Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 64. Lied

Ein ander schön geistlich Lied, von der zukünstigen Herrlichkeit.
Im Ton: „Hinweg ist mir genommen.
Oder: „All die ihr jetzund ⁊C. H. Walter. (7)

1
Herzlich thut mich erfreuen
Die liebe Sommer=Zeit,
Wann Gott wird schön verneuen
Alles zur Ewigkeit,
Den Himmel und die Erden
Wird Gott neu schaffen gar.
All Creatur soll werden
Ganz herrlich, hübsch und klar.

2
Die Sonn wird neu und reine,
Der Mond und Sternen all
Gar vielmahl heller scheinen,
Daß man sich wundern soll.
Das Firmament gemeine
Wird Gott auch schmücken fein,
Das wird er thun alleine,
Zu Freud der Kinder sein.

3
Also wird Gott neu machen,
Alles so wonniglich,
Vor Schönheit wirds gar lachen,
Und alles freuen sich.
Von Gold und Edelsteine
All Ding wird seyn geschmückt,
Mit Perlen groß und kleine,
Als wär es ausgestickt.

4
Kein Zunge kann erreichen
Die ewig Zierheit groß
Man kanns mit nichts vergleichen,
Die Wort sind viel zu bloß.
Darum wollen wirs sparen
Bis an den Jüngsten Tag:
Dann werden wir erfahren,
Was Gott ist und vermag.

5
Dann Gott wird bald uns allen,
Was je gebohren ist,
Durch sein`r Posaunen=Schalle
In sein`m Sohn Jesu Christ,
In unserm Fleisch erwecken
Zu grosser Herrlichkeit,
Und klärlich uns entdecken
Die Wonn und ewig Freud.

6
Er wird uns unser Leben,
Den Leib mit Haut und Haar
Ganz völlig wieder geben,
Das ist gewißlich wahr.
Uns Leid und Seel verklären,
Schön, hell, gleichwie die Sonn,
Nach Lust wie wirs begehren,
Uns geben Freud und Wonn.

7
Sein Engel wird er schicken
Der Herr Christ unser Trost,
Ihm entgegen zu zücken.
Der uns aus Lieb erlößt,
Wird uns gar schön empfangen
Mit aller Heilgen Schaar
In seine Arm umfangen,
Und uns erfreuen gar.

8
Da werden wir mit Freuden
Den Heiland schauen an,
Der durch sein Blut und Leiden
Den Himmel aufgethan,
Die liebe Patriarchen,
Propheten allzumahl,
Apostel und Getöd`ten,
Bey ihn’n ein grosse Zahl.

9
Die werden uns annehmen,
Als ihre Brüderlein.
Sich unser gar nicht schämen,
Uns mengen mitten ein.
Wir werden alle tretten
Zur Rechten Jesu Christ,
Als unsern Gott anbeten,
Der unsers Fleisches ist.

10
Er wird zur rechten Seiten,
Uns freundlich sprechen zu,
Kommt ihr Gebenedeyten,
Zu meiner Ehr und Ruh,
Jetztund solt ihr ererben
Meins liebsten Vaters Reich,
Das ich euch thät erwerben,
Drum seyd ihr Erben gleich.

11
Alsdann wird Gott recht richten
Die gottloß böse Welt.
Das höllisch Feu`r soll schlichten
Die Sünd mit baarem Geld
Den Teufel und sein Rotte,
Die Heuchler, Mammons=Knecht,
Wird Gott zu Schand und Spotte
Urtheilen nach sein`m Recht.

12
Wird sich gar zornig stellen,
Wer g’hört zur linken Hand,
Ein recht gleich Urtheil fällen,
Mit Worten so genannt:
Geht hin all ihr Verfluchten
Zum höllschen Feur erkannt,
Ihr Bösen und Verruchten,
Ins Teufels Strick und Band.

13
Also wird Gott erlösen
Uns gar aus aller Noth,
Vom Teufel, allem Bösen,
Von Trübsal, Angst und Spott,
Von Trauren, Weh und Klagen,
Von Krankheit, Schmerz und Leid,
Von Schwermuth, Sorg und Zagen,
Von aller bösen Zeit.

14
Dann wird der Herr Christ führen
Uns die wir ihm vertraut,
Mit grossem Jubiliren,
Zum Vater seine Braut.
Der wird uns bald schön zieren,
Und freundlich lachen an,
Mit edlem Balsam schmieren,
Mit G’schmuck begaben schon.

15
Die Braut wird Gott neu kleiden
Von seinem eignen G’schmuck,
In güldne Stück und Seiden,
In einem bunten Rock,
Ein güldnen Ring anstecken
Der wahren Lieb zum Pfand,
Ihr Scham auch wohl zudecken,
Daß sie nicht werd erkannt.

16
Gott wird sich zu uns kehren,
Ein`m jeden setzen auf
Ein güldne Kron der Ehren,
Uns herzlich lieben drauf,
Wird uns an sein Brust drücken
Freundlich und väterlich,
An Leib und Seel uns schmücken,
Mit Gaben säuberlich.

17
Er wird uns fröhlich leiten
Ins himmlisch Paradeis,
Die Hochzeit zu bereiten,
Zu seinem Lob und Preiß.
Da wird seyn Freud und Wonne,
In rechter Lieb und Treu,
Aus Gottes Schatz und Bronne,
Und täglich werden neu.

18
Da wird man hören klingen
Die rechten Saiten=Spiel,
Die Music=Kunst wird bringen
In Gott der Freuden viel.
Die Engel werden singen,
All Heilgen Gottes gleich,
Von Himmelischen Dingen,
Hoch in dem Himmelreich.

19
Kein Ohr hat je gehöret,
Kein Aug gesehen nicht,
Die Freud so Gott beschehret
Und denen zugericht,
Die Gott werden anschauen,
Von hellem Angesicht,
Lieblich mit ihren Augen,
Das ewig wahre Licht.

20
Also wird Gott erfüllen,
Alles durch seine Kraft,
Nach seines Volkes Willen,
Durch seinen Geist und Saft.
Will sich ganz selbst zu eigen
Uns geben völliglich,
Und all sein Gut uns zeigen
In Christo stätiglich.

21
Mit Gott wir werden halten
Das ewig Abendmahl,
Die Speiß wird nicht veralten
Auf Gottes Tisch und Saal.
Wir werden Früchte essen
Vom Baum des Lebens stät,
Vom Brunn des Lebens fliessen,
Trinken zugleich mit Gott.

22
All unser Lust und Willen,
Was unser Herz begehrt,
Was wir nur wünschen wöllen,
Soll alles seyn gewährt,
Deß werden wir uns freuen
Gott loben ewiglich.
Von wahrer Lieb und Treuen
Jeder wird freuen sich.

23
Wir werden stäts mit Schalle
Vor Gottes Stuhl und Thron,
Mit Freuden singen alle,
Ein neues Lied gar schon.
Lob, Ehr, Preiß, Kraft und Stärke,
Gott Vater und dem Sohn,
Des Heilgen Geistes Werke,
Sey Lob und Dank gethan.

24
Mit Freuden werden singen
Die Kinder Gottes all,
Das Lob dem Herren bringen
Mit freudenreichem Schall,
Durch Christi Geist und Gaben,
Wird nimmermehr vergehn,
Viel grösser dann wir glauben,
Vor Gott im Werk bestehn.