Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 55. Lied

Ein ander Lied vom Brodbrechen oder Abendmahl, mit was Weis die Christen das gebrauchen sollen.
Schmidt=Haus. Im Ton Pangelingua. (16)

1
O Gott Vater ins Himmels Throne
Der du uns hast bereit ein` Krone,
So wir in deinem Sohn beleiben,
Mit ihm hie dulden Creutz und Leiden,
In diesem Leben, uns ihm ergeben,
Nach seiner G’meinschaft allzeit streben.

2
In deinem Sohn thust du uns sagen,
So wir Gemeinschaft mit ihm haben,
Und seinen Fußpfaden nachfolgen,
Thust uns mit deinem Geist versorgen,
Der hilft uns streiten zu allen Zeiten,
Wann der Weltfürst an uns thut reiten.

3
Zu einem Haupt hast du uns geben
Dein`n lieben Sohn das reine Leben,
Der hat uns vorgebahnt die Strassen,
Daß wir sein G’meinschaft nit verlassen.
Alle so ihn erkennen, sich Christen nennen,
Sollen sich seiner Gestalt nicht schämen.

4
Darum, o Christen=Häuflein kleine!
Laßt uns betrachten allgemeine,
Wie er uns vorgieng hie auf Erden,
Daß wir ihm auch gleichförmig werden,
In Lieb und Leiden in sein`m Bund bleiben,
Seins Fleischs und Bluts hie nit vermeiden.

5
Also muß man die Speiß vernehmen,
Der Geist lehrt uns die G`meinschaft kennen
Von seinem Fleisch und Blut hie essen,
Der alte Mensch muß gar verwesen,
Mit seinen Werken, das soll man merken,
Der Geist Christi muß in uns würken.

6
Dann Gott thät uns mit ihm versöhnen.
In seinem Sohn läßt er uns dienen,
Er ist der Felß und der Ecksteine,
Gesetzt zum Haus seiner Gemeine,
Sie ist sein Weib, Gesponß und Leibe,
Dadurch er sein Werk hie thut treiben.

7
All Glieder an seinem Leibe,
Thun sein Werk allezeit hie treiben,
Nach seinem Willen bis in Tode,
Sie sind mit Christo hie ein Brode,
Das Brod ward brochen, wie er gesprochen,
Am Creutz für unsre Sünd durchstochen.

8
Christus ist das Brod des Lebens,
Sein Fleisch und Blut ist vor uns geben,
Sein Geist lehrt uns die Speiß recht essen,
Thut uns ein`n neuen Rock anmessen,
Daß wir ihn kennen, sein Lieb uns brenne,
In diesem Fleisch sein Werk bekennen.

9
Den alten Rock müß`n wir ablegen,
Und den alten Saurteig ausfegen,
Daß er sein Werk in uns mög haben,
Der alt schlauch mag den wein nit tragen,
Kann ihn nicht fassen, er thut ihn hassen,
Und kann nicht gehn auf dieser Strassen.

10
Darum ihr neugeborne Christen,
Kommt her ohn allen Trug und Listeu
Zu diesem Österlämmlein schone
Deß Reich und G’meinschaft bleibt bestone.
Kammt her mit Freuden, in neuen Kleiden,
Das Böß und Gut thut unterscheiden.

11
Dann welcher ist noch unbeschnitten,
Das irrdisch Reich noch unvermitten,
Und sich Christo nicht will ergeben,
Steht nicht in einem neuen Leben,
Thut allzeit hincken, von Sünden stinken,
Kann von ihm nicht essen noch trinken.

12
Allein zu diesem Lämmlein kommen,
Die sein Zeugniß hond angenommen,
Sein Geist, das Wasser und auch Blute
Das ist aller Christen Haab und Gute.
Dran sie sich henken, das alt Fleisch ertränken,
Im Tauf sich ihm freywillig schenken.

13
Christus läßt sein Wort ausgiessen,
Den Brunn des Lebens in uns fliessen,
So wir ihm aufthun unsre Herzen,
Und hie nit fürchten Creutz und Schmerzen,
Er giebt uns zu Hande, sein Geist zu Pfande
Der macht uns all sein Wahrheit kannte.

14
Damit hat er uns auserkohren,
Im Geist und Wasser neugeboren,
Sein Blut thut uns von Sünd entsprengen
Wann wir uns mit der Welt nit mengen,
Und mit ihm sterben, setzt er uns zu Erben,
Wenn er die Welt will mit Plag verderben.

