalt und in der Absicht (obwohl aus Unverstand) zur Ehre Gottes gegebener Almosen gespendet wurden, zu ihrem eigenen Gebrauche sich zueignen und das Evangelium Christi mit Gewalt und Kriegsmacht verteidigen könnten. Das Volk lehren sie, Christus habe für unsere Sünden genug getan, der Glaube gelte allein, wir seien arme Sünder und können Gottes Gebote nicht halten und was desgleichen bequeme Trostreden noch mehr sind, so dass ein jeder seinen eigenen Nutzen und des Fleisches Freiheit daraus sucht und singt und schreit: »Der Strick ist entzwei und wir sind frei.« Sie ziehen die Gnade Gottes auf Mutwillen, wie Judas sagt (Jud 4); sie leben in dem alten, sündlichen Wesen unverändert fort, ohne jegliche Gottesfurcht, gerade als ob sie ihre Lebtage nicht einen Buchstaben von des Herrn Wort gehört hätten und als ob Gott das gottlose Wesen und die Ungerechtigkeit nicht strafen werde; weswegen der gerechte Herr, der alle Dinge recht richtet, um ihrer großen Undankbarkeit willen, indem sie das Evangelium seiner Gnade nicht anders als nach dem Fleisch lehren und anpreisen, die Erkenntnis, die sie gehabt haben mögen, wieder von ihnen nimmt und sie Leuten gibt, die seine Frucht bringen, wie Christus zu den Pharisäern sprach (Mt 21,43).

Auf das unbillige, bittere Wort Einschleichen antworte ich: Es lehren uns Mose und Christus, die Apostel und Propheten und auch der angeborne Trieb einer guten Gemütsart einstimmig, dass man die Elenden, Bekümmerten und betrübten Fremdlinge aufnehmen, trösten, ihnen beispringen, helfen und dienen soll; und Gellius ist es wohl bekannt, dass diese armen Kinder, die hier so hart von ihm angegriffen werden, nicht um irgendwelcher Missetat oder Büberei, sondern allein um des Zeugnisses Gottes und ihres Gewissens willen, mit ihren armen, schwachen Frauen und kleinen Kindern, aus reiner Furcht ihres Gottes, vor dem blutigen, tyrannischen Schwert, zur notwendigen Beschirmung ihres Lebens, gleich verjagten Täublein vor dem Stoßvogel, in andere Länder fliehen müssen und sich in Zuversicht göttlicher Gnade unter einer milden und gütigen Obrigkeit hier und dort aufhalten, weil sie um der Liebe zur göttlichen Wahrheit willen ihres Vaterlandes, Erbes, blutsauern Schweißes und Vermögen jämmerlich beraubt sind, dennoch aber ihr Brot nach der Schrift durch die Gnade Gottes redlich zu erwerben und sich zu nähren suchen, wie es billig und recht ist. Wäre er nun in Wahrheit, was er sich zu sein rühmt, nämlich ein Prediger des heiligen Worts, so müsste er im Innersten seiner Seele über diese betrübten Waisenkinder und unschuldigen Herzen von Mitleiden gerührt werden; er würde ihnen nach allem seinem Vermögen behilflich sein und beizustehen suchen; würde bei der Obrigkeit für sie Fürsprache tun, indem er bei ihnen solch einen treibenden Geist und brennenden Eifer wahrnehmen muss, dass sie um die Ehre ihres Gottes, Gut und Blut in Gefahr setzen, wie man offenbar sehen kann. Nun aber muss diese bittere Trübsal, dieser große Jammer, nämlich ihre Flucht vor dem offenen Löwenrachen, vor dem schrecklichen Feuer und dem grausamen Schwert und das Aufsuchen gnädiger Länder, ein Einschleichen von ihm genannt werden. O, Herr! Was er aber für ein Christ sei, wie er nach der Liebe handle und dem Wort des Herrn in dieser Hinsicht nachkomme, können alle redlichen Leute, die auch nur mit halben Augen sehen, aus diesen seinen Schriften und seinem täglichen Lärmschlagen über diese Sache leider mehr als genug merken und ermessen.

Auf sein Lästerwort Unkrautsäen gebe ich diese Antwort: Ein jeder Same trägt Frucht nach seiner Art (1Mo 1,11). Meine lieben Leser, nehmt wahr, was ich schreibe. Gottes Wort erfordert allenthalben ein reines Herz, erneuertes Gemüt und der Sünde abgestorbenes, bußfertiges, christliches Leben. Johannes der Täufer spricht:

»Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße!« (Mt 3,8)

Jesus wandte sich an das Volk mit den Worten: »Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen!« (Mt 4,17), und wiederum: »Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen.« (Mt 9,13) und solche Sprüche mehr.

Da nun die Schrift allenthalben eine wahre Buße von uns fordert und die sakramentlichen Zeichen, wie Taufe und Abendmahl, ebenfalls ein bußfertiges, unsträfliches Leben aller wahren Christgläubigen bezeugen, vorstellen und lehren und nach Laut der Schrift ohne wahre Buße auch niemand ein wahrer Christ sein kann und ein jeder Same nach seiner Art Frucht bringt, wie schon angeführt worden, nämlich Lügen Lügenkinder und Wahrheit Wahrheitskinder; und es so vielen redlichen Leuten bekannt ist, dass Gott durch unsern und unserer getreuen Mithelfer Dienst mit seiner starken Kraft und großen Gnade so viele hoffärtige, geizige, unsaubere, grausame, lügenhafte, fleischliche und abgöttische Herzen zum wahren und lebendigen Gott bekehrt und dieselben so gedemütigt, gerührt, erneuert und verändert hat, dass sie lieber sterben, als irgendeine Heuchelei treiben oder irgendein lügenhaftes Wort gegen die Wahrheit und die Wohlfahrt ihres Nächsten mit Vorsatz sprechen oder gutheißen, wie durch das köstliche, edle Blut so vieler frommen Heiligen in unsern Niederlanden wohl genugsam bezeugt wird; und da die Früchte von Gellius Samen, nämlich, seine Jünger, so unbußfertig in ihrem Leben und unverändert in ihrem Herzen bleiben, dass sie voll Pracht und Pomp, in Seide und Samt und Gold und Silber einherstolzieren, in allerlei Habsucht, Ungerechtigkeit, Prassen, Saufen, Hass und Neid, kurz in den unreinen Lüsten ihres Fleisches leben und wohl um einen Pfennig bei dem Herrn oder bei ihrer Seele falsch schwören würden, so wollen wir gerne alle verständigen und redlichen Leute urteilen lassen, wer von beiden das Unkraut sät, aus welchem die bösen Früchte hervorgehen, Gellius mit den Seinen, oder wir mit den Unsrigen. Wer die rechte Wahrheit von Herzen sucht und lieb hat, der lese und merke.

