Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 43. Lied

Ein ander Lied von Adrian und Cornelius zu Leyden im Niederlande gericht, Anno 1552.
Zu singen in seiner eigenen Melodie. (8)

1
Dankt Gott in seinem höchsten Thron,
Durch Christum seinen lieben Sohn,
Im heiligen Geist mit Namen,
Sein Werk unter der Menschen Schaar,
Ist gänzlich worden offenbar.
Zween theure Männer kamen
In eine Stadt im Niederland
Giengen zu guten Freunden,
Bey den’n man sie hat angerannt,
Ein Mann thät da verkünden,
Johann von Delfft ward er genannt,
Der noch ein Bürger zu sich nahm,
Dem Schultheiß macht bekannt,

2
Wie daß jetzt wären kommen her
In dieser Stund Wiedertäufer
Sie hättens selbst gesehen.
Der Unter=Schultheiß schickt nach ihn`n,
Er wollt erfahren ihren Sinn,
Wie darnach ist geschehen.
Tapfer geherzt war Adrian,
Ein Lied hat er gesungen,
Und vor ihn All`n gefangen an,
Mit heller Stimm und Zungen:
O Wahrheit wie bist du veracht,
Und so gewaltig unterdruckt,
Durch den weltlichen Pracht.

3
Die Stadtpforten wurden versperrt.
Adrian ward da bald verhört,
Ein Rott dar kam zusammen,
Viel Volks kam da gelauffen dar
Von allem Ort ein große Schaar
Das G`schrey ist bald auskommen,
Wie man etlich gefangen hätt,
Die Wiedertäufer wären,
Sie wolltens sehen an der Stätt,
Vorm Rath thät mans verhören.
Begehrten er solt zeigen an,
Sein Volk ihnen machen bekannt,
Er wollt sich gar nicht schrecken lahn.

4
Ob er schon peinlich ward gefragt,
Blieb er beständig unverzagt,
Hat ihn kein`n Antwort geben,
Der Adrian insonderheit
Mit großer Unbarmherzigkeit
Gemartert ward gar eben,
Allein daß er nicht reden wollt
Nach ihrem falschen Willen.
Die Seinen er verrathen solt,
Daß sie möchten erfüllen
An ihnen auch ihr Tyranney,
Vollbringen ihre Lust und Boßheit,
Als ob kein Gott im Himmel sey.

5
Als nun die Stund herkommen war,
Daß er solt zu der frommen Schaar
Durchs Leiden g`nommen werden,
Da rief er gar ernstlich zu Gott,
Daß er ihm hilff aus aller Noth,
Und hinnehm von der Erden.
Adrian fiel auf seine Knie,
Gieng darnach in sein Leiden.
Man fand ihn ungedultig nie,
Das Unrecht thät er meiden,
Bis er sein`n Geist zu Gott aufgab,
Thät er ihn loben allezeit,
Der Welt ist er gewest schabab.

6
Im tausend und fünf hundert Jahr
Und zwey und fünfzigsten fürwahr
Hat Adrian beschlossen
In dieser Welt das Leben sein,
D’Wahrheit bekennt in großer Pein,
Deß hat er wohl genossen.
Er hats bekennt vor Jung und Alt,
Mit beständigem G’müthe.
O Herr uns auch in Noth erhalt,
Das bitt ich durch dein Güte,
Daß wir auch kommen in dein Reich,
Zu deiner auserwählten Schaar,
Deß bitt ich dich ganz inniglich.
Amen.