Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden
Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.
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Vorrede
In diesem Büchlein findest du, günstiger Leser und Sänger, fast schöne Lieder, die aus Bitte gutherziger Leute zusammengetragen sind, und wiewohl sie nicht einerley Religion, ist doch hierinnen einem Jeden sein Gedicht ungeschmäht gelassen, der Hoffnung, es werde niemand die Schäflein Christi, durch Lieder oder anders, aus seines Vaters Hand reissen.
Auch weil der Glaube in Christum nicht jedermanns, nach eines Menschen Gang oder Zwang, auch nicht des wollenden oder lauffenden, sondern eine Gabe ist der Erbarmung Gottes, ja eine geistliche Gabe Gottes von oben herab, und nicht eine Sache aus dem Fleisch und Blut, wie der Jüdische Saamen deren, die unter dem ersten Testament oder Bund waren, ist; sondern eine Einschreibung des Geistes Christi in die Sinn und Herzen deren, so in den neuen von Gott gemachten Bund getreten, unter welchem von dem kleinsten bis auf den größten, der Herr erkannt wird, durch die Vergebung ihrer Sünden.
Derhalben guter Hoffnung, daß alle die, so von Gott gelehret und gezogen werden, hierinnen keinen Schaden nehmen: Dann hierinnen keiner etwas zu glauben (dann was ihn der Schrift gemäß dünkt) genöthigt wird, wie man dann jetzund wider die Schrift bey vielen sieht, daß die Sach leyder fürgenommen wird, was der Oberherr glaubt, das müssen auch der mehrertheil der Unterthanen und viel aus Zwang oder Heucheley, Gunst zu erlangen, bekennen, wird auch mit Straf des Schwerdts, Gefängniß und Gelds, bey etlichen mit Unverstand darob gehalten, es seye bey Papisten oder bey andern, so mit Verachtung der Päbstleren sich Christen, und der Aposteln Lehr in mündlichen Bekenntniß näher und besser zu seyn rühmen.
In welchen schwer und wichtigen Sachen, zu allen Theilen die Lehrer und Prediger solche Stände, die sich doch als Knechte des Friedens, oder Vorsteher, wie sie sich dafür halten und rühmen, die Oberkeit bey ihrem Amt in Policeyen und gemeinen bürgerlichen Sachen das Böse zu strafen, dadurch das Gut und Ehrbarkeit gehandhabt wird, zu bleiben, und nicht über gesetzte Ordnung zu greifen, Vermahnen, Gedenken, daß sie eine Oberkeit der Finsterniß dieser Welt, das ist, die Bosheit und Ungerechtigkeit, dieselben zu strafen, gesetzt ist, welches Amt dann auch dem gottlosen Heyden Neroni (dann das Oberkeitliche Amt keinen zum Christen macht) auszurichten befohlen ist.
Darum auch davon Paul zu den Römern am 13. den Christen, der Oberkeit als Gottes Dienern Gehorsam und Steuer zu leisten gebühret; daher nennet Gott den Heydnischen König Nebucadnezar seinen Knecht, Jer. am 23. und am 24. dann die Oberkeit wird eine Ruthe seines Zorns genannt, Jes. 10. Sie sehen aber zu, daß sie aus anderer Anreizung ihr Amt nicht mißbrauchen, dann weil das Amt aller Oberkeit von Gott verordnet ist; (wie dann lautet das Wort Christi zu Pilato: wäre es dir nicht von oben herab gegeben;) so will es einem jeden Regenten gebühren, die Worte Daniels zu erwägen, daß der Allerhöchste der Menschen Königreichen mächtig ist, und sie dem, der ihm dazu gefällt, gibt.
Darum man auch Gott, dem Geber solches Amts, mehr schuldig ist zu gehorsamen, dann dem es gegeben wird. Hierinnen mögen alle Pfleger oder Fürgesetzte von der Oberkeit wohl wahrnehmen, daß sie die Unschuldigen nicht betrüben, und ein Deckel darüber machen. Es ist meiner gnädigen Herren Befehl, ich muß es thun. So wisse ein jeder, daß die Knechte Pilati, die Christum schlugen und creutzigten, von wegen des Besehls ihres Herrn an jenem Tag vor Gott gar nicht werden unschuldig seyn: Wer Ohren hat zu hören, der merke mit Verstand darauf.