O lieber Herr, so muss dein heilsames und teures Wort, das Wort deiner Gnaden, das Wort deiner ewigen Liebe, durch dessen Kraft und Gnade wir ewig mit dir in deiner Herrlichkeit leben sollen, bei diesen und auch bei andern Verführung und Unkraut heißen und ihre offenbaren Lügen, ihre greifbaren Irrtümer und ihre unbillige Verfälschung der Schrift, die wir hernach berühren werden, muss die reine Lehre Christi und Gottes heiliges Wort heißen. Ist dies eine mutwillige Lästerung und Verkehrtheit bei ihnen, so ist es leider gar zu schlimm; geschieht es aber aus blinder Unwissenheit oder Unverstand, so schenke ihnen der gnädige Vater Augen, dass sie sehen mögen; solches wünsche ich ihnen aus vollem Herzen, der Herr weiß es.

Ferner schreibt er, dass wir uns von neuem unterstehen, nicht allein durch heimliches Nachtpredigen, sondern auch durch Schriften und Briefe Unkraut zu säen. Darauf antworten wir mit dem heiligen David: Wir glauben, darum reden wir und werden deshalb sehr geplagt; denn da Gott, der barmherzige Vater, uns Arme mit der Gabe des Glaubens begnadigt und mit dem Geist seiner Liebe aus der Höhe, durch seinen Sohn Christum beschenkt, den himmlischen Tau seiner Liebe in unsre Herzen geträufelt, die sieben Siegel des Buches seiner Erkenntnis aufgetan, die Verborgenheiten seines göttlichen Worts und Wohlgefallens aufgeschlossen, uns aus dem Tod erweckt und ins Leben eingeführt, uns ein neues Herz, Gemüt und einen neuen Sinn gegeben und mit dem Brot des Lebens (Joh 6,35) gespeist hat, so dass wir nun durch seine Gnade die edle, schöne Perle, den kostbaren Schatz gefunden (Mt 13,44) und einen ewig bleibenden Frieden erlangt haben, welches wir durch der Gelehrten verführerische Lehre, listige Sophisterei und falschen Tröstungen keineswegs erlangen konnten: Dies ist die Ursache, dass wir nun die erschienene Gnade seiner großen Liebe gegen uns nach unserer geringen Gabe auch gerne allen Menschen einprägen, lehren und kund tun möchten, auf dass auch sie derselben Früchte und Erneuerung des Geistes mit uns genießen und zugleich mit allen Heiligen erfahren und schmecken möchten, wie süß, wie gut und wie freundlich der Herr ist, zu welchem wir gekommen sind (Ps 106,1; 1Pt 2,3).

Aus diesem Grunde lehren und predigen wir nach Möglichkeit, sowohl am Tage als bei Nacht, in den Häusern und auf dem Felde, in Gebüschen und Wildnissen, hier und dort, im In- und Ausland, in Kerker und Banden, in Wasser und Feuer, auf Galgen und Rad, vor Herren und Fürsten, mit Mund und Schrift, Gut und Blut, Leben und Tod, wie wir solches schon seit vielen Jahren ohne Unterlass getan haben; schämen uns auch des Evangeliums der Herrlichkeit Christi nicht (Röm 1,16), denn wir sind lebendige Frucht und empfinden seine bewegende Kraft gewaltig in unsern Herzen, wie man an der sanften Geduld und bereitwilligen Aufopferung unserer treuen Brüder und Mitgenossen in Christo Jesu an vielen Orten deutlich sehen kann.

Gerne möchten wir alle Menschen dem Rachen der Hölle entreißen, ihrer Sündenketten entledigen und mit Gottes gnädigem Beistand durch das Evangelium des Friedens auf ewig für Christum gewinnen, denn das ist die Beschaffenheit der Liebe, die aus Gott ist.

Auf seinen Vorwurf, dass wir bei Nacht predigen und, wie er anderwärts sagt, aus Furcht vor dem Kreuze uns heimlich in Städte und Dörfer einschleichen, bei verschlossenen Türen sitzen, mit den Einfältigen Unterredungen haben, nicht um sie zu wahren Christen, sondern zu abtrünnigen Wiedertäufern zu machen, ist zum Ersten dieses meine Antwort: Dass wir des Herrn Werk und Wort bisweilen auch bei Nacht bedienen und treiben müssen, sind Gellius und die Gelehrten (fürchte ich) wohl die meiste Ursache, weil sie mit ihrem feindlichen, unverdienten Schimpfen, Lästern und Verleumden alle Herren, Fürsten, Obrigkeiten und Befehlshaber so gegen uns erbittert haben und noch erbittern, dass sie leider mit keiner Schrift, Bitte, Tränen, Elend, Betrübnis, Gut, Blut, Leben oder Tod soviel zu bewegen sind, dass man einmal diesen offenbaren Feinden des Kreuzes und der offenbaren Wahrheit, vor Gewalttätigkeiten gesichert, mündlich begegnen könnte um das Wort Gottes zu verteidigen, sondern wir Lehrer müssen uns allenthalben an heimlichen Orten und Winkeln vor den blutgierigen Verfolgern verstecken, wenn wir nicht alle zusammen auf einmal von dem grausamen Tier, das aus dem Meer aufsteigt (Offb 13,1), zerrissen und gänzlich verschlungen werden wollen.

Liebe Leser, merkt wohl was ich schreibe. Gellius macht uns den Vorwurf, dass wir bei Nacht predigen. Im Jahre 1543 (wenn mein Gedächtnis nicht trügt) geschah es, dass eine öffentliche Bekanntmachung durch ganz West-Friesland verlesen wurde, kraft welcher Missetätern und Totschlägern Vergebung ihrer Missetat, des Kaisers Gnade, Landesfreiheit und dazu noch hundert Carolusgulden versprochen wurden, wenn sie mich verraten und dem Beil überliefern wollten.

