Ich vermute wohl, werte Brüder und Schwestern in dem Herrn, dass die getreuen Arbeiter und Diener Gottes mit allem Fleiß, ein jeglicher nach seiner empfangenen Gabe, unter euch gepflanzt und begossen, euch mit dem lebendigen Wort des heiligen Evangeliums Jesu Christi neugeboren, auf den festen, unbeweglichen Eckstein, Jesum Christum, nach göttlicher Art gebaut, euch Gottes Wort, Willen und Ordnung nach seinem Wohlgefallen gelehrt, euch als eine bereitwillige, gehorsame und reine Braut eurem Bräutigam Christo Jesu in aller Liebe verbunden haben, dass sie euch mit allem Eifer den schmalen, verachteten Weg gezeigt haben; euch das Kreuz gepredigt und euch ermahnt und gelehrt haben in Bezug auf die Mühen und Kosten des Baus dieses gottseligen Gebäudes (Lk 14); denn wie ihr wohl wisst, kann es nicht ausbleiben, dass diejenigen, welche Christum hören, ihm folgen und durch die rechte Tür, Christum Jesum, eindringen wollen; die auf der rechten Heerstraße im Lichte Christi ins ewige Leben wandeln wollen, sich selbst zuerst gänzlich verleugnen müssen und dann auch alles, was ihr eigen ist. Sie müssen das drückende Kreuz aller Armut und Schmähung, allen Elends, Jammers und Trübsals auf sich laden und dem elenden, verachteten, verstoßenen, blutenden und gekreuzigten Jesu nachfolgen, wie er selber sagt:
»Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir!« (Mt 16,24)
Ja alle, die zu diesem verhassten, verabscheuten, bangen Leben des Kreuzes und der Trübsal nicht bereit sind, nicht Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, Haus, Acker, Geld, Gut und dazu ihr eigenes Leben hassen, die können nicht Christi Jünger sein.
Meine getreuen Brüder, dies ist ein wahrhaftiges und gewisses Wort; denn die ewige Wahrheit, Christus Jesus, hat es an vielen Orten der Schrift in großer Klarheit selbst angewiesen und bezeugt:
»Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug, wie die Schlangen, und ohne Falsch, wie die Tauben. Hütet euch aber vor den Menschen; denn sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen; und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen, zum Zeugnis über sie und über die Heiden.« (Mt 10,16–18)
Wiederum:
»Es wird aber ein Bruder den andern zum Tode überantworten, und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören wider ihre Eltern und ihnen zum Tode helfen; und ihr müsst gehasst werden von jedermann, um meines Namens willen.« (Mt 10,21–22)
Wiederum:
»Der Jünger ist nicht über seinem Meister, noch der Knecht über dem Herrn; es ist dem Jünger genug, dass er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen; wie viel mehr werden sie auch seine Hausgenossen so heißen!« (Mt 10,24–25)
Wiederum:
»Wer Vater und Mutter mehr liebt denn mich, der ist meiner nicht wert; und wer Söhne oder Töchter mehr liebt denn mich, der ist meiner nicht wert; und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wirds verlieren und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.« (Mt 10,37–39)
Wiederum:
»Alsdann werden sie euch überantworten in Trübsal und werden euch töten. Und ihr müsst gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern.« (Mt 24,9)
Wiederum:
»Sie werden euch in den Bann tun. Es kommt aber die Zeit, dass wer euch tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst daran.« (Joh 16,2)
Wiederum:
»Durch viele Trübsal müssen wir in das Reich Gottes eingehen.« (Apg 14,22)
»Alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen Verfolgung leiden.« (2Tim 3,12)
»Sterben wir mit, so werden wir mitleben; dulden wir, so werden wir mitherrschen.« (2Tim 2,11–12)
Ja, die ganze Schrift ist voll von Ermahnungen, Beispielen und Beschreibungen der Trübsale, Beschwerden, Verbannungen, Misshandlung, Beraubung und Bestrafung, des Verrats, der Gefangennahme und des schmählichen Todes und Kreuzes der Heiligen.
Da schon von Anfang der Welt an wahre Gerechtigkeit, Gottseligkeit und Frömmigkeit so arg gehasst, verfolgt und verworfen ward, wie an den gottesfürchtigen Vorvätern mehr als hinlänglich bewiesen worden und auch in diesen letzten Zeiten, wie bereits angedeutet, genugsam gefunden werden kann, so erachte ich es für notwendig aus des Herrn Wort unsern jungen und unversuchten Brüdern und Schwestern zu erklären, wer die Leute sind, welche uns solchergestalt verfolgen und uns dieses Leid und Trübsal verursachen; warum sie es tun und womit sie ihre Tyrannei und Bluttaten rechtfertigen wollen; was für ein Nutzen uns aus diesem Kreuze entspringt und welche Verheißungen denen gegeben sind, welche, durch die Kraft ihres Glaubens, in allen Anfechtungen und Nöten überwinden und durch Christum Jesum den Sieg behalten; damit sie, vermöge solcher Ratschläge, sich in der Zeit auf alle Versuchungen rüsten und vorbereiten mögen, angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit, dem Helm der Seligkeit und dem Schild des Glaubens und umgürtet mit dem scharfen durchdringenden Schwert des Geistes, in aller Demut, Sanftmut, Geduld, mit eifrigem Gebet und Seufzen zu dem Herrn, auf dass, sollte ein plötzlicher, unvorhergesehener Aufruhr sich wider uns erheben, derselbe nicht unvorbereitet uns überfalle, damit ein unerwarteter Sturmwind und Regen unser Haus nicht danieder werfe, die Hitze der Sonne die wachsende Pflanze nicht verdorre, noch des Feuers Glut und Kraft das aufgebaute Werk zu Asche verbrenne; auch damit ihre schreckliche Drohung, Aufruhr und Tyrannei uns nicht in einen tödlichen Abfall schrecken oder treiben. Darum meine Allerliebsten, lest und versteht es in aller Liebe; denn aus reiner Liebe und zum Dienste meiner Brüder habe ich dieses nach meiner empfangenen Gabe geschrieben, das weiß der Herr.
Zum Ersten, liebe Brüder, erachte ich es für sehr notwendig, dass ein jeglicher Gottesfürchtiger und Streiter unter dem Kreuz Christi, welcher Erquickung und Linderung in seinem Kreuz und Leiden sucht, die er um des Zeugnisses Gottes und seines eigenen Gewissens halber erduldet, mit ganzem Ernste und großer Sorgfalt bedenke, wer und was sie sind, welche ihn so grimmig verfolgen, bedrücken und betrüben; ihm Mühe und Leid verursachen; von welcher Art und Natur sie sind; auf was für Wegen sie wandeln und von welchem Vater, nach dem Geiste, sie geboren sind. Alle, die sie sorgfältig beobachten und sie aufgrund der Schrift untersuchen, werden, meines Dünkens nach, wohl finden, dass sie nicht Christen, sondern ein ungläubiges, fleischliches, irdisches, mutwilliges, blindes, verstocktes, lügenhaftes, abgöttisches, verkehrtes, neidisches, rachgieriges, unbarmherziges, grausames, mörderisches Volk sind.
Ein Volk das durch Taten und Früchte beweist, dass es weder Christum noch seinen Vater erkennt, wiewohl es seinen heiligen Namen mit dem Munde preist und mit den Lippen erhöht; ein Volk, welches auf schlüpfrigen, krummen, verkehrten Wegen geht; welches von der christlichen Liebe und Frieden nichts weiß, sondern seine Herzen und Hände im Blut badet und dessen natürliche Neigung es treibt zu fangen und zu erwürgen. Diese Menschen sind Kinder und Mitgenossen desjenigen, der von Anfang ein Todschläger und Lügner gewesen ist und von denen die ganze Schrift zeugt, dass sie den unerträglichen Fluch, das schreckliche Gericht Gottes und die verzehrenden Flammen des höllischen Feuers auf ewig leiden und tragen müssen, es sei denn, dass sie aufwachen aus dem tiefen tödlichen Schlaf ihrer abscheulichen Sünden, aufrichtige Buße tun, das frohe Evangelium Christi von Herzen glauben, Christum Jesum anziehen und somit durch ihr ganzes Leben und ihre Früchte tatsächlich beweisen, dass sie ihren Gott mit aller Kraft suchen, fürchten und lieben, mögen sie nun Kaiser oder König, Doktor oder sonstiger Gelehrter, Bürger oder Bauer, Mann oder Weib sein; denn bei Gott, sagt Paulus, ist kein Ansehen der Person, sondern wer Sünde tut, der soll seine Sünde tragen.
Werte und getreue Brüder in dem Herrn, erkennt hieraus, welch ein blindes, wankendes, elendes und unvernünftiges Volk in göttlichen Sachen es ist, die euch, eures Gewissens und Glaubens halber, so erbittert und ohne alle Barmherzigkeit verfolgen und umbringen. Darum gehört es sich für alle auserwählten und geheiligten Kinder Gottes, wie hart sie auch immer behandelt und von diesen Menschen belogen werden mögen, nicht über sie zu zürnen, sondern herzliches Mitleiden mit ihnen zu haben; über ihre armen Seelen aufrichtig zu seufzen und nach dem Vorbilde Christi und Stephani mit aller Demut und allem Eifer für ihre grimmige und verdammliche Unwissenheit und Blindheit zu beten, denn sie wissen in der Tat nicht, was sie tun. Wer weiß ob Gott ihnen nicht Augen und Herzen schenken wird, damit sie ihre Blindheit und ihren Unglauben erkennen und wahrnehmen mögen, welch ein unreines Leben sie geführt, welch ein Volk sie verfolgt und wen sie durchstochen haben.
Ach meine lieben Brüder, merkt und bedenkt auch euer eigenes vergangenes Leben wohl. Wir haben früher alle einem Herrn mit ihnen gedient, einerlei Kleidung mit ihnen getragen, wie man zu sagen pflegt. Aber was wir nun sind, das sind wir nicht aus uns, sondern aus Gott in der Gnade, durch ChristumJesum. Der starke Gott, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit aus unserer verdammlichen Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat, lebt ewiglich; seine Ohren sind nicht verstopft, seine Hand ist nicht verkürzt und dass er auch sie erhören und ihnen helfen kann, gleichwie er uns geholfen hat, unterliegt keinem Zweifel. Sollten sie sich aber niemals bekehren, sondern mit unbußfertigem, verkehrtem Herzen in allem gottlosen Wesen, Blutdurst, Mutwillen und in ihrer Tyrannei fortfahren, bis zu ihrem Tode, so wissen wir was die Schrift von ihnen bezeugt und über sie ausspricht, nämlich, dass sie das Reich Gottes nicht ererben werden, sondern dass ihr Teil in dem feurigen Pfuhl sein wird, der da brennt mit Feuer und Schwefel und das Feuer wird ein ewiges Feuer sein (Offb 21,8).
Ein jeder denn, der dies so gründlich erkennen und sehen kann, nämlich, dass seine Verfolger gänzlich blind und unverständig sind in allem was den Geist angeht, gleich wie oben gesagt ist, und dass ihr Lohn und Teil mit dem Engel des Abgrunds sein wird, der ewige, unerträgliche Zorn Gottes, der Tod, das höllische Feuer, welches immer und ewig währen und nimmermehr aufhören soll und dass das Kreuz, welches um des Zeugnisses Jesu uns von ihnen auferlegt wird, uns nur zeitweilig und vorübergehend beschweren kann, der wird darin durch Gottes Gnade ein Mittel finden, sein Herz von allem Zorn, Neid und allen Rachegedanken gegen sie rein zu bewahren und eifrig für sie zu beten; er wird seine Angelegenheit in aller Demut dem Herrn, seinem einzigen Helfer in der Not, anheimstellen und wird seine Seele selbst im Kerker, Feuer oder Wasser unversehrt erhalten.
Auch halte ich es für ein sanftes Linderungspflaster und für eine Kühlung unseres Elends und Kummers, wenn wir über die eigentliche Ursache nachdenken, warum unsere Verfolger uns so tödlich hassen und so schonungslos um Namen, Gut, Gerücht, Wohlfahrt und Blut bringen, nämlich darum, weil uns die erschienene Gnade Gottes durch Christum Jesum eingeleuchtet ist, dass wir das gepredigte Evangelium mit einfältigen Herzen glauben und von unserem blinden, ruchlosen Leben und tödlichen Werken abstehen; dass wir der wahren Gerechtigkeit des Glaubens, wie sie von Gott gefordert wird und den dem heiligen Worte schuldigen Gehorsam, durch die reine Furcht und Liebe Gottes in unserer Schwachheit nachzukommen begehren; weil wir den ewig gesegneten Jesum allein als unsern Erlöser, Mittler, Fürsprecher, Heiland, geistigen König und Hirten, für unser einziges Vorbild und alleinigen, unfehlbaren Lehrer und Meister halten und anerkennen; weil wir alle Geister, Lehren, Konzilien, Ordnungen, Gebote und Zeremonien, insofern sie den Geist und Glauben betreffen, mit Christi Geist, Lehre, Ordnung, Gebot und Zeremonien prüfen und richten und mithin alle Gebote und Zeremonien der Menschen, welche gegen Gottes Gebote und Zeremonien verstoßen, nicht allein für eitel und unnütz, sondern, nach Inhalt der Schrift, auch für verdammlich und abgöttisch betrachten; weil wir Gott über alle Menschen ehren und fürchten und sein hohes, heiliges, wahres und kostbares Wort in Ehren halten; weil wir, auf Grund der Schrift, nicht nach den unreinen, unheilsamen, abgöttischen, verführerischen und blutdürstigen Predigern hören; weil wir der Welt, soweit wir vermögen, mit Gottes Wort und Sakramenten und nach unserer Schwachheit, mit einem demütigen, niedrigen Leben, je nach der empfangenen Gabe, in aller Liebe ermahnen und vorangehen und folglich ihre verführerische Lehre, abgöttischen Sakramente und ihr mutwilliges, irdisches, fleischliches Leben (zwar allein zu ihrem Besten) strafen und sie in ihren Herzen und Gewissen beschämen. In kurzen Worten, weil wir sie mit guter Treue auf die gewisse und untrügliche Wahrheit Gottes, auf das rechte, wahrhafte Licht und die königliche, wohlgebahnte Heerstraße zum ewigen Leben hinweisen und sie, so weit es uns möglich, vor dem ewigen Tod in der Hölle und vor Gottes Zorn durch Lehre und Leben warnen und zurückschrecken.
Seht, meine getreuen Brüder, um dieser Ursache willen, wie hier erzählt, lügt, schreibt, ruft, predigt und ist die ganze, weite Welt aufrührerisch und so böswillig gegen alle Frommen; sie sind in einer solchen unmenschlichen Wut entbrannt, wie zu sehen ist, dass die reißenden, grimmigen Wölfe und brüllenden Löwen, mit ihnen verglichen, keine Wölfe und Löwen, sondern lauter zahme Tiere und Lämmlein sind; denn so hart treibt sie der brünstige, blutdürstige Geist ihres Vaters, dass sie weder auf das Gesetz Gottes und Christi (welches die Liebe ist) noch auf Reden und Vorstellungen, noch dem innewohnenden Gesetz der Natur, durch welches ein redlicher Mensch den andern billig, nach Gottes Wohlgefallen, in aller Liebe begegnen, tragen, ermahnen und dienen sollte, Achtung oder Aufmerksamkeit schenken. Ja, oftmals überliefert der natürliche Vater seinen eigenen Sohn des Glaubens halber dem Tode, oder der Sohn seinen Vater, die Mutter ihre Tochter, oder die Tochter ihreMutter, oder ein Bruder den andern, gleichwie Christus gesagt hat.
Seht, dermaßen stolz treten sie, ohne irgendwelche Scheu oder Furcht, in das Gericht Gottes, in das Amt des heiligen Geistes. Treiben Christum Jesum, das Haupt aller Fürsten und Gewaltigen, der alle Macht hat im Himmel und auf Erden, aus dem Stuhl seiner göttlichen Majestät und richten so mit ihrem eisernen Schwert, nach ihrem eigenen, blinden Gutdünken und fleischlichen Vornehmen, die auserwählten, gottesfürchtigen, frommen Herzen, die durch Jesum Christum in Gott erleuchtet sind, über welche kein buchstäbliches Schwert richten darf; denn sie sind geistlich, eifern um Gott und sein heiliges Wort aus dem Innersten ihrer Seelen selbst bis in den Tod.
Seht, so frevelhaft und stolz ist die menschliche Vernunft und so rachgierig und neidisch ist der satanische Hass, dass sie sich nicht fürchten, mit dem mörderischen, tödlichen Schwert zu streiten wider den Allerhöchsten, in Christum Jesum zu stechen und nach allem ihrem Vermögen Gottes heiligen Geist, Gaben, Wort, Wahrheit und alles, was Gott gebietet und haben will, zu verfolgen.
Ach dass doch Gott einmal gäbe, dass die blinden Wächter dieser Welt, ich meine die Prediger und Theologen, ihre Trompeten im rechten Ton und zu rechter Zeit blasen oder sie an der Wand hängen lassen möchten, auf dass sie damit nicht das tödliche Mordgeschrei erheben und nicht die fleischliche, blinde Welt dadurch länger verführen möchten; damit sie alle Gewalthaber und Obrigkeiten nicht zum Verderben und der Ermordung der Heiligen anreizen und sie wie Hunde auf ein Reh hetzen möchten; dass Gott vergönnen möchte, dass das arme gemeine Volk einmal ihres Sauerteiges und Träbers überdrüssig werden und vor ihrem geistlichen Stehlen und Morden ein Grauen und einen Schrecken bekommen möchte; und auch dass alle Regenten und Obrigkeiten den Zaum aus ihrem Munde reißen und diese Aufhetzer und Bluttreiber von ihrem Rücken schütteln möchten, sich nicht länger wie die gebundenen Esel von ihnen treiben lassen möchten und es würde, nach meinem Dünken, mit ihren Seelen vor Gott viel besser stehen; doch fürchte ich, dass die lügenhafte, mörderische Schlange wohl die neidische, beißende Schlange bleiben werde und dass die streitende Frau, die neue Eva mit ihren Kindern, das tägliche Beißen und Nagen in aller Geduld und Langmut an ihren Fersen bis an das Ende wird leiden und tragen müssen.
Da ich euch nunmehr in wenigen Worten die Eigenschaft, Natur und den Geist derer geschildert habe, die euer Verderben, Gut und Blut suchen, euch auch die vorzüglichsten, dringenden Ursachen, die sie veranlassen, so zu handeln, erklärt habe, will ich nun meinen Brüdern einige Ereignisse und Beispiele aus der heiligen Schrift vorführen, zum Trost und zur Labung aller elenden, bekümmerten und betrübten Herzen, die um der Gerechtigkeit willen Trübsal und Jammer in ihrem Fleisch leiden müssen; in den anzuführenden Schriftstellen und Beispielen können diese Dinge alle deutlich erkannt und wahrgenommen werden.
