Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das fünfte Lied

1
Es war ein Gottesfürchtiges
Und Christliches Jungfräulein,
Gottes Wort und Catechismum,
hat sie gelernet fein.
Ihr Name Dorothea,
Ist weit und breit bekannt,
Von ihrem Vater und Mutter,
Ward sie also genannt.

2
Auf Teutsch ein Gottes Gabe,
Die Dorothea heißt,
Dich hoch vom Himmel herabe,
Bescheert der Heilige Geist,
Oft bringt ein guter Name,
Ein gute Art mit sich,
Wenns Kind von gutem Samen,
Gezeuget wird ehrlich.

3
Mit Fleiß in ihrer Jugend,
Sie zu der Predigt gieng,
Christliche Zucht und Tugend,
Liebt sie vor alle Ding.
Hielt ihr Eltern in Ehren,
Darzu fein lieb und werth,
Folgt treulich ihrer Lehre,
Thät was ihr Herz begehrt.

4
Schamhaftig und fein stille,
Hielt sie sich allezeit,
Und lebt nach Gottes Willen,
Acht keiner Ueppigkeit.
Armen war sie geneiget,
Und dienet ihn mit Fleiß,
Ihr Hülf sie ihn`n erzeiget,
Gott zu Lob, Ehr und Preiß.

5
Weh thäts dem alten Drachen,
Und konnt es leiden nicht,
Speit Feuer aus dem Rachen,
Verfolgung er anricht.
Das Mägdlein wolt man zwingen,
Zu der Abgötterey,
Dem Feind wolts nicht gelingen,
Christum bekannt sie frey.

6
Mit Worten süß und sauer,
Man sie bereden wolt,
Sie stund vest wie ein Mauer
Wie in dem Feuer das Gold.
Kein Marter, Pein und Schmerzen,
Von Christo sie abwendt,
Mit ihrem Mund und Herzen
Den Glauben sie bekennt.

7
Als der Feind nichts konnt schaffen,
wurd er thöricht und toll,
Desgleichen die Baalspfaffen,
Wurden der Teufel voll.
Ein Urtheil wurd gefället,
Verdient hätt sie den Tod,
Ritterlich sie sich stellet,
Und schrie ernstlich zu Gott.

8
Herr Christ in deine Hände,
Mein Geist befehl ich dir,
B’scher mir ein seligs Ende,
Mit dein`m Geist steh bey mir.
Deinem Namen zu Ehren,
Wie ein Christ sterb ich heut,
Ach hilf, daß sich bekehren
Die armen blinden Leut.

9
Theophilum den Canzler,
Die Jungfrau jammert sehr
Er sprach: schon` doch dein selber,
Verlaß die falsche Lehr
Und frist dein junges Leben.
Drauf Dorothea spricht:
Ein bessers wird mir geben
Christus, drum thu ichs nicht.

10
Ins schöne Paradeise,
Komm ich nach meinem Tod,
Gott zu Lob, Ehr und Preise,
Stehn da viel Röslein roth,
Draus wird mir Christ mein Herre,
Machen ein Ehrenkranz,
Der Tod liebt mir vielmehre
Dann so ich gieng zum Tanz.

11
Theophilus die Rede
Hielt für ein lautern Spott,
Mein liebe Dorothea,
Wenn du kommst zu dein`m Gott,
So schick mir auch Aepfel und Röselein,
Aus seinem Garten schon.
Ja sprach sie es soll wahr seyn,
Du solt ihr warten thun.

12
Als nun das schöne Jungfräulein
Durchs Schwer gerichtet war,
Da kam ein feines Knäbelein,
Mit einem Körblein dar.
Das sprach: sieh hier Theophile,
Da nimm die Röselein,
Die schickt dir Dorothea,
Aus Christi Gärtelein.

13
Sie lebt in Freud und Wonne,
Ein End hat all ihr Leid,
Leucht wie die helle Sonne,
In ewiger Seligkeit.
Theophilus entsatzte sich
Ueber dem Wunder groß,
Sprach: herzlich erfreut es mich,
Meins Irrthums bin ich los.

14
Bald fieng er an zu preisen
Christum den wahren Gott,
Und ließ sich unterweisen,
In des Herren Gebot,
Die heilige Tauf emgfinge
Und sich ein Christen nannt,
Fröhlich zur Marter ginge,
Und Christum frey bekannt.

15
Gleich wie ein fruchtbar Regen,
Ist der Märtyrer Blut,
Viel Frucht durch Gottes Segen,
Reichlich es bringen thut.
Durch Creutz die Kirch zunimmet,
Und wächst ohn Unterlaß,
Durch Tod zum Leben dringet,
Wer herzlich glaubet das.