Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 68. Lied

Ein ander schön und tröstliches Lied, in der Jahrweis gedicht.
Oder: „Hört zu, so will ich heben an.
Von Sigmund Boschen gemacht.

1
Gott Vater, Sohn, Heiliger Geist,
In deinem höchsten Throne
Ein wesentlich Persone,
Heiliger Namen Drey.
Gib mir zu thun den Willen dein,
Mit Kräften wohn mir bey.
O Gott gedenk mein`r Blödigkeit,
Ohn dich ich nichts vermage,
Dein Lob bringst du an Tage
Darum du auch allein bist HErr,
In deinem Namen heb ich an,
Und sing in deiner Ehr
Wie schwach ich bin in mein`m Verstand,
Bey mir ich möcht verzagen.
O Gott halt mich in deiner Hand,
Sonst möcht ichs nicht ertragen,
Als ich dir hie muß klagen
O lieber HErre mein,
Ich bitt dich durch dein lieben Sohn,
Der woll mein Mittler seyn.

2
Hört zu, ihr Himmel und auch Erd.
Hört zu, ihr Menschen=Kinder
Gott schuf uns auch nicht minder
Dann Adam im Paradeis.
Er gab uns die Gebote sein,
Zu halten die mit Fleiß.
Er legt uns für Segen und Fluch,
Den Tod und ewigs Leben,
O lieber Mensch merk eben
Wie klar ich dir geb mein Gebot,
Hüt dich, thu weder zu noch von,
Sonst wirst du ausgerott.
Ich bin allein dein Gott und Herr,
Mein Wort wird nicht gebrochen,
Wo ihr nicht bleibt in meiner Lehr,
Laß ichs nicht ungerochen,
Wie ich dir hab versprochen,
O Mensch gedenk daran,
Thu meinem Wort nicht zu noch von,
So wirst du`s Leben han.

3
Kein Bildniß solt du machen nit,
Bey keinen Creaturen,
Fürwahr es wird dir stauren,
So dein Herz wirst henken dran,
Der Fluch gar bald kommt über dich,
Die Schuld will ich nicht han.
Kein Menschen G’satz will ich nicht hon,
Damit man mich mög ehren,
Mein Wort damit verkehren,
Ich nehms nicht an, es stinkt vor mir.
Damit hast du den Tod erwählt,
Und bleibt die Schuld auf dir.
Darum merk auf was ich dir sag,
In diesen letzten Stunden.
Mein Bund gilt bis an Jüngsten Tag,
Da all Ding wird erfunden.
Ich reds aus meinem Munde,
Und schwör bey meinem Eid,
Wer mich nicht hört, bleibt nicht darbey,
Der stirbt in Ewigkeit.

4
Deß solt du nehmen eben wahr,
Bey viel der Engel schone
Stieß Gott aus Himmels Throne
Allein um ihr Ungerechtigkeit,
Auch Adam aus dem Paradeiß,
Thät nicht was er ihm sait.
Die ganze Welt zu Noe Zeit
Bis in die acht Personen,
Erkannt er auch mit Wonne.
Von wegen der Ungerechtigkeit
Noa predigt ein lange Zeit,
Half nicht was er ihn`n säit.
Darzu das Volk in Babylon,
Wie hoch sie thäten bauen.
Doch möcht es nicht vor Gott bestohn,
Da er sie thät anschauen.
Er thät sie all zerstreuen,
Recht bis an Jüngsten Tag,
Was nicht aus Gott gepflanzet ist,
Ung’straft nicht bleiben mag.

