Die Schleitheimer Artikel 1527
Brüderliche
Vereinigung etlicher Kinder Gottes, sieben Artikel betreffend
Freude,
Friede und Barmherzigkeit von unserm Vater durch die Gemeinschaft des
Blutes Jesu Christi, mitsamt den Gaben des Geistes, der vom Vater
gesendet wird, allen Gläubigen zur Stärkung, zum Trost und
zur Beständigkeit in aller Trübsal bis ans Ende. Amen.
Das wünschen wir allen Liebhabern Gottes und Kindern des
Lichtes, welche zerstreut sind allenthalben, wohin sie von Gott
unserem Vater verordnet und wo sie einmütiglich in einem Gott
und Vater unser aller versammelt sind. Gnade und Friede im Herzen sei
mit Euch allen. Amen.
Liebe Brüder und Schwestern in
dem Herrn!
Uns liegt zuerst und vor allem daran, Euch zu
trösten und Euer Gewissen, das eine Weile verwirrt war, zu
stärken, damit Ihr nicht für immer als Heiden von uns
abgesondert und mit Recht fast ganz ausgeschlossen werdet, sondern
Euch wieder den wahren, eingepflanzten Gliedern Christi, die mit
Geduld und Erkenntnis Christi ausgerüstet werden, zuwendet und
so wieder mit uns vereinigt werdet in der Kraft eines göttlichen,
christlichen Geistes und Eifers zu Gott.
Es ist offenkundig,
mit welcher Tausendlistigkeit der Teufel uns hintergangen hat, damit
er bei ihnen das Werk Gottes, das unter uns eine Zeitlang barmherzig
und gnädig begonnen worden ist, zerstöre und zu Grunde
richte. Aber der treue Hirte unserer Seele, Christus, der solches in
uns angefangen hat, der wird es bis ans Ende führen und lehren
zu seiner Ehre und unserm Heil. Amen.
Liebe Brüder und
Schwestern! Wir, die wir zu Schleitheim am Randen im Herrn versammelt
gewesen sind, tun allen Liebhabern Gottes kund, dass wir in den
Stücken und Artikeln übereingekommen sind, die wir im Herrn
halten sollen, wenn wir gehorsame Kinder, Söhne und Töchter
Gottes sein wollen, die abgesondert von der Welt in allem Tun und
Lassen sind und sein wollen. Gott allein sei Preis und Lob, dass es
ohne den Widerspruch irgendeines Bruders und in voller Zufriedenheit
geschehen ist. In dem allem haben wir gespürt, dass die
Einigkeit des Vaters und des uns alle verbindenden Christus samt
ihrem Geist mit uns gewesen ist. Denn der Herr ist der Herr des
Friedens und nicht des Zankes, wie Paulus sagt. Damit Ihr aber
versteht, in welchen Punkten das geschehen ist, sollt Ihr aufmerken
und verstehen.
Es ist von einigen falschen Brüdern unter
uns ein sehr großes Ärgernis erregt worden. Es haben sich
einige vom Glauben abgewandt, indem sie meinten, sie übten und
gebrauchten die Freiheit des Geistes und Christi. Aber sie haben die
Wahrheit verfehlt und haben sich (sich selbst zum Gericht) der
Geilheit und Freiheit des Fleisches ergeben und haben gedacht, der
Glaube und die Liebe könnten alles tun und dulden und nichts
könne ihnen schaden oder verwerflich sein, weil sie doch gläubig
seien.
Merkt auf, ihr Glieder Gottes in Jesus Christus: Der
Glaube an den himmlischen Vater durch Jesus Christus ist nicht so
gestaltet, wirkt und handelt nicht solche Dinge, wie diese falschen
Brüder und Schwester sie tun und lehren. Hütet Euch und
seid gewarnt vor solchen! Denn sie dienen nicht unserm Vater, sondern
ihrem Vater, dem Teufel.