Um das Jahr 1539 wurde in meinem Orte ein sehr frommer und gottesfürchtiger Häusler, namens Tjard Reynerts Sohn, ergriffen, weil er aus liebevollem Mitleid mit meinem Elend mich heimlich in sein Haus aufgenommen hatte. Wenige Tage darauf wurde er unter Ablegung eines freimütigen Bekenntnisses seines Glaubens als ein wohlgerüsteter Streiter Christi nach dem Vorbilde seines Herrn auf das Rad geflochten, obschon seine größten Feinde ihm das Zeugnis eines unsträflichen und frommen Mannes geben mussten.

Ferner wurden im Jahre 1546 an einem Platze, wo man sich des Wortes rühmt, vier Zimmer in Beschlag genommen, weil der Eigentümer eines derselben (obwohl allen Nachbarn unbekannt) für eine kurze Zeit an meine arme, kranke Frau mit ihren kleinen Kindern vermietet hatte. Was für Dekrete gegen etliche der Unsern in einigen Städten und Ländern erlassen und welche Belohnungen auf ihre Gefangennahme gesetzt sind; was für kaiserliche Mandate und Verurteilungen vom römischen Reiche gegen uns ergangen sind, und wie man allenthalben mit uns umgeht, das ist dem Gellius und den Predigern seiner Sorte auch nicht unbekannt. Dass sie die eigentliche Ursache und offenbaren Anstifter von allem diesem sind, schreibe ich frei heraus und bezeuge es ohne Furcht.

Seht, so hassen sie alle diejenigen, welche Gottes Wort recht lehren. Auch schämen sich Gellius und andere nicht, dem armen Volke vorzugeben, dass wir aus Furcht vor dem Kreuze uns heimlich in Städte und Dörfer einschleichen, bei verschlossenen Türen sitzen, gleich als ob wir Steine oder Klötze wären, die vor keiner Todesqual Furcht haben oder haben können, trotz dem ihm und seinem Anhange wohl bekannt ist, dass die auserkorenen Männer Gottes, Abraham, Isaak, Jakob, Mose, Aaron, dazu auch die Apostel und Propheten, ja, sogar Christus selbst eine große Furcht vor dem Tode gehabt und wohl zuweilen die Flucht davor ergriffen haben.

Zum Zweiten sage ich, dass solange ich Geringer den Gottesfürchtigen mit meiner kleinen Gabe gedient, ich viel mehr am Tage als bei Nacht gelehrt habe; der Herr ist mein Zeuge, dass ich die Wahrheit schreibe. Dennoch muss es bei dieser verkehrten Art immer nur Nachtpredigen, Winkellehren gescholten werden gerade als ob kein Gotteswort außer in ihren Gräuelhäusern (die die Schrift nicht kennt) gelehrt werden könne und als ob Gott nicht ebenso gut ein Gott der Nacht sei, als er ein Gott des Tages ist. Welche Verkehrtheit!

Sagt, meine Leser, war nicht die Nacht dem getreuen Mose und dem ganzen Israel heilig und rein, darin das Osterlamm zu essen (2Mo 12,3–5)? Sah Christus es etwa für Unrecht an, den Nikodemus bei Nacht zu ermahnen (Joh 3,2)? Hielt er nicht auch sein Nachtmahl mit seinen Jüngern in der Nacht, als er leiden sollte (Mt 26,20; Lk 22,19; 1Kor 11,23)? Ist die Gemeinde aus Furcht vor dem blutdurstigen Herodes und den Juden nicht in der Nacht zusammengekommen, als Petrus durch einen Engel aus der Hand des Tyrannen errettet wurde (Apg 12,12)? Hat der heilige Paulus nicht zu Troas die ganze Nacht verborgen auf einem Söller das Wort gepredigt und mit seinen Jüngern das Brot des Herrn gebrochen, da er abreisen wollte (Apg 20,7)? Versammelten sich nicht auch die Heiligen der ersten Kirche zuweilen bei Nacht, um des Herrn Brot zu brechen und seinen Kelch zu trinken? Weshalb man sie auch beargwöhnte und ihnen allerlei böse Namen beilegte. Schreibt nicht auch Hilarius, dass die Apostel auf Sälen und heimlichen Plätzen zusammen kamen und gegen den Befehl der Obrigkeit fast alle Völker zu Wasser und zu Lande durchzogen?

Seht, meine Leser, ob das, was für Mose, Israel, Christum, die Apostel und die ganze erste Kirche rein und erlaubt war, nämlich das Wort und Werk des Herrn auch bei der Nacht zu treiben, uns, besonders in dieser schwierigen, grausamen Zeit voll Tyrannei, nicht gestattet sein soll, wollen wir den verständigen Leser in der Furcht seines Gottes gerne mit der Schrift richten lassen.

O Herr, so sucht man überall Ursache, Beschwerden und Anklagen, um deine armen Kinder immer mehr zu beleidigen und mit dem Kreuz zu beladen, auf dass man sie mit einem Schein des Rechts verfolgen und ums Leben bringen möge; denn sie sind ihren Werken zuwider und ein Dorn in ihrem Auge (Weish 2,12).

Drittens sage ich, dass ich schon früher zweimal ihnen das Anerbieten gemacht habe, unter sicherem Geleit mit ihnen öffentlich durch die Schrift zu verhandeln, entweder vor zwanzig oder dreißig Zeugen oder vor einer vollen Versammlung. Was für eine Antwort ich aber darauf empfing, bezeugt ihre Zuschrift, welche noch in meinem Besitze ist. Danach habe ich noch einmal zur Zeit des Bischofs Herman, Kurfürsten zu Köln, löblichen Andenkens, dasselbe Anerbieten, auf ihr eigenes Begehren, den Gelehrten zu Bonn gemacht; doch ward dasselbe zurückgewiesen, weil diesen guten Herren von Johannes A. Lasco und A. H. davon abgeraten wurde auf Grund dreier offenbarer Erdichtungen, an die ich mein Lebtag nicht gedacht, geschweige denn sie ausgesprochen oder angeraten habe und welche ich auch hier aus der besten Absicht nicht berühren will; füge nur hinzu, dass ich zum Beweis für dieses das Schreiben eines Predigers namens Henricus habe. Was aber die genannten Männer damit beabsichtigten, will ich dem überlassen, der alles weiß.

