Ihr wisst, liebe Herren, Freunde und Brüder, wie man allerorts viel von des Herrn Abendmahl schreibt, predigt und rühmt. Aber mit welcher Erkenntnis, Liebe, Einigkeit, Übung und Ordnung und mit welchem Glauben und Frieden sie solches tun, ist augenscheinlich. Es ist wohl wahr, dass uns des Herrn Mund ein Brotbrechen oder Abendmahl in dem neuen Testament verordnet hat, aber nicht in solcher Weise, wie es bei euch üblich ist. Denn euer Abendmahl ist allen Menschen gemein sie seien gleich wie sie wollen; Geizige, Hoffärtige, Prachtliebende, Säufer, Zänker, Abgöttische, Frauenschänder, Huren und Buben. Es wird auch in einer abscheulichen, anstößigen Pracht und Pomp, Heuchelei und Abgötterei gehalten und außerdem von solchen Dienern verabreicht, die im Grunde nichts anderes suchen, als weltliche Ehre, Gemächlichkeit, Fleisch und Bauch, wie man allgemein sehen kann. In Ansehung denn, dass viele von euch sich so sehr über das Abendmahl ereifern (aber nicht nach der Schrift, wie ihr hören werdet, denn euren Tisch könnte man mit größerem Recht des Teufels als des Herrn Tisch nennen, 1Kor 10,21), so begehre ich um Jesu willen, dass ihr doch einmal recht in wahrhaftiger Gottesfurcht nachdenken wollt warum und wozu der Herr dieses Abendmahl bei seinem letzten Abendessen seiner Kirche so nachgelassen und verordnet hat, auf dass es euch ein lebendiges und rührendes Zeichen sein möge, um euch des Herrn überfließende, große Wohltaten, den wahren Frieden und die Liebe und Einigkeit seiner Gemeinde, sowie die Gemeinschaft seines Fleisches und Bluts zu verbildlichen und zu Gemüte zu führen und damit ihr dem unrechten, gottlosen Wesen in dem Grund absterben, der Gerechtigkeit und Gottseligkeit von Herzen nachkommen, von des Teufels Tisch euch lossagen und euch in einem wahrhaftigen Glauben, in einem frommen, neuen, bußfertigen Leben und ineiner ungefärbten brüderlichen Liebe, mit der Gemeinde Jesu Christi, an seinen heiligen Tisch setzen mögt.
So spricht Paulus:
»Ich habe es von dem Herrn empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm das Brot, dankte und brach’s, und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen auch den Kelch, nach dem Abendmahl, und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut; solches tut, so oft ihr’s trinkt, zu meinem Gedächtnis!« (1Kor 11,23–25)
Hier habt ihr die Erklärung Paulus’ über die Worte des heiligen Abendmahls, von dem Herrn eingesetzt (Lk 22,19–20), über welche Worte die Gelehrten viel und hart gestritten haben, auch ein Teil derselben mittels ihres abgöttischen Missverstandes (wenn wir ihr Gebahren bei diesem Namen und es nicht Hochmut nennen dürfen) nicht wenige in den Tod geschrieben; sonach wird an ihnen erfüllt, was der heilige Paulus geschrieben hat:
»Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden.« (Röm 1,22)
Denn sie stritten am meisten über das Signum, das am wenigsten gilt, und das Significatum um dessentwillen das Signum eingesetzt ist und das am meisten gilt, lassen sie unberührt. Auch legen sie, nach meiner Ansicht, wenig Gewicht darauf, welches der Zustand der Gäste oder Teilhaber sein sollte, die mit Christus an seinem Tische sitzen um sein heiliges Abendmahl zu genießen.
Uns ist nicht ein Buchstabe in der ganzen Schrift befohlen, dass wir über das sichtbare und greifbare Signum disputieren sollen oder über seine Bedeutung. Die Geistlichen richten alle Dinge geistlich (1Kor 2,13). Denn was das in der Substanz sei, mag mit Händen gefühlt, mit Augen gesehen und mit dem Mund geschmeckt werden. Aber es liegt uns am meisten ob zu bedenken, dass wir das Significato, das ist dasjenige, was mit diesem Signo, das ist Zeichen, allen wahrhaftigen Christusgläubigen verbildlicht, dargestellt und anempfohlen wird, in unserer Schwachheit nach besten Kräften beobachten und halten mögen. Um dieser Ursache willen, wollen wir den gutherzigen und frommen Leser mit dem zänkischen, fruchtlosen Disputieren über das äußerliche Signo nicht behelligen, gleichwie die Gelehrten tun, sondern wir begehren allein, dass wir durch des Herrn Hilfe und Gnade, mit der Stärke und Kraft des göttlichen Worts recht erklären und andeuten mögen, für wen und warum Christus Jesus sein Abendmahl nachgelassen und geordnet hat, auf dass man das sichtbare Zeichen nicht für das wahrhaftige Wesen ansehen und nicht von der Wahrheit zu den Bildern trete.
Um nun zu einem richtigen, heilsamen und christlichen Verständnis über des Herrn heiliges Abendmahl zu gelangen, nämlich wem, warum und wozu es verordnet wurde, muss man besonders vier Dinge bemerken und wahrnehmen.
Zum Ersten muss man sich hier wohl vorsehen, dass man das sichtbare, vergängliche Brot und Wein nicht zu des Herrn wirklichem Fleisch und Blut mache, gleich wie etliche tun; denn solches zu glauben, ist wider die ganze Natur, Vernunft und Schrift; ja, eine offenbare Lästerung des Sohnes Gottes, Gräuel und Abgötterei. Sondern, gleichwie Israel jährlich zur bestimmten Zeit, nach dem Befehl Mose, das Passah halten musste und das zu einem Gedächtnis daran, dass der allmächtige Gott, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, sein Volk vor der Strafe und Plage, da er die Erstgebornen schlug, gnädig bewahrte und durch seine starke Hand und ausgestreckten Arm aus dem eisernen Ofen Ägyptens, aus der schrecklichen Tyrannei und Gewalt Pharaos, nach den Worten seiner Verheißung (1Mo 15,7), so herrlich und wunderbar ausgeführt und erlöst hatte und darum wird das Osterlamm des Herrn Passah, d. h. Durchgang, genannt (2Mo 12); das Zeichen für die wirkliche Begebenheit; denn das Lamm war nicht der Durchgang, wiewohl es so genannt wurde, sondern es bezeichnete nur den Durchgang, gleichwie erzählt ist. So wird hier auch das Brot des heiligen Abendmahls des Herrn Leib, und der Wein des Herrn Blut genannt (Mt 26,26–28). Das Zeichen, sage ich, für die wirkliche Begebenheit, nicht dass es sein eigentliches Fleisch und Blut ist (denn damit ist er aufgefahren in den Himmel und sitzt zur Rechten seines Vaters, unsterblich und unvergänglich in ewiger Majestät und Herrlichkeit), sondern es ist ein ermahnendes Zeichen und ein Gedächtnis daran, dass der Sohn Gottes, Christus Jesus, uns durch das unbefleckte Opfer seines unschuldigen Fleisches und Bluts aus der Gewalt des Teufels, aus dem Reich der Hölle und des ewigen Todes erlöst und in das Reich seiner Gnaden sieghaft geführt hat, wie er selber spricht:
»Das tut zu meinem Gedächtnis.« (Lk 22,19)
Zum Zweiten ist zu bemerken, dass es keinen größeren Beweis der Liebe gibt, denn dass man den Tod für jemanden leidet, wie Christus sagt:
»Niemand hat größere Liebe, denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.« (Joh 15,13)