Erstens, Eva, unser aller Mutter, gebar ihre zwei ersten Söhne, Kain und Abel. Abel war ein Schafhirte, Kain aber ein Ackermann. Im Laufe der Zeit, sagt Mose, geschah es, dass Kain dem Herrn Opfer brachte von den Früchten des Feldes; und Abel brachte auch von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fetten. Und der Herr sah gnädiglich an Abel und sein Opfer; aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädiglich an. Da ergrimmte Kain sehr und seine Gebärde verstellte sich, gleichwie die Gottlosen über die Gottesfürchtigen ergrimmen, weil der Herr dieselben begünstigt und ihre Opfer lieb hat. Kain sprach betrüglich zu seinem frommen und einfachen Bruder Abel, welcher nicht seines Bruders neidisches, blutgieriges Herz kannte, indem er sagte: Laß uns hinausgehen; und als sie auf dem Felde waren konnte Kains neidischer, jähzorniger Geist nicht länger beherrscht und sein blutdürstiges Herz nicht länger geheim gehalten werden. Was in demselben verborgen war, musste nun durch die Tat zum Vorschein kommen; er erhob sich wider seinen unschuldigen Bruder und ermordete ihn in seinem grausamen, grimmigen Zorn. Warum tat er das? Weil Kain aus dem Bösen war und so auch seine Werke und seines Bruders Werke gut waren.
Ich denke, meine lieben Brüder, dass dieses ein passendes Beispiel und eine gute Anführung ist; denn die Gerechten sind stets der Ungerechten Kehricht und Raub gewesen; und das zu sein werden sie fortfahren, wie die Schrift genugsam bezeugt und die tägliche Erfahrung deutlich lehrt.
Zweitens segnete Gott den Erzvater Isaak und gab ihm zwei Söhne. Der ältere war Esau, der jüngere Jakob. Esau war ein Ackermann und Jäger und hatte große Lust am Waldwerk. Als er einmal sehr müde nach Hause kam, verkaufte er seinem Bruder Jakob, um einer Speise willen, seine Erstgeburt (1Mo 25,33).
Später trug es sich zu, dass Jakob, durch die Schlauheit und List seiner Mutter, von seinem Vater Isaak den Segen empfing, indem er die äußerliche Erscheinung seines Bruders nachahmte und sich dessen Namen beilegte. Dies war die Absicht und der Wille Gottes zum Gedächtnis der buchstäblichen Synagoge und der Gemeinde Christi laut seinem Wort zu Rebecca, während sie schwanger war, nämlich:
»Zwei Völker sind in deinem Leibe, und zweierlei Leute werden sich scheiden aus deinem Leibe; und ein Volk wird dem andern überlegen sein, und der Größere wird dem Kleinern dienen.« (1Mo 25,23)
Als Esau davon Kenntnis erhielt, weinte er bitterlich und sagte:
»Er heißt wohl Jakob, denn er hat mich nun zweimal untertreten!« (1Mo 27,36)
Esau versuchte den Segen zu erhalten, aber vergeblich; denn Gott wollte es nicht, wie vorhin bemerkt.
Esau war sehr zornig über seinen Bruder Jakob, um des Segens willen, mit dem sein Vater ihn gesegnet hatte. Ein neidischer, bitterer Grimm loderte in ihm auf und er sprach:
»Es wird die Zeit bald kommen, dass mein Vater Leid tragen muss; denn ich will meinen Bruder Jakob umbringen!« (1Mo 27,41)
Darum musste der gesegnete Jakob seine lieben Eltern verlassen seines zornigen Bruders halber. Er floh in ein fremdes Land und wurde für die Dauer von zwanzig Jahren ein Dienstbote im Hause Labans, welcher ihn auch keineswegs mit Liebe und Billigkeit behandelte. Er wagte nicht nach dem Lande seiner Geburt zurückzukehren, bis dass der Herr zu ihm sagte:
»Ziehe wieder in deiner Väter Land, und zu deiner Freundschaft; ich will mit dir sein!« (1Mo 31,3)
Meine lieben Brüder, bemerkt; gleich wie der Patriarch Jakob der äußerlichen Erstgeburt und des Segens wegen gehasst und von seinem fleischlichen und grimmigen Bruder Esau verfolgt ward, so geschieht es noch heutzutage mit allen denen, welche nach dem Geiste mit dem Namen Jakob benannt werden, nämlich mit den wahrhaftigen Christen, die in der Kraft des heiligen Geistes und vermittelst des Glaubens den Teufel, die Welt, das Fleisch und Blut zertreten; das Recht der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind, erlangen und durch unsern wahrhaftigen Isaak, Christum Jesum, mit geistlichem Segen ins himmlische Wesen zur ewigen Herrlichkeit gesegnet werden. Sie werden bitter gehasst und von ihren fleischlichen, unzüchtigen Brüdern tödlich verfolgt; müssen von einem Lande nach dem andern und von einer Stadt nach der andern fliehen, in großem Elend, Mangel und Ungemach; müssen Kerker, Banden, Hunger, Schläge und durch Wasser, Feuer und Schwert leiden alle Tage ihres Lebens, wie überall gesehen werden kann.
Seht, so tyrannisiert der fleischliche Esau den geistlichen Jakob, um der geistlichen Erstgeburt und des Segens willen, wie wohl sie beide miteinander von einem Vater, Adam, von einer Mutter, Eva, geboren und nach dem Bilde Gottes geschaffen sind.
Drittens, Saul, der erste König in Israel, ist um seines Dünkens und Ungehorsams willen von dem Herrn verworfen; und David, der Sohn des Isai, des Bethlehemiten, wurde durch den Propheten Samuel, nach Gottes Befehl, von der Herde, die er hütete, genommen und an seine statt gesalbt, hat aber während Sauls Lebzeit die Regierung nicht angetreten. Der Herr war mit David und stärkte seine Hand. Er tat große Werke im Namen des Herrn; er erlöste das geraubte Schaf aus dem Rachen des Löwen und Bären; er erschlug den schrecklichen, ungeheuren Goliath; er unterwarf zweihundert der unbeschnittenen Philister. Er handelte in allen Dingen klüglich, recht und tapfer, denn der Herr war mit ihm. Als Saul aus der Schlacht gegen die Philister zurückkehrte und die Weiber aus allen Städten Israels dem Könige entgegen kamen, fröhlich spielten und sangen, mit Pauken, mit Freuden und mit Geigen, da sprachen dieselben freudig zueinander: Saul hat tausend geschlagen, aber David zehntausend.
»Da ergrimmte Saul sehr und gefiel ihm das Wort übel und sprach: Sie haben David zehntausend gegeben und mir tausend; das Königreich will noch sein werden.« (1Sam 18,8)
Von dem Tage an hatte David keine Gunst mehr bei Saul, denn Saul trachtete sowohl heimlich als öffentlich mit großer Beharrlichkeit und List nach seinem Leben; wiewohl dem Saul Davids Frömmigkeit bekannt war und er wusste, dass der Herr mit ihm war, brannte dennoch sein Herz in solcher Missgunst und Rache, in solchem Neid und Blutdurst, dass, als David entronnen war, der gute Abimelech samt den Priestern des Herrn sterben mussten und die ganze Stadt Nobe zerstört wurde um Davids willen (2Sam 22).
Er berücksichtigte weder die Frömmigkeit, Liebe und Treue, noch die ihm selbst und dem ganzen Israel von David widerfahrenen Wohltaten, auch nicht Gottes Gunst, Werk und Willen, sondern war dermaßen unsinnig und wie trunken in seinem Zorn, dass die Feinde und Verräter Davids, als Doeg, Idumeus und die Sipheren, bei ihm hoch angesehen und geehrt waren, aber die Friedenmacher und die, welche zum Guten rieten, wie z. B. sein eigener Sohn Jonathan, wurden von ihm gehasst und beargwöhnt. Kurz, David musste die Flucht ergreifen, musste einige Jahre hindurch fliehen von einem Lande in das andere, von einer Wüste in die andere und von einem Berg auf den andern, bis endlich Saul, von den Philistern überwunden, aus dem Berge Gilboa sein blutiges Schwert, welches er gegen den Gerechten und Unschuldigen gezogen hatte, aus Verzweiflung und Ungeduld in sein Herz stieß und sich selbst das Leben nahm.
So straft der allmächtige Herr und Gewalthaber aller Dinge die stolzen, blutdürstigen Tyrannen; einen jeglichen zu seiner Zeit, die das Schwert ihres Amts wider Gott gebrauchen und wider seinen Auserwählten, wie man hier an Saul und an andern Orten der Schrift an Pharao, Antiochus, an Ahab und Isebel, an Herodes und andern mehr sehen mag. Er kann dagegen seine Auserwählten wohl bewahren und ihnen helfen aus aller Not, wie sehr sie auch bedrängt sind, gleichwie er am Volke Israel bei ihrem Durchgange durchs rote Meer, an David, Elia und Elisa, an Daniel in der Löwengrube und an den drei Jünglingen im Feuerofen bewiesen hat, ja, wie auch in vielen andern Fällen deutlich wahrgenommen werden kann.
Hier haben wir wiederum ein klares Beispiel und Vorbild an Saul und David, wie überall die stolzen, mutwilligen, eigensinnigen und fleischlichen Fürsten, wie wohl sie christliche Fürsten und gnädige Herren genannt werden wollen, mit aller Rache und Bitterkeit wider den wahrhaftigen David, Jesum Christum, handeln und verfahren und wider alle seine Geheiligten, die er mit dem Öl seines heiligen Geistes gesalbt hat; welche aus der Höhe Kraft haben mit ihm, in ihm und durch ihn zu überwinden den schrecklichen, höllischen Löwen, Bären und Goliath, Hölle, Sünde, Tod, Teufel, Verdammung und den Zorn Gottes. Diese, wie unschuldig, gottesfürchtig und fromm sie auch immer sein mögen, können wegen diesem untreuen Saul nirgends Frieden finden. Weder Frömmigkeit noch Unschuld, weder Bitten noch Tränen, weder Worte noch selbst Christus sind von Nutzen. Gleichwie es bei David der Fall war, wird ihnen alles entstellt und zum Schlimmsten ausgelegt. So ist es immer geschehen und so wird es auch, nach meiner Meinung, bis zum Ende bleiben.
Und dennoch, meine Brüder, fürchtet euch nicht, denn alle eure Verfolger und Neider werden wie ein Kleid veralten, wie mächtig, herrlich und groß sie auch erachtet werden.
»Alles Fleisch ist Heu, und alle seine Anmut ist wie eine Blume auf dem Felde.« (Jes 40,6)
Aber ihr sollt in Gott blühen und zunehmen und eure Frucht soll nimmermehr verwelken, denn das Reich Jerusalem ist euch gegeben und der herrschende Herr wird Ehre an euch haben und wird euch, wie sehr auch Saul wütet, die ewigen Hütten geben, die er euch und allen Auserwählten vor ewigen Zeiten in seiner großen Liebe zugeeignet und bereitet hat.
Viertens: Jeremia, Hilkias Sohn, ein Priester von den Priestern zu Anatot, ein von Mutterleibe an Geheiligter, ward von Gott seit seiner Jugend zu einem Seher und Propheten erwählt. Er strafte Benjamin und Juda hart wegen ihres Ungehorsams und falschen Gottesdienstes, wegen ihrer Hartnäckigkeit, Übertretung, Sünde, Abgötterei und Blutschuld und zwar aus dem Munde Gottes und kraft seines Gesetzes. Er lehrte Buße und Besserung, prophezeite den verheißenen Messias, den er den Zweig und die Wurzel Davids nennt. Er predigte den zukünftigen Zorn und die Strafe Gottes, nämlich die Gefangenschaft und den Untergang der Könige, die Zerstörung der Stadt und des Tempels und die siebzigjährige Gefangenschaft des Volkes.
Und diese seine Prophezeiungen, getreue Warnungen, Visionen und Verweise aus des Herrn Mund, wurden ihm zu lauter scharfen, stechenden Dornen; sie verwarfen sein Wort und seine Ermahnung und wollten nichts von denselben wissen. Der fromme Prophet und treue Diener Gottes wurde von ihnen als ein Verräter, Aufrührer und Ketzer betrachtet; das Wort Gottes war für ihn gleich einem täglichen Hohn. Oftmals ward er gefangen gesetzt und geschlagen und in eine stinkende Grube geworfen. Sie berieten sich über seinen Tod. Er ward dermaßen vom Kreuz bedrückt, dass er schon einmal in seinem Herzen den Entschluss fasste, nicht mehr im Namen des Herrn zu predigen; ja, er verfluchte den Tag seiner Geburt und den Mann, der seinem Vater Botschaft brachte, dass ihm ein Knäblein geboren war (Jer 20). So trug der werte Mann Gottes, um seines Herrn Wort und Wahrheit willen, die schwere Kreuzeslast viele Jahre lang, allen Schmähern das Ohr und allen Schlagenden den Rücken bietend, bis dass das Wasser der Trübsal dies verstockte, hartnäckige, ungläubige Volk zu ersäufen drohte und sie allzu spät einsahen, dass Jeremia des Herrn rechter Bote und wahrhaftiger Prophet sei. Außerdem musste er sein Leben in Ägypten beschließen, wo er zu Tode gesteinigt wurde als Belohnung für seine große Liebe und bittere Arbeit.
Meine lieben Brüder in dem Herrn, ich will diese Skizzen aus dem alten Testament abkürzen, denn die Zeit gestattet nicht alle Punkte zu berühren. Der fromme Joseph ward von seinen Brüdern bitterlich gehasst, in eine Grube geworfen, wieder herausgezogen und an die Ismaeliten verkauft, ward von seines Herrn unkeuscher Frau als ein ruchloser Ehebrecher angeklagt. Obgleich unschuldig, musste er dennoch seines Herrn Zorn, Kerker und Banden leiden. So auch wurde der edle und hochberühmte Prophet und Evangelist Jesaja unter dem blutdürstigen und abgöttischen Tyrannen Manasse, wie die Geschichtsschreiber berichten, mit einer Säge durchschnitten. Der geistliche Prophet Hesekiel wurde von denen, welche von Dan und Gad übrig geblieben waren, gesteinigt. Urias von Kiriath-Jearim wurde von Joachim, dem Könige Judas, mit dem Schwert erschlagen. Zacharias, der Sohn Barachias, wurde zwischen dem Tempel und dem Altar gesteinigt. Der große, wundertätige Prophet Elia musste vor der blutdürstigen und abgöttischen Isebel weichen; die drei Jünglinge, Sadrach, Mesach und Abednego wurden in den glühenden Ofen geworfen und Daniel in die Löwengrube. Der ehrwürdige, fromme, alte Eleazar mitsamt seinem rechtschaffenen, gottesfürchtigen Weibe und ihren sieben Kindern, wurden von dem schrecklichen Antiochus unmenschlich und über alle Maßen grausam behandelt, im Feuer gepeinigt und auf grässliche Weise umgebracht.
Seht, meine Brüder, ein jeglicher Christ sollte eingedenk sein, dass solches die einzige Belohnung und Krone dieser Welt ist, mit welchen sie alle wahren Diener Gottes ehren und belohnen, die ihnen des Herrn Reich, Wort und Willen in treuer Liebe lehren und erklären; die zur Buße und Bekehrung rufen; die mannigfaltige Beweise von Gottlosigkeit, Dienstwilligkeit und Gütigkeit geben und die in aller Heiligkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Gottesfurcht und Liebe gleich den goldenen Leuchtern in des Herrn Tempel leuchten und die gleich den fruchtbaren Ölbäumen im Hause Gottes grünen und blühen. Alle, die diese und dergleichen Auszüge und Darstellungen aus dem Leben der frommen Männer Gottes wohl bedenken, die werden ohne Zweifel nicht verzagen, sondern in allem ihrem Elend, Kreuz und Leiden durch Gottes Gnade wohl bestehen und bis an das Ende unwandelbar, fromm und stark bleiben.
Da ich nun etliche Begebenheiten aus der heiligen Schrift euch vorgelegt habe, aus welchen klar zu ersehen ist, dass die wahre Rechtschaffenheit überall zu leiden hatte, verfolgt und ausgerottet ward, unter dem Gesetz sowohl als vor Erteilung desselben, so will ich nun, durch die Gnade Gottes, einige Beispiele aus dem Neuen Testament anführen, aus welchen alle genugsam lernen können um mit Paulus zu sagen, dass
»alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, Verfolgung leiden müssen.« (2Tim 3,12)
Erstens, Johannes der Täufer, ein Mann, der, wie der Evangelist bezeugt, von Gott gesandt war; ein brennendes und scheinendes Licht, wie Christus sagt, von welchem Jesaja vor langer Zeit prophezeit hatte indem er sagte:
»Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: bereitet dem Herrn den Weg und macht richtig seine Steige!« (Mt 3,3)
den Maleachi den Engel des Herrn nennt, dessen Geburt, Größe, Heiligkeit, Amt, Lehre und Werke seinem Vater Zacharias durch den himmlischen Boten Gabriel verkündigt waren; der noch im Mutterleibe erfüllt ward mit dem heiligen Geist; der dem ganzen Judäa Bekehrung und Buße predigte; der auf Christum Jesum hinwies, als der ganzen Welt Erlöser und Seligmacher und sprach:
»Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!« (Joh 1,29)
Von welchem auch der Sohn Gottes selbst Zeugnis gab, dass er kein wankendes Rohr wäre, nicht mit weichen Kleidern angetan sei, dass er größer denn ein Prophet und der zukünftige Elia wäre; dass er den Weg der Gerechtigkeit gekommen sei und dass unter allen, die von Weibern geboren wären, keiner aufgekommen sei, größer denn er; der auch von der Gemeinde für einen Propheten angesehen wurde – von ihm sagten sie gleichwohl, er habe den Teufel; ja, Herodes, der König, verfuhr mit ihm gleich wie mit einem unehrlichen, liederlichen Landstreicher; und nach Verlauf von einigen Tagen ward dieser heilige Mann Gottes wie ein gemeiner Verbrecher durch des Henkers Hand enthauptet und zwar darum, dass er Herodes der Blutschande halber ermahnte; außerdem wurde sein Haupt einer eitlen, hoffärtigen Tänzerin und einem unkeuschen, ehebrecherischen Weibe gegeben, um den trunkenen, unnützen und gottlosen Gästen an Herodes Tafel in einer Schüssel gezeigt zu werden.