Auch haben die Prediger von Wesel im Glevischen den Unsern vorgespiegelt, sie wollten mir Geleit verschaffen und mit mir unterhandeln. Als ich mich aber durch ein Schreiben einverstanden damit erklärte, wurde mir die Antwort gegeben, man würde das Beil mit mir unterhandeln lassen und dergleichen tyrannische, unchristliche Worte mehr.

Außerdem schweige ich noch über das, was ich in meinem Fundamentbüchlein, in der Vorrede zum 25. Psalm vor vielen Jahren, in unserer Entschuldigung, in unserer Bittschrift an alle Obrigkeiten und in dem Bericht an die Gelehrten und Prediger der deutschen Nation, die sich des Wortes rühmen, in Bezug auf eine freie Schriftverhandlung, im Jahr 1552 herausgegeben, begehrt habe. Stehe auch jetzt noch und zu allen Zeiten bereit, solange menschlicher Atem und Verstand in mir ist und ich nur so viel Kraft habe, auf einem Wagen zu sitzen oder in einem Schiffe zu liegen, vor Gellius und einem jeglichen zu erscheinen, um den Grund unseres Glaubens mündlich zu verteidigen und die Wahrheit Jesu Christi zu bezeugen, so es nur unter einem zuverlässigen Geleit, mit aufrichtigem, frommem Herzen, zum Preise unseres Gottes, zur Ausbreitung seiner Kirche, zur Aufklärung seines heiligen Worts und zum Heil unsers Nächsten in christlicher Treue geschehen kann. Denn das ist die höchste Lust, Freude und Wunsch meines Herzens, dass ich seinen hochzupreisenden, großen Namen predigen und verkündigen, sein Wort lehren, seinen Ruhm und Ehre suchen und sein Lob nach meinem geringen Vermögen groß machen und befördern möge.

Da es denn so offenbar ist, wie sehr die ganze Welt (obwohl wir es nicht verdienen) über uns erbittert ist, ja, dass man uns leider weder hören noch sehen mag;und wie so manches unschuldige, gottesfürchtige Schäflein, das kein Lehrer war, hier und dort zur Schlachtbank geführt und mit Schwert, Wasser und Feuer ohne alle Barmherzigkeit umgebracht und ermordet worden ist und uns elendigen Lehrern unter dem ganzen Himmel sozusagen nicht einmal ein Schweinestall, um darin mit Freiheit zu wohnen, mit Wissen und Willen gestattet wird, sondern wir durch öffentliche Mandate schon gerichtet sind, ehe wir eingeliefert und verurteilt, ehe wir überwiesen worden sind, was unseres Wissens zur Zeit der Apostel nirgends vorkam; darum will ich alle meine Leser um Gottes willen ersuchen, doch in der Furcht Gottes sorgfältig zu bedenken, welch große Gewalt und Unrecht uns Gellius und sein Anhang mit solchen verkehrten, bittern Worten, wie Nachtpredigen, Winkelpredigen, Rottenmachen, heimlich einschleichen antun, indem uns, wie man offenbar sehen kann, kein anderer Weg übrig bleibt. Auch haben wir in dieser Hinsicht Mose und Christum, die Apostel und auch das Beispiel der ersten Kirche gewaltig auf unsrer Seite; denn diese alle waren, wie wir vorhin gehört haben, Tag und Nacht in des Herrn Dienst tätig. Und so stehen auch wir immer bereit, einem jeglichen Rechenschaft über unsern Glauben zu geben und die Wahrheit zu verteidigen, wenn solches in christlicher Treue, ohne Betrug und Blutvergießen, geschehen kann.

Ferner sage ich: Es ist auch ungleich löblicher, die reine, seligmachende Wahrheit in heimlichen Winkeln bei Nacht zu lehren, wenn es in öffentlicher Versammlung am Tage nicht geschehen kann, als die unreinen, verführerischen Lügen und die kraftlosen, unbußfertigen Lehren bei Tage von den Predigtstühlen abzurufen, gleichwie leider schon seit vielen Jahren öffentlich und vor der ganzen Welt geschehen ist.

Dieses muss man gewiss bekennen und zugestehen, denn das unordentliche, wüste Wesen und das unbußfertige Leben dieser Welt bezeugen es nur zu deutlich (Jer 23,2).

Auf seine Worte, dass man uns wehren und den Mund stopfen müsse, damit die Einfältigen (wie er sie nennt) nicht betrogen werden, sei dieses meine Antwort: Einen bessern und gewissern Weg, als wir durch die Gnade des Herrn erlangt haben, kann niemand weisen, dessen sind wir in unserm Geist und Gewissen fest versichert; denn wir erkennen und fühlen kräftig, dass wir Gottes Wort haben. Dennoch sind wir stets erbötig die Unterweisungen irgendeines Gottesfürchtigen von Herzen gern anzunehmen und zu befolgen, so er uns in der Furcht Gottes durch des Herrn Geist, Wort, Vorbild, Gebot, Verbot, Ordnung und Gebrauch (wonach in Christi Gemeinde und Kirche alles, das vor ihm gelten und vor dem Stuhl seiner Majestät bestehen soll, gerichtet werden muss) und nicht mittels Tyrannei und obrigkeitlicher Gewalt überzeugen und uns irgendetwas zeigen kann, welches nützlicher und besser wäre und zur größeren Ehre Gottes und zur Auferbauung seiner Gemeinde dienen könnte, als das, welches wir nun schon seit etlichen Jahren der offenbar gewordenen Wahrheit gehabt, bekannt und unter so ungemein viel Bedrängnis, Elend, Not und Verfolgung beständig bezeugt haben. Doch durch diese Schriften des Gellius kann und wird dieser Zweck ohne Zweifel nicht erreicht werden, denn sie sind voll von Scheltworten, Schmähungen, Beschimpfungen, falschen Beschuldigungen, heimlichen Tyranneien, verkehrten Deutungen und kraftlosen Gründen – schreibe ich Unrecht, so straft mich – so dass er dadurch den Gottesfürchtigen keineswegs den Mund stopft, wie er meint, sondern bewirken wird, dass sie ihre Stimme nur desto lauter erheben und in der heilsamen Lehre und Wahrheit nur umso mehr bestärkt werden und es vielleicht noch geschehen wird, dass, wo er Gewinn einzuernten hoffte, es sich zum großen Nachteil für ihn herausstellen wird. Denn ich hoffe, durch die Gnade Gottes, dass wenn unsere beiderseitigen Schriften miteinander verglichen werden, der Kirche Christi ein herrliches Licht und ein großer Glanz aufgehen wird, so dass den Schlichten und Einfältigen, die er damit von unserer Lehre abzubringen vermeint, durch seinen Charakter, seine offenkundigen Früchte, Werke und Schriften und durch Christi klares Wort, Geist, Vorbild, Ordnung und Gebrauch in unwiderstehlicher Klarheit dargetan und bezeugt wird, wie irdisch und fleischlich gesinnt er und seine Anhänger sind; wie er sein Amt versieht; was er zu erlangen sucht; welches die Früchte seiner Lehre sind; welche Sakramente er gebraucht; was für einen Bann er anwendet und was für eine Gemeinde es ist, die er lehrt und beaufsichtigt.