Weil nun das heilige Zeichen nur ein Gedenkzeichen von des Herrn Tod ist und der Tod der allerhöchste Beweis der Liebe ist, wie gesagt, so werden wir hier ermahnt, wenn wir so bei des Herrn Tisch sitzen um sein Brot zu essen und seinen Kelch zu trinken, dass wir nicht allein seinen Tod, sondern auch alle die herrlichen Früchte der göttlichen Liebe, die uns in Christus erwiesen sind, mit allem Ernst gedenken und verkündigen sollen, nämlich, dass Gott den Menschen im Anfang ihm zu einem Bilde unverderblich geschaffen, in das Paradies gesetzt und ihm alle Geschöpfe unterworfen hat. Nachdem er von der Schlange verführt worden ist, wurde er mit dem Versprechen eines zukünftigen Überwinders und Heilands, nämlich Christus, erfreut und getröstet. Gott sandte Mose und die Propheten, welche das Gesetz ernstlich handhabten und auf den verheißenen Christus und sein Reich hinwiesen. Nach Zusage der Schrift erschien endlich Jesus Christus in der Welt, ein wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren und predigte in vielem Elend, Trübsal, Mühe und Arbeit das seligmachende und gnadenreiche Wort dem Hause Israel; suchte die verlorenen Schafe und brachte sie zu ihrem rechten Hirten; erwarb uns, durch seinen bitteren Tod und teures Blut in seiner ewigen Liebe, Befriedigung und Versöhnung vor seinem himmlischen Vater (Röm 8,3). Gleichwie er selbst spricht:
»Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.« (Joh 3,16)
O große und wunderbare Liebe Gottes, die man nicht ergründen noch begreifen kann! Er hat keinen Engel, keinen Patriarchen noch Propheten, sondern sein ewiges, allmächtiges Wort, seine ewige Weisheit, die Klarheit seiner Herrlichkeit, in der Gestalt eines sündlichen Fleisches in diese betrübte Welt gesandt und
»hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit die vor Gott gilt.« (2Kor 5,21)
Mein guter Leser, verstehe dies nicht so, als ob Christus ein Sünder gewesen sei. Das sei ferne! Die Schrift spricht ihn frei von allen Sünden. Er war das Lämmlein ohne Flecken. Er kannte die Sünde nicht. Kein Betrug ist in seinem Munde gefunden. Aber Paulus nennt ihn Sünde, infolge einer hebräischen Ausdrucksweise; nämlich, ein Opfer für die Sünde, gleichwie der Prophet spricht:
»Er ist um unserer Missetat willen verwundet, und um unserer Sünde willen geschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Friede hätten, und durch seinen Wunden sind wir geheilt.« (Jes 53,5)
Siehe, werter Leser, alle, die diese herrliche Liebe Gottes und die überfließend großen Wohltaten der Gnade, die in Christus Jesus uns erwiesen sind, von Herzen glauben können, die werden durch einen solchen Glauben mehr und mehr erneuert, ihre Herzen werden übergossen mit allerlei Freude und Frohlocken; sie brechen mit fröhlichem Gemüt in allerlei Danksagung aus; sie loben und preisen ihren Gott von ganzem Herzen, weil sie mit gutem Gewissen den Geist empfangen haben, zu glauben und zu erkennen, dass der Vater uns so geliebt hat, dass er uns armen elenden Sündern seinen einzigen und ewigen Sohn, mit all seinem Verdienst, zu einer Gabe und ewigen Erlösung geschenkt hat, wie Paulus sagt:
»Da aber erschien die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes, unsers Heilandes, nicht um der Werke willen der Gerechtigkeit, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit machte er uns selig durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes, welchen er ausgegossen hat über uns reichlich durch Jesum Christ, unsern Heiland; auch dass wir durch desselbigen Gnade gerecht und Erben seien des ewigen Lebens nach der Hoffnung.« (Tit 3,4–7)
Hier gebührt uns zu bedenken, wie der Gerechte für uns Ungerechte gestorben ist, als wir noch offenbare Sünder und Feinde waren (Röm 5,10). Wie das unbefleckte Lamm in dem Feuer des Elends, an dem Stamm des Kreuzes für uns bereitet und zu einer ewigen Versöhnung für uns geopfert ist; wie der Schöpfer aller Dinge um unsertwillen zerbrochen ist. Und er, der über alle Kinder der Menschen erhaben war, der Verachtetste wurde und unter die Übeltäter gerechnet wurde. Wie der Unschuldige aller Welt Last getragen und alle unsere Schuld mit seinem roten Blut ausgelöscht und bezahlt hat, wie die Schrift spricht:
»Ich muss bezahlen, das ich nicht geraubt habe.« (Ps 69,5)
In kürze, dass Christus mit seinem Gehorsam Adams und seines ganzen Samens Ungehorsam gesühnt und mit seinem bitteren Tod das Leben wieder gebracht hat.
Dies herrliche und hohe Werk der göttlichen Liebe und Gnade erkannte der heilige Paulus und brach in die Worte aus:
»Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal, oder Angst, oder Versuchung, oder Hunger, oder Blöße, oder Fährlichkeit, oder Schwert? Wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet für Schlachtschafe! Aber in dem allem überwinden wir weit um dessen willen, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentum noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.« (Röm 8,35–39)
Und dies ist das Wort, das Johannes sagt:
»Lasst uns ihn lieb haben, denn er hat uns erst geliebt!« (1Joh 4,19)
Denn die Natur lehrt uns diejenigen lieb zu haben, die uns lieben. Und das ist die erste Frucht des heiligen Abendmahls, wenn es recht gebraucht wird.
Drittens haben wir zu merken, dass uns hier mit dem Abendmahl die christliche Einigkeit, Liebe und Frieden dargestellt sind und dass wir zur Übung dieser Tugenden ermahnt werden, denn alle wahrhaften Christen müssen denselben von Herzen nachjagen und für dieselben streiten.
»Wir sind (sagt Paulus) viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.« (1Kor 10,17)
Gleichwie nun ein natürliches Brot aus vielen Körnern besteht, die in der Mühle gebrochen, mit Wasser geknetet und von der Hitze des Feuers zu einem Brote gebacken werden; so auch wird die Gemeinde Christi aus vielen Gläubigen gebildet, die von der Mühle des göttlichen Worts in ihren Herzen gebrochen und mit dem Wasser des heiligen Geistes und dem Feuer der reinen, ungefärbten Liebe in einen Leib getauft sind (1Kor 12,13). Und gleichwie ein natürlicher Leib mit allen seinen Gliedmaßen einig und friedlich ist und ein jegliches Glied von Natur seinen Dienst ernstlich wahrnimmt, dem ganzen Leib zum Guten; so gebührt auch gleichermaßen den wahrhaftigen und lebendigen Gliedern an dem Leib Christi einig zu sein, ein Herz, ein Geist und Seele. Nicht zänkisch und unfriedsam, nicht missgünstig und neidisch, nicht grimmig und gehässig, nicht frevelnd, nicht störrisch oder bitter einer gegen den anderen, gleich wie die Ehrgeizigen, Eigensüchtigen und Hoffärtigen dieser Welt tun; sondern in allen Dingen untereinander langmütig, freundlich, friedselig; bestrebt nach der rechten Art einer christlichen Liebe und ihrem Nächsten zu dienen, in allem was sie vermögen; mit Ermahnen, Strafen, Trösten, mit Handreichung, Rat, Tat, Gut, ja auch mit seiner sauren, schweren Arbeit, Leib und Leben. Bereit einander zu vergeben, wie uns Christus Jesus vergeben und mit seinem Wort, Leben und Tod, gedient hat; wie Paulus sagt:
»Zieht an, als die Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demütigkeit, Sanftmut, Geduld; vertrage einer den andern, und vergebt euch untereinander, so jemand Klage hat gegen den andern; gleichwie euch Christus vergeben hat, also auch ihr. Über alles aber zieht die Liebe an, die da ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Gottes regiere in euren Herzen, zu welchem ihr berufen seid in einem Leib; und seid dankbar!« (Kol 3,12–15)
Und wiederum, gleichwie in dem natürlichen Leib die vorzüglicheren Glieder wie das Auge, das Ohr, der Mund, die minder vorzüglichen Glieder ihrer Geringfügigkeit halber nicht verachten; und gleichwie die minder vorzüglichen Glieder die vorzüglichen um ihrer Überlegenheit nicht beneiden und wie im Gegenteil jedes Glied an seinem Platz friedlich ist und zum Gedeihen des ganzen Leibes beiträgt, sei es gleich in seiner Stellung hoch oder niedrig, so verhält es sich auch in des Herrn Gemeinde.