Ihr aber nicht so! Denn die zu
Christus gehören, die haben ihr Fleisch gekreuzigt mitsamt allen
Lüsten und Begierden. Ihr versteht mich wohl und (wisst), welche
Brüder wir meinen. Sondert Euch von ihnen ab! Denn sie sind
verkehrt. Bittet den Herrn, dass sie zur Erkenntnis und zur Busse
kommen und dass wir beständig sind, den begonnenen Weg
weiterzugehen nach der Ehre Gottes und seines Sohnes Christus. Amen.
Die Punkte, die wir behandelt haben und in denen wir eins
geworden sind, das sind diese:
Taufe, Bann, Brechung des
Brotes, Absonderung von Greueln, Hirten in der Gemeinde, Schwert,
Eid.
Zum ersten merkt Euch über die Taufe:
Die
Taufe soll allen denen gegeben werden, die über die Busse und
Änderung des Lebens belehrt worden sind und wahrhaftig glauben,
dass ihre Sünden durch Christus hinweggenommen sind, und allen
denen, die wandeln wollen in der Auferstehung Jesu Christi und mit
ihm in den Tod begraben sein wollen, auf dass sie mit ihm auferstehen
mögen, und allen denen, die es in solcher Meinung von uns
begehren und von sich selbst aus fordern. Damit wird jede Kindertaufe
ausgeschlossen, des Papstes höchster und erster Greuel. Dafür
habt Ihr Beweise und Zeugnisse in der Schrift und Beispiele bei den
Aposteln. Dabei wollen wir einfältig, aber doch fest und mit
Gewissheit bleiben.
Zum zweiten haben wir uns
folgendermaßen über den Bann geeinigt:
Der Bann
soll bei allen denen Anwendung finden, die sich dem Herrn ergeben
haben, seinen Geboten nachzuwandeln, und bei allen denen, die in den
einen Leib Christi getauft worden sind, sich Brüder oder
Schwestern nennen lassen und doch zuweilen ausgleiten, in einen
Irrtum und eine Sünde fallen und unversehens überrascht
werden. Dieselben sollen zweimal heimlich ermahnt und beim dritten
Mal öffentlich vor der ganzen Gemeinde zurechtgewiesen oder
gebannt werden nach dem Befehl Christi. Das aber soll nach der
Anordnung des Geistes Gottes vor dem Brotbrechen geschehen, damit wir
alle einmütig und in einer Liebe von einem Brot brechen und
essen können und von einem Kelch trinken.
Zum
dritten, was das Brotbrechen anlangt, sind wir uns einig geworden und
haben folgendes vereinbart:
Alle, die ein Brot brechen
wollen zum Gedächtnis des gebrochenen Leibes Christi, und alle,
die von einem Trank trinken wollen zum Gedächtnis des
vergossenen Blutes Christi, die sollen vorher vereinigt sein zu einem
Leib Christi, das ist zur Gemeinde Gottes, an welcher Christus das
Haupt ist, nämlich durch die Taufe. Denn wie Paulus sagt, können
wir nicht zugleich teilhaftig sein des Tisches des Herrn und des
Tisches der Teufel. Wir können auch nicht zugleich teilhaftig
sein und trinken des Herren Kelch und der Teufel Kelch. Das heißt:
Alle, die Gemeinschaft haben mit den toten Werken der Finsternis, die
haben kein Teil am Licht, also alle, die dem Teufel folgen und der
Welt, die haben kein Teil mit denen, die aus der Welt zu Gott berufen
sind. Alle, die dem Bösen verfallen sind, haben kein Teil am
Guten. So soll und muss es auch sein: Wer nicht die Berufung eines
Gottes zu einem Glauben, zu einer Taufe, zu einem Leib zusammen mit
allen Kindern Gottes hat, der kann auch nicht mit ihnen zu einem Brot
werden, wie es doch sein muss, wo man das Brot in der Wahrheit nach
dem Befehl Christi brechen will.