5
Gleich wie es g’schach den Sodomer
Bey Lots Zeiten des Frommen.
Der Gott`s Wort hat vernommen
Damit er sie all überzeugt,
An ihnen wollt es helfen nicht
Sie sagten all: er leugt.
Gleich wie es geht zu dieser Zeit,
Mit dieser Welt so schnöde,
Ihr Oberkeit so blöde,
Sie dräut und zwingt zu Menschen G’setz.
O weh, o weh, du schnöde Welt!
Du thust dir selbst zu Trotz,
Du friß`st und saufst, und hur’st dabey,
Mit Menschen=G`setz wilt werden frey,
Du wirst auch mit verbrennen.
Gott wirds im Zorn zertrennen
Gleich wie zu jener Zeit.
Wer dir das sagt, dem wirst du gram,
Verfolgest ihn aus Neid.

6
Wie es auch gieng bey Mose Zeit,
Dem Volk von Israelen,
Das Pharao thät quälen,
Es g`schah zum Vorbild dieser Welt,
Die Gott sein Volk auch jetzund quält,
Wie vorhin ist gemeldt.
Wie dann nun all Ungerechtigkeit
Empfäht ihr`n rechten Lohne,
Wird Gott auch jetzt nicht schonen
Von wegen seiner G`rechtigkeit,
Die dieser Welt nicht gefallen will,
Wie oft wird gesäit,
Du bist bezeugt mit Heilger Schrift,
Durchs G’setz und all Propheten,
Dein Menschen G’setz wird dir zu Gift,
Der Buchstab wird dich tödten
In deinen grossen Nöthen.
Es wird noch alles offenbar
Vor`m Richter der Gerechtigkeit,
Gar bald kommt er fürwahr.

7
Also steht nun in Gottes Wahl
Der Tod und ewigs Leben,
Den Menschen will ers geben,
Ein`m jeden nachdem er verschuldt.
Wer stirbt nach seiner G`rechtigkeit,
Der stirbt nach seiner Huld.
Gott spricht: Fürwahr so wahr ich leb,
Hab ich kein Wohlgefallen
Am Tod der Sünder allen.
Ein jeder sich bekehr und leb,
Daß ich ihm thu Barmherzigkeit,
Und ihm das Leben geb.
Darum Gott hat kein Schuld daran
An der Gottlosen Sterben,
Der sich nicht kehrt auf rechte Bahn,
Und bleibt in sein`m Verderben,
Will nicht durch Christum werben,
Der sie erlöset hat.
Noch wollen sie sein heilgen Bund
Nicht leiden früh und spat.

8
Er spricht: Kommt her zu mir und lehrt
Von mir, ich bin das Leben,
Die Welt geht weit darneben.
Ihr Glaub und Tauf ist gar verkehrt,
Ihr Lehr und Weg ist Menschen=Zwang,
Von Christo nicht gelehrt.
Sie werden Dieb und Mörder seyn,
Und laufen Christo vore,
Als wär sein Lehr nicht wahre,
Und halten nicht auf sein Gebot,
Ja, wer nicht bleibt in seiner Lehr,
Fürwahr hat keinen Gott.
Und ob es gleich ein Engel lehrt,
Apostel und Propheten,
Verflucht ist es, vor Gott verkehrt,
Ach weh der Schriftgelehrten:
Vor Gott mags nicht bestohn.
Darum merk auf, du grosser Hauf,
Laß dirs zu Herzen gohn.

9
Der G’walt von Gott verordnet ist,
Das Uebel soll er straffen,
Darin`n ist er entschlaffen.
Er steht fürwahr, da er nicht soll,
In Gottes Statt, merk auf gar wohl,
Die Heilig Schrift ist voll.
Er nimmt sich an, das er nicht kann,
In Gottes Sach zu richten,
Nach ihres Herzens Dichten,
Er darf ihr nicht in seinem Rath,
Sein heilger Bund in Christo b`staht,
Der seiner G’mein vorgaht.
Darum steh Pabst und Kayser still,
Auch aller Weisen Rede,
Kein ander Lehr Gott haben will,
Weh dem der widerstehte!
Auf Menschen Weiß und Lehre.
Vor Gott ist es Thorheit geacht,
Von Christo seynd sie aufgesetzt,
Ein Heer=Prang aus ihn gemacht.

