Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 79. Lied

Ein anderes geistliches Lied.
In der Tagweis Ton. (4)

1
Mit Lust so will ich singen
Ein schöne Tageweiß,
Ich hoff, mir soll gelingen
Mein`m Gott zu Lob und Preiß,
Der woll mir treulich helfen aus,
In G’duld zu überwinden
Den Jammer und den Strauß.

2
O Herr! ich thu dich bitten,
Stärk mich und wohn mir bey,
Mein Feind hond mich umritten
Und schauen wer ich sey.
Das ist der Teufel und die Welt,
Die mich daran thun weisen,
Das dir gar nicht gefällt.

3
Dein Zucht sollt ich verlassen,
Mit der Welt laufen ein,
In Spielen, Sauffen, Prassen,
Darf ich nicht g’fangen seyn.
Das sprechen sie mit Worten klug,
O Mensch! sieh nicht zurücke,
Hast dein Hand g’legt an Pflug.

4
Sonst magst du nicht eingohne
In Gottes Reich wahrlich
Viel Trübsal wirst du hone,
Willt du bekennen mich.
Dann wer mein Wort thut nehmen an,
Den wird die Welt verspotten,
Und hafsen Jedermann.

5
Auch wird man euch verjagen
Von Weib, Kind, Haab und Gut
All Uebels von euch sagen,
Vergiessen euer Blut.
Darum all, welcher vorhin baß
Sein Leben will erhalten,
Der wird verlieren das.

6
Dann es muß all`s darane,
Wollen wir Christen seyn.
Das ist die rechte Bahne,
Die geht zum Vater ein.
Wollen wir Christo solgen nach,
Das Creutz müssen wir tragen,
Und mit ihm leiden Schmach.

7
O Herr! gib Herz und G’müthe,
Auch Weißheit und Verstand,
Bitt ich in deiner Güte,
Laß mich nicht werd`n zu Schand.
Gib, Herr, daß ich mein Fleisch und Blut
Im Streit mög überwinden,
Und vollbringen das Gut.

8
Lehr mich mein Glauben, Herre,
Beweisen mit der That.
Wer nicht bleibt in dein`r Lehre,
Kein Gott noch Leben hat.
Darum bitt ich zu dieser Frist,
O Gott! lehr mich erkennen
Die Lehr des Herren Christ.

9
Wer mich thut hie bekennen
Vor den Menschen auf Erd,
Den will ich Bruder nennen
Bey meinem Vater werth.
Was ihr verlaßt in dem Trübsal,
Das will ich euch erstatten
Wohl hundert tausend mal.

10
Die Welt thut sich berühmen,
Und will auch Christen seyn,
Des Creutz`s thut sie sich schämen,
Sprechen, es darf nicht seyn,
Wann ich auch etwas leiden müßt,
Hätt er nicht gnug gethane,
Und mein Sünd nicht gebüßt.

11
O blinde Welt, verirrte,
Es wird dir werden leid,
Dein Glaub nicht helfen wirde,
Thu Buß und dich bereit,
Wilt du nicht leiden ewig Weh,
Thu von der Welt ausgohne,
Und sündig nimmermehr.

12
O Gott, in deinem Reiche,
Verleih uns Geist und Kraft,
Daß wir alle zugleiche
In dir bleiben standhaft,
In deiner Zucht bis an das End
Herr, gib uns zu erkennen,
Die uns betriegen wendt.

13
O Herr, dich thu ich bitten
Wohl durch den Sohne dein,
Der für uns hat gelitten,
Verzeih den Feinden mein,
Gib Fried und wahre Einigkeit.
Komm bald und führ zusammen
Dein Kind, die sind zerstreut.
Amen.