»Etliche (spricht Paulus) hat er zu Aposteln gesetzt, etliche zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Lehrern und Hirten.« (Eph 4,11)
Ein jeglicher sehe sich vor, dass er sich nicht alles dessen rühme, das er ist, hat oder vermag; denn es ist alles Gottes Gnade und Gabe. Ein jeglicher walte seines Amtes
»auf dass die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amts, dadurch der Leib Christi erbaut werde, bis dass wir alle hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes, und ein vollkommener Mann werden, der da sei in der Maße des vollkommenen Alters Christi.« (Eph 4,12–13)
Dieses wird auch mit dem heiligen Abendmahl abgebildet, aber wie dem die Welt, die sich eine christliche zu sein rühmt, nachkommt, bezeugen ihre Früchte und Taten.
Zum Vierten muss man bemerken, dass das heilige Abendmahl eine Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi ist, wie Paulus spricht:
»Der Kelch der Danksagung, mit welchem wir danksagen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?« (1Kor 10,16)
Nachdem es denn eine Gemeinschaft ist, wie schon gesagt, will ich euch alle miteinander brüderlich ermahnen, dass ihr euch doch mit Ernst untersuchen wollt (Hebr 3), ob ihr auch Christus teilhaftig geworden seid. Ob ihr auch Fleisch von Christi Fleisch und Bein von Christi Bein seid; und ob ihr auch in Christus seid und Christus in euch ist. Denn alle, die würdig von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken wollen, die müssen durch die Kraft des göttlichen Worts und Wirkung des Glaubens, an dem innerlichen Menschen verändert und in einen neuen Sinn bekehrt sein; müssen neue Menschen sein, aus Gott geboren, aus Adam in Christus versetzt, christlicher Art, mitleidig, freundlich, barmherzig, liebreich, von Herzen demütig und dem Wort des Herrn gehorsam; das hoffärtige, ehrgeizige, eigensüchtige und fleischliche Herz muss beschnitten sein, das Schalksauge ausgerissen (Mt 18,9), das übelhörende Ohr verstopft, die unnütze, verleumderische Zunge gezähmt, die unreinen, blutigen Hände gereinigt und das unsaubere, unkeusche Fleisch gezüchtigt werden. Sie müssen einen frommen Streit führen wider die Welt, das Fleisch und den Teufel; ihre Lenden müssen mit der Wahrheit umgürtet sein; sie müssen mit dem Panzer der Gerechtigkeit bekleidet sein; ihre Füße müssen beschuht sein, als die bereit sind zu dem Evangelium des Friedens; sie müssen mit dem Schild des Glaubens, mit dem Helm der Seligkeit und mit dem Schwert des Geistes gewappnet sein (Röm 8,14) und aus allen ihren Kräften danach streben, dass sie in ihrer Schwachheit mögen gesinnt sein, gleichwie Jesu Christus gesinnt war.
Als Christus dieses Abendmahl einsetzte und mit seinen Jüngern hielt, sagte er:
»Mich hat herzich verlangt, dies Passah mit euch zu essen, ehe denn ich leide.« (Lk 22,15)
Danach nahm er das Brot, brach es und sprach:
»Nehmt, esst; das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird. Desselbigen gleichen auch den Wein, das ist der Kelch des neuen Testament in meinem Blut […], solches tut zu meinem Gedächtnis,« (1Kor 11,24–25)
Als ob er sagen wollte: Seht, liebe Kinder, so weit hat mich die Liebe, die ich zu euch und zu dem menschlichen Geschlecht gehabt habe und ewiglich haben will, getrieben, dass ich meines Vaters Herrlichkeit verlassen habe und bin als ein armer, elender Sklave euch zu dienen in diese betrübte Welt gekommen, denn ich sah, dass ihr alle dem Teufel zugefallen ward und niemand war, der euch erlöste; und dass ihr alle irrtet, gleich den irrenden Schafen und niemand war der euer achtete. Dass ihr allen reißenden Wölfen eine Speise ward und niemand war, der euch heilen konnte. Darum bin ich vom Himmel herabgekommen und bin ein armer, schwacher und sterblicher Mensch geworden, euch in allen Dingen gleich, ausgenommen die Sünde. Ich habe euch in meiner großen Liebe so ernstlich gesucht und elend, verdrossen, jämmerlich, ja halb tot habe ich euch gefunden; den Dienst meiner Liebe habe ich so herzlich an euch bewiesen; eure Geschwüre habe ich verbunden; euer Blut habe ich abgewischt; Wein und Öl in eure verdorbenen, faulen Wunden gegossen, aus dem Munde der höllischen Bären und Löwen euch befreit; habe euch auf meine Schultern genommen und in die Hütte des Friedens eingeführt, eure Blöße habe ich bedeckt; eures Elends habe ich mich erbarmt; das Gesetz habe ich für euch erfüllt; eure Sünden habe ich hinweggenommen; den Frieden, die Gnade und Gunst meines Vaters habe ich verkündigt; seinen guten Willen habe ich euch eröffnet; den Weg der Wahrheit angewiesen; und dass ich der wahrhaftige Messias, Fürst und verheißene Seligmacher bin, habe ich mit meinen unerhörten Zeichen und großen Wunderwerken deutlich bewiesen.
Seht, liebe Kinder, so lange habe ich mit euch gewandelt, euch mit meines Vaters Wort gelehrt, ermahnt, gestraft, getröstet und in seinem Namen bewahrt. Aber nun ist meine Stunde hier; in dieser Nacht werde ich verraten werden. Alles was die Propheten von mir gesagt haben, hat sein Ende erreicht. Nun ich euch nicht länger dienen kann mit meiner Lehre und meinem Leben, will ich euch zum Letzten dienen mit meinem bitteren Leiden, meinem Fleisch, Blut, Kreuz und Tod. Und die eigentliche Ursache, warum ich euch zu diesem Abendessen berufen habe, ist die, dass ich euch diesen Gebrauch des Brotes und des Weines anempfehlen möchte, damit ihr zuweilen nach meinem Tode zusammen kommen und euch der herrlichen Wohltaten meiner aufrichtigen Liebe, so reichlich an euch bewiesen, erinnern mögt; besonders aber daran, dass ich euch lieb gehabt, dass ich auch mein Fleisch für euch geopfert und mein Blut für euch vergossen habe. Größere Liebe hat niemand gehabt, denn der sein Leben lässt für seine Freunde. Durch meinen Tod habe ich euch eine ewige Versöhnung, Gnade, Barmherzigkeit, Gunst und Friede bei meinem Vater erwirkt, gleichwie ich euch gesagt habe, nämlich
»des Menschen Sohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zur Erlösung für viele.« (Mt 20,28)
Lieber Leser, merke auf des Herrn Wort und Einsetzung. Denn wo dieses heilige Abendmahl mit solchem Glauben, Liebe, Andacht, Frieden, Einigkeit, Herz und Gemüt gehalten wird, da ist Christus Jesus mit seiner Gnade, Geist und Verheißung und mit dem Verdienst seines Leidens,Elends, Fleisches, Blutes, Kreuzes und Todes; wie er selber spricht:
»Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.« (Mt 18,20)
Wo aber die reine Erkenntnis Christi, der wirkende Glaube, das neue Leben, die christliche Liebe, der Friede und die Einigkeit nicht sind, da ist nicht des Herrn Abendmahl, sondern es ist eine Verachtung und Verspottung des Blutes und Todes Christi, ein Trost der Unbußfertigen, eine verführerische Heuchelei und eine offenbare Gotteslästerung und Abgötterei, wie man leider bei der Welt spüren und sehen kann.