10
Die Christlich G’mein die wird allein
Vom Heil`gen Geist getrieben.
All die sind überblieben,
Mit Menschen G’satz nit seyn verwirrt,
Allein vom Heil`gen Geist geführt,
Mit Tugend seyn geziert.
Das geistlich Schwerdt ist ihr Gewehr,
Lieb und Gedult im Glauben,
Kein Gewalt mag sie berauben,
All Menschen=Kunst und Meisterschaft,
Sie sendt ins Heilgen Geistes Kraft,
All Welt sich daran vergafft.
Menschlich Gewalt, Stärk, Kunst und Macht,
Muß hie zu Schanden werden.
O Welt! merk auf mit deinem Pracht,
Darin`n du lebst auf Erden,
Du wirst bald innen werden,
Dein Straf ist vor der Thür.
Das Stündlein ist bald g`loffen aus,
Die Wahrheit will herfür.

11
Welchen Gewalt Gott hat gestalt,
Allein den Bösen geben.
Die Mörder, Räuber eben,
Die Ding man straffen muß.
Ueber die Frommen halten Schutz,
Die würken wahre Buß,
Christliche G’walt hat nicht die G’stalt,
Wird nicht in Christo funden
In diesen letzten Stunden.
Deß soll man eben nehmen wahr,
Wie Christus lehrt sein ganze Schaar,
Im Evangelio klar.
Er spricht: die Welt fährt mit Gewalt,
Die Oberkeit und Herren,
Bey euch soll nicht seyn die Gestalt,
Bleibt ihr in meiner Lehre,
Fahrt nicht mit G’walt dahere,
Bey euch ist es nicht recht,
Wer unter euch der Größt will seyn,
Der sey der andern Knecht.

12
Der Pabst, Graff, Herr, Mönch oder Pfaff,
Auch Bischoff und Erzdechte,
Sie spielen, sauffen, zechte,
Das Huren=Geld ist ihn gut preiß,
Durch die Finger sehen sie mit Fleiß,
Sie selber hond die Weiß,
Doch will ich sie ung`straffet hon,
Auch niemands Rach begehren
Wohl den`n die sich bekehren.
Darum zeig ich den Greuel an,
Der Antichrist ist auf der Bahn
Mit Frauen und mit Mann,
Darbey ich wohl vernommen han,
Daß wenig Christum kennen.
Und s’Thier nicht wollen beten an,
Die läßt man fahen, brennen,
So viel ihr nicht entrinnen,
Rühmt sich der armen Schirm
Nun merkt die Schrift die davon zeugt,
Dem übergrossen Grimm.

13
Ein grausam Thier stieg aus dem Meer
Mit sieben Häuptern schone,
Hat zehen Hörn und sieben Krone,
Sein Haupt war ihm verwundet sehr,
Ja durch die Evangelisch Lehr,
Wer Ohren hat der hör.
Ein ander Thier stieg aus dem Meer,
Mit zweyen Hörn alleine
Gleich wie das Lämmlein reine.
Heilt jenem Thier sein Wunden zu,
Thut alle Macht des ersten Thiers,
Kein Christ hat vor ihm Ruh.
Das Pabstthum war schier gar verwundt,
Durch Evangelisch Lehre.
Jetzt widerkehrt in ihrem Mund
Durchs widerchristlich Heere,
Durch Zwang und Menschen Lehre,
Steigt auf ins Lamms Gestalt.
Es seyn fürwahr zwey grosse Thier,
Der neu Pabst und der alt.

