Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 66. Lied

Ein ander schön geistlich Lied, von dem Unterscheid der beyden Schwerdter, nämlich des Schwerdts der Nach, und des Geistes.
Im Ton, wie H. Büchels Lied.
Oder: „Es gab sich auf eine Zeit. (15)

1
Eins Morgens früh vor Tage,
Als ich erwachet war,
Hört ich ein` schwere Klage,
Von ein`m gottsfürcht`gen Jüngeling,
Vor Gott redt er viel schöner Ding.

2
O Gott Vater in Ewigkeit!
Sprach sich der Jüngeling,
Klag dir meins Glaubens Schwachheit,
Frag dich mein Gott ins Himmels Thron,
Ob du mir woll`st ein Antwort thun?

3
Sprach Gott die ewig Weißheit:
Was du begehrest Jüngeling
Von mir daß ich dirs sage,
Der Kranken ich ein Artzte bin,
In Christo such, da findst du ihn.

4
Die G`sundheit hab ich funden
In Christo deinem Sohn,
Dank dir, o Gott, der Stunden,
Daß du mein Herz in Fried gestellt,
Aber an mir gar viel noch fehlt.

5
Gott spricht: Lern von mein`m Sohne
Herzlich Demüthigkeit,
So wirds dir fallen ane,
Durch G’dult und Schmach in aller Pein,
Heb auf dein Creutz, trett nach mir ein.

6
Des Creutz`s und Jochs, mein Herre,
Ich mich nicht wehren will,
Bitt aber dich gar sehre,
Um Kraft der G’dult, dieweil nicht ist
Bey mir, zu b’stehn zu aller Frist.

7
Sprach Gott das ewig Gute:
Mein Sohn du liebes Kind,
Weil du hast gringen Muthe,
Wiß daß ich treu und wahrhaft bin,
Lad niemand z`viel auf, deß tröst dich mein.

8
Von wegen deiner Zusag,
Ist diß mein erste Frag,
Ob der G’walt auch Macht hab.
Zu zwingen Glaubens=Sach auf Erd,
Und er ins Reich Christi gehört?

9
In mein Reich hört kein Zwangen,
Durch Mose G’setz und Schwerdt.
Christi Reich ist ang`fangen,
Wer will, der komm mit Eil bereit,
Wer nicht will, der kriegt ewig Leid.

10
Wer sich deiner Lehr annimmte
Durch G’dult und Glaub auf Erd,
Bald ist der G’walt ergrimmte,
Fährt g`schwind mit ihm ins G’fängniß hin.
Von dir abwenden steht ihr Sinn.

11
Kein Trübsal laß dich wenden
Von mir, du liebes Kind,
Ihr Herz steht in mein`n Händen,
Auch sind all Haar deins Haupts gezählt,
Der`n keins ohn meinen Will`n abfällt.

12
Auf dich will ichs recht wagen,
Gott biß mein`s Munds Dolmetsch,
Noch thut der G’walt mich fragen,
Ob er nit Christlich fähret hie,
So er das Schwerdt braucht spat und früh?

13
Geists Schwerdt ist übergeben
Christo, und nicht dem G’walt,
Damit zu widerstreben
Dem Feind in aller Noth mit G’dult,
Wer anders fecht, verleurt mein Huld.

14
Geists Schwerdt will jetzt nicht haben
Die weltlich Obrigkeit,
Thut bald hoch einher traben,
Sagt wann mans Schwerdt nit brauchet hie,
So würd man leben wie das Vieh.

15
Ist doch das Schwerdt gegeben
Allein zur Rach und Straf,
Deren die übel leben.
So lang bis auf bestimmte Zeit,
Wie Daniel und Paulus sait. Römer 19. Daniel 9.

16
Dabey will jetzt nicht bleiben
Das Schwerdt der Obrigkeit,
Ihr`n Titel thut ausschreiben
Ein Schutz Christlichen Glaub`ns auf Erd
Und das so lang ihr Leben währt.

17
Den G`walt hab ich nicht g`schaffen,
Daß er solchs straffen soll,
Unwilligs Herz mit Waffen,
Gezwungen Dienst ich nicht begehr,
Noch den Herrscher, laut meiner Lehr.

18
Dir Gott klag ich mein Nothe,
Schau was beschwert mein Seel.
Sie stell`n in Wein und Brode
Und allen Geist ins Element,
Wers nit glaubt, wird köpft oder brennt.

19
Hüt dich, mein lieber Jüngeling,
Glaubs nicht, geh aus von ihn`n,
Der Seelen=Speiß acht nicht so ring,
Such dich in keiner Creatur,
Allein in Christo rein und pur.

20
Hoch kümmert mich und harte
Das Schwerdt der Oberkeit
Sich wider dich so spärte,
Sagt du habsts in dein Reich beruft.
Dardurch die G’wissen seyn vergift.

21
Was kümmert dich so sehre,
Sprach Gott der herrschend Herr, Matthäus 24. Daniel 9.
Schwerdt ist ein Grimm mein`s Zoren,
Damit ich straf gleich Böß und Gut,
Auch meine Kind mit dieser Ruth.

22
Daß ich dich drum begrüsse,
Ich armes Würmelein,
Macht daß ich gern wolt wissen,
Weil der Gewalt in dieser Welt,
Sich also an dein Statt gestellt.

23
Wer sich dahin thut stellen,
Sprach Gott der höchste G’walt,
Muß seyn der Teufel G’selle,
Als der wüst Greuel in der Welt,
Wie ich durch Daniel hab gemeldt.

24
So bitt ich dich mein Herre
Hoch in des Himmels Thron,
Wollst mir den Glauben mehren,
Vor ein`ger Rach bewahr mich schon,
In Nöthen woll`st mir Beystand thun.

25
Mein Reich wird recht erhaben,
Sprach Gott Vater im Sohn.
Wer überwindt im Glauben,
In Lieb und G’dult zu aller Frist,
Hat keinen Schirm dann Jesum Christ.

26
Daß der Glaub hat kein Schutze
In dieser ganzen Welt,
Beweißt ihr Grimm und Trutze.
Bin wohl vergnügt durchs Worte dein,
Bitt dich, o Gott, wollst Schildmann seyn.

27
Darum weil der G’walt suchet
Allein sein Ehr und Nutz,
Die Kinder mein verfluchet,
Tödten und rauben jämmerlich,
In meinem Zorn will rächen ich.

28
O Gott mein`r Seelen Heyle!
Hat dann der irrdisch G’walt
In deinem Reich kein Theile?
So ist mirs doch doch ein Herzenleid,
Daß ein Mensch stirbt in Ewigkeit.

29
Gott wird die Schwerdter beyde,
Jedes an seinem Ort,
Dort von einander scheiden.
Das geistlich in mein Reich gehört,
Das weltlich wird hinaus gesperrt.

30
Lob, Ehr sey Gott im Throne,
Auch in dem Heil`gen Geist,
Und seinem lieben Sohne,
Dem Wesen der Dreyeinigkeit,
Daß mir die Antwort hast gesait.

31
Darbey laß du es bleiben,
Die Nach ist mein allein,
Ich kanns gar wohl aufschreiben,
Ein`m jeden, darnach er sich hält,
Vergelt ich wie es mir gefällt.

32
Der dies Lied setzt zusammen,
Deß Herz kennt Gott allein,
Hats thun in Christi Namen,
Durch Aussprechung des Heil`gen Geists,
Gott g’hört die Ehr, er hats geleist.
Amen.