O liebliche Versammlung und christliche Hochzeit, die von dem Herrn selbst eingesetzt und anempfohlen ist, in welcher keine zeitlichen Wolllüste, weder Fleisch noch fleischliches Verlangen herrschen, sondern wo die herrlichen, heiligen Geheimnisse mit dem sichtbaren Zeichen von Brot und Wein, allen wahrhaftig in Christus Gläubigen abgebildet und von denselben darin gesucht und begehrt werden.
O liebliche Versammlung und christliche Hochzeit, in welcher keine unpassende, schändliche Spötterei und unnütze Liedlein vorkommen, sondern wo das fromme christliche Leben, der Frieden und die Einigkeit unter allen Brüdern herrschen, wo außerdem das erfreuliche Wort der göttlichen Gnade, seine herrlichen Wohltaten, Gunst, Liebe, Dienst, Tränen, Bitten, Kreuz und Tod mit lieblicher Danksagung in gottseliger Freude verkündigt und gelehrt werden.
O liebliche Versammlung und christliche Hochzeit, zu welcher die Unbußfertigen und stolzen Verächter (nach Inhalt der Schrift) nicht berufen sind, als da sind: Huren, desgleichen auch die Hurer, Buben, Ehebrecher, Frauenschänder, Räuber, Lügner, Betrüger, Tyrannen, Blutvergießer, Götzendiener, Lästerer; denn solche sind des Herrn Volk nicht. Aber die aus Gott geboren sind, die wahrhaftigen Christen, die ihre Sünde begraben und mit Christus in einem gottseligen, neuen Leben wandeln, die ihr Fleisch kreuzigen, von dem heiligen Geist getrieben werden, die Gott von Herzen glauben, ihn suchen, fürchten, lieb haben und in ihrer Schwachheit gerne ihm dienen und gehorsam sein wollen; solche sind Glieder des Leibes Christi; Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Bein (Eph 5,30).
O liebliche Versammlung und christliche Hochzeit, bei welcher das überflüssige Essen und Trinken nicht gekannt, noch die gottlose Eitelkeit von Pfeifen und Trommeln gehört wird, sondern wo die hungrigen Gewissen gesättigt werden, mit dem himmlischen Brot des göttlichen Worts und mit dem Wein des heiligen Geistes und wo die friedlichen, fröhlichen Seelen ihre Freude haben in dem Herrn.
Wacht auf, ihr, die ihr in der Finsternis sitzt und in des Todes Schatten wandelt! Wacht auf, sage ich und nehmt wahr, dass das Abendmahl, das ihr bisher gehalten habt, nicht das Abendmahl Christi, sondern des Antichristen, nicht des Herrn Tisch, sondern des Teufels Tisch ist. Denn es wird gemeinhin nur von offenbaren Verführern und Götzendienern verabreicht und von einem Volk genossen, das noch ganz mutwillig, fleischlich und an des Herrn Wort ungläubig, gegen dasselbe widerspenstig ist. Überdies erachten sie es für des Herrn wirkliches Fleisch und Blut und halten es mit einer unziemlichen, heidnischen Pracht und Pomp. O Gräuel und Abgötterei!
Lieber Leser, ich bezeuge dir die Wahrheit in Christus und lüge nicht, wenn ich sage, dass das heilige Abendmahl Christi von keinem Verführer ausgeteilt, noch von einem unbußfertigen und Widerspenstigen soll genossen werden. Es erfordert auch keine solche Kleiderpracht, wie sie der Welt Gewohnheit ist; auch kein goldenes Geschirr, noch gleißenden Schein von Beichten, Absolvieren, Neigen und Brustschlagen; sondern es soll mit einem zerbrochenen Herzen, mit wahrhafter Buße, mit einem niedrigen, demütigen Gewissen, mit einer ungeheuchelten, brennenden Liebe, mit Friede und Freude in dem heiligen Geist gehalten und genossen werden. Noch einmal, wacht auf! Und denkt über das nach, was ich schreibe. Gottes Werk besteht nicht im Nachahmen eines toten Buchstabens, noch im Klang vieler Glocken, Orgeln und im Singen; sondern es ist eine himmlische Kraft und lebendige Berührung des heiligen Geistes, der die Herzen und Gemüter der Gläubigen entzündet, durchdringt, tröstet, salbt, ermutigt, erweckt und in Gott freudig und friedlich macht. Denn das ist die eigentliche Art, Natur und Kraft von des Herrn Wort, so es recht gepredigt wird und die seiner heiligen Sakramente, so sie recht gebraucht werden.
Darum ist es wohl Zeit, dass man auf des Herrn Wort merke. Denn alle, die irdisch und fleischlich gesinnt und nicht aus Gott und Gottes Wort geborensind, sondern dem Herrn und seinem Wort entgegen streben, die sind nicht in des Herrn Gemeinschaft, können auch darum nicht Körnlein in seinem Brot und Gäste bei seinem Tisch sein.
»Denn fleischlich gesinnt sein, spricht Paulus, ist der Tod.« (Röm 8,6)
Die nicht von oben herab wiedergeboren werden, spricht Christus, werden Gottes Reich nicht sehen (Joh 3,3).
»Ungehorsam, sagt Samuel, ist ein Laster der Abgötterei.« (1Sam 15,23)
Der seinen Nächsten nicht lieb hat, spricht Johannes, der bleibt im Tod (1Joh 3,14). Wiederum, wer der Liebe nicht hat, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe. In kürze, ohne die Liebe ist alles Predigen, aller Glaube, alles Taufen, samt des Herrn Abendmahl, Prophezeiung und Leiden vergeblich.
Darum ermahnen wir alle diejenigen, die dieses Abendmahl zu halten begehren, dass sie doch recht erkennen lernen, was das wahre Abendmahl sei, was es bedeute, wie und wozu man es hat und wer daran Teil nehmen soll. Sich selbst also, nach der Lehre Pauli, wohl untersuchen, ehe sie von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken, auf dass sie sich mit dem auswendigen Zeichen nicht trösten und an dem wahrhaftigen Wesen, das damit bezeichnet wird, fehlen; denn alle, die Christus und seine Gerechtigkeit nicht recht erkennen, Christus und seinem Worte nicht glauben, in Christus und Christi Worten nicht wandeln, sondern wandeln nach der Superstition, Lehre und den Geboten der Menschen, sich aber gleichwohl zu des Herrn Tisch setzen, dieselben essen und trinken sich selbst das Urteil.
Alle die des Herrn Wort durch den Glauben angenommen und für recht erkannt haben und dasselbe nun wiederum übertreten und nicht in der erkannten Wahrheit bleiben, abermals auf den breiten Weg der Welt und zu der Liebe der Welt zurückkehren, Christus und sein Wort verleugnen, sich auf der Gelehrten verführerische Lehren, Erläuterung und Versprechen verlassen, solche haben keinen Teil an des Herrn Tisch; denn sie haben keinen Gott. Wie Johannes schreibt:
»Wer übertritt, und bleibt nicht in der Lehre Christi, der hat keinen Gott.« (2Joh 9)
Alle, die da wandeln in ihres Herzens Hochmut und ihren Nächsten in seiner Armut, Elend oder Krankheit verachten und nicht wissen, dass sie selbst ein armes, sterbliches Fleisch, Adams Samen und Speise der Würmer und eine verfallende Blume, ja, Erde und Asche sind, wären sie gleich Kaiser, König, Reiche, Gelehrte und setzen sich mit einem solchen stolzen Herzen zu des Herrn Tisch, die essen und trinken sich selbst das Urteil.
Alle die sich des Herrn Geist, Namen, Bund, Wort, Erkenntnis, Verdienst, Gnade, Blut und Tod rühmen, gleichwohl seinen heiligen Rat, Lehre, Gebot, Ordnung und unsträfliches Vorbild verleugnen, den heiligen Geist verwerfen und betrüben, ihre Nächsten hassen, verleumden und belügen und setzen sich so zu des Herrn Tisch, die essen und trinken sich selbst das Urteil.
