Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 67. Lied

Ein anderes schönes Lied.
Geht Im Ton: „An Wasserflüssen Babylon. (10)

1
Das Wort der Wahrheit Jesu Christ,
Als selbst der Erstgebohren,
Der neuen Menschen Vater ist,
Das alt Fleisch ist verloren.
Machts neu durchs himmlisch Wasserbad,
Daß ihn die Sünde gar nicht schad,
Thut die von neuem gebähren,
Im himmlischen Jerusalem,
Erzeugt Gott`s Kinder angenehm,
Thut sie durch sein Geist lehren.

2
Der Schöpfer auch hie Vater heißt,
Durch Christum seinen Sohne.
Da würket mit der Heilig Geist,
Einiger Gott drey Namen,
Von welchem kommt ein Gottes Kind,
Gewaschen ganz rein von der Sünd,
Wird geistlich g`speißt und tränket
Mit Christi Blut, sein Willen thut,
Irdisch verschmächt aus ganzem Muth,
Der Vater sich ihm schenket.

3
Wann nun das Kind geheiligt ist,
Thut uns Sanct Paulus lehren,
Im Namen und im Wesen Christ,
Und im Geist unsers Herren,
Sein Fleisch er dann auch zeigt und lehrt,
Und alle Ding nach Christo kehrt
Mit Bäten und mit Wachen,
Sein Sünd beweint, und wird ihr feind
Mit Gott er sich herzlich vereint,
Das macht all Engel lachen.

4
Gehorsamlich der Mensch dann lebt,
In Gottes Furcht und Willen,
Sein Herz stäts nach dem Himmel strebt,
Das G’setz thut er erfüllen.
Er glaubt und liebt, niemand betrübt,
In Gottes Wort sich herzlich übt,
Das ist sein Speiß und Leben.
Die Christlich Zucht und Glaubens Frucht
Die Christus bey den Seinen sucht,
Thut reichlich von sich geben.

5
Also wächst auf täglich das Kind.
Vor Gott und vor den Leuten,
Es siegt über die Welt und Sünd
Durch Christum kann es streiten,
Und stellt ab, was ihm Schaden thut,
Erschreckt sich nicht vor Fleisch und Blut,
Doch im himmlischen Wesen,
Dann bricht er`s Brod und danket Gott,
Sein`n Nächsten liebt es mit der That,
Hilft daß er auch mög g’nesen.

6
Man spürt die Speiß beym Menschen bald,
Wann er in Christo lebet
Und Christus in ihm solcher G’stalt,
Sein Geist den Menschen treibet
Zur engen Pfort ins Himmelreich,
Durch Schmach und Creutz wird Christo gleich,
Als seinem Gott und Herren,
Demuth er lehrt, niemand beschwert,
Wie das der Heilge Geist erklärt,
Sein Glauben thut bewähren.

7
Ein solcher mag recht werden g’tauft,
Wenn er ist neu gebohren,
Durch Christi Blut erlößt und kauft,
Sonst wär es all`s verlohren.
Beym Brodbrechen wäscht man die Füß,
Wie Christus seine Jünger hieß
Die Lieb einander reichen.
Man wird dabey erkennen frey,
Welches das Häuflein Christi sey,
Lieb ist das einzig Zeichen.

8
Friedsam ist dieser Mensch fürwahr,
Thut sich mit niemand spalten,
Ihm ist der Handel offenbar,
Wie sich`s vor Gott thut halten
Mit der Ordnung der Sacrament,
Das Hintre er nicht vorne wendt
Das Reich Gott`s nicht anbindet
Hie oder da, noch anderswo,
In Christo sucht Amen und Ja,
Sein Geist auch Ruh da findet.

9
Er hat auch auf die Sendung Acht,
Sieht bald was jeder bauet,
Ob ihn der HErr zum Diener macht,
Sein Güter ihm vertrauet.
Dann welcher von Gott ist gelehrt,
Sein Lauf mit dem Leben bewährt,
Auf Christum Gott den Herren
All`s richt und wendt, Anfang und End.
Das Aeuss`re nicht in Christo schändt,
Wie falsch Propheten lehren.

10
Das ist ein kurz Summarium
Vom Christelichen Wesen.
Wer nicht in Christo recht wird fromm,
Der kann keinswegs genesen.
Wer`s mit der wahren Kirch nicht hält,
Die Christo ihrem Gemahl g`fällt,
Auf den Felsen gegründet,
Dem Heilgen Geist auch G’horsam leist,
Darnach er ein Kind Gottes heißt,
Wie uns die Schrift verkündet.

11
Kennt aber jemand Christum baß,
Und kann uns besser lehren,
Der woll uns auch berichten das,
Hiemit wir ihn beschwören,
Daß er uns deß theilhaftig mach,
In solcher hochwichtigen Sach,
Aus Heilger Schrift mit Grunde.
Sonst unterlaß, weiß ers nicht baß,
Schilt niemand aus Neid oder Haß,
Gedenk der letzten Stunde.

12
Dann rühmt sich einer Jesu Christ,
Von ihm ist neugebohren,
Derselb warlich nicht neidig ist,
Hat die Natur verlohren,
Die er von Adam hat geerbt,
Da er nach dem Fleisch war verderbt,
Hat Lieb nach Gottes Willen.
Was er will hie, daß man ihm thü,
Thut er sein`m Nächsten spat und früh,
Das G’setz thut er erfüllen.

13
Rühmt sich jemand Apostel=Amt
Und kann sonst nichts dann schelten,
Daß er auch unerkannt verdammt,
Thut Böß um Guts vergelten.
Und richt allein auf Hörensag,
Bricht von ein`m Zaun groß Zank und Klag,
Der soll es wohl bedenken,
Ob es ihn freu, und merk dabey,
Weß Geistes Kind ein solcher sey,
Dies Lied will ich ihm schenken.
Amen.