15
So laßt uns nun mit Fleiß aufwachen,
Des Lämmleins G’meinschaft wohl betrachten
Laßt uns umgürten unsre Lenden,
Den Stab der Wahrheit in unsren Händen,
Uns auch wohl rüsten mit allen Christen,
Ein süß Brod ohn allen Trug und Listen.

16
Dann alle Kinder Gott`s des Herren
Kommen zu diesem Tisch, und zehren
Wohl von dem Lämmlein Gott`s mit Eile
Auf seinen Weg ohn Ziel und Weile,
Nit darzu sitzen, das Fleisch muß schwitzen,
Woll`n wir mit ihm das Reich besitzen.

17
Das Lämmlein wird mit Schmerz genossen
Mit bitter Salzen unverdrossen,
Dann wer mit Christo nicht will leiden,
Soll seines Fleischs und Bluts sich meiden,
Wer thut vor Creutz und Trübsal sorgen,
Dem bleibt der Leib Christi verborgen.

18
Das Lämmlein muß man hie gar essen,
Mit aller G’stalt, und nichts vergessen
Von seinem Anfang bis ans Ende,
In Angst und Noth von ihm nit wenden.
Sich bey ihm halten, unzerspalten,
Der Glaub und Lieb muß nicht erkalten.

19
Du mußt mit ihm ein Fremdling werden
Ohn Bürgerschaft auf dieser Erden,
Und tragen Liebe mit Gedulte,
Ob man dich haßt ohn alle Schulde,
Den Feind solt lieben, kein Menschen triegen,
Dein Fleisch im Staub der Erden biegen.

20
Du mußt mit ihm auch gehn in Garten,
Des Kelchs nach`s Vaters Willen warten.
Also muß man die Speiß vernehmen,
Was überbleibt, muß man verbrennen,
Das ist im letzten, in Angst und Nöthen,
Bis man das Fleisch hie gar thut tödten.

21
Damit thät Christus uns zum letzten
Ein Nachtmahl seines Leibs einsetzen,
Da er ihn`n brach das Brod mit Danke,
Gab ihn`n den Kelch mit einem Tranke,
Dabey zu denken, was er uns thut schenken,
So wir uns an sein Leib thun henken.

22
Dann bey dem Brod thät er anzeigen,
Wer seins Geists hat, der ist sein eigen.
Er ist von seinem Fleisch und Beine,
Ein Glied seins Leibs und seiner G’meine,
Die er wollt erwerben, und vor sie sterben,
Daß sie nicht mit der Welt verderben.

23
Gleichwie ein Brod von vielen Körnlein,
Und ein Trank von vielen Beerlein,
Also seynd all wahrhaftig Christen,
Ein Brod ein Trank ohn Trug und Listen,
In Christo dem Herren, er thut uns nähren,
Die wahre Lieb und G’meinschaft mehren.

24
So laßt uns nun mit Fleiß und Freuden
Den Leib des Herren unterscheiden.
Dann wer unwürdig ißt dies Brode,
Der ißt ihm selbst das Gericht und Tode,
Wer indem Herzen trägt Schalkheit u. Scherzen,
Dem kommt diß Brod zu einem Schmerzen.

25
Wer nicht hat wahre Lieb mit Hulde,
Thut sich am Leib Christi verschulden.
Der ist ein falsches Glied am Leibe,
Wer im Herzen trägt Zorn und Neide,
Und diß Brod nehmet, sich ein Christen nennet,
Der wird gleich wie Judas abtrennet.

26
Der Kelch bedeut uns Christi Leiden,
All die der Heil’ge Geist thut b`schneiden,
Als seine Reben an dem Stocke
In wahrer Lieb nach sein`m Gebote,
Die thut er tränken, aus sein`m Kelch schenken,
Den er an seinen Bund thut henken.

27
Ihr grüne Reben an dem Stocke,
Seyd wohl getrost in aller Nothe,
So wir mit Christo wollen erben
Müssen wir mit ihm hie leiden und sterben,
Nach seinem Willen sein Bund erfüllen,
Hernach will er all`n Schmerzen stillen.

28
Wo Christus ist zur Hochzeit g`laden,
Läßt er ein sauren Wein vortragen,
Den thut man hie zum ersten trinken,
In seinem Reich will er einschenken
Den Wein der Wahrheit und der Klarheit,
Seiner heilgen G’mein in Ewigkeit.

29
Lob, Ehr und Preiß wir allzeit leisten,
Dem Vater, Sohn und Heil`gem Geiste,
Sein Herrlichkeit bleibt ewig stohne
So der ganzen Welt Pracht wird vergone.
Er wird bald kommen, erlösen die Frommen,
Wer das begehrt, der sprech auch Amen.