Zum vierten haben wir uns
über die Absonderung geeinigt:
Sie soll geschehen von
den Bösen und vom Argen, das der Teufel in der Welt gepflanzt
hat, damit wir ja nicht Gemeinschaft mit ihnen haben und mit ihnen in
Gemeinschaft mit ihren Greueln laufen. Das heißt, weil alle,
die nicht in den Gehorsam des Glaubens getreten sind und die sich
nicht mit Gott vereinigt haben, dass sie seinen Willen tun wollen,
ein großer Greuel vor Gott sind, so kann und mag nichts anderes
aus ihnen wachsen oder entspringen als greuliche Dinge. Nun gibt es
nie etwas anderes in der Welt und in der ganzen Schöpfung als
Gutes und Böses, gläubig und ungläubig, Finsternis und
Licht, Welt und solche, die die Welt verlassen haben, Tempel Gottes
und die Götzen, Christus und Belial, und keins kann mit dem
ändern Gemeinschaft haben.
Nun ist uns auch das Gebot
des Herrn offenbar, in welchem er uns befiehlt, abgesondert zu sein
und abgesondert zu werden vom Bösen; dann wolle er unser Gott
sein und wir würden seine Söhne und Töchter sein.
Weiter ermahnt er uns, Babylon und das irdische Ägypten zu
verlassen, damit wir nicht auch ihrer Qualen und Leiden teilhaftig
werden, die der Herr über sie herbeiführen wird. Aus dem
allen sollen wir lernen, dass alles, was nicht mit unserem Gott und
mit Christus vereinigt ist, nichts anderes ist als die Greuel, die
wir meiden und fliehen sollen. Damit sind gemeint alle päpstlichen
und widerpäpstlichen Werke und Gottesdienste, Versammlungen,
Kirchenbesuche, Weinhäuser, Bündnisse und Verträge des
Unglaubens und anderes dergleichen mehr, was die Welt für hoch
hält und was doch stracks wider den Befehl Gottes durchgeführt
wird, gemäß all der Ungerechtigkeit, die in der Welt ist.
Von all diesem sollen wir abgesondert werden und kein Teil mit
solchen haben. Denn es sind eitel Greuel, die uns verhasst machen vor
unserm Jesus Christus, welcher uns befreit hat von der Dienstbarkeit
des Fleisches und fähig gemacht hat zum Dienst Gottes durch den
Geist, welchen er uns gegeben hat. So werden dann auch zweifellos die
unchristlichen, ja teuflischen Waffen der Gewalt von uns fallen, als
da sind Schwert, Harnisch und dergleichen und jede Anwendung davon,
sei es für Freunde oder gegen die Feinde - kraft des Wortes
Christi: Ihr sollt dem Übel nicht widerstehen.
Zum
fünften haben wir uns über die Hirten in der Gemeinde
folgendermaßen geeinigt:
Der Hirte in der Gemeinde
Gottes soll ganz und gar nach der Ordnung von Paulus einer sein, der
einen guten Leumund von denen hat, die außerhalb des Glaubens
sind. Sein Amt soll sein Lesen und Ermahnen und Lehren, Mahnen,
Zurechtweisen, Bannen in der Gemeinde und allen Brüdern und
Schwestern zur Besserung vorbeten, das Brot anfangen zu brechen und
in allen Dingen des Leibes Christi Acht haben, dass er gebaut und
gebessert und dem Lästerer der Mund verstopft wird. Er soll aber
von der Gemeinde, welche ihn erwählt hat, unterhalten werden,
wenn er Mangel haben sollte. Denn wer dem Evangelium dient, soll auch
davon leben, wie der Herr verordnet hat. Wenn aber ein Hirte etwas
tun sollte, was der Zurechtweisung bedarf, soll mit ihm nur vor zwei
oder drei Zeugen gehandelt werden. Und wenn sie sündigen, sollen
sie vor allen zurechtgewiesen werden, damit die ändern Furcht
haben. Wenn aber dieser Hirte vertrieben oder durch das Kreuz zum
Herrn hingeführt werden sollte, soll von Stund an ein anderer an
seine Stelle verordnet werden, damit das Völklein und Häuflein
Gottes nicht zerstört, sondern durch die Mahnung erhalten und
getröstet wird.
