Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 89. Lied

Ein ander schönes Lied.
Im Ton: „Ein Blümlein auf der Heyden ⁊C. (2)

1
Ein Liedlein will ich singen,
Das solt ihr wohl verstahn,
Von himmelischen Dingen
Thu ich es heben an.
Die Speiß sollen wir niessen
Allhie in dieser Zeit.
Herr Gott! laß uns her fliessen
Dein göttlich Wort so süsse,
Daß wirs schmecken bereit.

2
Zwo Speiß, vernimm mich eben
Der Mensch allhie geneußt.
Die erst ist Geist und Leben,
Das göttlich Wort sie heißt.
Das ist die Speiß alleine
Der Seelen in der Zeit,
Fleußt her von Gott so reine,
Machet mit ihm gemeine,
Wohl in die Ewigkeit.

3
Die ander Speiß thu merken,
Dieselb der Natur ist
Den Leib allein thut stärken
Allhie in dieser Frist.
Was eingeht durch den Munde,
Dasselb die Seel nicht speißt,
Ihr Speiß hast du vernommen,
Von Gott thut sie herkommen,
Sie ist der Heilig Geist.

4
Die Väter haben gessen
In der Wüsten Himmel=Brod,
Die Figur zu ermessen,
Auf Christum deutet hat.
Der war das Brod alleine,
Den Gott verheissen hat
Ihr Hoffnung stund gemeine
Auf Christum, das Wort reine,
Der sie erlößt vom Tod.

5
Christus thut Zeugniß geben
Im Evangelio,
Ich bin das Brod zum Leben,
Nicht wie die Väter do
In der Wüsten Brod gessen,
Und doch gestorben seyn.
Sein Wort soll`n wir ermessen,
Das gibt der Seelen Raste,
Ist Geist, Leben allein.

6
Wer dem thut Glauben geben,
Christus der Herr selbst spricht,
Der soll ewiglich leben,
Nicht kommen ins Gericht,
Sondern er ist gedrungen
Vom Tod zum Leben ein,
Daß ers hat angenommen.
Darum wird er auch kommen,
Da ewig Freud wird seyn.

7
Die G’schrift die thut uns lehren,
Wer Gottes Wort annimmt,
Den thut es neu gebähren,
Macht ihn zu Gottes Kind.
Wort in ihm Fleisch thut werden,
Macht ihn ein Gliedlein rein
Am Leib Christus des Herren,
Zu Gottes Preiß und Ehren,
Wie er bereit allein.

8
Paulus thut uns berichten,
Daß wir uns durch den Tauf
In die Christliche Pflichten
Ergeben han, merk auf.
In Christi Leib=Gemeine,
Welcher wir worden seyn,
Aus Gottes Wort alleine,
Christi Fleisch und Gebeine
Würkt die Geburt allein.

9
Darum er die thut nennen
Die heilig Gottes G`mein
Die Christum thut erkennen,
Sich halten sein allein
Die seynd erlöset worden
Durch das Blut Jesu Christ,
Verneuert und geboren,
Zu Gottes Reich erkohren,
Ihr Sünd vergeben ist.

10
Von der G’mein thut auch sprechen
Paulus in seiner G’schrift,
Das Brod welches wir brechen
Dasselb die G’meinschaft ist,
Versteh mit dem Leib G’meine
Des Herren Jesu Christ,
Das Brod erklärt alleine,
Wie der Körnlein viel seyne,
Daß G’meinschaft fliessend ist.

11
Der Weinstock, vernimm eben
Und auch die G`meinschaft b`schleußt,
Wie er da hat viel Reben,
Sein Kraft gleich in sich fleußt,
Thut ihn Kält, Hitz umgeben,
Das auch die Reb empfindt,
Wilt du seyn Christi Reben,
Und ewig mit ihm leben,
Mußt du werden creutzigt.

12
Christus hat sich gegeben
Für unsre Sünd in Tod,
Diß zu bedenken eben,
Setzt er ein Wein und Brod,
Da sie allein bedeuten,
Allhie in dieser Frist,
Wie Christus an dem Creutze
Vor unser Sünd thät streiten,
Dasselb bedenken ist.

13
Wann du dasselb wilt halten
Nach Gottes Worten rein,
So mußt du davon spalten
Auch alle Sünd gemein.
Wo du in Sünd thust leben
Ißt du dir selbst das G’richt.
Darum bereit dich eben,
Hast dich zum Opfer geben,
So hält Gott seine Pflicht.

14
Ein Lamm auch haben gessen
Die Väter zu der Frist,
Bey der Figur zu ermessen
Das Lämmlein Jesu Christ.
Den Fels haben sie funden,
Welcher dann Christus war
Ihn gessen und getrunken,
Ihr Herz in ihm versunken.
Das g`schah im Glauben gar.

15
Darum auch hat gesehen
Abram des Herren Tag,
Das ist allein geschehen,
Durch Gottes Geist und Gab.
Laß dir das Ziel nicht rücken,
Welches ist Jesus Christ
Der Feind der thut sich schmücken
Mit sein verkehrten Stücken,
Damit betriegend ist.

16
Also hast du vernommen
Vom wahren Himmel=Brod,
Welches von Gott thut kommen,
Rett uns aus aller Noth.
Darum solt du dich kehren
Zu Gott, ihn bitten thun,
Daß er in dir thu mehren
Die Speiß, er wird dich hören,
In Christo seinem Sohn.

17
Gott, du bist ein Licht reine,
Das scheint in Ewigkeit,
Durch dich lebet alleine
Alles so du bereit
Im Himmel und auf Erden.
Darum dir sey die Ehr,
Daß du uns thust erhören,
Den Weg der Wahrheit lehren,
Dein Nam gepreiset werd.