Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 50. Lied

Ein ander schön Lied, von den sieben Gaben des Heil. Geistes. Christoph Bisel.
Im Ton: Wohl dem, der in Gottes Furchten. (1)

1
O Gott Schöpfer, Heiliger Geist,
Zu Lob und Preiß dir allermeist
Woll`n wir einträchtig singen,
Und nach den guten Gaben ringen.

2
Die erste Gab, wem sie wird kannt,
Wird die Göttliche Furcht genannt,
Ist ein Anfang aller Weißheit,
Die uns den Weg zum Leben b`reit.

3
Sie erzittert ab Gottes Wort,
Und geht ein durch die enge Pfort,
Treibt Sünd und gottloß Leben aus,
Wacht und bewahrt fleißig ihr Haus.

4
Die ander Gab ist Gütigkeit,
Die Menschenkind machet bereit,
Sein Nächsten herzlich zu lieben,
Und sich in allem Guten üben.

5
Ist jedermann ordentlich hold,
Vergiebet und beweißt Gedult,
Freut sich wann etwas Guts geschicht,
Und klagt so man was Böß verricht.

6
Die dritte Gab ist Wissenheit,
Die lehrt den Menschen allezeit,
Was Gott verbiet und lässet frey,
Was zu thun und zu lassen sey.

7
Wer die hat, der fleucht von der Welt,
Und meidet was Gott nicht gefällt,
Baut nicht aufs Eiß noch auf den Sand,
Thut alles Guts was er erkannt.

8
Die vierte Gab wird auch erkannt,
Und billig diese Stärck genannt
Mit welcher dein Volk allezeit
Ritterlich ausführt ihren Streit.

9
Dann wo du nicht mit solcher Kraft
Zurüstest deine Ritterschaft,
Kein gut Werk von dir wird geschehn,
Man wird auch keinen Ritter sehn.

10
Die fünfte Gab das ist dein Rath
Des HErren Knechten ist sehr noth.
Daß sie unterscheiden mit Fleiß
In Glaubens=Kraft geistlicher Weiß.

11
So viel Gott`s Wort und Furcht antrifft,
Rath geben nach Heiliger Schrift,
Damit es wohl regieret werd,
Als Gott`s Gemein und kleine Heerd.

12
Die sechste Gab ist recht Verstand,
Der Welt ganz fremd und unbekannt,
Bezeugt ihr Treu die größte Werk,
In Gottes Gnaden tröst und stärk.

13
Sie lehret mit Einfältigkeit
Den Weg zur Seligkeit bereit,
Nach Inhalt heiliger Geschrift,
Welche sonst kein Weltweiser trifft.

14
Die siebend Gab ist die Weißheit,
Den Christen Noth zu aller Zeit
Dann sie lehret weißlich wandlen,
Und mit Vorsichtigkeit handlen.

15
Sich hütet vor des Teufels List,
Vor der Welt und dem Antichrist,
Gänzlich sich zum HErren wenden,
Mit Fleiß sein`n heil`gen Bund vollenden.

16
O Heiliger Geist! nun steh uns bey
Mit diesen Gaben, uns verleih,
Daß wir in Geistes Kraft und Zier
Dein`n Namen preisen für und für.