Zum sechsten haben wir uns über das
Schwert folgendermaßen geeinigt:
Das Schwert ist eine
Gottesordnung außerhalb der Vollkommenheit Christi. Es straft
und tötet den Bösen und schützt und schirmt den Guten.
Im Gesetz wird das Schwert über die Bösen zur Strafe und
zum Tode verordnet. Es zu gebrauchen, sind die weltlichen Obrigkeiten
eingesetzt. In der Vollkommenheit Christi aber wird der Bann
gebraucht allein zur Mahnung und Ausschließung dessen, der
gesündigt hat, nicht durch Tötung des Fleisches, sondern
allein durch die Mahnung und den Befehl, nicht mehr zu sündigen.
Nun wird von vielen, die den Willen Christi uns gegenüber nicht
erkennen, gefragt, ob auch ein Christ das Schwert gegen den Bösen
zum Schutz und Schirm des Guten und um der Liebe willen führen
könne und solle. Die Antwort ist einmütig folgendermaßen
geoffenbart. Christus lehrt und befiehlt uns, dass wir von ihm lernen
sollen; denn er sei milde und von Herzen demütig, und so würden
wir Ruhe finden für unsere Seelen. Nun sagt Christus zum
heidnischen Weiblein, das im Ehebruch ergriffen worden war, nicht,
dass man es steinigen solle nach dem Gesetz seines Vaters -- obgleich
er sagt: wie mir der Vater befohlen hat, so tue ich -, sondern
spricht (nach dem Gesetz) der Barmherzigkeit und Verzeihung und
Mahnung, nicht mehr zu sündigen: “Gehe hin und sündige
nicht mehr”! Zweitens wird wegen des Schwertes gefragt, ob ein
Christ Urteil sprechen soll in weltlichem Zank und Streit, den die
Ungläubigen miteinander haben. Die Antwort ist diese: Christus
hat nicht entscheiden oder urteilen wollen zwischen Bruder und Bruder
des Erbteils wegen, sondern hat sich dem widersetzt. So sollen wir es
auch tun. Drittens wird des Schwertes halber gefragt, ob der Christ
Obrigkeit sein soll, wenn er dazu gewählt wird. Dem wird so
geantwortet: Christus sollte zum König gemacht werden, ist aber
geflohen und hat die Ordnung seines Vaters nicht berücksichtigt.
So sollen wir es auch tun und ihm nachlaufen. Wir werden dann nicht
in der Finsternis wandeln. Denn er sagt selbst: “Wer mir
nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf
sich und folge mir nach”. Auch verbietet er selbst die Gewalt
des Schwertes und sagt: “Die weltlichen Fürsten, die
herrschen” usw.; “ihr aber nicht also”. Weiter sagt
Paulus: “Welche Gott zuvor ersehen hat, die hat er auch
verordnet, dass sie gleichförmig sein sollen dem Ebenbild seines
Sohnes” usw.. Auch sagt Petrus: “Christus hat gelitten,
nicht geherrscht und hat uns ein Vorbild gelassen, dass ihr seinen
Fußstapfen nachfolgen sollt”. Zum letzten stellt man
fest, dass es dem Christen aus folgenden Gründen nicht ziemen
kann, eine Obrigkeit zu sein: Das Regiment der Obrigkeit ist nach dem
Fleisch, das der Christen nach dem Geist. Ihre Häuser und
Wohnung sind mit dieser Welt verwachsen; die der Christen sind im
Himmel. Ihre Bürgerschaft ist in dieser Welt; die Bürgerschaft
der Christen ist im Himmel. Die Waffen ihres Streits und Krieges sind
fleischlich und allein wider das Fleisch; die Waffen der Christen
aber sind geistlich wider die Befestigung des Teufels. Die Weltlichen
werden gewappnet mit Stachel und Eisen; die Christen aber sind
gewappnet mit dem Harnisch Gottes, mit Wahrheit, Gerechtigkeit,
Friede, Glaube, Heil und mit dem Wort Gottes. In summa: Wie Christus,
unser Haupt über uns, gesinnt ist, so sollen in allem die
Glieder des Leibes Christi durch ihn gesinnt sein, damit keine
Spaltung im Leib ist, durch die er zerstört wird. Denn ein jedes
Reich, das in sich selbst zerteilt ist, wird zerstört werden. Da
nun Christus so ist, wie von ihm geschrieben steht, so müssen
die Glieder auch so sein, damit sein Leib ganz und einig bleibt zu
seiner eigenen Besserung und Erbauung.
