Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 70. Lied

Ein ander schön geistliches Lied.
Im Ton, wie man die Tagweiß singt.
Th. Busch. (4)

1
Fröhlich so will ich singen,
Mit Lust ein Tageweiß,
Von wunderlichen Dingen,
Dem höchsten Gott zu Preiß,
In seinem Namen heb ich an,
Sein Gnad woll er mir günen,
So g’lingt mirs auf der Bahn.

2
Im Anfang war das Worte
Bey Gott in Ewigkeit,
Es nahm auch nie kein Orte,
All Ding durch es ist b’reit.
Es ist das Licht das ewig scheint,
In ihm war nie kein Mangel,
Es bleibt auch ewig rein.

3
All Ding und was solt werden
Ist gut durch ihn gemacht,
Der Himmel und die Erden,
Darzu auch Tag und Nacht.
In ihm lebt alle Creatur,
Was je gewann das Leben,
Jedes nach seiner Natur.

4
Also das Wort ward Fleische,
Wie uns Johannes lehrt,
Durch Kraft des Heilgen Geiste,
Das Wort bleibt unverkehrt.
Gott sendt sein`n Boten Gabriel,
Zu einer Magde reine,
Die er ihm hat erwählt.

5
Die Jungfrau ward befunden,
Die Gott begnadet hat,
Der Engel thät ihr verkünden
Des höchstes Gottes Rath.
Er sprach: Gott grüß dich Jungfrau fein,
Begnadet unter allen Weibern
Darum ich dir erschein.

6
Ein Kind solt du gebähren,
Des höchsten Gottes Sohn.
Sein Volk wird er bekehren
Besitzen Davids Thron.
Die Jungfrau sprach: wie mögt das seyn?
Kein`s Manns ich nie begehret,
Ein schlechte Magd ich bin.

7
Der Engel sprach: nicht fürchte dir
Gott alle Ding vermag.
Es kommt der Heil`ge Geist mit Zier
In dich von oben `rab
Daß du werdst schwanger in dein`m Leib,
Das solt du sicher glauben,
Mary du reines Weib.

8
JEsum solt du ihn heissen,
Wie Gott befohlen hat.
Sein Volk wird er erlösen
Aus Jammer und aus Noth.
Er ist das wahre Waitzenkorn
Ins Erdereich gesäet,
Sonst wär`n wir all verlohr’n.

9
Gewachsen ist der Zarte
Von Davids G`schlecht fürwahr
Von seinem Geist und Arte
Zeugt uns die Heilge Schrift gar klar,
Nach dem Geist ist er auch Gottes Sohn,
Wer ihn auch thut erkennen,
Dem bringt er Freud und Wonn.

10
Das Wort von Gott ist gangen
Zu einer Magd ganz rein,
Vom Heilgen Geist empfangen,
Das Wort bleibt nicht allein.
Das Fleisch und Wort zusammen kam,
Menschlich Natur und Arte,
Von Davids G’schlecht ers nahm.

11
Also ward Wort und Fleische
Ein wahrer Mensch und Gott,
Das Wort vom Heilgen Geiste
Vermischt in menschlich Noth.
Abrahams Saamen nahm er an,
Wie ihm Gott hat verheissen,
So hat ers auch gethan.

12
Am Fleisch ward er beschnitten,
Am achten Tag fürwahr,
Das Wort bleibt unzerritzet,
Viel minder dann ein Haar.
Wer das verneint, dem trutz.
Das Wort ist Geist und Leben,
Und alles Fleisch kein nutz.

13
Hierin`n merk mich gar eben,
Ich meyn das Fleisch allein.
Wo nicht ist Geist und Leben,
Nach Gottes Rath gemein.
Also redt auch Herr Jesu Christ,
Daß ohn sein Geist und Leben
Das Fleisch kein nütz nicht ist.

14
Wer mir das nicht will glauben,
Der merk die Schrift gar schon,
Und laß sich nicht berauben
Menschlich Natur und Wahn.
Allein bey Gott das Urtheil such,
Menschlich Weißheit und Dichten
Vor Gott ist nur ein Fluch.