14
Sie haben Füß gleich wie die Bär`n,
Und eines Löwen Munde,
Ihr Lehr wendt sich all Stunde,
Der Hund frißt was er gespieen hat,
Die Sau wälzt sich wieder im Koth,
Wie man sieht früh und spath.
Ich bitt euch all um Gottes Ehr,
Laßt euch doch nicht verdriessen,
Laßt euch der Wahrheit g`niessen,
Dann es ist also klar am Tag,
Auch thu ich weder zu noch von,
Dann wie die Schrift vermag.
Ob sie mir darum werden feind,
Und mir zum Bösen rechnen,
So thun sie wie ihr`s Vaters Kind,
Die Gottes Sohn auch schmähten,
Der mehr war als die Knechte
Der alle Ding vermag,
Spricht: Ihr sucht mich zu bringen um,
Der ich euch die Wahrheit sag.

15
Es steht ein Lamm auf einem Berg,
Bey seinem Volk und Herren.
Die sich zu ihm bekehren,
Fürchten Gott, geben ihm den Preiß,
Und trachten nach der Himmelspeiß,
Ja nach des Lämmleins Weiß.
Das Thier hat mit dem Heer ein Streit,
Und liegt den Heilgen obe
Mit Schwerdt und G’fängniß grobe.
O Gott! hilf du in solchem Streit,
Gib uns den Geist, der oben leit,
In dieser schweren Zeit.
Wohl dem, der in dem Herren stirbt,
Faßt sein Seel mit Gedulte,
Daß er nicht mit der Welt verdirbt
Der schläfft in Gottes Hulde,
Wo sie im Glauben ist,
Mit Lehr und Tauf im Leben b’staht,
Wie`s Vorbild Jesus Christ.

16
Christus hat uns den Greuel zwar
Geweissagt im Propheten,
Wie dann geschrieben stehte.
Drum wer das liest, der merke drauf,
Und fürcht dich nicht, du kleiner Hauff,
Wann du siehst solchen Lauf.
Der feurig Teich ist schon bereit
Darin`n das Thier muß brennen,
Und all die mit ihm rennen
Ihr Zahl ist wie der Sand am Meer
Der falsch Prophet mit seinem Heer,
Kein Ruh hat nimmer er.
Die Bücher werden aufgethan,
Da wird all Ding erfunden,
Die bey dem Lamm nit g’schrieben stahn,
Die werden hart gebunden,
Ja zu derselben Stunden.
Wie es dem Thier wird gohn,
So wirds auch gehn sein`m ganzen Heer,
Die sich verführen lahn.

17
Es kommt der Tag, und ist nicht weit
Das Stündlein wird bald kommen
Den Bösen wie den Frommen.
Fürwahr es ist ein bestimmter Tag,
Auf Erd kein Mensch gebohren war,
Der ihm entrinnen mag.
Der Richter der Gerechtigkeit
Wird sein Gericht auch halten
Den Jungen wie den Alten.
Pabst, Kayser, König, Fürst und Herr
Graff, Freyherr, Ritter und auch Knecht,
Die Zeit ist nimmer ferr
Daß Sonn und Mond den Schein verleurt,
Himmel und Erde brennen,
Die ganze Welt mit ihrem G’ferd.
All G’schlecht schreyen und weinen.
Die Gott nicht lernten kennen,
Sein Rath und Bund veracht,
Verkehren ihm sein Testament,
Das er in Christo macht.

18
Nun höret zu, ihr Singer all,
Die d’Singschul hond besessen,
All die sich hond vermessen
Zu singen um ein güldne Kron,
Ich will euch all ermahnet hon,
Ihr wollt mich recht verstohn,
Die Stund und Tag kein Mensch vermag,
Noch weiß wann er wird kommen.
Doch haltet an ihr Frommen,
Ob es schon währt viel hundert Jahr
Das Böß und Gut wird offenbar,
Belohnet bey ein`m Haar.
Ein Kron der Ehren ist bereit,
Die nicht mehr wird verderben,
Da von Christus und Paulus säit,
All die mit Christo sterben,
Die werden sie erwerben,
Mit ihm auch auferstohn.
Wer dieser Welt gefallen will,
Bekommt mit ihr den Lohn.
Amen.