Alle welche Haus und Gut, Freunde, Kinder, Weltgunst, Gemach des Fleisches, Ehre und das zeitliche Leben lieber haben als Christus und sein Wort und gleichwohl zu des Herrn Tisch gehen, die essen und trinken sich selbst das Urteil, denn Christus spricht:
»Wer etwas lieber hat denn mich, der ist meiner nicht wert, und kann auch mein Jünger nicht sein.« (Mt 10,37; Lk 14,26)
Und dies ist die Haupterfordernis, dass alle diejenigen, die sich mit den Jüngern und Gästen Christi zu des Herrn Tisch setzen wollen, gleichviel ob sie hohen oder niederen Standes, reich oder arm sind, rechtschaffen im Glauben und unsträflich im Wandel und Leben sein müssen. Weder Kaiser noch König, weder Fürst noch Graf, weder Ritter noch Edelmann ist davon ausgenommen. Ja, solange sie in der Lehre und dem Glauben irren und in ihrem Wandel fleischlich und sträflich sind, dürfen sie unter keiner Bedingung mit den Gottesfürchtigen und Bußfertigen in die Gemeinschaft des heiligen Abendmahls zugelassen werden; denn sie sind nicht in Christus und müssen darum draußen bleiben, bis sie sich von Herzen zu Christus bekehren, aufrichtige Buße tun, auf des Herrn Wegen wandelnund folglich eins in dem Geist und Glauben mit Christus und seiner Gemeinde werden. Denn das Abendmahl ist eine Gemeinschaft des Fleisches und Blutes Christi, welches nicht den Gottlosen und Verstockten, sondern den aufrichtigen, gläubigen Christen und Bußfertigen zu einem Schatz der Versöhnung geschenkt ist, gleichwie erörtert worden.
So aber jemand vor den Menschen scheinbar einen guten Wandel führt, ist aber inwendig hoffärtig, geizig, fleischlich und ohne Gottes Geist, so richtet über ihn nicht die Gemeinde, sondern der Herr selber, der ein Forscher und Prüfer der Herzen und Nieren ist, wie die Schrift meldet. Darum ermahnen wir hiermit alle diejenigen, die sich an des Herrn Tisch setzen wollen, dass sie sich selber wohl prüfen, ehe sie an diesem Mahl teilnehmen; denn alle, die unwürdig von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken, die essen und trinken sich selbst das Urteil und Gericht (1Kor 11,29).
Seht, liebe Herren, Freunde und Brüder, so erinnert uns das Brot des heiligen Abendmahls: Erstens an das Fleisch Christi, das er für uns geopfert und der Kelch an das Blut Christi, das er zur Vergebung unserer Sünden in seiner großen Liebe für uns vergossen hat. Zum anderen ermahnt er uns zur Einigkeit, Liebe und zum Frieden, welche nach dem Geist, der Lehre und dem Vorbild Christi bei allen aufrichtigen Christen vorhanden sein müssen, denn Paulus spricht:
»So sind wir viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.« (1Kor 10,17)
Zum Dritten ermahnt es uns zu der aufrichtigen Wiedergeburt, die aus Gott ist, zu aller Gerechtigkeit, Danksagung, Friede und Fröhlichkeit in dem heiligen Geist und zu einem frommen, unsträflichen Leben. Denn es ist eine Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi, dessen doch niemand teilhaftig ist, noch teilhaftig werden kann, es sei denn, dass er nach Inhalt von Gottes Wort, als ein demütiger, friedseliger, gottesfürchtiger, der Sünde abgestorbener Christ aus Gott geboren werde, dass er in Christus sei und Christus in ihm, Fleisch von Christi Fleisch und Bein von Christi Gebein; denn das heißt recht des Herrn Fleisch und Blut teilhaftig sein, wie Paulus spricht:
»Wir sind Christo teilhaftig worden, so wir anders das angefangene Wesen bis ans Ende fest behalten.« (Hebr 3,14)
Siehe, lieber Leser, hier hast du nun die rechte Anweisung von des Herrn heiligem Abendmahl mit seiner Bedeutung, Frucht, Kraft, Natur, seinen Teilnehmern oder Gästen, wie uns das des Herrn Mund befohlen und wie die heiligen Apostel nachgelassen und gelehrt haben und mit welcherlei Erkenntnis, Glauben, Liebe, Einigkeit, Friede, Frömmigkeit, Gebrauch und Ordnung es in der Gemeinde Gottes gehalten werden sollte.
Damit vergleicht nun das Abendmahl, wie es von der Welt gehalten wird und ihr werdet bald erkennen lernen, was für ein Gräuel der Antichrist daraus gemacht und welch eine Zauberei er damit getrieben hat und wie wir elenden Sünder mit all unseren Voreltern viele hundert Jahre mit dem abgöttischen Israel der kupfernen Schlange Weihrauch geopfert und um das goldene Kalb getanzt haben. O mein getreuer Leser! Fürchte Gott von ganzem Herzen, erforsche die Schrift und glaube der Wahrheit.
Die ganze Schrift lehrt, dass wir kein anderes Opfer für die Sünde haben, denn des Herrn Fleisch und Blut, wie zuvor gesagt ist. Weil aber die Widerpartei Christi die Lehrkanzel so viele Jahre besessen hat, so hat dieselbe, nach Ausweis der Schrift, die Gesetze des Allerhöchsten verändert und anstatt derselben ihre verderbenden Gräuel eingeführt; sie hat auch dieses Abendmahl mit ihren Konzilien, mit Gewalt und falscher Lehre so zunichte gemacht, dass es leider nichts als den Schein und blitzen Namen behalten hat und dieses tat sie, um das wahre und ewige Opfer Christi zu vernichten und zu verderben, welches allein vor Gott gilt und um es in ein tägliches Opfer für die Sünde zu verwandeln, wie man solches in den Kanons ihrer Messen deutlich lesen kann, welches ohne Zweifel ein Gräuel über alle Gräuel ist; denn damit wird Christus Jesus mit seinem vollgültigen, ewigen Opfer im Grunde verleugnet und unwirksam gemacht als der Versöhner und Vermittler des neuen Testaments. Er wird von dem Stuhle seiner Majestät gestoßen und wird mit allen seinen Verdiensten, seinem Kreuz Blutund Tod verachtet; ja, alle Vorbilder und Schatten Mose, alle Prophezeiungen der Propheten, die Verheißungen der Engel und das ganze neue Testament, welche alle in Übereinstimmung miteinander auf das einzige und ewige Opfer Christi hindeuten, werden dadurch verleugnet und an ihre Statt setzt man einen unreinen, blinden, verführerischen und fleischlichen Götzendiener, mit einem Stücke Brotes. Lieber Leser, verkehre dies Wort nicht, denn es ist die Wahrheit was ich schreibe.
Mit dieser gottlosen Verführung ist es so weit gekommen, dass sie sich alle Gewalt im Himmel, auf Erden und in der Hölle angemaßt haben, darum brechen sie dieses Brot in drei Stücke. Mit dem ersten Teil versöhnen sie Gott; mit dem anderen bitten sie für die Welt; mit dem dritten für die Seelen, die im Fegefeuer sind, wie sie vorgeben.
Mittels dieser verfluchten Schande sind sie in so hohe Ehren gelangt, dass sie über alle Gewaltigen auf Erden gestiegen sind und dieselben zu ihren Knechten gemacht haben. Durch diesen ihren heuchlerischen Gottesdienst und zauberische Abgötterei haben sie Geld, Gut, Gold, Silber, Land, Habe, Zins, Klöster, Städte, Fürstentümer und Reiche dieser Welt zusammengescharrt; denn ein jeder liebte diesen herrlichen Gottesdienst, als ein heiliges, göttliches Werk, ehrte und fürchtete ihre hochmütig prangenden Namen, als die der Gesandten Gottes.
Mit dieser sehr schlauen und listigen Zauberei, hat der römische Antichrist solches Ansehen und Gewalt erlangt, dass auch die kaiserliche Majestät, die allerhöchste Hoheit auf Erden, den Gott selbst zu fürchten und zu ehren geboten hat, sich demütigen und seine Füße küssen muss; ja, was noch mehr ist, Friedericus Barbarossa, ein tapferer und tatenreicher Kaiser, konnte mit dem Papst Alexander, dem dritten dieses Namens, nicht versöhnt werden, ehe der Letztere den hochberühmten Helden vor der Kirche in Venedig mit Füßen getreten hatte.
