Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 60. Lied

Ein ander schön Lied, vom Christlichen Frauenzimmer.
Im Ton: „Der Unfall reut mich ganz. (9)

1
Der Glaub beschützt mich ganz und gar,
Und thut mich wohl behüten
Fürs Teufels List und seiner Schaar,
Es hilft auch nicht sein Wüten.
Dann Gottes Mund hat g`redt zur Stund,
Ich will bey dir beleiben
Bis zu dem End, von mir nicht wend,
Wer mir glaubt, wird nicht scheuben.

2
Die Mäßigkeit auch wohnend ist
Allezeit bey den Frommen,
Damit sie auch vertreibt den List,
Und fleischlich Lust in Summen.
Der Zeit erwart, ist der best Hort,
Das hab ich wohl vernommen.
Die Tag gehn hin, sterben mein G’winn,
Will man es recht erkennen.

3
Gewalt sein selbst ein hohe Kunst,
Wer diese recht thut lernen.
Darzu darf jeder Gottes Gunst,
Sonst fehlt am rechten kehren.
Da greif es an, so wirst bestohn,
Gott thut alles erkennen.
Dann Gottes Gnad behüt die Stadt,
Die du bald solt annehmen.

4
Ein friedsam Mensch wohl machen kann,
Was wohlgefällt sein`m Herren,
Viel mehr dann ein gelehrter Mann
Welchen der Herr ist ehren.
Ja selig sind friedfertig Kind
In Freuden werden ruhen,
Hie in der Zeit, die Christus geit,
Die Herrlichkeit anschauen.

5
Einfältigkeit der rechte Grund,
Darauf solt du vest bauen,
Geh damit um zu aller Stund,
Es wird dich nicht gerauen.
Solch`s g`fällt Gott wohl, und also soll
All Creatur verlassen,
Und sey ganz rein, diß heißt Gott`s G’mein,
Die wird er z`sammen fassen.

6
Unschuld empfind auch manchen Stoß,
Sie muß sich auch viel leiden.
Im Psalmen steht ganz g’schrieben bloß,
Der Feind dich drum thut neiden,
Schweig deiner Seel klar Licht und hell,
Dein Recht wird Gott vorbringen,
Daß du am Tag, glaub mir die Sag,
Vor Freuden mögst aufspringen.

7
Die Wahrheit kommt hie auf den Plan,
Und will sich hören lassen.
Von der solt du nicht abelan,
Daß du bleibst auf der Strassen
Zum ew’gen Reich, es gilt Gott gleich,
Du seyst reich oder arme,
Der mit umgeht, gar wohl besteht,
Sie will sich sein erbarmen.

8
Keuschheit ist gar ein edle Kron,
Wems der Herr thut aufsetzen,
Sie gibt ihm gar ein edlen Lohn,
Dann Gott will sie ergötzen
Mit seinem Reich, ihm wird geleich
Der also wird beschnitten,
Ums Himmelreich, und ob ihn gleich
All Menschen thät vernichten.

9
Sanftmüthigkeit gibt guten B`scheid
Und kehrt wohl an den Reichen.
Sie ist ganz fromm, thut niemand leid,
Thut sich freundlich erzeigen,
All`s dultig leid, trägt keinen Neid,
Die Rach mag sie wohl bergen,
Heut gleich all`s fährt, wie Gott begehrt,
Umfahet sie mit Sorgen.

10
Verstand gibt auch der Heil`ge Geist,
Wie uns die Schrift thut sagen,
Ein solcher Trost wird uns beweißt,
Nach dem wir sollen jagen.
Nicht haben Ruh, spat oder fruh,
Jetzt in den letzten Tagen,
Und alle Zeit, die uns Gott geit,
Daß wir g’nug mögen haben.

11
Einfältigkeit ist auch bereit,
Und läßt sich nicht verbittern,
Dargegen Stettigsinnigkeit
Will sich nicht lassen mildern,
Veracht das Wort, dünkt sich so zart,
Man soll sie nicht anrühren.
O Gott gib b’hend, wer diese seynd,
Daß sie uns nicht verführen.

12
Die Lieb ist gar ein starkes Band,
Sie thut zusammen fassen,
Was wir davon jetzt singen schon,
Wird sie nicht fehlen lassen.
Zu dieser Zeit, schweig, leid und meid,
Und laß dich nicht erschröcken.
Du treuer Knecht, schau, geh nur recht,
Der Herr wird all`s aufdecken.

13
Jetzund ist g’nug zu dieser Stund
Von zwölf Jungsrauen g’sungen.
Gottseligkeit bringt uns zum Grund,
Daß wir den Sabbath finden.
Das einig Ein, der mit ihm hätt g`mein
Im Himmel und auf Erden.
Dahin tracht wohl, so gings wie`s soll,
Besser könnt es nicht werden.
Amen.