O Herr! Wie kläglich und jämmerlich werden die Gerechten um ihrer Frömmigkeit willen von dieser gräulichen, blutgieren und mörderischen Welt umgebracht und verfolgt und niemand nimmt es zu Herzen. Es wird mit ihnen so verfahren, dass es den Unweisen vorkommen muss, als ob der Fromme seinem Gott ein Ekel und Gräuel und von ihm verbannt und verflucht ist, als ob er in Ewigkeit auf keinen Trost und keine Gnade bei Gott zu hoffen habe. O nein! Der Herr sei gesegnet; obgleich ihr Leben der törichten Welt ein eitler Wahnsinn zu sein scheint und ihr Ende ohne Ehre ist, wissen wir dennoch, dass sie des Herrn Augapfel, Volk und Kinder sind; dass ihr Blut und Tod von ihm wertgehalten wird; dass ihnen, nach kurzem Leiden und Trübsal, viel Gutes vergolten werden wird; dass das Himmelreich ihnen zugesagt ist und die Pein des ewigen Todes sie nicht berühren wird (Weish 3), sondern dass ihre kostbaren Seelen in die ewige Ruhe, den ewigen Frieden eingehen werden. Ja, meine Brüder, ein jeder Christ darf wohl in allen Anfechtungen und Nöten sich in seinem Herzen trösten und erfreuen.
Zweitens Stephanus, der Gekrönte Gottes, ein Mann voll des Glaubens, der Kraft und des heiligen Geistes, welcher, wie Lukas schreibt, unter dem Volke viele Wunder und Zeichen tat und, nach der Verheißung Christi, von Gott mit einer solchen Weisheit und einem solchen Geist ausgerüstet war, dass alle seine Feinde, nämlich die Libertiner, Kyrener, Alexandriner, schweigen und beschämt vor ihm dastehen mussten. Als sie dies wahrnahmen, erwachte bei ihnen der Geist ihrer Väter, wie er von Anfang an seine Herrschaft bewiesen hatte; der verzehrende Neid musste seine Kunstgriffe anwenden; in Stephanus musste der Anstoß gefunden werden; Recht und Billigkeit ward bei Seite gesetzt; die Männer Belials gebrauchten sie dazu um den frommen Stephanus zu belügen, indem sie sagten:
»Wir haben gehört, wie er Lästerworte redete wider Mose und wider Gott und wie er sagte, dass Jesus von Nazareth diesen Ort verwüsten und die Gesetze, die uns Mose gegeben hat, verändern werde,« (Apg 6,11,14)
und auf eine solche Weise behaupteten sich die Lügen der Schlange gegenüber dem Recht. Man berät sich die Heiligen zu vertilgen. Seinen eigenen Feinden erschien sein Antlitz als das eines Engels Gottes. Er redete des Herrn Wort ohne Furcht; er strafte das falsche Vertrauen auf ihr Gesetz und ihren Tempel; er bezeugte Jesum Christum in großer Kraft, auf welchen Mose und alle Propheten in ihren Prophezeiungen hingewiesen hatten; zuletzt wurde er sehr eindringlich und eifrig in seiner Rede vor der Versammlung, weil sie die barmherzige Heimsuchung Gottes, alle seine Wohltaten und seine angebotene Gnade so undankbar verwarfen und seinen Weg nicht wollten. Er sagt:
»O ihr Hartnäckigen und ihr Unbeschnittenen an Herzen und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem heiligen Geist, gleichwie eure Väter, so auch ihr; welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Ja, sie erwürgten alle die, welche die Zukunft dieses Gerechten verkündigten, dessen Verräter und Mörder ihr geworden seid; ihr habt das Gesetz empfangen durch der Engel Dienst und habt es nicht gehalten.« (Apg 7,51–53)
Und als sie diese Strafe und scharfen Worte hörten, konnten sie es nicht lange ertragen, denn es zerschnitt ihre Herzen und sie knirschten mit ihren Zähnen über ihn. Aber Stephanus, voll des heiligen Geistes, blickte gen Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesum stehen zur rechten Hand Gottes und sprach:
»Ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur rechten Hand Gottes stehen.« (Apg 7,56)
Da riefen sie laut, verstopften ihre Ohren, als ob sie nicht länger ertragen konnten die Lästerworte zu hören, mit welchen der gottlose Ketzer (für den sie ihn hielten) sich rühmte und mit welchen er Christo solche hohe Ehre gab. Sie fielen allesamt über ihn her, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn in großem Zorn und unsinniger Wut; Saulus aber bewahrte der Zeugen Kleider. Stephanus rief aus: »Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!« Dann kniete er nieder und rief laut, nach dem Vorbilde seines Meisters am Kreuze:
»Herr behalte ihnen diese Sünde nicht!« (Apg 7,59–60)
Und so entschlief dieser treue Zeuge in dem Herrn und empfing die Krone des Lebens, welche Gott allen denen verheißen hat, die ihn von ganzem Herzen in der Wahrheit fürchten, lieben und suchen.
O gottesfürchtiger Leser, lerne durch solche Beispiele erkennen, dass alle, die dem Worte des Herrn aufrichtig glauben, des heiligen Geistes teilhaftig werden, mit Kraft aus der Höhe angetan sind, aus deren Mund Gnade und Weisheit fließen und die die Welt ihrer Schanden und Sünden halber verweisen, mit Stephanus aus der Stadt gestoßen und gesteinigt werden.
Liebe Brüder, betet mit treuem Eifer und macht euch bereit. Durch viel Trübsal müssen wir in das Reich Gottes eingehen. Hier ist die Geduld und der Glaube der Heiligen. Ach, meine Brüder, wacht!
Zum Dritten, Paulus, ein Knecht Gottes und ein Apostel Jesu Christi, ein auserwähltes Rüstzeug, ein Streiter des heiligen Worts, ein Apostel und Lehrer der Heiden, der nicht von den Menschen auf Erden, sondern von Gott selbst aus dem Himmel in den Dienst des Evangeliums berufen war; kräftig und feurig in der Lehre, unsträflich im Leben; der mehr denn alle anderen Apostel gearbeitet hat, den Teufel austrieb in des Herrn Namen und den toten Eutychus wiederum erweckte; der den Kranken Gesundheit gab; die Schlange von seiner Hand abschüttelte ohne selbst beschädigt zu werden; welcher, als ein wahrhafter Prophet, viele Dinge vorhersagte, welche in der letzten Zeit sich zutragen würden; der in den dritten Himmel erhoben und in das Paradies Gottes eingeführt ward und solche Visionen hatte, von denen keines Menschen Mund mit Füglichkeit sprechen könnte; der ein untrüglicher Vorgänger war in Gerechtigkeit, Heiligkeit, Gottseligkeit und Tugend; der nicht sich selber, sondern seinen Gott und seinen Nächsten von ganzem Herzen suchte und liebte; der nichts besaß, dessen er beschuldigt werden konnte, sondern allen seinen Gewinn für Schaden achtete, damit er allein Christum Jesum gewinnen möchte; ja, der nichts reden durfte, das Christus Jesus nicht in ihm bewirkt hatte – musste dennoch, wie heilig, unsträflich, eifrig, wie hoch berufen, wundertätig und gottergeben er auch immer sein mochte, mit Simon von Kyrene das Kreuz Christi tragen helfen. Denn sobald er vom Himmel berufen und von Ananias gelehrt und getauft war, von seiner Tyrannei abließ und in Damaskus Christum predigte, musste er bei Nacht in einem Korbe über die Mauer gelassen werden um der Blutdürstigen Schlingen zu entgehen.
Oft wurde er gefangen genommen, dreimal mit Ruten gegeißelt, einmal gesteinigt, zu Ephesus den wilden Tieren vorgeworfen und zuletzt nach undenkbaren und unzähligen Mühen und Reisen voneinem Land in das andere, nach vielem Leiden von Blöße, Kälte, Hitze, Durst, Hunger, Arbeit, Wachen, Sorgen, Gefährlichkeit und Angst, ward er zu Jerusalem von den Juden ergriffen und geschlagen; sie klagten ihn vor dem Richter an, schworen ihm den Tod, schlossen ihn zu Cäsarien ein und nach seiner Appellation an Cäsar, gelangte er nach vielem bestandenen Elend und Schiffbruch in Rom an; er wurde vor den Kaiser geführt und schließlich unter Nero, dem blutdürstigsten der Tyrannen, mit dem Schwerte hingerichtet. So hat er seine Seele opfern und seinen Leib hingeben müssen.
Auf ähnliche Weise wurden auch die Apostel in Jerusalem gefangen genommen und gegeißelt; die Gemeinde zerstreut und verfolgt und Jakobus unter Herodes mit dem Schwerte gerichtet. Alle diejenigen, welche mit noch ferneren Erzählungen aus der heiligen Schrift bekannt werden möchten, dürfen nur die Kirchengeschichte von Eusebius lesen, in welcher sie ähnliche unmenschliche Gräuel, Tyrannei, Unbarmherzigkeit und neidische Lügen wider die Unschuldigen finden werden. Sie werden außerdem ganz außerordentliche Erfindungen in Gestalt von Marterwerkzeugen vorfinden, die dazu dienten, die Christen zu peinigen, umzubringen, auszurotten und zu vertilgen und die von einer Art sind, um den natürlichen Menschen (ich sage nicht, den geistlichen) bis in sein Herz zu erschrecken und zu erschüttern.
Meine allerliebsten Brüder in Christo Jesu, seid doch freudigen Gemüts und in dem Herrn wohl getröstet, ihr die ihr euch freiwillig dem Kreuz Christi unterwerft. Ihr mögt aus den obigen, aus dem alten und neuen Testament gezogenen Beispielen deutlich wahrnehmen, wie alle gottesfürchtigen Männer und Kinder Gottes, alle Gerechten und Propheten, alle Apostel und wahrhaftigen Zeugen Christi, ja, Christus selbst, wie wir noch hören werden, durch diese einsame Wüste, diesen engen, schmachvollen und blutigen Weg des Elends, Kreuzes und Leidens, zu dem wahren verheißenen Lande, der ewigen Herrlichkeit gedrungen sind.
Ja, dieses ist und bleibt der einzige und enge Weg und Pforte, durch welche wir alle eingehen müssen; auch können wir nicht begehren, auf einem andern Wege mit allen Heiligen zu ewigen Leben und Frieden und zur ewigen Ruhe einzugehen, wie Christus selbst sagt:
»Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir!« (Mk 8,34)
Darum, liebe Brüder, die ihr den Herrn sucht, fürchtet und lieb habt, müsst darum von dem argen und abgöttischen Geschlecht viel leiden und tragen. Fürchtet nicht diejenigen, die euer Gut nehmen, Christum und den Himmel mögen sie euch nicht nehmen; oder die euren Leib töten, eure Seele aber nicht töten mögen; sondern fürchtet von ganzem Herzen den, der Macht hat euren Leib und eure Seele ewiglich zu verderben in die Hölle. Ja, meine Brüder, wollt ihr des Herrn Volk und Jünger sein, so muss auch das Kreuz Jesu Christi von euch getragen werden, das ist eine unzweifelhafte Wahrheit.
Zum Vierten, nachdem wir viele treffliche Historien aus der biblischen Schrift dem gütigen Leser vorgetragen haben, in welchen das tyrannische Gemüt, das neidische Herz, der wölfische Grimm, die mörderischen Taten, das brutale, erbarmungslose Martern und Blutvergießen dieser gottlosen Welt gegenüber den Gerechten eingehend beschrieben sind, wollen wir jetzt durch Gottes Gnade in Kürze anführen, nicht allein wie die Diener, von denen wir Erwähnung machten, litten, sondern auch wie der Herr und Fürst selbst viel zu erdulden hatte um wiederum in seine Herrlichkeit einzugehen.
Die Apostel bezeugen vielfältig, dass das Lamm Gottes, der ewig gesegnete Christus Jesus, das wahrhaftige Haupt aller Rechtgläubigen, nicht nur von Anbeginn zu leiden gehabt hatte, wie zuvor gesagt, sondern dass er auch in diesen letzten Zeiten im Fleisch hat leiden müssen, obgleich er der Überwinder der Schlange und der Adam und Eva Verheißene war; und wiewohl er der Segen aller Völker war, der wahrhafte Siloah; der Messias und Emanuel; die Wurzel Davids, der Herr, welcher uns rechtfertigt; der friedsame Fürst; ja, der wahrhaftige Sohn des lebendigen und wahrhaftigen Gottes, den alle rechtschaffenen Propheten Gottes sehnlich begehrt haben.
Als er nun, nach der den Vätern gegebenen Verheißung, Mensch geworden war, predigte er Buße und Bekehrung in der vollen Kraft des Geistes und in aller Liebe, Rechtschaffenheit, Demut, in allem Frieden und Gehorsam; predigte das strenge, schreckliche Gericht Gottes über die Unbußfertigen; dagegen das ewige Reich, die ewige Gnade und Barmherzigkeit und die herzliche Liebe und Gunst seines himmlischen Vaters den aufrichtig Bußfertigen. Er selbst war das Wort in derGerechtigkeit; der von Gott ewig Gesandte; das untrügliche Vorbild, die ewige Weisheit, Liebe und Wahrheit; der Glanz der göttlichen Herrlichkeit; das ausgedrückte Bild seines Vaters, nach welchem der erste Mensch erschaffen ward (d. h. nach dem inwendigen Wesen); die ewige Kraft Gottes, das allmächtige Wort, durch welches alle Dinge geschaffen sind, regiert werden und bestehen müssen. Welcher keine Sünde getan hatte und in dessen Mund kein Betrug gefunden wurde, das wahrhaftige Licht des ewigen Lebens. Er wird von der Finsternis, nämlich der Welt, solchergestalt gehasst, gelästert, verfolgt, ausgestoßen und mit Füßen getreten, als ob er der Allerverworfenste unter den Menschen wäre. Der König aller Könige und Herr aller Herren ward ärmer als die Füchse oder die Vögel; denn er hatte nicht, da er sein gesegnetes Haupt hinlege. Er fand am Tage seiner Geburt keinen Platz in der Herberge; eine Krippe musste sein Lager sein. Kurz nach seiner Geburt waren seine Eltern genötigt mit ihm nächtlich nach Ägypten zu fliehen.
Und wiewohl er in der Zeit seines Amtes die Blinden sehen machte, die Tauben hörend, die Stummen redend, die Aussätzigen reinigte, die Gichtbrüchigen und Gebrechlichen gesund machte, die Teufel austrieb, die Toten auferweckte, zweimal Tausende mit ein wenig Brot und Fischen speiste und die Werke und den Dienst reiner Liebe an ihnen bewies, und wiewohl niemand ihn in Worten oder Leben strafen konnte, waren dennoch ihre blutdürstigen, neidischen Herzen gegen ihn so ergrimmt, dass sie begehrten, der gottlose Mörder Barabbas, der durch das Gesetz zum Tode verurteilt war, sollte leben, das ewige Leben aber, der Schöpfer und Erhalter aller Kreaturen, sollte sterben.
Der reine himmlische Leib aller Tugend ist mit Geißeln und Striemen misshandelt, das herrliche Angesicht und Haupt aller Ehren mit Blut, Speichel und Dornen entstellt. Sie trieben ein Gespött mit ihm, indem sie ihm ein lächerliches Gewand anlegten, so dass es selbst dem heidnischen Richter Pilatus jammerte, da er sagte: Seht, welch ein Mensch! Ja, werte Brüder, nichts war ihnen genug, keine Pein oder Marter, kein Elend konnte ihren Blutdurst sättigen; sie konnten sich nicht zufrieden geben, bis dass er hinweggenommen und zu dem schmachvollsten Tode verdammt war; bis, ausgestreckt auf dem Kreuz, seine Hände und Füße an das Holz genagelt und seine Seite mit einem Speer durchstochen war. Er ward als das Haupt und der Anführer aller Gottlosen an das Holz des Kreuzes gehangen und unter die Mörder gerechnet. Das war der Dank für seine unbegreifliche, brennende Liebe und für seine Wohltaten; und in seinem großen, bittern Durst, zur Zeit seines Verscheidens, konnte er nicht einen Tropfen Wasser erlangen, sondern man reichte ihm Essig und Galle. Kurzum, sie behandelten ihn dergestalt, dass er gegen das Ende seiner Kreuzesmarter ausrief:
»Mein Gott, mein Gott! Warum hast du mich verlassen?« (Mt 27,46)
Auch klagt er durch den Propheten, indem er spricht:
»Ich bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und Verachtung des Volkes.« (Ps 22,7)
Er mochte wohl mit Jeremia oder Jerusalem seufzen und sagen:
»Euch sage ich allen, die ihr vorüber geht: Schaut doch und seht, ob irgendein Schmerz sei wie mein Schmerz.« (Kla 1,12)
In dieser Weise ward er, dem unerschöpflicher Reichtum gehörte, um unserer aller Seligkeit willen arm; die ewige Herrlichkeit entehrt, die ewige Gerechtigkeit verfolgt, die ewige Wahrheit gelästert, die ewige Seligkeit verworfen, der ewige Segen verflucht und das ewige Leben musste den schmachvollsten Tod erleiden.
Geliebte Brüder in dem Herrn, bemerkt dieses wohl: Verschonten die Weingärtner ihres Herrn Sohn nicht, sondern stießen ihn zum Weingarten hinaus und töteten ihn, wie viel mehr werden sie solches an seinen Knechten tun.
»Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen; wie viel mehr werden sie seine Hausgenossen so heißen!« (Mt 10,25)
Christus sagt:
»Haben sie mich verfolgt, sie werden euch auch verfolgen.« (Joh 15,20)
Ferner:
»Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat.« (Joh 15,18)
Denn
»der Jünger ist nicht über seinem Meister, noch der Knecht über dem Herrn; es ist dem Jünger genug, dass er sei wie sein Meister und der Knecht, wie sein Herr.« (Mt 10,24–25)
Auch können andere Stellen ähnlichen Sinnes vielfältig in der heiligen Schrift gefunden werden.
Ich hoffe, werte Brüder, dass die Gottesfürchtigen aus diesen Beispielen vollständig wahrgenommen haben, welch ein Volk es stets gewesen ist, von welch einem Vater sie geboren und von wessen Geist sie getrieben sind, welche Christum Jesum, das liebliche, friedliche, unschuldige und gehorsame Lamm Gottes, samt seinen Heiligen, von Anbeginn und bis auf die gegenwärtige Zeit so unbarmherzig ausgestoßen, geplündert, belogen, gefangen genommen, gepeinigt, gekreuzigt, gesteinigt, enthauptet, ertränkt, gebraten, erstickt und auf andere Weise ermordet haben; und nach meinem Verständnis vom Worte Gottes wird auch diese Tyrannei nicht aufhören, bis der verworfene, misshandelte und gekreuzigte Christus Jesus mit allen seinen Heiligen, als ein allmächtiger Gewalthaber, Überwinder und herrlicher König, zum letzten Gericht in den Wolken des Himmels allen Geschlechtern und Völkern erscheinen wird.