Daher ermahne und bitte ich ihn in aller Treue, nicht Größeres zu unternehmen, als er auszuführen vermag; und nicht wider den Stachel zu löcken (Apg 9,5), denn es wird ihm wahrlich zu schwer werden; sondern zu bedenken, dass manche gelehrten Männer (nicht dass ich Gelehrsamkeit etwas achte, falls sie Christo feind ist) in unsern Zeiten vor etlichen Jahren solches versucht und mit großer Emsigkeit betrieben haben, gerade wie er; was sie aber damit ausgerichtet haben, das bezeugen ihre offenkundigen Früchte. Denn etliche sind über uns Arme in einen solchen bittern Eifer geraten, dass sie sich des unschuldigen Bluts schuldig gemacht und viele fromme und getreue Herzen, die, ihren Gott liebend und fürchtend, den bequemen Weg mit ihnen nicht wandeln durften, gröblich beleidigt, verdammt und dem Henker und seinem Gericht überliefert haben; außerdem haben sie für die Einigkeit ihrer Kirche so viel geschrieben und gestritten, dass sie das arme, ruchlose Volk in ein solch unordentliches und wildes Wesen eingeführt haben, dass dasselbe allgemein ein fruchtloses, unbußfertiges Leben führt, gerade als ob noch niemals die prophetische oder die apostolische Lehre, das Wort Gottes, verkündet worden, oder kein Christus, kein Geist je auf Erden erschienen wäre. Hätten sie nun des Herrn Wort und Ordnung und der Apostel Gebrauch und Vorbild mit rechter Weisheit und Folgsamkeit in wahrer Demut erkannt, angenommen und befolgt, ihren Gott aus ganzer Seele gefürchtet; hätten sie auch mit Herren und Fürsten und mit der Welt nicht so geheuchelt, sondern die Lehre ohne Ansehen der Person und Schmeicheln in reinem Eifer verkündet; hätten sie die Sünden aller Menschen, gleichviel ob hohen oder niedrigen Standes, mit Treue in Lehre und Leben, bis in den Tod gestraft; hätten sie auf solche Weise folgsam Gottes Werk und Evangelium (damit sie dem Herrn ein rechtschaffenes, bußfertiges Volk, das ist, eine wahre Kirche nach dem apostolischen Beispiele errichtet und versammelt haben würden) beständig betrieben und bezeugt und nicht ihren eigenen Vorteil und Gemächlichkeit dabei gesucht; und hätten sie endlich die Frommen und Gottesfürchtigen mit ihrem schmählichen Lärm und Geschrei unbehelligt gelassen, so würde das teure Wort, das herrliche Evangelium der Gnade Christi, nimmermehr so schändlich leichtfertig behandelt, noch das arme, einfältige Volk in diesen wilden, wüsten, gräulichen Zustand geraten sein, wie man es gegenwärtig leider allerorts (auch da, wo man sich des Wortes rühmt) hören und sehen muss.

Ebenso wird es, fürchte ich, dem Gellius auch gehen, denn was für Gutes zu einem frommen, bußfertigen Leben er seit so vielen Jahren mit seinem Predigen und Kirchendienst gestiftet hat, möge man an seinen Jüngern, die seiner Aussaat Früchte sind, erkennen und beurteilen.

Ach, dass er doch einmal zusähe und ließe Gottes heiliges und teures Wort ungebrochen und die Frommen und Gottesfürchtigen, die dasselbige mit Herz, Mund, Leben und Tod bezeugen, ungelästert und lernte sein eigenes argwöhnisches, unreines, bitteres Herz, seine verführerische, lästerliche und verleumderische Lehre und sein selbstsüchtiges, ehrgeiziges Fleisch recht erkennen und demütigte sich unter die starke Hand seines Gottes, wie die Schrift lehrt, so könnte ihm geholfen werden. Aber nun fürchte ich, dass sein schweres Lästern, Schelten und Verdammen aller Frommen, dazu auch die Sucht nach ungebührlichem Gewinn, der Menschen Gunst und Ehre und das bequeme, gemächliche Leben ihm die Augen seines Herzens so verblenden und seinen Verstand so verrücken werden, dass er den herrlichen Glanz der Klarheit Christi und die Weisheit, die aus Gott ist, schwerlich recht erkennen und begehren wird. Gott verleihe, dass meine Vermutung sich nicht erfülle und er Barmherzigkeit erlange, was ich ihm und allen Widersachern aus vollem Herzen wünsche. Amen.

Gellius sagt ferner, er habe darum seine Schrift veröffentlicht, auf dass etliche von den Unsern, die noch keine Lästerer geworden seien, auf den rechten Weg gebracht werden möchten. Er schreibt auch noch an einem andern Ort, dass durch ihren treuen Dienst etliche erlöst seien, die nun in der Versammlung der offenbaren Gemeinde Gottes und Christi (so sind seine Worte) den Herrn ihren Gott mit einträchtigem Herzen und in Einigkeit des Geistes anbeten, loben und ihm danken, darum dass sie aus dem Tod und der Verdammnis erlöst, Christum geschmeckt und Ruhe und Reue in ihrem Gewissen gefunden haben.