Zum siebten haben
wir uns über den Eid folgendermaßen geeinigt:
Der
Eid ist eine Bekräftigung unter denen, die zanken oder
Versprechungen machen, und es ist im Gesetz befohlen, dass er im
Namen Gottes allein wahrhaftig und nicht falsch geleistet werden
soll. Christus, der die Erfüllung des Gesetzes lehrt, der
verbietet den Seinen alles Schwören, sowohl recht als auch
falsch, sowohl beim Himmel als auch beim Erdreich, bei Jerusalem oder
bei unserm Haupt, und das aus dem Grund, den er gleich darauf
ausspricht: “Denn ihr könnt nicht ein Haar weiß oder
schwarz machen”. Sehet zu! Darum ist alles Schwören
verboten. Denn wir können nichts von dem garantieren, was beim
Schwören versprochen wird, weil wir an uns nicht das Geringste
ändern können. Nun sind einige, die dem einfältigen
Gebot Gottes nicht Glauben schenken, sondern sagen und fragen so: Ei,
nun hat Gott dem Abraham bei sich selbst geschworen, weil er Gott war
(als er ihm nämlich versprach, dass er ihm wohl wollte und dass
er sein Gott sein wollte, wenn er seine Gebote hielte); warum sollte
ich nicht auch schwören, wenn ich einem etwas verspreche?
Antwort: Höre, was die Schrift sagt: “Als Gott den Erben
der Verheißung auf überschwengliche Art beweisen wollte,
dass sein Ratschluss nicht wankt, legte er einen Eid ab, damit wir
durch zwei unerschütterliche Dinge (wodurch es unmöglich
war, dass Gott lügen könnte) einen starken Trost haben”.
Merke die Bedeutung dieser Schriftstelle: Gott hat Gewalt zu tun, was
er dir verbietet. Denn es ist ihm alles möglich. Gott hat dem
Abraham einen Eid geschworen - sagt die Schrift -, um zu beweisen,
dass sein Rat nicht wankt. Das heißt: Es kann niemand seinem
Willen widerstehen und hinderlich werden. Darum konnte er den Eid
halten. Wir aber vermögen es nicht, wie es oben von Christus
ausgesprochen ist, dass wir den Eid halten oder leisten. Darum sollen
wir nicht schwören. Nun sagen weiter einige so: Es ist im Neuen
Testament nicht verboten, bei Gott zu schwören, und im Alten
sogar geboten. Dagegen sei lediglich verboten, beim Himmel, Erdreich,
bei Jerusalem und bei unserm Haupt zu schwören. Antwort. Höre
die Schrift: “Wer da schwört beim Himmel, der schwört
beim Stuhl Gottes und bei dem, der darauf sitzt”. Merke:
Schwören beim Himmel, der ein Stuhl Gottes ist, ist verboten.
Wie viel mehr ist es bei Gott selbst verboten! Ihr Narren und
Blinden, was ist größer, der Stuhl oder der darauf sitzt?