Da nun die furchtbare Tyrannei dieser blinden Welt stets schwer auf den Kindern Gottes gelastet hat und noch lastet und, wie zuvor gesagt, wohl bis zum Ende lasten wird und kein anderer Weg durch die enge Türe zum Leben führt noch führen kann als allein dieser steinige und dornenvolle Weg des Kreuzes (ich spreche im fleischlichen Sinne; denn dem Geist erscheint er breit und lieblich), wie die Schrift bezeugt; so schuht eure Füße mit dem Evangelium des Friedens, mit der köstlichen Verheißung Gottes, mit der reinen Erkenntnis Christi, mit Verleugnung eurer selbst, mit Geduld und dem Glauben der Heiligen und mit der gewissen Hoffnung auf das Reich Gottes; auf dass die harten Steine und die scharfen, stechenden Dornen der Versuchung, die allen Frommen vorbehalten sind, euch nicht erschrecken und auf den gemächlichen Weg des Fleisches führen. Legt alle Dinge, die euch hindern, alle Sünden, die euch ankleben, von euch ab; die verdammlichen Werke der Finsternis, den Geiz und Hochmut, die unnütze Sorge, Heimatsliebe und Pracht, das Gut, Gold, Silber und alles was vergänglich ist; alle Trunkenheit, Abgötterei und Eitelkeit, allen fleischlichen, ungehörigen Worte und Last der Bosheit, damit sie euch nicht überwältigen und euch von der einzigen, engen Heerstraße auf ungebahnte und krumme Beiwege führen, gleichwie man solches leider in unsern Zeiten häufig gesehen hat.
Deshalb, meine teuren Brüder und Schwestern in dem Herrn, nehmt den gekreuzigten Christum Jesum zu eurem Vorbild, wie auch alle Gerechten Gottes, Apostel und Propheten und lernt an ihnen erkennen, wie sie alle durch diese enge und niedere Pforte eingingen und ihr Alles hinter sich zurückließen. Sie bereiteten ihre Herzen vor und wurden von Gott so ausgerüstet und gezogen, dass sie nichts suchten, liebten und begehrten, als das ewige und himmlische Gut, das unvergängliche Wesen, Gott und das ewige Leben. Sie waren dergestalt in brennender Liebe gegründet und verblieben darin so fest und unbeweglich, dass sie weder Leben noch Tod, weder Engel, Fürst noch Machthaber, weder Hunger, Schwert, Marter, Pein oder irgendwelche anderen Mittel von der Liebe abzuschrecken vermochten, welche in Christo Jesu ist. Ihre Gedanken und Worte, ihr Tun und Lassen, ihr Leben und Sterben waren Christus Jesus. Ihr Reich und ihre Ruhe suchten sie nicht auf dieser Erde, denn ihr Gemüt war himmlisch und geistlich; alle ihre Früchte waren Gerechtigkeit, Licht und Wahrheit. Ihr ganzes Leben war lauter Liebe, Keuschheit, Demut, Gehorsam und Friede; die vergängliche, böse Welt, mit allen ihren Werken, war ihnen ein tödlicher Abscheu und Gräuel; sie hatten ihren Gott von ganzer Seele lieb und darum straften sie alles, was wider seinen heiligen Willen, seine Ehre und sein Wort war. Sie liebten ihre Nächsten wie sich selbst und es geschah darum, dass sie dieselben in Liebe ermahnten und straften, ihnen dienten, sie Gottes reinen Willen, Wort und Wahrheit mit allem Ernst lehrten und nach allem ihrem Vermögen um ihre Seligkeit bemüht waren, zum großen Nachteil für ihre eigenen Güter, Namen und Leben. Darum hat sie die unsinnige, neidische, undankbare Welt, welche sozusagen in lauter Blut schwimmt, so feindselig gehasst, verfolgt und mit dem Tode belohnt.
Meine lieben Brüder, dies ist nicht allein an den Propheten, Aposteln und an denen, die vor uns gewesen sind, geübt, wie uns die Schrift erzählt, sondern wir haben es auch selber in diesen letzten Zeiten vielfältig mit unsern eigenen Augen sehen können. Wir haben in neuerer Zeit viele fromme Kinder Gottes gekannt und (der Herr sei dafür ewig gepriesen) kennen auch noch einige derselben, die Christum Jesum und das ewige, selige Leben gesucht und mit reinen und getreuen Herzen zu suchen fortfahren; die aus innerster Seele Gott fürchteten; deren Herzen von der Liebe und dem Wort des Herrn in steter Blüte bewahrt wurden; aus deren Mund Kraft, Geist und Weisheit flossen. Ihr ganzes Leben war Buße und Frömmigkeit; sie hassten, mieden und straften alle Gräuel, Sünde und Bosheit. Es gab niemand, der sie in ihrem ganzen Wandel mit Gottes Wort strafen konnte; aber dennoch, weil sie der Welt eitlem, fleischlichem, gottlosem Leben zuwider waren (wie sie’s noch sind, auch durch Gottes Gnade ewig bleiben werden), der verführerischen Propheten Wort nicht hören und ihre kostbaren Seelen den geistlichen Dieben und Mördern nicht anvertrauen wollten, weil sie die hölzernen, steinernen und gebackenen Götter nicht anbeten und verehren, noch die unschriftmäßigen, abgöttischen und ausgeschmückten Sakramente gebrauchen wollten, kurz, weil sie allein den wahren, lebendigen Gott hörten, fürchteten, liebten und ihm glaubten und dienten, darum öffnete die lügenhafte Schlangenbrut ihren Mund und spie falsche, verleumderische, ja, unmenschliche Lügen in der Frommen Angesicht und schmähte sie, von ihren Pestsitzen aus, so gehässig, überhäuften sie mit solcher Schande und ließen sie durch ihre blinden Jünger in solch einer gräulichen Farbe und Gestalt ausrufen, dass sie der ganzen Welt zum Fluch und Anstoß geworden sind, dass alle Menschen sich vor ihnen Nase und Mund verstopfen und mit Schrecken ihre Nähe fliehen; ja, ein jeder, der den armen gottesfürchtigen Christen recht brav belügen und verleumden kann, ist stracks bei der Welt der angesehenste Prediger und geachtetste Lehrer.
Keine Lüge ist zu garstig und plump, um nicht wider die Gottesfürchtigen vorgebracht zu werden. Sie beschuldigen und verunglimpfen uns, als wollten wir Städte und Länder erobern; dann sagen sie, wir wollen die ganze Welt verderben. Jetzt sind wir Ehebrecher, dann wieder Diebe und Mörder. Jetzt sagen wir, es sei dem Sünder keine Buße hinterlassen, dann wieder verwerfen wir das neue Testament und Christum. Kurzum, wer nicht die Gottesfürchtigen verleumdet und beschimpft, der ist bei der Welt kein Christ! O wie frei und rein sind der Heiligen Herzen und Gewissen vor Gott von allen diesen und ähnlichen Lügen und Lästerungen!
Der Welt aber sind alle diese unchristlichen, höllischen Lügen nicht genug, sondern diejenigen, welche Christum erkennen und gerne nach seinem Wort leben wollen, müssen noch härter angegriffen, noch grausamer behandelt werden, wie wir mit unsern Augen sehen können; denn wie viele fromme Kinder Gottes haben sie im Zeitraum von wenigen Jahren, um des Zeugnisses Gottes und ihres Gewissens willen, aus ihren Häusern und Gütern getrieben und ihr Hab und Gut den bodenlosen Geldkasten des Kaisers verschrieben; wie viele haben sie verraten, aus Städten und Ländern vertrieben und misshandelt; die armen Waisen und Kinder nackend in den Straßen gelassen. Etliche hängten sie an Galgen, etliche peinigten sie mit unmenschlicher Tyrannei, darnach erwürgten sie sie mit Stricken an Pfosten und Säulen; etliche brieten und verbrannten sie lebendig; etliche, mit ihrem eigenen Eingeweide in ihren Händen, sprachen noch kraftvoll von dem Wort des Herrn; etliche richteten sie mit dem Schwert und gaben ihre Leichname den Vögeln des Himmels zu einer Speise; etliche warfen sie den Fischen zu; etlichen brachen sie ihre Häuser ab; etliche warfen sie in sumpfige Pfützen; etlichen hieben sie die Füße ab – einen dieser Letzteren habe ich selbst gesehen und mit ihm gesprochen. Andere irren hier und da umher, in Mangel und Gebrechen, Elend und Ungemach, in Gebirgen, Wüsten, Höhlen, in Klüften und Spalten der Erde; wie Paulus sagt. Sie müssen mit ihren Weibern und kleinen Kindern von einem Land in das andere, von einer Stadt in die andere fliehen; sie werden von allen Menschen gehasst, gelästert, verspottet, belogen, unterdrückt und verleumdet, werden von den Predigerstühlen und Rathäusern stigmatisiert; ihre Nahrung ist ihnen gekürzt, sie werden im kalten Winter hinausgetrieben, man zeigt mit Fingern auf sie, ja, ein jeder, welcher einen solchen unterdrückten Christen aufs Gröbste anschwärzen kann, der meint, er habe Gott einen Dienst damit getan wie Christus spricht in Joh 16,2.
Merkt, liebe Brüder, wie fern doch die ganze Welt von Gott und Gottes Wort ist; wie schnell ihre Füße sind, unschuldig Blut zu vergießen; wie bitter sie das Licht hassen und wie feindselig sie die ewig seligmachende Wahrheit, das reine, unbefleckte Evangelium unsers Herrn Jesu Christi, das fromme, gottselige Leben aller Heiligen verfolgen, schmähen und ausrotten. Solches tun nicht nur die Papisten und Türken, sondern auch diejenigen, die sich des heiligen Wortes rühmen; die, welche anfänglich viel von dem Glauben predigten und lehrten, nämlich dass derselbe eine Gabe Gottes sei und nicht mit dem eisernen Schwert aufgedrungen werden, sondern allein durch das Wort in die Herzen der Menschen kommen müsse, denn er (der Glaube), sei eine freiwillige Hingabe des Herzens.
Aber die Gelehrten haben in den letzteren Jahren diese Lehre wieder unterdrückt, und, wie mir scheint, dieselbe gänzlich aus ihren Büchern gewischt; denn seit der Zeit, dass sie Herren, Fürsten, Städte und Länder zu ihrer freien, fleischlichen Lehre gezogen haben, ist gerade das Gegenteil von ihnen demonstriert worden, wie aus ihren Schriften ersichtlich ist. Sie überliefern mittels ihrer aufrührerischen Predigten und Schriften viele fromme Herzen in die Hand des Henkers, welche ihnen mit dem klaren, lauteren Wort Gottes widersprechen, strafen und ermahnen und ihnen den rechten Grund des Evangeliums anweisen, welcher besteht in einem kräftigen, durch die Liebe wirkenden Glauben; einem bußfertigen, neuen Leben; einem Gehorsam gegen Gott und Christum und der rechten, evangelischen Ordnung in Bezug auf Taufe, Nachtmahl und Absonderung, wie sie Christus Jesus selbst eingesetzt und befohlen hat und wie sie von seinen Aposteln gelehrt und geübt wurden.
Ja, alle, die solches aus reiner Liebe tun, werden als verfluchte Wiedertäufer, Aufrührer, Verführer und Ketzer angeschuldigt, dessen mögen alle Gottesfürchtigen gewärtig sein; trotzdem aber wollen sie allesamt, Herren und Fürsten, Prediger und Schreiber, wie auch das gemeine Volk, mögen sie nun Papisten, Lutheraner oder Zwinglische sein, für die christliche Gemeinde, die heilige Kirche angesehen werden, ohne auf ihr gottloses, unlauteres, unbußfertiges Leben, das gänzlich irdisch, fleischlich und wider Gottes Wort ist, zu merken; ohne zu sehen, dass etliche von der Ihrigen Hände mit Blut der Christen triefen und dass ihre Werke offenbar schnurstracks wider des Herrn Geist, Wort und Leben laufen. O dass doch diese armen, blinden und verstockten Herzen solches recht erkennen und die Natur und den Geist eines wahren Christen wohl untersuchen möchten. Sie würden vor Gott beschämt dastehen und von ganzer Seele klagen, dass sie seinen herrlichen Namen, sein gesegnetes Wort, seine göttliche Gnade und sein rotes, teures Blut so gräulich missbraucht, sich derselben so fälschlich gerühmt und daraus einen Deckmantel für ihre Gottlosigkeit und Bosheit gemacht haben.
Denn ein rechtgläubiger Christ ist nach dem Geist von Gott geboren, ist eine neue Kreatur in Christo Jesu geworden, hat sein Fleisch mit seinen Lüsten gekreuzigt und hasst alle Gottlosigkeit und Sünde. Alle seine Früchte sind Gerechtigkeit, Geduld, Wahrheit, Gehorsam, Demut, Keuschheit, Liebe, Gnade und Friede; er wird von des Herrn Geist getrieben, alle seine Gedanken sind auf des Herrn Gesetz gerichtet und er redet davon Tag und Nacht; seine Rede ist allezeit mit dem Salz der Gnade gewürzt; er trachtet von ganzem Herzen nach dem frommen Leben, das aus Gott ist; fürchtet Gott von Grund seiner Seele und ist, mit kurzen Worten gesagt, je nach der empfangenen Gabe, eines Gemüts und einer Gesinnung mit Christo Jesu.
Könnten diese elenden Leute nur erkennen, dass ein Christ so (wie angeführt) gesinnt und eine solche liebliche und friedliche Kreatur und ein Kind Gottes ist und hätten dann die Gnade auch selbst so gesinnt zu werden, weil sie sich rühmen Christen zu sein, so würden sie niemand hassen, sondern selbst gehasst werden; niemand belügen, sondern selbst belogen werden; niemand verkürzen, sondern selbst verkürzt werden; niemand verraten, sondern verraten werden; nicht berauben, sondern beraubt werden; nicht morden, sondern ermordet werden; nicht das Schaf zerreißen, sondern selber von dem Wolf zerrissen werden; nicht die Tauben fangen, sondern selbst von den Falken gefangen und verschlungen werden.
Sind unsere Verfolger nun Christen, wie sie meinen, warum sind sie dann nicht von Gott und Gottes Wort geboren? Warum sind sie denn noch die alte, verfluchte Kreatur und Leben nach den Lüsten ihres Fleisches? Warum lassen sie sich denn von des Teufels Geist treiben? Warum haben sie denn noch alle ihre Gedanken auf die vergänglichen und zeitlichen Dinge gerichtet, um welche sie Tag und Nacht bekümmert sind? Warum fließt denn ihr Mund noch über von Unkeuschheit, Eitelkeit, Lügen, Fluchen und Schwören? Warum fürchten sie denn Gott und sein Wort nicht? Warum sind sie denn der verführerischen, alten Schlange in der Natur noch gleich und ihrem Willen gehorsam? Und warum sind sie denn noch gleich den schrecklichen, reißenden Wölfen, den Raubtieren und Raubvögeln, anstatt wehrlose, unschuldige Schafe und Tauben zu sein, wie die Schrift lehrt.
Ach, liebe Brüder, lasst sie rühmen wie sie wollen, Christus Jesus kennt solche gottlosen und blutdürstigen Christen nicht. Er kennt allein die, welche seinen Geist haben, ihm von ganzem Herzen glauben und gehorsam sind; die Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Gebein sind; die demütig, niedrig, gottesfürchtig, heilig und rein von Herzen sind; die Christum Jesum bekennen mit Mund und Leben vor diesem bösen und argen Geschlecht; die sich selber verleugnen, das Kreuz Christi auf sich nehmen und ihm nachfolgen, indem sie mit dem heiligen Paulus sagen:
»Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes?« (Röm 8,35)
Sie kennen keinen Ruhm, ausgenommen den des Kreuzes unsers Herrn Jesu Christi, durch welches sie der Welt gestorben sind und die Welt ihnen. Alle die, welche so gesinnt sind, sind die Gesalbten Gottes, sind Heilige und Christen; dieses sind aber nicht die unbußfertigen, fleischlichen und blutdürstigen Großsprecher. Möge ein jeder eingedenk sein, dass dies die Wahrheit ist, oder die ganze Schrift ist unwahr.
Es scheint mir, liebe Brüder, dass der gottesfürchtige Leser aus dem bereits Gesagten genügend verstanden hat, was für ein Volk es ist, die euch so schmählich mit Füßen treten, euch schlagen, mit Lügen beladen, euch Gut und Blut nehmen; so auch, aus welcher Ursache sie solches tun, nämlich, um des gewissen, untrüglichen Zeugnisses Gottes und um eurer Gewissen willen. Und gleich wie alle, die von Anbeginn Gott suchten, fürchteten und liebten und nach seinem göttlichen Wort und Willen wandelten, die umnachtete, irrende Welt des Bösen halber straften und zum Guten ermahnten und dafür die Blutpresse treten und eines jeden Kehricht, Ketzer und Raub haben sein müssen.
Wir wollen jetzt im Namen des Herrn fortfahren und mit wenigen Worten zeigen, welche kraftlose und ungereimte Entschuldigung unsere Verfolger machen, die aber vor Gott bestehen wird, gleich wie Stoppeln und Schwefel vor dem Feuer und durch welche sie sich zu rechtfertigen glauben in ihrer Misshandlung und Verleumdung der Frommen, ja, durch welche sie die Menschen glauben machen wollen, dass ihre Handlungsweise recht und gerecht sei. Ein jeder Sünder sucht nach einer Entschuldigung und wie schändlich auch immer sein Betragen sein möge, mag er doch nicht als gottlos angesehen werden, sondern ist bemüht für einen rechtschaffenen, frommen und aufrichtigen Christen zu gelten.
Zum Ersten beschuldigen uns unsere Verfolger und sagen, dass wir aufrührerisch seien, gleichwie die Münsterischen und dass wir der Obrigkeit nicht gehorsam seien.
Darauf antworten wir, zum Ersten: dass die Münsterischen aufrührerisch gewesen sind und in vielen Dingen ohne und wider Gottes Wort gehandelt haben, bekennen wir; dass wir aber mit ihnen eins sein sollten, das müssen wir in Abrede stellen. Wir sind diesen aufrührerischen Gräueln von Herzen feind; solchen wie: dem Könige widerstehen, irdische Macht suchen, das Schwert führen, der Vielweiberei, dem Heucheln vor der Welt und dergleichen Schanden mehr; wir essen weder noch trinken wir oder halten in irgendwelcher Hinsicht mit solchen Gemeinschaft, die diese Dinge begünstigen oder tun, welches wir gemäß der Lehre Christi und Pauli finden, es sei denn dass sie von ganzem Herzen ihren Irrtümern entsagen und in der gottseligen Lehre fest gegründet werden.
Gleich wie die Papisten und Lutheraner nicht wenig voneinander abweichen, so und noch viel mehr, weichen wir in unsern Ansichten ab von den Münsterischen und von andern Sekten, welche von diesen entsprungen sind. Das ist die Wahrheit, wie wir durch unsre Schriften, unser Leben und mündliches Zeugnis vor Herren und Fürsten und der ganzen Welt bestätigt haben; und wie das Blut vieler frommen Christen, welches während jüngst verflossener Jahre bis auf die gegenwärtige Zeit in vielen Ländern wie Wasser vergossen wurde, zu Genüge beweist.
