Ausbund

Ausbund: das ist, Etliche schöne christliche Lieder, wie sie in dem Gefängniss zu Passau in dem Schloss von den Schweizer-Brüdern und von andern rechtglaubigen Christen hin und her gedichtet worden

Allen und jeden Christen, welcher Religion sie seien, unpartheyisch sehr nützlich. Nebst einem Anhang von sechs Liedern.

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Das 36. Lied

Ein ander Lied von Annelein von Freyburg, daselbst ertränkt und darnach verbrennt, Anno 1529.
Geht Im Ton: „In dich hab ich gehoffet, Herr. (5)

1
Ewiger Vater vom Himmelreich,
Ich ruff zu dir gar inniglich,
Laß mich von dir nicht wenden,
Erhalt mich in der Wahrheit dein,
Bis an mein letztes Ende.

2
O Gott bewahr mein Herz und Mund,
Herr wach ob mir zu aller Stund,
Laß mich von dir nicht scheiden,
Es sey durch Trübsal, Angst und Noth,
Erhalt mich rein in Freuden.

3
Ewiger Herr und Vater mein,
Ich arm unwürdigs Kindelein
Thu mich weisen und lehren,
Daß ich Acht hab deins Stegs und Wegs
Darnach steht mein Begehren.

4
Zu wandeln durch dein Kraft in Tod,
Durch Trübsal, Marter, Angst und Noth,
Darin`n thu mich erhalten,
Daß ich von deiner Lieb, o Gott,
Nimmermehr werd gespalten.

5
Es reisen viel auf dieser Bahn,
So steht der Kelch des Leidens dran,
Und auch viel falscher Lehre,
Ob man uns auch möcht wenden ab,
Von Christo unserm Herren.

6
Zu dir erheb ich, Herr, mein Seel,
Auf dich hoff ich in Ungefäll,
Laß mich geschändt nicht werden,
Daß sich mein Feind nicht über mich
Erheb auf dieser Erden.

7
Bey ihn`n lieg ich verschlossen ein,
Ich wart, o Gott, von Herzen dein,
Mit sehr großem Verlangen,
Wenn du einmal wolst wachen auf,
Und lösen dein Gefangnen.

8
O Gott Vater zu deinem Reich
Mach uns den fünf Jungfrauen gleich,
Die fein vorsichtig waren
Auf den Bräutigam zu warten schon,
Mit seiner auserwählten Schaare.

9
Ewiger König vom Himmelreich,
Speise und tränk uns ewiglich,
Mit deiner Wahrheits=Speise,
Die da nimmer verderben thut,
All`s nach geistlicher Weise.

10
Wo du dein Speiß entzeuchst von uns,
So ists verloren und umsonst,
Ohn dich wir nichts vorbringen,
Durch dein Gnad hoffen wir auf dich,
Es wird uns nicht mißlingen.

11
An Gottes Macht zweifelt mir nicht,
Wahrhaftig sind seine Gericht,
Er wird der kein`n verlassen,
Das fest im Glauben beständigist,
Und bleibt auf rechter Strassen.

12
Seyd getrost ihr Christen und erfreut,
Durch Jesum Christum allezeit,
Der geb uns Lieb und Glauben,
Gott tröst uns durch sein heilig`s Wort,
Darauf sollen wir trauen.

13
Ich befehl mich Gott und seiner G’mein,
Er woll heut mein Geleitsmann seyn,
Von wegen seines Namen.
Das wollst erstatten Vater mein,
Durch Jesum Christum, Amen.