Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das dritte Lied

1
Es ist ein wunder schöne Gab,
Und auch ein grüne Saate,
Und auch voraus die göttlich Gnad,
Sie kommt mit guter Thate.

2
Wie er uns alle zeit beweißt,
Wohl hie auf dieser Erden,
Durch sein Güt wird alle Welt gespeißt,
Durch ihn wir auch selig werden.

3
Also glaubt unser Vater Abraham,
Auf Gott stund sein Vertrauen,
Was er vom Heil`gen Geist vernahm,
Darauf thät er vest bauen.

4
Kehrt sich an keines Menschen Stand,
Glaubt Gottes Wort von Herzen,
Er baut auf Felsen und nicht auf Sand
Wie wohl er litt viel Schmerzen.

5
Gar scharf man es geschrieben findt,
In Abrahams Geschichten,
Daß er Isaac sein liebes Kind,
Vom Leben zum Tod solt richten.

6
Dann Gott der uns erschaffen hat,
Will uns also bewähren,
Gehorsamkeit schätzt er fürs höchst,
Den Hand`l kann er wohl führen.

7
Dann es war Gott des Vaters G’heiß,
Wer sein Sünd wolt erkennen,
Der solt ein Lämmlein oder Geiß,
Auf einem Altar verbrennen.

8
Drum merket auf ihr liebe Freund,
Es sind gar lieblich Sachen,
Abraham wagt sein Weib und Kind,
Thät sich Gott g’horsam machen.

9
Es war Abraham darzu kon,
Daß er sah mit den Augen,
Daß ihm sein ehlich Weib ward g`non,
Und mußt ihr sich verlaugen.

10
Abraham zog allein davon,
Sein Herz möcht ihm zerspalten,
Doch ruft er Gott so treulich an,
Der hat sein Sohn erhalten.

11
Er hat sein Sohn in hoher Acht,
Liebt ihn ob allen Dingen,
Noch hat ihn Gotts Wort dahin bracht,
Daß er ihn wolt umbringen.

12
Dann Gott hat ihme kund gethan,
Daß er Isaac den Knaben,
Zu einem Brand=Opfer wolle han,
Kein anders woll er nicht haben.

13
Abraham reuet seinen Sohn,
Das mögend ihr wohl denken,
Noch schätzt er Gottes Wort viel mehr,
Wollt seinen Sohn verbrennen.

14
Er ist mein eigen Fleisch und Blut,
Thut mich von Herzen freuen,
O Gott, so dirs g`fallen thut,
Soll mich mein Sohn nicht reuen.

15
Er sprach zu seinem lieben Sohn,
Ich kann nicht länger beyten,
Mit mir an Berg hinaus solt gahn,
Dem Herrn ein Opfer b’reiten.

16
Der Sohn ein groß Verwunderung hat,
Wo es doch solt geschehen;
Der Herr wird uns wohl zeigen ein Statt,
Daß du es selbst mag sehen.

17
Der Sohn die rechte Sach nicht wüßt,
Das Holz half er auftragen,
Und da es alles war gerüst,
Nach dem Opfer thät er fragen.

18
Nun sag mir liebster Vater mein,
Und thu mich jetzt erfreuen,
Wo mag nun jetzt das Opfer seyn,
Das wölst du mir auch zeigen.

19
Abraham hielt vest auf Gottes Wort,
Wolt davon nicht abweichen,
Sein Sohn wolt er bringen in Noth,
Wo find man jetzt desgleichen.

20
Ach nun du liebster Sohne mein,
Thu dich willig erzeigen,
Dem Herren solt ein Opfer seyn,
Nun wag dein junges Leben.

21
Er band dem Knaben seine Händ,
Und hieß ihn nieder kneyen,
O HErr! dein Hülf mir jetzt nun send,
Laß mich mein Knaben nicht reuen.

22
Der Sohn sich in sein Willen ergab,
Und thät ihn freundlich küssen,
Sein Haupt wolt er ihm hauen ab,
Das möcht der Knab nicht wissen.

23
Ach Vater wie hat es ein G’stalt,
Was wilt du mit mir machen.
Die Sache mir gar schwerlich fallt,
Mit diesen großen Sachen.