Dass die Welt es nicht glauben will, ist nicht unsere Schuld. Dessen ungeachtet bezeugen wir aber, dass unsere Herzen und Gewissen vor Gott rein und frei sind von allem Aufruhr, Hass, aller Rache und allem Blutdurst; sind mit allem Ernst darauf bestrebt, nach der Lehre Pauli, mit allen Menschen in Frieden zu leben, sofern es möglich ist; und ist es nicht möglich mit ihnen Frieden zu halten, so begehren wir dennoch nicht uns selbst zu rächen, sondern stellen die Rache ihm anheim, der da spricht:
»Die Rache ist mein, ich will vergelten.« (5Mo 32,35)
Und ihm allein befehlen wir unsere Sachen, gleichwie Jeremia und alle Frommen von Anfang an taten.
Zweitens antworten wir: Warum beschuldigen sie uns ungereimter Weise des Aufruhrs, da wir doch daran vollständig unschuldig sind, aber legen kein Gewicht auf ihren eigenen blutigen, mörderischen Aufruhr, der ohne Ende oder Grenze ist? O Herr! Wie manch ein Fürstentum, wie manch eine Stadt, wie manches Land haben sie zu Grunde gerichtet und verwüstet; wie manchen Brand haben sie gestiftet, wie manche Hunderttausend haben sie erwürgt; wie viele arme Häusler, welche sich friedlich verhielten und am Aufruhr unschuldig waren, haben sie ihres Besitzes beraubt und ihrer Güter entblößt? Wie viele Frauen und Jungfrauen haben sie entehrt? Welch eine brutale unmenschliche Tyrannei haben sie verübt und verüben sie noch alle Tage? Alles dies aber bemerken sie nicht, sondern es muss vielmehr gesagt werden, es sei alles recht und gut getan. Ach, wie schön stimmt das mit der Lehre, Natur und dem Geist Christi überein, oder mit dem Zustand unschuldiger Kinder, denen die Christen gleich werden müssen in Betreff der Bosheit, oder mit den wehrlosen Lämmern und unschuldigen Tauben, auf die uns die Schrift hinweist. Wenn die weltlichen Obrigkeiten Christi Natur und Geist nicht haben, so muss ein jeglicher erkennen, dass sie keine Christen sind.
Ich weiß wohl, dass die Tyrannen, die sich Christen zu sein rühmen, ihr gräuliches Kriegen, Blutvergießen und ihren Aufruhr mit Mose, Josua usw. gern rechtfertigen und zu einem guten Werk machen wollen. Sie betrachten aber nicht, dass Mose und seine Nachfolger mit ihren eisernen Schwertern ausgedient haben und dass uns nun Christus Jesus ein neues Gebot gegeben und ein anderes Schwert um unsere Lenden gegürtet hat. Ich spreche hier nicht von dem Richterschwerte, denn das ist eine ganz andere Sache, sondern in Bezug auf Krieg und Aufruhr. Sie bedenken nicht, dass sie das Schwert des Krieges, welches von ihnen, dem Evangelium zuwider, getragen wird, auch wider ihre eigenen Brüder führen, nämlich wider die, welche ihre Glaubensgenossen sind, die eine Taufe mit ihnen empfangen und ein Brot mit ihnen gebrochen haben, mithin Glieder desselben Leibes sind. Welch einen befremdenden, blutigen Aufruhr auch die Lutheraner während mehrerer Jahre durch Einführung ihrer Lehre verursacht haben, will ich ihnen zu bedenken anheimstellen; dennoch müssen wir, obgleich unschuldiger Weise, für die aufrührerischen Ketzer und sie für fromme und friedliche Christen gelten. Siehe, dermaßen ist das Verständnis dieser Welt verdunkelt! Wohlan, sie mögen mit uns handeln, wie es ihnen beliebt; der barmherzige, gnädige Vater wird uns vor allem solchen schrecklichen Aufruhr, wie die Münsterischen angerichtet haben und wie es auch noch alle Tage bei unsern vermeinten Christen im Schwang ist, wohl bewahren; denn wir haben durch die uns verliehene Gnade Gottes unsere Schwerter zu Pflugeisen und unsere Spieße zu Sicheln gemacht und werden unter unserm wahrhaftigen Weinstock, Christo, unter dem Fürsten des ewigen Friedens sitzen und uns zu dem äußerlichen Streit und Krieg des Bluts nimmermehr rüsten noch begeben.
Zum Dritten antworten und sagen wir, dass wir kein anderes Schwert kennen und brauchen, denn das, welches uns Christus Jesus selbst aus dem Himmel auf die Erde gebracht hat und welches die Apostel in Geisteskraft geführt haben; nämlich das, welches aus des Herrn Mund geht, das Schwert des Geistes, das schärfer ist, als ein zweischneidiges Schwert und durchdringt, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Mit diesem und keinem andern Schwert begehren wir das Reich des Teufels zu zerstören, alle Ungerechtigkeit zu strafen und alle Gerechtigkeit einzuführen; den Vater zu erregen wider den Sohn, den Sohn wider den Vater; die Mutter wider die Tochter und die Tochter wider ihre Mutter; gleichwie Christus Jesus und die heiligen Apostel und Propheten einst hier auf Erden getan haben. Ich meine nicht (versteht mich recht!) die Propheten Elia und Samuel, welche ebenfalls das Schwert führten, sondern ich habe Bezug auf Jesaja, Jeremia, Zacharias, Amos, die nur mittels der Lehre straften und auf keine andere Weise.
Dieses Schwert ist’s welches auch wir führen und werden dasselbe weder um der Kaiser, der Könige noch um aller Beamten willen ablegen. Denn Petrusspricht:
»Man muss Gott mehr gehorchen, denn den Menschen!« (Apg 5,29)
Ihm, der uns gegeben hat, müssen wir auch durch Handhabung desselben preisen und dienen, gleichviel ob Leben oder Tod uns bevorsteht; es geschehe nach Gottes Rat.
Dass die Welt uns jetzt zum Lohn für unsere an ihnen bewiesene, reine Liebe die Ursache dieses Aufruhrs zuschreibt, müssen wir, gleich unsern Vorvätern, mit Geduld ertragen. Bist du da, der Israel ins Unglück bringt? sprach Ahab zu Elia. Der Prophet antwortete:
»Ich verwirrte Israel nicht, sondern du und deines Vaters Haus.« (1Kön 18,17–18)
Jeremia wurde von ihnen, wegen seiner treuen Warnung und heilsamen Ermahnung, als ein Meutestifter, Rebell und Ketzer behandelt; Christus Jesus ward gekreuzigt, Paulus und die Apostel als Verführer und Aufrührer in Kerker und Banden gelegt und schließlich zur Marter geführt. Könnte die Welt ein richtiges Urteil fällen, würde sie zu erkennen gezwungen sein, dass nicht Christus und die Seinen wider die Welt Aufruhr machten, sondern dass vielmehr die Welt gegen sie aufrührerisch war; und auch, dass nicht wir gegen irgendjemand, sondern dass alle Menschen gegen uns wüten, tyrannisieren und toben, wie durch den Augenschein bewiesen wird.
Wiederum: Dass wir der Obrigkeit sollten ungehorsam sein in demjenigen, wozu sie von Gott verordnet ist, kann mit der Wahrheit nicht bewiesen werden; ich meine in gesetzlichen Dingen, nämlich in ihrer Verordnung bezüglich der Dämme, Wege und Gewässer, des Zolls, des Zinses, der Steuer; aber dass sie über Christum Jesum oder wider Christum Jesum, in unserm Gewissen nach ihrem Mutwillen und nicht nach Gottes Willen, mit menschlichen Gesetzen und Geboten regieren und herrschen sollen, bewilligen wir ihnen nicht, sondern wollen viel lieber Gut und Blut verlieren, ehe wir um irgendeines Menschen willen, er sei Kaiser oder König, wissentlich wider Christum Jesum und wider sein heiliges Wort sündigen sollen.
Dass wir hierin nicht fehlgreifen, sondern recht und wohl tun, bezeugt die Schrift; und daher wollen wir lieber, gleich der frommen Susanna, Gott denn den Menschen gehorsam sein, um nicht in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Möge der gnädige Vater, durch seinen gesegneten Sohn Jesum Christum, dieser tauben und blinden Welt Ohren zu hören und Augen zu sehen verleihen, damit sie sich aufrichtiger bekehre und ewig selig werden möge.
Zweitens werden wir von unsern Verfolgern beschuldigt, halsstarrige, eigensinnige und unbekehrte Menschen zu sein, die sich in keiner Weise lehren oder unterweisen lassen wollen.
Darauf entgegnen wir, erstens: Wäre selbst diese Beschuldigung wahr, was sie nicht ist, so würde es gleichwohl ganz ungebührlich für unsere Verfolger sein, uns auszurotten oder ein Leid anzutun, dieweil sie Christen sein wollen oder Christen zu sein sich rühmen; denn der Bösen Strafe wird ewig sein, wie die Schrift bezeugt.
Der Glaube ist nicht jedermanns Ding, sagt Paulus, sondern es ist eine Gabe Gottes. Ist er nun eine Gabe, so darf er auch mit keiner weltlichen Macht und keinem Schwert aufgedrungen werden, sondern derselbe kann allein durch die reine Lehre des heiligen Worts und durch inbrünstiges, demütiges Gebet, mittels der Gnade Gottes und des Einflusses des heiligen Geistes erlangt werden. Auch ist es nicht der Wille des Herrn der Ernte, das Unkraut auszurotten ehe denn der Tag der Ernte herbeigekommen ist, wie dieses in dem Gleichnis der Schrift deutlich dargetan ist.
Sind nun unsere Verfolger Christen, wie sie vermeinen und halten sie des Herrn Wort für wahr, warum hören und befolgen sie dann nicht die Worte und Gebote Christi? Warum rotten sie das Unkraut vor der Zeit aus? Warum befürchten sie nicht, dass sie den guten Weizen ausrotten möchten, anstatt das Unkraut? Warum maßen sie sich der Engel Dienst an, denen allein obliegt das Unkraut in Bündlein zu binden und in den Ofen des ewigen Feuers zu werfen?
Da wir nun durch unsern Glauben oder Unglauben (denn nach ihren Behauptungen muss es Unglaube sein) niemand auf der Erde im Geringsten beschädigen oder hinderlich sind, so heischt die Gerechtigkeit, dass sie uns samt unserm Glauben oder Unglauben allein dem Herrn und seinem Gericht befehlen, der alles zu seiner Zeit mit Gerechtigkeit richten wird und nicht gleich den wilden Heiden uns mit ihren verheerenden Schwertern verfolgen. Die wahre Natur eines frommen, aufrichtigen Christen ist, den armen, verirrten Sünder zur Buße zu rufen, nicht ihn zu verderben, gleich wie es bei diesen Sitte ist. Was aber diejenigen betrifft, die solchergestalt das Gegenteil von den Weisungen des Evangeliums tun, so ist es für einen verständigen Christen eine leichte Sache durch die Schrift zu beweisen, welches Vaters Kinder sie sind.
Zum andern antworten wir, dass wir in jeder Hinsicht, ja, bis zum Tode bereit stehen zur Aufnahme aller heilsamen Lehre, Ermahnung, Unterweisung und Züchtigung in der Gerechtigkeit; wir lassen uns keine Arbeit, keine Mühe, keine Unkosten verdrießen, so wir nur treue Haushalter finden könnten, die uns zur rechten Zeit Speise geben, denn unsere Seele hungert nach dem Brot des Lebens und unsere Herzen dürsten nach lebendigem Wasser. Alle, die recht befähigt sind uns das Erstere zu brechen und das Letztere zu schärfen, die begehren wir mit demütigen Herzen zu hören und ihrer Lehre gehorsam zu sein.
Aber den Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer, das Lügen und Verführen von Seiten der falschen Propheten, das Stehlen und Würgen der Diebe und Mörder wollen wir nicht, uns geschehe darum gleich was der Herr zulässt. Gott sei Lob, das himmlische Brot haben wir geschmeckt, darum sind wir des Sauerteigs und der Schweineträber der Gelehrten ganz müde geworden; die klaren Wasser haben wir getrunken, das Unreine überlassen wir ihnen. Wir haben die Wahrheit empfangen und verwerfen deshalb die Lügen; das Licht ist uns erschienen, die Finsternis findet keinen Raum. Kurz, wir haben Christum, den wahren Messias gefunden, sein seligmachendes Wort, seine reine Ordnung und sein heiliges, unsträfliches Leben nach dem Maße der von uns empfangenen Gnade erkannt und darum dem Antichrist den Rücken gekehrt und hoffen vertrauensvoll, niemals mehr seiner Lehre zu gehorchen, noch seine Ordnung in Betreff der Kindertaufe und des abgöttischen Abendmahls zu befolgen oder je an seinem abscheulichen, fleischlichen, gottlosen Leben Teil zu haben.
Wenn wir in dieser Beziehung vor Gott und seiner Gemeinde sündigen und unrecht tun, wie sie meinen, dann müssen uns die Vorväter und die Schrift vollständig betrogen haben. Aber solches ist nicht der Fall, denn Gottes Wort ist die Wahrheit und wird auch ewiglich die Wahrheit bleiben, wiewohl sich daran stoßen alle, die auf Erden wohnen.
Und weil wir nicht wieder an ihrer falschen Lehre, ihren erdichteten Sakramenten, ihrer Abgötterei und ihrem falschen Gottesdienst teilnehmen, noch uns mit ihrem gräulichen, unreinen, bösen Leben vermengen dürfen; weil wir durch den Geist Gottes, durch die Schrift und das Zeugnis unseres eigenen Gewissens, solchen Dingen feind geworden sind; darum müssen wir für halsstarrige, eigensinnige und unbekehrte Menschen gelten und von jedermann als Ketzer, Spott und als ein Raub angesehen werden.
Ich hoffe jedoch, liebe Brüder, dass alle solche ungereimten Beschuldigungen die frommen Herzen nicht erschrecken und schwach machen werden, in Ansehung dass dieselben gänzlich ohne Grund sind, während wir dagegen die ganze Schrift samt den Propheten, Aposteln, den Heiligen, Christum Jesum selbst auf unsrer Seite haben; alle diese blieben selbst bis in den Tod fest und unbeweglich in der Wahrheit und Gerechtigkeit wider alle falsche Lehre, Marter und Tyrannei und stimmten in keiner Hinsicht ihrem gottlosen Wesen bei oder billigten dasselbe mit Herz, Mund oder Tat.
Sollten wir denn nun wiederum das himmlische Licht verwerfen und die verdammliche Finsternis herrschen lassen? Die ewige Wahrheit und das ewige Leben verlassen? Der Lüge und dem Tod nachfolgen um ein wenig vergänglichen Guts und um eines flüchtigen, zeitliches Lebens? Dann wäre es besser, dass wir nie geboren wären. Doch ist unsre Hoffnung, Gott werde uns durch seine große Liebe vor solchem tödlichen Fall ewig behüten und bewahren.
Drittens endlich antworten wir: dass wir solche Unterweisung und Bekehrung, wie die, welcher unsere Verfolger sich uns gegenüber bedienen würden, hassen und verabscheuen; denn ihr Ende ist der Tod, in Übereinstimmung mit dem Zeugnis der ganzen Schrift; die Ursache ist, ihre Lehre ist falsch und verführerisch, ihre Sakramente sind abgöttisch und streiten wider Gottes Wort; ihr Gottesdienst ist lauter Abgötterei und ihr ganzes Leben ist irdisch, fleischlich und der Schrift zuwider, wie man in Jak 3,15 bezeichnet findet; ja, sie sind ein Volk, von welchem wir mit Recht zeugen mögen, wie sie von uns zeugen wollen: Dies ist ein halsstarriges, aufrührerisches, unbekehrtes Volk, welcher Herzen härter sind denn ein Diamant, ein Volk, das seinen Gott nicht kennt, gleichwie der Prophet mit Bezug auf Israel spricht, indem er sagt:
»Ein Ochse kennt seinen Herrn, und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt es nicht und mein Volk vernimmt es nicht.« (Jes 1,3)
»O wehe des sündigen Volks, des Volks von großer Missetat, des boshaftigen Samens, der schändlichen Kinder, die den Herrn verlassen, den Heiligen in Israel lästern, weichen zurück!« (Jes 1,4)
»Sie halten so fest an dem falschen Gottesdienst, dass sie sich nicht wollen abwenden lassen; ich sehe und höre, dass sie nichts Rechtes lehren; keiner ist, dem seine Bosheit leid wäre und spräche: Was mache ich doch? Sie laufen alle ihren Lauf, wie ein grimmiger Hengst im Streit. Ein Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit, eine Turteltaube, Kranich und Schwalbe merken ihre Zeit, wenn sie wieder kommen sollen; aber mein Volk will das Recht des Herrn nicht wissen.« (Jer 8,5–7)
und solche Stellen mehr.
Man könnte sie wohl mit Johannes dem Täufer hart strafen und sagen: Tut rechtschaffene Früchte der Buße und sagt nicht, dass ihr Christen seid, gleichwie die Pharisäer sagten, dass sie Abraham zu einem Vater hätten; denn Gott kennt solche mutwilligen, fleischlichen Christen nicht; die Axt ist dem Baume an die Wurzel gelegt, ein jeglicher Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen werden. Paulus spricht: Weder Trunkene, Hoffärtige, Geizige, Neidische, Abgöttische, Ehebrecher noch Hurer werden das Reich Gottes ererben. Darum mögen wir wohl, vom Mitleid getrieben, zu unsern Verfolgern, welche noch zu dieser Klasse gehören, sagen: Bessert euch! Denn sie sind leider allesamt, Herren, Fürsten, Gelehrte, Ungelehrte, Bürger, Bauer, Mann und Weib, der Sünde verfallen und wandeln überall in den verfluchten Früchten von Mutwille und Bosheit; verwerfen Gott und sein Wort; betrüben den heiligen Geist; kreuzigen alle Gerechtigkeit und Frömmigkeit, die Furcht und Liebe Gottes sind ihnen verhasst; dennoch aber sagen sie zu denjenigen, welche in den Wegen der Wahrheit wandeln, dem Fleisch und Blut absterben, deren Sinn auf himmlische und geistliche Dinge gerichtet ist, die Christum Jesum und das unvergängliche, zukünftige Leben mit treuem Herzen suchen: Bessert euch! Lasst euch unterweisen! und dergleichen Redensarten mehr; gerade als ob wir der Lügen und sie der Wahrheit pflegten und ungeachtet dessen, dass wir nach der von uns empfangenen Gabe den Herrn von ganzem Herzen lieben und suchen; was sie aber tun, das überlasse ich den verständigen Christen zu beurteilen.
Überdies müssen sie selbst zugeben, dass die inbrünstige Liebe und christlichen Werke der Unsern, die der Ihrigen weit übertreffen; dennoch werden wir als verführte, hartnäckige, eigensinnige und unbekehrte Ketzer betrachtet, während sie sich als die wahrhaftigen, geistlich gesalbten Christen und rechten Kinder Gottes ausgeben.