Seht, so hat der Antichrist mit diesem seinem Opfer die ganze Welt bezaubert. Der barmherzige Vater sei ewig gelobt, der uns elende Kinder durch seine väterliche Gnade von diesem bezauberten Opfer befreit hat und uns das einzige und ewige Opfer seines Sohnes Jesu Christi erkennen lassen hat, welcher nach Melchisedeks Ordnung zu einem hohen und ewigen Priester über das Haus Gottes gesetzt ist, der in den Tagen seines Fleisches Gebete und Fürbitten mit lautem Rufen und Tränen opferte ihm, der vom Tode erretten konnte, und wurde erhört, weil er Gott in Ehren hielt. Dieser, sage ich, hat geopfert ein angenehmes Opfer, ein Opfer des süßen Geruchs, das ewig in Würden bleibt, womit er des Vaters Zorn gestillt, das menschliche Geschlecht versöhnt, den Himmel geöffnet, die Hölle verschlossen und Frieden gemacht hat im Himmel und auf Erden; und sitzt nun fortan zu seines Vaters Rechten, bis zur Zeit, dass er seine Feinde wird legen zum Schemel seiner Füße (Ps 110,1). Ja, mit diesem seinem Opfer hat er vollkommen gemacht in Ewigkeit diejenigen, die geheiligt werden; dem kann weder Kaiser noch König, weder Doktor noch Meister, weder Engel noch Teufel widersprechen. Das Wort steht fest und unbeweglich. Er hat mit einem Opfer, ich sage mit einem Opfer, vollkommen gemacht in Ewigkeit diejenigen, die geheiligt werden.
Ach, meine lieben Leser! Ich meine alle die, welche noch außerhalb Christi Geist und Wort sind, merkt noch was euch des Herrn Wort lehrt und erkennt die rechte Lehre Christi, die rechten Sakramente, die rechten Lehrer, die rechte Gemeinde und das rechte christliche Leben, welches aus Gott ist, auf dass ihr doch einmal möchtet wahrnehmen lernen, was für Hirten euch weiden, was für Taufe und Abendmahl ihr empfangen habt, mit welchem Opfer ihr versöhnt werdet, was für ein Leben ihr geführt habt und welches Leibes Glieder ihr seid.
Wie lange, spricht Salomo, wollt ihr Albernen albern sein? Und die Spötter Lust zur Spötterei haben? Wie lange wollet ihr unter der schweren Last eurer Sünden gefangen bleiben? Wie lange wollt ihr in der Gemeinschaft des Teufels bleiben und euch mit dem Strick des Unglaubens in den Abgrund der Hölle schleppen lassen? Wacht doch auf und erlöst eure armen Seelen! Tretet aus ihrer Mitte und verlasst die falsche Lehre! Meidet allen bösen Schein! Glaubt Christus Jesus; nehmt an ein bußfertiges, unsträfliches Leben; folgt Christus mit getreuem Herzen nach; geht in das Haus und den Bund seines ewigen Friedens, in die Gemeinschaft seines Fleisches und Blutes. Nehmt auf euch sein sanftes Joch und leichte Last, so werdet ihr Ruhe für eure Seelen finden und euch in Wahrheit rühmen, dass ihr Christen seid; dass ihr durch die Gnade Gottes und durch das Verdienst Christi Vergebung eurer Sünden erlangt habt und Erbgenossen des ewigen Reiches seid. Gott gönne und gebe euch allen seine Gnade und Barmherzigkeit, Amen.
Zum anderen haben sie das Brot des heiligen Abendmahls zu des Herrn wesentlichem Fleisch und den Wein zu seinem wesentlichen Blut gemacht, indem sie die Worte Christi buchstäblich auffassen: »Nehmt, esst, dies ist mein Leib …« und haben nicht bemerkt, dass Christus (Joh 6) uns vollständig unterrichtet, wie wir sein Fleisch essen und sein Blut trinken sollen und dabei selbst sagt, dass es nichts nützen würde, wirklich sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken; dies könnte auch nicht geschehen, denn er würde wieder hinfahren wo er zuvor gewesen ist; darum darf man das Essen seines Fleisches und das Trinken seines Blutes nicht dem Buchstaben, sondern dem Geist nach verstehen, wie er selber sagt:
»Die Worte die ich zu euch rede, sind Geist und Leben.« (Joh 6,63)
Alle, die dies so aus der Schrift erkennen, werden von vielen verfluchte Ketzer und Sakramentschänder gescholten und müssen dafür durch Wasser, Feuer und Schwert büßen.
O lieber Herr! Ist das nicht ein gottloser Irrtum und große Blindheit, zu lehren und zu glauben, dass ein Stück Brot und ein Trunk Wein in das wahrhaftige, wesentliche Fleisch und Blut des Sohnes Gottes sollte verändert werden, womit wir von der Hölle, dem Teufel, der Sünde und vom Tode befreit und Kinder der Gnaden geworden sind? O gräuliche Ketzerei!
O ihr armen, elenden, blinden Menschen! Glaubt doch Christi Wort, da er spricht, dass es nichts nützt, sein sichtbares und wirkliches Fleisch zu essen, dass aber seine Worte Geist und Leben sind und glaubt, dass er aufgefahren ist und sitzt zur rechten Hand seines Vaters, darum kann er von niemand gegessen, in keines Leib verschlossen, von keinem Alter, Feuer und von keinen Würmern verzehrt werden, wie es offenbar bei diesem sichtbaren Brot und Wein der Fall ist.
Wo aber des Herrn Gemeinde, die lieben Jünger Christi, in einem wahrhaftigen Glauben, Gehorsam, wahrhafter Liebe und im Namen Christi versammelt sind um das heilige Abendmahl zu halten, da isst und trinkt der auswendige, vergängliche Mensch, vergängliches Brot und Wein und der inwendige, unvergängliche, geistige Mensch das unvergängliche Fleisch und Blut Christi (verstehe geistlich), das man weder essen noch verzehren kann, wie gesagt ist, denn gleiches muss von gleichem benutzt werden, das ist unwidersprechbar. Der sichtbare Mensch wird erneuert mit der sichtbaren Speise und der unsichtbare Mensch mit der unsichtbaren Speise, wie wir aus des Herrn Wort deutlich entnehmen können.
Alle diejenigen denn, die in Christus sind und mit gläubigen, bußfertigen Herzen auf das reine Opfer des Fleisches und Blutes Christi vertrauen und erkennen, dass dies allein die einzige Abwaschung ihrer Sünden und ihre Versöhnung ist, sowie das einzige und ewige Mittel der Gnade, die essen das wahre Fleisch Christi und trinken Christi wahres Blut, nicht mit dem Munde, sondern mit dem Glauben, in dem Geist, wie gesagt ist.
Aus diesen Worten kann nun der Leser leicht verstehen, dass das Brot kein Fleisch und der Wein kein Blut sein kann; denn wenn es Fleisch und Blut wäre, wie die Abgöttischen lehren und dem armen Volk glauben machen, so müsste von zwei Umständen der eine eintreten, entweder das verderbliche, irdische Geschöpf, also Brot und Wein, müsste in den unverderblichen und himmlischen Sohn Gottes verändert werden, oder der Sohn Gottes müsste Brot und Wein werden. Diesem kann man nicht Widerstreiten.