24
Abraham sprach: Gott der uns erschaffen hat,
Der hat daran ein Willen,
Drum wend wirs vollbringen mit der That,
Halt dich nur gar stillen.

25
Dann Gott der hat dich auserwählt,
Darum wend wirs vollenden,
Kein ander Opfer ihm nicht gefällt,
Menschlich Natur soll uns nicht schaden.

26
Ach Vater, das ist mir ein grosse Noth,
Mein Herz möcht mir zerspalten,
Daß ich von dir muß leiden den Tod,
Und du mich soltest erhalten.

27
Abraham daz`mal gar wenig schlief,
In seinen grossen Nöten,
Ach Herr, wie seufzt mein Seel so tief,
Daß ich mein Knaben soll tödten.

28
Isaac sah den Vater gar traurig an,
Seine Augen thäten fliessen,
Ich hab dir nie kein Leid gethan,
Das laß mich Vater geniessen.

29
Abraham sein Schwerdt doch auszog,
Der Sohn der thät sich bücken,
Der Engel Gottes kam daher,
Thät ihm sein Schwerdt verzücken.

30
Er sprach, nun folg du meinem Rath,
Isaac der soll nicht sterben,
Hint`r dir ein feister Widder staht,
Der soll geopfert werden.
31
Dann Gott der hat zu mir geredt,
Und will dich so bewähren,
Den Glauben er für die Werk g`nommen hat,
Den Handel kann er nicht führen.

32
Abraham ward im Glauben gestärkt,
Er vertrauet Gott ganz unverdrossen,
Dann jetzt empfind ich und hab gemerkt,
Daß mich Gott nicht will lassen.

33
O milder Herr und treuer Gott,
Dein Gnad ist nicht zu messen,
Wer zu dir schreyt in aller Noth,
Deß thust du nicht vergessen.

34
Ach milder Gott in deinem Reich,
Dein Gnad thut ob mir schweben,
Daß du Isaac mein liebsten Sohn,
Erhalten hast beym Leben.

35
Darum soll ich dich loben stät,
Dein Namen ewig preisen,
Daß du den Willen für die Werk g`nom`n hast,
Das will ich wohl beweisen.

36
Dann unsere Werk sind nüt dann Schuld,
Das müssen wir empfinden,
Durch den Glauben erlangen wir Gottes Huld,
Das empfind ich zu dieser Stunden.

37
Durch Christi Werk sind wir all selig gemacht,
Und kommen in das Leben,
Ja die er selber hat vollbracht,
Und unsere Sünd vergeben.

38
Was möchtest du dem HErren gän,
Was solten wir erdenken?
Wir müssen alles aus seinen Gütern nän,
Und ihm es wieder schenken.

39
Es hilft uns doch kein anders Gut,
Ja weder Opfer noch Aschen,
Dann nur allein durch Christi Blut,
Sind wir von Sünden gewäschen.

40
Dann Christus heißt uns zu ihm kon,
Und sonst zu niemand lauffen,
Das Reich müssen wir aus Gnaden empfahen,
Ums Geld find mans nicht z`kaufen.

41
Und wer dasselb verdienen will,
Der soll Gottes Wort gedenken,
Bey uns hand wir der Armen viel,
Die soll`n wir speisen und tränken.

42
Und welcher sich das trösten thut,
Und sich unnütz erkennen,
Gleich wie der Schächer am Creutz hat than,
Wird sich Gott zu ihm wenden.

43
Das Fegfeuer gibt ein grossen Stoß,
Das mag man wohl gedenken,
Daß Abraham des Glaubens g`noß,
Und nicht der guten Werken.

44
Das Werk kann nicht vor dem Glauben sein,
Der Glaub der muß es bringen,
Daß er Isaac den Knaben sein,
Selber wollte umbringen.

45
Ein rechter Glaub hat diese Art,
Er thut den Menschen erwecken,
Daß er die guten Werk nicht spart,
Gleich wie die guten Blumen schmecken.

46
Muß nun der Glaub von den Werken seyn,
Hilft nit im Fegfeuer baden,
Ich bitt dich lieber Herre mein,
Thu mich der Sünden entladen.