Hieraus, liebe Brüder, urteilt nun, wie nichtig und unsinnig der Welt Entschuldigung ist mit Bezug auf ihre blutigen Taten und wie grundlos und kindisch wir von ihr angeschuldigt werden. Es ist das Verlangen unsrer Herzen, dass alle unsere Verfolger vom Herrn Gnade zur Besserung empfangen möchten; denn es ist hohe Zeit für sie aufzuwachen und sich zum Herrn zu kehren.
Dann haben unsere Verfolger auch noch eine dritte Entschuldigung, indem sie sagen, es sei recht uns nachzustellen, weil wir viele Menschen bedauernswert verführen und ins Verderben bringen.
Darauf entgegnen wir: Wenn man die Sache nach dem Fleisch ansieht und richtet, scheint es allerdings, dass viele von uns bedauernswürdig betrogen werden; denn alle diejenigen, welche unserer Lehre und unserm Glauben, Leben und Bekenntnis in Gehorsam und Kraft zu folgen begehren, müssen alles, was sie von Gott empfangen haben, gefährden; guten Namen und gutes Gerücht, Land, Haus, Hof, Gold, Silber, Vater, Mutter, Schwester, Bruder, Mann, Weib, Sohn, Tochter, ja, selbst Leib und Leben. Man zeigt mit Fingern auf sie hin, sie werden mit Füßen getreten, werden von jedermann gehasst, belogen, verleumdet, verraten und dem Tode überliefert; Galgen, Rad, stinkende Pfützen, Pfähle und Schwerter, sowie auch noch Hunger, Durst, Mangel, Ungemach, Leiden, Elend, Angst, Blöße, Trübsal, Tränen, Schläge, Kerker und Banden müssen ihr Teil auf dieser Erde sein; niemand vermag, ohne sein Leben und seine Habe in Gefahr zu setzen, ihnen ein Dienst zu leisten oder gegen sie freundlich zu sein; der Vater darf nicht den Sohn, noch der Sohn seinen Vater aufnehmen noch ihm behilflich sein. Kurzum, sie werden von der Welt als des Himmels und der Erde unwürdig betrachtet; sie verabscheuen außerdem alle Pracht und Hoheit, Gefräßigkeit und Trunkenheit, alles wollüstige Leben – Dinge, die der Welt Ergötzung ausmachen und die von den Menschen im höchsten Maße genossen werden; überdies lehren sie Demut, Nüchternheit und ein niedriges, verachtetes Leben in aller Furcht des Herrn, welches die Welt hasst und verwirft. Es ist darum, meiner Ansicht nach, kein Wunder, dass die blinde, verirrte Welt, die den heiligen Geist weder hat noch kennt, wie Christus sagt, sondern allein irdische Dinge sucht, kennt und richtet, solch ein Leben für das Resultat von Verführung und Betrug ansieht und dasselbe hasst und verachtet.
Aber diejenigen, die von Gott gelehrt sind, die aus dem alten Leben ins neue Leben mit Christo auferstanden sind, des heiligen Geistes teilhaftig geworden und geistlich gesinnt sind und alles nach dem Geist richten und ansehen, achten es für keinen Betrug und keine Verführung, sondern lieben es über alles Gold und Silber, über alle Kunst und Weisheit, über allen Reichtum und Ehre, über alle Zierde und Pracht, ja, über alles was unter dem Himmel genannt werden kann, denn sie erkennen von Herzen, dass durch diese Lehre allein das ewige und unvergängliche Wesen erlangt wird; und darum sehen sie auch nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Sie suchen und sammeln ein Erbe und Schatz der im Himmel aufbewahrt wird, irdische Schätze aber achten sie nicht; sie suchen die Weisheit, die ewige Dauer hat, weshalb sie von der Welt als Toren verlacht werden; sie schmücken sich mit dem inwendigen Gewand der Gerechtigkeit und hassen das äußerliche von den Motten zernagte Kleid der Hoffart; sie ringen nach dem Reich und der Krone der Ehren, das ewig Bestand hält und überlassen das irdische Reich und seine Herrlichkeit denjenigen, die danach ein Verlangen haben.
Darum ist es notwendig, liebe Brüder, alle Dinge geistlich zu richten; denn so weit ist es mit der Welt gekommen, dass die reine Lehre Jesu Christi und seiner heiligen Apostel als Ketzerei bezeichnet wird und dass derjenige als ein Verführer und Betrüger angesehen werden würde, der dem Volk Christum Jesum, seinen Geist und sein Leben, sein reines Wort, seinen Willen und seine Ordnung predigen wollte. Seht, wie blind und unwissend in göttlichen Dingen unsere Verfolger sind, welche uns um der Wahrheit willen so schmählich bedrücken, verfolgen und morden. Ja, meine Brüder, hier ist die Geduld und der Glaube der Heiligen; alle, die dieses (wie hier erzählt) von Herzen erkennen, werden wohl ihren Seelenfrieden bewahren, was auch ihre Gegner tun mögen und werden aus allen Kräften für ihre Feinde bitten.
Viertens schuldigen unsere Verfolger uns mit großer Bitterkeit an, dass wir uns von ihrer Lehre, ihren Sakramenten und ihrem Kirchendienst, sowie auch von dem fleischlichen Leben, absondern und in allem diesem mit ihnen keine Gemeinschaft halten wollen; sie sagen, dass wir sie damit verdammen und zur Hölle weisen.
Darauf erwidern wir, erstens: Die Ursache, warum wir niemals, weder durch das Wort noch die Tat ihre Prediger, Sakramente, ihren Kirchendienst noch ihr unreines, fleischliches Leben gutheißen können, noch sie dulden dürfen, ist die, dass dieselben offenbar wider Gott und sein Wort streiten; die Prediger tun Dienst, zu dem sie nicht berufen wurden; ihre Lehre ist falsch, verführerisch und wider den heilsamen Grund der Wahrheit; ihr Leben ist in jeder Hinsicht sträflich; sie dienen um einen bedingten Lohn; sie heucheln der Welt nach deren Begehr; der Grund ihres Glaubens und ihrer Religion sind Kaiser, König, Fürsten und Gewalthaber; was die gebieten, das lehren sie und was sie verbieten, das lassen sie. Ihre Kindertaufe hat keinen Grund in der Schrift; ihr Abendmahl ist abgöttisch und unlauter und wird von den Unlauteren verabreicht und empfangen; ihr Kirchendienst ist wider die Lehre der Apostel und ihr Lebenswandel ist gemeinhin so fleischlich und gottlos, dass alle frommen Gotteskinder sich darüber entsetzen.
Angesichts dessen nun, dass ihre Lehre, Sakramente und ihr Kirchendienst und Leben so offenbar dem Worte Gottes entgegen sind, wie könnten wir wiederum in diesen Gräueln mit ihnen Gemeinschaft haben? Dass wir uns aber von ihnen scheiden geschieht in Folge des ausgedrückten Wortes Gottes. Paulus spricht:
»Denn was hat die Gerechtigkeit für Gemeinschaft mit der Ungerechtigkeit? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was für ein Teil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen? Was hat der Tempel des lebendigen Gottes für eine Gleiche mit dem Götzen? Ihr aber seid der Tempel des lebendigen Gottes; wie denn Gott spricht: ›Ich will in ihnen wohnen und in ihnen wandeln und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein. Darum geht aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt kein Unreines an: so will ich euch annehmen und euer Vater sein und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein,‹ spricht der allmächtige Herr.« (2Kor 6,14–18)
Diese Worte Pauli sind klar und verständlich und es ist deshalb etwas Unmögliches, dass diejenigen, welche das wahrhaftige Licht, Christum Jesum, die gottselige Gerechtigkeit und den reinen, wirkenden Glauben als eine reiche Gabe Gottes empfangen haben; die geeignete, würdige Tempel Gottes geworden sind; unter dem Einfluss des heiligen Geistes Gottes stehen; die als Kinder Gottes erwählt und angenommen sind – es ist unmöglich, dass solche wiederum Gemeinschaft mit der Finsternis, mit Belial, mit der Ungerechtigkeit, den Ungläubigen und mit den Abgöttischen haben sollten; denn während ihr, durch Gottes Gnade, ihre Lehre, Sakramente, ihren Kirchendienst und ihr Leben von Grund auf für unrecht und falsch erkennt, wie könntet ihr dann (mit Herzen, die für Gott eifern, mit Nichtachtung alles dessen, dass euch verhindern würde mit Paulo Christum zu gewinnen, dem Guten anhangend und das Böse hassend, mit Kleidern, die im Blute des Lammes gewaschen sind und Gedanken, Worten und Werken, geregelt nach dem heiligen Worte und dem Vorbild Christi), wie könntet ihr, erfüllt von solchen Gesinnungen, euch wieder mit ihnen vereinigen und ihren Gräueln beistimmen? Wir können nicht zwei Herren zugleich dienen; wir können nicht zugleich Gemeinschaft mit Christo und dem Teufel halten; wir können nicht die Kinder und Diener Gottes sein und zugleich des Satans; lieben wir das Gute, so müssen wir das Böse hassen; nehmen wir die Wahrheit an, so müssen wir die Lügen verlassen; und dergleichen Schriftstellen mehr.
Da wir uns nun auf diese Weise von ihnen absondern und durch Wort und Tat, selbst bis in den Tod, bezeugen, dass ihre Werke böse sind, darum sind ihre Herzen von unmenschlichem Grimm und Rachgier erfüllt und sprechen in ihrem Innern, wie alle Gottlosen von Anfang an getan haben:
»Lasst uns dem Gerechten auflauern! Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg. Er wirft uns Vergehen gegen das Gesetz vor und beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung […] Er ist unserer Gesinnung ein lebendiger Vorwurf, schon sein Anblick ist uns lästig; denn er führt ein Leben, das dem der andern nicht gleicht, und seine Wege sind grundverschieden. Als falsche Münze gelten wir ihm; von unseren Wegen hält er sich fern wie von Unrat. Das Ende der Gerechten preist er glücklich und prahlt, Gott sei sein Vater […] Zu einem ehrlosen Tod wollen wir ihn verurteilen.« (Weish 2,12,14–16,20, Einheitsübersetzung)
In diesen Zeiten, meine herzlich lieben Brüder, hat der heilige Geist ein richtiges Bild von unsern Verfolgern gezeichnet; denn dieses, unser wirkliches Bekenntnis, nämlich die Absonderung von ihnen, ist der eigentliche Grund, warum die blinde, blutdürstige Welt in ihrer rasenden Wut so grausam über uns tyrannisiert und warum wir, wie auch Petrus sagt, so viel leiden und erdulden müssen. Es befremdet sie, dass ihr nicht mehr mit ihnen Gemeinschaft haltet auf der höchsten Stufe eines unordentlichen Lebens und darum lästern sie euch. Ja, darum mussten auch Jesaja, Jeremia, Sadrach, Mesach und Abednego, Daniel, Eleazar und die Mutter mit ihren sieben Söhnen, Christus Jesus und alle Frommen sterben und das Kreuz tragen, nämlich, weil sie die Welt in Lehre, Zeremonien und Leben straften und ihr bis in den Tod widerstanden.
Dieses ist auch noch bis auf den heutigen Tag die einzige und hauptsächlichste Ursache; ja, es gibt im Grunde keine andere, trotzdem unsere Verfolger, wie wir gezeigt haben, derselben viele anführen, mit denen sie beweisen wollen, warum wir von der Welt als Wiedertäufer, Ketzer, Buben, Verführer und Meutemacher angesehen und dazu mit Wasser, Feuer, Galgen und Rad bedroht werden müssen. Doch, Gott sei Dank, wir kennen die Ursache unseres Leidens; auch wissen wir, dass er, der uns zu dieser Gnade berufen hat und dem wir vertrauen, unsere Sache wohl hinausführen und seine armen, unterdrückten Kinder in allen Nöten und Anfechtungen zu seinem ewigen Preis und Ruhm bewahren und erlösen wird.
Obgleich unsere Verfolger behaupten, dass wir uns aus lauter Eigensinn und Vermessenheit von ihnen absondern, so ist doch diese Behauptung vor Gott, der aller Herzen kennt, falsch und ungerecht, denn unserer Absonderung liegt nichts anderes zu Grunde, als unser Verlangen, dem Wort und Befehl Gottes von ganzem Herzen in unserer Schwachheit nachzukommen; und dass wir der ganzen Welt in reiner Liebe, auch mit der Tat, bezeugen wollten, wie sie alle im Bösen liegen, ja, außer Gott und Gottes Wort sind, auf dass sie noch zur gelegenen, rechten Zeit aufwachen und sich vom Bösen abkehren möchten. Denn wie kann man jemanden Freigiebigkeit, Keuschheit, Demut und andere Tugenden lehren, wenn man selbst allen Geizes, aller Unkeuschheit und allen Hochmuts voll und solchen Lastern ergeben ist? Es würde im hohen Grade töricht sein, Leute auf den rechten Weg zu weisen, sie vor Räubern und Mördern zu warnen, selber aber auf krummen, ungebahnten Wegen zu wandeln und sich mutwillig den Anfällen von Räubern und Mördern auszusetzen. Meine Brüder mögen darüber nachdenken, was ich damit meine.
Es ist einem wahren Christen nicht genug, allein von der Wahrheit zu reden, sondern seine Worte müssen durch die Tat und Kraft bestätigt und durch seinen Wandel belebt werden, oder er wird mit den Pharisäern hören müssen: »Ihr sagt es wohl und tut es nicht;« oder was Paulus in seinem Briefe an die Römer von den Juden schreibt:
»Du predigst, man solle nicht stehlen und du stiehlst; du sprichst man solle nicht ehebrechen und du brichst die Ehe; dir gräuelt vor den Götzen und raubst Gott, was sein ist. Du rühmst dich des Gesetzes und schändest Gott durch Übertretung des Gesetzes!« (Röm 2,21–23)
Kurzum, ein Christ tut selbst, was er lehrt; er bekennt und wirkt; er glaubt und ist gehorsam; er zeigt den Weg und wandelt ihn selber; ja, sein Herz, Mund und Werk sind eins; andernfalls ist er ein Heuchler und kein Christ; wie es solche leider zu unsern Zeiten viele gibt, die sich zwar ihrer Weisheit und Kenntnisse höchlich rühmen, in der Kraft aber unfruchtbar und eitel sind.
Zweitens antworten wir: Dass unsere Verfolger uns mit Unrecht und Gewalt anklagen, dass wir sie verdammen und zur Hölle weisen. Ach nein, es sei ferne von uns, dass wir jemand unter dem ganzen Himmel, er sei gleich so böse als er wolle, vor der Zeit verdammen sollten. Denn wir wissen wohl, dass die Schrift spricht:
»Verdammt nicht, auf dass ihr nicht verdammt werdet.« (Mt 7,1)
Einer ist, der alle Menschen zu seiner Zeit, einen jeglichen nach seinen Werken, richten wird; nämlich der, dem der Vater das Urteil gegeben hat; wer seinem Gericht vorgreift, der wird nicht ungestraft bleiben. Auch wissen wir nicht, was für Gnade der Sünder hier noch vor seinem Tod erlangen mag, darum stehen wir auch, was unsere Verdammung anderer anbetrifft, vor Gott rein und unschuldig da. Nichtsdestoweniger aber ist es uns erlaubt aus Gottes Wort folgendermaßen zu richten und zu sprechen: So ein Geiziger von seinem Geiz nicht absteht und ein Hurer von seiner Hurerei und ein Trunkener von seiner Trunkenheit, ein Abgöttischer von seiner Abgötterei und bekehrt sich also durch ein frommes bußfertiges Leben, mit Leid und reuigem Herzen, in den tätigen Glauben Jesu Christi, zu dem wahren und lebendigen Gott, so ist er kein Christ und wird das Reich Gottes nicht erben. Wenn ein solcher Richterspruch ergeht, so sind wir es nicht, die das Urteil fällen, sondern die Schrift, wie Christus spricht:
»Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht auf, der hat schon, der ihn richtet; das Wort, welches ich geredet habe, das wird ihn richten am jüngsten Tage.« (Joh 12,48)
Wir wissen wohl, dass Gott niemand wider sein Wort selig macht oder selig machen kann; denn er ist die Wahrheit und kennt keine Lügen. Wo nun kein Glaube vorhanden ist, kein neuer Sinn, kein neues Gemüt, wo kein leidtragendes, reuiges Herz zu spüren ist, da hat leider Christus schon das Urteil gefällt, indem er sagt:
»So ihr nicht glaubt, dass ich es sei, so werdet ihr sterben in euren Sünden.« (Joh 8,24)
»So ihr euch nicht bessert, werdet ihr auch so umkommen!« (Lk 13,5)
und solche Ausdrücke mehr.
Seht, meine Brüder, darum verurteilen wir niemand mit unserm Wort vor der Zeit, wie ihr wohl wisst, sondern wir überlassen es Jesu Christo und seinem Wort; der wird sie richten zu seiner Zeit; wir verdammen sie auch nicht durch unsere Absonderung, wie sie sich beklagen, sondern wir lehren und ermahnen sie durch Wort und Werk mit allem Fleiß und aller Treue, dass sie vom Bösen abstehen, dem Guten nachfolgen, recht und wohl tun und Gott in gutem Gewissen suchen und fürchten sollen, auf dass sie in ihrem Unglauben und Sünden nicht sterben und ewig unter Gottes Gericht und Zorn bleiben. Doch reine Liebe und treuer Dienst müssen überall den Frommen zum Bösen verkehrt und zur Schande gedeutet werden.
Fünftens, decken auch viele ihre Tyrannei und Blutschuld mit einem dünnen Feigenblatt und sagen so: »Wir richten euch nicht, sondern des Kaisers Mandat richtet euch.«
Darauf erwidern wir: Wenn unsere Verfolger Christen sind und haben, wie sie ja meinen, die Erkenntnis Christi, so begehren wir in aller Demut und um Gottes willen, dass sie doch zwischen dem Kaiser und Christum einen Vergleich anstellen und mit Aufmerksamkeit beobachten wollen, ob der Kaiser und Christus eines Geistes sind; ob er die Wege wandelt, die Christus die Seinen gelehrt hat und in welchen er ihnen vorgewandelt ist; so auch vergleichen sie des Kaisers Mandat mit dem Evangelium Christi. Finden sie nun, dass der Kaiser in Geist und Leben nicht mit Christo übereinstimmt und dass seine Mandate, die ihnen zur Richtschnur dienen, dem Evangelium zuwider sind, dann müssen sie zugestehen, dass der Kaiser kein Christ ist und dass seine Mandate vor Gott verflucht und verbannt sind.
Es ist eine bedauerns- und beklagenswerte Blindheit, dass sie den armen, irdischen Kaiser so hoch über Christum Jesum und seine blutgierigen, frevelhaften Mandate so hoch über das Evangelium der Liebe ehren und fürchten, trotzdem aber Christen sein wollen. O, dass der Kaiser und seine Untertanen doch Christen wären! Das ist unser sehnlichster Wunsch. Vieles unschuldige Blut würde dann verschont bleiben, welches jetzt wie Wasser vergossen wird wider alle Schrift und Menschlichkeit.