O lieber Herr! Sie sind unvernünftiger als jemals die Heiden waren oder sind; zwar haben diese die Sonne, den Mond und die Sterne angebetet und verehrt, welche auf die irdischen Dinge Einfluss ausüben. Sie verehrten den Ochsen, Drachen, die Schlangen, das Feuer und andere Geschöpfe und Elemente, von welchen einige zumindest einen lebendigen Atem in sich hatten. Auch verehrten sie Götzenbilder von Holz, Stein, Gold oder Silber, welche durch mechanische Geschicklichkeit nach Gleichnissen der Menschen, künstlich gegossen, geschnitten und geziert waren. Aber die, welche sich nach des Herrn Namen nennen lassen, dienen einem Stücke Brot und einem Mund voll Wein und verehren und beten dieselben an, als das wirkliche Fleisch und Blut Christi, der zu unser aller Seligkeit vom Himmel gekommen, Mensch geworden und am Stamm des Kreuzes für die Sünde geopfert ist. O Gräuel und Schande unerträglicher Art! Dass der Preis Gottes, die Herrlichkeit Jesu Christi, in einen solchen schwachen Abgott verwandelt worden ist, der weder reden, hören noch sehen, weder gehen noch stehen kann, den die Würmer fressen und das Alter verzehrt, der von Menschenhänden muss aufgeschlossen, bewahrt, geholfen und getragen werden, gleichwie die Götter zu Babylon, von welchen Baruch schreibt (Bar 6,3).
Ach, mein getreuer Leser! Lerne doch Christus Jesus recht erkennen. Er will dem fabelhaften Proteus nicht gleich sein, so dass er jetzt der ewige, allmächtige Sohn des ewigen und allmächtigen Gottes und dann wieder ein vergängliches Geschöpf, Brot und Wein, sein sollte. Ach nein, was er ist, das bleibt er und wird es auch bleiben in Ewigkeit. Er kann und darf auch in keine Kirche oder Kammer, in kein Haus oder goldenes oder silbernes Geschirr geschlossen werden; denn nach seinem ewigen, göttlichen Wesen ist der Himmel sein Stuhl und der Erdboden der Schemel seiner Füße und nach seiner heiligen Menschheit ist er aufgefahren gen Himmel und sitzt zur Rechten seines Vaters. Er ist die ewige und allmächtige Kraft, Klarheit, Wort, Wahrheit, Weisheit und das Ebenbild Gottes; er hat alle Gewalt und Macht oben im Himmel und unten auf der Erde; es ist alles unter seine Füße gelegt; vor seinem Namen müssen sich alle Knie beugen und ihn müssen alle Zungen bekennen, dass er der Herr ist, zur Ehre und zum Preis seines Vaters; auch wird er im Fleische nicht wieder erscheinen, sondern er wird in den Wolken des Himmels kommen zu richten die Schafe und die Böcke.
Darum sage ich noch einmal, dass er weder gegessen noch von dem Leibe des Menschen aufgenommen werden kann. Das selbige hat auch Augustinus wohl erkannt, da er spricht: Warum bereitest du Zähne und Bauch? Glaube nur und du hast schon gegessen.
Wir wissen wohl, lieber Leser, dass Augustinus dies nicht von dem natürlichen Essen des heiligen Abendmahls, sondern von dem geistigen Essen, das durch den Glauben geschieht, geschrieben hat; und in dieser Auffassung haben wir es angeführt, damit der gottesfürchtige Leser zwischen dem auswendigen und inwendigen Essen einen Unterschied sehe und nicht das eine für das andere halten möchte; denn der auswendige Gebrauch des Zeichens ist nichts als ein falscher Schein und Heuchelwerk, wenn das, was es unsichtbar darstellt, nicht damit verbunden ist. Dass dieses bei der Kindertaufe und der Welt Abendmahl der Fall ist, kann man leicht auch ohne Schrift beweisen; wo das Geheimnis aber in dem Zeichen liegt, warum es verordnet wurde, da findet man Christi Taufe und Christi Abendmahl wie die Schrift lehrt.
Solches aber ist der Welt verborgen. Zwar anerkennen sie, dass die Schrift ein Abendmahl lehrt, aber was es in der Wirklichkeit ist, was es darstellt und was es in den Teilnehmern erfordert, ist ihnen unbekannt. So gänzlich hat sie die babylonische Hure in dieser Sache verführt und bezaubert.
Das heilige Abendmahl, das von Christus und den Aposteln gelehrt ist, straft alle Abgötterei und fremden Mittel der Versöhnung; allen Hass, Unfrieden und Ungerechtigkeit; denn es weist allein auf das einzige Opfer Christi, welches durch sein Fleisch und Blut ein für alle Male gebracht wurde, wie zuvor erzählt; es stellt den christlichen Frieden, die Einigkeit und brüderliche Liebe dar und das fromme, unsträfliche Leben, wie schon erwähnt. Darum wollen sie es nicht, sondern haben des Herrn Wort und Ordnung verlassen und haben sich von dem Schöpfer zu dem Geschöpf und von dem wahrhaftigen Wesen zu den vergänglichen Zeichen gekehrt; ja, die lästerliche Schande der gottlosen Messe nennen sie des Herrn Opfer und das Brot und den Wein sein wirkliches Fleisch und Blut; denn das ist aller Gottlosen Gebrauch und Weise, weil sie den wahrhaftigen Gott des Himmels und der Erde nicht erkennen, seinem heiligen würdigen Wort nicht glauben, den rechten Gottesdienst hassen und demselben feind sind, dass sie ein sichtbares und greifbares Geschöpf an Gottes statt setzen und einen selbsterwählten Gottesdienst einführen. So tat Israel mit dem goldenen Kalb, mit Baal und Moloch; Antiochus mit seinem Maosim, die Babylonier mit ihrem Bell; Ägypten mit Isis, etc. Aus dieser Quelle entsprang die abscheuliche Abgötterei, welche mit diesem Gräuel getrieben wird, in Gestalt von Umhertragen des Brotes, Erheben und Anbeten desselben, Weihrauch opfern und des Bestrebens, demselben bei jeder Gelegenheit göttliche Ehre zu erweisen; welches zu bewähren kein Titel, weder dem Buchstaben nach noch mittels Schlussfolgerung, in der ganzen Schrift aufgewiesen werden kann. Ja, es ist von dem größten Teil leider so hoch gehalten, dass sie sagen: dieses ist derjenige, der uns am Kreuz versöhnt hat. Gleichwie Israel zu dem Kalb sprach:
»Das sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägyptenland geführt haben!« (2Mo 32,4)
Außerdem wird auch der Gebrauch des Kelchs bei den Römischen dem gemeinen Volk entzogen. Wäre es nun des Herrn Abendmahl, was sie vorgeben, so müsste es nach des Herrn Ordnung, unter beiderlei Gestalt, verabreicht werden. Aber nun beweist der Gebrauch, dass es nicht das Abendmahl Christi, sondern eine arge Verführung des Antichristen ist.
Darum so werdet klug und nüchtern, die ihr euch nach des Herrn Namen nennen lasst. Speit aus den getrunkenen Wein der babylonischen Hurerei. Ihr habt lange genug um das goldene Kalb getanzt und demselben Weihrauch geopfert; gebt dem Allmächtigen gebührendermaßen Preis und Ehre, auf dass euch nicht geschehe wie dem ungläubigen, ungehorsamen und abgöttischen Israel geschehen ist. Denn obwohl Gott der Herr sie so gnädig aus der Gewalt und Tyrannei Pharaos erlöst hatte, mussten sie dennoch um ihrer Untreue und Widerspenstigkeit halber auch ihre Strafe tragen und in der Wüste verderben und umkommen. So ist es auch vergebens, dass wir aus des Teufels Herrschaft und Gewalt mit des Herrn Blut erkauft sind, so wir keine Buße tun, bei der Abgötterei bleiben, an Christus Jesus nicht glauben und seinem Wort in unserer Schwachheit nicht folgen und demselben gehorsam sind.
Zum Dritten lehren sie, dass dieses Brot zur Vergebung der Sünden ausgeteilt werde. Mein getreuer Leser, merke was ich schreibe. Wo Christus Jesus mit seinem Wort und Geist nicht erkannt wird, da ist nichts denn Unglauben, Abgötterei, Blindheit, Irrtum und ein ungewisses, wankelmütiges Gewissen, wie zu sehen ist.