Auch sagen einige so: Wenn es nun unrecht ist, dass man Gott zur
Wahrheit gebraucht, so haben die Apostel Petrus und Paulus auch
geschworen. Antwort: Petrus und Paulus bezeugen allein das, was von
Gott Abraham durch den Eid verheißen war, und sie selbst
verheißen nichts, wie die Beispiele klar zeigen. Aber Zeugen
und Schwören ist zweierlei. Denn wenn man schwört, so
verheißt man Dinge, die noch in der Zukunft liegen, wie dem
Abraham Christus verheißen wurde, den wir lange Zeit hernach
empfangen haben. Wenn man aber zeugt, dann bezeugt man das
Gegenwärtige, ob es gut ist oder böse, wie der Simeon zu
Maria von Christus sprach und ihr bezeugte: “Dieser wird
gesetzt zu einem Fall und einer Auferstehung vieler in Israel und zu
einem Zeichen, dem widersprochen wird”. Dasselbe hat uns auch
Christus gelehrt, als er sagte: “Eure Rede soll sein ja ja und
nein nein; denn was darüber ist, ist vom Argen”. Er sagt:
Eure Rede oder euer Wort soll sein ja und nein, was man nicht so
verstehen kann, als ob er den Eid zugelassen habe. Christus ist
einfältig ja und nein, und alle, die ihn einfältig suchen,
werden sein Wort verstehen. Amen.
Liebe Brüder und
Schwestern im Herrn!
Das sind die Artikel, die einige Brüder
bisher falsch und dem wahren Sinn zuwider verstanden haben. Sie haben
damit viele schwache Gewissen verwirrt, wodurch der Name Gottes sehr
schwer gelästert worden ist. Darum ist es notwendig gewesen,
dass wir im Herrn übereingekommen sind, wie es auch geschehen
ist. Gott sei Lob und Preis. Weil Ihr nun den Willen Gottes reichlich
verstanden habt, wie er jetzt durch uns offenbart ist, wird es
notwendig sein, dass Ihr den erkannten Willen Gottes beharrlich und
ohne Aufschub vollbringt. Denn Ihr wisst wohl, was dem Knecht an Lohn
gehört, der wissentlich sündigt.
Alles, was Ihr
unwissentlich getan habt und was Ihr bekannt habt, unrecht gehandelt
zu haben, das ist Euch verziehen durch das gläubige Gebet, das
in uns in der Versammlung vollbracht ist für unser aller
Verfehlung und Schuld, durch die gnädige Verzeihung Gottes und
durch das Blut Jesu Christi. Amen.
Habt acht auf alle, die
nicht nach der Einfältigkeit göttlicher Wahrheit wandeln,
die in diesem Brief von uns in der Versammlung zusammengefasst ist,
damit jedermann unter uns regiert werde durch die Regel des Banns und
forthin der Zugang der falschen Brüder und Schwestern unter uns
verhütet werde.
Sondert ab von Euch, was böse ist,
so will der Herr Euer Gott sein und Ihr werdet seine Söhne und
Töchter sein.
Liebe Brüder, seid eingedenk, mit was
Paulus seinen Titus ermahnt. Er spricht so: “Die heilsame Gnade
Gottes ist erschienen allen und züchtigt uns, dass wir sollen
verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste
und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt und
warten auf dieselbe Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des
großen Gottes unseres Heilands Jesus Christus, der sich selbst
für uns gegeben hat, auf dass er uns erlöste von aller
Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das
da eifrig wäre zu guten Werken”. Das bedenkt und übt
Euch darin, so wird der Herr des Friedens mit Euch sein.
Der
Namen Gottes sei ewig gebenedeit und hoch gelobt. Amen.
Der
Herr gebe Euch seinen Frieden. Amen.
Geschehen in Schleitheim am Randen, auf Matthiae 24. Febr.,
Anno 1527.
Artikel und Handlung, die Michael Sattler zu Rottenburg am Neckar mit seinem Blut bezeugt hat.