Sagt doch, alle, die ihr euch am unschuldigen Blut schuldig gemacht und euch mit des Kaisers Mandat rein waschen wollt: Wo habt ihr eine einzige Stelle im ganzen Leben Christi gelesen, die den Menschen ermächtigt Blut zu vergießen und in Glaubenssachen mit dem Schwert zu richten? Wo haben die Apostel jemals solches gelehrt oder eingeführt? Sollte nicht die Sache des Geistes (versteht der Glaube) dem Gericht des Geistes vorbehalten bleiben? Warum tretet ihr und der Kaiser an Gottes statt und urteilt über das, was ihr nicht versteht, das euch auch nicht befohlen ist? Wisst ihr nicht, was Pharao, Antiochus, Herodes und noch mehreren andern widerfuhr, weil sie den Allerhöchsten nicht fürchteten und wider sein Volk wüteten. Bedenkt doch, o ihr Tyrannen und Männer des Blutes, dass nicht der Kaiser das Haupt Christi, sondern Christus das Haupt des Kaisers ist; dass nicht der Kaiser Christum, sondern Christus den Kaiser beherrschen und richten wird. Werte Männer, wie seid ihr doch so widerspenstig und stolz, wider den, der euch geschaffen hat; meint ihr, dass die Schrift mit uns spotte und nicht die Wahrheit rede? Oder hofft ihr, dass eure Sanduhr ewig währen und nimmermehr auslaufen werde? Fürchtet doch den, der Himmel und Erden in seiner Hand beschlossen hat; der die Feuerstrahlen seiner Blitze und seine Sturmwinde ausbläst und die Berge zittern macht; der da alles regiert mit dem Wort seiner Stärke; vor dem sich alle Knie beugen müssen, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind und den alle Zungen bekennen, dass er der Herr ist; sobald euch der ruft, müsst ihr in seinem Gerichtshof erscheinen (citat enim peremtorie), ohne Rücksicht darauf, wer ihr sein mögt, wo ihr euch befindet und was eure Ansprüche sind; da gelten keine Ausflüchte, da ist kein Rat und keine Entschuldigung; ruft er, so müsst ihr da sein, um Rechenschaft abzulegen, denn ihr könnt nicht länger Haushalter sein; es ist noch ein Kleines, so ist der Gottlose nimmer, wiewohl sein Stuhl bis zu den Wolken des Himmels hinaufzureichen scheint und seine Herrlichkeit bis an das Ende der Welt, dennoch wird er, wenn man nach wenigen Tagen nach seiner Stätte frägt, weg sein.
Darum, liebe Kinder und Brüder in dem Herrn, seid fröhlich und des Trostes voll, der in Christo Jesu ist; denn alle eure Verfolger werden wie Gras sein und alle ihre Kraft und Herrlichkeit wie des Grases Blume; darum fürchtet euch nicht vor einem sterblichen Menschen, sondern fürchtet euch vor dem, der euch erwählt hat; denn alle Menschenkinder werden wie Gras verwelken, wie ein Nebel verschwinden und als ein Kleid veralten, aber ihr werdet bleiben ewiglich, wie die Schrift zeugt und eure Seelen werden ewiglich leben.
Ja, liebe Brüder, der langersehnte Tag eurer Labung ist nahe heran gekommen, an welchem ihr mit großer Macht denen gegenüber stehen werdet, die euch bedrängt und euch eures Schweißes und eurer Arbeit beraubt, ja, die euer Blut und Leben genommen haben; alsdann werden unsere Verfolger alle wie Asche unter unsern Füßen sein und allzu spät erkennen, dass Kaiser, König, Herzog, Fürst, Krone, Zepter, Majestät, Gewalt, Schwert und Mandat nichts denn Erde, Staub, Wind und Rauch sind.
Auf diesen Tag vertrösten sich alle bedrückten bekümmerten Christen, die nun mit dem Kreuz Christi beladen sind, in der gewissen Hoffnung eines zukünftigen Lebens und überlassen alle Tyrannen mit ihren heidnischen Mandaten Gott und seinem Gericht; sie aber bleiben unwandelbar bei Christo Jesu und bei seinem heiligen Wort und richten danach allein ihre Lehre, ihren Glauben, ihre Sakramente und ihr Leben, indem sie andern Lehren und Mandaten kein Gehör schenken; wie solches der Vater vom Himmel befohlen und Christus Jesus mit seinen heiligen Aposteln allen Frommen und Gotteskindern in aller Klarheit gelehrt und nachgelassen haben.
Ich meine, liebe Brüder, es sei nun genugsam erwiesen, dass der Tyrannen Entschuldigung, durch welche sie die Notwendigkeit und Gesetzlichkeit ihres frechen Mordens dartun wollen, gänzlich sinnlos ist und dem Barbarentum angehört; und dass ihre gegen uns gerichtete Beschuldigung in der Wahrheit keinen Grund hat, sondern offenbar wider Christum und Christi Wort, ja, wider die Prinzipien von Recht, Billigkeit und Liebe streiten. Der barmherzige, liebevolle Vater verleihe allen denen, die um seiner Wahrheit willen leiden, ein heilsames Verständnis seines Wortes und ein lauteres Gemüt in aller Versuchung, Amen.
Wir wollen jetzt, durch die Gnade Gottes, in kurzen Worten dartun, wie sehr es uns zum Nutzen dient, dass unser Fleisch mit dem Kreuz und vieler Trübsal auf Erden angefochten und versucht wird.
Liebe Brüder, wenn wir die Schwachheit unserer sündlichen Natur betrachten und wie wir alle von Jugend auf zum Bösen geneigt sind, dass nichts Gutes in unserm Fleisch wohnt, sondern dass wir die Ungerechtigkeit und Sünde trinken wie Wasser, gleich Eliphas Themanitos zu Hiob sagt; dass wir stets, trotzdem wir Gott suchen und fürchten, unsern Sinn auf irdische, vergängliche Dinge richten, so müssen wir anerkennen, dass der gnädige Gott und Vater, der in seiner ewigen Liebe stets für seine Kinder große Sorge trägt, ein wunderbares Gegenmittel dafür bereitet und in seinem Hause gelassen hat, nämlich das drückende Kreuz Christi; auf dass wir, die nun durch Christum Jesum zu des Vaters Preis in ewiger Gnade aufgenommen sind, an Christum Jesum mit reinem Herzen glauben und ihn, vermöge des besagten Kreuzes und in Schwachheit lieben mögen; dass wir durch viel Elend, Trübsal, Angst, Gefängnis, Banden, Beraubung unserer Güter von allen vergänglichen Dingen und der Augenlust abgezogen werden; der Welt und dem Fleisch absterben, Gott allein lieben und allein die Dinge suchen mögen, die droben sind, wo Christus zur rechten Hand Gottes sitzt, wie Petrus ebenfalls sagt:
»Weil nun Christus im Fleische für uns gelitten hat, so wappnet euch auch mit dem selbigen Sinn; denn wer am Fleisch leidet, der hört auf von Sünden, dass er hinfort, was noch von hinterstelliger Zeit im Fleisch ist, nicht der Menschen Lüsten, sondern dem Willen Gottes lebe.« (1Pt 4,1–2)
Es scheint mir ganz unmöglich zu sein, geliebte Brüder, dass diejenigen, welche sich freiwillig dem Wort und Willen Gottes unterwerfen; die willig und bereit sind das heilige Wort in jeder Hinsicht zu behaupten, wofür sie unaufhörlich verfolgt und bedrängt, gelästert, gefangen genommen, beraubt und getötet werden – es scheint mir unmöglich, dass solche ihre Herzen wieder auf die Liebe weltlicher Dinge richten und den unnützen Lüsten des irdischen Wesens anhangen sollten. Denn von welchem Werte sind für uns Welt und Besitz, sobald wir glauben, dass wir einen bessern Schatz im Himmel haben und dass vergänglicher Reichtum uns weder glücklich machen noch helfen kann; wir auch nicht wissen, wie bald derselbe den Räubern in die Hände fallen mag. Wie sollten wir auch wohl nach unsers Fleisches Lust leben, da wir keine Stunde, keinen Augenblick unbesorgt sein können und erwarten müssen, dass die Polizeidiener uns fangen und der Henker uns nach seiner Weise behandelt, nämlich uns peinigt, martert, ertränkt, verbrennt oder auf andere Art ermordet. Überdies, wie konnte uns die Welt wohl Vergnügen bieten, da wir von allen Menschen für Verführer, Ketzer, Spötter und Narren gehalten werden? Da der ewigen Weisheit unsere große Schwäche wohl bekannt ist und da zeitliches Gemach, Friede und Wohlfahrt so sehr dazu dienen, uns von unserm Gott abzukehren und uns vor ihm zu verderben und unachtsam, widerspenstig, lau und schläfrig zu machen, so hat er den Seinen das Kreuz als eine erweckende Rute verordnet, durch welche er uns allezeit, wie ein treuer Hausvater seine lieben Kinder, in der Zucht und Gottesfurcht erhält; gleichwie Salomo sagt:
»Mein Kind, verwirf die Zucht des Herrn nicht; und sei nicht ungeduldig über seine Strafe; denn welchen der Herr liebt, den straft er und hat Wohlgefallen an ihm, wie ein Vater am Sohne.« (Spr 3,11–12)
»So ihr die Züchtigung erduldet, so erbietet sich euch Gott als Kindern: denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Seid ihr aber ohne Züchtigung, welcher sie alle sind teilhaftig geworden; so seid ihr Bastarde und nicht Kinder. Auch so wir haben unsere leiblichen Väter zu Züchtigern gehabt, und sie gescheut; sollen wir denn nicht viel mehr untertan sein dem geistlichen Vater, dass wir leben? Und jene zwar haben uns gezüchtigt wenige Tage nach ihrem Dünken; dieser aber zu Nutz, auf dass wir seine Heiligung erlangen.« (Hebr 12,7–10)
Seht, meine Brüder, diese Worte des Apostels sind über die Maßen lieblich und voll Trostes für alle diejenigen, die des Herrn Kreuz tragen müssen; denn gleich wie ein treuer und wohlmeinender Hausvater seine Kinder, die er von Natur lieb hat und stets auch das Beste zu lehren und zu unterweisen begehrt, wohl zuweilen mit harten Schlägen ermahnt, züchtigt und straft, obgleich aus lauter väterlicher Liebe, zur Unterweisung und zum Nutzen seiner lieben Kinder und nicht darauf Rücksicht nimmt, ob es wohl den Kindern im Fleisch wehe tut, wenn es nur dazu führt, dass sie ihres Vaters Willen, Gebot und Stimme nicht verachten, sondern dieselben von Herzen fürchten und in Ehrbarkeit, Frömmigkeit und Unterweisung folgen lernen; so auch züchtigt oftmals unser himmlischer Vater seine auserwählten Kinder mit seiner väterlichen Rute, auf dass sie nach seinem heiligen Wort, Willen und Gebot hören und ihm gehorsam sein sollen; aller gottseligen Unterweisung und Frömmigkeit nachkommen; Gott mit gutem Herzen fürchten; sich mit der Welt nicht vermischen noch befreunden; dem Fleisch und Blut nicht mehr leben; und zuletzt, als gehorsame und züchtige Kinder Gottes, das verheißene Reich und Erbe erlangen mögen.
Wenn sie sich aber der Züchtigungsrute entziehen, das Kreuz Christi verwerfen und, infolge ihres Vaters freundlicher Züchtigung, im Laufe der Zeit nur verderbter und widerspenstiger werden, ihres Vaters Wort und Willen verachten, nach eigenem Gutdünken zu handeln fortfahren, dann müssen sie endlich ausgestoßen werden und können nicht mehr als rechtmäßige Kinder, sondern müssen als ehrlose Bastarde angesehen werden.
Darum, heilige Brüder, weigert euch der Zucht und Rute eures lieben Vaters nicht; die Züchtigung geschieht zu eurem Dienst und Besten, nämlich darum, dass ihr alles ablegen sollt, was euch drückt, auch die anklebende Sünde und so in allen Dingen (nichts ausgenommen) euren Vater fürchten, lieben und ihm gehorsam sein sollt. Seht, so ist diese Rute des Kreuzes Christi lauter Gunst, Liebe und nicht Zorn oder Grimm, wie man es nach Gottes Geist und nicht nach dem Fleisch, wohl erkennen und wahrnehmen kann.
Aus gleicher Ursache hat auch Gott sein Volk Israel von den Philistern, Assyrern, Chaldäern manchmal strafen lassen, wenn sie gegen ihren Gott unachtsam und widerspenstig waren, auf dass sie durch solche Schläge und Strafe wiederum angespornt würden ihren Gott zu suchen, sein Gesetz zu hören, vom Bösen abzulassen und in allen Dingen recht und wohl zu tun. Aber die väterlichen Schläge waren meistenteils an Israel verloren, wie der Prophet sagt. Er hat oftmals gestraft, aber was hat es geholfen? Die Rute an den bösen Kindern hilft nichts, spricht der Herr, Herr.
»Nehmt wahr, Hunger, Plage, Trübsal, Angst sind gesandt als Geißeln, zur Strafe und Besserung. Und in diesem allen werden sie sich nicht bekehren von ihrer Bosheit und sie werden auch der Geißeln und Schläge nicht mehr gedenken.«
Wiederum:
»Du schlägst sie, aber sie fühlen es nicht; du plagst sie, aber sie bessern sich nicht. Sie haben ein härter Angesicht denn ein Fels, und wollen sich nicht bekehren!« (Jer 5,3)
Die vorerwähnten Worte des Propheten zeigen klar, warum die Israeliten so oft von dem Herrn gestraft und geschlagen wurden, nämlich darum, dass sie sich bekehren sollten. Doch war alles vergebens, wie die Propheten in den angeführten Worten klagen und kund tun.
Liebe Brüder, lasst euch dieses eine Ermahnung sein, dass ihr nicht dem ungehorsamen und verstockten Israel in dieser Hinsicht gleich werdet, sondern dass ihr euch eures Vaters barmherziger Züchtigung und Strafe freiwillig unterwerft, indem ihr darüber nachdenkt, was geschrieben ist:
»Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir von dem Herrn gezüchtigt, auf dass wir nicht samt der Welt verdammt werden.« (1Kor 11,32)
Darum, liebe Brüder und Schwestern in dem Herrn, so verwerft doch die Strafe und Unterweisung eures lieben Vaters nicht, sondern empfangt die Ermahnung seiner getreuen Liebe mit großer Freude und dankt ihm, dass er euch durch seine väterliche Gunst zu seinen lieben Kindern in Christo Jesu auserwählt, durch sein kräftiges Wort berufen und gelehrt und mit seinem heiligen Geist erleuchtet hat; damit durch den heilsamen Einfluss des Kreuzes Christi euer armes, schwaches, sterbliches Fleisch, das so vielen verderblichen Krankheiten der Lüste unterworfen ist, gesunden möge, damit ihr dasselbe der Lust und Liebe der Welt entwöhnt; damit ihr dadurch des Kreuzes Christi so wie auch seines Todes teilhaftig werdet und an der Auferstehung von den Toten Teil habt, wie Paulus an einer gewissen Stelle unterweist, indem er spricht:
»Wir haben allenthalben Trübsal; aber wir ängstigen uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht; wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen; wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um; und tragen allezeit das Sterben des Herrn Jesu an unserm Leibe, auf dass auch das Leben des Herrn Jesu an unserm Leibe offenbar werde.« (2Kor 4,8–10)
Aber wir, die wir leben, werden täglich dem Tode übergeben um Jesu willen, auf dass das Leben Jesu auch offenbar werde an unserm sterblichen Fleisch.
Seht, darum lehrt, ermahnt, straft, droht und züchtigt er, auf dass wir das gottlose Wesen und die weltlichen Lüste verleugnen; der Welt, dem Fleisch und Teufel gänzlich absterben und allein den Schatz, das Erbe und Teil suchen, die im Himmel sind; damit wir den ewigen, wahrhaftigen und lebendigen Gott allein lieben und ihm glauben, indem wir mit Geduld der gottseligen Hoffnung leben und der herrlichen Erscheinung unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi entgegensehen, der sich selbst für uns gegeben hat, auf dass er uns von aller Ungerechtigkeit erlöste und ihm selbst ein Volk zum Eigentum reinigte, um ihm in aller Gerechtigkeit und Gottseligkeit zu dienen alle Tage unseres Lebens.
Aus derselben Ursache spricht Jakobus:
»Meine lieben Brüder, achtet es eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt und wisst, dass euer Glaube, so er rechtschaffen ist, Geduld wirkt. Die Geduld aber soll fest bleiben, bis ans Ende, auf dass ihr seid vollkommen und ganz und keinen Mangel habt.« (Jak 1,2–4)
Denn gleichwie das Gold durch des Feuers Hitze den unnützen Schaum von sich tut und so durchs Feuer immer reiner wird, so wird auch der empfängliche Mensch Gottes in dem Ofen und Feuer der Trübsal gedemütigt, geläutert und gereinigt, zu Christi und des Vaters ewigem Lob, Preis und Ruhm und damit er, von nichts mehr behindert, den selbigen Gott mit aufrichtigem Herzen fürchten, lieben, ehren, ihm danken und dienen möge.
Und dies ist das Wort, welches im Buche der Weisheit geschrieben steht, nämlich:
»Ein wenig nur werden sie gezüchtigt; doch sie empfangen große Wohltat. Denn Gott hat sie geprüft und fand sie seiner würdig. Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt und sie angenommen als ein vollgültiges Opfer. Beim Endgericht werden sie aufleuchten wie Funken, die durch ein Stoppelfeld sprühen. Sie werden Völker richten und über Nationen herrschen und der Herr wird ihr König sein in Ewigkeit.« (Weish 3,5–8, Einheitsübersetzung)
Darum liebe Brüder, seid voll des Trostes in dem Herrn und tragt bereitwillig die Trübsal als fromme Ritter Christi, auf dass der Wohlgefallen an euch hat, welcher euch zum Streite erwählt und berufen hat. Paulus sagt:
»So jemand auch kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht.« (2Tim 2,5)
Haltet euch deshalb tapfer im Streite und euer König wird ein Wohlgefallen an euch haben; so ihr euch aber fürchtet, euer Schild und eure Waffen von euch werft und den Streit verlasst, so werdet ihr auch keine Krone erlangen; denn Christus spricht:
»Wer bis an das Ende beharrt, der wird selig.« (Mt 24,13)
Ich fürchte, dass etliche unter unsern jungen und unversuchten Brüdern gefunden werden möchten, die sich von den aufsteigenden Gedanken ihres Herzens erschrecken lassen, warum es doch den Ungläubigen und Gottlosen so glücklich ergeht und warum die Gerechten so viel leiden müssen. Ja, es scheint nicht anders in der Unweisen Augen, als ob die Ungerechten zu allem Glück geboren wären, denn sie wachsen und nehmen zu, gleichwie die grünen Zweige tun. Sie freien und lassen sich freien; sie säen, pflanzen und sammeln das Korn in ihre Scheuern und das Geld in ihre Kasten; ihre Häuser sind herrlich, voll und wohl ausgestattet; sie kleiden sich mit Gold und Silber, mit Seide und Samt; sie weiden ihre Herzen als auf einen Schlachttag; ihre Wiesen und Äcker blühen üppig, ihr Vieh ist gesund und fruchtbar, ihre Kinder sind fröhlich, frisch und voll Lebensmut vor ihren Augen; sie spielen auf Pfeifen und Trommeln, auf Geigen und Lauten, sie singen und springen und sagen zu ihren Seelen: Erfreue dich und sei fröhlich solange du lebst.