Sie suchen alle miteinander Mittel gegen ihre Sünden, aber das rechte, wahrhaftige Mittel, welches Christus ist, erkennen sie nicht und haben darum so viele Mittel erdacht, dass man sie weder beschreiben noch aufreihen kann, als da sind: Der Römische Ablass, Weihwasser, Fasten, Beichten, Messen, Wallfahrten, Kindertaufe, Brot und Wein, etc.
Ich weiß nicht, wem man dieses Geschlecht vergleichen soll, als denn einem kranken und verwundeten Mann, der sich einem unerfahrenen Arzt anvertraut, der keine angemessene Medizin geben und keine heilenden Pflaster auflegen kann; der Kranke gibt sein Geld umsonst aus; er leidet Pein und Schmerzen und sein Zustand verschlimmert sich anstatt besser zu werden. Ein geschickter und wohlerfahrener Arzt wird ihm gezeigt, der nicht um Geld und Gaben, sondern aus Barmherzigkeit und Liebe ihn in seinem eigenen Haus besuchen, seine Wunden verbinden und ihn genesen machen wolle; er aber will einen solchen guten und willigen Arzt nicht annehmen. Wer könnte einen solchen Menschen beklagen, da er lieber verderben als genesen will?
So ist es auch mit diesem unartigen Geschlecht. Sie fühlen und empfinden wohl bisweilen zufällig, dass sie unwohl sind, aber sie suchen Arznei, Hilfe und Rat bei denen, die mit ihrer vergifteten Arznei sie nur noch kränker machen und werden deshalb von ihren Schäden nicht geheilt. Den wohlerfahrenen, himmlischen Chirurg und Arzt Christus Jesus, von allen Patriarchen, Propheten, Aposteln, Engeln und von dem Vater selbst bezeichnet, wollen sie nicht, trotzdem er gerne zu allen denen kommen wollte, die so tödlich verwundet sind; er bietet seinen Dienst ohne Geld und Gaben an; er hat eine wohlriechende, gesundmachende Salbe, die sich vorzüglich zum Heilen unserer Wunden eignet, nämlich sein kräftiges Wort, zur Unterweisung und sein rotes Blut zur Versöhnung, wie schon bemerkt worden ist. Aber sie wollen ihn nicht, sie kehren sich von ihm ab mit Händen und Füßen, mit falscher Lehre, mit Schelten, Lügen, Verraten, Aufruhr, Verfolgen und Morden, wie schon genügend beleuchtet. O lieber Herr! Welchen Rat gibt es für dieses ungehorsame, verkehrte und blinde Geschlecht?
Ach mein werter Leser, die Wahrheit bezeugen wir dir in Christus; nimm wahr, glaube, tue, hoffe und suche, wo und was du willst, so sind wir doch dessen gewiss, dass du in Ewigkeit kein anderes Mittel für deine Sünden aus Gottes Wort finden wirst, welches vor Gott bestehen kann, als nur das, welches wir dir gezeigt haben, Christus Jesus, oder die ganze Schrift muss unrichtig sein.
So spricht Jesaja:
»Ich, ich tilge deine Übertretung um meinetwillen, und gedenke deiner Sünden nicht.« (Jes 43,25)
»Der Herr warf unser aller Sünde auf ihn.« (Jes 53,6)
Der Engel sprach zu Joseph:
»Du sollst seinen Namen Jesus heissen, denn er soll sein Volk selig machen von ihren Sünden.« (Mt 1,21)
»Das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.« (Mt 26,28)
»Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.« (Joh 1,29)
»Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.« (2Kor 5,21)
»Welcher unsere Sünden selbst geopfert hat an seinem Leibe auf dem Holz.« (1Pt 2,24)
»Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.« (1Joh 1,7)
»Er hat uns lieb gehabt, und gewaschen von unsern Sünden, in seinem Blut.« (Offb 1,5)
Meine guten Leser, seht euch vor und betrügt euch selber nicht, denn gäbe es ein einziges anderes Mittel gegen die Sünde, als das erwähnte, so könnten wir mit Recht sagen, dass uns diese und dergleichen Schriftstellen unrichtig belehrt haben und hätte auch alsdann der heilige Paulus nicht wenig geirrt, wenn er spricht:
»Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selber gegeben hat für alle, zur Erlösung.« (1Tim 2,5–6)
Alle diejenigen, die nun andere Mittel suchen gegen ihre Sünden, wie herrlich und heilig sie auch scheinen, als dieses von Gott geschenkte Mittel allein, die verleugnen des Herrn Tod, den er für uns gestorben ist und sein unschuldiges Blut, das er für uns vergossen hat und sind diejenigen, über welche der Herr klagt durch den Propheten Jeremia und spricht:
»Mein Volk tut eine zweifache Sünde: mich, die lebendige Quelle, verlassen sie; und machen ihnen hie und da ausgehauene Brunnen, die doch löchrig sind und kein Wasser geben!« (Jer 2,13)
Und alle falsche Lehre geht darauf hinaus, den wahrhaftigen Gnadenstuhl, Christus Jesus, zu verleugnen, der allein unsere Gerechtigkeit ist, die vor Gott gilt und fremde Baals zu errichten, um an Christi statt angebetet und verehrt zu werden, wie vorhin bemerkt.
Seht, liebe Herren, Freunde und Brüder, hier habt ihr die heilsame Wahrheit und den eigentlichen Grund von des Herrn Abendmahl auf das Kürzeste aufgezeichnet nebst einer Andeutung, was es sei, welchen es verordnet und was es uns mit seinen Mysterien und Bedeutungen lehrt und darstellt.
Auch habt ihr hier zum Teil das Abendmahl des Antichristen bezeichnet gefunden, mit den schrecklichen Gräueln, wodurch er des Herrn Mahl vernichtet, sein eigenes Reich befestigt und in Gottes Stuhl und Statt gestiegen ist und dadurch leider manche hunderttausend Seelen betrogen hat und noch täglich betrügt. Darum werden auch viele fromme Herzen, die sich von der lästerlichen Abgötterei abwenden, durch der Gelehrten verleumderisches Schelten und Verrufen, in einigen Städten jämmerlich ermordet und umgebracht.
Setzt nun diese zwei nebeneinander und erwägt sie recht mit des Herrn Geist, Wort und Ordnung und ihrwerdet finden (so ihr nur glaubt, dass Gottes Wort die Wahrheit sei), zu welchem schrecklichen Abgott und Gräuel es gekommen ist und dass wir euch hier den festen Grund der Wahrheit mit klaren Worten aus des Herrn Wort, nach unserer kleinen Gabe angezeigt und erklärt haben.
Dankt dem Allerhöchsten, alle die ihr den Herrn fürchtet, dass er seine übermäßig große Liebe und Gnade in dieser schrecklichen Zeit allen Unglaubens an uns elenden Sündern so bewiesen hat, dass er das helle, klare Licht seines heiligen Evangeliums und die wahrhaftige Erkenntnis seines Sohnes Jesus Christus aus der Finsternis hat hervorleuchten lassen, welche so viele hundert Jahre in diesem dunklen Ägypten von den dicken Wolken der antichristlichen Gräuel verhüllt gewesen sind (2Kor 4,6). Darum so lasst uns fleißig darüber wachen und treu darin wandeln, auf dass wir nicht wiederum in eine tödliche Finsternis versetzt werden, wie der Prophet sagt (Jes 13,16).
Ach, mein lieber Leser, lerne Christus Jesus recht erkennen, der dieses heilige Abendmahl und Brotbrechen allen seinen Jüngern und Christen so verordnet hat. Glaubt den herrlichen und unaussprechlichen Wohltaten seiner Gnade. Fürchtet, liebt, ehrt, dient und folgt ihm; wandelt in gottseliger Einigkeit, Liebe und Frieden mit euren Nächsten, gleichwie auch dieses Abendmahl mit seiner bildlichen Darstellung erfordert und anweist; sterbt eurem boshaften Fleisch ab; kreuzigt seine unreinen Lüste; schickt euch in allen euren Wegen nach des Herrn Geist, Wort und Vorbild, so wird euer Abendmahl zu des Herrn Preis und zu eurer Seelen ewigem Leben gereichen.