Antwort: Ihre offenbar falsche Lehre, ihre greifbaren Verführungen, ihre schriftlosen, unbußfertigen Sakramente und ihr mutwillig fleischliches Leben aus reinem göttlichen Eifer und wahrer Liebe mit Gottes Geist, Wort und Leben zu strafen und sie auf das liebliche Vorbild der Propheten, Christi, der Apostel und aller wahren Diener Gottes zu weisen, wird von ihm lästern genannt. So wird uns denn das Werk der Liebe stets zum Schlimmsten gedeutet, wie man hieraus wahrnehmen kann. Denn sprechen oder schreiben wir wehmütig, so nennt man es Seufzen und Stöhnen; strafen wir sie ernstlich, so wird es Schelten und Lästern geheißen. Pfeift man so tanzen sie nicht; klagt man, so weinen sie nicht, wie Christus sagt (Mt 11,17). Was man auch immer zu den Verkehrten spricht, so ist es doch niemals recht gesprochen. Obwohl sie, spricht der Prophet, solche Gräuel treiben, wollen sie gleichwohl ungeschändet sein und sich nicht schämen (Jer 8,12).

Wenn das Verweisen offenbarer Sünden, obwohl es mit des Herrn Wort und in wahrer christlicher Liebe geschieht, ein Lästern ist, wie Gellius es nennt, so müssen auch alle heiligen Männer Gottes, Apostel und Propheten, dazu auch Christus Jesus selber, da sie die falschen Propheten und Prediger vor der ganzen Welt Lügenprediger, Verführer, stumme Hunde, blinde Leiter, Heuchler, Diebe, Mörder, Wölfe, lose Arbeiter, Feinde des Kreuzes, Bauchdiener, verfluchte Kinder, trockene Wolken, erstorbene Bäume, Heuschrecken etc. gescholten haben, Lästerer sein, das kann niemand bestreiten. O nein! Offenbare Verführung, Übertretung, Lästerung Gottes und seines Wortes, Sünde und Schande öffentlich mit des Herrn Wort zu strafen, ist kein Lästern, wie Gellius aus verkehrtem Herzen den Unschuldigen nachsagt, sondern es ist eine Frucht der treuen Liebe, die gerne dem Bösen wehren und das Gute an einem jeglichen fördern und sehen möchte.

Ob aber die, welche Gottes Gemeinde für eine verderbliche Rotte, die wiedergebornen lieben Kinder Gottes für abtrünnige Wiedertäufer, die heilsame Lehre Christi, die den Glauben mit Kraft und Tat beweist, für eine sektiererische Lehre und Schwärmerei schelten; die die Taufe von Christo befohlen und von den Aposteln gelehrt und geübt als eine Ketzertaufe lästern und verdammen und die Taufe des Antichristen mit vielen hochtrabenden, gleißenden Worten und Namen fälschlich als ein heiliges, göttliches Werk bezeichnen und dem armen und unverständigen Volk anpreisen; die den hoffärtigen, frechen, gierigen, fleischlichen und unbußfertigen Prahlern, welche leider von der ganzen Schrift zum Tode verurteilt sind, als den wahren Kindern Gottes, Gnade und Friede zusagen, weil sie zum Schein ein wenig von des Herrn Wort, obwohl ohne Geist, Kraft und Veränderung ihres Herzens, sprechen können; die die armen Waisen und elendigen Christen, die den Herrn von Herzen suchen und fürchten, mit allerlei Schmähungen, Erdichtungen, Schimpfnamen, bösem Verdacht und Nachreden ohne alle billige Ursache und Schuld schänden, verdächtigen und verdammen und sie so der Obrigkeit in den Kerker, ans Beil und Schwert liefern; ob das nicht die rechten Kirchenschänder, Lästerer und die Vergießer des unschuldigen Blutes sind, will ich allen frommen und redlichen Leuten zu bedenken geben.

Was aber sein Rühmen anbelangt, dass sich etliche von den Unsern wieder mit ihnen vereinigt haben sollen und dass auf Grund seiner Schriften diesen auch noch andere folgen werden, so entgegne ich erstlich mit den Worten Christi: »Die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden.« (Mt 7,13–14) Meine Leser, nehmt wahr, alle die den breiten Weg verlassen und den schmalen Weg betreten und durch die enge Pforte zum Leben eingehen wollen, die müssen sich selbst verleugnen, das Kreuz auf sich nehmen und Christo Jesu nachfolgen; sie müssen wiedergeborne und der Sünde abgestorbene Christen sein, die ihr Fleisch kreuzigen (Gal 5,24) und ihre Lüste dämpfen; die alle sichtbaren und vergänglichen Dinge, wie Gold, Silber, Haus und Güter, ja, Frau und Kinder (Lk 14,26), wenn es die Not und Ehre Christi fordert, dazu alles, was sie sind und haben, durch die Kraft ihres Glaubens in der Überwindung durch Jesum Christum aufopfern. Sie müssen bereit sein, Schmach, Hunger, Elend, Beraubung, Verfolgung, Bande und den Tod um des Zeugnisses Gottes und ihres Gewissens willen zu erdulden und mit stetem Beten und Wachen fest an des Herrn Wort halten; denn alle, die noch mit der Last der Ungerechtigkeit und mit einem schlechten Gewissen, mit Geiz, gottlosen Lüsten und Werken des Fleisches beladen sind oder die irgendwelchen Zweifel an des Herrn Wort und Verheißung haben, können diesen schmalen Weg und diese enge Pforte nicht passieren. Das möge ein jeglicher wohl bedenken (Mt 7,13).

Zweitens sage ich, dass die Erbauung und der Glaube der wahren Christen mannigfaltigen Versuchungen ausgesetzt sind wie die Schrift sowohl als die Erfahrung deutlich lehren und bezeugen. Jetzt werden sie von Fleisch und Blut versucht, das niemals Frieden hält, dann von der Welt und Augenlust, die dem selbstsüchtigen Fleische, in welchem nichts Gutes wohnt (Röm 7,18), sanft und lieblich schmeicheln. Dann wiederum mit Kreuz und Bangigkeit, die uns oftmals schwer bedrücken; und schließlich mit der kitzelnden, schmeichelnden Friedenslehre der Prediger, welche fortwährend rufen: Friede, Friede! wie der Prophet sagt (Jer 8,11), womit sie die Verzagten in ihrer Furcht vor dem Kreuze und die, welchen des Herrn Weg zu schmal ist und die gerne nach des Fleisches Begehren der weltlichen Lust frönen wollten, in ihrer Untreue und ihrem Ungehorsam gegen Gott trösten und ihnen einen frechen Mut machen. Es ist ganz so, wie Petrus sagt: »Dabei verheißen sie ihnen Freiheit, obgleich sie doch selbst Sklaven des Verderbens sind.« (2Pt 2,19) Aus diesem Grunde wird ein Teil des ausgestreuten Samens von den Vögeln des Himmels aufgelesen; einiger Same ist auf steinigen Boden gesät und obgleich er bald aufwächst, kann er dennoch den Brand der Sonne, d. h. die Hitze der Verfolgung, nicht ertragen; und einiger wird von den Dornen und Disteln erstickt und bringt keine reifen Ähren hervor (Mt 13,4–7).

