Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Das 75. Lied

Ein ander schön geistlich Lied hat eine edle Jungfrau, Walpurg von Bappenheim, gemacht.
Im Ton: „Aus tiefer Noth.“ (3)

1
Du glaubigs Herz, so benedey,
Und gib Lob deinem HErren,
Gedenk daß er dein Vater sey
Welchen du stäts solt ehren,
Dieweil du gar kein Stund ohn ihn
Mit aller Sorg in deinem Sinn
Dein Leben kannst ernähren.

2
Er ist, der dich von Herzen liebt,
Und sein Güt mit dir theilet,
Dir deine Missethat vergibt,
Und deine Wunden heilet,
Dich wappnet zum geistlichen Krieg,
Daß dir der Feind nicht oben lieg,
Und deinen Schatz zertheile.

3
Er ist barmherzig und auch gut
Den Armen und Elenden,
Die sich von allem Uebermuth
Zu seiner Wahrheit wenden.
Er nimmt sie als ein Vater auf,
Und schafft, daß sie den rechten Lauf
Zur Seligkeit vollenden.

4
Wie sich ein treuer Vater neigt,
Und Guts thut seinen Kindern,
Also hat Gott sich auch erzeigt
Gegen uns armen Sündern.
Er hat uns lieb und ist uns hold
Vergiebt uns gnädig alle Schuld,
Macht uns zu Ueberwindern.

5
Und gibt uns seinen guten Geist,
Der neuert unsre Herzen,
Durch den wir leisten was er heist,
Wiewohl mit Liebes=Schmerzen.
Hilft in der Noth mit Gnad und Heyl,
Verheißt uns auch ein herrlich Theil
Von den ewigen Schätzen.

6
Nach unsrer Ungerechtigkeit
Hat er uns nicht vergolten,
Sondern barmherzig sich erzeigt,
Da wir verderben solten.
Mit seiner Gnad und Gütigkeit
Ist er uns und allen bereit,
Die ihm von Herzen holden.

7
Was er aus Lieb ang`fangen hat,
Das will er auch vollenden.
Drum opfern wir uns seiner Gnad
Mit umgegürten Lenden,
Mit Haab und Gut, auch unser Fleisch,
Hoffen, er werd zu seinem Preiß
All unsern Wandel wenden.

8
O Vater! steh uns gnädig bey,
Weil wir seynd im Elende,
Daß unser Thun aufrichtig sey,
Und nehm`n ein seligs Ende.
Leucht uns mit deinem hellen Wort,
Daß uns an diesem dunkeln Ort
Kein falscher Schein verblende.

9
Herr Gott! nimm an zu Lob und Dank,
Was wir einfältig singen,
Und gib dein Wort mit freyem Klang,
Laß durch die Herzen dringen,
So hilf daß wir mit deiner Kraft,
Durch recht geistliche Ritterschaft
Des Lebens Kron erlangen.
Amen.