Ihre Prediger stärken und trösten sie und ihr Gottesdienst ist eine Lust über alle Lust. Kurz, es hat den Anschein, als ob sie mit einer sonderlichen Liebe von Gott geliebt und gesegnet sind, während der Gerechte dagegen von Gott gehasst und verflucht scheint; denn er ist gleich einem magern Sträuchlein in dürrer Erde; gleich einer armen, verscheuchten Nachteule, die von allen andern Vögeln verfolgt wird; wie eine Rohrdommel in der Wüste; wie ein einsamer Vogel auf dem Dach (Ps 102). Alle, die sie sehen, verspotten sie; wer sie kennt, der hasst sie; kein Königreich, kein Fürstentum, keine Stadt, kein Land ist so groß, als dass es einem armen, verstoßenen Christen eine Ruhestätte bieten könnte. Alle diejenigen, welche sie verleumden und lästern, meinen, dass sie damit Gott einen Dienst erweisen.
Meine Brüder, sollten wir nach menschlicher Weise reden oder richten, so würden wir ohne Zweifel mit dem heiligen Jeremia klagen und sagen müssen:
»Herr, wenn ich gleich mit dir rechten wollte, so behältst du doch Recht; dennoch muss ich vom Recht mit dir reden. Warum geht es doch den Gottlosen so wohl und die Verräter haben alle die Fülle?« (Jer 12,1)
Wiederum:
»Warum siehst du denn zu den Verrätern und schweigst, dass der Gottlose verschlingt den, der frömmer denn er ist?« (Hab 1,13)
und Esra: »Tut Babylon besser denn Zion?« Asaphs Füße waren schon auf dem Punkte des Schlüpfens, als er die Glückseligkeit der Ungerechten und die Widerwärtigkeiten und große Trübsal der Frommen wahrnahm (Ps 73).
Allen denen, die nun von solchen Gedanken angefochten werden, rate ich und ermahne sie, ihre Herzen und Augen auf des Herrn Wort zu richten und wohl zu merken, was darin von dem Ende und Ausgang beider geschrieben ist – zuvorderst von den Gottlosen; Hiob sagt:
»Sie werden alt bei guten Tagen und erschrecken kaum einen Augenblick vor der Hölle.« (Hi 21,13)
Wiederum spricht David:
»Erzürne dich nicht über die Bösen, sei nicht neidisch über die Übeltäter; denn wie das Gras werden sie bald abgehauen, und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.« (Ps 37,1–2)
Schließlich spricht Paulus: »Lebt ihr nach dem Fleisch, so werdet ihr sterben; denn fleischlich gesinnt sein, ist der Tod.« und viele ähnliche Stellen.
Aber von dem Ende der Gerechten steht so geschrieben:
»Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand und keine Qual kann sie berühren. In den Augen der Toren sind sie gestorben, ihr Heimgang gilt als Unglück, ihr Scheiden von uns als Vernichtung; sie aber sind in Frieden.« (Weish 3,1–3)
»Der Gerechte muss viel leiden; aber der Herr hilft ihm aus dem allem.« (Ps 34,20)
Wiederum:
»Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles wider euch, so sie darin lügen. Seid fröhlich und getrost, es wird euch im Himmel wohl belohnt werden!« (Mt 5,11–12)
Ferner:
»Nachdem es recht ist bei Gott, zu vergelten Trübsal denen, die euch Trübsal anlegen; euch aber, die ihr Trübsal leidet, Ruhe mit uns, wenn nun der Herr Jesus wird offenbart werden vom Himmel, samt den Engeln seiner Kraft, und mit Feuerflammen, Rache zu geben über die, die Gott nicht erkennen und über die, die nicht gehorsam sind dem Evangelium unsers Herrn Jesu Christi; welche werden Pein leiden, das ewige Verderben von dem Angesichte des Herrn und von seiner herrlichen Macht; wenn er kommen wird, dass er herrlich erscheine mit seinen Heiligen und wunderbar mit allen Gläubigen.« (2Th 1,6–10)
Ja, alle diejenigen, welche die Schrift aufmerksam lesen, verstehen und derselben glauben und eine richtige Vorstellung haben von der gewaltigen Verschiedenheit im Ende und Ausgang der Geschicke beider, werden ihnen ihre kurze Wohlfahrt, Freude und Glückseligkeit nicht missgönnen und sich in ihrem eigenen Elend, Trübsal und Kreuz, durch Gottes Gnade, wohl schicken und trösten.
Außerdem, meine Brüder, ist es uns wohlbekannt, dass das Kreuz allem Fleische hart, schmachvoll und bitter erscheint und gegenwärtig nicht als etwas Erfreuliches, sondern vielmehr als Trauer bringend betrachtet wird. Da es aber vielen Nutzen, viele Freude in sich schließt, wodurch die Frommen stets frömmer gemacht und von der Welt und dem Fleisch abgekehrt und Gott und sein Wort zu fürchten ermuntert werden, wie schon oben bemerkt; und da es über dem des Vaters heiliger Wille ist, dass die Frommen dadurch bewährt und die Gleißner in ihrer Heuchelei offenbar werden sollen, so sind alle wahren Kinder Gottes durch die Liebe bereit, ihres Vaters Willen zu tun und zwar mit Freuden, gleichwie Paulus sagt:
»Es sei aber ferne von mir mich zu rühmen, denn allein von dem Kreuz unseres Herrn Jesu Christi, durch welche mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.« (Gal 6,14)
Wiederum: Die Apostel
»gingen fröhlich von des Rats Angesicht, dass sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden.« (Apg 5,41)
In Anbetracht nun, dass wir wohl wissen, wie sehr das Kreuz unser armes, schwaches Fleisch verwundet und bedrückt, wie wir durch einen Hinblick auf Hiob, Jeremia, Elia und andere bestätigt finden; ja, da der Herr selbst begehrte, dass der Kelch von ihm genommen werden möchte, wenn es möglich wäre und aus großer Angst sein Schweiß wie Blutstropfen ward, weshalb ein Engel vom Himmel kam ihn zu trösten – in Anbetracht dessen ist unser bester Rat, dass wir im Glauben und mit demütigem Herzen allein bei unserm Gott Zuflucht suchen, wie alle frommen Kreuzträger von Anfang an getan haben und mit vollem Vertrauen bei ihm Gnade, Hilfe, Beistand und Trost suchen; denn wer hat je auf ihn vertraut, den er verlassen hätte? Und wer hat zu ihm gerufen und ward nicht erhört? Er ist unser Gott und Vater, unser Herr und König, unser Helfer und Beschützer, unsere Stärke und Feste, unser Trost und unsere Zuflucht in der Not; er ist das Horn unseres Heils, unser Schatten in der Hitze. Mit meinem Gott, spricht David, kann ich über die Mauern springen. Wenn Gott mit uns ist, wer kann wider uns sein? Wir vermögen alles durch Christum, der uns stärkt. Ihm befiel deine Sache, er wirkt in seinen Heiligen sein Wohlgefallen. Etliche hat er aus der Tyrannen Hand erlöst; etliche hat er mitten im Feuer erhalten; der hungrigen, reißenden, grimmigen Löwen Mund in Fällen anderer zugehalten; etliche aus Kerkern und Gefängnissen geführt; er hat die Furcht des Todes unter die Füße noch anderer gelegt, welche dann durch die Kraft ihres Glaubens Hunger, Durst, Spott, Schande, Blöße, Schläge, Gefängnis, Angst, samt Galgen, Rad, Marter, Wasser, Feuer und Tod siegreich überwanden; denn sie wurden von der Liebe des Herrn getrieben, die das Bittere süß und das Schreckliche begehrenswert macht. Salomo spricht:
»Liebe ist stark wie der Tod, dass auch viele Wasser sie nicht mögen erlöschen, noch die Ströme sie ersäufen.« (Hl 8,6–7)
Alle, welche sie besitzen, sollten mit dem heiligen Paulus sagen:
»Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal, oder Angst, oder Verfolgung, oder Hunger, oder Blöße, oder Fährlichkeit, oder Schwert? Wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet für Schlachtschafe. Aber in dem allem überwinden wir weit um dessen willen, der uns geliebt hat; denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben […], uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.« (Röm 8,35–39)
Darum, liebe Brüder, Träger des Kreuzes unsers Herrn, erkennt, fürchtet, liebt euren Gott; glaubt, vertraut und dient ihm aus vollem und reinem Herzen, nach dem Vorbilde aller Heiligen und dem Christi und der barmherzige, getreue Vater wird euch, in seiner großen Liebe, nicht verlassen, sondern wird um euch als um seinen Augapfel Sorge tragen, wird euch getreulich beistehen in jeder Not und Drangsal, wird euch die Hand bieten und euch beschützen und bewahren, es sei im Leben oder im Tode, nach seinem Gefallen und dies zur Verherrlichung seines ewigen Namens und zur Seligkeit eurer Seelen; denn er ist so gnädig und gütig, dass er nicht zulässt, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern wird in seiner unbegrenzten Barmherzigkeit für euch ein gnädiges Auskommen finden, so ihr seinem Worte nur recht und fest glaubt und ihn für euren treuen Vater haltet.
Seht, meine werten Brüder, wenn ihr euch so wie hier erzählt in eurer Trübsal und Versuchung beweist und mit aller Geduld des Herrn Kelch trinkt; Christum und sein heiliges, wertes Wort mit Wort und Tat bezeugt; euch wie demütige Lämmlein, um seiner Zeugnisse willen, in voller Beständigkeit zu der Schlachtbank führen lasst, so wird der Name des Herrn dadurch gepriesen, heilig und herrlich gemacht werden; die Hoffnung der Heiligen wird geoffenbart, das Reich des Himmels ausgebreitet, das Wort Gottes anerkannt und eure armen, schwachen Brüder und Mitgenossen in dem Herrn durch solch eine Handlungsweise gestärkt und belehrt.
Ja, meine Brüder, auf die hier bezeichnete Weise werden wir belehrt und unterwiesen, selbst bis auf den heutigen Tag, durch das Opfer und Blut Abels; durch den Glauben und Gehorsam Abrahams, Isaaks und Jakobs; die Keuschheit Josephs; die Geduld Hiobs und Tobiä; das vortreffliche, männliche Bekenntnis Eleazari und der Mutter mit ihren sieben Söhnen; ferner, durch die Aufrichtigkeit, Beständigkeit und Frömmigkeit aller Heiligen, die vor uns waren; und endlich durch die wahrhaft ungefärbte Liebe, Demut, Gerechtigkeit, den Frieden und das freiwillige und lautere Opfer Jesu Christi, der uns nach Gottes Verheißung zu einem untrüglichen Lehrer und zu einem ewigen Vorbild alles Guten von Gott, unserm himmlischen Vater, in ewiger Liebe, vom hohen Himmel gesandt wurde und zu uns gekommen ist.
Meine sehr lieben Brüder und Schwestern in Christo Jesu, in allen Landen zerstreut, für die ich diese meine Ermahnung aus reiner, christlicher Liebe und Pflichtgefühl zusammengezogen und geschrieben habe, ich will nunmehr diesen Artikel abkürzen und euch mit aller Demut bitten, zum Ersten wohl zu überlegen, was für ein Volk es ist, das euch so höhnisch verfolgt und um Gut und Blut bringt.
Zum Zweiten, warum sie euch verfolgen und solches Leid antun. Zum Dritten, dass alle Heiligen, Christus Jesus selbst nicht ausgenommen, diese Verfolgung gelitten haben, die alle Frommen noch leiden müssen, wie man wahrnehmen kann. Zum Vierten, wie kraftlos alle ihre Argumente sind, mit welchen sie sich in ihrer Blutschuld beschönigen und uns beschuldigen wollen, gleich als ob sie recht täten und wir alle Schande und Strafe verdient hätten.
Zum Fünften, wie nützlich und dienstlich uns das Kreuz ist, welches wir um des Herrn Wort täglich aufnehmen und tragen müssen, weil wir Christo Jesu zu hören, zu glauben und zu gehorchen begehren. Wenn ihr nun mit Vorsicht und in Übereinstimmung mit der Schrift diese fünf Punkte wohl erwägt und mit reinem Herzen betrachtet, so zweifle ich nicht daran, dass sie euch eine starke und unüberwindliche Kraft, ein Panzer und Schild sein werden wider alle Trübsal, Verfolgung, Angst und Not.
Schließlich ermahne und begehre ich, dass ihr mit allem Fleiß und Ernst bedenken wollt, was allen Streitern und Überwindern in Christo in zukünftiger Zeit verheißen ist; nämlich das unvergängliche ewige Reich, die Krone der Ehren und das Leben, das ewig bleiben wird. Darum, o du Volk Gottes! Waffne dich und bereite dich zum Kampf, nicht mit äußerlicher Wehr und Waffe, wie die blutgierige, grimmige Welt tut, sondern allein mit einem festen Vertrauen, Geduld und brünstigem Gebet. Es gibt keine andere Ausflucht, der Streit des Kreuzes muss bestanden und die Kelter des Elends getreten werden. O du Braut und Schwester Christi, rüste dich; die Dornenkrone muss dein Haupt verwunden und die Nägel durch deine Hände und Füße getrieben werden; dein Leib muss gegeißelt und in dein Angesicht gespien sein. Umgürte dich und sei bereit; denn du musst mit deinem Herrn und Bräutigam aus der Stadt hinausgehen und seine Schmach tragen. Auf Golgatha musst du dein Opfer darbringen. Wache und bete; deiner Feinde sind mehr, denn der Haare auf deinem Haupte oder des Sandes am Meer. Wiewohl ihre Herzen, Hände, Füße und Schwerter über die Maßen rot und mit Blut gefärbt sind, so fürchte dich dennoch nicht, denn Gott ist dein Führer. Dein Leben auf Erden ist ein beständiger Streit. Streite ritterlich, so wirst du die verheißene Krone empfangen.
»Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, der im Paradies Gottes ist.« (Offb 2,7)
Wer überwindet, den will Gott zu einem Pfeiler in seinem Tempel machen und seinen Namen und den Namen des neuen Jerusalems auf ihn schreiben.
Wer überwindet, wird nicht beschädigt werden von dem andern Tod. Wer überwindet, wird mit weißen Kleidern angetan und sein Name wird nicht aus dem Buch des Lebens vertilgt werden, sondern Christus Jesus wird seinen Namen bekennen vor seinem himmlischen Vater und vor seinen Engeln.
Wer überwindet, der soll mit Christo Jesu sitzen auf seinem Stuhl, gleichwie Christus überwunden hat und ist mit seinem Vater auf seinem Stuhl gesessen.
O du Streiter Gottes, schicke dich und fürchte dich nicht! Die Kelter musst du treten, diesen engen Weg musst du wandeln und durch diese enge Pforte zu dem Leben eindringen.
Der Herr ist deine Stärke, Trost und Zuflucht; er ist bei dir in Kerker und Banden; er fleucht mit dir in fremde Lande; er ist mit dir in Feuer und Wasser, er wird dich in Ewigkeit nicht verlassen noch versäumen; ja, er wird bald kommen und sein großer Lohn wird mit ihm sein.
»Selig sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn das Himmelreich ist ihr.« (Mt 5,10)
Betrübe dich nicht, dass du schwarz bist, du bist gleichwohl schön und dem König angenehm. Du musst gleichwie eine Rose unter den Dornen aufwachsen und das Stechen leiden. Erfreue dich, denn der König begehrt deiner Schöne.
Denn wiewohl er in seiner ersten Erscheinung als ein unschuldiges Lamm geopfert ist und seinen Mund nicht geöffnet hat, wird doch die Zeit kommen, dass er wie ein triumphierender Fürst und König zum Gericht erscheinen wird. Alsdann werden unsere Verfolger sehen, wen sie stachen; dann werden sie schreien und rufen:
»Ihr Berge fallt auf uns, ihr Hügel bedeckt uns.« (Hos 10,8)
Aber ihr werdet vor großer Freude hüpfen und tanzen. Freude und Frohlocken wird nicht von euch weichen, denn euer König, Bräutigam und Erlöser, Christus Jesus, wird ewiglich bei euch sein.
»Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen wird mehr sein.« (Offb 21,4)
Gottes Ehre, Preis und Danksagung wird aus eurem Munde fließen ewiglich. Noch einmal sage ich euch: Streitet! Die Krone der Ehren ist für euch bereit. Weicht und wankt nicht;
»denn noch über eine kleine Weile so wird kommen, der da kommen soll, und nicht verziehen. Der Gerechte aber wird des Glaubens leben. Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele keinen Gefallen haben.« (Hebr 10,37–38)
Hütet und wacht über euch, damit das Feuer des Kreuzes euch nicht verzehre wie Holz, Heu und Stoppeln; die Platzregen und Sturmwinde der Verfolgung das Haus nicht umstoßen. Der Sonnenbrand das Kreuz nicht verdorre, damit ihr nicht wieder mit den Hunden verschluckt, was ihr ausgespien habt (2Pt 2,22). Damit ihr eure Kleider und Füße, die ihr gewaschen habt, nicht wiederum unrein macht und nicht sieben ärgere Geister zu euch einkehren und so der letzte Irrtum größer als der erste werde.
Darum, liebe Brüder und Schwestern in dem Herrn, fürchtet euren Gott von ganzem Herzen und von ganzer Seele und sucht ihn aus allen euren Kräften. Wacht Nacht und Tag; klopft an vor dem Thron seiner Gnaden, dass er euch mit seiner väterlichen Hand in allem Elend erhalten wolle und in allem Trübsal und Leiden gnädiglich beistehen und in seinem Weg, Wort und seiner Wahrheit treulich bewahren, auf dass ihr eure Füße nicht an einen Stein stoßt und ihr demzufolge in eurem Bekenntnis und Leben strauchelt, fallt und zu Schanden werdet; sondern dass ihr den euch anvertrauten Schatz bis auf jenen Tag rein und unbeschädigt bewahren und alsdann mit allen Heiligen das verheißene Land, Erbe, Reich, Leben und die Krone des Lebens empfangen mögt. Solches verleihe euch und uns allen der barmherzige, liebe Vater, durch seinen gesegneten Sohn Jesum Christum, in der Kraft seines ewigen und heiligen Geistes, zu seinem ewigen Preis und seiner Herrlichkeit, Amen!