Weil denn der Weg so schmal, die Pforte so eng ist und das Fleisch so gewaltig anstürmt, die Welt so freundlich anlacht, die Tyrannei so über die Maßen groß ist und der Tausendkünstler Satan seine Meisterschaft immerfort ausübt und nicht feiert, wie ein jeder Gottesfürchtiger wohl erfährt, seht, so ist dieses die eigentliche und rechte Ursache, warum etliche furchtsame, leichtfertige, fleischliche, verderbte und eigenwillige Geister, die leider mehr auf das Irdische als auf das Himmlische bedacht sind und mit denen wir niemals in Einigkeit des Geistes leben konnten, sich wiederum zu ihnen gesellt haben. Denn sie wollten sich nicht unterwerfen, wie der Prophet klagt, sondern wollten stets ihrem eigenen Sinn folgen und, ohne von dem Kreuz beschwert zu sein, mit der Welt den breiten Weg des Fleisches wandeln. Durch die Schriften und den Dienst des Gellius (wie er sich dessen rühmt) ist dieser Übertritt aber keineswegs geschehen.

Seht, diese Leute, mit welchen er so prangt führten einen Wandel (es tut uns leid, es sagen zu müssen), dass man von ihnen sagen konnte: Sie haben mit Demas (2Tim 4,10) die Welt lieb gewonnen; darum konnten wir auch, nach dem Inhalt von Gottes Wort, nicht länger mit ihnen essen oder trinken. Auch sind sie nicht gebessert, wie Gellius vorgibt, sondern sie sind in ihrem Glauben verdorben und heucheln mit irdisch gesinnten Herzen unter dem Schein des Gebets mit der Welt, haben nicht den breiten Weg des Todes, sondern den engen Weg des Lebens verlassen; nicht den Genuss Christi erlangt, sondern verloren, ihres Fleisches, aber nicht des Gewissens Ruhe und Reue gefunden, wie Gellius meint; denn es wird mit der Tat bewiesen, welche von beiden Parteien im Rechte ist, sie oder wir, und wessen Handlungsweise Heuchelei ist und wessen nicht; denn die Unsern lassen Gut, Blut und Leben für ihre Sache; was aber die andern tun, ist ebenfalls wohl bekannt.

Dies ist also mein schließliches Wort auf die zuerst genannte Ursache der Herausgabe seiner Schrift, nämlich: Gleichwie der Engel der Finsternis sich zum Engel des Lichts verstellen kann, wie Paulus sagt (2Kor 11,14); wie er Liebe heucheln und große Verheißungen geben kann; wie er Christum anscheinend recht erkennen und die Schrift meisterhaft deuten kann, desgleichen sind auch seine Diener im Stande dasselbe zu tun, wie ihr sehen könnt. Denn Gellius sagt, dass er deshalb seine Schrift hat im Druck erscheinen lassen, um dadurch einige der Verkehrten zu gewinnen; die Einfältigen vor Verführung zu bewahren; den Wiedertäufern (wie er sie nennt) den Mund zu stopfen; das Unkraut auszurotten; der Kirche Christi zu dienen; und die Schwachen in den Niederlanden im rechten Verständnis der evangelischen Lehre und dem Gebrauch der heiligen Sakramente zu bewahren. Wenn wir es aber recht überlegen, es nach dem Geist, Wort und Beispiel Christi, nach dem Gebrauch der heiligen Apostel und der ersten apostolischen Kirche beurteilen wollen, so werden wir finden, dass es nichts anderes ist, als eine offenbare Beschirmung des Fleisches; ein Bestärken der Unbußfertigen; eine feine Anleitung auf den breiten Weg; eine Verteidigung der Kirche des Antichristen; eine Verwirrung oder Verblendung der Einfältigen; eine heimliche Aufhetzung zum Aufruhr gegen alle Frommen; eine Ausrottung der Kirche Christi; eine listige Beschwerung der Gottesfürchtigen; eine unbillige, argwöhnische Verleumdung und Lästerung der Heiligen; eine Verfälschung des heiligen Worts; ja, eine offenbare Unterstützung in der Ungerechtigkeit, Unbußfertigkeit und fleischlichen Freiheit.

Seht, das ist die Wirkung, Frucht und das Ende seines Schreibens, obwohl er es mit solchem herrlichen Schein des Guten und dem Vorwand der Liebe verziert und ausschmückt. Kann ich das nicht mit der offenbaren Frucht und mit Kraft der Schrift vor ihm behaupten, so will ich, wenn ich je mit ihm zusammentreffen sollte, gerne das Gesagte widerrufen und meine Schande tragen; denn ich hoffe, durch Gottes Gnade, dass ich wohl weiß, was ich schreibe.

Der andere Grund, sagt Gellius, warum er seine Schrift veröffentlicht hat, ist weil der Edelmann, dem er dieselbe gewidmet hat, die Druckkosten tragen wollte.

Antwort: Eifer ist gut und preiswürdig, wenn er rechter Art ist und zum Guten und zur Ehre Gottes dient. Aber ein jeder sehe sich wohl vor, wie, warum und zu welchem Zwecke er eifert; auf dass er sich nicht des Vergießens unschuldigen Blutes, welches, die Sünde wider den heiligen Geist ausgenommen,die schwerste Sünde ist, schuldig mache. Hat es dann seine Ehren (der Edelmann) aus reinem Eifer und guter Absicht getan, um, wie Paulus vor seiner Bekehrung tat, die Ehre Gottes und die Seligkeit seines Nächsten damit zu fördern, so hoffe ich, dass Gott ihm mehr Licht in dieser Sache schenken und ihn die Wahrheit in größerer Klarheit erkennen lassen wird. Sollte es aber der Fall sein, dass er es eines eitlen Namens oder falschen Ruhmes halber getan hat, oder aber fleischlichen Vorteils und eigener Genugtuung wegen, welches die Gelehrten solchen vornehmen Leuten leider gar meisterlich beizubringen verstehen; oder streitet er gleich Gellius und den andern Predigern mit einem bittern Eifer gegen das Volk Gottes (was ich an ihm nicht hoffe), dann gestaltet sich seine Tat zu einer so schweren Sünde und großen Blindheit, dass ich befürchten muss, er werde wohl schwerlich oder nimmermehr zur Erkenntnis Christi kommen.