Aber es dünkt viel Leut, daß solche Sachen mehr durch Anreizung der Lehrer entspringen, dieweil sie sehen, daß sie in die Dorne säen, und ihre Lehre ohne Frucht abgeht; sie pflanzen durch Strafe des Schwerts, Gefängniß, Gelds: aber der Herr berichtet sie, Mal. 1. Und dieweil man Gott in sein Amt greifft, auch, das, so durch seinen Geist getrieben, mit willigem Herzen angenommen werden soll, durch fleischliche Gewalt in die Leute dringen will, so doch in keines Menschen Hand stehet den Glauben zu geben, Röm. 10. oder den Unglauben zu strafen, dessen Straf ist ewige Verdammniß, welches Christo zustehet: wirds nicht mit solchem unschrifftlichen Fürnehmen je ärger?
Es wäre derhalben gut, daß man die Decke von den Augen abthät, und sich die Ehre nicht selbst geben, sondern den Worten Pauli ein Fortgang lassen, welche der Geist Gottes treibt, die sind Kinder. Da ist alles Menschlich Treiben ausgeschlossen, aber wie die Apostel die Christliche Kirchen, durch Kraft des Heiligen Geistes und Mittel des Banns erbauet, das Böse von ihnen gethan, doch nicht darum aus dem Lande verjagt, oder das ihrige genommen.
So treiben jetzt viel das Widerspiel, was die Apostel durch Gottes Kraft und Mittel des Banns gethan, thun sie durch Mandat der Obrigkeit, und wollen den Glauben durch äusserliche Gewalt den Leuten andringen; wie ernstlich es aber fürgenommen wird, so will doch kein Zeugniß Gottes zur Verbesserung und Neuer Geburt daraus erfolgen; ob nun der Mangel am Herrn Christo, ob er bis ans Ende der Welt bey seiner Kirche bleiben will, sey, oder an solchen unbedachten Leuten, mag ein jeder Christ bey ihm selber bedacht seyn.
So man aber beydes, der Apostel und jetziger Zeit etlicher Lehrer Leben und Thun gegen einander leget, oder wie es sich mit dem Spruch Pauli vergleiche, Phil. 3. da er sagt: Folget mir nach, Sehet auf die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde, stehet einem jeden frey zu erwägen. Hierin aber wird nicht das Amt der Oberkeit, das Böse in bürgerlichen Sachen zu strafen, aufgehoben, sondern in Glaubenssachen. Dann eine Oberkeit ist gesetzt, die augenscheinlich bösen Werke, und nicht den bösen Glauben zu strafen: sintemal der Unglaube ein unsichtbar Ding ist, sowohl als der rechte Glaube eine Ergreifung derer Dinge, die man nicht siehet. So giebts je die Natur, daß auch dessen Strafe und Belohnung Gott (der ins Verborgene sieht) allein zugehört.
Darum auch ein jeder vor sich selbst Gott Rechenschaft geben muß, was er gethan, es sey Gutes oder Böses, dieweil kein Mensch in das Verborgene sehen, oder in solchen Sachen vor der Zeit nichts richten kann, bis der Herr kommt, welcher die Rathschläge der Herzen offenbaren wird.
Darum erkennt die Kirche Christi ein ander Gericht hierinnen, nemlich den Bann, so von Christo und den Aposteln befohlen und gebraucht. Derhalben mögen die Anhetzer der Obrigkeit ihr schweres Urtheil wohl bedenken, daß nicht durch unschuldiges Blut ihre Verdammniß desto schwerer werde.
Dann den Christen gebühret, ihrem Lehrmeister nach, nicht zu verfolgen, sondern verfolgt zu werden. Aber wie dem allem, wann es nicht Nacht und dunkel würde, wer wollte wissen, was Tag wäre? Und wenn solche Verfolgung unterm Namen Christi (darin sie Gott zu dienen vermeinen) nicht geschähe, wie würde dann die Schrift erfüllet?
Welches alles dem gottesfürchtigen Leser mit unpartheyischem Gemüth zu erwägen, hie anstatt einer Warnung, in der Kürze Christlicher Meynung, heimgestellt ist, mit Betrachtung, daß man in allen solchen Sachen kein fleischlich noch irdisch Lob, sondern vielmehr mit Christo eine Dornenkrone denket davon zu bringen.