15
Den ersten Menschen eben
Schuf Gott aus Erd und Koth,
Eh er ihm gab das Leben,
Lag er noch vor ihm todt.
Der ander Mensch vom Himmel kam,
Ja durch des Höchsten Athem,
Der in den Adam drang.

16
Da ward ihm erst das Leben,
Von Gottes Kraft und Geist,
Der allzeit widerstrebet
Der Erd Natur und Fleisch.
Dann fleischlich g’sinnt seyn ist der Tod,
Die Christi Geist nicht haben,
Die bleiben ewig in der Noth.

17
Also schuf Gott zween Menschen drat,
Zween Menschen, aber einen Leib.
Der erste ward von Erd und Koth,
Der andre von dem Himmelreich.
Darum spricht Paulus sicherlich,
Der Geist kämpft widers Fleische.
Die zween seyn immer gleich.

18
Sie heissen beyde Adam,
Darzu auch beyde Christ,
Das Wort hat auf sich g`laden
Das es nicht g’wesen ist,
Fürwahr ein Mensch aus zweyen ward,
Auf daß er auch könnt helfen,
Die sind sein`s Fleisch`s und Art.

19
Auch da er Mensch wollt werden,
Gott`s Sohn vom Himmelreich,
Neigt er sich zu der Erden,
Sein`n Brüdern ward er gleich,
Ein neuer Mensch aus zweyen ward.
Auf daß er hätt Mitleiden
Mit unsrer schwachen Art.

20
Wir seyn von seinem Fleische,
Und Glied von seinem Leib.
Die Christlich Kirch im Geiste
Die ist sein ehlich Weib.
Sie ist das Bild der Ehleut rein,
Die beyde seyn ein Fleische,
Auch Christus und sein G’mein.

21
Gleich wie ein Mann und Weibe,
Der Mann des Weibes Haupt ist,
Seynd beyd ein Fleisch und Leibe,
Auch G`mein und Jesus Christ
Ein Fleisch. Die G’heimniß die ist groß,
Er spricht: Ich sag von Christo,
Und seinem Mitgenoß.

22
Im Herzen soll man glauben,
Bekennen mit dem Mund,
Viel Widerchrist vor Augen,
In dieser letzten Stund.
Wer Christum nicht im Fleisch bekennt,
Von Davids G`schlecht und Arte,
Der ist fürwahr verblendt.

23
Hört zu, ihr liebe Kinder
Die Gott ergeben sind,
Der Satan will uns mindern
Mit seiner List geschwind.
Darum seyd vest, ihr Ritter gut,
Christus hat uns erlöset
In irrdischem Fleisch und Blut.

24
Nun ist doch sonst kein Leben,
Dann nur das Wort allein,
Das er auch hat ausgeben
Ohn Wort starbs Fleisch gar rein,
Das Wort und Geist stieg ab zur Höll,
Niemand kanns widerlegen,
Er sey gleich wer er wöll.

25
Also da er wolt sterben,
Und seinen Geist aufgab,
Nichts starb vom Wort und Leben,
Allein bliebs Fleisch im Grab,
Bis`s Wort und Geist herwieder kam,
Weckt auf den ersten Todten,
Der den Himmel einnahm.

26
Es starb ein Zweig und Schosse,
Von Jesse Wurzel Stamm,
Des Herren Geist macht grosse,
Abrahams Samen nahm,
Damit er uns in Himmel brächt,
Das Wort blieb selber Gotte,
Der Mensch sein g`rechter Knecht.

27
Vom Wort ist nichts gestorben,
Es bleibt in Ewigkeit.
Wir wär`n sonst all verdorben.
Gott hat den Leib bereit,
Der an dem Creutz gestorben ist,
Darin`n uns Heyl erworben.
Gelobt sey Jesus Christ.

28
Der dieses Liedlein machte,
Und sungs zu Gottes Ehr
Sein Herz vor Freuden lachte,
Da ihms gab Gott der Herr.
Sigmund von Bosch ist er genannt.
Bitt Gott, wer es thut singen,
Daß es ihm werd bekannt.
Amen.