Ich möchte daher seine Ehren herzlich ermahnen und in christlicher Liebe bitten, sich wohl vorzusehen, dass er sich fernerhin nicht mehr mit fremden Sünden belaste; denn er sowohl wie alle Menschen werden am Tage des Gerichts an der eigenen Bürde genug zu tragen haben. Für alle Verführung der elendigen Seelen, allen Unglauben und Abgötterei, alle Leichtfertigkeit und fleischliche Freiheit und allen Aufruhr und Tyrannei, die vielleicht aus seiner Schrift entstehen dürften, wird an dem Tage Christi nicht weniger von ihm, als von den Predigern, Rechenschaft gefordert werden, wenn keine Buße eintritt, weil er dem Gräuel mit Rat und Tat, mit Geld und Gut, wie sie unterstützt und fördert.

Es wäre deshalb nach meiner Ansicht wohl gut gewesen, seine Ehren hätten sich etwas besser besonnen und diese Geldmittel zur Rettung, Hilfe, Trost, Speisung und Kleidung der Notdürftigen angelegt, besonders in dieser kümmerlichen Zeit des Hungers und sie nicht zur Ursache und zum Mittel der Verführung vieler einfältigen Herzen und zur größern Beschwerung und Verfolgung der Gottesfürchtigen angewendet.

Wiederum, dass Gellius seine Schrift unter der Gutheißung des genannten Edelmannes publiziert hat, hat den Anschein, als ob er einer von denjenigen sei, die die Menschen ehren und rühmen je nach dem Nutzen, den sie von denselben ziehen können. Doch aus welcher Ursache und Absicht er es getan hat, was er damit zu erreichen strebt und wie es mit seinem Herzen bestellt ist, will ich dem Herrn befehlen, der alles weiß.

Die Erfahrung beweist genugsam der Reichen Art und Natur, nämlich ihren stolzen Sinn, ihr ehrgeiziges Gemüt und ihren Hang zum Sichgroßdünken. Nicht ohne Ursache sprach Gottes Weisheit: »Wahrlich, ich sage euch: Ein Reicher hat es schwer, in das Reich der Himmel hineinzukommen!« (Mt 19,23) »Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als daß ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt!« (Mt 19,24) Jakobus sagt ebenfalls:

»Wohlan nun, ihr Reichen, weint und heult über euer Elend, das über euch kommen wird. Euer Reichtum ist verfault; eure Kleider sind mottenfressig geworden; euer Gold und Silber ist verrostet und ihr Rost wird euch zum Zeugnis sein und wird euer Fleisch fressen, wie ein Feuer!« (Jak 5,1–3)

Paulus schreibt:

»Seht an, liebe Brüder, eure Berufung: nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Gewaltige, nicht viele Edle sind berufen.« (1Kor 1,26)

In Ansehung nun, dass des Herrn Mund, dazu auch seine getreuen Diener Jakobus und Paulus, die Gefahren des Reichtums und hohen Standes mit so klaren Worten anzeigen und die Erfahrung so offenbar lehrt, wie hoch sich ihre Herzen erheben, welches aus ihren Namen, Häusern, Schildern, Kleidern, Knechten, Pferden und Hunden deutlich hervorgeht, und da Jesus sagt: »Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel kommen!« (Mt 18,3), würde es deshalb in besserer Übereinstimmung mit der evangelischen Gerechtigkeit sein, wenn Gellius solche stolze Herzen und hohe Leute stattdessen mit allem Fleiß auf die Niedrigkeit Christi weisen würde, damit sie daraus lernen mögen, sich selbst zu verleugnen, sich selbst zu erkennen und ihren Ursprung, was sie sind und einst sein werden zu bedenken; auf dass sie ihrer übermäßigen Pracht und Eitelkeit, ihrem Überfluss und gottlosem Wesen absterben, Gott von Herzen fürchten, auf seinen Wegen wandeln und ihrem Nächsten in wahrer Demut ihres Herzens mit ihrem Reichtum dienen mögen; und nicht beständig das Feuer ihres Stolzes, fleischlicher Sicherheit und Leichtfertigkeit durch Schmeicheleien, hochtönende Titel und unterwürfige Worte anfachen; denn der angeborne Ehrgeiz des Fleisches von Adams Kindern ist leider an sich schon mehr als hinreichend, solche Dinge zu lehren und einzuflüstern, ohne dazu durch Schmeichelei und süße Worte aufgemuntert zu werden.

Ich möchte nun noch einen jeglichen treulich ermahnen, Gott zu fürchten, der Wahrheit nachzustreben und seinen Nächsten von Herzen zu lieben; denn die Zeit kommt und ist nicht fern, dass wir hören werden, ein jeglicher zu seiner Zeit: »Lege Rechenschaft ab von deiner Verwaltung; denn du kannst künftig nicht mehr Haushalter sein!« (Lk 16,2) Ich widme diese meine Antwort und Verteidigung nicht diesem oder jenem, wie es gemeinhin der Gelehrten Gebrauch ist, sondern ich widme sie in christlicher Einfachheit dem gottesfürchtigen Leser und begehre, dass dieselbe der Beurteilung aller Gottesfürchtigen und Frommen unterworfen sei.

Kann mich irgendjemand unter dem ganzen Himmel – gleichviel ob gelehrt oder ungelehrt, Mann oder Frau – mit klarer Schrift und kräftiger Wahrheit unterweisen, so will ich es gerne annehmen und befolgen. Aber wir wissen durch Gottes Gnade, dass wir den gewissen und rechten Weg, den uns Christus vorbereitet hat, haben. Wohl uns, so wir darauf wandeln und durch die enge Pforte eingehen.

Wer nun klugen Herzens ist und des Herrn Preis in reinem Eifer und Gottesfurcht sucht, der lese und richte das was hier folgt.